1919 / 281 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Dec 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Frankreich. Nach der vorgestrigen Sitzung Fes Fünferrats trate: die Delegierten der fünf Großmächte Ju einer geheimen Sitzung zutammen, in der sie den Text der Antwort auf die Mitteilung feststellten, die Freiherr von Zerener am vergangenen Montag in betreff des Zusatzprotokolls zum Friedens? vertrag von Versailles dem Generalsetretfär der Friedeng— konferenz Dutasla gemacht hatté. Der Beratung wohnten weder Marschall Foch noch Marschall Wilson bei. Wie der „Temps“ sagt, wird die Antwortnote des Fünferrats dem Vorsitzenden der deuischen Friedens delegation persönlich durch den General— sekretär Dutasta überreicht werden, und zwar jedenfalls erst Montag. Es handle sich nicht um ein Ultimatum, sondern um eine injonction, wie der Temps“ sagt, also um einen ausdrücklichen Befthl. In bezug auf Scapa Flow soll noch eine spezielle Antwort auf die von der deutschen Friedens⸗ delegation überreichte Dentschrift nachfolgen.

In der der geheimen Sitzung vorangegangenen Vallsitzung

beschästigte sich der Fünferrat mit der Frage der Er hehung der

deulschen Zölle in Goldmährung und beendete die Prüfung der wirtschaftlichen, finanziellen und Wieder gutmachungsklauseln des Frieden svertragsentwurfs für Ungarn. Der Vertrag ist

somit vollendet und kann der ungorsschen Friedengdelegation

überreicht werden, wenn sie in Nenilly angekommen it.

Wie das „Journal“ mitteilt, wind die neu gewählte Tammer nur hente tagen, um die Formalitäten zu erledigen. Sodann werde sich die Kammer bis zum 16. Dezemher vertagen, well am 9. Dezember in ganz Frankreich de Bürgermeister und die Delegierten gewählt werden, die die Senatoren wählen.

Spanien.

Einer Havasmeldung zusolge hat der Kriegsminister

sein: Entlassung eingereicht.

Kelgien. Die Kammern werden morgen eröffnet. (

ginnen sollen. Gch melz.

Gegerüber den in jüngster Zeit erfolgten amtlichen Er⸗

klärungen der österreichischen Regierung sieht sich ber Rundes⸗

rat laut Meldung der „Schweizerischen Deveschenagentur“

veranlaßt, festzustelloen, daß er niemals das Geringste getan Vorarlberg ouf⸗ gefaßt werden könnte, sich von Oesterreich zu lösen. Der

Ermutigung für

hat, was als

Bundegzrat Calonder, der Leiter der politischen Abteilung, hat kürzlich in seiner Rede vor dem Ständerat aus—

drücklich und mit aller Bestimmtheit erklärt: „Die Schweiz Weise in die inneren Verhältnisse zwischen Vom politischen Standpunkt

mischt sich in keiner Vorarlberg und Oesterreich ein.“ aus besteht für die Schweiz, insofern und solange Vorarlberg ein wesentlicher Vestandteil Oesterreichs ist, eine bergische Frage nicht, aber die Frage würde für die Schweiz eine andere Bedeutung und ein anderes Auzssehen an⸗ nehmen, wenn Vorarlherg sich von dem

zuglie dern.

Nachharvolke zu Hilfe zu kommen, um es ihm zu ermöglichen, die gegenwärtigen Schwierigkeiten seiner Lebensmittelversorgung zu überwinden. hierzu auffordern sollte, auf der Friedenskonferenz und beim Völkerbunde das Selbsibestimmungè recht Vorarlbergs zu unter⸗ stützen. Der Bundesrat ist aber entschlossen, sich jedes Schrittes zu enthalten, der die Loslösung dieses Landes von der politi— schen Einheit, der es zurzeit angehört, zum Ziele hätte.

Rumänien. Der König hat den Kammespräsidenten Vaida-Woiwod

mit der Kabinerts bildung betraut, Nach dem „Numänsschen Pressebüro“ dürften in das Kabinett von der Siebenbürger Nationalpartei die derzeitigen Minister Aurel Vlad, Dr. Mihai,

Poyonici und Valerius Hraniste eintreten. Die Bukowina wird durch den Minister Nistor neue Regierung wird folgenden Aenderungen le . Verlrag mit Oesterreich wird die Stelle gestrichen, wonach

die Unabhängigkeit Rumäniens auf dem Berliner Kongreß!

nicht bedingung los anerkannt worden sei. Die Bestimmungen

bezüglich der Regelung der Judenfrage werden weggelassen. Die bereits erfolgte Regelung dieser Frage durch ein hesonderes Gesetz wird als zufrieden stellen) erklärt. Es wird auf jede Einfluß⸗ nahme bezüglich der Schaffung von Gesetzen verzichtet, die

Rumänien für den Schutz der Minberheiten als notwendig erachten wird. Nach der Untersuchung der Lage werden lokale

Grenzberlchtigungen gewährt. Die Vertretung der alliierten Alächte in Vukgrest wurde von der Bereitwilligkeit zur Unter— fertigung des Friedensvertrags verständigt.

Lettland.

iedens käanferenz der Randstaaten hat am Freil ag Dorpat, nicht in Pleskau, begonnen. Di Handlungen sind geheim. Die russische Abordnung besteht aus 20 Personen, darunter 7 Frauen. Die Leiter sind die Kom⸗ missare Krassin und Joffe, wozu Litwinoff und Radek erwartet werden.

in

Amerika.

Laut, Meldung des „Preßbüros Radio“ gibt das ameri— kanische Staatsdepartement bekannt, daß der von den Mexikanern verhafteie amerikanische Konsularagent Jenkins auf freien Fuß gesetzt worden ist. Im Auftrage des Senatsausschusses für auswärtige Angelegenheiten haben die Senatoren Fall ind Hitchcock mit dem Präsidenten Wilson über die mexi⸗ tanische Lage beraten. Der Gouverneur von Texas hat Befehl erteilt, daß sieben Schwadronen der leichten Reiterei des Staates Texas auf Kriegsstärke gebracht werden. Die „New York Times“ meldet, die Vereinigten Staaten würden, wenn nötig, bewaffnete Gewalt anwenbhen, um Mexiko zu zwingen, für den den amerikanischen Bürgern in Mexiko zugefügten Schaden Ersatz u leisten.

