1919 / 279 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Dec 1919 18:00:01 GMT) scan diff

linien auch hier eine nicht mehr zeitgemäße vexatorische Maßnabme gegen die Kirche aufgehoben.

Dr. Lauscher selbst darauf hingewiesen worden, daß ich ohne jede S jerioke sar“ * . ; . o; Schwierigkeit sogar dem Jesuitenorden jetzt eine Niederlassung in Frunkfurt a. M. bewilligt habe. (Zurufe im Zentrum) Nun, Sie

mal als Parteimann sprechen darf von je her gegen das Jesuiten⸗ gesetz war, und domgemäß habe eben ich neuerdings die Nieren assung des Jesuitenordens in Frankfurt a. M. ohne jede Schwierigkeit ge⸗ nehmigt. (Zurufe im Zentrum) Ja, die Einschränkungen liegen a n der Lage der Gefsetzgebung— 56

Je, meine berchrten Herren, wir sind ja mit Hochdruck an der Nen. gestaltung der Gesetze. (Zuruf im Zentrum) Doch. die Gesch⸗ gebungsmaschine arbeitet mit Hochdruck, aber es ist völlig un⸗ möglich, alle Gesetze mit einem Mal zu ntachen und sie dem Hause vorzulegen. t 36. solch Gisch nicht einbringen, weil wir erst die Reicheverfassung K . . . welche Grundsätze da festgelegt wurden. in der Verfassung das weitere Recht vorbehalten, Richtlinien für dis Ausführung festzulegen; diese liegen noch nicht wor ̃ die Regierung in diesen Monaten wirklich mit e be gd orbebeitendden Arbeiten über alles menschliche Maß hinaus geradezu physisch ummöglich, dem Hohen Hauje noch weitere, gründlich

durchgearbeitete Vorlagen vorzulegen. Uebrigens steckt das Hohe Haus augenblicklich bis über beide Ohren noch im Etat und gesetzgeberischen Arbeiten. Ich werspreche jedoch, daß mit größter Be⸗ schleunigung auch die alten Uebol, dicse auch vn mir lebhaft bedeuerten Ucberreste aus der Kulturkampfgesetzgebung. verschwinden und Ihnen Gesetze nach dieser Richtung hin vorgelegt werden sollen.

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welcher Art nscht verleßt werden, ün unker denselben Grundsätßen werden wir auch unsere eigenen landesgesetzlichen Maßnahmen dann tteffen. 2

Meine Damen und Herten, ich kann hinzufügen, daß ich auch bereits, ehe die vom Reiche zu erwartenden allgemeinen Richtlinien jür die Durchführung der Trennung von Kirche und Staat heraus gegeben worden sind, mich bemüht habe, auch jetzt Ichon auf dem Verordnungswege dahin zu wirken, daß alle früher üblichen kleinlichen Verationen fortfallen. Die Behauptung des Herrn Abgeordneten Di. Lauscher, daß die neue Re⸗

gierung seiner, der katholischen Kirche, Fesseln angelegt habe, trifft

nicht zu. (Zuruf vom Zenttum: Das bat er nicht gesagt) Herr Dr. Lauscher hat davon gesprochen, es sei dringend erforderlich, daß die Regierung der Kirche, wenn sie sich frei betätigen soll, keine Fesseln anlege, die Fesseln vielmehr abstreife. (Zurufe aus dem Zentrum.) Ich komme auch auf Frankfurt. Also es trifft nicht zu, daß jemals während meiner Ministerschaft kleinliche, vexatorische, vom Polizei⸗ und Verfolgungsgeist eingegebene Maßnahmen gegen die katholische Kirche und ihre Einrichtungen ergriffen worden seien. Das Gegenteil st wahr. Ich erkläre hier vor dem Lame ausdrücklich, daß der Ver— trauensmann, den die Zentrumspartei in das Kultusministerium ent— sandt hat, mein hochverehrter Mitarbeiter, Herr Unterstaatssekretär Dr. Wilde rmann, niemals mir irgendwelche Beschwerden vorgebracht hat über ungerechtfertigte veratorische, kleinliche Behandlung der katbolischen Kirche. Zuruf vom Zen— trum: Ist nicht behauptet worden) Meine Damen und Herren, ich will ausdrücklich erklären, daß ich, woichnurirgend konnte, trotz meiner persönlichen Auffassung, die, wie Sie ja wissen, keineswegs mit der religiösen Auffassung der katholischen Kirche übereinstimmt, den berechtigten Interessen dieser Kirche Rechnung getragen habe. So habe ich erst gestern bei der Reichsregierung eine Vorstellung erhoben, daß die Kirche bei der jetzt zu schaffenden Steuergesetzgebung nickt anders behandelt werde als alle übrigen Körperschaften öffentlichen Rechts. Ich habe ferner von nir aus, nicht erst auf die Anregung des Herrn Abgeordneten Dr. Lauscher hin, sondern schon vorher, angeordnet, daß von dem Be— stätigungsrecht, das der Staat bisher bei der Anstellung der Geistlichen batte, in der Praxis kein Gebrauch mehr gemacht werden sollle. Die Verordnung war fix und fertig; es war nur ein Akt der Höflichkeit, sie zuerst dem Ausschuß mitzuteilen. Damit auch die grtoße Oeffentlichkeit erfährt, daß die Regierung bereit ist, auf eralorische Rechte, die ihr heute noch der Kirche gegenüber zustehen, freiwillig zu verzichten, darf ich vielleicht diese Verordnung vortragen, damit sie in die Akten des Hauses kommt, sie lautet:. Nach Artikel 137 Abfatz 3 der Reichsverfassung vom 11. August 1919 verteilt jede Religionsgesellschaft ihre Aemter ohne Mitwir— kung des Staates. Vorbehaltlich der zur“ Durchführung dieses . Grundsatzes erforderlichen gesetzlichen Maßnahmen und auf Grund des 8 30 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 über die Anstellung und Vorbildung der Geistlichen Gesetzsammlung Seite 191) ersuche ich die Herren Oberpräsidenten, bereits jetzt von dem auf Grund des § 16 Ziffer 2 jenes Gesetzes in der durch Artikel 2 8 2 des Gesetzes vom 29. April 1887 (Gesetzlammlung Seite 127) veränderten Fassung zulässigen Rechte des Einspruchs gegen die Uebertragung eines dauernden Pfarramts oder die Versetzung eines Geistlichen in ein anderes geistliches Amt oder die Umwandlung einer widerruflichen Stellung in eine dauernde Stellung bis auf weiteres keinen Ge— brauch zu machen. Es kommt hiernach einstweilen nur der Einsprüch nach § 16 Ziffer P 4. a. O. in Betracht, wenn dem Anzustellenden die gesetzlichen Erfordernisse zur Bekleidung des geistlichen Amtes fehlen. Erklären in dieser Richtung die geistlichen Oberen bei der gemäß S 15 a. a. O. ihnen obliegenden Benennung der Kandidaten dem DOberpräsidenten zugleich, daß jene gesetzlichen Erfordernisse erfüllt seien, so sind in diesem Falle die Herren Oberpräsidenten in der Lage und werden ersucht, unverzüglich zu erklären. daß sie Einspruch nicht einlegen. Also ich habe bereits vor dem Erlaß der reichsgesetzlichen Richt⸗

