1920 / 45 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Feb 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Gebrauch machen. Es muß also besonders darauf hingemiesen werden, daß der Steuerpflichttge keineg wegs berechtigt ist, ohne

weiteres den Bedarf für sechs Monate abnmisetzen, sondern es

ist ihm nur gestattet, den Unterbalt für die nächsten drei Monate in Abzug zu bringen. Will er darüber hlaans einen weiteren Abzug in Anspruch nehmen, ss ist ihm anheim zuftellen, die angegebenen Boraussetzungen für einen weiteren Abzug darzulegen.

In einigen Teilen Deutschlands konnte vffichtigen das Steuererklärungsformular

den Steuer⸗ für die

Veranlagung der Kriegsabgaben noch nicht zugestellt Es empfiehlt sich nichtsdestoweniger, das diejenigen von e während die Zahl der Schafe mit 49, gegen 49, Millionen fast unverändert geblieben ist. Dennoch wird die Ausfuhrmöglichkeit der

merden. Steuerpflichtigen, die ihr Kapitalvermögen nach dem Stande vom 30. Jun 1919 Lurch ihre Ban h

lassen wollen, dieser schon jetzt den betreffenden Auftrag er⸗

teen; denn es steht zu befürchten, daß die Banken andern⸗

falls nach erfolgter Zustellung der Formulare infolge der . ö Mehrarbeit nicht in der Lage wären, in der 2

die Steuerpflichtigen gezwungen, ihr Kapitalvermögen an der

Hand des Steuer kurggettels selbst zu herechnen. Jedenfalls sind die Finanzämter vom Reichs sinanzministerium angewlesen worden,

des Stenerpflichtigen nicht in der Lage fei, die Berechtung frist⸗ gemäß borzunehmen.

Da die Entente gegen das neue Umsatzstenergesetz

vom 24. Dezember 1919 Einspruch nicht erhoben hat, ist dieses

seit dem 1. Januar 1920 auch im hbesetzten Gebiet (linkes Rheinufer und Brilckenköpfe) in Kraft.

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1913 / 1

varbindung berechnen

tenenpflichtigen zur Verfügung stehenden kurzen

Frist die Berechnung aufzustellen. In diesem Falle wären dann ; ; hätt werke, die sämtlichen Arbeiter der Wasser werke, des städti⸗

Lohn fordern n den eine Verlängerung der Frist zur Äbgabhe der Steuer? Krankengnstalten sind nicht inn Ausstande. Der Stadtverwaltung ist es

erklärung nicht aus dem Grunde zu bewilligen, weil die Bank städtischen Werke Nachmittags wieder in Betrieb gesetzt wurden. Arbeitswillige erhalten militärischen Schutz. ; allen städtischen Arbeitern und Arbeiterinnen, die

Die „Polnische Telegraphem Agentur“ veröffentlichte vor einigen Tagen eine Erklärung bes polnischen Ober kommandatz, in der die Behauptung r eg. wird, daß die widerrechtliche Unterbrechung des telegraphischen und telephoni⸗ schen Verkehrs nach Ostpreußen durch die deutschen ab⸗ rückenden Truppen erfolgt sei, die planmäßig fümtliche zur Unterhaltung des Drahtverkehrs erforberlichen Einrichtungen zerstört oder mitgenommen hätten. Wie „Wolffs Telegraphen⸗ büro“ mitteilt, wird hierzu von zuständiger Stelle bemerkt:

Die deutschen Truppen haben bei ihrem Abzug lediglich ihr planmäßiges Feldgerät mitgenommen, die Reichsleitungen find überall intakt . ben und erst im Laufe des polnischen Vormarsches nach der polnischen Besetzung unterbrochen worden. Die von dem polnischen Oberkommando aufgestellte Behauptung, daß die Unter⸗ brechung des Drahtverkehrs willkürlich durch deutsche Truppen erfol sei, ift daher völlig unbegründet und umso weniger verständlich, das eigene deutsche Interesse die Aufrechterhaltung einer ungestörten Verbindung Ostpreußeng mit den ührigen Teilen deg Mutter landet unbedingt er fordert. .

Das Urteil gegen den Fähnrich a. D. Oltwig v. Hirsch feld lautet wegen gesdhrlicher Körperverletzung unter Zubilligung mildernder Umstände auf Jahre Ge⸗ sängnig unter Anrechnung der ganzen Untersuchungs ha von 26 Tagen. Der Haftentlassunggantrag wurde mit sicht auf die Höhe der Strafe abgelehnt. Der Staatganwalt hatte zwei Jahre Gefängnis beantragt.

Pren szen.

Eine Massenkundgebung der deutschen Schles⸗

wiger fand am Sonntag in Flentzhurg und 24 anderen

Orten der zweiten und teilweise auch der ersten Zone statt.

Das Programm für alle Versammlungen lautele: „Unser Nechtskampf um die Grenze“. In Flensburg versammelten sich, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, zu dieser Kund⸗ gebung viele Tausende auf dem Exerzierplatz, wo von ver⸗ schiedenen Stellen aus Redner aller Parteien zu der Menge sprachen. Am Schluß wurde in allen Versammlungen eine Enisch ließung angenommen, in der es heißt:

Wir Dentschen fordern unter Aufrechterhaltung unseres Protestes gegen die die Deutschen beeinträchtigenden Wahlbestimmungen als Nordgrenze eine Liale, die gleich große Minderheiten auf beiden Seiten läßt. Schon auf de. des vorliegenden Abstimmungg⸗ gebnisses muß die Grenze mindestens bis zur Tidjelinie zurück⸗ drängt werden. Wir fordern, daß zur endgültigen Grenffestsetzung (uch daz Ergebnis in der zwelten Zone mit herangejogen wird. Nur auf der Grundlage des Rechts kann eine Verständigung von Volk zu Voꝛlk erreicht werden.“

Parlamentarische Nachrichten.

Die deutsche National versammlung ist nach einer Meldung von „W. V. B.“ für kommenden Donnerstag, den 26. Februar, einberufen worden. Auf der Tagesordnung steht die Beratung kleinerer Vorlagen.