; Nach Melbungen aus El Paso dementieren die mexi— kanischen Behörden die Nachricht von der Gefangennahme des Generals Villa. k

Asien.

Nach einer Meldung des „Temps“ hat in Anbetracht der

bolschewistischen Bedrohung die Mongolei den Vertrag von Kjachta gekündigt und aufs neue verlangt, von

*

ist bestimmt worken, daß keine Thronrede gehalten mird, sondt en daß die Arbeiten mit der Verlesung der ministeriellen Erklärung be⸗

vorarl⸗

Staate trennen wollte, dem es angehört, um sich einem anderen Staate an⸗ Unabhängig von jeder politischen Erwägung, ist der Bundezrat bereit, soweit möglich, dem tüchtigen kleinen

Er ist auch bereit, sofern Vorarlberg ihn

vertreten sein. Die den Friedensvertrag mst— unterzeichnen. Aus dem

Die Ver⸗

China beschützt zu werden. Ein Dekret des Präfidenten von China vom 22. November habe diesem Verlangen der Mongolei stattgegeh-n und alle russisch⸗chinesischen und alle ussisch⸗mongolischen Abmachungen

Mannigfaltiges Ein fesselndes Gesellschaftsbild bot am Sonnabend in den Fest—

des Vereins ; Männer der Regierung, von Kunst. Wissenschaft und Schiifttum

sowie von Handel und Industrie vereinigt hatte. Ein von dem de ; wiesene Wucherer und 2h j ĩ. Voffnung eines baldigen Anschlusses an Deutschland zum Ausdruck. Juletzt

Zürgermeister Dr. Reicke gedichteter, von Eduard von. Winterstein esprochener Festprolog leilete die erlesenen musikalischen Borträge des Ahends ein, bei denen das Klingler-Quartett, Lola Artöt de

Padilla, Karl Armster und Margarete Arndt⸗-Ober die Ausführenden E, mitteln:

waren. Orchestermusik gab dann das Zeichen zum Beginn der Tafel. Während dieser erhob sich der derseitige Vorsitzende des Vereins

„Berliner Presse“ Dr. Pa Michaelis, um die Gäste . arm . . . . bau! Mich 19 jüngste reichsdeutsche Lebensmittelhilse erbracht worden ist.

zu begrüßen. Der Oberbürgermeister Wermuth dankte in

deren Namen und hieß zugleich den Verein „Berliner Presse' im

Rathaus willkommen. Dle letzte Rede des Abends, eine politisch— bedeutsame Rede, hielt der Reichskanzler Bauer. Er knüpfte, wie „W. T. B.“ herichtet, an den Grundton des Abends an, indem er mit warmen Worten jür das Berlin der Arbeit eintrat. Mit kurzen Strichen zeichnete er die Gründe, aus denen die Mißstimmung gegen Berlin ihre Kräfte zog, vor allem die Tatsache, daß die Reichs haupfstadt während des Krieges und auch heute noch der Ausgangs— punkt all der wirtschaftlichen Zwangs maßnahmen sein mußte, bie so tief und unangenehm in das Leben jedes einzelnen eingeschnitten haben. Der Neichskanzler lehne es ab, diesen Zwang heute, wo der wirtschaftlich Sch wache ihn noch nicht entbehren könne, völlig abzubauen. Auch anderen gewaltsamen Mitteln zur Erleichterung der Verhältnisse, insbesondere der von der Landwirtschaft geforderten Erhöhung der Preise auf den Weltmacttpreis, konnte er nicht zustimmen, und schilderte in ein

icher Weise die Folgen einer solchen Maßregel, die schließlich zur vollständigen Geldentwertung und damit zum Bankerott führen müsse. Das Heil des ganzen Volkes und damit auch der Landwirt— schaft, der er jede Förderung zusagte, liege in der Stärkung der Arbeitslust und des Arbeitswillens der Industriearbeiter, denn für

alle Klte als Wahlspruch; nicht diskutseren, sondern prodtzieren. 9 6. c J 1hlsp ö / . ö der sech ten

Uebergehend zu den Fragen der äußeren Politik be— 9 ?

schäftigte sich der Kanzler eingehend mit den ernsten Entscheidungen 9 , . . . ; nen =. n , e (he sᷣ aht in Trient die Zustimmung, daß drei Waggons Reis, die gegenwartig

in Innsbruck lagern, für die hiesige Bebölkerung verwendet werden

aus: Es ist

der nächsten Tage und Wochen. Er führte folgendes l z ʒz⸗u ; handlungen über

verschiedentlich die Behauptung aufgetaucht, die Ver

das vertrage nicht enthaltenen Forderungen seien von uns verzögert oder gar unterbrochen worden. Lassen Sie mich an die Tatsachen erinnern, . ihnen wird die Unrichtigkeit all dieser Behauptungen hervorgehen. Am 21

vollmächtigten, Herr von Simson, nach Berlin zurückgekehrt, um neue Instruktionen einzuholen ; Strafforderungen machte diese Nückreise und eine neue Stellungnahme der Reichsregierung notwendig. Am 25. bereit ergingen diese neuen Instruktionen an den in Paris gebliebenen bevollmächtigten Unter⸗ händler, den Herrn von Leisner, der daraufhin sofort die Be— sprechungen fortsetzte. An demselben Tag kam die französische Note, in der der Oberste Rat sich mit der Abreise des Herrn von Simson eschäftigt und Austunft über die Absichten der deutschen Regierung

verlangt. Am 28. empfing Herr von Lersner auch darüber die ein⸗

gehendsten Instrittionen, dis er am Montag, den 1. Dezember, in ausführ⸗ licher Unterhaltung Herrn Vutasta vortrug. Darin war unser Schieds⸗

gerichtsporschlag an erster Stelle enthalten, und Herr Dutafta ver⸗

ach, uns mönlichst bald die Autwort zukomn sen, damit wir 575 tant j brach, uns mönlichst bald die Autwort zukommen zu lassen, damit wir Sch m ekrhu g. stü? ß. Abends vor der Station e fer r, n F ef

