1919 / 287 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Dec 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Frankreich.

Der Minifterpräsident Clem encea u ist gestern nach⸗ mitiag aus London wieder in Paris eingetroffen.

Der österreichische Vertreter in Paris hat in einer Note vom 8. Dezember bei der franzöfischen Regierung die Be⸗ freiung der 5sterreichischen Kriegs gefangenen erbeten. In einer zwei Tage später datierten Note teilte der französische Ministerpräsiden t mit, daß die Regierung entschieden habe, diese Maßnahme. zugunsten der öster⸗ reichischen Gefangenen zu treffen und ihre Befreiung noch vor Inkrafttreten des Friedensvertrages zu gene hmigen. Den französischen Behörden wurden Anweisungen erteilt, die 5 der Kriegsgefangenen so rasch wie möglich zu beginnen. ;

Gestern haben in Frankreich die Wahlen zu den Veyartementslandtagen, den sogenannten Generalräten, sialtgefunden. Es waren 3109 Generalräte zu wãhlen.

Muß laud.

Das „Reutersche Büro“ meldet, daß das russische Fre i⸗ willigen heer bie Verfolgung der Bolschewisten fortsetzt und 48 Kilometer vor Charkow steht.

Wie „Politiken“ erfährt, melden die amerikanischen Zeitungen, Koltschak habe im Oltober die amerifanische Re⸗ gierung davon unterrichtet, daß er sich, wenn die Alliierten ihn m Sliche ließen, als letzten Ausweg den Beifland Japans gegen Sowjetrußland sichern werde, indem er ihm (Japan) einen Teil Sibiriens anbiete.

Italien.

Die Kamm er heendete vorgestern die Beratung über die Antwort auf die Thronrede. Der Ministerpräsident Nitti erilärse im Louse der Erörterung ber „Agenzia Stefani

zufolge: .

Es sei nicht beabsichtigt, in diesem Augenblick internationale Ver⸗ träge abzuschlleßen, die Ilglien für die Zukunft bänden. Die Re⸗ ierung werde keine neuen Verpflichtungen eingehen ohne den geistigen

trömungen und den Interessen des Landes, wie sie in den e m nn. um Ausdruck kämen, Rechnung zu tragen. Nitti dementterte kategorisch, daß Italien beabsichtige, sich gegebenenfalls an einer bewaffneten Alttoß in Rußland zu beteiligen, und schloß mit der Erklärung, daß die Regierung das Parlament als ständige Konstituante betrachte; deher werde er sich nicht hindernd Neformsnitigtiven entgegenstellen, die sich wesentlich im Nahmen der italienischen Institutionen hielten. Tas Vorbandenfein von zwei Gruppen, derjenigen der Sozialisten ind der Bolkepartei, werde das pgrlamentarische Leben nicht hemmen, sondein im Gegenteil stärken. Bezüglich der Wiederaufnahme der Bessehungen mit Rußland erklärte er, daß die wirtschaftlichen Fäden im Cinvernehmen mit den Alliierten wieder aufgenommen werden könnten; aber er glaube nicht, daß dies sofort nennengwerte Ergebnisse haben werde.

Der Unterstaatssekretär detz Krieges gab obiger Quelle zufolge die Erklärung ab, daß Weisungen gegeben seien, daß der Sold und die Verpflegung der w. D Annunzlos nicht zu Lasten des Staates gehen dürften.

. Spanien.

Das neue Ministerium setzt sich laut Meldung des Wolffschen Telegraphenbüros“ folgendermaßen zusammen: Hrãsident: Allen de Salazar, Auswärtiges: Marquis di Lema, Justiz: Carnica, Finanzen: , , . Inneres, Prieda, Kriegsminister: General Villalba, Marine; Admiral' Alferez, öffentliche Arbeiten: Gimend, Unterricht: Riv az. Der Posten des Versorgungsministers ist noch nicht

besetzt Belgien.

Bei den Verhandlungen über die Abänderung der Ver⸗ träge von 1839 hat der „Indépendance Belge“ zufolge Holland Kenninig von dem Verzicht Belgiens auf seine ständige Neutralität genommen und grundsaäͤtzlich anerkannt, daß die Sicherheit Belgiens, . an der limburgisch⸗holländischen Grenze, ihm gewisse militärische Verpflichtungen auferlegen könne. Daher würbe es jede Verletzung seines Gebiets, um in Belgien einzudringen, als casus belli ansehen und sich vor⸗ behalten, die Bedingungen zu erfüllen, die der zukünftige Völkerhund für die Sicherheit Belgiens als unerläßlich be⸗ zeichnen würde.

Das Amtsblatt gibt bekannt, daß jede Zahlungsan⸗ nahme und im allgemeinen jeder Verkehr zwischen Gläu⸗ bigern belgischer Naftonalität und Schuldnern deutscher Nationalltät vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Frledensvertrags an untersagt ist, sofern nicht ein belgisches Prüfungg⸗ und Ausgleichungsamt damit befaßt wird. Jedes Rechtsgeschäft bezüglich der Zahlung von feindlichen Schulden auf belgischem Gebiet ist verboten mit Ausnahme der im Zusaßz zu Artikel 296 des Friedensvertrags vorgesehenen Fälle.

