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14 — 2. 1 . ; . . Auch in anderen Ländern wird die Notwendigkeit 6
durch eine verständige Preispolitik die landwirtschaftlich vom Auslande. In Frankreich verlangen die Landwirte die Freigabe des Brotgetreides, während die Regierung sich dieser Forde⸗ rung mit Rüchsicht auf die Verbraucher widersetzt. Um den Land⸗ wirten angemessene Preise gewähren zu können, hat sie bis zur Ver⸗ doppelung des Brotpreises am Anfang Februar b. J. sogar große
Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zur Verbilligung des inländischen!
Getreides aufgewendet. Für die kommende Ernte ist eine wesent⸗ liche Erhöhung des gegenwärtig 73 Franken für den Doppelzentner betragenden Weizenpreises in Aussicht genommen. In England hat die Regierung den Gedanken aufgenommen, schon jetzt für die Ernte der nächsten Jahre Mindestwreise zu gewährleisten, die auf Grund der Entwicklung der Produttzonskosten durch drei mit weit⸗ gehenden Untersuchungsbefugnissen ausgestattete Konnmnissare der in Vetralcht; kommenden Ministerien festgestellt werben sollen. Da scwohl England wie Frankreich und besondens auch Italien auf eine erhebliche Getreideeinfuhr angewiesen sind, so müssen diese Länder je nach dem günstigeren oder ungünstigeren Stand ihrer Valuta erhebliche Mittel für die Verbilligung des Auslandgetreibes an— wenden.
Gestatten Sie mir, anschließend einige nähere Mitteilungen über den augenblicklichen Stand unserer Versor⸗ gung mit den wichtigsten Nahrungsmittze!n.
Zunächst Brotgetreide! Das Ergebnis der amtlichen Schätzungen der Ernte 1919 an Brotgetreide stellte sich nach Abzug der Ernteerträge in den nach dem Friedensvertrag von Versailles ab— zutretenden Gebieten, aber unter Einschluß der Ernte in den Ab— stimmungsgebieten und im Saargebiet auf 7358 Millionen Tonnen. Demgegenüber ermittelte die Reichsgetreidestelle, nachdem sie zunächst einen Ernteerkrag von 9,5509 Millionen Tonnen angenommen hatte, nach ihren Unterlagen einen Ernteertrag von 8,377 Millionen Tonnen. 9-0 Millionen Tonnen. Hiernach ergab sich von vornherein, daß die einheimische Broötgetreideernte nicht ausreichte, um den Bedarf des ganzen Erntejahres zu decken, daß dazu vielmehr eine Menge von * bis 1 Million Tonnen Brotgetreide fehlten. Zu ihrer teilweisen Deckung sollte die Gerste, und zwar im Umfange von wenigstens 200 00 Tonnen als Brotstreckungsmittel herangezoagen werden. Die dann immer noch verbleibende Restfehlmenge konnte nur durch Aus— landszufuhren gedeckt werden. Die NReichsgetreidestelle beantragte daher die frühzeitige Sicherstellung erheblicher Auslandseinfuhren. Die im Auslande gekauften Getreidemengen wurden aber zunächst zu einer Verbesserung der allgemeinen Ration durch Sonderausgabe von so— genanntem Kochmehl verwendet, und zwar bis Ende des Kalender— jahres 1919. Alsdann stießen die weiteren Einkäufe von Auslands— getreide wegen der steigenden Verschlechterung unserer Valuta auf er— hebliche Schwierigkeiten und wurden wieder nach dem 1. April 1920 mit besonderem Nachdruck betrieben. In der Zeit dom 1. Januar bis 1. Juni sind im ganzen im Auslande gekauft worden rund 699 000 Tonnen, und zwar in der Hauptsache Weizen und Roggen, sowie Ge— treidemehle, daneben geringere Mengen Gerste, Mais und Hülsen⸗ früchte. Von diesen 609 000 Tonnen sind zurzeit ins Inland ab— gefertigt und größtenteils bereits verbraucht rund 307 430 Tonnen. In den Entlöschungshäfen Rotterdam, Antwerpen, Bremen, Ham—
burg sind angekommen oder in der Schweiz lagernd und im Umschlag
begriffen 76 567 Tonnen, seeschwimmend und in nächster Zeit im Entlöschungshafen erwartet 151 441 Tonnen. Juniabladung ab Ent— löschungshafen 105 234 Tonnen, Juniabladung ab Ausfuhrhafen rund 58 5h2 Tonnen.