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Der Landwirtschaftsausschuß der preußischen Landesversamm lung hat sich, wie das Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger‘ berichtet, für die Beibebal tung der Zwangsbewirtschaltung der Nahrungs⸗ mittel ausgesprochen; denn alle auf Aufhebung der IZwanghwirtschaft sind abgelehnt worden, so der Antrag Friedberg (Dem ,), der nur für Getreide und Milch noch die Jwanggwir ischaft aufrechterhalten will, ferner der Antrag von Resfel C. Niet J, der freie Wirischast fär den Jucker verlangt, der Antrag Porsch Gentr. ), der eine Erhöhung der Zuckerpreise wünscht, und die rãge Peters Vochdonn (Soz.) und Porsch (Jentr.) auf Annäherung der Gehälter und Löhne an die Weltmarkilage. gegen wurden der Antrag Wittich (Soz.) auf Förderung der landwirtschaftlichen Produktion durch Zusührung von künstlichem Dünger und technischen Hllssmütteln sowie 3 von Arbeitsnachweisen flir Landarbeiter und der Antrag Nichtarsky 83 will, einstimmig angenommen.

Etatistik und Voll swirtschaft.

Zur Entwicklung von Fleischerzeugung und verbrauch in europäischen Ländern während des Kriegeg.

Nach einer im Tropen Statistiken der verschiedenen Länder während des Krieges in den Staaten des europälschen Festlands der Rindviehbestand um 10 bit 30 vH, in Deutschland um 18 vp, in Frankreich um 20 v9, in Oefterreich⸗Angarn um über 20 vV, in

förderung zu erhöhen.

Herr Goldschmidt legte vor wei Sonderabdrucke seiner Arbeiten

entr.), der mehr Saatgut zur Versügung stellen

zer' auf Grund der amtlichen gegebenen Ueber ficht hat sich

um 20 bis 39 vH vermindert. In Großbritannien ist der Bestand kaum zurückgegangen, seine sehr are; Fleisch⸗ einfuhr hat fich zunngunsten Australtend und Neuseelands soemie Argentiniens und Dänemarks mehr Kanada und den Ber— einigten Staaten von Amin jugewandt, und zwar lieferten s, Australien u. Vereinigte Argentinien Neuseeland Staaten Tonnen Fleisch 265 000 82 000 12 000 1914 15 388 000 260 600 143 8900 34 000 131 000 19515158 312000 165 000 201 000 60 000 S5 000. In den Vereinigten Staaten von Amerika hat fich von 1914 big 1919 die Zahl der Rinder von bs, Millionen auf 67,8 Millionen

Itasten

Kanada Dänemark

437 000 119 009

Stück, die der Schweine sogar von 56, auf 75.3 Millienen vermehrt,

Vereinigten Staaten weiter abnehmen, da jetzt nur noch 550 Rinder gegen 660 im Jahre 18900 auf 1060 Ginwohner entfallen.

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Arbeitsstreitigkeite n.

In Danzig traten, wie. W. T. B. meldet, am 20. d, M. die Arbeiter der städtischen Gas⸗und Elektrizitäts-

schen Fuhrparks, die Kanalisationsarbeiter usw, wegen en in den Aus stand; nur die Arbeiter der städtischen

unter Mitwirkung von Studenten der Technischen Doch schu le ge⸗ lungen, eine Technische Rothilfe zu schaffen, durch die die

Der Magistrat hat in den Ausstand getreten sind, gekündigt, da sie unter Bruch

des mit dem Maglistrat geschlossenen Tarifvertrages in sämtlichen

stäptischen Betrieben die Arbeit niedergelegt hätten.

Wte Petit Parisien ! W. T. B.“ zufolge meldet, hat der Minister für öffentliche Arbeßen Le Trocquer am Sonnabend. Ver— treter der französischen Bergarbeiter empfangen, die sich bereit eiklärt haben, Neberst unden zu leisten, um die Kohlen⸗

Ja Lyon find nach einer von W. T. B.“ übermittelten Havasmeldung 30 go9 Metallarbeiter in den Aus stand getreten. Bisher ist der Ausstand ruhig verlaufen.

Aus Am sterdam meldet W. T. B.“: Den Blättern zufolge, hat das Personal ver holländischen neuen Rhein schiffahrts⸗Gesellschaft den ausständigen Trans- portarbeitern angeschlossen. Laut Algemeen Handeleblad“ hat die Schiffahrt sverein gung (Verband der . beschlossen, jedwedes Laden und Löschen der Schiffe von heute a aufhören zu lassen.

Wie das „Tschecho⸗sIowakische Gorrespondenzbüro“ aus Softa meldet, ist dort der am 27. Dezember vorigen Jahres begonnene Ausstand der Post⸗ und Eisenbahnangestellten, der von den Kommun sten veranlaßt worden war, nunmehr beendet. Die Ausständigen haben die Arbeit bedingungslos wieder aufgenommen. Die Regierung wird die Urheber des Ausstandes nicht wieder einstellen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungö⸗ maszregeln. Kiel, 20. Februar. (WB. T. B.) Nach Berechnung ber hiesigen

Oxtstrankenkasse nd in den letzten Tagen hier täglich 600 Neu. Fapan Kobe am 12 Febraar auß dem Banchser Hart Harn · Ur.

erk vankungen n Grippe zu verzeichnen gewesen.

KCunst nnd Wissenschaft.