Unterhändler und Sachverständige zu den dann notwendig werdenden

weiteren Verhandlungen entsenden können. Die Antwort steht heute noch aus, was wahrlich keine Verzögerung von unserer Seite genannt

werden aun. Wie sehr uns an der schleunigen Ratifikation und einer Errichtung des Protokolls gelegen ist, das mögen einige Stellen aus der Jastruttion heweisen, die am 28. Novemnber nach Paris ge— gangen ist. Darin hieß es: „Die ausgesprochenen Zweifel an der

aufrichtigen Absicht Deusschlandes, die Bestimmungen des Waffen⸗ Friedensverirags zu erfüllen, sind unbegrü det.

stillstands und des Die deutsche Regierung verwahrt sich gegen den Vorwurf, für die Ver⸗ zögerung des Jukraftkretens des Friedensvertrages verantwortlich zu sein. Bereits am 16. Juli haben wir ratifiziert, seitdem warteten wir darauf, daß die zur Errichtung des ersten Ratifikations⸗ protokolls erforderliche Zahl ratifizierender Hauptmächte zusammen⸗ käme. Der deutsche Vertreter in Paris war seit langem mit Voll⸗ macht zur Unterzeichnung des Ratisikationsprotokolls. versehen. Erst

am 2. Nopember, wurde unt davon Kenntnis, gegeben, daß England, Frankreich und. Italien die Ratifikation vollzogen haben. Dlese drei Mächte aber haben nicht ihre Bereit⸗

willigkeit erklärt, den Frieden durch Errichtung des Ratifi⸗ kationsprotokolls ohne weiteres in Kraft zu setzen, sondern haben hierfür neue, schwere Bedingungen gestellt, die in keiner Beziehung zum Friedensvertrag stehen. Die deutsche Regierung wünscht nach wie vor eine schleunige Herstellung des Friedenszustands durch Inkraft⸗ setzung des Versailler Vertrags.“ Der Reichskanzler schloß mit einem starke n Appell, auf dieser Grundlage, auf der auch dle übergroße Mehrheit von Volk und Volksvertretung stehe, zusammenzuhalten in Einigkeit und in Recht.

Die in einem Teil der gestrigen Morgenzeitungen erschienene Mitteilung, daß die Wiederinbetriebsetzung des durch Brand heschädigten Amtes „Steinplatz' voraussicht⸗˖ lich noch Monate dauern wird, ist geeignet, Mißverständnisse zu erregen. Soweit sich bis jetzt übersehen läßt, wird es, wie. W. T. B. mitteilt, voraussichtlich schon am heutigen Dienstag möglich sein, den unversehrt gebliebenen Amtsteil, etwa. 4000 Anschlüsse, in der Weise in Betrieb zu nehmen, daß diese untereinander und in abgehender Richtung mit allen Aemtern verkehren können. Hierbei werden vor allem die 93 Automatenstellen des Amtsbezirks Steinplatz“ berücksichtigt werden, die sämtlich nur abgehenden Ver- kehr haben und damit dem Publikum zur beliebigen Benutzung wieder zur Verfügung gestellt werden. Zum gleichen Zeitpuntse etwa wird auch der Ferndertehr in der Weise wieder eröffnet werden, daß gegen vorherige schriftliche Anmeldung beim Fernamt heliebige Fernverbin⸗ dungen für sämtliche Teilnehmer des Amtes „Steinplatz“ hergestellt

werden können. Die Wiederinbetriebsetzung der übrigen Anschlüsse

des Amtes sowie die Wiederaufnahme des ankommenden Verkehrs pon anderen Berliner Aemtern wird borgussichtlich in etwa drei Wochen möglich sein. Allerdings wird zunächst noch ein Mangel an Ver— bindungsmöglichkeiten bestehen, so daß bei Gesprächen bon anderen Aemtern nach Amt „Steinplatz“' gewisse Beschränkungen unvermeidlich sein werden.

Die Reichszentralstelle für Kriegs- und Zivil.

gefangene teilt mit, daß die Reichsregierung einer grundsͤtz lichen Erhöhung der Familienunterstützung für die An—⸗ gehörigen der Kriegsgefangenen zugeslimmt hat. Ueber

die Erhöhung und schnellste Auszahlung der Bezüge finden zurzeit

Besprechungen mit dem Reichsfinanzministerium statt, die mit tun—⸗ lichster Beschleunigung durchgeführt werden. (W. T. B.)

Wien 7. Dezember. (W. T. B.) In der Volkshalle fand heute vormittag eine vom Deutschen Volksrat für Wien und

Niederösterreich einberufene Versammlun g statt, die massenhaft be. ,,. ank dern deutschen Bevölkerung Wiens für die treue Hilfsbereit schaft Deut schlands zum Ausdruck Der Versitzende Dr. Glöckler, Obmann des Deutschen Volksrats, fand herzliche Worte, um diesen Dand zum Ausdruck zu

hrachte.

bringen. e. . . Dr. Ur sing, daß er eben von einer Reise aus Deutschland zurück⸗

jlußprotokoll und por allem über die neuen, im Friedens⸗ ĩ n J 3 ; . . Nahrungsmittel sofort zur Verteilung gelangen. Die

November ist der eine der zwei zu diesen Verhandlungen Be⸗ ,, ; . . ; te . . . , , Ausgabe dieser , sofort stattfinden. Die Landesregierung n ö. ge, er im Hinbli „die eintretende Besserung Ruhe und Das Verharren der Entente auf ihren (wartet, daß im Hinblick auf die eir de Besserung Ruhe und ae n . ö Didnung in der Stadt wiederkehren werden. Sollten sich Vorfälle

wie die gestrigen erneuern, würden die zur Aufrechterhaltung der

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6

Darauf herichtete der Abgeordnete der Nationalbersammlung

gekehrt sei, wo eine überaus rege Sammeltätigkeit für Wien und die

ze .