Neben der Notwendigkeit einer starken Auslandseinsuhr ergab sich aber die weitere Notwendigkeit, die heimische Ernte möglichst vollständig zu erfassen. Die Erfahrungen der Vorjahre hatten ge— lehrt, daß die Ernte um so besser erfaßt wird, je schneller die Er—⸗ fassung erfolgt. Als ein besonders geignetes Mittel zu einer schnellen umd umfangreichen Erfassung der neuen Ernte hatte sich neben einer technischen Organi⸗
sation des Frühdrusches durch Sicherstellung der notwendigen Betrieboͤmittel, wie Benzol, Druschkohlen, Dreschmaschinen,
Bindegarn usw. die Gewährung der sogenannten Früäh⸗ druschprämien bewährt. Die Prämien bieten zunächst den Landwirten einen Ersatz für die mit dem Frühdrusch verbundenen Mehraufwendungen und wirken gleichzeitig als Anreiz, trotz wirt— schaftlicher Unzuträglichkeiten, das Getreide möglichst frühzeitig zu dreschen und abzuliefern. Mit Rücksicht hierauf hatte auch die Reichs⸗ getreidestelle im Vorjahr eine besondere Frühdruschaktion eingeleitet und die Gewährung von Frühdruschprämien beantragt. Ein dahin— gehender von Reichswirtschaftsministerium gestellter Antrag wurde jedoch vom tz. Ausschuß der Nationalversammlung abgelehnt, weil man neben der Erhöhung der Grundpreise einen weiteren An— reiz zur Ablieferung nicht mehr für notwendig hielt.
Wie verfehlt diese Annahme war, ergab sich sehr bald. Die An— lieferung von Brotgetreide und Gerste blieb so gering, daß die Reichsgetreidestelle schon beim Uebergang vom alten in das neue Erntejahr in die größten Schwierigkeiten geriet. Während in den Erntejahren 1917 und 1918 in der Zeit von Anfang Juli bis zum 15. August insgesamt 421 000 bzw. 415 000 Tonnen und in der Zeit bis zum 15. September 1 396009) Tonnen bzw. 1567 000 Tonnen Brotgetreide und Gerste neuer Ernte infolge der Zahlung von Frühdruschprämien zur Ablieferung gelangt waren, wurden im Erntejahr 1919 bis zum 15. August nur rund 28 000 Tonnen und bis zum 15. September nur rund 240 000 Tonnen Brotgetreide und Gerste neuer Ernte abgeliefert.
Unter dem Zwange dieser Verhältnisse wurden dann vom 1. September ab besondere Lieferungszuschläge eingeführt, und zwar für die Zeit bis zum 15. Oktober, die auch ihre Wirkung nicht ver— fehlten, wenngleich der Zeitraum zu kurz bemessen war, um das vor⸗ her Versäumte nachzuholen. Bis zum 15. Oktober 19186 stellte sich die Ablieferung an die Reichsgetreidestelle auf rund 924 000 Tonnen
Brotgetreide und Gerfte, während sie fich bis zum gleichen Zeitpunkt
des Jahres 1917 auf 1 800 000 Tonnen und im Ernteiahr 1918 auf 2233 000 Tonnen bezifferte Wenn auch bei einem Vergleich dieser Mengen die Verspätung der Ernte 1819 und die Ausfälle aus den Abtretungsgebieten mit in Rechnung zu stellen sind, so kann doch mit voller Sicherheit behauptet werden, daß die Einoi ne bis zum 16. Oktober 1919 wesentlich größer gewesen sein würden, wenn von
nor k anertannt, Erzeugung
zu steigern, und zwar mit dem Ziel der größeren Unabhängigkeit
für einen genügenden Ausgleich betrachteten, so daß auf den erhofflen
Der Bedarf betrug nach dem vorläufigen Wirtschaftsplan
vornherein mit einer Frühdruschprämie gearbeitet worden wäre.
Leider hat sich auch das was in den ersten zwei Monaten des Ernte⸗
jahres durch den Wegfall der Frühdruschprämie versäumt worden ist, sass Reichsgetreidestelle mußte mit ungenügenden Beständen in die Zeit der Herbstbestellung und Hackfruchternte, in der naturgemäß von der Landwirtschaft wenig gebroschen und abgeliefert wird, hineingehen und kam infolgedessen schon zu Beginn des neuen Kalenderjahres 1920 erneut in Schwierigkeiten. Die Lage gestaltete sich um so ernster, als die Bereitwilligkeit der Landwirtschaft zur Ablieferung nach allen aus dem Lande kommenden Nachrichten sehr stark abgenommen hatte, da die im Juli 1919 festgesetzten Höchstpreise den inzwischen dauernd und erheblich gestiegenen Produktionskosten und Preisen für Bedarfs— gegenstände der Landwirtschaft nicht mehr angepaßt waren. Es wurde zunächst durch die Verordnung vom 18. Dezember 1919 der Versuch gemacht, durch Einführung von steigenden Ablieferungs⸗ prämien für diejenigen Landwirte, welche einen bestimmten Prozent— satz ihres Ablieferungssolls erfüllt hatten, die Ablieferungsfreudigleit zu heben. Bei den Vorberhandlungen waren auch Vertreter der Land— wirtschaft hinzugezogen worden und hatten sich unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung ihrer Hauptforderung, daß die Grundpreise erhöht werben müßten, mit der Einführung des Prämiensystems als Not⸗ behelf einverstanden erklärt. Als aber die Verordnung vom 18. De⸗ zember 1919 durchgeführt werden sollte, zeigte es sich, daß infolge der beständig weiter gestiegenen Arbeitslöhne und sonstigen Produktions- kosten die Mehrheit der Landwirte die Ablieferungsprämie nicht mehr
durchschlagenden Erfolg der Ablieferungsprämie nicht mehr gerechnet werden konnte. Da auch die praktische Durchführung dieses Ver⸗ sahrens und des damit notwendigerweise verbundenen komplizierten Kontrollsystems auf technische Schwierigkeiten stieß, wurde das ganze Verfahren wesentlich dahin vereinfacht, daß es im Endeffekt einer Erhöhung der Grundpreise gleichkam. Dies hatte wenigstens den Erfolg, daß sich die Ablieferungen soweit verstärkten, daß ein sonst unvermeidlicher völliger Zusammenbruch der Brotversorgung ver⸗ mieden werden konnte, nachdem auch die Reichsgetreidestelle durch eine besondere Aktion der in weiten: Umfange bestehenden Druschkohlennot abgeholfen hatte.
