Auf Grund dieser Prüfung ist für seden Apparat eine
genaue Anweisung für seine Handhabung aufzustellen und neben dem Apparat an offensichtlicher Stelle zu befestigen. Die Bedienung der Apparate ist. wenn irgend angängig,
nur geprüften Desinfektoren zu übertragen. Es empfiehlt sich tunlichst bei jeder Entlausung durch einen geeigneten Kontroll— apparat festzustellen, ob die vorschriftsmäßige Durchhitzung er— folgt ist.
Wo Dampfdesinfektiongapparate nicht zur Verfügung stehen, lassen sich unter Verwendung von Dampfkesseln (3. B. Lokomobilen) und durch Anschließung hinreichend geräumiger Behältnisse (Ton= nen, festgefügter Kisten usw.) Notbehelfeinrichtungen schaffen.
4 Auskochen in Wasser, dem Soda zugesetzt werden kann. Die Flüssigkeit muß kalt aufgesetzt werden, die Gegenstände voll— ständig bedecken und vom Augenblicke des Kochens ab mindestenz eine Viertelstunde lang im Sieden gehalten werden. Die Koch⸗ ge fäße müssen bedeckt sein.
5. Trockene Hitze. Die Läuse gehen bei einer Temperatur von 45 Celsius schon in 1 Stunde, von 556 in 3 Stunden, von 600 in 15 bis 29 Minuten zugrunde. Ihre Eier werden bei einer Temperatur von 542 Celsius in 11. Stunden, von 60 0 in einer Stunde, von 0 in 15 Minuten so geschädigt, daß junge Tiere nicht mehr auskriechen. Die Behandlung mit trockener Hitze hat gegenüber anderen Verfahren den Vorteil, daß die damit be⸗ handelten Gegenstände Kleider, Wäsche usw.) trocken bleiben, keine Gerüche aufnehmen und daher sofort nach der Behandlung wieder getragen werden können. Zur Erzeugung solcher trockenen Hitze dienen in Anstalten, in denen Entlausungen häufig vorzunehmen sind. besondere Heißluftkammern. Auch sind Preßluftapparate im Gebrauch, in denen die an einem Dampfheizkörper oder an einem elektrischen Ofen auf 8900 erwärmte Luft mittels eines Gebläses in Umlauf gesetzt und 2 Stunden lang über die zu entlausenden Sachen geleitet wird.
Im Notfall ist auch ein geheizter Backofen oder eine geeignete Dörranlage verwendbar, falls in dem Innern eine Temperatur tzwischen 70 und S5 erreicht werden kann. Zuvor ist jedoch fest⸗ gustellen, daß darin nicht höhere, die zu entlausenden Gegenstände chädigende Hitzegrade herrschen. Zu diesem Zwecke lege man vor em Einbringen der Gegenstände ein Stück weißes Paier in den Ofen; es wird, wenn eine schädigende Hitze besteht, gelb werden. Die Hitze soll 2 Stunden lang einwirken.
In geeigneten Fällen genügt schon das Bügeln mit einem
heißen Eisen. Werden dabei insbesonbere bei Kleidungs- und
Wäschestücken auch die Nähte und Falten, in denen die Ejer vor⸗
zunsweise sitzen, trocken oder feucht wiederholt geplättet, so werden selbst die Eier abgetötet.
ß. Verbrennen, anwendbar bei leicht brennbaren Gegenständen von geringem Werte.
J. Schweflige Säure. Sie ist unter gewöhnlichen Temheratur⸗ und Druckvperhältnissen ein farbloses Gas von dem bekannten, erstickend wirkenden Geruche des brennenden Schwefels. Einge— atmet bewirkt es sehr heftiden Husten. Es bleicht gewisse Farben und macht blanke Metallflächen trühe. Vom Wasser wird es in großen Mengen aufgesogen. Für die Verwendung zur Entlausung entwickelt mon die schweflige Säure
a) durch Verbrennen von Schwesel in Stücken. Dabei ist edoch darauf zu achten, daß die ganze Menge des verwendeten Schwefels auch wirklich in Flammen aufgeht. Zweckmäßig bedient man sich dabei besonders dafür eingerichteter Appa⸗ rate, die durch den Handel gebrauchsfertig zu beziehen sind, oder einer etwa 159 Zentimeter langen, an beiden Enden durch angeschweißte Verschlußstücke abgeschlofsenen rinnen— förmigen Wanne aus Eisenblech, die mit Schamotteerde oder einer ähnlichen unverbrennbaren Maße ausgekleivet und auf Spreizfüßen befestigt ist. Die Höhe der Füße soll derart sein, daß die Rinne etwa 50 Zentimeter her dem Boden steht. Die anzuwendenden Schwefelstücke sind in der Rinne gleichmäßig zu verteilen. Auf je ein Kilo—⸗ gramm Schwefel gieße man 40 Kubikrtentimeter Brenn— shiritus gleichmäßig über das ganze Schwefellager, zünde ihn mit einem Streickholz an, verlasse sofort den Raum und verschließe die Tür;
b) durch Verbrennen von Schwekelkoßsenstoff. Da diese Flüssig-⸗ keit indes änßerst feuergefährlich ift und beim Anz nden erplosionsartig aufbrennt, muß sie zuyor mit Wasser und Brennspiritus in der Menge von je 5 Volumprozent ver— setzt werden. Die Verbrennung wird in eisernen Schügeln oder Pfannen vorgenommen, deren Umgebung gegen das Ueberspringen des Feuers zu sichern ist. In die e Gefäße gieße man die Frlüssiakeit, nachdem sie vorßer tütig um— geschüttelt worden ist, dann zünde man sie vorsichtig an, wobei man sich von der aufschlagenden Flamme hin— reichend weit entfernt zu Halten hat, verlasse sofort den Raum und schließe die Tür ah. In wenigen Minuten erfüllt die sich entwickelnde schweflige Säure den ganzen Naum;