Die preußische Akgdemie der Wissenschaften hielt am 12. Februar eine Gesamitsitzung unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Planck, in der Herr von Wilamowitz⸗ KRoellen dorff über die Kunstformen der griechischen Rede sprach. Nicht nur die Arbeit, auch das Spiel, der Tanz führt zu rhythmischer Bewegung und zwingt die begleitenden Worte unter die sen 1 , , ,. erzeugt ach kein festes Maß und keinen poetischen Stil. Es ist gebundene Rede, aber auch daz Sprichryort bindet sie, auch so entstehen Verse, aber ohne festes Maß und ohne Stil. Poesie gibt es erst, wenn es Poeten giht, die aus ihrer Kunst ein Gewerbe machen; wo dlese fehlen, wie bei den Italikern, feblt auch eine wirkliche Vers kunst. Den Griechen schaffen zuerst die bomerischen Rhapsoden eine Kunstform, die bald auf alles angewandt wird. Aber nach wenig Jahrhunderten tritt neben die ae gebundene Prosa, Kunst⸗ prosa. Dilese hat bald den Vorrang gewonnen, und daß Ende ist gewesen, daß sich autz der Kimstprosa eine neue BVerckunst entwickelle. Herr Orth legte eine Mitteilung über Traumen und Knocheneiterungen vor. Die Osteo⸗ myelitis ist eine hämatogene eiterige Entzündung, bei der nicht eine Gewaltelnwirkung, fondern Bakterien im Vordergrunde stehen. Ein Nafall kaun . elne Hautwunde diesen die Eintrittspforte liefern; aber wichtiger ist, daß er für die örtliche Ansiedelung der Bakterien elne Disposttlon schaffen kann, die besonderg in Verbindung mit der natürlichen Dizposttion wachsender Knochen für die Gntstehung einer Osteomhelitlß von we sentlicher Bedeutung sein kann. Den Tod kann eine Ofteompelitis direkt. herbeisühren, indem aus ihr eine Sept likopvämie entsteht, aber sie kann auch indtrest für ihn mitverantwortlich werden, indem sie die Grundlage von Verstümmelungen, allgemeinem Siechtum, Fettleibigkeit (Fettherz) abgibt. An 9 begutachteten Fällen werden die besonderen in Betracht kommenden Berhältnisse näker erläutert.

auß dem Jahrbuch der preuß schen Kunstsammlungen sowie elne Broschüre Die Kreuzigung von Vadstena“.

ihren Rollen ab.

Die Akademle hat dag korrespondierende Mitglied der phystkalisch⸗ mathematischen Klasse Wilhelm Pfeffer in Leivßig am 31. Ja, nuar und das korrespendierende Mitglied derselben Klasse Otto Bütschli in Heidelberg am 2. Februar 1920 durch den Tod verloren.

Infolge Gintrtttz wärmeren Wetters foll der Versuch gemacht werden, die wegen Kohlenmangels zurzeit geschlossenen Berliner staat⸗ lichen Museen vom 2 den 24 d. M., ab bis auf weiteres täglich in der Zeit von 19 bis 1 hr ohne ,. offen zu halten, wie dies 6 schon mit dem Kaiser Friedrich⸗Museum geschteht. Montags blelben das Alte, das Neue, dag Kaiser Fröedrich⸗Ruseum, das Kunsigewerbe⸗Museum und die Sammlung für Deutsche Volks= kunde, Dienbtagh das Museum für Völkerkunde D ofen.

Theater und Mu sit.

Friedriq. witherm stidtisches Theater.

Der Raub der Europa“, eine dreiaktige Posse von Thee Halton und Emil Fiering mit Musik von Leopold Maaß, die zum erslen Mal am Sonnabend im Fiiedrich⸗Wilhelm⸗ städtischen Theater in Szene ging, hat mit den Schicksalen der be⸗ kannten mythologischen Figur herzlich wenig n, und wenn nicht

erade ein in dem Stück auftretender Graf Roderich den Zu—⸗ =. verriete, daß er selbst unter diesem Titel ein Stn

verfeßt habe, so hätte man der paß auch ebensogut einen andern Namen geben dürfen. Schauplatz der Handlung ist ein Wiener affe haus, dessen er von dem Grasen veranlaßt wird, zwecks Aufführung selnes

tüäckeß in der Villa seiner Tante die Mit.“

1

wirkenden zusammenzubringen. In diese „Handlung“ sind zwei

Liebespagre eingeflochten, die nach einigen H ndernissen zum Schlusse ihrer üblichen Bestimmung zugeführt werden. Daß trotz dieses mageren Inhalts die Zuschauer auf ihre Rechnung kamen, war besonders den z. T.

sehr zeitgemäßen Couplets, die starken Anklang fanden, der gefälllgen

Mußsik, vor allem aber den Mitwirkenden verdanken, die sowohl durch ihr Einzelspiel, als auch durch ihr Zusammenwirken den Erfolg des

Abends herbeiführten. Eine treffliche Figur als ehemaliger Klarinetten⸗

bläser und nunmehriger Wiener Kaffeehausbesitzer schuf Kurt Mikulski;

auch Walther Schenk als lyrischer Dichter Hahn und Adolf

Hartenfels als BVerfasser des Stückes im Stück fanden sich gut mit Unter den weiblichen Daistellern zeichnete sich besonders Ilona von Montagh als Varietsstern Ilka durch ihr an= mutiges und temperamentvolles Spiel sowie kurch eine hübsche Stimme aus: Eigenschaften, die sie besonders in einem Czardas zur Geltung ju bringen wußte, und die, wenn nicht alles trügt, Brößeres erwarten lassen. Anerkennenzwerte Leistungen boten ferner Maria Grünm⸗Einode höfer als Wiener Kaffeehausbesitzerin, Lilly von Arvay als eigentliche Vertreterin der Europa . Hella Thornegag als Gräfin Hulda. Das Publikum war sehr belustigt und ließ es an Beifallstundgebungen nicht fehlen.

Im Opernhause wird morgen, Dienstag, Madame Butterfly“, mit den Damen von Calopol, Birkenström, Iörn und den Herren Kirchner, Armster. Hente, Philipp, Stock, Bachmann und Krasa besetzt, aufgeführt. Musitalischer Leiter ist Dr. Karl Besl. Anfang 7 Uhr.

Im F wird morgen (außer dem Dauer⸗ bezug) Othello“ in bekannter Besetzung unter der Spielleit ng von Dr. Reinhard Bruck aufgeführt. Anfang 7 Uhr. Ueber sämtliche Eintrittekarten ist bereits verfügt.