Bis Ende Juni dieses Jahres sind an die Reichsgetreidestelle rund 1975 000 Tonnen Brotgetreide heimischer Ernte abgeliefert worden gegen 3430 000 Tonnen im Vorjahre. Der Unterschied in dem diesjährigen Erfassungsergebnis gegenüber dem des Vorjahres erscheint auf den ersten Blick so auffällig groß, daß er einer besonderen Erläuterung bedarf. Die im laufenden Wirtschaftsjahr vorgenommene Erhöhung der Selbstwersorgerratjon von 9 auf 12 kg im Monat hatte eine Minderung des Ablljeferungäsolls von rund 500 000 Tonnen zur Folge. Der hiernach noch verbleibende Restunterschied von sH0 000 Tonnen erklärt sich zum Teil aus dem auf die politischen Verhältnisse, das heißt in erster Linie auf Ausführung des Friedensvertrages zurück— zuführenden Ausfall der Anlieferungen aus den Abtretungs⸗ und Ab⸗ stimmungsgebieten einschließlich des Saargebiets. In der Hauptsache ist aber die geringere Erfassung in diesem Wirtschaftsjahr trotz der zweifellos besseren Ernte dadurch verursacht, daß in diesem Jahre von einer Frühdruschprämie abgesehen worden ist.
Infolge des Ausfalls der Frühdruschprämie ist die Reichsgetreide⸗ stelle in dem zu Ende gehenden Wirtschaftsjahr nie in die Lage ge⸗ kommen, sich genügend große Bestände anzusammeln, die ihr ein Wirtschaften von längerer Hand ermöglicht hätten, sondern sie hat sozusagen ständig von der Hand in den Mund leben müssen und ihren täglichen Bedarf schon seit längerer Zeit mehr oder weniger aus den täglichen Eingängen decken müssen. Das hat eine Herabsetzung der Ration und eine Heraufsetzung des Ausmahlungssatzes im Frühjahr 1920 notwendig gemacht. Gleichwohl ist die Lage der Reichsgetreide⸗ stelle nach wie wor äußerst schwierig geblieben und in den Sommer⸗ monaten jetzt gegen Ende des Erntejahres besonders kritisch geworden. Nachdem die Belieferung der Nährmittelbetriebe wegen ungenügende Bestände hat eingestellt werden müssen, beträgt der Tagesbedarf der Reichsgetreidestelle für die reine Browwersorgung rund 6000 Tonnen Getreide. Diese Menge erreichen aber die Inlandseingänge schon seit längerer Zeit nicht mehr, sondern sie sind allmählich auf 4000, dann auf 2⸗ bis 3000 und jetzt auf 1 bis 2000 Tonnen (Brotge kreide und Gerste) herabgesunken. (Hört! hört!! Selbstverständlich sind alle Maßnahmen ergriffen worden, um an einheimischem Getreide herauszuholen, was noch herauszuholen ist. Zu diesem Zwecke hat die Reichsgetreidestelle in diejenigen Kommunalverbände, welche be— sonders schlecht abgeliefert haben, sogenannte „Stoßtrupps“ von 20 bis 30 besonders ausgewählten Ueberwachungsbeamten gesandt mit dem Auftrage, den Kommunalverband auf noch vorhandene Bestände
schwiegene Vorräte ohne Entgelt, und ungedroschene ablieferungs⸗ pflichtige sofort ausdreschen und abliefern zu lassen. Diese Getreide⸗ nachschau wird mit allem Nachdruck durchgeführt. Zur Unterstützung der Beamten ist für den Notfall militärische Hilfe bereitgestellt. Viel⸗
Einverständnis der Reichsgetreidestelle auch Vertreter der Verbraucher, welche von den Gewersschaften usw. aus gewählt sind. (Hört, hört! rechts Außerdem hat die Reichsgetreidestelle auf Grund des 8 33 der Reichsgetreideordnung von den selbstwirtschaftenden Kommunal— verbänden die Ablieferung aller Vorräte an Brotgetreide verlangt, mit denen sie sich für Zwecke ihrer Selbstwirtschaft für die Zeit über den 15. Juni hinaus eingedeckt haben. Auf diese Weise ist es am besten möglich, die Kommunalverbände zu veranlassen, die in ihren BVeirken noch vorhandenen Reste an Getreide mäöglichst vollständig au erfassen, da dies in ihrem eigenen Interesse liegt, um ihren Eigen—⸗ bedarf bis zum Schluß des Wirtschaftsjahrs erneut sicherzustellen.