Meine Damen und Herren, es ist vom Hern Abgeordneten

wissen ja doch, daß meine Partei wenn ich einen Augenblick ein⸗

2 2 8 12 * 8 . 3 . j 2 Nun sagte Herr Dr. Lauscher, diese Gesetze müßten geändert werden.

Bis zum 11. August konnten

wie ich eben schen zu sagen mir en aubte, Schließlich war

überlastet, und es war

in anderen

schiedener Weltanschauung, wenn sie klug und gebildet sind, versöhn⸗ lich und anständig unterhalten kann, so daß beide Teile daraus etwas lernen. Und aus dem 5 oder 6 stündigen Gespräch ich weiß nicht, wie lang es war das ich mit den Herren dort geführt habe, sind, glaube ich, beide Teile nickt obne einen gewissen Gewinn fortgegangen.

Falle nolwendig ist, des Kultusnünisters und des Ministers des Innern, ich habe, sage ich, die Jaltiative ergriffen, diese Bestimmung döllig zu beseitigen. (Bravol im Zenttum) Darin sollen die Eltern künftig dolle Freiheit haben, gemäß dem Geiste der Reichsderfassung, die uns eimnal Gesetz ist und die ich loyal durchführen will und muß. Zurufe rechts) Ja, meine Herten, die Gesetze müssen durchgeführt werden. (Wiederholter Zutuf) Natürlich auch für die evanglische Kirche, ich bin aber im Augenblick immer noch bei der Latholischen Kirche.

Also ich habe die Initiative ergriffen, daß auch diese einschränkende Bestimmung beseitigt wird, und daß ein wesentlicher Grundsatz der Reichsverfassung, daß die Eltern das Recht haben sollen, in erster Linie selbst iber die Erziehung der Kinder zu bestimmen ein Grund— Katz, gegen den ich persönlich sehr ernfte Bedenkem habe schon jetzt durchgeführt wird.

Wenn man mir immer Kleinlichkeit gegen die katholische Kirche und gegen ihre Einrichtungen vorwirft (Zurufe) ja, so klang es doch aus der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Lauscher heraus —, wenn man mir vorwirft, daß ich zwar schöne Worte, schöne verbind— liche Redensarten machte, daß aber die Taten ausblieben, so darf ich die Sache fällt mir eben ein vielleicht auch noch darauf hinweisen, daß mir ein sehr bekanntes Mitglied Ihrer Fraktion erst vor ein oder zwei Wochen seinen ganz besonderen Dank und seine ganz besondere Anerkennung dafür ausgesprochen hat, daß ich das weitestgehende Ent— gegenkommen der Genehmigung einer Klosterschule, so viel ich weiß, eines Lyceums, in Düsseldorf bewiesen hätte, und daß ich bei dieser Gelegenhejt die gesetzlichen Bestimmungen in der denkbar mildesten Weise zugunsten der katholischen Kirche ausgelegt hätts. Alles das sind doch keine bloßen Worte, sondern VTatsa chen, und dem gegenüber bitte ich dringend, mich künftig mit dem Vorwurf zu verschonen, daß ich nur schöne Worte, aber keine Taten hätte.

Meine. Damen und Herren, ich sage Ihnen also: soweit es auf mich und auf die Preußische Regierung ankommt, wird die Trennung von Staat und Kirche im Geiste gegenseitiger Versöhn⸗ lichkeit, im Geiste vollster Loyalität durchgeführt werden, und ich glaube zuversichtlich, daß nach Durchführung der Trennung sich der Kirche erst recht Wirkungsmöglichkeiten er— offnen werden. Die großen Bedenken, die der Herr Abgeordnete Dr. Tauscher heute nach meinem Empfinden etwas post festum gegen die nun eimnal verfassungsdmäßig in Kraft getretene Trennung von Kirche und Staat geäußert bat, hat, soweit ich mich erinnere, in den Mer Jahren bereits Ihr Führer Wändthorst widerlegt, indem er sagte, daß nach seiner Meinung bei einer schiedlich friedlichen Trennung von Staat und Kirche die Kirche sich weit besser be⸗ finden würde als bei einem Zustand fortwährender Reibungen, wenn die Kirche ein Organ des Staates bläebe.

Ich bin dem Herrn Abgeordneten Dr. Lauscher sehr dankbar ge⸗ wesen, daß er ent gegen einer wüsten und wider wärtigen Hetze, die seitens eänes großen Teils der Zen— trum spresse, besonders im Westen, viele Wochen lang gegen mich geführt worden ist, (Zurufe im Zentrum) nein, es waren durchaus nicht nur einige wenige Blätter, es war fast die ge samte Zentrumspresse des Westens erneute Zurufe im Zentrum) Ge⸗ legenheit genommen hat, hier an autoritativer Stelle zu erklären, daß gerade die Ausfülhrungen, dee ich in Maria⸗Laach dem Abt gegenüber gemacht habe, ein hohes Anerkenntnis der großen, auch noch heute fort⸗

katholischen Kirche darstellen. Es ist ja bekannt, daß mir immer wieder und wieder in Wahlplakaten und ; onst, besonders als ich selbst