Die Ausgabe der Dauerbezugskarten für den Monat März 1920 zu 25 Vorstellungen im Opernhause und 20 Vor⸗ stellungen im SchausptelhausFe ersolgt am 28. und 25. . M. zwischen 9 und 1 Uhr in der W gegen Vorzeigung des Dauerbezugtvertrages, und zwar am 2b. ür J. Rang, Parkett, II. Rang des inhauses, am 26. für III. Rang Opernhaus und alle Platzgattungen des Schauspielhauses.

Karlheini Martin ist den Reinhardt⸗Bähnen als Spiel- leiter verpflichtet worden. Er beginnt seine Tätigkeit im Ginverstaͤndnis mit der Direftion des Kleinen Theaters, das ihm hierfür einen Urlaub bewilligte, bereits in diefer Spielzeit. Karlheinz Martin wird bereits die Uraufführung von Gerhart Hauptmanns neuem Stck „Der weiße Heiland im Großen Schauspirelhanus tu Szene setzen. ;

Als nachste Erstaufführung in den Kam merspielen des Deutschen Theaters wird am n, den 1. März, Gerhart Hauptmanns fünfaktiges Schaulpiel Gabriel Schillings Flucht‘ auf= geführt. Spielleiter ist Felix Hollaender.

Der Konzertbericht befindet sich in der Ersten Beilage)

Mannigfaltiges.

Die Reichszentralstelle für Kriegs und Zivil« gefangene teilt mit, daß seit dem 20. Fanuar inögesamt 180000 Mann, darunter über 4300 Offiziere, aus den

efangenenlagern in . zurückgekehrt d. , . valltleht sich andauernd in planmäßiger Weise.

Nach einem Drahtbericht der schweiz n Gesandtschaft i Tokio hat der fünfte . .

lossen. Der Trangport, dessen Führer Oberst von Kessinger ist, lauft Tsingtau, Schanghal. Sabang und Port Said an. An Bord be— finden sich 60 e, , r. mit 14 Frauen und Kindern sowie b reichs angehörige nner und Frauen aus Japan. In Se n n werden ungefähr dreihundert Personen aufgenommen. (W. T. B.

Perpignan, 21. Februar. (B. T. B.) Infolge Reber⸗ schwemmung wurden die telegraphötschen Verbin«

dungen unterbrochen und zahlreiche Brücken fortge⸗

rissen. Der verursachte Schaden beträgt mehrere Millionen. Auf dem Mittelländischen Meere herrscht ein Sturm von furchtbarer Heftigkeit.

Madrid, 21. Februar. (W. T. B.) „Havas“ meldet: Die wolkenbruchartigen Regengüsse der letzten Tag- haben Ueber schwem mungen zur Folge gehabt. Die Elektrizitäts-

werke sind beschädigt. Madrid ist ohne Licht und Strom.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Grsten Beilage.)

Theater.

Gpernhaus. (Unter den Linden Dienstag: 44. Dauer bezug svorstellung. Madame Butterfly. Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wart⸗

burg. Anfang 6 Uhr. Schauspielhans. (Am Gendarmenmarkt) Dientztag: Karten⸗ re . 40. Othello, der Mohr von Venedig. Anfang r.

7 Mittwoch: Friedrich der Große. J. Teil: Der Kr inz. Anfang 64 i. ö ( ; .

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Wanda von Zakrzewskt mit Hrn. Farmbesitzer Cdel von Westernhagen (Rittergut Oppin, Saalkreis 3. It. Lützen. sömmern). Fieiin Helene von Ziegesar mit Hrn. Hauptmann a. D. Wilhelm von Kloeden (Weimar Wiesbaden)

Ge sstorben: Hr. Oberlehrer a. D. Professor Dr. Oscar Keßler (Breslau). Verw. Frau Luise Gräfin von Frankenberg und Ludwigsdorf, geb. Prinzessin zu Hohenlohe Oehringen (Slawentzitz. Frau Zeremonienmeister Liyy von Frankenberg, geh. Frein von Lüttwitz (Breslau).

m

Veran lworttsicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol. Charlottenburg Verantwortlich für den Init. Der Ver seg. der Geschãftsstelle

Nechnungsrat Mengering in tlin. Verlaa der Geschäftsstelle (Mengaerina) in Beilin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlaagsanstalt, Berlin. Wilhelmstraße N.

Vier Beilagen

leinschließsich Börsenbeilage)

und Erste, Zweite, Dritte, Vierte und Fünfte Zentral · Sandelsregister⸗Beilage.

zum Sen ts⸗

M.

Aichtamtlich es. (Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) Preusßische Landes versammlung. 1I8. Sitzung vom 21. Februar 1920, MittagZs 12 Uhr. Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungeverleger) *)

Vom dem Abg. Dr. Porsch (Zentr.,) ist eine förmliche Anfrage wegen des Grubenholzmangels eingegangen.

Der von allen Parteien gemeinsam eingebrachte Gesetz⸗ . über Gemeindebeamte im Gebiele der künftigen Stadt Groß Berlin wird ohne De— batte in allen drei Lesungen ange emnmen. Danach dürfen is zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Bildung einer Stabt hroß Berlin neue planmäßlge Stellen für besoldete Mitalieder der Gemeindevorstände, für Beamte oder Angestellte nicht er— richtet und Besoldungsänderungen nicht vorgenommen werden.

Es folgt die Beratung des Antrages der Abhgg. Dr. Friedberg (Dem.) u. Gen.: Die Frauen sind zu juristischen Prüfungen und zum Vorberei— tungsdienst unter den gleichen Voraus— setzungen zuzulassen wie die Männer.