a) durch Nerwenbung im GSandel erhältlicker flüssiger schweßf⸗ liger Säure in Stahlflaschen. Dieses Nerfahren hat den Vorteil, daß eine Fererzgefahr ausgeschfossen ist und be— sondere Vorhereitungen nicht erforderlich sind. Auf die Flascke mit flüssiger schwefliger Säure seße man einen Glummischlauch; dieser wird durch eine Oertnung in der Wand oder der Tür (Schlüssellochh in den Raum geleitet, in dem die Entlausung vorgenommen werden soll. Der Raum muß, wenn nötig, vorher geheizt werden., so daß in ikm eine Temperatur von wenjastens 10 0 herrscht. Da⸗ mit die Säure aus der Flasche gleichmséßig entweicht, ist dies⸗ bei kaster Außentemperatur in ein Gefäß mit warmem Wasser (40 bis 50 0) zu steJsen. dessen Temperatur durch wiederboltes Nachaießen von heißem Wasser auf der rich— tigen Söße gehalten werden muß. Um von der Säure nicht grörere Mengen, als nötig ist, auströmen 4u sassen, ver- fahre man folgendermaßen: mam stelle die TWascke auf eine Mage (Dezimalwage) lege auf die andere Waagschale so viel Gewichte, bis das Greichgewicht herageftellt ist, und nehme sodann an Gewichtsstücken so viel fort, als das Gewicht des zum Ausströmen bestimmten Gases beträgt. Nunmehr öffne man den Sohn und lasse das Gas fo lange aus- strömen, bis das Gleichoewicht wieder erreicht ist. Alsdann wird der Saßn gefhrosten
Die zur Entsausurg nötigen Mengen von schweffsiger Sure
stnd je nack den Uwständen versckieden. Als Regel gif. daß bei gut abdichtbaren Rzumen schweflige Säure in einer Menge von 2 Volumhprozent 6 Stunden lang auf den verlausten Raum und die zu entlausenden Sachen einwirken soll. Kleider. Wöschestcke, Decken und deroleichen sind dazu einzeln aus-ußreiten oder auf Leinen und Gestellen an k⸗nßängen. Dabei ist darauf zu achten, das die Taschen der Kleidungsstücke entleert und umaedreht werden. Bei der Entlansung der Woßnung eines Fleckfieber— kranken, in der das Ausbreiten oder Aufhängen der verlaufen Sachen wegen der für den Desinfeftor damit verhundenen Ge- faßr zu unterbleiben hat, ift die Menge der au verwendenden . Sänre auf 3 Vos'umprozent zu erßötzen, damit auch ie nickt ausgebreiteten Kleider und Mäöschestsicke von dem Gase ausreichend durckdrungen werden. Bei dieser Menge gensiat eine Einwirkungsdauner von 4 Stunden. Auch in schfechkt abdicht— baren Rjumen ist eine Merge von 8 Rolumvrozent erforderlich. Auf je 19 Kubikmeter Luftraum sind erforderlich zur Er zeugung von schwefliger Säure in einer Menge von 2 Volum- 8 Rolum-
; Da bei der Anwendung der schwefligen Säure zur wirk—
samen Durchführung der Entlausung und zur Vorbeugung einer Feuersgefahr mancherlei zu beachten ist, sollten damit nür hin reichend ausgebildete und erfahrene Personen (Desinfektoren) betraut werden.
Wo Entlausungen in größerem Umfang und regelmäßig mittels schwefliger Säure vorgenommen werden, empfiehlt es sich, dazu eigens eingerichtete und hinlänglich geräumige Kam— mern zu unterhalten. Im Notfall lassen sie sich auch durch Be⸗ helfe, z. B. durch Benutzung eines Möbelwagens oder dergleichen, ersetzen.
8. Blausäure. Die Dämpfe der Blausäure, eines äußerst starken Giftes von bittermandelartigem Geruche, sind ein außer⸗ ordentlich wirksames Mittel, um Läuse und deren Eier zu töten. Die damit behandelten Gegenstände werden durch die Dämpfe in keiner geschädigt. Da sie aber auf Menschen stark giftig wirken, ist größte Vorsicht beim Gebrauche geboten. Das Verfahren darf nur von Personen angewendet werden, die dazu auf Grund besonderer behördlicher Erlaubnis befugt, dazu be⸗ sonders vorgebildet und mit besonderer Ausrüstung (Sauerstoff⸗ schutzgerät) versehen sind.
Anmerkung. Unter den angeführten Entlausungsmitteln ist die Auswahl nach Lage des Falles zu treffen. Auch dürfen unter Umständen andere, in bezug auf ihre Wirksamkeit und praktische Brauchbarkeit erprobte Mittel angewendet werden, je⸗ doch müssen ihre Mischungs⸗ und Lösungsverhältnisse sowie ihre Verwendungsweise so gewählt werden, daß nach dem Gutachten des beamteten Arztes der Erfolg ihrer Anwendung einer Ent lausung mit den unter 1 bis 8 bezeichneten Mitteln nicht nachsteht.
Weise
III. Ausführung der Entlausung im einzelnen.
auf ihn gelangen, die Krankheit auf ihn übertragen wird. Er hat sich daher möglichst vor der Aufnahme von Läusen zu schützen.
Chemische Mittel, wie Streupulver und stark riechende Flüssig⸗ keiten, wie sie vielfach hierfür empfohlen werden, haben keine ausveichende Wirkung. Hingegen gewährt das Tragen von ge⸗ eigneten Schuhanzügen einen besseren Schutz.