null und nichtig erklärt. Wiener Kinder eingesetzs habe. Er machte duch Mitteilung davon, Niederösterreich auf preußischen Landgütern Renner trat schließlich für die Einigung aller deutschin Parteien Desterrzichs und die Gründung einer Großdeutschen Volkspartei ein. Der Abg. Waber den Dank

räumen des Berliner Rathauses ein Empfangsabend Der

j ö fe , renn, Berliner Presse“, der die führenden , m.

daß eine große Aktion im Zuge sei, Wiener Kinder und Kinder aus unterzubringen. Der

verdolmetschte als Wiener Abgeordneter Wiens für die Lebensmittelhilfe Deutschlands. Obmann des Bundes deutscher Eisenbahner, Ertl, wandte sich entschieden gegen Wucher und Schleich⸗ forderte unter der stümrmischen Zustimmung der Versammlung die Verhängung des Standrechts für über⸗

Schie ßer. In sämtlichen Reden fam die

wurde beschlossen, der deutschen Botschaft folgende Entschließung, die einstimmig gefaßt wurde, zu über⸗ „Die versammelten Wiener und Wienerinnen. Ange⸗ hörige aller Parteien und Stände, begrüßen wärmstens den neuen Beweis der Stammesverwandtschaft, der durch die Deutsche Volksgenossen sparen sich Lebensmittel vom Munde ab, geben trotz Kriegsftener und Vermögensabgabe Geldspenden und verringern ihre Verlehrsmöglichkeit, um Not und Elend in Niederösterreich und in Wien zu mildern. Unseren heißen, tiefgefühlten, nie zu vergessenden Dank wollen wir einmütig aussprechen, und Väter und Mütter

geloben tiefes Dankgefühl in den Seelen ihrer Kinder wach zu halten.“

Innsbruck, 6. Dezember. (W. T. B) Ueber Lebensmittel unruhen, die gestern zu Ausschreitungen führten, berichten

ie Blätter: Gegen 11 Uhr Nachts zog eine Menge zu Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern und suchte es zu stürmen. Der dort befindliche Gendarmerieposten gab Schüffe

gb, wodurch zwei Personen verwundet wurden. Nachts

über waren zeitweilig Schü zu hören. Doch wurden durch die zahlreichen Gendarmen,

Sicherheits; und Karabinieriabteilungen

Plünderungen Herhindert. Heute trat die Landesregierung

zu neuerlichen Beratungen über die Lage zusammen und erlteß einen

Aufruf an die Bevölkerung, worin die Landesregierung mit—

teilt, daß geslern abend acht Waggons Mehl und drei

Waggons Reis in Innsbruck eintrafen. Das Kommando italienischen Division erwirkte in sehr dankens- werter Weise von der Regierung in Rom und dem Gouvernement

können. Es sind alle Vorbereitungen getroffen, daß diese Landes⸗ regitrung wendet rund drei Millionen Kronen auf, um mehrere der hereits angelangten Waggons Pflanzenfett und Kondensmilch

zu über die Hälfte ermäßigten Preisen abzugeben. Auch die

Ordnung berufenen Organe angewiesen werden, heim Versagen anderer

Mittel mit nachdrücklicher Gewaltanwendung vorzugehen.

Salzburg ; 6. Dezember. (W. T. B.) Eiwa zweit ausend

Halleiner erschienen nach dem „Salzburger Volksblatt“ vor der

Bezlrkshauptmannschaft wegen der Lebensmittelversorgung.

Es kam zu Gewalttätigkeiten in den Räumen der Bezirks.

hauptmannschaft. Die Sicherheitsorgane waren machtlos.

Prag, s5. Dezember. (W. T. B.) Ein nach Prag fahrender

einen aus der Gegenrichtung kommenden Personenzug. 51 Per⸗ sonen wurden schwer verletzt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

Opernhaus. (Unter den Linden) Dienstag: 256. Dauer⸗ bezugsborstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Susannens Geheimnis. Intermezzo in einem Akt nach dem Französischen von Enrico Golisciani. Deutsch von Max Kalbeck. Mustk von Ermanno Wolf⸗Ferrari. Musikalische Leitung: Generalmusikdirektor Leo Blech. Spielleitung: Karl Holy. Vorher; Klein Idas Blumen. Ballett in ainem Aufzug nach dem Märchen von H. C. Andersen von Paul von Klenau. Mufikalische Leitung: Paul von Klenau. Ballett leitung: Helnrich Kröller. Nachher: Silhvuetten. Tanzszenen von Schatten zu Licht. Entworfen und einstudiert von Heinrich Kröller.

Musikalische Leitung: Otto Urack. Ballettlettung: Heinrich Kröller.

Anfang 7 Uhr. Sch auspielhaus. Am Gendarmenmarkt. Dienstag: 272. Dauer.

bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Die Journalisten. Lustspiel in vier Aufzügen von Gustav Freytag.

Spielleitung: Albert Patry. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. Mittags 12 Uhr: Symuhoniemittags— konzert. Abends 78 Uhr: LV. Symphoniekonzert der Kapelle der Oper zum Besten ihres Witwen- und Waisenfonds. Gum Symwphoniemittagskonzert sind Einlaßkarten bei Bote u. Bock, Leipziger Straße 37 und Tauentzienstraße 7, am Konzerttage im

Dpernhause zu haben.)

Schauspielhaus. 273. Dauerbezugsborstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Maria Stuart. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Friedrich Schiller. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 63 Uhr.

9 . . Familie nnachrichten.

Verlobt: Frl. Helene von Oppeln-Bronikoweki mit Hrn. Re—⸗ gierungsrat, Oberleutnant d. Res. Werner Zacharlae (Berlin). Frl. Haunit Nerlich mit Hrn. Finanzrat Walter Braeuer (Breslau = Oppeln). Frl. Anni von Zaktrzewsti mit Hrn. Hauptmann Kurt Waas (Rittergut Oppin, Saalkreis Alten⸗ burg). .

Ge stor benz Hr. Rittmeister Otto von Bonn (Könlgsberg, Pr.)

Hr. Pastor Reinhold Schmidt (Kleinballhausen). Frau Margarethe von Carlowitz, geb. von Obernitz (Berlin).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat Menaerina in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle Mengerind) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. Berlin. Wilhelmstraße 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsenbeilage) und Erste, Zweite, Dritte und Vierte Zentrel-Handelsregister⸗Beilage

Erste Beilage

zum Deutschen Jteichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

M 281.

