1920 / 62 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Mar 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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nommen wurde. Er ist an die Spitze des Wir schafteministeriums gest-llt worden. Damit, glaube ich, ist der Beweis erbracht, was binter den Bestrebungen der Realtionäre zu suchen ist. Es sind denn auch allerlei Verdächligungen und Angriffe gegen die Regierung gerichtet, in talelnder Weise davon gesprochen wor en, daß sie eigentlich zu früh von Berlin weggegangen sen, sie hätte ruhig dableiben und mit den Aufrührern sich auseinandersetzen Jollen. Meine Damen und Herren, ich brauche bier wohl taum Worte der Widerlegung zu sprechen. (Sehr richtig!) Gerade der Ersolg unserer Taktik schlägt ja jeden Einwand nieder. (Sehr richtig!! Es hätte den Staatsstreichlern nichts Besseres vassieren können, als daß wir in die Falle gegangen und uns in ihren Ge— wahrsam begeben hätten. (Sehr richtig) Dann wäre das Land ein— seitig informiert und von Berlin auß belogen worden, es hätte die Führung gesehlt, und vielleicht hätte man uns ja auch mit dem Revo ver auf der Brust zu einer Rücktrittserkläcung ge wungen.

Solcher Situation durften wir uns im Interesse des Landes nicht aus setzen, und es kam darauf an, die Regierung zusammenzu— balten, die Freiheit ihrer Entschließung sicherzustellen, damit sie das Land zum Wirerstand gegen diesen Staatsstreich aufrufen fonnte. (Sehr richtig! Wag hat die Regierung getan? Sie hat die Re— gierungen der Länder, sie hat das Volk informiert und den Widerstand gegen den Staatsstréich organisiert, sie hat die Reichswehr ig den verschiedensten Bezirken, die auch nicht recht wußte, wohin sie follte, in der Hand behalten und damit weiteres Unglück verhütet. Wie die Verschwörung angezettelt war, dafür nur noch ein Beispiel. Die Admirale und Offiziere der Marinestation der No dsee haben sofor in nem langen Telegramm der neuen Regierung ihre Ergeben heit und ihre Treue versichert. Von diesem Telegramm bekamen die Tecko fiziere und Mannschaften Kenntnis, sie rebellierten, setzten ihre Offiziere sest und erllärten, daß sie hinter der rechtmäßigen Re, ierung und der Verfassung ständen und mit jedem Offizier schnell fertig werden würden, der ihnen k Handlungen zumuten würde. (Bravoh Das ganze Volt erhob sich, es stellte sich hinter die Regierung, rief allgemein nach Waffen zum Kampfe gegen die deutich-naktionale Reattion, gegen die ostelbischen Junker und gegen die Offizierskaste, die uns in diese schwierige Situation hineingebracht haben.

Meine Damen und Herten! Wer steht denn hinter dem Putsch? Die Alldeut chen, die ehemaligen Vaterlandeparteiler, ein Teil der Deut chnationalen und deren Presse (lehr richtig!), Herr Oberst Bauer und General Ludendorff. (Hört! hört) General Ludendorff war iner der ersten, der in voller Unlform nach der Besetzung der Reichskanzlei in dieser erschten (hört! hört ), und es ist sogar ge— lungen, diese Situation im Bilde festzuhalten. (Sehr gut!) Est sind dieselben Krelse, die die Schuld am Kriege tragen; es sind dieselben Kreise, die die Schuld dasür tragen, daß wir diesen Krieg in dieser elenden Art verloren haben 7 richtig! sehr wahr h, daß wir nicht früher zu einem verständigen Frieden gekommen sind, bevor die wirtschaftlich' und moral esche Krast des Volkes zerbrochen und vernichtet war. (Sehr wahr!)

Meine Damen und Herren! Wie ist es nun heute, fünf Tage nach dem Staatsstreich? Kapp und Lüttwitz sind verschwunden, die meuternde Marinedivision auf dem Rückzug aus Berlin, Sieg der Demokratie auf der ganzen Linie! (Bravo.) Auf die Trümmer, die der Militärputsch zurückläßt, komme ich später, aber etwas für alle it Bedeutsames haben wir erlebt und alle zusammen bewirkt. Der

eweis ist gesührt, daß sich gegen den Willen des deutschen Volkes keine Militärherrschaft mehr in der deutschen Republit halten kann. (Bravo.) daß ihr ganzer Gewaltapparat zerschellen muß an unserem Willen, der duich und durch demofratisch ist. (Sehr richtig! Von dieser Stelle aus spreche ich den Helfern und Mitstreitern in diesem Kampfe den unvergänglichen Dank des Vaterlandes auß. (Bravo) ie

ben alle Teil an dem raschen Erfolg, de eidestreuen Beamten und die Truppen und Truppenführer, die jede Mitwirkung bei der Meuterei weit von sich wiesen, die Parteien, die sich mit aller Macht für die Verfassung einsetzten, das Bürgertum, das sich nicht von Sentimentalitäten und fen,, rn, Propagandamätzchen irreführen ließ, und vor allem ie deutsche Arbeiterschaft (sebr wahr , ohne deren ent— schlossenen Kampfes oillen wir alle ohn lig gewesen waren. Jede Aner⸗ kennung, jeder Dank den deutschen Arbeitern, an deren entschlossenem Widerstand das militärische Abenteuer zerschellen mußte. (Sehr wahr h Wir wissen heute, daß eine einige Arbeiterschast alles vermag, wenn sie vom Willen des ganzen Volkeg getragen ist. (Sehr richtig) Ich kann unsern Dan an die deutschen Arbeiter nicht besser abstatten, als indem ich mein felsenfestes Vertrauen autzspreche, daß sie sich wie in den Dienst der Demokratie nun in den Dienst des Wiederaufbaues * . Arbelt, der Erstarkung unseres Wirtschafttzlebens stellen

ravo!