Für die Ausführung der Entlausung gelten folgende Grund⸗ sätze:
1. Personen, welche Läuse haben, sind in einem geeigneten Naume zunächst einer gründlichen körperlichen Reinigung — weib⸗ liche Personen darch weibliche Hilfskräfte — zu unterziehen. Zu diesem Zwecke werden sie ganz entkleidet; Brustbeutel, Bruch— bänder, Verbände und dergleichen werden ihnen abgenommen, weil auch an diesen Gegenständen Luse haften und später von neuem eine Verbreitung des Ungeziefers verursachen können. Dis Ab— nahme von Verhänden hat durch einen Arzt oder nach seinen Anordnungen zu geschehen. Wahrend des Entkleidens stehen die zu reinigenden Personen zwackmäßig auf einem mit verdünntem Kresolwasser, fünfprozentiger Karbolsäurelösung oder Petroleum getränkten Laken, damit das Verstreuen der Läuse verhütet wird. Alsdann erfolgt unter Verwendung von warmem Wasser und Schmierseife eine gründliche Waschung (in einem Wannen oder Bpausebade). Es empfiehlt sich, die von den Kleiderläusen vor— wiegend aufgesuchten Körperstellen (Nacken, die Gegenden zwischen den Schulterblättern und über dem Kreuzbein, ferner die Scham— gegend bis in die Gesäßspalte sowie die Ächselhöhlen) danach noch mit grauer Salbe oder weißer Präzipitatsalbe einzureiben und dies nach acht Tagen zu wiederholen. Bei starker Verlausung sind Zweckmäßig die Haare an diesen Körperstellen zuvor abzuschneiden. Eine vollständige Entfernung der Haare durch Rasieren oder die Anwendung von Enthaarungsmitteln (Strontiumsulfid usw.) wird nur in Ausnahmefällen erforderlich sein. Personen, die außer Kleiderlänsen auch Kopf⸗ oder Filzläuse an sich haben, reinigt man zugleich von diesem Ungeziefer. Zu diesem Zwecke entfernt man am besten die Kopfhaare mit einer Haarschneidemaschine und reinigt alsdann die geschorenen Stellen kräftig mit warmem Seifenwasser Venn das Abschneiden der Haare auf nicht über- windbaren Widerspruüch stößt, wie dies namentlich bei weiblichen Personen öfter der Fall ist, tränkt man die Haare reichlich mit einem läusetötenden Mittel (Sahadillessig,
Die so gereinigten Personen werden nach dem Babe in einem anderen Raume von Kopf bis Fuß mit friscker Wäsche und reinen Kleidern verseben oder in ein reines Bett gebracht. Die von ihnen benutzten Handtücher und Laken sind in verdünntes Kresolwasser oder fünfnrozentige Karbolsäurelösung zu legen. Der Fußboden, auf dem die mit Läusen behafteten Personen vor der Reinigung gestanden oder auf dem ihre Sachen gelegen haben, ist sorgfältig und arsndlich mit verdünntem Kresolwasser oder fünfvrozentiger Tarbolsäurelösung abzuwascken; auch die Badewanne ist nach dem Ablassen des Wassers in aleicher Weise zu reinigen. Soweit die zu Entlausenden dazu imstande sind, sollen sie die körperliche Neiniqgung selbst an sich ausführen und ihre Wäsche und Kleider selbst in die zur Entlausung bestimmten Behälter legen. Massenentlausungen. Sollen innerhalb kurzer Zeit große Menschenmengen von Kleiderläusen befreit werden, wie dies in Asplen und Ouanantänegnstalten notwendig werden kann, so sind hierfür zweckmätzia besondere Näume in hinreickender Zahl, wo— möglich in eigens dazu vorgesebenen Baulichkeiten (Baracken) bereitzustellen. Dabei ist es erforderlich, meßrere Räume in ae⸗ eignater Aufeinanderfolge zum Ablegen der Kleider, zum Baden der Leute, zur Abtötung des Ungeziefers in den Beffeidungs, und Wäschestücken, um Anlegen der reinen Sachen zur Verfügung zu haben. Damit die soeben gereiniaten Personen nicht aleich wieder Ungeziefer von den noch nicht gereinigten aufnehmen, muß hei der Anlage jeder, auch der fleinsten Einrichtung solcher Art von
bon der unreinen verlausten) Selte Bedacht genommen werden. Aus demselben Grunde müssen die verwendeten Desinfektions⸗ und Entlausungsapparate eine besondere unreine (Belade⸗) Seite und eine besondere reine (Entlade⸗ Seite haben.
2. Leib⸗ und Bettwäsche sowie waschbare Kleidungsstücke sind entweder zwei Stunden in verdünntes Kresolwasser oder fünf⸗— prozentige Karbol säurelösung zu legen oder in Wasser, dem zweck⸗ mäßig Soda zugesetzt wird, auszukochen oder mittels Wasser⸗ dampfs, trockener Hitze, schwefliger Säure (oder mit Blausäure⸗ dämpfen unter den behördlich angeordneten Vorsichtsmaßnahmen) zu behandeln. Wäsche mit Blut⸗, Kot⸗ oder Eiterflecken ist hingegen nicht mit Wasserdampf zu behandeln. Sollen Wäschestücke und dergleichen aus dem Entkleidungsraume zur Entlausung nach einem anderen Raume gebracht werden, so sind sie in Beutel, welche mit verdünntem Kresolwasser oder fünfprozentiger Karbol⸗ säurelösung gründlich durchnäßt sind, so zu stecken, daß das Unge⸗ ziefer unterwegs nicht verstreut wird.
Sollen Kleider der trockenen Hitze ausgesetzt werden, so werden sie zweckmäßig gewendet, so daß das Futter nach außen kommt, auch werden die Taschen umgedreht. Etwa in den Kleidern be⸗ findliche feuergefährliche oder explosible Gegenstände (Zündhölzer u. a.) sind zuvor herauszunehmen.
Nasse Kleider und Wäsche sind, falls sie mittels schwefliger bee. oder Blausäuredämpfe entlaust werden sollen, vorher zu trocknen.