Die „Nation Belge“ meldet, die belgische Regierung habe erklärt, sie werde die Liquidation des mit Beschlag belegten deutschen Eigentums einstellen, nachdem die deutsche Regierung die Verpflichtung übernommen habe, die Summe vor Z50 Millionen Franken zu zahlen. Die angekündigten Verkäufe seien bereits verschoben worden.

Schweiß.

Der Bundesrat hat nach einer Meldung des Wolffschen Telegraphenbüros“ für das Jahr 1920 endgültig folgende Verteilung der Departements vorgenommen: en : Departement Minister Motta, Stellvertreter Schu lthes; Vollswirtschaftliches Depart⸗ment Schulth es, Stellvertreter Scheurer; Jufliz- und Polizeidepartement Calon der, Stell vertreter Ha ab; Hef und Elsenbahnen Ha ab, Stellvertreter Musy; Milstärisches Departement Scheurer, Stellvertreter Chuard; Finanzen und Zoll Musy, Stellvertreter Motta; Inneres Chuard, Stellvertreter Calonder. Die Delegation des Auswärtigen besteht aus Motta, Schulthes und Calon der. J

Die Bundesversamm lung hat ihre Wintersession ge⸗ schlossen. Auf eine Interpellation im Nationalrat wegen etwaiger Schritte zur Linderung des Loses der Ar⸗ menier erklärte der Bundegpräsibent Ador, daß sich der Bundesrat nicht in innere Angelegenheiten fremder Staaten einmischen könne, daß er aber geneigt sei, die in Frage kommende Regierung auf die Lage der Armenier aufmertsam

zu machen. Türkei.

Nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbuͤros“ berichtet ein ruffischer Juntsprüch, daß in Kon st an tinopel eine Ferschwörung entdeckt worden sei, die bezwecke, Sohn Abdul Hamids auf den Thron zu erheben.

; Amerita.

Der amerikanische Kongreß hat der „Daily Mail“ zufolge beschlossen, neuen Krediten und Vor fchůssen für das Ausland die Genehmigung zu versagen.

Der amerikanische Senat hat den Gesetzentwurf über die nochmalige Verlängerung der Regierungs—⸗ kontrolle über den Zucker für ein Jahr genehmigt.

Der „Daily Expreß - berichtet über einen erysten Auf⸗ ru hr Jr, , . Neger auf der Insel Trinidad. Auf Ersuchen des Gouverneurs wurde der Kreuzer Calcutta“ nach Port of Spain gesandt. Mit zahlreichen Maschinen⸗ gewehren ausgerüstete Matrosen und Seesoldaten wurden an Land gesetzt und der Aufstand niedergesch agen.

Aus Mexiko wird von dem Blatte „Sun“ gemeldet daß der General Gonzalez die ihm von der nationalbemokratischen Liga angebotene Präsidentschaftskandidatur für Mexiko an⸗ genommen und seine Entlassung aus dem Heere erbeten hat.

Nach Meldungen des „Wolffschen Telegraphenbüros“ ist Acosta zum Präsidenten der Republik Costarica ernannt worden.

Handel und Gewerbe.

Heute , , 11 Uhr fand eine außerordentliche Generalversammlung der Reichsbankanteilseigner statt. Der Präsident des Reichsbankdirektoriums Dr. Hapen⸗ stein, welcher den Vorsitz führte, erläuterte die auf die Reichsbank bezüglichen Vorschriften des Gesetzentwurft, betreffend die Aenderung des Bankgesetzes vom 14. März 1575, in der von der Nationalversammlung in dritter Lesung beschlossenen Fassung. Er wies dabei ins besondere auf den Artikel V hin und be⸗ tonte, daß die in Gemäßheit dieses Artikels neu zu . Stellen für drei Mitglieder des Zentralaus⸗ schusses und drei Stellvertreter dazu bestimmt seien, der in den Gewerkschaften organisierten Arbeiterschaft, den Ge⸗ nossenschaften und den Sparkassen eine Vertretung im Zentralausschuß zu verschaffen. Demgemäß werde die General⸗ versammlung der Anteiltzeigner künftighin verpflichtet sein, je ein Mitglied und je einen Stellvertreter nach den Vor⸗ jhlegen der Organisation jeder dieser drei Gruppen, der Gewerkschaften, der Genossenschafts⸗ und der Sparkassen⸗ verbände, zu wählen, wobei sich von selbst verstehe, daß die vorgeschlagenen Personen den Bestimmungen des 5 31 des Bankgesetzet entsprechen. Die Abstimmung durch verdeckte Stimmzettel ergab die einstimmige Zustimmung der General⸗ versammlung zu dem Gesetzeniwurf.

(Weitere Nachrichten über, Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Zweiten Beilage)

Verkehrs wesen.