Denn über unseren Sieg zu jubeln, haben wir keine Zeit und keine Ursache. (Sehr richtig) Das Verbrechen der Kapp und Genossen bat uns um Mongte, wenn nicht um Jahre lsehr richtig!) in der Arbeit um die Erneuerung Deutschlands zurückgeworfen. (Sehr richtig) Was waren, wat find seine Folgen? In Schleswig haben wir verhütet, daß die Abstimmung durch den Militärputsch gestört wurde. Erst im Laufe des Wahltages wurde die Nachricht bekannt, Die Empörung war ungemein. Deutsche, die sich nit eine, Schleife in den Landesfarben geschmückt hatten, rissen sie herunter. aber fast jeder hatte schon seine Pflicht gegen das alte Vaterland erfüllt. Meine Damen und Herren! Unser Gruß, unser herzlichster Glückwunsch gilt dem deutschen bedroht gewẽ fenen und wieder⸗

wonnenen Flenzburg, gilt der weiten Jone, an deren Bekenntnis zum Hen rn, auch der verbohrteste Gegner nicht drehen und niht deuteln kann. In Schlesien und in Ostyreußen hberrschen noch die Helfershelfer der Kapp und Lüttwitz. Auch ihre m wird nur noch nach Lagen rechnen. Der Süden und der Westen, weite Teile Mitteldeutschlands und die , ,. haben immer treu zur Volksregierung . Aber das GSelbstverständliche, was jeder politisch Geschulte sehen mußte, ist eingetreten: Der Nationalistenaufstand hat die extreme Gegenbewegung wachgerufen, die kommunistische Welle, die wir so lange in ernster schwerer Zeit gebannt hatten, ist wieder im Steigen riffen. * zahlreichen en kommt wieder der Ruf nach der fktatur des Proletarialtz. Da und dort ist es schon zu blutigen sammenstößen, zu Straßenkämpfen, zum Handstreich auf öffentliche ebäude gekommen.

Während der Putschismus von rechts zerschlagen abtreten muß, erhebt der Putschismus von links aus neue das Haupt und fordert seine Opfer. Neue Störungen des Wirtschaftsprozesses drohen, neue Kämpfe, die im eigenen Fleisch und Blut wüten, neue Vemmungen für den Aufstieg aus der Vernichtung von Krieg und Frledensschluß. Wir werden, das geloben wir, fortfahren, jede Gewalttat vom Leben unseres Gesamtvolkes abzuwehren. (Bravo) Wir fechten nicht ein⸗ seilig und parteiisch nach rechts oder links, wir führen die Waffen gegen jeden Putsch, jeden Anschlag auf die Demokratie. (Bravo h Aber esns stelle ich vor aller Welt fest: Za welchen Zusammen— siößen es noch kommen mag, jeder Tropfen Blut, der dabei fließtt jedes Opfer auf beiden Wird kommt einzig und allein 26 die Häupter der Kapp und Lättwitz (sehr richtig und ihrer deutschnationalen. Helferghelser, deren Namen in Gegen wart und Zukunft mit Fluch und Abscheu genannt werden werden. (Lebhafte Zustimmung.)

Meine Damen und Herren! Auch für die äußere Politik war der mißgluückte Staatsstreich von der verhängnisvollsten Bedeutung. Wer hat Zutrauen zu einem Staat, der von den schwersten inneren Kämpfen Jerriffen wird? Wer gewährt Anleihen, wer kreditiert Rohstoffe, wer gewährt Nachlas der drückenden Lasten, wenn er siehl, daß das betreffende Land vom Bürgerkrieg geschüttelt und durch innere Kämpfe wir ischaftlich völlig gelähmt wird? (Sehr richtig.) Grin nern Sie sich der unendlich mühevollen Arbeit, die wir langsam und mübselig getan haben, um eine andere Atmosphäre für die Ver⸗ handlungen mit der Entente zu schaffen! Erinnern Sie sich der seise keimenden Einsicht sowohl in London als auch in Paris, daß

es Deutschland gegenüber jweierlei Politik gäbe: entweder Vernichtung und damit Verzicht auf jede Wiedergutmachung oder Bethilie zur Erneuerung der deutschen Arbeits sähigkeit und damit Sichecung der Forderungen aus dem Friedensvertrag! Erinnern Sie sich unserer rastlosen Bemühungen, den Beweis zu führen, daß wir den Versailler Vertrag bis an die Grenze unjerer Leistungsfähigkeit loyal ausführen wollen! Und jetzt? Jetzt heißt es in vielem neu anfangen, zerrissene „äden neu spianen, Ver— trauen neu gewinnen. Verjögerungen in Leistung und Verhandlung wieder einzuholen, die uns das nationalistische Abenteuer gebracht hat. Aber eines muß ich in diesem Augenblick, wo wir unser Verhältnis zu den Alliierten wieder neu gestalten müssen, offen aussprechen: Die Militaristen und Nationalisten hätten nicht einmal 5 Tage sich halten können, ja, sie hätten den Zulauf aus unpolitischen, aber der chauvi⸗ nistischen Phrase zugänglichen Kreisen nicht haben können, wenn der Vertrag von Versailles von einem anderen Geist beseelt gewesen wäre, (sehr richtig! sehr wahr) wenn uns die Entente nicht bis weit in die Wurzeln unserer Lebensfähigkeit getroffen hätte! (Leb— haftes Sehr richtig) Es war keine Phrase und kein Täuschungs— manöver, daß wir immer und immer wieder wlederholten: Es ist die größte Gefahr für die deutsche Republik, die deutsche Demo⸗ kratle, wenn unaufhörlich unerfüllbare Forderungen von außen her an sie gestellt und immer wieder das Volksempfinden aufgestachelt und dadurch Wasser auf die Mählen der Nationalisten geleitet wird. (Lebhafte Zustimmung.) Hier ist die Probe auf das Exempel, der Beweis für die Wahrheit unserer Warnungen: Auf der Grund— lage der Knebelungen der äußeren Politik nur konnte diese Kapp'sche Giftpflanze der inneren Politik a (Mehifaches Sehr richtig!) Aber auch den anderen Beweis müssen die Herren Staatsmänner der Entente uns als erbracht anerkennen: Die Demokratie in Deutschland ist die einzige tatsächliche Macht in diesem Land und ich glaube, daß selbst Demokraten in anderen Ländern mit bewunderndem Neid ge⸗ sehen haben, wie wir mit unseren Milttaristen, unseren Nationalisten fertig zu werden vermögen. (Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren! Nationalversammlung und Regie⸗ rung haben in treuer Kameradschaft den Putsch überwunden; nun heint es zusammen die Aufgaben anfassen, die aus dem am Volk verübten Verbrechen uns erwachsen, die Lehren zu beherzigen, die daraus zu ziehen find. Wir werden sobald wie möglich nach Berlin übersiedeln. Von heute ab hat der stellvertretende Kanzler die Regierungsgeschäfte über nommen. Unsere erste Aufgabe wird sein, die letzten Säulen der Auf⸗ tühier in Pommern, Schlesien und Osipreußen zu sturzen.