Berlin. Montag, den 8 Dezember

E9nIg.

Aichtamtliches.

Deutsche Nationalversammlung in Berlin.

123. Sitzung vom 6. Dezember 1919. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger).

Am Regierungstische: Reichskanzler Bauer Reichsfinanzminister Erzberger.

Vor Eintritt in die Tagesordnung führt

Präsident Fehrenbach aus; Wir feiern heute ein Jubiläum, das, wie ich glaube, nicht unempähnt vorübergehen darf. Heute vor 25 Jahren wurde die erste Sitzung des Reichstages in diesem Hause abgehalten und, wie damals gesagt wurde, der großartige Bau, der seinesgleichen sucht, mit seinen weiten Hallen und prächtigen Sälen unter den besten Wünschen der deutschen Volksvertretung als Heim⸗ stätte überwiesen und mit den Worten „quod felix faustumque sit“ begann der damalige Präsident v. Levetzow die Eröffnung. Das Haus hat im Verlauf dieser 25 Jahre ruhige, aber auch ,, bewegte Sitzungen gesehen, in ihm hat sich eine reiche baterkändische Arbelt vollzogen, aber auch traurige Tage hat es erlebt, indem das deutsche Reichsparlament sich . einem anderen Unterkunftsraum umsehen mußte. Es geziemt sich heute, der Mitglieder der National⸗ versammlung zu gedenken, die schon in dieser ersten Sitzung dem deutschen Reichstag angehörten. Es sind dies folgende 20 Herren: Beck, Brühne, Fischer-Berlin, Frohme, Geyer-Leipzig. Haußmann, Dr. Hitze, Legien, Molkenbuhr, Müller-Fulda, Dr. Pachnicke, v. Paher, Re, Schmidt⸗Berlin, Dr. Spahn, Strzoda, Ulrich, Weiß, Wurm und Zubeil. Wir wollen wünschen und hoffen, daß der 50. Erinnerungstag unter glücklicheren Zeiten wie der 25. gefeiert werden kann, und wir bekunden dies in dem festen Willen, in ent⸗

schlossener Arbeit den Wiederaufbau des deutschen Hauses zu fördern.

Lebhafter Beifall.)

Als erster Punkt steht auf der Tagesordnung die Beratung der Novelle zum Gesetz über die Zahlung der Zölle in Gold.

Die Vorlage wird in allen drei Lesungen ohne Aussprache angenommen.

Darauf wird die Steuerdebatte-Aussprache Steuergesetzentwürfe fortgesetzt.

Abg. Dr. Düringer (D. Nat.: Die Steuergesetze und die Reichsabgabenordnung hätten uns eigentlich alle zugleich vorgelegt werden müssen. Aber der Finanzminister wollte wohl die Qperation schmerzloser machen, indem er dem Hund den Schmanz stückweise abhieb. Bei dieser Hetze der Beratungen kann man diese wichtigen Steuer dorlagen nicht hinreichend durcharbeiten. Bei einem Examen im

ause über den Inhalt der neuen Gefetze würden wohl bei aller Intelligenz 9) Prozent der Mitglieder des Hauses durchfallen. (Heiter⸗ eit und Zustimmung) Die Rede des Flnanzministers zeigte einen starken Zug von Optimismus, wir aber stehen seinem ungewöhnlichen Selbstvertrauen auf sein Finanzgenie etwas skeptisch gegenüber. (Sehr wahr! vechts In der auswärtigen Politik, in Italien, in Wien, bei den Waffenstillstandsverhandlungen üsw., überall zeigte er denselben Optimismus, aber welche grausame Enttäuschung haf dieser uns ge— bracht. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Der Reichsfinanzminister ist ganz derselbe geblieben, sowohl äußerlich wie innerlich. (Sehr gut!, rechts. Er ist früher als falscher Prophet aufgetreten, wir fürchten, auch diesmal wird sein Optimismus falsch sein. Seine Worte von Sparsamkeit „stehen in schreiendem Widerspruch mit den Tatsachen. Wir sehen eine ungeheure Verschwendung von Beamtenkräften und von Gehältern, wie sie in dem früheren streng kontrollierten Obrig⸗ keitsstaat nicht denkhar war. (Sehr wahr! rechts. Wir fürchten das Gindringen der Korruption in unseren Beamtenstand. Daß die reichseigene Steuerverwaltung einen engeren Zusammenhalt der Nation bringen werde, ist ine Illusion des Mönisters, die Reichssteuerschraube kann nicht das geeignete Mittel sein, die Reichsfreudigkeit zu heben. Der Minister ist ein Schwärmer, wenn er den Steuererheber als Träger des Reichseinheitsgedankens ansieht. In Wahrheit wind das Reich als der große Zuchkmeister erscheinen, der die Steuern erhebt. Als rhetorische Leistung kann man die Rede des Ministers bewundern, aber bei der Prüfung des Inhalts findet man nirgends volkswirt— schaftliche Gesichtspunkte, und doch kommt es gerade darauf an, ob unser Wirtschaftsleben diese Steuergesetzgebung vertragen wird, oder ob es nicht dadurch zugrunde gerichtet wird. Das Zutrauen des Aus— lands in unsere finanztelle Leistungsfähigkeit ist dadurch nicht gehoben worden, denn angesichts der Erzbergerschen Steuerpläne ist die Valuta von Tag zu Tag zurückgegangen. Das Ausland betrachtet diese Pläne ebenso wie wir als den Ruin des deutschen Wirtschafts lebens. Der Minister hat eine ursprünglich als vertraulich behandelte Er⸗ flärung im Ausschuß und ein ebenso behandeltes juristisches Gutachten dafür vorgelesen, daß die Entente auf das Reichs⸗ notopfer nicht die Hand legen kann. Von vertraulichen Schriftstücken erwariet man immer eine nene Weisheit, ober diese Schriftstücke hier haben mir nicht im geringsten im— poniert. Haben sie Ihnen imponiert? (Rufe. rechts: Nein! Lachen links; Ruf rechts: Ihr Lachen beweist auch etwash Das Privatvermögen in Händen einzelner würde die Entente nickt angreifen, wohl aber das, Reichsvermögen, das für die Erfüllung der Verpflichtungen des Reiches haftet. Wir müssen mit der Illoyalität unserer Gegner rechnen. Die papiernen Proteste des Reichsfinanz— ministers werden wirkungslos bleiben. Die Entente muß sich erft verpflichten, das Aufkommen aus dem Reichsnotopfer nicht anzu— gin bevor wir dieses Gesetz annehmen. Die Wirkung der neuen steuergesetzgebung in innerpolitischer Beziehung wird eine Zentra— lisation sein, wie sie kein Staat der Welt hat, nicht nur die einzelnen Länder, sondern auch jede einzelne Gemeinde wird direkt oder indirekt vom Reichsfinanzminister abhängig. Unser blühendes Kommunal- wesen, unsere Selbstverwaltungskörper werden in ihrer Entwicklung gehemmt, ihre, Initiative wird gelähmt, weil sie in ihren Finanz plänen abhängig gemacht sind von der Entscheidung des Reichsfinanz⸗ ministers; sie können nicht mehr mit bestimmten Faktoren rechnen. Herr Erzberger hat kürzlich, als auf die unvermeidliche Kollision zwischen den Interessen der Länder, der Gemeinden einerseits und des Re ches andererseits hingewiesen wurde, mit einer gewissen Naivität erwidert, solche Interessengegensätze dürften künftig überhaupt nicht mehr hervortreten; es werde nur das Reichsinfteresse, das gleiche In⸗ teresse für alle gehen. Diese Unterstellung der völligen Urteilslosigkeit dieses hohen Hauses weisen wir zurück. Die Finanzminister der Ein— jelstagten dürfen nicht zu abhängigen Beamten des Reichksfinanzæ ministers gemacht werden; das würde den Anfang zur Korruption unserer pflichttreuen Beamtenschaft bedeuten. Der Abgeordnete Zehnter hat gestern auf eine Reihe von verfassungsrechtlicken Be— denken bingewiesen. Herr Erzberger führt aus, baß das Pripateigen⸗ tum seine Begründung, aber auch seine Grenze findet im Sozialen.