Nachdem bie technischen Vorbereitungen für Barfrei⸗ machung von Briefsen dungen inzwischen beendet sind, wird mit ber Einführung des Verfahrens in großen Stäbten nach Maßgabe der Lieferung der erforderlichen Maschinenteile vor⸗ gegangen werden.

Die Einrichtung der Telegramme mit bezahlter Antwort wird im Verkehr mik dem Ausland häufig dazu verwendet, unter Ausnutzung des ungünstigen Standes der deutschen Währung größere Geldbeträge in das Ausland zu übermitteln. Um . Mißbrauch entgegenzutreten, werden

Auslande allgemein zurückweisen, wenn gewöhnliche Antwort für mehr als 30 Wörter, dringende Antwort für mehr als 10 Wörter vorautzbezahlt werden soll.

Theater und Musik.

Volksbühne (Theater am Bülowplatz!.

Die markige und kerndeutsche Gestalt des Ritteis Götz von Berlichingen in der prächtigen Darstellung Friedrich Kayßlers, die man vor einigen Jahren schon im Theater in der Königgrätzer⸗ straße kennen lernte, schritt am Sonnabend zum ersten Male über die Bühne des Theaters am Bülowplatz. Sie Hat inzwischen nichts von ihrer Urwüchsigkeit eingebüßt; eher könnte man sagen, daß Kayßler seine schausplelerische Leistung, wenn das, überhaupt., möglich war, noch vertieft hat. Neben Götzens kraftvoller Männlichkeit ließ der Darsteller auch das Sonnige seines Wesens, seine Herzensgüte und seinen Humor, ebenso stark hervorleuchten. Jedenfalls konnte man wieder an diesem Götz, wie einst an dem Matkowekys, seine helle Freude haben, desgleichen an Helene Fehdmers Elisabeth, die ebenfalls mit allen ihren mütterlichen und Hausfrauentugenden von der Königgrätzer Straße nach dem Bülowplatz verpflanzt worden ist. Auch auf der Volksbühne wurde das Göethesche Werk in der von der ersten Fassung des „Götz von Berlichingen! möglichst viel bewahrenden dramaturgischen Bearbeitung Kayßlers gegeben, welche die Lebens schicksale , auf der einen Seite und die Adelheid⸗Weislingen⸗ Tragödie auf der andern in einer tunlichst lücken lssen Folge von Bildern an dem Zuschauer vorüberziehen läßt. Dr. Legband als Spielleiter batte das Wert 6 in Szene gesetzt. Man sah zwar einfache, aber stimmungsvolle Bühnenbilder, die schnell genug wechselten, um die Aufführung innerhalb der Zeitspanne von vier Stunden zu ermöglichen. Unter den Inhabern der anderen zahlreichen männlichen Rollen sind vor allen Guido Herzfeld als Selbitz, Edgar Klitsch als Lerse, Erhard Siedel als Georg und, in einigem Ab stand von ihnen, Jürgen Fehling als W 466 und Gerd Fricke als Franz hervorzuheben. Marion Reglers Adelheid wur gur angelegt, aber noch nicht genügend durchgearbeitet. Schlicht und sympathisch war Kläre Kollmann als Marig. Lebhafter, verdienter Beifall wurde insbefondere dem Ehepaar Kayßler⸗Fehdmer zu teil.

Im Opernhause wird . ienstag, „Tiefland, mit den Damen Hafgren, Engell, Hansa, Birkenstroͤm, von Scheele⸗ Müller und den Herren Kraus, Armster. Bachmann, Stock und Philipp befetzt, unter der Leitung des Kapellmeisters Otto Urack gegeben. Anfang 7 Uhr.

Im ng rf rden ; wird morgen Peer Gynt“ mit errn Mühlhofer in der Titelrolle wiederholt. pielleiter ist Dr. inhard Bruck. Anfang 64 Uhr,

orgen, Dienstag, findet im Deutschen Theater die

grstdnfflfe ng von Gerhart Hauptmanns Glashüttenmarchen „Und Pippa tanzt!! statt. Spielleiter ist Felix Vollaender.

Mannigfaltiges.

Die Kohlenstelle Groß Berlin hat unter dem 15. De⸗

zember 1919 folgende Bekanntmachung erlassen: Auf Grund des § 38 Absatz 2 der Verordnung über die Kohlen⸗

die Telegraphenanstalten forlin Telegramme nach dem

I. Außer den durch die Bekanntmachungen der Kohlenstelle vom 4. November 1919 Nr. L 4243/19 und vom 24. November 1919 Nr. L 45lI0 119 freigegebenen Abschnitten der Kohlenkarten dürfen zur Entnahme und Abgabe von Kohlen von Montag, den 15. Dezember 1919, ab bis auf wetteres auch 1) die Abschnilte —6 der neuen Sonderkarte Ausgabe 1919 20 2) die Abschnitte 13 —-· 14 der neuen Kotskarte Ausgabe 1920 verwendet werden.

II. Auf die Abschnitte 1-6 der alten Kochkarten, auf die Ab. schnitte 1—5 und 9— 10 der alten Ofenkarten, auf die Abschnitte 1 19 der alten Sonderkarten, auf die Abschnitte 1—- 6 der alten

Kokskarten dürfen Kohlen nicht mehr abgegeben werden.