Sind die Gegenstände mit Blausäuredämpfen behandelt wor⸗ den, so sind sie, bevor sie wieder in Gebrauch genmmen werden, zunächst mindestens eine Stunde lang im Freien zu lüften, sodann zu klopfen oder kräftig zu schütteln, damit die in den Poren des Gewebes befindlichen Dämpfe möglichst entweichen; hierauf sind die Gegenstände in einem warmen Raume einem starken Luftzug einige Zeit lang auszusetzen und schließlich noch⸗ mals zu klopfen oder auszuschütteln.
3. Kleidungsstücke, die nicht waschbar sind, Federbektten, wol lene Decken, Matratzen ohne Holzrahmen, Teppiche, Bettvorlagen dürfen nicht ausgekocht, auch nicht in verdünntes Krefolwasser oder fünfprozentige Karbolsäurelssung gelegt werden. Sie können in einem Dampfapparat, in dem sie nicht zu dicht nebeneinander aufgehängt oder gelagert werden sollen, entlaust werden, sedoch ist auch bei ihnen darauf Bedacht zu nehmen, daß mit Blut, Eiter oder Kot befleckte Stücke nicht in den Apvarat gelangen, weil sonst unter der Dampfeinwirkung braune Flecke entstehen, die sich nicht mehr entfernen lassen. Auch können hei ihnen trockene Sitze oder schweflige Säure (auch Blausäuredämpfe unter den behördlich an⸗ geordneten Vorsichtsmaßnahmen) zur Anwendung kommen.
4. Pelzwerk und Ledersachen (Schuhwerk dürfen nicht mit Dampf behandelt werden. Die Gntlaufung wird am sichersten mittels schwefliger Säure oder Blausäuredämpfe vorgenommen,; bei Lederzeug auch in der Weise daß es zwei Stunden lang in verdünntes Kresolwasser oder fünfprozentige KHarbolsäurelösung gelegt und alsdann zum Trocknen aufgehängt wird.
5. Kämme, Bürsten sind awei Stunden in verdünntes Kresol⸗ wasser oder fünfprozentige Karbolsäöurelösung zu legen.
6. Gegenstände aus Gummi (Gummimänkel, Gummischuhe) werden zweckm5ßig mit einem Lappen abgerieben, der mit ver— r,, Kresolwasser oder fünfprozentiger Karbolsãurelõsung ge⸗ ränkt ist.
J. Wasschbecken und Badewannen sind nach ihrer Entleerung gründlich mit verdünntem Kresolwasser oder fünfprozentiger Kar⸗— bol säuvelösung ausszuscheuern und dann mit Wasser gausz? mRlen.
3. Die Rettstelle und der Nachttisch des Kranken, ferner die Wand und der Fußboden in der Nähe des Bettes find, falls die Annahme begründet ist, daß sich Läuse an ihnen vorfinden, mit Lappen abzureiben, die mit verdünntem Kresolwasser oder fünf prozentiger Harbolsäurelösung befeuchtet sind. Erfahrungsgemäß finden sich indes am Fußboden und an den Wänden Läuse nur bei ganz starker Verlausung vor, und ihre Eier kommen hier nur auspahmsweise zur Entwicklung.
9. Sammet⸗, Plüsch. und andere Möbelbezüge werden mit derdünntem Kresolwasser oder fũnfprozentiger Karholsãurelösung durchfeuchtet, feucht gebürstet und mehrere Tage hintereinander gelüftet. Haben sich Gegenstände die ser Art in einem Raume befunden, während dieser mit schwefliger Säure oder mit Bfau— säuredämpfen behandelt worden ist, so erübrigt sich die vorstehend angegebene besondere Entlausung.
10. Gegenstände von geringern Werte (Inhalt von Stroh⸗ säcken, Lumpen und dergleichen) sind am zweckmäßigsten zu verbrennen.
11. Zur Entlausung geschlossener oder allseiti u schließbarer Räume empfiehlt sich die Ausgasung . , Säure oder Blau säurebämpfen. Vor Beginn des Verfahren sind alle Undichtigkeiten der Fenster, Türen, etwaige Ventila⸗— tionsöffnungen und dergleichen genau zu verkleben oder sonst abzudichten. Es ist die größte Sorgfalt auf eine solche NUb— . des Raumes zu verwenden, weil hiervon der Erfolg der Entlausung wesentlich abhängt. Auch ist durch eine geeignete Aufstellung. Ausbreitung oder sonstige Anordnung der in dem Raume befindlichen Gegenstände dafür zu sorgen, daß das Gas oder die Dämpfe auf sie hinreichend einwirken können. Ge füllte Vaschschüsseln und Eimer sind vorher auszugießen und nasse . . zu 2 a. Kleider find vor der An— vendung wefliger äure oder vo sä ämpf e e en, 9 9 von Blau säuredämpfen zu 12. Bei Krankenwagen, Krankentragen. Räderfa und dergleichen sind die Holzteile, mit . der . rührung gelommen sein kann, ferner die Lederüberzüge der Sitze eder Bänke sorgfältig und wiederholt mit Lappen abzu⸗ reiben. die mit verdünntem Kresolwasser oder mit fũnfprozentiger Karbolsäurelösung befeuchtet sind. Kissen und Polster, soweit sie nicht mit Leder überzogen sind und nicht in gleicher Weise be⸗
handelt werden, Teppiche, Decken usw. können ĩ . dampf entlaust werden. Der . . k Sch rubber, welche reichlich mit verdünntem Kresolwasser oder fünfprozentiger Karbolsãurelösung. getränkt sind, aufgescheuert. Andere Person enfahrzeuge (Droschken, Straßenbahnwagen, Boote usw.) sind in gleicher Weise zu entlausen. 13. Die Entlausung von Eisenbahn⸗Personen, und Güter—
vornherein auf die schärfste Trennung der reinen (lãusefreien)
Über die in der Zeit vom .... bis
Wöchentlich dem Reichsgesundheitgamt einzusenden
N achweisung — MM 5. 19 .. vor gekommenen Föierck eberfälle Flecfieberverdächtige Fälle sind nicht aufjzun⸗hmen
wagen erfolgt nach den Grundsätzen in Ziffer 8, 9, 1 soweit hierüber nicht besondere Vorschriften ergehen. 5
Anlage 2
— Davon innerhalb der tacbes ,
Name der Ortschaft Ginwohnerzahl : Haden ag deg Ausbruchs im Nen erkrankt ,,, Gestorben ke. Angabe dee Orteg, woher
(mit Angabe des (letzte Volk. sind vor der Erkrankung oder ; die in Spalte 4 aufgr führten P rfonen Verwaltungsbezitkes) zahlung) bereits krank von auswäͤrlz , mugerzist, sin . Demertungen sber ge—
troff ene Maßnanmen: Entlaufang.