wohl acht Wochen lang trotz offiziöser und offizieller Dementis durch die Presse gegangen ich hätte in Maria-Laach erklärf, ich betrachtete es als Kultusminister für meine Hauptaufgabe, den Atheismus aän Deutschland zur Herrschaft zu bringen. Das ist ein kompletter Unsinn. Das Wort Atheismus ist ein Wort, das ich höchst ungern in den Mund nehme. Wer sich feierlich und gar noch mit einem gewissen Stelz als Atheisten bekennt, der zeigt damit nur, daß er vor den größten und ernstesten Fragen unseres Daseins keine innere Ehrfurcht hat, daß er das Protutt einer sebr mittelmäßigen Halbbildungist. (Zuruf rechts: Bebel und Qeb⸗ knecht Ich habe jetzt nur von mir geredet. Heiterkeit.) Ich habe damals in Maria-Laach nur erklärt, daß ich für meine Person nicht in der Lage sei, auf dem Boden irgend eines best̃mmten Offen⸗ barungsglaubens zu stehen. Das ist eine Privatsache, die niemanden etwas angeht, (Zuruf rechts die auch Sie nichts angeht. Ich habe auch Sie nicht nach Ihrer religiösen Ueberzeugung gefragt. Das, worauf es ankommt, Herr Abgeordneter, ist doch, cb ich me in Amt als Kultusminister mißbrauche, um meiner richtigen oder verkehrten wersönlichen Weltanschauung zum Siege zu verhelfen oder nicht. Ich bin nicht in dem vulgären Simne einer üblen Halbbildung ein Atheist. Aber selbst, wenn ich es wäre, würde ich es für cine Gewissenlosigkeit sonder gleichen halten, wenn ich bei der konfessionellen Zusammensetzung unseres Volkes und bei der furcht⸗ baren inneren und äußeren Lage, in der unser Volk beute noch steht,. den blöden und unsinnigen Gedanken fassen wollte den Atheismus zur Staatsreligion zu erheben. Das würde innere Kämpfe entfesseln, die unser armes Volk vollends zugrunde richten müßten. Trauen Sie mir alles möglicke zu, aber nicht einen geschmacklosen Umnsinn. Der sehr kluge und feinsinnige Abt von Maria Laach, mit dem ich mehrere Stunden dort gesprochen habe, der mich sehr liebenswürdig aufgenommen hat, hat selbst in durchaus sovaler Weise erklärt (Zuruf links: Eintreten ins Kloster Nein, das tue ich nicht. Ich habe auch dem Herrn dort in Marja Laach keinen Zweßfel darüber gelassen, daß ich geistig und seelisch aus einer ganz anderen Zone herkomme als die Herren Patres. Aber Sie werden mir auch zugeben, Herr Ab⸗ geordneter Hennig, daß man sich auch mit Leuten mit noch so ver⸗

Noch eine weitere schon jetzt von mir ins Werk gesetzte Maß

nahme zugunsten der katholischen Kirch ich babe die Initiative er—

ariffen, um die Bestimmung, daß, wenn ein Kind cvangelischen

Hlaubens in einer von Ordensbrüdenn oder fremmen Schwestern ge⸗ Kiteten Schule, in ein Lyceum, in eine Mosterschule njw. Aummahme linden soll, dan die Genehmigung gweier Mnister in jedem einzelnen

Meine Damen und Herren, meine Aeußemngen, die Herr Abt Dr. Herweghen in der Presse wiedergegeben hat, waren ein Gr— trakt unseres mebrstündigen Gesprächs, aber ich stehe durchaus nicht an, mich zu dem zu bekennen, was der Herr Abt dort niedergelegt hat.

meinem Gefühl wirklich überflüssigen Debatten über die religiõse Auf⸗

Meine Damen und Herren, um ein für allemah mit den nach

bestehenden ethischen, sittlichen Bedeutung der religißsen Werte der.

im Rheinland war, vorgeworfen worden ist und dir ser Vorwurf ist

faffung des zurzeit anckie renden Rultusmin ffterß aufzurkunen, gestallen Sie mir gütigst hinzuweisen auf die Reden, die ich nicht erst jetz, sondern bereits in den allerersten Revoluticnsmonaten, am 3. Febrnan d. J. in der Handelshochschule gehalten habe, und auf die auch Sen Abgeordneter Dr. Lauscher mit einigen Worten schon Bezug genommen bat. Ich darf einige Sätze aus dieser Rede zitieren, damit sie auch in die Akten dieses. Hauses hineinkommen, und ich hoffe, damit ein allemal diese unerquicklichen Debatten im allseitigen Interesse aus den Welt zu schaffen. Ich habe dort u. A. erklärt:

Dieser ganze Fragenkomplex, der sich mit der politischen Aus. einandersetzung zwischen Kirche und Staat beschäftigt, gehört sei nem tiefsten Wesen nach eigentlich viel mehr dem Gedankenkreise und dem Aufgabenkreise des alten Eiberalismuüs an als dem spezifischen Aufgabenkteise des Sozialismus. Die historische Aufgabz des Liberalismus ist es in allen Ländern gewesen leider ist in Preußen und Deutschland diese Aufgabe vom alten Liberalismus nicht in glücklicher Weise durchgeführt worden die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen zu einem (Ende zu bringen, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche auf eine den modernen Bedäürfnissen ent⸗ sprechende Grundlage zu stellen. Die geschichtliche Aufgabe des Liberalismus war im wesentlichen die, alte Bande, die festgewurzelten mittelalterlichen Bande des absolnten Staates, der Kirche, die All⸗ macht der kulturellen Zwangsbande zu zerbrechen, die Gesellschaft zu atomisieren, sie aufzulösen. Das ist zweifellos eine große historische