III. Verstöße gegen diese Anordnung werden gemäß § 39 der vorbezeichneten Verorhnung bestraft. Zuwiderhandelnde Kohlenhändler haben außerdem die Schließung ihres Geschäfts zu gewärtigen.

Die Reichszentralstelle für Kriegs und Zivil gefangene teilt nit; Am 13 d. M. ist der Dampfer „Melilla“, von Bilbao und Peniche kommend, in Bruns— büttel eingelaufen. Er brachte außer 30 Militärpersonen, die teils der Schutztruppe von Kamerun, teils der Schutztruppe von Ostafrika angehörten, 238 Zivilinternierte aus Peniche in Portugal und 131 Zwilinternierte aus Bilbao 6 Spanien mit. 9 ( . T. B.)

Einen besonders schönen Sternenhim mel bringt uns diegzmal der Monat Dezember. Wie man aus der bildgeschmückten Zeitschrift der Treptow Sternwarte, Berlin ⸗Treptow, Das Weltall“, entnehmen kann, gewähren die vier helleuchtenden Planeten Venutz, Mar. Saturn und Jupiter, die mit Regulus und Spika fast in einer geraden Linie im Tierkreis liegen, einen pracht vollen Anblick. In der Zeit vom 11. bis 18. Dezember zieht der Mond an diesen Gestirnen vorbei und bildet mit ihnen je eine ein. drucksvolle Konjunktion. Außer diesen monatlichen werthollen Hin weisen zur Beobachtung des gestirnten Himmels, die durch Ab— bildungen helcbt werden, enthält das vorliegende Heft 3/4 eine ge⸗ schichtliche Abhandlung aus arabischen astronomischen Werken, eine Schlußbetrachtung über Die , der Sterne und eine Er— klärung dafür, wie der Mond seine Lufthülle verlor, sowie kleine Mitteilungen über die Ermittlung der Nordrichtung durch den Kompaß und eine Wetterkartothek.

Kufstetn, 14. Dezember. (G. T. B.) Sämtliche, etw. elfhundert deut schen Maltagefangenen sind . in Kufstein eingetroffen. Sie wurden nach dem Lager Lechfeld weiterbefördert, wo die Entlassung unverzüglich erfolgt. .

Wien, 14. Dezember. (W. T. B.) Die „Korrespondenz Herzog“ erfährt von zuständiger Seite: Die Kohlenlgg . ist e . ung ünstig er geworden, vor allem durch das Auzbleiben der west⸗ fälischen Braunkohlen. Dle Lage der elektrischen Bahnen und der Eisenbahnen ist trostlos. Bes weiterem Aushleiben der Zu fuhren werden für die Weihnachts woche empfindliche Ein schrän⸗— kungen des Licht, und Kratbedarfs zu gewärtigen sein. . ö muͤssen bereits Einschränkungen im .

ornehmen. ;

Compidgne, 14. Dezember. (W. T. B.) Am Sonntag⸗ morgen um 3 fuhr rach laut Meldung der Agence Havas“ . Sch losse von Compisgne eine Feuershrun st aus, die das Schloßzimmer des Kaisers und den Ratesgal zerstörte. Der Schaden wird auf zwei Millionen Franken geschätzt.

Genf, 13. Dezember, (W. T. B.). Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes teilt mit, daß die Zehnte Inter- nationale Konferenz des Roten Kreuzes im Sep- tember 1929 in Genf abgehalten wird. Ein Exekuttvausschuß unter dem Vorsitz des Gener ilsetretärs des Internationalen Komitees des Roten Ftreuzez, Paul Dekg onties, wurde mit der Organisgtion dieser Konferenz bekraut. Der Ausschuß hat seinen Sitz in Genf,

Promenade Dupin 1.

Halifax, 12. Dezember. (W. T. B,) Infolge des stürmischen Wetters der left Tage werden . vermißt, die entweder gesunken sind oder verlassen wurden. Der Sturm dauert an. ö

Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Theater.

Opernhaus. (Unter den Linden) Dienstag: 261. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Tiefland. Mufikdrama in einem Vorspiel und zwei Aufzügen nach A. Guis era von Rudolph Lothar. Musik von Eugen d Albert. Musikalische Leitung: Kapellmeister Otto Urack. Spielleitung: Karl Holy. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhans. (Am Gendarmenmarkt. Dienstag: 279. Dauer · bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Peer Ghynt von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern) In freier Ueber. tragung für die deutsche Bühne gestaltet von Dietrich Eckart. Musik von Ehöward Grieg. Musikalische Leitung: Heinz Etthofen. Spiel⸗ leitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang o Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 262. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Rigoletto. Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Text von Piave. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 280. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Wilhelm Tell. Schauspiel in fünf Auf⸗ 6 Fenn Friedrich Schiller. Spielleitung: Leopold Jeßner. An- ang r.

Familiennachrichten.