Strengstes Gericht erwartet alle diese Reichsverderber (Beifall), die die Partei und manchmal nur die Kaste und den Klüngel über das Vaterland gestellt haben. (Sehr wahr!) Insbesondere wird die Rolle zu prüfen sein, die der Pommersche Landbund hei der Meuterei gesplelt hat. Um solchen feudalen Hochverrätern die Freude am Putsch ein für allemal auszutreiben, wird die Reichsregierung den gesetzlichen Bestimmungen gemäß das Vermögen jener Leute beschlag⸗ nahmen und diesem hohen Hause mit größter Beschleunigung ein Gesetz vorlegen, das wesentliche Verschärsungen der Strafen für hoch- vercäterische Handlungen insofern enthält, als vor allem völlige Vermögentzlonfislation zugunsten des Reiches eintritt. Hand in Hand mit diesen Vorsichtzmaßregeln muß eine gründliche Säuberung der Reichswehr gehen! (Sehr gut . Eine Truppe, die Politik macht oder n der Führer ihre Machtstellung zugunsten ein⸗ zelner Parteien miß rauchen, ist die größte Gesahr und lann iedes staatliche Leben jeden Augenblick aufs neue in Frage stellen. (-Sehr richtig ) Die Mannschafien dürfen auch im Falle Lütiwitz als mißbraucht und irre⸗ geleltet gelten. Sonst aber wird die Gerechtigkeit, die das Volk von uns verlangt und ohne die jedes NRechtgempfinden tödlich verletzt werden würde, die genaueste Untersuchung an lellen müssen zwischen Verfühlern einerseits und Versührten andererseitc, (Sehr gut h Wer Schuld trägt an dieser lebensgefäbrlichen Erschütterung unseres Staatswesens darf der Sühne nicht entgehen! (Sehr wahr Ich bliebe keinen Augenblick mehr auf diesem Posten, wenn nicht auch hier oder gerade hier, wo Verbrechen ohnegleichen begangen worden sind, mit der größten Strenge des Gesetzes vorgegangen werden würde. (Lebhafter Beifall.)

Meine Damen und Herren, die Staatssstreichler in Berlin haben versucht, die öffentliche Meinung irrezufüähren, und allerlei Legenden verbreitet über Verhandlungen, die zwischen der Reichsregierung und ihnen stattfinden. Es ist ja schon mehrfach öffentlich erklärt, 1 alle diese Behauptungen unzutreffend sind. Ich möchte aber auch an dieser Stelle ausdrücklich erklären, daß die Reichsregierung nie, in keinem Augenblick, geneigt gewesen ist, in Verhandlungen mit den Kapp und Genossen einzutreten. (Lebhafter Beifall Wir haben ständig jede Verhandlung abgelehnt und bedingungslose Kapitulation derlangt. (Lebhafter Beifall Wir wußten, daß unsere. Position stark genug ist, und daß wir es nicht nötig haben, mit diesen Hoch- derrätern in Verhandlungen einzutreten. (Beifall. Es haben auch keine Vereinbarungen stattgefunden, wie in einer letzten amtlichen Meldung aus Berlin gemeldet wird. Auch der Minister Schiffer er= flärte ausdrücklich: Der bewaffnete Aufstand ist zusammengebrochen. Der verfassungsmäßige Zustand ist wieder hergestellt. Bedingungslos hat Herr Kapp der von ihm angemaßte Amt des Reichskanzlers aufgegeben. Die Reichsregierung ist in vollem Besitz ihrer vom Volke bestimmten Rechte. Also ausdrücklich wird erklärt, daß Herr Kapp bedingungslos seine angemaßten Rechte aufgegeben hat, und damit fallen alle anderen Behauptungen in sich zusammen.

Meine Damen und Herren! Um diese Liqudierungsmaßnahmen durchzuführen, werden wir noch gewaltige Arbeit zu leisten haben Aber darüber hinaus erwartet uns alle die Arbeit des Wiederauf baug. Die Abwehr künstiger Bedrohungen, von welcher Seite sie auch kommen mögen, ist, darüber werden wir uns einig sein, nicht wichtiger als die produktive Arbeit, alles wieder in Gang zu bringen, politisch und wirtschaftlich uns wieder kreditfähig zu machen, alle die Pflichten aufs neue zu ersüllen, von denen uns sast eine Woche lang der verbrecherische Wahnsinn weniger abgehalten hat.

Meine Damen und Herren, hier stehen wir auf uraltem, deut- schem Kulturboden, inmitten einer reichstreuen Bevölkerung, wie zwischen zwei Schlachten: Der Putsch ist besiegt, morgen beginnt der neue, unaushörliche Kampf um Erneuerung und Erstarkung unseres Volkes und unseret Staates. Wir danken den schwäbischen Stammesbrudern für ihre Gastfreundschaft (Beifall, die uns diese Beratung ermöglicht bat. (Rufe: Bravo ). Die Stutt⸗ arter Tagung der Nationalversammlung wird in der Ge⸗ chichte weiterleben, als die Bekrästigung, als Der erneute gemeinsame Schwur auf die Weimarer Verfassung. (Bei⸗ fall.. Von hier aus geht es nach diesen Stunden ernstester Be ratung und Sammlung wieder hinaus auf das stürmische Meer der großen Politit. Mit dem Dank an die württembergische Reg erung und das württeinbergische Volk wollen wir den Wahlspruch mit binaus nehmen, der seit alters ber im schwäbischen Wappen steyt, wir wollen ihn zur Depise und zur Richtschnur unserer Eatschließungen und Handlungen machen, er soll für immer über der Reichépolitit stehen und von der . der Reichsregierung zeugen, der Wahl⸗ spruch: Furchtloz und treu. (Lebhafter sich wiederholender Beifall.)

Abg. Scheidem ann (Soz.): Wer Augen und Ohren hatte, mußte herannahen sehen, was wir jetzt alle mit Abscheu und Em- pörung gesehen haben. Immer frecher erhebt sich upt der Reaktton. (Zustimmung bei der Mehrheit.) Dieselben Kreise, die ung ins Elend des Krieges getrieben haben, haben auch diese ver⸗ brecherische Revolution angejettelt. Ich nenne nur Kapp, Bauer, Ludendorff und Jagow, der seine eigene Mahnung „Ich warne Neu gierige nicht befolgt hat. (Lebhafter Beifall.) Ich muß aber in aller Oeffentlichkeit feststellen, daß bei dieser Revolution nur Leute der Rechten beteiligt waren, daß die tschnationale Voltspartei und die Deutsche Volkspartei kein Wort der Verurteilung dafur gefunden haben, ja sogar der Regierung Kapp treue Mitarbeit zugesichert haben. Ich glaube, mit diefer Parole werden wir die kommende Wahlschlacht glänzend gewinnen. Eg gibt keine Worte, um die Gewissenlosigkeit und das verbrecherische Treiben dieser Bande zu brandmarken