die Welt zweifelles ein gewaltiges Stück nach vorn geführt. In diesen Aufgabenkreis gehören, geschichtlich betrachtet, eigentlich auch alle jenen kirchenpolitischen Auseinandersetzungen hinein. Die Auf⸗ gabe des Sozialismus ist dagegen ganz wesentlich positiv, sie ist organisatorisch, und darum sehe ich es in der Frage, die uns in diesem Augendlick beschäftigt, für eine der wesentlichen Aufgaben des Sozialismus an, auch kirchenpolitisch nicht zu zerstören und aufzu— lösen, sondern neu aufzubauen, neu zu organisieren und im Aufbau umzuformen. Mit anderen Worten: so sehr ich persönlich jedem Dogmenglauben fernstehe ich mache daraus gar kein Hehl so sehr erkenne doch auch ich selbstverständlich und das sage ich nicht etwa jetzt erst, nachdem ich Minister, geworden bin, das habe ich auch im Landtage Dutzende von Malen bei den verschiedensten Ge— legenheiten gesagt und habe es in meinen Schriften oft genug aus⸗ geführt so erkenne gerade ich an, welche außererdentlich wert—= vollen sittlichen Kräfte auch heute noch aus der Religion, aus dem Christentum hervorquellen. Ich weiß ganz genau, daß wir alle, auch diejenigen unter uns, die nicht positiv gläubig sind, in stärkster Weise direkt und indkrekt won diesem Gedankenkreise, von der sittlichen Vor— stellungswelt des Christentums beeinflußt sind, und es wäre geradezu banausisch, es wäre obendrein so unsozialistisch wie irgend möglich, diese gewaltigen, sittlich-ethischen Kräfte, die auch heute noch ohne jeden Zweifel aus dem Christentum quellen, mit dem Dreschflegel totschlagen zu wollen. Es ist sehr viel sozialistischer gedacht, auch diese aus religiöser Quelle stammenden sittlichen Mächte unsererseits in zweckmäßigerer, würdigerer und besserer Weise, wie es heute ge⸗ schieht, in den Dienst der Gesamtheit zu stellen. Auch auf diesem Gebiete, auf dem Gebiete der Nutzbarmachung xreligiös-ethischer Kräfte, gilt es für den Sozialismus, nicht zu zerstören, sondern neu und zweckmäßig aufzubauen. . Und am Schluß der Rede sage ich noch einmal es ist nicht lang ; K . H Wir wünschen Persönlichkeiten, wir wünschen staatsbürgerlich ge⸗ richtete Persönlichkeiten, wir wünscken volkswirtschaftlich und sozial gerichtete Persönlichkeiten, und wir wünschen auch sittlich gefestigte Persönlichkeiten. Ich sage das nicht im Sinne irgendeines welt⸗ fremden Muckertums. Nichts liegt gerade mir ferner als das. Zuruf rechts) Jawohl! r ; Ich bin, weiß Gott, gerade auch als Sozialist ein entschiedener Lebenebcjaher, ich bejahe das Leben mit allen seinen Höhen und auch mit allen seinen Tiefen. Starke Leidenschaften sind mir auch da eine Herzensfreude, wo sie einmal über däe Stränge schlagen. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich sage: wir brauchen sittliche, starke Persönlichkeiten, so liegt mir dabei jede Absicht einer muckeriscken Engherzigkeit und Engstirnigkeit völlig fern; ich will damit nur sagen: wir brauchen Persönlichkeiten, und da darf ich wieder an das anknüpfen, was der Herr Vorsitzende anfangs sagte, Persönlichkeiten. die in sich den kategorischen Imperativ der Pflicht fühlen. Und zwar möchte ich glauben, daß dieser kategorische Imperatid der Pflicht in dem neuen Zeitalter im wesentlichen sozial betont sein wird, daß er seine stärksten Antriebe gewinnen wird aus der soz alen Verankerung jedes Einzelnen. Die Pflicht des Einzel⸗ nen der Gesamtheit gegenüber, von der Ihr Herr Präsident vorhin sprach, muß uns allen allmählich einfach in Fleisch und Blut über⸗ gehen. . Das war der gleiche Gedanke, aus dem heraus ich auch in Maria⸗Laach sagte, es würde in späterer Zeit eine so zial fundierte Ethik entstehe n die nicht mehr ausschließlich auf rein religiösen Begriffen basiert. Aber ich weiß genau, 2 fahre ich dann in der Rede vom 3. Februar fort daß zu dem Werden und Wachsen solcher neuen sozial fundierlen und sozial betonten Ethik nicht Jahre, sondern Jahrzehnte, daß dazu nicht eine Generation, daß dazu manche Generationen gehören. Ich weiß, auf allen diesen Gebieten gibt es keinen Sprung, zibt es kein Ueber⸗ den⸗Graben⸗springen, es gibt da nur langsdme Entwicklung, lang⸗ same Umformung. In allen diesen Dingen bekenne ich mich grund— sätzlich nicht als Revolutionisten, sondern als Epolutionisten, als Mann der Entwicklung, des organischen Wachsens und Werdens. Solange wir also eine selche sozial fundierte und sozial betonte neue Ethik noch nicht haben, solange sind auch die starken sittlich und religiösen Antriebe der Vergangenheit nicht zu entbehren bei der sittlichen Erziehung unseres Volkes. Und da komme ich wieder auf das, was ich eingangs sagte: es ist nicht die Aufgabe und kann nicht die Aufgabe des Sozialismus sein, diese Antriebe zu zerschlagen, sie zu negieren, es muß seine Aufgabe sein, diese sittlichen Antriebe nutzbar zu machen einzuspannen in den Dienst des gesamten Volkes, der großen einheitlichen Nation. rr

Damit glaube ich diefe Ausführung schließen zu können. (Zuruf des

Aba Dr. Bronisch: Diese Ethik liegt doch in dem Mangel an religi=

ösem Verstehen Meine Herren, ich hebe meine Auffassung nunmehr damit klargelegt. So sebr ich im allgemeinen solchs Auseinanden

fetzungen vom Hause fernzuhalten fucke denn wir haben hier dech

Notwendigkeit gewesen, diese negative Aufgabe des Liberalismus haßt“

liegt kein Widerspruch vor.

nn ersler Sinie positische wnd wirtschaftlicke Fragen loösen und sollten! trns nicht allzuviel über Weltanschauungsftagen unterhalten, aber ich bin durch den Abgeordneten Dr. Bronisch und inen anderen Herrn dazu gezwungen worden so din ich im übrigen doch auch künftig zu jedem von Ihnen gewünschten Waffengang bereit, und seien Die Über= zeugt, daß ich nicht kneifen werd . Meint Herten, über die Fragen, die in den dei den ftsrm-⸗ lichen Anftagen niedergelegt worden sind und die besonders Auch, außer in den böiden Reden der Herren Interpellanten, in den Ausführungen der Herten Abgeordneten Dr. Rade und D. Klingemann eine große Rolle gespielt haben, möchte ich eine formulierte Grklärung vorlesen; Sie gestatten mir, daß ich das tue: Abweichend von der bisherigen Reicheverfassung ist im Art. 10 der jetz geltenden dem Reiche die Befugnis zur gtundsätzlichen Regelung der Rechte und Pflichten der Religionsgesellschaften übertragen. In Ausführung dieser Bestimmung ist in dem dritten Abschnitt des zweiten Hauptieils der Reichtwerfassung die Freiheit der Religions übung und die Unabhängigkeit der Kirche vom Staate derkündet.