Verlobt; Frl. Herm von Loos mit Hrn. Rittmeister d. R. . Karl von Arnim (Stargard i. P. Züsedom). Frl. ,,, . mit Hrn. Assessor Kar! Bernard (Char ottenburg). Ge sst orben: Hr. Rittmeister a. D. Dallv von Blumenthal ) Staffelde) Hr. Verleger Reimar Hobbing (Berlin). Fiau eheimrat Anna Borsig, geb. Guticke (Groß Behnitz). Frau Ottilie von Hansemann, geb. von Kusserow (Berlin).

Verantwortlicher Schriftleiter: Di rektor Dr. Tyrol. Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnunasrat Menaerina in Berlin=

Verlag der Geschäftsstelle Mengering) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, ö. Berlin. Wilbelmstraße 32.

Sechs Beilagen leinschließlich Börsenbeilage)

verteilung für Hausbrand, Kleingewerbe und Landwi vom 6. März 1919 wird hiermit angeordnet: kad ant

und Erste, Zweite, Dritte und Vierte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.

zun Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen

Berlin. Mantag den 156. Dezenber

Nichtamtliches.

Dent che Natioualversamulnmnus in Berlin.

1239. Sitzung vom 13. Dezember 1919, Nachmittags 1, Uhr. (Berichz Tes Nachrichtenbüros des Vereins deutsche Zeitungsverleger ).)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung does Gesetzent wurss, betreffend den dent ch⸗pol⸗ nischen Vertrag über die vorläufige Rege⸗ lung von Beagmtenfrag en.“

Reichsmimister des Ausnrrärtigen Müller: Meine Damen und Herren! Nachdem Sie vor mehreren Wochen einem deu tsch⸗ polnischen Amnestiebertrag Ihre Zustimmung erteilt haben, legt die Reichs⸗ wgierng Ihnen als weiteres Tei Lergebnisbder im Gange befind- lchen deutsch-polnischen Verhandlungen einen Vertrag über die vorläufige Regelung won Beamtenfragen vor. Diꝑese Beamtenfragen sind so dringend, daß sie ebenso wie die Am: nestiefragen schon dor dem Inkrafttreten des Friedens der trags uns dor dem Abschluß der Verhandlungen mit der polnischen Re⸗ gierung zum Gegenstand eines b eßonderen Vertrags haben genrackt werden müssen.

Die polnische Regierung, die nur in geringem Maße über das zum Ausbau ihres neuen Staatsmwesens erforderliche Beam ten⸗ person al verfügt, ist schon bei Beginn der deutsch⸗palnischen Ver— handlungen mit dem Wunsch an uns herangetreten, ihr die deutsche Beanntänschmaft in den Abtretungegebreten un möglich st großem Umfange für die Uebergangsseit au überlassen. Die Reichsregierung urd die in erster Linie beteiligte preußische Re⸗ gierung haben geglaubt, sich dießem Wurnsche nicht verschließen zu sollen. Sie heben ihreiseits dabei vor allem das Interesse der Bevölkerung der öst lichen Abtre tung sgebiete ian Auge gehabt, die zweifellos im eine üble Lage geraten würde, wenn die Verwaltung und die Rechtspflege im Lande durch die Zurückzieharng aller deutschen Beamten schroff un e n. brochen oder sogarin Frage gest el lt würde n. Anderer- seits bereutet die Bélassung der deu ichen Beamten in den Abtretungs⸗ gebieten ein Entgegenkommen, bas notwemdigerweise vem be⸗ stimmten Voraussetzungen abhängig gemacht werden müßte. Zu nächst mußten die Interessen der zurückble ibenden deu tschen Bearmfen selbst in jcker Weise sichergestellt werden. Das ist du rch eine genaue Regelung der Gehalt sfrage, durch Sicherung ihrer Vermögensrechte und eines freien Abzugsrechts nack Beendigung ihrer Tätigkeit im polnischen Dienste sowie endlich urch gusztückliche Gznwähr leistung ührer pe rs önlichen Sichet⸗ heit erreicht worden. Darilber hinzuegebend haben die Polen aber auch wichtige Vorteile zugunsten aller anderen deut⸗ chen Beamten zugestandem. Das gesantte in den Abtretungsgebieten be indliche bewegliche Ver mög en aller deutschen Beamten soll nämlich von der Liquidation, zu der die polnische egierung näch dem Fricdensvertrag befugt ist, verschont bleiben. Der Beamten⸗ schaft ist während der Verhandlungen ständig Gelegenheit gegeben worden, ihre Wünsche und Vorschläge vorzubringen. Diese Wünsche und Vorschläge sind durch die Vertrageẽbestimmungen in Alen wesentlichen Punkten eifüllt worden.