Alle diese Maßnahmen reichen aber nicht aus, um die Lage der Reichsgetreidestelle entscheidend zu verbessern. Es sind daher leider ernste Stockungen in der Brotversorgung im Westen und Süden Deutschlands nicht zu vermeiden gewesen, da die Getreideläger der großen Zuschußgebiete namentlich des Westens und
genügend wieder aufzufüllen. Infolgedessen haben zur Ergänzung der Brotlieferungen Streckmittel (Kartoffele, Mais, Hafer- und Hülsen— herangezogen werden müssen, was naturgemäß eine bedauerliche Verschlechterung
fruchtmehl, auch Haferflocken in großem Umfange
des Brotes zur Folge gehabt hat. (Zustimmung.)
im Laufe des ganzen Ernkejahres nicht wieder einholen lassen. Die
systematisch abzusuchen, gedroschene und ablieferungspflichtige Vorräte möglichst sofort wegzunehmen und abzutransportieren, und zwar ver⸗
fach beteiligen sich übrigens an der Nachschau auf Wunsch und mit
Sinens Deutschlands mehr oder weniger entblößt sind und es bei den schwachen Tageseingängen bisher nicht möglich gewesen ist, sie
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Um nun den auf dem Gebiete der Brotversorgung e kei n bereits
Schwierigkeilen nach Möglichkeit abzuhelfen, ist neben
erwähnten Maßnahmen zur möglichkst vollständigen Erfassung der Reste
der einheimischen alien Ernte unbedingt notwendig und geplant: einmal
landseinfuhr und zweitens möglichst frühzeitige Er⸗ fassung der neuen Ernte im Wege des organ sierten Frühdrusches.
Schon seit Monaten ist die Reichsgetreidestelle bemüht, die In⸗ landseingänge durch ausländische Tagesankünfte wenigstens so weit zu ergänzen, daß sie ihren Tagesbedarf laufend decken kann. Diese
aber zunächst an Schwierigkeilen gescheitert, die zu überwinden außerhalb des Machtbereichs der Reichsgetreidestelle lag. Hafenarbeiterstreiks im Auslande verzögerten die Verschiffung des gekauften Auclandgetreides. Als dann bereits nennenswerte Mengen in Rotterdam eingetroffen waren, war ihr Abtransport nach
dem Binnenlande infolge des viele Monate dauernden Streiks der holländischen Hasenarbeiter nicht möglich. Nachdem dieser Streik endlich beendet war und mit dem Abtransport des angekommenen Ausland⸗ getreides beziehung weise Mehles begonnen werden konnte, ergaben sich weilere Schwierigkeiten aus der von dem Streik zurückgebliebenen starken Arbeileunluft der holländischen Hafenarbeiter, die zu nächst nur einma ein Drittel der Friedensarbeit leisteten. Dazu kam die Verlängerung der Fahrtdauer auf dem Rhein und den anderen in Betracht kommenden Binnenschiffahrtsstraßen nach den deutschen Mühlen und anderen Lägern, die durch den Umstand bedingt wurden, daß der achtstündige Arbeitstag auch für die deutschen Binnenschiffer gilt und daß diese ferner jetzt die Arbeit vom Sonnabendmittag bis Montag früh zu unterbrechen pflegen. Die Anlunft der Transporte an den deutschen Bestimmungeorten wird dadurch leider zum Teil bis auf die dreifache Zeit verzögert. (Hört, hört! bei den Deuischen Demol raten.)
Ein weiteres Erschwernis bietet die Trancportlage in Antwemen, das ebenfalls als Entlöschungshafen für unsere Einfuhren wesentlich in Betracht lommt. Die Hafenverhältwisse, die geringere Zahl und geringere Leistungefähigkeit der Elcvatoren — IE mit läglich 0 Tonnen gegen 36 mit täglich 8000 Tonnen in Rotterdam — erschweren und verzögern die Löschung der in Antwerpen arkommenden Ladungen. Außerdem ist zwar die Reisedauer der Ueberseedampfer nach Rotter⸗ dam und Antwerpen gleich, dagegen haben die Rheinschiffe ab Ant⸗ weipen mindestens zwei Tage länger zu fahren als ab Rotterdam. Es kommt hinzu, daß wir in Answerpen nicht die Löschung der amgekom⸗ menen Schiffe und den Abtransport nach Deutschland mit eigenen Leuten überwachen können.