Zur Begründung des Antrages erhält das Wort die Abg. Frau Dr. Heine; fie ist aber noch nicht anwesend. Frau Gge (Som): Mit diesem Antrag ist meine Partei voll— kommen einverstanden. Nach Art. 128 der Reichsverfassung sind alle Stagtsbürger ohne Unterschied entsprechend ihrer Fähigkeit zu allen lemtern zuzulassen. Alle Bestimmungen gegen weißliche Beamte sind zu beseitigen. In juristischen Kreisen ist vieles für und wider sesprochen worden. s eberfüllung in der Sftaatsanwaltschast durch Zulassung der Frauen noch zu vermehren. Das kann kein Grund sein, den Frauen Aemter votzuenthalten. Nach dem Wort Freie Bahn dem Tüchtigen“ mässen auch tüchtige Frauen ihre Tüchtigkeit bewähren können. Was will es denn sagen, wenn vielleicht 120 bis 150 Frauen Rechtsanwälte sind, wenn in Deutschland 115 000 Rechtsanwälte bestehen? (Sehr richtig; liüks) Dle Ansicht, daß es mit der Frauenwürde nicht im Ginklan stände, wenn Frauen in Sittlichkeitsprozessen Richter seien, ist 96 heute wirklich nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Frauen werden sich scho eignen, sobald man ihnen die Wissenschaft eröffnet. Um die weiblichen Aerzte haben wir ebenso kämpfen müssen, dann aber haben sie sich als ein Segen erwiesen. Die Frauen werden gerade zu weiblichen Anwälten oder Richtern größeres Vertrauen haben. So wird sich auch der weibliche Jurist als ein Segen für Ras seelische Wohl der Frau erweisen. (Sehr richtig! links.) Wegen der hohen Kosten konnte sich allerdings bisher die Frau aus dem Volke nicht dem juristischen Berufe widmen, wir verlangen ja aber, daß dazu durch Besoldung der Referendare die Möglichkeit ge⸗ schasten wird. Gerade in sittlichen und sozialen Prozessen wird sich die Frau als Richter bewähren. (Lebhafter Beisall.) Fran Dr. Lauer (Sentr. ):: Der Antrag zeigt, da Wort wahrmachen will. Auf anderen Gebieten hat man ja die Beschrän— kurg längst fallen gelassen. Es handelt sich hier um den Befähiguags—

k 62 4 n n .

man das

zachweis, noch nicht um die Berechtigung; denn davon spricht der

Aatrag Friezberg nicht. Es werden sich nicht allzu viele Frauen dem furistiichen. Studium zuwenden, da die Aussichten hier nicht allzu günstig sind. Die natürliche Veranlagung von Mann und Frau ist verschieden.

; . Beim juristischen Studium ist Logig und Geistesschärfe Boraussetzung, was ja vielen Frauen abgeht.

Dagegen haben die Frauen oft einen besseren Blick für das praktische Leben. Ich stimme dem demokratischen Grundgedanken des Antrages zu.

Frau Dr. Spohr (dnat.); Theoretisch hat man den Frauen das jurtstise Studium freigegeben, praftisch aber nicht. Man hat die Frauen dadurch, daß man sie in der Praxis nicht hejchäftigt hat, gehalten, ihre Leiftungsfähigkeit voll auszubilden. Solange dieser Mangel nicht beseitigt ist, kann von einer gerechten Beurteilung der Leijtungsfähigkeit der Frau nicht die Rede sein. Erst ein längerer Zeitraum praktischer Betäligung ist nolwendig, wenn die Frauen das in langen Jahren Verabscumte nachholen sollen. Auch bei uns müssen die Frauen als Rechtsanwälte zugelassen werden, wie das seit tiner Reihe von Jahren schon in Norwegen, Holland und anderen rändern der Fall ist, und zwar zur allgemeinen Befriedigung. Für die, zugendgerichte sind die Frauen besonders geeignet. Was die ge— meinsame praktische Vorbereitung beider Geschlechter betrifft, so baben sich noch keine Unzuträgltchkeiten ergeben. Das Nechttzaefühl er Frau ist guders als das des Mannes. Die Frau urteilt ohue Annéendung hestimmter allgemeiner Regeln, aber unter Berückhsicht:— gung. der Beonderheiten des vorliegenden Falles. Die Frau rtritt die Billigkeit, der Mann das logische Recht. In manchen Fällen wirh, eine Frau gerechter urteilen können infolge der pfycho— gischen Feinheiten ihres Seelenlebens als der gerechteste Mann. Ebenso wie der weibliche Arzt sich die Achtung erzwungen hat, o wird es auch dem weiblichen Anwalt glücken, das Vertrauen des Publikums, besonders das Vertrauen der Frauen, zu gewinnen. Vertreter des Justizministers Geheimrat Versen (auf der Irlbine nur hruchstückweise verständlich: Die Frage ist nach Ansicht er. Justißberwaltung noch nicht spruchreif. Eine Zulassung zu den Drüfungen und zum Vorbereitungsdienst ist nach Lage der Gesetz- gebung nicht möglich. Auf die Verfassungsbestimmung, daß alle Leutschen vor dem Gesetz gleich sind, kann man sich nicht berufen, denn das sind nur allgem ine programmatische Festlegungen, die sich ficht. peziell auf das juristische Gebiet anwenden lassen. Auch die Vestimmung der Reichsverfassung, die alle Ausnahmebestimmungen Rözen das weibliche Geschlecht beseitigt, kann hier nicht angezogen erden. Es heißt da ausdrücklich im Art. 1238 „nach Maßgabe der hesetze , d. h. der hestehenden Gesetze. (Sie können aber geändert erben,) Solanze sie bestehen, sind sie aber maßgebend. Danach innen nur Männer Richter und Rechtsanwälte werden. Dargus gt, daß auch nur Männer zur großen Staatsprüfung zugelassen weden. Die ganze Materie gehört vor das Forum der Rei ggesetz⸗ bung, nicht der Landesgesehg bung. Es ist deshalb zweckmäßig, die ö in diesem Sinne weiterzugeben.

Abg. Frau Arendsee (n. Sr. Der Regierungsvertreter hat

senbar von dem neuen Geist der Zeit noch keinen Hauch verspürt. Wir können nur wünschen, daß der Justizminister aus den heute hier don Frauen aller Parteien vorgetragenen Ansichten und Uchber— zeugungen die Konsequenzen zieht. Die uns entgegengehaltenen Ein— ange sind teils veraltet und durch die Entwicklung überholt, tells längst wiederholt.