Die Durchführung dieses Grundsatzes oder, wie man es kurz, wenn auch nicht immer ganz zutreffend zu bezeichnen pflegt, die Trennung von Kirche und Staat soll nach dem letzten Absatz des Art. 137 im Wege der Landesgesetzgebung erfolgen. Zu diesem Iwecke werden der Landesversammlung demnächst die nötigen Vor= lagen zu machen sein. Die Staatsregierung vertritt dabei den Stand= punkt, daß die Trennung .

darauf lege ich besonders Gewicht, im Cinverständnis mit der ge⸗ famten Regierung - nur gleichzeitig auf finanziellem und rechtlichem Gebiete durchgeführt werden kann. Solange dies nicht geschehen, bleiben die bisherigen gesetzlichen Vorschriften in Kraft.

In dem Entwurf des Kirchengesetzes, das der Cvangelische Oberkirchenrat der Generalsynode vorzulegen beabsichtigt, behufs Schaffung einer Kircherversammlung zur Feststellung der künftigen Verfassung für die evangelische Landeskirche der älteren Provinzen, ist im 5 1 bestimmt, daß bis zum Inkrafttreten der Fünftigen Ver— fassung die Rechte des landesherrlichen Kirchenregiments von dem

CGwangelischen Oberkirchenrat unter Mitwirkung des Generalsynodal⸗ vorstandes ausgeübt werden.

Diese Bestimmung steht im Widerspruch zu 38 5 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Staatsgewalt in Preußen vom 2. März 1919, nach dem die Rechte des landesherrlichen Kirchen— regiments bis zum Inkrafttreten der Verfassung ausgeübt werden durch drei von der Staatsregierung destimmte. Staatsminister edangelischen Glaubens.

Kirchliche Gesetze und Verordnungen sind aber nach Art. 13 des Staatsgesetzes betreffend die evangelische Kirchewerfassung in den älteren Provinzen vom 3. Juni 1875 nur insoweit rechtsgültig, als sie mit einem Staatsgesetz nicht im Widerspruch stehen. Bevor ein von der Generalsynode angenommenes Gesetz früher dem König, jetz den drei evangelischen Staatsministern, zur Sanktion vorgelegt wird, ist nach dem Art. 13 Abs. 2 des genannten Staatsgesetzes die Er⸗ klärung des Staatsministeriums darüber herbeizuführen, ob gegen seinen Erlaß von Staats wegen etwas zu erinnern ist. Sollte die Generalsynode das Kirchengesetz entsprechend der Vorlage des Gvangelischen Oberkirchenrats verabschieden, so würde das Staats— ministerium wegen des dann entstehenden Widerspruchs zwischen Kirchengesetz und Staatsgesetz nicht in der Lage sein, eine derartige Grflärung abzugeben. Dann entfällt aber für die drei Staatsminister die Möglichkeit, dem Firchengesetz die Sanktion zu erteilen. Das be⸗ stehende Staatsgesetz bliebe damit voll in Kraft.

Um aber einen Konflikt zwischen der kirchlichen Vertretung und der Landesdertretung nach Möglichkeit zu verhüten haben die drei Minister evangelischen Glaubens Bedenken getragen, die außerordent- liche Generalsynode einzuberufen, solange die Gefahr besteht, daß das don ihr zu beschließende Gesetz mit den Staatsgesetzen in Wider⸗ spruch steht. ;

Nach dem Entwurf des genannten Kirchengesetzes sollen die Wahlen zur verfassunggebenden Kirchendersammlung nicht unmittelbar durch ie Mitglieder der evangel schen Landeskirche, sondern mittelbar durch die Mitglieder der vereinigten kirchlichen Körperschaften er— folgen. Auch ist die Wählbarkeit in der Weise beschränkt, daß ein Drittel der Mitglieder der Kirchenversammlung aus Geistlichen, ein Drittel aus jetzigen oder früheren Mitgliedern kirchlichet Körper—

schaften und nur ein Drittel ohne Einschränkung aus Männern und Frauen der evangelischen Landeskirche gewählt werden soll.

Das kirchliche Wahlrecht berührt zunächst nur das innerkirch—

liche Gebiet,

ssehr richtig! rechtsh

auf dem die Kirchen sowohl nach der bisherigen Rechtslage als auch auf Grund des Art. 137 der geltenden Reichsverfassung Selbständig⸗ keit genießen. Gleichwohl habe ich durch Schreiben vom 21. Juli dö. Is. den Evangelischen Oberkirchenrat ausdrücklich darauf hin⸗ zewiesen, daß ich vom Standpunkt der Staatsinteressen und auch don dem des allgemeinen Interesses der religiös gesinnten Bevölkerung die Ausschaltung der Urwahlen lebhaft bedaure und noch mehr die Beschränkung det Wählbarkeit, da hierdurch eine stark überwiegende Vertretung des geistlichen Elementes herbeigeführt werde. Ich habe die Hoffnung ausgesprochen, daß das Gesetz von der kommenden Generalsynode nicht in diefer Form beschlossen werde.

Hierüber hinaus steht der Staatsregierung eine unmittelbare Einwirkung auf die Ausgestaltung des kirchlichen Wahlrechts als einer innerkirchlichen Frage nicht zu. ö.

(Zurufe rechts.) Ich will mich durch Ihre Zwischenrufe nicht stören lassen in der Verlesung der formulierten Anträge, aber, meine Herren, ich hoffe, daß auch Sie von der Rechten bereits aus dem, was ich bisher vorgetragen habe, den Eindruck gewonnen haben, daß die Verschiebung der Generalsynode und andere Maßnahmen getroffen worden sind aus⸗ schließlich um einen für alle Teile gleich unerwünschten Konflikt zwischen Staat und Kirche zu vermeiden. (;uürufe rechts) Nein es

Es muß vielmehr den der evangelischen Qandeskirche angehörigen Staatébürgern selbst üherlassen bleiben, auf diesem Gebiete ihre Nechte innerhalb der Kirche zur Geltung zu bringen.