Solange eine Reihe wüch tiger Fragen die den Gegenstand der deutsch-Polnischen Verhandlungen bilden, noch nicht e ndgühtig geregelt sind, konnten naturgemäß auch die Beam tenfragen noch keine end gültige Regelung erhalten. Der Ihnen vor— gelegte Vertrag hat deshalb nur einen vorläufigen Ch aærat ter und schaffät, wie die Beamten dies auch selbst gewünscht haben, nur ein ve nhäkbtnismäßig kurzes Provisorzum für die erste Ucbeziamgeßeit. Im allgemeinen begrenzt der Vertrag die Dauer der Behr ssung des Beamtenkörpers in den Abtretungsgebieten auf eine Zeit von zwei Monaten, gerechnet vom letzten Tage des Monats an, an dem der Fricbenswertrag in Kraft tritt. Für di e Ja sst izbeamten ist im Hinblick auf die bei dieser Bermttenklasse bestehenden besonderen Verhältnisse ein bestimmter Termin, nämlich det 31. Dezember d. Is, als Abschluß des Provisoriums festgesetzt worden. Die Festsetzung dieses, heute schon nahe bebor⸗ stehenden Termins hat ihren Grund darin, daß bei der Unterzeichnung des Vertrags noch mit einem früheren Inkrafttreten des Frieden svertrags gerechnet wunde. Jetzt wird wohl eine

gewisse Hinausschiebung des bezeichmeten Endtermins notwendig

werden, woniber auf Wunsch der polnischen Regierung bei Ge⸗ legenheit der Ratifikation des Beamtenvertrags eine Verstän⸗ digung getroffen werden soll. . . Die polnische Regierung wird auch nach Ablarf des Probi soriums kaum in der Lage sein, die Venraltung durch eigene Beamte führen u lassen. Ihr Wunsch geht deshalb dahin, dem dorläufigen prodisorischen Vertrag ein weite ves Abr om men folgen zu lassen, das die Welassung des deutschen Beamtenkörpers in den Abtretungs⸗ gebieten für eine hängere Zeit vorfieht. Die Reichsregierung und die preußische Regierung sind grundsätzlich geneigt, auch diesem Wunsche entgegenzu kom men. Sebbftverständlich können sie sich auf eine Vereinbarung des von Polen gewünschten Inhalts aber nur einlassen, wenn bie übrigen Fragen, die zur Verhandlung stehen, eine für uns befriedigende Regelung finden. Auf die Einzelheiten des provisorischen Boamtempe rtrags brauche ich nicht weiter einnugehen, ich darf in dieser Himsicht auf die Ausführungen der Ihnen vorgelegten Denkschrißt verweisen, worin die Artikel des Vertrags näher erläutert werden. Nur auf einen Punkt möchte ich an diefer Stelle noch himweisen. Bei der Unterzeichmung des Vertrags hat eine Frage, die in ihrer Bebeutung iber den Rahmen der Beamtenfragen weit hinausgeht, Mit Ausnahme ber Reden der Herren Minister, die im Mortlaute wiedergegeben werden ö ö

Privatvermögens b gegeben.

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E rste Beilage

eine wenigstens vorläufige Regelung gefunden. Wie Sie aus dem Ihnen mit dem Vertrage vorgelegen Notenwe chsel ersehen, hat die polnische Regierung eine Erklärung über das ihr nach dem Friedensvertrag zustehende Liquidationsrecht des deutschen In diefer Erklärung bestimmt die pelnische Regierung in Erwartung des Abschlusses des deutsch⸗ polnißchen Hauptvertrags über die Ausführung des Friedenvertrags iblen Standpunkt in der Liquidationsfragene in st⸗ weilen dahin, daß sie ven dem Liquidations techte keinen Ge⸗ brauch machen ward, soweit es sich nicht u m Immobilien ode: Handel s⸗ und Indu strienntern ehm ungen handelt. Durch diesean Verzicht, der, wie euwähnt, sich nicht auf das Ver⸗ mögen der Beamten beschrärckt, sendern alle Reichs⸗ angehörigen betrifft, wird alfo das gefsamte deutsche bewegliche Vermräögen in Polen, mit Einschluß der Geldforderungen und Vypo⸗ thekenorde rungen, von der Ei qu i dation befreit., Schließlich möck'e ich mir noch eine Bemerkung zu dem Art des Mantelgssetzes gestatten, worin die Reichsregierung die Grmächt gung eibittet, ohne die verfassungsmäßige Zustimmung der Nationalversammlung die Ucberlleitung der an hängigen Re chts⸗ sachen vertraglich mit Po len zu regeln. Es handelt sich hierbei ausschließlich um technisch⸗ juristische Fragen. Da eber große sachliche Schwierigkerten in der Ausübung der Rechtspflege entstähen wüwen, wenn die nohwerdigen Verein⸗ barungen nicht bis zum Beginn des näch sten Jahres ge⸗— trof en irnwerden, und da Cie Nationalberfammleng sich demnãchst für einige Zeit vertagen will, erscheint es dringend erwünscht, d i e ss Vercinbarungen, obwohl sie formell in das Gebiet der Gesetzge bung eingreifen, in der Fom.« eines gewéhnlichen Regierungellbkemmens treffen zu können. Irgendwelche Bedenken hiergegen dürften nicht bestähen. Das Abkommen wird der Nation! versanmlung nachträglich zur Kenntnisnahme vorgelegt werden.