Um dieser Schwierigkeiten nach Möglichkeit Herr zu werden, hat die Reichsgetreidestelle für den Abtwngpwort der Auslandzufuhren aus Rolterdam und Antwerpen am ersteren Orte eine besondere DOrganisation getroffen. Zu diesem Zwecke hat sie einen Geschäfts⸗ führer der Geschäftsabteilwng nach Rotterdam gesandt; ihm sind zwei als heworragend tüchtig bekannte Kapitäne won der Reichsmarine beige— geben worden, die die Reichsmarineleitung in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat. Sie haben die besondere Aufgabe, mit allen Mitteln den Abtransport der Ausslandankünfte zu beschleunigen, und es ist ihnen auch bereits gelungen, die Beschaffung von Schiffsraum erheblich zu verbessern und die Bemanmungen hir Leistung von Ueber— stunden und Sonntagsarbeit gegen besonderes Entgelt zu bewegen. Sie haben ferner schon verschiedentlich uf Antwerpen schwimmende Schiffelladungen nach Rotterdam umgeleitet, wenn davon eine Beschleu⸗ nigung des Abtraneportes zu erhoffen war. Außerdem haben sie einen besonderen Uebemvachungs⸗ und Meldedienst eingerichtet, welcher eine Rontrolle der Rheinklähne von ihrer Abscchrt aus Rotterdam oder Ant⸗ werpen auf der ganzen Strecke bis zu ihrer Ankunft am Bestimmungs⸗
3 6 . Bemühungen sind
orte, sowie jederzeit die Feststellunn ermöglicht, wo sich das eingelne Schiff im Augenblick befindet, so daß bei Verzöge—⸗
rungen der Fahrtdauer den Ursachen nachgegangen und ihre sofortige Abstellung in die Wege geleitet werden kann. Auf Grund dieses Ueberwachungs⸗ und Meldedienstes erhält die Neichsgetreidestelle jetzt täglich tellegrephische Meldungen über diejenigen Mengen an Aus⸗
landgetreide oder Mehl, welche erstens im Entlöschungshafen neu
eingetroffen sind, zweitens verschiffungsbereit, das heißt zum Abtrans— port auf den Rhein fertiggemacht sind, drittens nach dem Binnenland abtransportiert sind, viertens die Grentze passiert haben und fünftens am deutschen Bestimmungsort angekommen sind. Diese laufenden Meldungen erleichtern der Reichsgetreidestelle jetzt wesenklich ihre Diepositionen. Den fortgesetzten Bemühungen des Rotter⸗ damer Büros der Reichsgeireidestelle ist endlich auch geglückt, in letzter Zeit die täglichen Ankünfte der Auslandtransworte auf den deutschen Mühlen usw. wesentlich zu steigern. So sind am deutschen Bestimmungsorte eingetroffen am 19. Juni rund 1500 Tonnen, am 21. Juni 595, am 22. Juni 947, am 23. Juni 28090 am 24. Juni 2589, am 25. Juni 3248, am 26. Juni 5529 und am 238. Juni 7189 Tonnen.
Von diesen täglichen Auslandeingängen wird gegenwärtig ein großer Teil auf die großen Rheinmühlen geleitet, um von dort aus den im rheinisch-westfälischen Industriegebiet herrschenden Notstand so schnell wie möglich abzustellen. Durch diese Aktion sollen mit größter Beschleunigung zunächst 25 000 Tonnen für das genannte Industriegebiet bereitgestellt werden, was mehr als einem halben Monatsbedarf dieses Gebietes entspricht. 13 000 Tonnen davon haben bereits dieser Tage die Grenze bei Gmmerich passiert, so daß also nennenswerte Mengen am Bestimmungsorte schon eingetroffen sein müssen und in nächster Zeit weiter eintreffen werden. Es steht be⸗ stimmt zu hoffen, daß sich die Wirkungen dieser Aktion in aller⸗ nächster Zeit bemerkbar machen werden.
Naben der Forcierung der Auslandeinfuhr bleibt aber die schleu⸗ nigste Erfassung der neuen Ernte eine unabweisbare Notwendigkeit. Zu diesem Zweck wird wieder der Frühdrusch organisiert und mit größtem Nachdruck betrieben. Es darf erwartet werden, daß mit Hilfe der Frühdruschaktion, zumal diese durch eine frühe Ernte be⸗ günstigt zu werden verspricht, bald eine wesentliche Besserung der Ge⸗ samtlage der Reichagetreideste lle eintreten wird.
Die Frühdruschaktion hat aber nicht nur den Zweck, der Reichs⸗ getreidestelle über die augenblickliche Notlage hinwegzuhelfen, sondern sie soll ihr auch in Verbindung mit einer planmäßigen Einfuhr die nötigen Reserven verschaffen, die sie unbedingt braucht, um ihre schwierige Aufgabe möglickst glatt durchführen zu können. Denn die einzige und alleinige Ursache der in der Brotversorgung eingetretenen
Absatz der
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. 3 s
bedauerlichen Stockungen und Störungen ist letzten Endes darin zu suchen, daß es der Reichsge Erntejahres an
treidestelle w
Reserven gefehlt hat
ährend des ganzen laufenden
Wenn die Reichsgetreidestelle
. PHeosor 36 k ; ; 1 s. z keine Reserven hat, muß die Belieferung der von ihr zu versorgenden Kommunalverbände bei jedem Eintritt von Verkehrsschwierigkeiten
1 1 1—ů 3 8 . . durch Streiks usw. ins Stocken geraten. Wenn aber die Kommünal— verbände
und insbesondere die großen Mehlverteilungsstellen im
Westen v er Reichsgetreidestelle nickt frührgitz ißia Westen von der Reichsgetreidestelle nicht frühzeitig, d. h. regelmäßig
schon einige Zeit vor Beginn der laufenden Versorgungsperiode ihren
sie vermögen ebensowenig ohne Reserve oder Betriebsfonds zu
oz t J pio Moi c 89 3 da st B 5 — arbeiten wie die Reichsgetreidestelle selbst. Es muß daher unbedingt eine PoÜlitik umfangreicher R eserven betrieben werden,
Um namentlich auch mit Hilfe von Auslandeinfuhren im Westen und
Süden Deutschlands größere Bestände auf den Lägern der Reichs⸗ getreidestelle anzusammeln, wenn sich nicht ähnliche Zustände auf dem . , k 9 ĩ Gebiet der Brotber sorgung vie sie jetzt herrschen, im neuen Ernte— jahre wiederholen sollen. Die Schaffung der erforderlichen Reserven wird nur durch eine stete, enge, organische Verbindung von in⸗
ländischer Erfassung und ausländischer Zufuhr erreicht werden, und
keinesfalls darf der Zustand eintreten, daß zeitweise alles auf eine Karte gesetzt wird. (Beifall.)