zugereist Schließung oꝛer Rzaumunq von Fer
bergen, überfüllten Wohnungen usw.) 2 2 3 4 5 5 .
vrozent vrozent a) Schwefel in Sicken . 8M g 439 9 b) Seh wefeskoßlenstoffoemisch d 9 6800 9 e) flüssige schweflige Säure in Stahlflaschen 600g oo g
9 ;
Die Vorschriften über die gesundheitliche Behandlung der
Seeschiffe in den deutschen Häfen nebst Desinfektlons⸗
anweisung vom 29. August 1907 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 563) werden wie folgt geändert:
L Vorschriften über die gesundheitliche Behandlung der Seeschiffe in den deutschen Häfen. §z 2 Abs. ! Nr. 1 erhält folgende Fassung: 1. wenn das Schiff im Abfahrtshafen oder während der Reise Fleckfieber an Bord gehabt hat, oder wenn das Schiff im Abfahrtshafen oder während der Reise. jedoch längstens in den letzten sechs Wochen, Cholera (asiatische), Gelbfieber, Pest (orientalische Beulenpest), Pocken (Blattern) an Bord gehabt hat. 5 16 erhält folgende Fassung:
Fleckfieber.
Wenn das Schiff einen oder mehrere Fleckfieberkranke an Bord hat oder wenn auf ihm im Abfahrtshafen oder während der Reise ein oder mehrere Fleckfieberfälle vorgekommen sind, so sind nach erfolgter Untersuchung die noch an Bord befindlichen Fleckfieberkranken und krankheitsverdächtigen Personen auszu⸗ schiffen und in einem geeigneten Krankenhaus oder in einem anderen geeigneten Unterkunftsraum abzusondern. Hier sind sie von Läufen und deren Eiern gründlich zu befreien. Dasselbe hat mit Personen zu geschehen, welche die Krankheit während der Reise überstanden haben, sofern und solange sie nach dem Ermessen des beamteten Arztes Träger des Ansteckungsstoffs und insbe—⸗ sondere noch mit Läusen behaftet sind.
Die übrigen Schiffsinsassen können nach dem Ermessen des beamteten Arztes einer Entlausung und einer Beobachtung bis zur Dauer von drei Wochen, von der letzten Ansteckungsgelegenheit an gerechnet, unterworfen werden; eine wiederholte Entlausung sowie eine Absonderung kann bei ansteckungsherdächtigen Per⸗ sonen stattfinden, die mit einer an Fleckfieher erkrankten oder ver⸗ storbenen, zuvor noch nicht wirksam entlausten Person in Be⸗ rührung gekommen sind.
ö der ,, kann das Anlandgehen der Schiffsbesatzung verhindert werden, soweit es nicht zum Zwecke der Abmusterung geschieht oder aus Gründen des Schiffsdienstes notwendig ist.
Den Reisenden ist, soweit sie nicht nach Abs. J oder 2 abaeson⸗ bert werden, die Fortsetzung ihrer Reise zu gestatten, jedoch hat, soweit der beamtete Arzt ihre fernere Beobachtung für not wendig erachtet, die Hafenbehbörde der ohersten Landesmedizinal: behörde und der Polizeibehörde, welche für das nächste Reiseziel zuständig sind, die bevorstehende Ankunft jeder der Beobachtung unterliegenden Person unverzüglich mitzuteilen.
Bei abagemusterten Personen der Schiffsbesatzung und sonstigen Schiffsinsassen ist wie bei Reisenden zu verfahren.
Die Schiffsräumlichkeiten, in denen die Kranken und die sonst als Träger des Ansteckungsstoffs erachteten Personen sich befunden haben, sowie ihre Bett⸗ und Leibwäsche, die Kleidungsstücke sowie andere Gegenstände, auf die Läuse von dem ranken berge oangen sein können, sind zu entlausen. Dasselbe hat mit den übrigen Schiffs rãumlichkeiten und Gegenständen zu geschehen, die verlaust
nd. ñ An Bord befindsiche Teicken von Fleckfieherkranken sind unter ben erforderlichen Vorsichtsmaßregeln alsbald zu beftatten.
II. en gent , m, Seeschiffe in den dentschen Säfen.
Am § 1 Abs. 8 wird im letzten Sake das Wort „Fleckfieber“ hestrichen.
Der 8 85 lautet:
8s 83 Fleckfteber (fFlecktyphns). ⸗
Bei Fleckfieber tritt an Stelle der Desinfektion die Ent lausung. Diese ist nach Maßgabe der vom Reichs vat unter dem Sz. Februar 1920 beschlossenen MAnweisung zur Entlausung bei Fieclfieber· vorgunehmen. Ihr Wortlaut ist in der Anlage wieder- gegeben.
Anlage . Der Worklaut der Anlage entspricht dem der vorftehend als Anlage 1 abgedruckten gleichen Anweisung.