Abg. Dr. G örck (D. Vp): Der bestehende Rechts ustand steht h. Verlangen der Antragfteller entgegen; es ist eventuell eine lenderung der Gesetzgebung ertorderlich. Daß den Frauen eine be⸗ Under Eignung für die Mitwirkung an Vormünzschafts, und Jugendgerichten zugesprochen werden muß, wird auch von uns durch— ———

Goꝛtllaul⸗ k . des Serten Dar en ö. ö.

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en Reichsanzeiger und Bren ß

So ist gefragt worden, ob es klug sei, z. B. die

„freie Babn dem Tüchtigen“ auch auf dem juristischen Gebiet

Grste 8eilage

Berlin. Montag, den 23 Fehrunr

e

aus anerkannt. Mit der Verweisung des Antrags an den Rechts—⸗ ausschuß sind wir einverstanden.

Im Schlußwort weist Abg. Frau Dr. Heine (Dem.) mit Befriedigung auf die erstaunliche einmütige Zustimmung hin, die der Antrag gefunden hat. ;

Es wird Verweisung des Antrags an den Rechtsausschuß beschlossen.

Von den Demokraten ist ein Gesetzentwurf einge—⸗ bracht, nach dem 34 des preußischen Feld- und Forst— pol izeigesetzes von 1880 folgende Fassung erhalten soll:

Die zuständigen Minister und die Polizeibehörden können An⸗ Schutze von Tierarten, von Pflanzen, von bemertenswerten Boden vorkommnissen, des Landschafts bildes und von Naturschußgebieten, sowie zur Vernichtung schädlicher Tiere und Pflanzen erlassen und zwar auch für den MReeresstrand und das Küstenmeer. Die Ueber— tretung dieser Anordnungen wird mit Geldstrafe bis zu 150 S6 oder mit Haft b straft.

ur Begründung dieses Antrags führt Abg. Dr. Schloß mann (Dem.) aus, daß es sich darum handelt, die Landschaflsbilder und Bodenschutzgebtete, wie es die Reichsberfassung verlange, unter besonderen gesetzlichen Schutz zu stellen. U. a. sei Hamburg auf diesem Gebiet Preußen bereits vorangegangen.

Geheimrat Hilke: Der beantragte Gesetzentwurf schließt eine Lücke in unserer Gesetzgebung und kann daher nur hochwillkommen gehelßzen werden. Ver Landwirtschaftsminister hatte bereits einen ahnlichen, aber nicht gleich weitgehenden Vorschlag vorbereitet. Uebrigens helfen auch die best'n Gesetze nichts, wenn wir nicht eine fene Stütze im Volte selbst durch stete Belehrung und Erziehung gewinnen.

Der Gesetzentwurf wird dem Rechtsausschuß überwiesen.

Hierauf tritt das Haus ein in die Besprechung der schon am 6. Februar begründeten und beantworteten förmlichen Anfrage der deutschen Volkspartei (Abg. Boelitz und Genossen) über die Lehrbücher für Geschichte.

Ministerialdirektor Jahnke gibt dazu noch folgende Erklärung namens des Mnisters ab: Die Unterrichtsverwaltung gibt zu, daß es vielleicht besser gewesen wäre, vor Herausgabe des Grlasses mit der Vereinigung der Schulbuchverleger Fühlung zu nehmen; sie kann aber nicht zugeben, daß er eine ernsthafte Schädigung herbeitüort. Weder sind die alten Bücher durch neue verdrängt, noch ist ein Ver— bot erfolgt. Der Erlaß drängt vielmehr darauf, die Benutzung der Bücher während des Unterrichts zu versagen und die Eltern vom Zwange der Anschaffung zu befreien. Für die Unterrichtsverwaltung war und ist maßgebend der Wunsch den Geschichtslehrern die Mög— lichkeit zu geben, unabhängig von Lehrbüchern den Unterricht mehr auf die Kulturfortschritte als auf Kriege und Machtverschiebungen einzuftellen; dieser ideale Gesichtspunkt ist wichtiger als eine mögliche Schädigung der Verleger. Sollte sie aber wider Erwarten den Ein— druck gewinnen, daß die Mehrheik in dem Erlaß eine nicht zu er— trag nde Erschwerung des Unterrichts sieht, so würde sie bereit sein,

in eine Nachprüfung des Erlasses einzutreten. Abg. Hacke 8

ordnungen zum

Soz.): Wenn man den böheren Schulen die Auf— gabe zuweisl, auf der (Grundlage der Gottesfurcit und Vaterlands— liebe die Schüler zu selbständig denkenden Menschen zu erziehen, so veisteht man unter Gottes furcht die Ko fession, unter Vaterlands— liebe den Monarchismus und unter selbständiges Denken das Fest— halten an Vorurteilen. Das Christentum lehrt die Nächstensiebe, aber der Staat lehrt: Du sollst töten.