Damit schließt die erste Beratung.

In zweiter und dritter Beratung wird der Gesetzentwurf mit dem anliegenden Abkommen ohne weitere Erörterung ge— nehmigt. ,

Es folgt die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetze s, betr. Aenderung des Bankgesetzes vom 14. März 1875. 6 .

Der Gesetzentwurf wied in zweiter und dritter Beratung mit einigen geringfügigen Aenderungen angenommen.

Darauf folgt die zweite Beratung des Gesetzent⸗ wurfs zur Verfolgung von Kriegsverbrechen und Kriegsvergehen.

Danach ist das Reichsgericht bei Verbrechen oder Ver gehen, die ein Deutscher im In oder Ausland während des Krieges gegen feindliche Staatsangehörige oder feindliches Ver⸗ mögen begangen hat, ausschließlich zuständig.

Berichterstatter Abg. Graf zu Dohna (D. V): Die meisten Mitglieder des Ausschusses glaubten alle Bedenken, so schwerwiegend sie auch seien, zurücksetzen zu sollen aus matzriellen Gründen. Der Sinn der Vorlage ist nicht der, eine Verpflichtung zur Verfolgung von Veibrechen und Vergehen zu statuieren, denn diese Verpflichtung bestand schon immer, sondern daß ein besonderes Gericht zur Straf⸗ verfolgung wegen der genannten Verbrechen oder Vergehen festgesetzt wird. Die Komniüssion empfiehlt, die Vorlage im wesentlichen in der Faffung, wie sie die Regierung bringt, anzunehmen. Die prozessualen Vorschriften der Strafprozeßsidnung sollen auch auf solch Personen des Soldatenstandes Anwendung finden, die an und für sich nach den Normen der Milttäwrogzeßordnung abzuurteilen fein würden. Do— gegen finden als materielles Recht diejenigen Gesetz? Anwendung, welchen die unter Anklage stehenden Personen unterworfen sind, also, wenn es sich um Personen des Soldatenstandes handelt. die Mililär⸗ strafsprozeßordnung. ;

* * kel 2

Abg. Dr. E ohn Cl. Soz.: Im günstigsten Falle ist der Gesetz⸗

entwurf ein Versuch, Recht wieder walten zu lassen gegenüber zahl= reichen Vergehen, die im Lande und in feindlichen ändern begangen worden sind. Denken Sie an die Vorgänge in Lille, an die Ver⸗ wendung der Kriegsgefangenen im Kriegs gebiete, an die völkerrecht— lichen und straf rechtlichen Verstöße bei der Behandlung der Gefan⸗ genen in der Heimat. (Rufe rechts: Unerhört!!! Auch wenn andere Regierungen dle Verfehlungen nickt verfelgen, die seitens der Engländer, Franzosen, Italiener usw. an deutschen Gefangenen oder sonst gegen iber Deutshen bei der Kriegführung begangen worden sind, so ämhert das nichts an der Verpflichtung, die das deutsche Volk gegenüber Ver— brechern hat. Wenn man mir entgegentuft, die anderen verfolgen ja hre Kriegeverfehlungen auch nicht, fo erwidere ich, daß das Recht um seiner selbst willen gepflegt werden muß, nicht um dadurch außer⸗ politische Vorteile zu erlangen. Sonst kommen wir nie zu einem wahren Wélkerfrieden. (Zuruf: Das sagen Sie den anderen Nationen nur) Bei den Verfehlungen, die außerhalb Deutschlamds begangen worden sind, wollen wir nicht die zahlreichen Rechtsberstöße vergessen, die in Deutschland selbst gegen deuische Staatsan 6 vorgekommen ind, wie die zahlreichen , nen, usw. n dem Ehrenbunkt, an der Autlieferung des HKöaiser und der anderen deersührer wäre beinahe der Friedensbertrag . Wenn die Ratifikation des Frieden bertrages etwa daran scheitern en , daß man

die Auslieferung des Kaisers oder anderer Honen jetzt noch in Frage stellt so wire der Gffekt der, daß zie Kriegegefangenen,

die noch in den Händen der en f erischen Mächte sind, um fo piel länger hier Heimat und ihren Angehörigen somie dem Wiederaufßant des dentschen. Wirt ckaftlchens worenthalten werben. Die endgültige Urter- eichnung des Schhußwrotokolls darf nicht weiter hinausgen egen weiden, wenn nicht die Felnde weiter in unser Land kommen sollen. Die Völker weder diesseits noch jenseits des Rheins werden es sich gefallen lassen, daß der Friede noch weiter . sescheben wird. Wir wollen keinem Angeklagten die Rechtsmittel beschränken und beantragen

keöähalk, die Bestimmingen zu streichen, daß das Reichs geri rt in, diesen Fällen die einzige Instanz cin soll. Ferner beantragen nä, daß für die Wburteilüng diefer Fälle ein Volksgericht aus Wehlen

zusanrmengestellt wird und, daß die Bestimmungen der Strafyrozeß ˖ zienunß, Fie dein Zweck dieses Gesetzes entgegenstehen, vom Reichs. justimlnister abgeändert werden. Die Kriggederbrechen müssen wieder guk gemacht werden, die bisher durch die derfelgt worden sind, aber nur verfolgt Regierung damit Ernst ist. .

en follen, wenn ez der

Reichs justizminister Schiffer! Der Serr Abgeordnete Dr.