Gmerttmmnnagen nber die wechselfeittge Benachrichtianng der Militär⸗ und Polizeibehörden siber das Auftreten übertrag⸗ barer Krankheiten.
III.
Die Bestimmungen siber die wechselseitige Benachrichtigung der Militsr, und Poligeibeßßrden siber das Auftreten übertragbarer Krankheiten vom 23. Februar 1911 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 68) erhalten folgenden Wortlaut:
A. Mitteilungen der Pystzefkeßörden an vie Militär⸗ behörden. 1. Zur Mitteilung der in ihrem Verwaltungs hezirke. dar; kommenben Erkrankungen an die Militärbehörden sind verpflichtet dies von den Landesregierungen zu bezeichnenden Be⸗ hörden oder Beamten der Garnisonorte und derjen gen Orte, welche im Umkreis von 20 Kilometern von Gar⸗ nisonorten oder im Gelände für militärische Uebungen legen sind. 2. 7. . haben 6 nach erlangter Kenntnis erfolgen und sich zu erstrecken au 3. w *. en , an Aussatz, Chole va, Fleckfieber. Gelb⸗ «fieber, Pest, Pocken und Unterleibsthphus sowie jeden all, wescher den Verdacht einer dieser Kvankheiten er— wecki, ferner jede Erkrankung an übertragbarer Genick . (Meningitis eerebrospinalis) oder an Rückfall⸗ eber, edes gehäufte (epidemische) Nuftreten der sibertraaharen 1 1 , der Diphtherie, des Scharlachs sowie jedes neue ,, , 2 Massenerkrankungen an der özrnerkrankheit (Trachom). mr den weiteren Verlauf der nhbertragbaren uhr (Dysenterie! sind wöchentliche Zaßlenübersichten der neu fest. gestellten Erkrankungs⸗ und Todes fälle einzusenden. Ferner ist eine Mitteilung zu machen, sohald Diphtherie. Scharlach sowie Körnerkrankheit (Trachom) erloschen sind oder nur noch vereinzelt auftreten. . Jeder Mitteilung über die unter a) bezeichneten Krankheiten sind Andaben über die Gebände und die Wohnungen, in welchen die Erkrankungen oder der Verdacht aufgetreten sind, beizufügen. 3. Die Mitteilungen sind zu richten für Garnisonorte und für die in ihrem Umkreis von 20 Kilometern gelegenen Orte an den Kommandanten oder, wo ein solcher nicht vorhanden ist, an den Garnisonältesten, für Orte im militärischen Uebungsgelände an das Wehr⸗ kreis kommando.
B. Mitteilungen der Misstärbehßrden an die Polizei⸗ behörden.
1. Zur Mitteilung der in ißrem Dienstbereiche vorkommenden Erkrankungen an die Volizeibehörden sind verpflichtet die Com mandanten ober, wo solche nicht vorhanden sind, die Garnison⸗ ältesten der Garnisonorte, ferner die Kommandobehörden der im Uebungsaelände sich befindenden Trunyenteile. ;
2 Die Mitteilungen haben alsbald nach erlangter Kenntnis
a) jebe Erkrankung an Aussatz, Cholera, Fleckfleber. Gelb-⸗ fieber, Pest, Pocken und Unterleibstyphus sowie jeden en. welcher den Verdacht einer dieser Krankheiten er⸗ weckt, ferner jede Erkrankung an übertragbarer Genick ⸗ starre (Meningitis cerebrospinalis) oder an Rückfall⸗ fieber, . ;
b) jedes gehäufte (epidemische) Auftreten der übertragbaren Ruhr (Dysenterie), der Diphtherie, des Scharlachs und der Körnerkrankheit (Trachom).
Ueber den weiteren Verlauf der übertragbaren Ruhr
(Dhysenterie) sind wöchentlich Zahlenübersichten der neu festgestell⸗
ten Erkrankungs⸗ und Todesfälle einzusenden. Auch ist eine Mit⸗
teilung zu machen, sobald Diphtherie, Scharlach sowie Körner⸗ kvankheit (Trachom) erloschen sind oder nur noch vereinzelt auf⸗ treten.
Jeder Mitteilung über die unter a) bezeichneten Krankheiten
sind Angaben über das Militärgebäude oder die Wohnungen, in
welchen die Erkvankungen oder der Verdacht aufgetreten sind, bei⸗
zufügen. .
3. Die Mitteilungen sind an die für den Aufenthaltsort des
Erkrankten zuständige, von den Landesregierungen zu bezeichnende
Behörde zu richten.
4. Von dem Ausbruch und dem späteren Verlaufe der unter
2a bezeichneten gemeingefährlichen Krankheiten (Aussatz, Cholera,
Fleckfieber, Gelbfieber, Pest, Pocken) ist das Reichsgesundheitsamt
sofort auf kürzestem Wege zu benachrichtigen.
. C. Maßnahmen in besonderen Fällen.
Den Landeszentralbehörden oder den von diesen bestimmten
Behörden bleibt vorbehalten,
a) allgemein oder für einzelne Orte weitergehende Vor- schriften zu erlassen,
b) bei ftarker Häufung der unter A 2a und B Za bezeichneten Erkvankungen für die davon betroffenen Orte bie Form des Nachrichtenaustausches zu vereinfachen, besonders an Stelle schriftlicher Mitteilung des einzelnen Falles das
— — —
m. / —
5
Auflegen von Listen zur Einsichtnahme oder mündlichen
Austausch der Nachrichten zur bestimmten Stunde an ver⸗
einbartem Orte zu gestatten. Berlin, den 24. Februar 1920.
Der Reichsminister des Innern.
Koch.
;
NAichtamkliches.
(Fortsetzung aus dem Hauphblalt.)
den tsche Nationalversamwmlung in Berlin. 147. Sitzung vom 3. März 1920. Nachtrag.