und der

über die

vorgebracht hat.

Derselbe Gedanke lautet im Artikel 153 der Verfassung: „Eigentum verpflichtet, sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das gemeine Beste“, und in Artikel 155 findet sich die Anwendung dieses Grund⸗ satzes auf das Recht an Grund und Boden: „Die Bearbeitung und Ausnutzung des Bodens ist eine Pflicht des Grundbesitzers gegenüber christlicher Grundlage ruhen: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Altruismus und Individualismus in einem Satze entsprechend der menschlichen Veranlagung, die eine doppelte ist, eine altruistisch⸗ soziale und eine egoistisch-individuelle. Die Regierung bekämpft den Kapitalismus. Sie sagt, es darf in Zukunft keine Unternehmer mehr geben. Kapitalismus und Sozialismus sind Erscheinungen, die sich gegenseitig nicht ausschließen, sondern ergänzen. Dem Geringsten ein menschenwürdiges Dasein zu verschaffen, haben auch wir auf unser Programm geschrieben. Die für jeden Wirtschaftsbetrieb notwendigen Betriebsmittel sind auch Kapital, und Liesen unentbehrlichen Kapita⸗ lismus brauchen wir, wenn wir unsere Wirtschaft aufrechterhalten wollen. Den Mammonismus haben wir immer bekämpft. Von der rechten Seite des früheren Reichstages wunden die Wuchergesetze, die Börsengesetze, beantragt. Wer im einseitigen Fanatismus auch den für unser Wirtschaftsleben unentbehrlichen Kapitalismus zerstört, der untergräbt die stärksten Wurzeln ünseres Wirtschaftslebens und macht dadurch auch den Sozialismus unmöglich. Das geschieht aber be⸗ wußt oder unbewußt mit den neuen Steuern. Das steht im direkten Widerspruch mit Artikel 153 der Verfassung: „Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Allerdings heißt es dann: Eigen—⸗ tum verpflichtet. Das Eigentum kann aber dann nicht mehr ver⸗ pflichten, wenn es einfach weggenommen ist. Es darf aber niemals bis zur Enteignung gehen, sonst widerstreitet das dem Sinn, Geist und Wortlaut der Verfassung. Mein Parteifreund Hugenberg hat wiederholt die Einführung einer Zwangsanleihe gefordert. Es ist volkswirtschaftlich verfehlt, wenn man, wie es jetzt geschehen soll, die Steuerquellen selbst zuschüttet, wenn man Raubbau treibt mit den Einnahmequellen, wenn das Vermögen und Betriebskapital rücksichts⸗ los angegriffen wird. nicht bilden, damit wird der Unternehmergeist des deutschen Kauf⸗ manns und Industriellen gelähmt. Schwindet die Aussicht auf

ins Ausland begeben. (Sehr richtig! rechts) Die ratenweise Ab— tragung des Reichsnotopfers wird namentlich für die mittleren Ver⸗ mögen wie eine Einkommensteuer wirken. Die Kapitalertragssteuer ist eine im höchsten Maße unsoziale Maßnahme. Sie trifft den unbemittelten kleinen Beamten oder Rentner, der auf jeden Pfennig seines Einkommens angewiesen ist, genau so wie den größeren Be— sitzer. Das Kinderprivileg ist derart aufgebaut, daß mit ihm das Cinkindersystem geradezu gezüchtet wird. Wird jeder Vermögens— juwachs unmöglich gemacht, so weiß ich nicht, wie der Finanzminister Arbeitsfreudigkeit und den Trieb zum Fleiß, zur Berufsfreudigkeit und zur Sparsamkeit fördern will. Hat da nicht der Schieber und Spieler vollkommen recht, der sich um den nächsten Tag nicht kümmert? Wie steht die Prämienanleihe, bei der einer Reihe von Zeichnern Millionen mühelos in den Schoß fallen sollen, in Ein— klang mit den Motiven des Reichsfinansministers? Neu ist es, wenn hier ein besonders Steuerprivileg für Millionengewinnler geschaffen wird. Wie verträgt sich dies mit dem gepriesenen System des Reichs— finanzministers über die Gleichmäßigkeit der Steuerverteilung auf alle Venpflichteten? Der Minister setzt sich nicht nur über die Verfass— ung, sondern auch über seine eigenen Programmgrundsätze hinweg. Einem solchen Mann sollen wir noch vertrauen? Die Redner der Soꝛial— demokraten und des Zentrums haben dem Minister Lob und Dank ge⸗ spendet. Wir vermissen dagegen bei aller seiner Fähigkeit die gründ— liche Erfassung der überaus schwierigen Probleme, an die er sich her⸗ anwagt. Alle seine Werke tragen das Gepräge eines vordringlichen Dilettantismus, und deshalb haben sie auch keinen Erfolg. (Zuruf: Frechheit) Herr, Präsident, ich bitte Sie, mich gegen den Zuruf Frechheit“ zu schützen. (Präsident Fehrenbach: Ich habe den Zuruf nicht gehört, selbstverständlich rüge ich ihn) Alle übrigen Aus—