Die im Gegensatz zum letzten Winter in den letzten Wochen
reichliche Kartoffelversorgung war nur eine vorübergehende
, . die mit der Beendigung der Pflanzzeit und des Pflanz⸗ kartoffelberkehrs sowie den starken ausländischen Zufuhren zusammen— hing. Wenn auch in der nächsten Zeit die Karioffelbelieferung wegen
der Jahreszeit knapper werden wird, so bietet doch die Freigabe der
Frůühlartoffeleinfuhr den Kommunalverbänden die Möglichkeit, durch die Vermittlung des Handels Kartoffeln heranzuziehen. Auch beginn in den nächsten Wochen die heimische Frühkartoffelernte. Falls die Herbstkartoffelernte den gegenwärtigen Erwartungen entspricht, kann vielleicht eine Freigabe der Kartoffeln mit Ausnahme der auf Lie⸗ ferungsverträge abgeschlossenen Mengen erfolgen. Da uns aber von der Herbstkartoffelernte noch ein Zeitraum von mehreren Monaten trennt, können hierüber gegenwärtig noch keine Entschlüsse gefaßt werden. Einstweilen muß vor allzu hoffnungsvollen Stimmungen hinsichtlich der Ernte gewarnt werden.
Die inländische Viehanfbringung hat infolge der den Erzeugungskosten nicht mehr entsprechenden Preise in den Mo⸗ naten März. April und Mai einen starken Rückgang erfahren. In⸗ folgedessen erhielten die großen Städte und Industriebezirke nur einen Teil ihreg Bedarfs, und es mußte eine vermehrte 3u wei sung von Auslandfteisch erfolgen. Die zurzeit vor handenen Anslandfleischmengen genügen, um die im Versorgungsplan vor- gesehenen Fleischzuweisungen bis Ende August aufrecht zu erhalten. Im übrigen hat die Erhöhung der Erzeugerpreise für Schlachtvieh
der deutschen Margarineindustrie hintanzuhalten. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) . Zur Besserung der Volksernährung ist ferner die Aufhebung der in ländischen — ftung in Erwägung gezogen. Außerdem ist die Einfuhr von ausländischem Harzkäse freigegeben worden, von der eine bessere Versorgung erwartet werden darf. Die Zuckerversorgung hat in diesem Wirtschaftsjahr unter einer Reihe ungünstiger Umstände ganz besonders zu leiden. Sehr wichtige Rübenbaugebiete sind durch die Gebietsabtretungen auf Grund des Friedensvertrags weggefallen. Die Anbaufläche ist dauernd zurückgegangen, so daß sie auf 267 000 Hektar gegen 550 000 Hektar vor dem Kriege, also auf weniger als die Hälfte gesunken ist. Ganz besonders aber sind die Hektarerträge mit durchschnittlich 183 Doppelzentner gegenüber 518 vor dem Kriege die schlechtesten ge⸗ wesen, die seit bielen Jahren erzielt worden sind. Das Wirtschafts⸗ jahr 1919/20 war für Zucker in vollem Sinne ein Mißerntejahr. In⸗ folgedessen stand für die Versorgung der Bevölkerung eine erheblich geringere Menge an Zucker zur Verfügung als im Vorjahre. Die Regierung hat seit dem Herbst vorigen Jahres eine Reihe von Maß⸗ nahmen zur Förderung des Zuckerrübenbaues und der Zuckerproduktion eingeleitet. Der zuckerrübenbauenden Landwirtschaft ist in diesem Frühjahr eine durch erhebliche Zuschüsse verbilligte Menge Chile⸗ salpeter zur Verfügung gestellt worden. Die Beschäftigung aus⸗ ländischer Arbeitskräfte wurde, soweit es die politischen Verhältnisse gestatten, nach Kräften erleichtert. Die Roh. und Weißzuckerfabriken stehen in der Versorgung mit Kohlen und Transportmitteln an erster
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J
Stossg D869 5 6 . ö 7 ö . Stelle. Seit Ende vorigen Jahres hat die Regierung auch in der
Preisfrage eine bewußte Schwenkung eintreten lassen, indem durch die Verordnung zur Förderung des Zuckerübenanbaues vom 18. De— zember 1919 die Forderungen der Landwirtschaft und der Rohzucker⸗ industrie nach einem Garantiepreis von 150 „ für den Zentner Rohzucker für das Erntejahr 1920 erfüllt worden sind. Die Wirkung
dieser Maßnahmen wird sich erst im August übersehen lassen. Zwar hat eine Umfrage des Vereins der Rohzuckerfabriken eine Steigerung der Rübenanbaufläche nur um etwa 4 Prozent gegenüber der des Vorjahres ergeben. Doch sind hierin nicht inbegriffen die Flächen, die ohne vertragliche Bindung für eine Fabrik bebaut worden sind. In Westpreußen, Mecklenburg, Brandenburg und Pommern schwankt die Zunahme der Rübenanbaufläche zwischen 10 und 75 Prozent. In einigen Provinzen dagegen ist ein Rückgang zu verzeichnen. Die Sach— verständigen nehmen im allgemeinen eine Steigerung der Anbaufläche von 10 bis 12 Prozent an. (Abg. Waldstein: Wie steht es mit der angeblichen Ausfuhr nach England?) — Die ist nicht erfolgt. — Fal s, wie das Wetter es verspricht, der Hektarertrag auch nur die Höhe des Ertrags von 1918 und 1919 erreicht, so darf man damit