). Für das positive Talsachenmaterial genünt ein einfacher ten— denzloser Leitfaden, während der Vortrag des Lehrers und das Ge— schichtslesebuch die Kulturgeschichte dem Schüler zu ühren soll. Aller— Rngs wird auch in fanzösischen Geschichtsbüchern Frankreichs große Zeit unter Ludwig XIV bebandelt, aber es steht auch darin, daß Ludwig XIT. Frantreichs Wohlstand gänzlich ruiniert hat und das Volk ihm Flüche in dis Grab nachgesandt hat. Gewiß gehört in Das Geschichisbuch auch das Verdienst des Großen Kurfürssen um YPreutzen aher auch der Wortbruch Friedrich Wilhelms 111. der nach den Freiheimtkriegen dem Volte die versprechene Verfassung verweigerte und den Grund für die politische Rückständigkeit Preußens legte. Vor allem ist in der Geschichte der voltswirtschafülichen und soziolo— gischen Entwicklung der Menschheit mehr Anfmerksamkeit zuzuwenden. Der Römerstaat ist zusammengebrochen, als er seine wirtschaftliche Grundlage verlor. Herr Dr. Boelitz vprach von der Anarchie im Geschichtsun terricht. Diese Anarchie ist längst dadurch eingerissen, daß der gesetzmäßig geäußerte Wille nicht beachtet wird. Gerade in den höheren Schulen wird sehr viel grundsätzliche Sabotage gegen die Republik cetrigben. Der Wert des bisherigen Gejchichtsunkertichts ist problennazisch, es wär‘ nichs verloren, wenn für die Uebergangs— zeit der Geschichtsunterricht ganz wegfiele. (Hört! hört! und Wider— spruch rechts. Die Abschanung der bisherigen Geichichtsbücher be— deutet nur einen Verlust für eine beschränkte Anzahl von Personen, aber Eisparnisse für viele Eltern. Ich ersuche das Ministerium, unter keinen Umständen .. Erlaß zurückzunehmen. Der Geschichts—⸗ unterricht kann ohne Lehrbuch erteilt werden. Wir legen dem Mini— sterium eine Reihe von Vorschlägen für den Geschichtsunterricht vor. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Dr. WilLderm ann (Zentrum): Wir Katholiken in Deutschland, besonders in Preußen, halten die Errinnerung an die Kulturkampszeit in unserem heranwachsenden Geschlecht stets wach, damit es der opferwilligen Glaubenstreue seiner Eltern und Bischöfe stets eingedenk bleibt, und unsere Glaubensgenossen im Vaterlande sich dessen bewußt bleiben, daß keine Regierung, mag sie noch so stark sein, einen siegreichen Kampf gegen die katholische Kirche in Deutich— land, zu führen vermag. wenn die Katholiten einig sind. (Sehr richtig! im Zemrum ) Viel Geschschtsbücher waren und sind nicht allein aus Wahrheitsliebe geschrieben, nicht um die Geschichte objettiv da zustellen, sondern um irgendwelchen Parteien oder Richtungen zu dienen. Wir Katholiken haben das in unserem Vaterland genügend erfahren und haben uns unter der alten Regterung sehr ost betlagen müssen. In einer deutsch-ngtionalen Versammlung sind die katholiiche Kirche und die Katholiten Duischlands für den Ausbruch des Krieges und für seinen traurigen Ausgang verantwortlich gemacht wo den. Wir wollen keine Geschichtsbücher, die von einem Parteistandpunkt aus geschrieben sind. Wir sind Überhaupt gegen die dicken Geschichts⸗

bücher. Es ist unmöglich, Geschichtsbücher von heute auf morgen her⸗

Viel besser ist es, wenn ohne Buch unterrichtet wird, als wenn vorgelesen wird, was leider noch vielfach geschieht. Man muß sich erst über die ganze Gestaltung des Schulwesens klar sein. Für die Uebergangszeit sind wir mit der Verfügung des Ministers ein—⸗ verstanden. (Beifall.)

Abg. Sommer (Dem.): Wir bedauern den Ministerialerlaß vom 6. Dezember 1919. Das Schlingern will kein Ende nehmen. Wir verkennen nicht dle Fülle von ungemein wichtigen Aufgaben, die dem Kultusminlsterium obliegen. Aber es sind dankbare Aufgaben und mässen auch his ins kleinste vorbereitet werden. Die Fiage ist nicht eine rein buchhändlerische Geschäftsfrage, sondern eine eminent⸗— pädagegische, und wir hätten gewünscht, daß der Minister vor dem Erlaß sich von Pädagogen hätte heraten lafsen. Der deutsche Buch⸗ bandel wird durch diesen Erlaß um etwa eine Million Mark ge— schä igt. Das deutsche Buchgewerbe ist eine derjenigen wirsichaft⸗ lichen Erscheinungen, auf welche wir mit Recht stolz sein können. Das hat die Bugra 1914 gezeigt. Kaum ein Gewerbe ist so durch den Krieg geschäbigt worden, wie das Buchgewerbe. Warum hat man nicht die Vertreter eines so wichtigen Verbandes gefragt? Das war eine grohe Unterlassungssünde. Auch die Sortimenter werden geschädigt; der Erlaß kommt viel zu spät für sie. Auch die Eltern werden geschädigt. Solche einschneidenden Maßnahmen müssen recht- zeitiger getroffen werden. Auch wir sind von der Notwendigkeit einer Reform des Geschichtsunterrichts überzeugt. Es ist unmöglich, den Geschichtsuntericht vollständig tendenzlos zu geben. Die Geschichte soll auf Grund der Kenntnis der Vergangenbeit den Blick für die Gegenwart und Zukunft schärfen und vor gallen Dingen einen mannhaften Charakter herausbilden. Wie wollen Sie das Deutschtum waeder hochbringen, wenn Sie der Geschichte die belebende Seele nehmen. Geschichts- tabellen, Aufführungen von einfachen Tatsacken und Zahlen, sind nur eine Totenkammer der Geschichte. Geschichte aber soll auch be geistern. Schon Goethe sagte: das Beste, was wir am Geschichts—⸗ unterricht haben, ist die Begeisterung, die sie erweckt. Die Ueber⸗ spannung des nationalen Bewußtseins durch die Alldeutschen hat uns den Nanien der Barbaren eingenracht, hat zu dem grenzenlosen Hasse geführt, der im Frieden von Versailles zum Ausdruck gekommen ist. Wir wollen richtiges Augenmaß haben für unsere Werte, aber auch für die Werte der anzeren Völter. Das heißt deutsch empfi den. Wir ver—⸗ langen in erster Linie Objektivität von der Geichichte, aber auch der Ge⸗ schichts lehrer sjoll uns in die Höhen des Menschentums bineinführen, und auch nicht den Blick verschleiein für das Abwärisgeben, auch unseres eigenen Volfes. Das haben wir versäumt und verschuldet. Das Ministerium muß sich in Verbindung setzen mit den beruftichen Fachorganisationen. Wir haben viele tüchtige und oblettive Geschichts-⸗ schreiber, die Auswabl würde da nicht schwer sein. Wenn man von den schädlichen Wirkungen eines Erlasses über eugt ist, dann muß man auch die Konsequenzen ziehen. In dieser Resormbewegung darf aber auch nicht zu radikal vorgegangen werden, es ist nicht nötig. alles sorgsam fernzuhalten, was an Monarchen und Monaichen tum erinnert, das hieße den Teufel mit Beelzevub austreiben. Es gibt auch unter den Hohenzollern um den Kulturfortichritt verdient. Männer und man muß auch den Verdiensten Preußens um die Hebung und Ausprägung des deuischen G dankens Rechaung tragen. (Lebhafter Beifall rechts; Die Heschichte nuß obi kein bleiben, and für, den Geschichtsunterricht muß Sachlichkeit und Ger chtigkeit die Richtschnur sein. In erster Liie sähen wir die Zaräckziehung des Erlasss am liebsten; soll!e das nicht möglich se n, daun wäre vielleicht dem Vorschlag des Verlegerer bande? äherzutreten jedem einzelnen Lehrer freizustellen, das bisher an feine! Rr nat enutzie Geschich slehrbuch welter zu benutzen oder mich und daß R dem Schüler freigestellt wird, das Geichichtsbu—