XIX. k

führungen behalte ich mir für die Kommission vor.

Reichsminister der Finanzen Erzberger: Meine Herren! Die Ausführungen des unmittelbaren Herrn Vorredners veranlassen mich zu wenigen Worten, das um so mehr, als ich durch ander⸗ weitige dringende Verhandlungen genötigt bin, das Haus bald zu verlassen und der weiteren Sitzung nicht beiwohnen kann, wie ich gern möchte. Ich werde in meiner Erwiderung auf die. Bemerkungen persönlicher Art überhaupt nicht eingehen, die der Herr Vorredner (Bravo! im Zentrum und bei den Sozialdemo— kraten.) Ich will kurz rekapitulieren. Er sprach von vordringlichem Diletantismus, er sprach von der herausfordernden, hochfahrenden Art, von Augenblickserfolgen, er sprach mir die Tiefe und die gründliche Erfassung der Probleme ab, ein bißchen sehr viel in wenigen Worten. Heiterkeit. Er hat sich aber nicht die Mühe gegeben, auch nur irgendeinen Beweis für seine Behauptungen beizubringen. (Sehr gutt im Zentrum und bei den Sozialdemokraten. Er sagte, ich sei ein schlechter Prophet gewesen. Herr Kollege Düringer, wenn Sie dem alten Neichstag beigewohnt, hätten (sehr gut! im Zentrum) und meine Reden in der Fraktion und Kommission gehört hätten, wie ich das Volk und die Regierung in der Frage des U⸗Boot⸗Krieges

beschworen habe ssehr richtig im Zentrum und bei den Sozial⸗

demokraten, würden Sie nicht sagen, ich sei ein falscher Prophet gewesen. (Sehr richtig! im Zentrum) Die falschen Propheten saßen alle hier rechts von mir, aber nicht bei uns. Schon im Jahre 1915 und 1916 habe ich immer und immerwieder die Dokumente sind vorhanden darauf aufmerksam gemacht, daß nach dem Eintritt Italiens und Rumäniens in den Krieg der Krieg für uns verloren sei. Ich habe immer wieder erklärt: Schluß mit diesem Völker— morden lsehr richtigt im Zentrum) und heraus aus der entsetzlichen

Situation, weil die Fortsetzung des Krieges für uns von immer

größeren Nachteilen begleitet sein würde, und wie bin ich da gerade

bon Ihren parteipolitischen Vorgängern angegriffen worden, weil ich diese Tätigkeit entfaltet habe! nicht vorwerfen, daß ich ein falscher Prophet in der Frage des U-Boot⸗ Krieges gewesen bin. (Sehr richtigĩ im Zentrum) Es ist alles so gekommen, wie ich es vorher gesagt habe. Sie mögen es heute noch so sehr bestreiten, die Tatsache steht trotz alledem fest. Zuruf rechts.) Der größte Annexionist wegen des vertraulichen Schreibens vom 2 September 1914, das ich längst preisgegeben habe (Heiterkeit und Zurufe rechts), öffentlich und privatim?ꝰ nungen nie gewechselt? (Zurufe rechts.) Haben Sie im September 1914 das über den Kriegsbeginn gewußt, was Sie heute wissen? Halten Sie Ihr Urteil vom September 1914 heute noch in allem

Gurufe rechts) Sie können mir

Haben Sie Ihre Mei—⸗

ö 6 r, . der Reden der Herren Min fur die im

der Gemeinschaft. Das sind Gedankengänge, die letzten Endes auf

Neue steuerkräftige Einkommen können sich

Emporkommen im Reiche, so wild sich der arbeitskräftige Deutsche

aufrecht? (Zurufe rechts) Sie haben damals gesagt: Wer nid dieser Auffassung sein, sei ein Vaterlandsderräter. (Z3urufe des At— geordneten v. Graefe) Ach, mit Ihnen will ich überhaupt nicht reden. (Z;uruf rechts) Sie rufen dazwischen, ich solle von de Steuern reden. Der Herr Vorredner hat so furchtbar wenig ve den Steuern gesagt (sehr richtig! im Zentrum), es wäre mir pi— lieber gewesen, wenn ich nur von den Steuern reden dürfte (Zur rechts), wenn ich von allen diesen Dingen nicht zu reden hätte. Ich gehe aber auf alle diese einzelnen Dinge nicht weiter e es wird sich schon noch Gelegenheit dazu geben. Wenn der Her Vorredner agte, seine Partei spreche mir nicht das Vertrauen ans, nun, ich habe auch nicht darum gebeten. (Heiterkeit im Zentrum. Zurufe rechts) Nein, wenn Sie mir in der Steuerpelitik dun: Ihren Redner hätten Ihr Vertrauen aussprechen lassen, hätte ir die ernsteste Gewissenserforschung anstellen müssen, ob ich nicht ganz verkehrte Steuerpolitik gemacht hätte. (Große Heiterkeit i

Zentrum) Dafür kennen wir uns mit unseren Gegensätzen de schon viel zu lange. (Sehr richtig! rechts) Wir wissen es d ganz genau, daß die Steuerpolitik, die Sie auf der Rechten gekriel

haben und auch jetzt noch treiben ich werde Ihnen nachher mi einiges darüber sagen (Guruf rechts: Die Sie früher mit un zusammengefaßt haben!), nicht zum Heile unseres Volkes gefühl hat. (Wiederholte Zurufe rechts.)