durch bie Verordnung vom 4. Juni einen sehr günstigen Einfluß auf
die Ablieferung ausgeübt, wie die Berichte aus den verschiedenen Landesteilen ergeben. Zum Beispiel hat der Freistaat Sachsen in den ersten beiden Wochen des Juni aus seinem Zuschußbezirk Bayern fast nichts erhalten, dagegen in der dritten Woche des Juni 160 Prozent und in der vierten 150 Prozent des ihm zustehenden Zuschusses.
Die Viehpreiserhöhung hat also den beabsichtigten
Zweck voll erfüllt, indem sie eine reichlichere und bessere Fleischver ⸗
sorgung zur Folge hat. Lebhafte Klagen werden aber gegen die sich
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daraus ergebenden Kleinverkaufspreise erhoben, die häufig infolge
unrichtiger Klassifizierung des Viehes erheblich über das notwendige Maß hinausgegangen sind. Aus diesem Grunde hat die Reichs— fleischstelle am 24. Juni den Landesregierungen durch Rundschreiben bestimmte Schlachtgewichte für die Klassifizierung empfohlen, so daß sich der Kleinhandelspreis statt auf 10 bis 12 * selbst bei dem gegen⸗ wärtig außerordentlich niedrigen Häutepreis wenig über 8 M für das Pfund Rindfleisch stellen würde. Demokraten.)
Gegenwärtig schweben umfangreiche Verhandlungen mit den be— teiligten Kreisen über eine neue Regelung der Fleischversorgung, deren Ergebnis den Landesreglerungen in einer auf den 5. Juli ein— berufenen Beratung unterbreitet werden soll.
Fest steht, daß unter allen Umständen die Viehhandels—
(Hört! hört! bei den Deutschen
verbände mit größter Beschleunigung verschwinden müssen. (Leb—
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hafter Beifall und Zustimmung rechts und im Zentrum)
Die Milchversorgung hat sich in den letzten Monaten
wesentlich gebessert. In vielen, selbst dicht bevölkerten Bezirken ist der Milchnotbedarf erheblich überschritten, in anderen Industrie— gebieten jedoch, die sich in ungünstiger Lage befinden, insbesondere in Oberschlesien, im Freistaat Sachsen und im rheinsch-westfälischen In— dustriegebiet, ist auch jetzt die Milchnot nur gelindert, aber nicht be— seitigt.
Die öffentliche Bewirtschaftung der Milch muß auch nach der Auffassung der maßgebenden landwirtschaftlichen Kreise noch beibehalten werden. Auf eine allmähliche Besserung der Milchanlieferung ist zu hoffen, besonders im Hinblick auf die reich⸗ liche einheimische Futtermittelernte und die Freigabe der Einfuhr von Oelkuchen. Zur Erhöhung der Milchproduktion hat sich die Lieferung von Kraftfutter durch die Gemeinden an die ihnen zugewiesenen Milchlieferungsgebiete als nützlich erwiesen.
In der Fettversorgung liegen gegenwärtig die Haupt— schwierigkei ten auf Gebiete der Preisgestaltung, da genügend Vorräte an sertiger Margarine und an Roh stoffen zur Margarineherstellung vorhanden sind. In dem
inländischen Margarine sind in den legten erhebliche Steckungen eingetreten. Hierdurch ge⸗
. vonn Dem
Monaten
rieten die Margarinefabriken in Bedrängnis, weil die Margarine
wegen ihrer geringen Haltbarkeit nur kurze Zeit lagerungsfähig ist und zu verderben drohte. Um einen Stillstand der Margarineindustrie zu vermeiden, ist der vom 1. April ab auf 30,75 66 für das Kilo⸗ gramm festgesetzte Preis für Inlandmargerine später mit rück- wirkender Kraft anf 21 „ herabgesetzt und ab 1. Juli weiter auf 16 M ermäßigt worden, um dadurch auch den Margarinepreis mit dem gestiegenen Markkurs in Einklang zu bringen. Im übrigen schweben Verhandlungen über eine grundlegende Aenderung der ge⸗ samten Fettwirtschaft, die zur beschleunigten Auflösung des Reichs— ausschusses für kierische und pflanzliche Oele und Fette führen soll. (Beifall bei den Deutschnationalen Unter allen Umständen muß versfucht werden, eine Stzillegung oder eine Arbeitseinschränkung in
rechnen, daß in der Zuckerversorgung des nächsten Wirtschaftsjahres eine fühlbare Besserung eintritt, so daß wir voraussichtlich von den kostspieligen Ankäufen teuren Auslandzuckers werden absehen können.