Cohn hat es für zulässig halten zu sollen geglaubt, ausgzu sprechen, daß

im günstigsten Falle, nämlich, wenn dieser Versuch ernstlich gemeint

Megierung nicht

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sei, er nach seiner Meinung ein verspäteter Versuch sei. Ich weise die Unterstellung, als Ob des, was wir hien vornehmen, nicht ernstlich gemeint sei, mit aller Entschiedenbeit und mit allem Nachdruck zurück, (Lebhafte Jrstimmung) und sehe darin eine schwere Schädigung der Ziele, die wir mit dem Gesetzentwurf verfolgen. Erneute Zu⸗ stimmung. : 3

Der Herr Abgeordnete Dr. Cohn hat seine Ausführungen damit eingeleitet, daß er den Gesetzentwurf als einen verspäteten Versuch dargestellt hat, vorgekymmene Rechtsderletzungen jetzt zu sübnen, nach dem sie längst hätten gesübnt werden müssen. Der Herr Bericht⸗ erstater Graf zu Dehna hat nun mit Recht dararß hingewiesen, daß eine Verpflichtung, Rechtsverletzungen zur Verantwortung zu zieben dutch Fiesen Gesetzentwurf nicht erst statniert worden ist und nicht erst statuiert zu werden rauchte, da sie bereits in dem geltenden Nechte enthalten ist; und ich kann feststellen, daß hierin das Motiv für den Gesetzentwarrf in der Tat auch nicht zu finden ist. Wenn der Herr Abgeordnete Dr. Cohn aber mit seinen Bemerkungen hat andeuten wellen, als cb die bestehende Verpflichtung, workwnnmende Rech: s⸗ verletzungen zu verolger, in schuldhofter Weise nicht geübt werden ist, so nach ich das als eine beweislose Ben ck mpfirng des deutschen Rechte⸗ lebens zu rückweifen. (Gebhafte Zustimmung,) Wenn er beharptet, daß die Behörden, die mit der Rechwwersolgung becuftragt find, sich dieser Verpflichtung entzogen und daher ein zuchthauswürdiges Ver⸗ brechen begangen Haben, muß er diefe feine Behauptung in konf treter Weife belchen, sonft vergeht er sick en der Ehre von Behörden und Personen, ohne die Unterlagen zu geben, mit denen er verpflichtet ist scine Bebamptungen zu belegen,-wenn er in dieser Weise geger— Be⸗ börden und Personen vorgeht. (Zustimmung) Es ist meine feste Ucderzeugung, daß alles, was geschehen konnte, um uns bekannt ge⸗ werdene Verbrechen und Vergehen zu versosßen, auch geschehen ist.

Dieser Gesetzent'wurf will diejenigen Fälle, die uns bisher nicht bekannt geworden sind, und die aus diesem Grund noch nicht zur Ver⸗ antwortung gezogen werden konten, einer Verfolgung unterziehen, jchoch unter bestimmten gesteigerten Kautelen für ihre sichere, gerechte und in einer im In und Auslande anerkannten Weise erfolgende Erledigung. Zu diefen Kautelen gehört in erster Reihe die Wahl des Reichsgerichts als erkennenden Gerichts.

Wenn die Anträge dem Reichsgericht die in ihnen gefor⸗ derten Volksgerichten gege nüberftellen, so ist zu betonen, daß trotz mancher junistische: Bedenken gerade das Reichsgericht als böchstes Gericht gawählt worden, weil es im In- und Auslande die weitaus überwiegende Autorität besitzt. Wenn jetzt insbeso dere Volks

getan?! Ick bin irnner für Volkegerichte eingetreten. Zur Zeit der Volkebeanfttagten wat im Reichssrstizamt unte: Mitarbeit des Beige⸗

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ordneten Cohn ein Gesetzen wurf über Volks standgerichte ausgearbeitet

die Rede. (Eört, hört) Herr Cohn hat alse nicht immer zugunstem

GHeiterkeil) Dem Jieck des vorliegenden Gesetzes entspricht es, eimn

Reichsminister des Auswärtigen Müller: Meine Damen und Herren! Nur wenige Worte u den Politischen Fragen, die der Herr Abgeordnete Dr. Cohn für gut befumsen hat, in diesem Zusammen⸗ bange zur Sprache zu bringen. Er hat zunächst gemeint, daß der

gestellt haben, daß es eigentlich unerhört ist, deutsche S fremden Gerichten auszuliefern, ohne daß genügende Rechtsgaragtien degeben sind. .

Der Herr Abgeordnete Dr. Cohn hat dann im Zusammenhange damit einige Warnungen über drohende Katastrophenponttik ausge,

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Staatsanzeiger.

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