Der Herr Vorredner sagt, der Weg, den ich begehe, sei unheilvoll. Da will ich nur eine ganz maßlose Uebertreibung kennzeichnen. Die Haupttätigkeit des Reiches bestehe künftig darin, daß es der Sten exekutor sein würde. (Zustimmung rechts) Meine Herren, ich glan daß, wenn ich sage, daß dies eine maßlose Uebertreibung ist, ich äußerst mildes Urteil gefällt habe. Wenn der Herr Vorredner weit sagt, das Reich will nur noch der Zuchtmeister des Volfes sein möchte ich folgendes demgegenüber als Tatsache hinstellen. Soll das Reich die Zinsenzahlung von jährlich 10 Milliarden einstellen und sell es die Witwen und alle die, die während des Krieges gezeichnet haben, schauen lassen, ob sie Zinsen bekommen oder nicht? (Große Unruh und Zwischenrufe rechts; lebhafte Zustimmung bei den Mehrheits— parteien) Soll das Reich die Zahlung der Renten an die Kriege— beschädigten und an die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen Höhe von 4½. Milliarden einstellen? (Andauernde Unruhe rechts. Haben wir nicht vielmehr die umgekehrte Vewpflichtung die alte Gesetz⸗ gebung auszubauen und hier angemessene Renten zu gewährenp (Un⸗ ruhe und Zurufe rechts: Sie reden ganz vorbei! Kein Mensch hat dag behauptet! Gegenrufe links) Mancher verstehts, und mancher begreifts nie (Heiterkeit); zu den letzteren vechne ich den aufgeregten Zwischenrufer. (Andauernde Unruhe rechts) Ich lege Ihnen dor, wofür wir die Gelder brauchen.

Der Herr Vorredner sagt, das Reich sei nur der Exekutor der Steuewahler, sei der Zuchtmeister. Ich lege demgegenüber dur, was das Reich mit dem Gelbe anfängt, das wir unserem Volke abnehmen müssen. Ich wiederhole es: soll das Reich die Zinsen für die Zeichner der Kriegsanleihe zahlen, soll es den Zinsfuß nicht herabsetzen, soll e= die Renten für die Hinterbliebenen und für die im Kriege Baschädigten nicht bezahlen? Muß es nicht vielmehr unngekehrt sein? Gebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien, Das alles will der Herr

Taten folgen. Ich habe angekündigt und werde mein Wort halten

Vorredner als „Zuchtmeister', als „Steuererekutor“ bezeichnen! (Wiederholte Zurufe rechts) Gegenüber diesen einseitigen maßlosen Uebertreibungen stelle ich fest, was das Reich den breitesten Volks— schichten an Wohltaten trotz der Armut unseres Volkes auch in Zu— kunft zuführen will. Das scheint Ihnen unangenehm zu sein, daß man solche Gedankengänge auch nur entwickelt! (Lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien.)

Meine Herren! Hat denn das Deutsche Reich seit dem militärische Zusammenbruch des Krieges nicht alle seine übernommenen Ver— pflichtungen erfüllt? Haben wir einen Pfennig an Zinsen weniger be. zahlt, als versprochen worden ist? Haben wir uns nicht bemüht, die Bezüge der Kriegsbeschädigten aufßubessern? Haben wir nicht im letzten Jahre Millionen, ja Milliaiden für solche Zwecke ausgegeben? Gin Gesetzentwurf ist in Vorarbeit, in welchem wir wiederum daran gehen, auf gesetzlichem Wege die äußerst kärglichen Renten der Kriegsver⸗ letzten zu erhöhen. (Brawol links) Ich als Finanzminister spreche es ganz offen aus, daß die Renten so niedrig sind, daß wir sie nicht mehr so lassen können und auch auf diesem Gebiete an eine Erhöhung heren⸗ gehen müssen Eebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien) Wir müssen jetzt für die Familien der Kriegsgefangenen, die noch durch feindliche Gewalt in Feindesland, in Frankreich zurückgehalten werden“ und schmachten, eine besondere Weihnachtsgabe geben. Das haben die Familien, die gegenüber denen, die ihre Söhne, ihre Väter und Brüde bereits zurückbekommen haben, rückständig sind, redlich verdient, daß wir ihre Not irgendwie zu lindern suchen müssen. (Wiederholte Zu⸗ stimmung /)

Wir müssen auf der anderen Seite dazu übergehen, wie auch Herr Vornedner zugestanden hat, unsere kärglich bemessenen Xe. soldungen zu erhöhen. (Zurufe rechts) Ich lasse den Worten

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die Reichebesoldungsordnung bereits im nächsten Februar späteste ns

der Nationalversammlung zugehen wird. Ich muß in der Zwischen: um der dringendsten Not abzuhelfen, fast jeden Tag in unseren Rec betrieben Gehalts- und Lohnerhöhungen eintieten lassen, weil die Ent⸗ wichlung unserer Lebensmittelpreise in feinem Verhältnis mehr zu

Steigerung der Löhne steht, die inzwischen eingetreten ist. Zustim mung bei den Mehrheitsparteien, Die Ausgaben sind. sen Juni und Juli teilweise um 40 und 45 Prozent für eine vierköpfier Familie gestigen. Dann muß ich als Finanzminister dazu helfen, 2 auch die Löhne eins angemessene Entwicklung nehmen. CTebhaste rufe rechts) Ich stelle ja nur gegenüber, was alles das Reich ut, daß es nicht der Zuchtmeister und Steuererekutor ist, sondern soziale Wohltaten bringt! (Rufe rechts: Das wissen wir ja alles!) Die Beträge, welche die deuische Sozialversicherung an die arbeits—

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aufrecht? Halten Sie Ihr Urteil in der U-Boot ⸗Frage heute noch

unfchigen Personen, gleichviel ob sie durch Unfall oder infolge von Krankheit arbeitsunfähig sind, auszahlt, bewegen sich auf einem sa