Eltern anschaffen wollen unabkänng dadon

oder nicht. Wenn das Benutzu geber o bene

die Freilassung des Dausrechis gar nichte den

werden berrit sein, ein Buch zu kauten, dessen Ben atzung inn? Schule untersagt ist. Der Erlas sollte lickst bal? nach ztüßi werden. (Beifall bei den Deurschen Demokraten und mechts

Abg. Rippel (onat.): Der bisherigen Uusierhit und He. unruhigung weiter Interessenkreise auf diesem Gebtete ist durch den Erlaß vom 6. Dezember insoweit allerdings ein Ende gemacht worden, als dieser Erlaß sich als ein weiterer Schritt zu dem Ziele der Monopolisierung der Schul- und Lehrbücher und fomit zur Sch ma— tisierung des Geistes darstellt. Vielleicht wird bereits ennst ich der Gedante erwogen, ein Staatslhrbuch, ein monopo lisier tes Lehrbach herauszugeben. Auch wir steben einer Resom der Geschichtsbücher freundlich gegenüber, auch wir legen mehr Wert auf Kultur, als auf Kriegszgeschichte, auch wir sind gegen den Personenlultus. Das Schulbuch er Vergangenbeit batte snanche Fehler, aber wir müssen leider die benündete Befärdiusg hegen, daß man jetzt aus einem Extrem in das andere fällf Wenn der Abg. Dr. Wildermann hier die Gelegenheit, gegen die deutschnationale Volksdartei zu polemisieren, an den haaren bechel⸗ gezogen hat, so tönnen wir das nur bedauern. Er fürchtet ros wohl selbst nicht, daß solche Aeutzerungen, wie sie hie und da in Ver⸗ sammlungen gegen die Katholiken gefallen sind, in die Geschichts⸗ lehrbücher Eingang finden werden. Was soll werden, wenn die Deutschnatsonalen in gleichem Tone antworten? Der Kulturtampf wird sich nicht wiederholen. Kommt es noch einmal dazu, dann wird er, wie ein katholisches Batt mit Recht gejagt hat, sich gegen das Christentum überhaupt richten, dann wird in diesem Fampfe Herr Adolf Hoffmann der Generalfeldmarschall sein. Wir wünschen, daß das Lehrbuch der Geschichte freigebalten wird von einseitiger Parteidarstellung; die Geschichte muß von einer höheren Warte dar— gefellt werden. Es darf aber auch nicht so neutral gehalten sein, daß es ein blutleeres, wesenloses Gebilde wird, an dem kein Me nsch sich erwärmen kann. Wenn es schon jetzt möglich ist, daß Stadt⸗ verwaltungen tatholische und evangelische Lehrer suchen, die sich zur Mehrheitssozialistischen Partei zählen, was mag dann erst in Zu⸗ kunst unser harren! Der Erlaß vom 6. Dezember war recht kleinlich, er ift auch überstürzt und unsachlich, er ist ein Beweis für die geinige Biegsamkeit des Kultusministers, der es am liebsten allen recht machen möchte, er ist eine Verbeugung vor dem äußersten Radikalisinus. Er beschränkt sich auch nicht auf die neueste und neuere Geschichte. er macht vielmehr mit einem Federsrich auch die alte Geschichte zur Makulatur. Einen Geschichtsunterricht ganz ohne Leit aden und ohne Lehrbuch halte ich nicht für durchführbar und nicht für erfolgreich. Der Erlaß schließt nur formell den Zwang aus, tatsächlich ist er eine unerträgliche Zwangsmaßregel.

Abg. Ob uch (U. Soz.): Von einer Verbeugung gegenüber dem äußersten Raditalismus ist bei dem Erlaß keine Rede. Was önnen Sie (nach rechts) an diesem Erlaß als unduldiam bemängeln? Er will lediglich die Mögüchkeit einer freieren Bewegung für die Lehrer und die Eltern schaffen. In den heutigen Geschichte lehrbüchern nicht nur für Volks chlen, Jondern auch zur Mitiel und höhere Schulen wird die gewaltige Geschichte der Sozialseform, an der Jabrzehnte lang das Volt in allen seinen Schichsen mit der größen Anstren gung und Lebhaftigkeit gearbeitet hat, in gan! emns itiger und arm⸗ seiliger Weise als ein Wert der deutschen Kaiser hengest Ut. Der Geschichtsunterricht wor ichon vor dem Kriege sür einen grüßen Teil des Volkes ein unerträglicher Gewissenszwang. Jetzt, wo die weltgeschichtlichen Taisachen über die menarchischen Institutionen hinweggegangen sind, wollen Sie dem Minister verargen, daß er diese nicht mehr zur Grundlage des Geschichtsunterrichts machen will?

zustellen.

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