lstürmische Zustimmung bei der Mehrheit), dieser Kaste, die es ver= standen hat, die Soldaten durch Lug und Trug zum Eidbruch zu bewegen. Als unsere politische Lage wieder aufwärts ging, warfen uns diese gewissenlolen Patrioten“ die Brandfackel ins Land. Eine Tat, durch die die Einheit des Deutschen Reiches aufs äußerste ge—⸗ fährdet werden konnte. (Beifall.) Wenn die Regierung nur ein Wort der Verhandlung mit der Regierung Kapp geführt hätte, so würden wir heute der Kegierung ein Mißtrauensvotum ausstellen. (Stürmischer Beifall Wir müssen all denen dankbar sein, die in diesen schweren Tagen binter der alten Regierung gestanden haben, ganz besonders den Beamten und der Arbeiterschaft, die sich sofort zu gemeinsamem Kampfe zusammenfand für das, was sie gemeinsam errungen hatte. Wir verlangen Entlassung aller Offiziere, die nicht treu zur Republik standen, Entlassung der Truppen, die gemeutert haben. Wir verlangen ferner Auslese unter der Beamtenschaft, strengste Bestrafung der Verbrecher in Uniform und Zivil, Kon⸗ fiskation des gesamten Vermögens derer, die dieses Verbrechen ange—⸗ zettelt haben und Bestrafung im denkbar schnellsten Verfahren. g lebe die Republik, deren Grundmauer die Demokratie ist, die uns auch zum Sozialismus führen soll. (Lebhafter wiederholter Beifall, Kundgebung bei der Mehrheit.)

Abg. Burlage (Sentr.). In die Frühlingshoffnung der Wiederaufrichtung des deutschen Volkes hinein fuhr die Freveltat. Eine aufrührerische Truppe hat sich der Hauptstadt bemächiigt. Ein meineidiger General an der Spitze und ein Mann namens Kapp unseligen Angedenkens nannte sich Reichskanzler. Milde ist gegenüber diesen Verführern nicht am Platze. Wir stehen jetzt vor einer neuen Zeit, die nicht vorübergehen darf, ohne daß dem deutschen Volt Gelegenheit zur Meinungsäußerung ge— eben wird. Die Wahlen müssen bald ausgeschrieben werden. (Ju= ö im Zentrum.) Von einem abgepreßten Zugeständnis zu reden, ist durchaus unzutreffend. (Sehr richtig! bei der Mehrheit.) Von einem Beschluß unsererseits den Reichspräsidenten wählen zu lassen, kann keine Rede sein. Wir stehen nach wie vor auf dem Boden der Verfafsung. Der Ruf, ausschließlich Fachminister an die Spitze zu stellen, ist unvereinbar mit dem parlamentarischen Sysfem. (Beifall links. Die Zwangswirtschaft gegenwärtig mit einem Schlage aufzuheben, wäre, wahnsinnig. n Vor den Neuwahlen sind noch wichtige gesetzgeberische Aufgaben abzuschließen. Das Beamtenbesoldungsgesetz muß in Angriff ge⸗ nommen werden. Gegebenenfalls müssen den Beamten Vorschüͤsse gezahlt werden. Die Zeitungsnotiz, daß ich mich von Kapp-Lütiwitz als Unterhäudler verwenden ließe, weise ich zurück. Das Ostelbiertum, wie es uns in diesen Tagen in der abschreckendsten Form entgegen⸗ getreten ist, ist uns widerwärtig (Beifall.“ Wir hoffen, daß die Rheinlande uns treu bleiben und wieder in erneuter Einmütig⸗ . bei der Wiederaufrichtung des ganzen Deutschland mitarbeiten werden.

Abg. von Payer (Dem ):; Erledigt ist der Putsch, erledigt sind auch seine Urheber, aber nicht erledigt sind die unübersehbaren . dieser Tat. (Lebhafte Zustimmung.) An den Wurzeln der

eichseinheit wird gerüttelt, und Jahrzehnte wird es dauern, bis das in Süddeutschland unter dem Eindruck der letzten Tage üppig empor⸗ geschossen· Mißtrauen gegen Berlin wieder ausgerottet sein wird. Wir billigen es durchaus, daß die, Regierung sich nicht auf den Weg der Verhandlungen mit den Aufrührern hat drängen 1. Das wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen und hätte nur Ver⸗ wirrung hervorrufen können. (Lebhafte Zustimmung.) Noch sind wir über die neue , nicht genügend unterrichtet. Aber eins können wir schon jetzt mit Bestimmtheit sagen: Nach rechts wird sich die Politik unserer Fraktion unter keinen Umständen orientieren. Wir erwarten, daß die Gerechtigkeit gegen die Urheber und Mit. helfer des Putsches nne id und schonungslos ihren Lauf nehme. Vor einer Woche haben sich die Mehrheits⸗ parteien aus sachlichen Gründen für die Wahlen im Herbst ein 3 Dlese Gründe bleiben beftehen. In der Frage der Hräsidentenwahl haben wir in unserer Fraktion nie daran gedacht, die Verfassung zu ändern, ehe sie in dieser Richtung ins Heben ge⸗ treten ist. Auch wir treten dafür eln, daß den Beamten Vorschüsse gezahlt werden, wenn die Besoldungsvorlage nicht vor dem 1. April derabschiedet werden kann. In der Frage der Fachminister hat unsere Fraktion sich selbst bemüht, Fachmaͤnner für die Ministerien zu gewinnen. Ich glaube bestimmt, daß die Entwicklung von Handel und Industrie von ht in der . der Fachminister gehen wird. bg. Kraut (Dnat.) stellte unter höhnischen Zurusen der Mehr⸗ heit fest, daß es der Mehrzahl seiner Fraktionsfreunde nicht möglich gewesen sei, nach Stuttgart zu kommen, Er wies darauf hin, daß niemals eine Revolution vor sich gehen könne, wenn nicht eine Schuld der Regierung vorliege. Hätte die Regierung nicht die Wahlen immer weiter hinausgeschoben, so wäre die Stimmung in der Be⸗ völkerung nicht so erregt . en, Als der Redner davon sprach, daß die Nutznießer der Revolution vom 9g. November kein Recht häften, sich zu beschweren, ertönten stürmische Pfuirufe, die in eine allgemeine große Unruhe übergingen, in der die weiteren Ausführungen des Vorredners sich verloren.

Der württembergische Minister Heymann verteidigte die Zenstermaßnahmen der Regierung.

Reichs minister Koch erklärte, daß er von dem Abg. Kraut erwartet hätte, auch er die Meuterer verurteile. Die Abrechnung mit den persönlichen Freunden Krauts werde er auf Berlin verschieben.