Das Kirchengefetz betreffend eine Kirchenversammlung enthält aber zugleich Abänderungen wesentlicher Bestimmungen der General synodalorb nung für die epangelische Tandeskirche der neun älteren

Prvvinzen vom VP. Januar 1576, incbesondere der FF 3 und 6, ind

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bedarf haber nach zem Staakzgefeß dem W. Mal 1891 der- Be. stätigung durch ain Staats gesen.

Gs wird dahet der Beschlußfassung der Landesdersammlung

unterliegen, ob dem Kirchengesetz, wenn es in der vorliegenden Fassung

don der Generalsynsde verabschitdet wird, die staatsgesetzliche Bestätigung erteilt werden soll, so daß die Zandesversammlung, falls sie rnit don Grundsätzen des Kirchengesetzes hinsichtlich des Wahl

techtes und der Wähl barkeit nicht einderstanden ist, diese Bestäti gung versagen kann.

Da demnach bisher völlig entsprechend der Rechtslage verfahren ist, so liegt weder eine Gefährdung der Staatsrechte, noch ande rer⸗ seits ein Anlaß für eine Beunruhigung der evangelischen Volks kreise dor.

Das ist die Antwort auf die förmliche Anfrage.

Ebensowenig wie bisher beabsichtigt die Staatsregierung künftig die verfassungsmäßige Freiheit der Religionsgesellschaften in der selb⸗ ständigen Ordnung ihrer Angelegenheiten zu beeinträchtigen. Sie ist im Gegenteil bestrebt, den kirchlichen Organen die Neuordnung der kirchenrechtlichen Verhältmisse, so weit es an ihr liegt, zu erleichtern. Diesem ihrem Standpunkt entsprechend hat sie zunächst die alte Generalsynode als das Organ anerkannt, durch das sich die Kirche das Wahlgesetz für die verfassunggebende Kirchenversammlung geben könne, cbwohl die Zusammensetzung der bestehenden Generalsynode den alten Verhältnissen entstammt und in weiten Kreisen Bedenken begegnet.

Auch der mit Unrecht viel angefochtene 8 5 ist in die vorläufige Staatéverfassung gerade zu dem Zweck aufgenommen worden, um die Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat unter Beachtung des bisherigen Rochtszustandes in Ausführung der neuen Grundsätze der Reich(verfassung zu erleichtern.

In §5 handelt es sich um die Einsetzung der drei Minister in

evangelicis —. Es ift von der Staatsregierung niemals beabsichtigt worden, die nur als vorübergehende Einrichtung gedachte Beauftragung der drei evan— gelischen Staatsminister mit der vorläufigen Fortführung des landes⸗ herrlichen Kirchenregiments beizubehalten, machdem die Trennung von Kirche und Staat entsprechend der Reichsverfassung durchgeführt und der heute einen ungestörten Uebergang in die neuen Verhältnisse ermöglichende 5 durch das zutreffende Abkommen zwischen Staat und Kirche entbehrlich geworden ist.

Die Steatsregierung hat im übrigen, wie anerkannt werden muß, die kirchliche Selbständigkeit bei der Handhabung der vorläufigen Regelung des landesherrlichen Kirchentegiments sorgfältig beachtet. Andererseits mußte sie aber auch den Empfindungen des kirchlich freier gesinnten Teiles der evangelischen Bevölkerung Rechnung tragen und den kirchlichen Organen deren Berücksichtigung dringend empfehlen. Auch heute kann sie im gemeinsamen Interesse von Kirche und Staat nur davor warnen, die Kirche auch künftig ganz überwiegend auf die ländlichen, vom alten Staatsideal beherrschten Kreise zu gründen. Wie im Staate, so wird auch künftig in der Kirche der städtiscken und ländlichen Bevölkerung die gleiche Möglichkeit der Be⸗ tätigung gewährt und nicht von vornherein durch die Bevorzugung des einen Teiles verleidet werden müssen.

Jedenfalls dürfen die Kreise, welche eine weitherzige Gestaltung der kirchlichen Verfassung und den Aucbau der edangelischen Landes⸗ kirche zu einer wahren Volkskirche wünschen, der lebhaften Sympathie der Staatsregierung dersichert sein. Sie wird diese Wünsche warm unterstützen, soweit dies ohne Eingriff in innerkirchliche Verhältnisse irgend möglich ift. (Zurufe rechts) Nein, meine Herren, die Re— gierung beabsichtigt, allen kirchlichen Richtungen, entsprechend dem ganzen Wesen und Charakter des neuen Volksstaates, künftig zu ibrem

Recht zu verhelfen.

——

90. Sitzung vom 4. Dezember 1919.

(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungäberleger“) )

Am Regierungstische; der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Haenisch.

Präsident Leinert eröffnet bie Sitzung nach 11 Uhr.

Es wird die . über den HaushaltdesMi⸗ niste riums für issenschaft, Kunst und Volͤshbildung fortgesetzt und die an die Ausgaben für das Ministerium, für Kultus und Unterricht, für den evange⸗ lischen Oberkirchenrat, für die Bistümer, für evangelische und katholische Geistliche und Kirchen angeknüpfte allgemeine Be⸗— sprechung wieder aufgenommen.

Abg. Adolph Hoffmann (u. Soz): Der jetzige Kultusetat

unterscheidet sich trotz der Revolution und trotz der veränderten Firma in, nichts von dem früheren. Wir wollen in Zukunft ein Kultus- ministerium ohne Kultus haben. Nach Artikél 137 der Reichs- verfassung es besteht keine Staatskirche! haben wir schon die Tren⸗ nung von Kirche und Staat. Deshalb hat man kein Necht, Staats⸗ gelder für die Kürche zu verauslagen. Ein katholischer Geistlicher er= klärte, fünf Sechstel von allem, was die Kirche hat, ist a n g, erworben, und von dem letzten Sechstel ist der rechtliche Erwerb nich

nachzuweisen. Deshalb soll die Kirche von dem, was sie zurückhaben will, den rechtmäßigen Erwerb nachweisen. Davon werden wir nicht abgehen. Der Staat der Gewalt, der Unterdrückung, der Ausbeutung braucht die Kirche. Die organisierte Kirche ist die sicherste Stütze des

reaktionären Staates. Insofern ist es richtig, e e, worden ist,.