Bei der Beratung der Anträge der Abgg. Frau Agnes (U. Scz) und Genossen auf Außer kra ö 145 setzung der Verordnungen des Reichspräfi⸗ ] denten vom 11. Januar und 13. Januar, betreffend die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in den Regierungs⸗ bezirken Düsseldorf, Arnsberg, Münster und Minden nötigen Maßnahmen, sowie der Verordnung des Reichspräsidenten vom 13. Januar, betreffend die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Reichsgebiete mit Ausnahme von Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden nötigen Maßnahmen, hat ; . Reichsjustizminister Schiffer folgende Erklärung abge⸗ eben: . ; Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Cohn bat seine verfassungsrechtlichen Bedenken selbst als Zwirnsfäden bezeichnet und damit wobl zum Augtruck gebracht, daß er ihnen eine große Haltbarkeit selbst nicht zutraut. (Sehr richtigt⸗ Ich kann diesen Bedenken aber nicht einmal die Existenzberechtigung von Zwirnsfäden beimessen. Denn seine Auffassung vom Inbalt der Verfassung und insbesondere des Art. K, auf den es ankommt, ist unrichtig. Sie steht nicht im Einklang mit dem Wortlaut und Sinn dieser Bestim⸗ mung und steht geratezu im Widerspruch zu ihrer Entstehungsgeschichte. Artikel 4 sagt in seinem Absatz? in seinem ersten Satz unzweideutig und klar:
Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reich die öffentliche
Sicherbeit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die
zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
nötigen Maßnahmen treffen. Irgendeine Einschränkung bezüglich dieser Maßnahmen ist nicht vor—⸗ gesehen. Es können also Maßnahmen aller Art sein, Maßnahmen der Gesetzgebung oder Maßnahmen der Verwaltung oder auch rein tatsächliche Mafmahmen und Vorkehrungen.
Nur eine begriffliche Schranke liegt allerdings vor. Es können Maßnahmen nicht in Frage kommen, die die Verfassung selbst be—⸗ treffen. Es ist undenkbar, daß auf Grund dieser Bestimmung der Reichspräsident die Verfassung außer Kraft setzen, beseitigen könnte, die die Grundlage der Bestimmung selbst und die Grundlage seiner eigenen Machtvollkommenheit ist. Wollte man ihn in die Lage ver⸗ setzen, durch seine Maßnahmen auch auf das Gebiet der Verfassung hinüberzugreifen, dann bedürfte es noch einer besenderen Anordnung, und dieje ist im jwweiten Satz ausgesprochen, wo es beißt:
Zu diesem Zweck — nämlich zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit — darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, U5, 117, 1s, 125, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen. Dieser zweite Satz ist also nicht etwa, wie man dem Vortrage des Herrn Dr. Cohn entnehmen konnte, eine Einschränkung für die An wendung des ersten Sotzes, die Maßnahmen zur Wiexderherstellung der ösfentlichen Sicherheit und Ordnung, sondern eine Erweiterung. Das ist die Auslegung, die sich bei unvoreingenommener Betrachtung des Gesetzes eigeben muß.
5
man nur die Entstehungsgeschichte des Art. 48 zu verfolgen, auf die sich Herr Dr. Cohn selbst berufen hat, um zu sehen, daß auch nicht anders der Sinn war, den die Nationalversammlung selbst dem Art. 48 beigelegt sehen wollie. Der Berichterstatter des Hauseg. der Herr Abgeordnete Dr. von Delbrück, hat in seiner Eigenschaft als Berichterstatter über den Art. 48 in der Sitzung vom 4. Juli 1919 ganz ausdrücklich von dem Reichspräsidenten gesagt:
Er kann also alle erforderlichen Maßnahmen treffen, er ist auch
in der Loge, Rechtsverordnungen zu erlassen, soweit sie notwendig
zu erfolgen und sich zu erstrecken auf
sind, bis das Nähere durch das Reichsgesetz bestimmt wird, dat
Sollte man jedoch darüber noch im Zweifel sein, dann brauchte
bann in der Lage ist. für diese Maßnahmen bestimmte Normen und Schranken aufzustellen. Er ist auf Grund dieser BVestimmung insbesondere auch berechtigt zum Erlaß von Strafvorschriften sowie zur Einsetzung außerordentlicher Kriegsgerichte und was dergleichen mehr ist.
Der Berichterstatter Herr Abgeordneter von Delbrück bat ferner in der nächsten Sitzung am 5. Juli 1919 sich über denselben Gegenstand
noch einmal ausgesprocken und sich wiederum in demselben Sinne geäußert. Er hat gesagt, nach dem klaren Wortlaut des Art. 49
sei die Rechislage folgende:
Der Reichepräsident hat das Recht, im deutschen Reichsgebiet, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordung erheblich gestört und gefährdet wird, mit Hilfe der bewaffneten Macht einzuschreiten und die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlichen Maßregeln zu treffen. Er kann ferner eine Reihe von Grundrechten — und zwar würde ich auch dafür sein, daß der Art. 150 darunter bleiht — außer Kraft setzen. Solange nun ein Reichszesetz nicht ergangen ist, ist diese Befugnis des Reichspräsidenten eine unbe⸗ schränkte, und es ergibt sich daraus, daß bis dieses Reichsgesetz ergangen ist, der Reichspräsident in der Loge ist, alle zur Durch—⸗ führung dieser seiner Befugnisse erforderlichen Maßnahmen zu treffen, daß er insbesondere auch befugt sein würde zum Erlaß von Rechtsvorschriften, zum Erlaß von Strafvorschriften sowie zur Ein- setzung außerordentlicher Kriegsgerichte. Ich möchte diese Inter⸗ pretation hier noch einmal ausdräöcklich feststellen. Sie ist bei dem Aufbau des Artikels nach meiner Ansicht gat nicht zu bezweifeln.