Abg. Dr. Becker⸗Hessen, der als einziger Vertreter der Deutschen Volkspartei in Stuttgart anwesend war, erklärte, daß die Regierung aus dem Putsch lernen solle, streng bei der Verfassung zu bleiben und Fachminister zu berufen. Was Kapp und Genossen taten, habe auch Scheidemann gemacht. Aber die Sozialdemokraten beurteilten eine Revolution nach dem Erfolge.

Abg. Henke (N. Soz.) erklärte die Regierung für mitschuldig an den Vorgängen.

Der Abg. Dr. Hein (bayr. Volksp.) verurteilte jeden Versuch einer gewaltsamen Verfassungsänderung und bekämpfte den uferlosen NUnitarismus.

Abg. Eisen berger (bayr. Bauernbd.) erklärte sich ebenfalls als Gegner aller Bestrebungen, die auf einen Sturz der ver fassungs⸗ mäßigen Regierung hinauslaufen.

Der Deutsch⸗Hannoveraner Langwest brachte gleichfalls zum Ausdruck, daß seine Partei fest zur Verfassung stehe.

n einem Schlußwort stellte der Präsident Fehrenbach die einmütige Verurteilung des Putsches durch alle Parteien fest Er drückte den Angehörigen der Toten sein herzlichstes Beileid aus und schloß mit einem Appell zur Rücklehr an die gemeinsame Arbeit, die allein das deutsche Volk wieder vor⸗ wärts bringen könne. Der Präsident erbat und erhlelt die Ermächtigung zur Anberaumung der nächsten Sitzung, die voraussichtlich in Berlin stattfinden wird. Schluß gegen 9 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Die für Mittwoch anberaumte Sitzung der deutschen Nationalversamm lung ist, wie „W. T. B.“ meldet, nach einem Beschluß des Aelte stenausschuffes auf Donnergtag⸗ nachmittag angesetzt worden.

Fweite Beilage

zum Dentschen Neichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

AM 62.

Nichtamtliches.

. (Fortsetzung aus der Ersten Beilage.) Ge fund heitẽmesen, Tiertrantheiten and bfsnerrungs⸗ mat regeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Nach den „Veröffentlichungen des n dnn, Nr. 10 vom 10. März 1920.) Pocken.

Deutsches Reich. In der Woche vom 29. Februar bis 6. März wurden 838 Erkrankungen gemeldet, und zwar in Dragelu⸗ katz (Kreis Schönlanse, Reg. Bez. Schneidemühl), Berlin und Stolpm nde (reis Stosp, Reg. Bez. Köslin] je 1; außer em wurde der Ausbruch der Pocken in Elberfeld (Reg. Bej. Düssel. dorf) festgestellt. .

Nachträglich wurden noch mitgeteilt für die Woche vom 15. bis 21. Februar 2 Erkrankungen in Horndarf (Kreis Oschersieben, Reg. Bez. Magdeburg); vom 22 bis 28. Februar 23 Eckrankungen, namlich in Elbing 4, in Lärchwalde (Kreis Elbing, Reg.-Bez. Königsberg), Hordel (Kreis Bochum,, Marten, Frohlinde je l, in Castrop, Lütgendortmund (Kreis Dortmund) je 2, in Wunscheid, Eppendorf, Wattenscheid, Wanne je l, in Gicke!l (Kreis Gelsenkirchen) 3, in Bredenscheid, Altendorf (Kreis Hattingen) je 1 und in Oberberge (Kreis Meschede, Reg. Bez. Arnsberg) 2.

Oesterreich. In der Woche vom 15. bis 21. Februar 2 Er⸗ krankungen, und zwar in Niederösterreich Wien und Steiermark je 1.

Tschechoslowakei. Zufolge einer Mitteilung vom 11. Fe—⸗ bruar wurden in der abgelausenen Woche in Ostschlesien in den Bezirken Teichen und Freistadt etwa 199 und in Ostrau 5 neue Pockenfälle festgestellt. Fach einer weiteren Mitteilung herrschten die Pocken am 20. Februar in folgenden Orten: Oderberg, Pudlau, Steinau, Lonkau, Ober-, Mittel.! und Unter-Suchau, Beibersdorf,

Uatertierlickk Domae lowitz. Velöce, Mijtrowitz, Michalkowitz, Vestopse, Herrmannitz, Radwanitz, Hruschau, Muglinau und Bartelsdorf.

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In Mähren wurden vom 1. bis 7. Februar 27 Pockensälle ermittelt, und zwar in Landshut (Bez. Göding), Brüsny (Bez. Holleschau) je 1. in Ieslowitz 2, in Raigern 1, in Mährisch⸗Ostrau 4, in Privoz?, in Witkowitz. Hohensiadt, Engelswald (Bez. Neutitschein), Saar (Bez. Neustadt), Nebotin (Bez. Olmütz je 1; in Wuscke (Bez. Walachisch⸗Meseritsch 7, in Brünn und Iglau je 2; vem 8. bis 14. Februar 13 Fälle, nämlich in Qber-Lapatsch (Bez. Holleschau) 4, in Martenberg 1, in Mährisch. Ostrau 3, in Zabreh Bez. Mährisch⸗Oflrau), Schwaretsch (Bez. Neustadt), Tischnowitz, rebitsch und Pcust (Bez. Wischau) je J.

Fleckfieber.

Deutsches Reich. In der Woche rom 29. Februar bis tz. März wurde unter der Zivilbevölkerung 1 Exlrankung in Hohen⸗ stein (Kreis Osterode J. Ostyr,, Reg. Bez. Allenstein) angezeigt, außerdem 1 Erkrankung bei einem deutschen Soldaten in Hamburg.

Oesterreich. In der Woche vom 15. bis 21. Februar 2 Er⸗ krankungen in Wien.

Ungarn. In der Zeit vom 2. bis 8. Februar keine Erkrankung, bom 9. bis 15. Februar 3 Erkrankungen, und zwar in der Stadt Miskolez sowie in den Komitaten Bor sod und Zemplen jel.

Tschechoslowatei. In Mähren wurden vom 8. bis 14. Februar 2 Erkrankungen festgestellt, und zwar in Le ipnik bet einem Soldaten und in Ober ⸗Betschwa (Ber. Groß Meserisch) je 1.

Genickstarre.