daß die Religion die geborene Stütze des Stagtes ist. Wenn Abge⸗ ordneter Klingemann erklärte der Krieg wäre eine sittliche Notwendig⸗ keit gewesen als Zuchtrute Gottes, so emwidere ich, die Kirche hätte gegen den Krieg Stellung nehmen müssen, wie die christliche Nächsten⸗ liebe und die Gebote Gottes es vorschreiben. In der Presse ist das Volk belogen und betrogen worden, wie während des Krieges, so nach der Revolution. Die unglaublichsten Märchen und Verleuüm— dungen sind dem Volke aufgetischkt worden, um es aufzupeitschen, z. B. wegen meines Viertel jahresgehalts pon Mark. Wenn ma das heutige Kultusministerium betrachtet, so muß man, sagen, die Nobemberrevolution ist nur, eine Scheinrevolution, keine wirfliche Revolution gewesen. (Sie (nach rechts) haben nicht einmal versucht, diese Revolukon aufzuhalten oder zu verhindern. Der damalige stell⸗ vertretende Ministerpräsident Friedberg hat uns sofort, ohne Ein⸗ Pruch zu erheben, sein Amt abgetreten. Sie hatten vor der deutschen Revolution mehr Respekt, als sie eigentsich nach der Art, wie sie ausgeführt worden ist, verdient hat, ernst genommen zu werden. Nicht die Revolution hat den Zusammenbruch herbeigeführt, sondern der war schon da. Sie suchten Ihr Leben zu retten und verschwanden in bomhensicheten Kellern. Das steht in Widerspruch mit den Worten des Pastor Rump, die er kürzlich in Potsdam gesprochen hat: Wenn

die Zeit gekommen ist, wollen wir fterben um unserer Ehre und unserer

*

D bene, de, mae, n e. Min ker, die zn

Wortlaute wiedergegeben werden.

Brüber willen, zamih dir Ghre nicht zuschande freide. Derselbe Kr 14 kat im vorigen Jahre unter Himweiß auf den Stuhl, wo bleher