Auch der Abgeordnete Herr Graf zu Dohna hat in derselben Sitzung, als er sich mit dem Herrn AMögeordneten von Delbrück aus—⸗ einandersetzte, sich über diesen Punkt übereinstimmend geäußert, indem er erklärte:
Bis dahin bin auch ich der Meinung, daß der Reichspräsident, da er das Recht hat, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, auch Bestimmungen über die Ordnung des Verfahrens vor außerordent⸗ lichen Kriegsgerichten erlassen kann.
Der (letzte Zeuge aber, der für diese Auslegung spricht, und den ich vielleicht als den klassischen Zeugen ansprechen könnte, ist der Herr Abgeordnete Dr. Cohn selbst. Eebhafte Rufe: Hört, hört! und
; Heiterkeit bei den Mehrheitsparteien Er hat nämlich in seinem
Kampf gegen diesen Art. 48, den er beseitigt haben wollte, eine
möglichst extensive Schilderung seines Inhaltg gegeben. Er hat gesagt:
Jet aber wollen Sie nach Art. 49 dem Reichqpräsidenten die allgemeine Vollmacht geben, die zur Wiederherstellung der öffent- lichen Sicherheit und Ordnung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Auch prater legem, sogar gegen das bestehende Gesetz darf dana der Reicheprãsident
(bört, bört! bei den Mebhrbheitsparteien) oder der Reichefommissar oder der Befehlshaber, dem er die Weder berstellung der Sicherheit und Drdamng übert nagt, seine Maßnabmen treffen. (Cebbhafke Rufe: Hört, hört! bei den Mehrheitwarteien) Wenn . B. irgendein Militärbefeblshaber auf den Gedanken komm daß auch für den Bürgerkrieg oder für die Wiederberstellung der Ordnung und Sicherheit der Hindenburgsche Ausspruch richtig fei, daß der arausamste Krieg der kürzeste sei, so kann der Misi tärbefeblg. baber die Anwendung von aiftigen Gasen bei der Beschießung von Städten vorschreiben und durchführen. (Erneute lebhafte Rufe: Hört! hört bei den Mehrhei fwartelen) Also meine Damen und Herren, niemand anders als der Herr Abgeordnetn Cobn bat das anschaulichste Bild don der unumschränkten Be fugniů des Reichspräsidenten gegeben, die ihm durch diesen Art 48 zuge- wiesen ist. Gr hat damit selbst gezeigt, wie grenzenlos die Macht ist. die in die Hand des Reichtwräsidenten gelegt ist, und selbst den Beweis geführt., daß jedenfalls kraft des Gesetzes irgendelne Schranke in der Beeinflussung der Gesetzgebung durch den Neichepräsidenten nickt vor- banden ift. (3Zurufe bei den Mehrheitewarteien.)
Nun hat der Hert Abgeordnete Cohn mit dieser Schisderum und mit einigen Zusätzen, die er gemacht hat, allerd nes noch eim andere Wirkung erzielen wollen, die vielleicht nicht anz ohne Be⸗ deutung für die Auslegung der Verfassungebestimmung ist. Er hat eigen wollen, wie bedenklich es sei, von seiten der Regierung dem Herrn Reichcpräsidenten eine so weitgehende Vollmacht zu erteilen. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, daß die Vollmacht, die hien erteilt wird, weit hinausgehe über die Befugnis, die nach dem Gesetz von 1851 und die sogar in der vormärzlichen Zeit der Regierung zu= gestanden hätte. Man kann daraus — und das liegt vielleicht auch im Sinne des Herrn Abgeordneten Cohn — den Schluß ziehen es sei wider die Natur der Dinge, daß ein Parlament sich seiner Rechte soweit entäußert, und aus diesem Grunde sei eine einschränkende Auslegung von vornherein geboten, weil man annehmen müsse, daß das Parlament nicht so weit gehen wolle, sich seiner Rechte zugunsten der Regierung so weitgehend zu entäußern. Dieser Schluß mag bei anderen Regierungsformen berechtigt sein, bei der demokratischen Re. gierungsform ist dieser Schluß nicht berechtigt (sehr richtig! bei den
Deutschen Demokraten), denn hier ist gar kein Bedenken dagegen (eebhafte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten), der Regierung alle diejenigen Gewalten ju geben, die irgendwie notwendig sind. um die Staatszwecke durchzuführen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten) In anderen Regierunge formen mag man von natiür⸗ lichem Mißtrauen des Parlaments gegenüber der Regierung sprechen. In anderen Regierungsformen besteht eben ein natürlicher Gegen · satz zwischen den verschiedenen Faktoren der Gesetzgebung, und der eine mag mit Recht den anderen so kurz halten und ihm so enge Schranken ziehen, wie es nur möglich ist. In der Demokratie hingegen besteht grundsätzlich eine Uebereinstimmung wwischen der leitenden Mehrheit des Parlaments und der Regierung. (Sehr richtigl bei den Deutschen Demokraten) Und diese leitende Mehrheit ist deshalb berechtigt und verpflichtet, der Regierung alle diejenigen Machtmittel in die Hände zu geben, die sie anzuwenden für notwendig erachtet: denn ihr Wille ist es, der sich vollzieht, und sie hat die Verantwortung für das, waz die Regierung tut. (Zustimmung bei den Mehrheitsparteien Deshalb kann die Regierung nicht nun stark sein in der Demokratie, sondern sie muß stark sein. Tebhafter Beifall bei den Mehrheitsparteien Sie ist allerdings dann nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, von den Machtmitteln. die ihr in die Hand gegeben sind, für die Zwecke Gebrauch zu machen, fün die sie bestimmt sind. Sobald die Voraussetzungen für die weit.
reichende Befugnis der Regierung gegeben sind ist die Regierung
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