Preußen. In der Woche vom 22. bis 28. Februar wurden 6 Eikrarkungen (und 2 Lodesfälle) gemeldet in folgenden Regie⸗ rungsbezirken lund ed eng Landes polizeibezirk Berlin? Berlin Stadt Reg.-Bez. Breslau 2 Breslau Stadt!, Ds na br ück 11) 1Jburgs, Pots dam 1 (1) Brandenburg]; nachträglich für die Woche vom 8. bis 14. Februar: Pors dam 1 (1) 1Potg« dam = h), Teltow 1, Wie sb aden 1 (1) 1 Wiesbaden Stadt].

chweiz. In der Woche vom 8. bis 14. Februar je 1 Er— krankung in Bafel und im Fanten Schwiz; vom 16. bis 21. Fe⸗ bruar 1 im Kanton Bern. Ruhr.

PHreußen. In der Woche vom 22, bis 28. Februar wurden 18 Erkrankungen (und 1 Todesfall) angezeigt in folgenden Regie rung sbezrrken fund Kreisens: Landezbolizeibellr Berit nz Berlin Stadt], Leg. Bez. Arnsberg 2 (Dortmund Stadt, Witten e 1j, Cassel 1“ Gelnhausen!. Sg nnover 2 1Hannoper Stadt], üneburg 2 Lüneburg Land, Magdeburg 1 1Wanzleben), Marienwerder 2 Marienburg Minden J Bielefeld Stadt]), Po rsdam 1 Templin], Schleswig 1 1Süderdith—⸗ marschenl, Schneidem übl 2. [Schlochau, Stade (1) KHadeln,, Wiesbaden 1 sFrankfurt a. M; nachträglich für die Woche dom 1. bis 7. Februar: Köoblenj 2 Ahrweiler, Simmern je I; vom 8. big 14. Februar: Pots dam 1 () IZauch-Belzig!; vom 15. bis 21. Februar: Düssseldorf 3 [Barmen 2, Dutt burg 11. Schneidemühr 1“ 1Deutsch Krone, Wiesbaden! Wies baben Stadt].

Verichtedene Krantheiten tn der Woche vom 22. bis 23. Februar 1920.

Pocken: London 1, Prag und Vororte 2 Todesfälle; Varizellen: Wien 33 Erkrankungen; Fleckf ieh er; Sudapest, Wien je 1 Toxesfall. Prag und. Vororte 2, Wien 1 Erkrankungen; Rotz: Reg.-Bez. Schneidemühl, Trier je J Todesfall und je 1 Ei⸗ krankung; Tollwut: Reg. Bez. Stettin 4 Erkrankungen; Biß verletzungen durch tollwut verdächtige Tiere: Reg. Bezirke Breglau 3, Koblenz (Vorweche) 1; In—= fluenza: Altona 52. Berlin 143, Beuthen J. Oberschl. 9, Braunschweig 16, Breslau 118, Drerben 80, Görlitz 20, Halle g; S. 31, Hamhurg 226, Mainz 2, Offen bech 5, Regensbumg 3, Rüstringen s. Worins 3, Reg.⸗Bejirke Arnsberg E65. Keblenj ö 1, Düsselkorf (Vorm eche) 37, Magdeburg 5, Merse⸗ urg 41, Potsdam 1990 (8. biz 14. Febrnar 5. Vorwoche 3), Stettin ?“, Nürnberg tz, Amjiterdam 8, Birmingham 18, Bristol, Bubapest je 1, Edinburg 3, Kopenhagen 357, Liverpocl 15, London 37, Prag und Pororte 8, Wien 81 Todesfälle, Reg.“ Bezike Breslau 618 (Brezlau Stadt 276), Koblenz 1. bis 7: Februar 14. Vorwoche 38. Düsseldorf (Vorwoche) Z068, Gum— binnen, 56. Magdeburg 21, Merseburg 1232, Hotszam 17 J. bls 14. Februar 13. Vorwoche 173), Nürnberg 357, Dessen 83, Kopen⸗ bagen S368, Stockhoim 3 Erkigukungen; Geniscstarre: Heffen 1 Teo des fall, 6 mederländische Orte A4. bis 21. Tebruar) je 1ẽ 6r⸗ krankung; spinale Kinderlähmung: Kopenhcden 1 Er— franlung; Ruhr: Wien 8 Todesfälle. Budapest 7, Prag und Vororte 6, Wien 10 Erkrankungen; Ecker *r ee rh nr , . lothargicæa?: Neg.. Bej. Meiseburg 2, Hissen

Todetfall, Reg. Bej. Merseburg 38, Hessen 3 Erkrankungen;

Berlin, Mittwoch, den 24. März

2. ——

Malaria: Wien 6 Erkrankungen; Krätze: Kopenhagen 107, niederländische Orte (I5. bis 21. Februar) Haag hh, Rotterdam 22 Grkrankungen; Nahrungsmittelvergiftung : Reg. ⸗Be⸗ zirke Düsieldorf (Vorwoche) , Potébam (8. bis 14. Februar) 3 (Fische) Todesfälle, Düsseldorf (Vorwoche) 18, Potsdam (8. bis 14. Februar) 3 (Fische) Erkrankungen. Mehr als esin Zebnte! aller Gestorbenen ist an Keuchhusten gestorben in Berlin⸗Lichtenberg Erkrankungen wurden gemeldet in Kopenhagen 29. Ferner wurden Erkrankungen festgestellt an Scharlach in Berlin 29, Hamburg 24, Amsterdam 23, Kopen bagen 53, Rotterdam (15. bis 21. Februar) 34, Wien 22; an Masern und Röteln in Lübeck 22. Hamburg 46, Christiania 26, Kopenhagen 236, Prag und Vororte tz; an Diphtherie und Krupp im Landespoltzeibezirke Berlin 124 (Berlin Stadt 81), in Breslau 22, im Reg.⸗Bez. Potsdam (8. bis 14. Februar) 105, in , 356, Amsterdam 24, Budapest 22, Topenhagen 70, Stock. jolm 53, Wien 32; an Typhus im Reg.-Bez. Arnsberg 24.

Nachwelisung über den Stanb von Viehseuchen in Oesterreich am 3. März 1920.

(Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.)

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, Gemeinden (Gehöfte): Rotz 3 (3), Maul- und Klauenseuche 180 (935), Räude der Einhufer 468 (1152), Schweinepest (Schweineseuche) 46 (91), Rotlauf der Schweine 11 (12).

Außerdem Lungenseucke des Rinddiehs im Sperrgebiet Nr. 12 in 4 Gemeinden, 5 Gehösten. .

Pockenseuche der Schafe und Beschälseuche der Zuchtpferde sind nicht aufgetreten.