lhelm der te gesessen hat, von der Kanzel herab gesagt, seit Chriftus auf Golgatha den Tod erlitt, habe ö 0 6 Leid erdulden müssen, wie der Mann, der Fisher auf digsem Sluhl gesessen babe. Deß bas Ministerium den Rnsprüchen der Kirche nicht genügen würbe, habe ich vorausgesehen. Reicht man der Kirche aber den kleinen Finger, so nimmt ste bie ganze Hand. Bas Zentrum Fal dom Mini ster nicht, einen Arm genommen, sondern den ganzen Kerl. (Heiterkeit. Wollen Sie auf Ihrem Ministerwosten eien, dann blesbt Ihnen Rickts anderes übrig, als katholisch zu werden. (Stürmische Heiterkeit) Im Nodember hat Herr Haenisch Re Revolution milgemacht, aber fragt mich nur nicht wie. Beim Schälkompromiß wurde ihm das erste kaudinische Joch aufgerichtet, dem er sich beugen mußte, trotzdem seine eigene Partei ihm zurief: Conrad, weide hart. In feinem ganzen Handeln zeigt der Minister nicht die Spur don Grundfäßen. Das Schul kompromiß will er, wie manches andere, in legalfter Weise durchführen, mehr können Sie nicht verlangen. In seiner Rede in den Handelshockfschule hat er erklärt, er habe die bankerotte Regierung übernommen, weil niemand da wäre, der sie sonst hätte übernehmen können. Wenn die Mehrheitssozialisten in diefem Augenblick den verolutionäten Stoß aufgefangen hätten, so hätten sie fich um das Land sehr verdient gemacht. Das ist ein glattes Eingeständnis, daß mim die Revolution mit nichts machen wollte. In der Glocke“, die Firma Sklarz⸗Parvus kennen Sie ja zur Genüge, hat Herr Haenisch zun mindesten Helferdienste geleistet, das Volk und die Soldaten während des Krieges zu belijgen und zu betrügen. Alle Erlasse, die während unserer gemeinschaftlichen Amtsführung herausgegeben worden sind, sind einstimmig gefaßt worden. Hinterher hat Herr Haenisch alle Erlasse aufgehoben und sich den Anschein gegeben, von mir abzu⸗ rücken, um sich wieder bei Ihnen lieb Kind zu machen. Sein Auf— treten in Maria⸗Laach beweist, daß Herr Lauscher Herrn Haenisch Unvecht tut. Haben Sie nur noch ein wenig Geduld. Herr Haenisch wird unter der Vormundschaft des Herrn Wildermann nicht nur Ihnen aus der Hand fressen, sondern alles gehorsam ar portieren. Ich hätte gewünscht, Her Haenisch wäre einmal konsequent gewesen und wäre gleich in Maria⸗Laach geblieben, denn da gehört er hin. (Große eiterkeit) Im November v. J. hat sich sogar in Berlin ein evan⸗ gelischer Pfarrerrat gebildet, der sich bereit erklärte, auch unter der neuen Staatsform positid mitzuarbeiten. Dieser Pfarrerrat machte sehr vernünftige Vorschläge, einen Fonds zu schaffen zur Unterstützung armer Gemeinden, ohne den Staat zu belasten. Die Gemeinden mit großen Pfründen sollten an die leinen Gemeinden die entsprechenden Mittel abgeben. Leider ist auch dieser Vorschlag nicht zur Durch. stührung gekommen. Jedenfalls wird sich später die Trennung von Kirche und Staat anders vollziehen, als es nach diesem Vorjchlag gekommen wäre. Hinsichtlich der Anstellung und Abberufung von Lehrern und Beamten hat Herr Haenisch jetzt ganz anders gehandelt, Als er es früher als Abgeordneter gefordert hat. Er mag ein guter Mensch sein, auf dem Posten, auf dem er, jetzt steht, ist er aber nur ein Spielball des Zentrums, er pariert quf jedes Kommando, ist stets konziliant und wird es auch immer verstehen, seine Wünsche zurück—= zustellen. Ich habe hier ein Schreiben vom Kultusministerium, in dem mir mitgeteilt wird, Herr Haan isch beabsichtige, meine Marmorbäste in, der Vorhalle des Minssteriums aufzustellen. (Hiiterkeit) Ich möchte meine, Wünsche für den Künstler mitteilen. (Erneute Heiter⸗ keit Wenn ich um eine Gnade bitten darf, so ist es die, stellen Sie Haenisch nicht daneben. (Schallende Heiterkeit im ganzen Haufe) Das (hristentum stellt sich⸗so dar: Der Mann mit der Tonmerhüchse auf der einen Seite, auf der anderen der Mann mit der Bibel und zwischen ihnen die Schnapsflasche. (Lebhafte Bewegung.) Wir haben das Wort nicht vergessen: Noch 19 oder 20 Jahre wejter mit der Abstinenz, dann sind wir nicht mehr in der Lage, einen Krieg zu führen. Nur mit Schnaps kann das Volk in der Dummheit erhalten bleiben. (Widerspruch rechts) Wenn Sie das Volk vom Schnaps befreien wollen, so brauchen Ihre Anhänger einfach keinen Schnaps mehr zu brennen, von dem Sie aller⸗ dings viele Millionen an Liebesgaben in die Tasche stecken. Zum Wiederaufbau unserer Kultur ist eine grundstürzende Umwälzung Tes Bildungs und Erziehungswesens erforderlich. Bisher wurden nur Ausbeu tungsobjekte durch die Schulen großgezogen. Greenzenloses Elend der breiten Massen auf der einen Seite und unsinnige Ver⸗ schwendung einer kleinen Oberschicht auf der anderen, das war die bisherige Kultur. Wir brauchen eine wirkliche Arbeitsschule und müssen deshalb mit dem ganzen alten Apparat radikal aufräumen und das ganze Volk an der Kultur teilnehmen und mitwirken lassen. Wir verlangen deshglb eine revolutionäre Umgestaltung der ganzen Ver⸗ waltung, die Abschaffung dieses Ministeriums, der Provinzialschul⸗ kollegien und der Kreisschulinspektoren. An dessen Stelle wollen wir Bildungs- und Erziehungsräte treten lassen, aus deren Mitte die Zentralinstanz entsteht, der ein Fachbeirat und ein Elternbeirat beizu⸗ eben ift. Die Zusammensetzung der Schuldeputation darf nicht mehr behördlich vorgeschrieben werden, sondern muß den Gemeinden Felbst überlassen sein, und das schikanöse Bestätigungsrechkt muß keseitigt werden. Der Einfluß des kirchlichen Muckertums muß mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden, die Vorrechte der Kirche müssen heseitigt werden. Allerdings ein großes Vertrquen haben wir zu dem Minister nicht, der seit Januar den reaktionären Elternrat aufgeführt hat. Aus der Ehe zwiscken Zentrum und Regierungssezialisten kann nur ein Wechselkalg entstehen. Die höheren Schulen mit ihtem Sammel- surium von Wissen dienen nicht der Kultur, sondern dem Standes dünkel und der Klassenherrschaft. Die Bildung muß allen gemeinsam sein von der Kinderschule bis zur Hochsckule. Um Ihnen (nach rechts) Ihre Kuhlturstufe zu beweisen, will ich Ihnen einige Kapitel aus dem Buche „Die Sünden der Päpste“ verlesen. Der Redner verliest unter andauerndem Lärm und großer Heiterkeit, die durch falsche Aussprache eines lateinischen und griech schen Wortes heworgerufen wird ein Kapitel. Das ist ein Beispiel Ihrer hohen Sittlickkeit und Ihrer Kußturftufe. (Stürmische Zurufe und Gelächter. Wir wollen aber an die Stelle der Kirchenschulen die Volksschulen setzen, die dem ge⸗ samten Volke gehören sollen. Dies ist unsere Forderung von der wir nicht abgehen werden. Der Kultusminister meinte im Ausschusse, er habe keine Geldmittel. Warum greift er denn nicht zu? (Große Heiterkeit) Wenn Ihnen szum Zenttum und nach rechts) wrklich am Volkswohl gelegen ist. so haben Sie hier die beste Gelegenheit, durch Streichung der kirchlichen Geldmittel Ihre Volksfreundlichkeit zu beweisen. Die Kirche hat ungeheuer? Schätze aufgespeicert und könnte sie zum Besten des gesamten Volkes, herausrücken. Aber das wollen Sie (nach rechts) nickt, weil dann auch die Kriegsgewinnler und Kriegshetzer dem guten Kirckerbeispiele folgen müßten. Präsident Leinert: Herr Abgeordneter Hoffmann, Ihre Redezeit ist um. Zuruf: Gott sei Dank!! Wenn Sie (zum Zentrum und nach rechts) den ehr licken Willen haben, am Wohle des Volkes mitzuarbeiten, dann begn⸗ tragen Sie, die Summe, die im Etat für kirchliche Zwecke ausgeworfen sst. zu streichen. Sie wollen aber nur die heutige Gesellschaft und das Volt in der Dummheit erhalten, und dazu leistet Herr Haenisch And die hinter ihm Stehenden Helferdienste. (Beifall bei den Uffab⸗ hängigen Sozialdemokraten.) . ö Abg. Schlucht mann (Soz.): Das jetzige Kultusministerium has die n ö. allen Dingen für die 8e. Masse der Arbeiter⸗ schaft etwas ganz Besonderes zu leisten. Wir können aber heute schon die Beobachtung machen, daß einige Mißstände bestehen, die geeignet sind die guten Ansätze zu hindern. Wir wünschen, daß den Volkshoch. schulen eine möglichfte Vielgestaltung gegeben wird, und daß Dies nicht mir auf. dem Gebiete der Wissenschaft und der Kunst, sondern guch auf weiterabliegenden Gebieten der Fall sejn möge. Die heutigen Lehrkräfte sind nicht immer in der Lage, die Aufnahmefähigkeit ihrer Hörer richtig einzuschätzen. Obgleich durch die Presse dem Ministerium verschiedentliche Anregungen gegeben sind, haben diese doch nicht die enügende Beachlung gefunden; darauf kommt es aber doch im be= 5 an. Es ist notwendig, daß das Ministerium sich mit den Lehrern der Volkghochschulen in Verbindung setzt und mit diesen ge. mweinsgme zum Besten geg Votes eine ,,, . Dag e. kb dung ward feinen

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Minlsterium für Kunst, Missenschaft ind Volk

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