Wien, 11. März. (W. T. B.) Nach amtlicher Statistik betrug die Zahl der Sterbefälle im Janugr in Wien 352; dies ist absolut wie relativ die höchste Sterblichkeit, die seit Jabr⸗ zehnten im Januar beobachtet worden ist. Die meisten Todesfälle entfallen auf Tuberkulose. Der „Arbeiterzeltung“ zufolge wurden im Februar 1894 Geburten und 4020 Todesfälle in Wien gemeldet.

Theater und Mnsik.

Konzerte.

Im VIII. Eymphoniekonzert der Kapelle der Staat o per ließ Dr. Richard Strauß Spohrs Ouvertüre zu „Jessonda⸗ . Beethovens zweite Symphonie in. D-dur (op. 38) und die Symphonie Fantastique“ von H. Berlioz erklingen. Ein besonderer Genuß war es, nech langer Zeit die Wundeiklänge Berliozscher Schwarmgeisterei in der geistvollen Ausdeutung von Richard Strauß von diesem unvergleichlichen Orchester zu hören. Der Ein⸗ druck war tiefgehend und nachhaltig. Auch die Neubelebung der Musik des in den letzten Jahren allzusehr vernachlässigten Spohr war eine dankenswerte künstlerische Tat. Im 9. volkstümlichen Symphontekonzert des Deutschen Opernhaus Orchesters führte Rudolf Krasselt Mozarts Dedur- Symphonie und ebenfalls ein Werk von Berlioz, drei Stücke auß „Fausts Verdammung“ vor. Er zeigte, daß er sich mit liebe⸗ voller Hingabe in die Sillarten dieser beiden Meister versenkt hatte. Die Uraufführung einer Dupertüre „Meerfahrt“ von Hans Thier⸗ felder erfreute fich eines schönen Erfolges. Ihre dichterische Idee ähnelt derienigen von Mendelssohns Ouvertüre Meeresstille und glückliche Fahrt“, der Komponist ist aber mit Glück . sich musikalisch von Mendel tjohn ungbhängig zu halten. as Werk weist im ersten Teil und in der Durchführung recht beachtenswerte Momente von zum Teil herber, aber prägnanter Prägung auf; der Schlußteil geht allerdings dann zu ersichtlsch auf die äußere Wirkung aus. Otto Enke aus Dortmund spielte Mozarts B-dur-Klavier- Tonzert mit schönem Anschlag und natürllcher Empfindung und erwies sich hierdurch als ein gediegener Musiker. Ein Klavier solo, Hausmärchen“, ab. 36, von Joseph Haas verlor sich allzusehr in dem großen Raum. Arnsld Ebel zigte sich in sejnem zweiten Konzert mit dem Philharmonischen Orchester im Beethovensaar wiederum als ein feinfühliger Musiker und gutbeschlagener Dirigent, der sich zwar äußerlich ruhig gibt, den Kern der Sache aber jederzeit wirksam herauszuschälen mei. Eine interessante Gabe brachte er mit der Manustript Uraufführung des symphonischen Vorspiels zu „Tantris der Narr? von G. E. Taubeit. Ohne daß man den In— halt des Schauspfels kennt, läßt die charaktervolle Musik erkennen, daß der Komponist hier stark drain atische Vorgänge schildert und, wie Beethoven in der großen Leonoren Ouvertüre, in nue die Stimmungen des ganzen Dramas wiedergibt. Dle Erfindung ist edel und vornehm, die Themen sind prägnant und anschaulich, die Verarbeitung äußerst wirtsam. Daß der allgemein vererrte 83 jährige Meister über ein srisches und farbiges Oichesterkolorit verfügt, um das ihn mancher jüngere Tonsetzer beneiden kann, läßt immer wieder staunen. Das werivolle Werk hatte einen großen Erfolg. Zwei Balladen „Die junge Königin? und „Der Landéknecht‘ von Arnold Ebel sind mit Klabierbegleitung berells 18 wirtsoule Gesänge belannt, das ihnen aunmehr angepaßte farbige Orchestergewand stebt ihnen eben⸗

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falls gut an. Kauffmann (Bariton) sangen sie geschmackvoll und wurden leb

Minna Ebel⸗Wilde (Sopran) und Fritz

haft gefeiert. Liszts Dante⸗Symphonie beschloß den Abend. Im letzten Ssmphonie⸗ Konzert des Blüthner⸗ Orchesters, unter Paul Scheinpflugs Leitung, war für den erkrankten Pianisten Emil von Sauer iin letzten Aagenblick Lilly von Kowascz eingesprungen, die mit wohligem Auschlag Ungarische Rhapsodien von Liszt spielte. Rhythmisches Gefühl und ein feiner Spürsinn für Gegenjätze machen bei flässiger Technik die Haupteigenschaften ihres glänzenden Spiels aus. Scheinpflua bot zwei neue Orchesterstücke von Heinz Tiessen: ‚Liebesgesang“, stark Wagnerisch, und ein Rondo, das glatt und formickön aufgebaut, zu den besten Werken von Tiessen gehört. Den Schluß bildete die Symphonie Nr. 4 in FE-moll von Tschaikewsky, jenes melodisch⸗quellende, reiche und reife Werk des polnischen Tondichters, über das er sich in so ausgiebiger Form an Frau von Meck aus läßt, im großen und ganzen verständig wiebergegeben. Der Bund Berliner Männerchöre veranstaltete in der Tochschule für Mustk ein Konzert mit dem Blüthner⸗ Orche ste r. Der Dirigent Konrad Korth hatte für den ersten Teil reine Instrumentalmusik ausgewählt und zeigte sich in Lortzings Duvertüre zu, Undine“, Schuberts H-moll-Spmphenie, Wagners Vor⸗ spiel zu „Lohengrin“ und Karl Kämpfs Suite „Aus haltischen Landen“ als ein recht begabter Oschesterdirigent, der bei öfterer Betäliaung sicherlich noch Gutes leisten wird. Der Männerchor in Stärke von ungefähr 400 Sängern zeigte sich in a cappella-Chören von Petschke, Sonnet und W. Sturm um Besitz eines gusen Materials und tüchtiger Schulung, so daß es ein Vergnügen war, seinen exatten Leistungen zu= zuhören. Ein größer angelegtes Wert in volkstümlichem Charafter: „Die Kreuzfahrt! von R. Wiesner für Männerchor und Orchester, wurde zum Schluß mit schönem Gelingen dargeboten und brachte den Ausfüh⸗ renden einen bemerkenswerten Erfolg. Der Saal war ausverkauft. Im Blüthnersaal konzertierte der Geiger Hans Butze“ Hasse. Sein Ton ist, wenn auch nicht groß, geschmeidig und edel, aber die starke Individualität und die großzügige Technik, die daju gehören, das Brahmskonzert wiederzugeben, fehlen ihm doch noch. An der Spitze des ihn begleitenden Blüthner-Orchesters stand Prof. Karl Panzner, der alißerdem die 4. Symphonie von Beethoven in unvergleichlicher, fortreißender Schönheit zur Geltung brachte. Drei große Klavierkonzerte und zwei Solovorträge bildeten das Pro- gramm des spielfreudigen Adolf Watermann, der mit dem Dhilbarmonischen Orchester in der Singakademie einen Konzertabend gab. Es war ein Ehrentag für den Konzertgeber, der sich von der besten Seite zeigte und an Aus auer und technischer Bravour geradezu Bewunderungswürdiges zeigte. Die drei Konzerte sind seltene Gäste im Konzertsaal, das B-moll-Konzert Water manns gewinnt hei näherer Betanntschaft nicht, einzig das Scherzo

mit seiner voltotünlichen Thematik, hat. Burchschlagskraft. Ernest Schellings phantastische Suite fär Klavier und

Orchester wurde vor ungesähr 15 Jahren auf einem Musikfest des Allgemeinen deutschen Musilpereins in München vom Komponisten mit Eifelg gespielt. Damals interessierte besonders die an Nigger⸗ tänze erinnernde merkwürdige Rhythmik des gutinstrumentierten Werkes, inzwischen hat die Ueberflutung Europas mit derartigen amerikanischen Onesteps, Twosteps usw. uns den Geschmack an dieser Musik gründlich verleidet. Das B-dur-Konzert von Sergei v. Bort⸗ kiewiez ist sehr wirkungsvoll und gibt dem Solisten einen vracht⸗ vollen Klapiersatz, in der Erfindung ünd Rerorbeitung ist es aber zu stark von Tschaikowsky beeinflußt. Mehr Energie und Farbe hätte man dem Klapierspiel von Franz Schütze im Klindworth⸗ Scharwenka-⸗Saal wünschen mögen. Weder die „Waldstein« Sonate“ von Beethoven noch die „‚Papillons“ von Schumann boten ein charakteristisches vollwertiges Bild ihrer Schöpfer. Die junge Klavierspielerin Susanne Kiß, die sich in demselben Saale hören ließ, ist nicht unbegabt, sie brachte sich aber durch ihr Getue und geziertes Spiel um jeden Erfolg, so daß die Zuhörer bald in Scharen fortgingen. Für die Zukunft muß sie entweder eine radikale Aenderung in dieser Hinsicht vornehmen oder sich unsichtbar binter einem Vorhang oder Wandschirm hören lassen. Ein Konzert von Max Menge, dem trefflichen Geiger, im Bechsteinsaal lenkte durch die Vorführung seltener gespielter Merke älterer Meister, wie Chabran, Rust, Mossi, Partini und Loegtelli die Aufmer l samkeit auf sich. Mit guter Technik und klarem Stilgefühl wurde der Känstler seiner Auf⸗ gabe gerecht. Frau Edith Weiß⸗Mann, die ihn am Klavier be gleitete, zeigte sich als gediegene Pianistin und Kammermusikspielerin. Lola Artst de Padilla erwies sich in ihrem Konzert im Beethovensaal wiederum als eine wirkliche Meistersängerin, vor deren tadellosen Leistungen jede Kritit verstummen kann. So war es eine Freude, Arien und Liedern von Mojart, Verdi, Corne- lius, Hugo Wolf und Richard Stöhr zu lauschen, wle sie mit innig ster Empfindung, anmutiger Natürlichteit und mühelosem Können von den Lippen der Sängerin erklangen. Von einigen neuen interessanten Liedern Richard Stöhrs waren „Wanderschwäne“ und Die süße Steben“ besonders bemerkenswert. Weniger für bas Konzerspodium als für die Bühne geeignet ist die kraftvolle, prächtige Tenorstimme des württembergischen und sächsischen Kammersängers Oskar Bolz, der im lüthnersaal konzertierte. Seine Sangesweise zeigt die übliche große Bühnen. manier, der die fein abschattierte Ausarbeitung für den intimen Raum des Konzerrsaals fehlt. Lebhaften Beifall erwecklen die „Glockenlieder“ Max von Schillings, bei denen kein Geringerer als der In= iendant von Schilltngs selbst den Sänger am Klavier unterstützte. Die Begleitung der übrigen Gesänge beforgte Felix Wolfes. Johanna Hehrend, die im Beethovensaale konzertierte, besitzt einen schönen, ausgiebigen hohen Sopran, den sie jedoch in der Höhe nicht überanstrengen sollte, weil er sonst leicht schrill klingt; auch müßte sie noch mehr Wert auf deutliche Aussprache legen. Außer Liedern von Schumann und Brahms standen die wirksamen Gesänge mit Triobegleitung (op. 67) von Julius Weismann und drei monotone und recht gesucht anmutende chinesische Gesänge von Walter Braunfels auf dem Programm: Un ertig waren die gesang⸗ lichen Darbietungen von Frmgard Heinrich und Emma Lambeck, die im Meister⸗ Saal Lieder und Duette sangen. Besonders bei der erstgenannten Dame übertrug sich die Zaghaftigkeit im Ausdruck auf die Tongebung, die dadurch unsicher und schwankend wurde. Ihre Gesangsgenossin beherrschte ihr angenehm klingendes Organ schon weit besser. In demselhen Saal gaben die Sängerin Marianne Fournier und die begabte Geigerin Jenny Schmerzler gemeinsam ein Konzert. Erstere hat einen sympathischen Mezzo⸗ sopran, der aber nicht frei genug ausftrönt. Einige, von ihr zum erftenmal gesungene Lieder von Hermann zoreazen, Richard Altmann und Leo Lewy sind, wenn sie auch keine besonders nachhaltigen Ein⸗ drücke zu erwecken vermochten, gut gelungen. Einen neuzeitlichen lyrischen Liederabend gab der Sanger Ozkgr Consge im Bechsteinsaal. Sein umfangreicher, edel klingender Bariton spricht in allen Lagen gleichmäßig gut an. Er hatte sich Richard Trunk, dessen Lieder er sang zum Begleiter am Klavier erwählt. Das tiefe mustkalische Gefühl und das fort- reißende Temperament der beiden Künstler drückten ihren Dar. bietungen den Stempel echter Kunst auf. Auch die Lieder von Kowalsky, die auf der Vortragsfolge neben denen Trunks standen, gefielen ,, In der Singakademie brachte sich die symnpathische —è . Margarete Schlenzka angenehm in Erinnerung. Sie

efizt viel musikalisches Feingefühl und berhaiißss