Eine völlige Freigabe der Zuckerwirtschaft ist zurzeit aus ver— schiedenen Gründen nicht vertretbar. Gesamtmenge ist auf jeden Fall nicht so groß, um die Bedürfnisse restlos zu befriedigen. Bei einer Freigabe würden sich die zucker⸗ verarbeitenden Industrien im großen Umfang mit Zucker eindecken, und die zur Mundzuckerversorgung verfügbare Menge würde we sent⸗ lich geschmälert werden. Die bessergestellte Bevölkerung würde ihren Verbrauch ebenfalls erheblich erhöhen. Für die große Masse würde nur ein geringer Restbestand zu einem Preis zur Verfügung stehen, der für einen Haushalt eine sehr fühlbare Summe ausmachen würde. Auch im Hinblick auf die für unsere Handelspolitik so außerordentlich
vichtige spätere Wiederaufnahme unserer Zuckerausfuhr kann die
staatliche Ueberwachung der Verhältnisse nicht entbehrt werden. End— lich könnten bei einer Freigabe der Zuckerwirtschaft die Schwan ungen im Zuckerpreis für die Zuckerindustrie, insbesondere für die Raf⸗ finerien, geradezu verhängnisvolle Folgen mit sich bringen, da es nicht möglich ist, den ausgleichenden Terminhandel in Zucker wieder zu— zulassen, solange die Zuckerlage so gespannt ist wie jetzt und die Not⸗ wendigkeit besteht, die Zuckeraus- und „einfuhr zu beschränken.
Wohl aber ist zuzugeben, daß das bisherige System der Preis⸗ festsetzung im Wege der Gesetzgebung überholt ist, weil es mit den
schwankenden Momenten, die den Preis bestimmen, nicht Schritt Das Bestreben der Regierung muß demnach darauf
halten kann. gerichtet sein, einen Weg zu finden, die Preise beweglicher zu gestalten und zu vermeiden, daß die Zuckerintustrie monatelang arbeitet, ohne zu wissen, wie schließlich der Preis rückwirkend durch das Gesetz be— stimmt wird.
Auch die Rüben⸗ und Melassebewirtschaftung muß einer Reviston unterzogen werden mit dem Ziel der Freigabe der Rübenverwertung. und des Melasseverkehrs. Voraussichtlich kann schon im August eine entsprechende Vorlage vorgelegt werben.
Meine Damen und Herren! Auf all den Gebieten, auf denen
dies unter den gegemvärtigen Verhältnissen schon möalich ist, wird eine Verbilligung wichtiger Lebensmittel erstrebt, so vor allem durch
die kürzlich erfolgte Freigabe der Einfuhr für Obst, Ge— müse, frische Fische, auch Süßwasserfische, und frische Heringe, Käse und Eier.
daran scheitern, daß sie die Verwertung der früher zu ungünstigeren Bedingungen im Ausland eingekauften Vorräte beeinträchtigen könnte. (Sehr richtig) Unsere Volksernährung darf nicht unter den Gesichts— punkt einer Politik der Restbestände gestellt werden. Ueberall da, wo der freie Handel die Versorgung der Bevölkerung besser und billiger bewirken kann als die zentrale Einfuhr, sollen seine Fach⸗ kenntnisse und seine Auslandsbeziehungen wieder nutzbar gemacht werden. (Sehr richtig) Dies geschieht aber nur in der Voraus— setzung, daß sich der freie Handel seiner Verantzworkung voll bewußt ist. (Sehr richtig) Auswüchsen wird die Negierung unnachsichtlich entgegentreten.
Die Freigabe der Einfuhr auf den erwähnten Gebieten hat gleichzeitig den Abbau der darin bisher tätigen Kriegs gesell⸗ schaften und damit eine wesentliche finanzielle Entlastung der Reichskasse ermöglicht. Cine Anzahl dieser Organisationen ist bereits aufgelöst. Bei einigen weiteren ist die Auflösung angeordnet und wird mit Beschleunigung durchgeführt.
So ist von den größeren Kriegsgesellschaften die Reichsfutter⸗ mittelstelle fast vollkommen abgebaut. Die Reichsstelle für Gemüse und Obst mit den ihr angegliederten Gesellschaften für Marmelade,
Gemüsekonserhen. Dörrgemüse und Sauerkraut hat ihre bewirtschaf⸗
tende Tätigkeit bis auf die Erledigung einiger schwebenden Geschäfte eingefstellt Cguruf: Gott sei Dankh, und diese Organisationen sind für
Die zur Verfügung stehende
; 2. Auf keinen Fall darf die Heranziehung billigerer Auslandwaren für unsere Versorgung
die Endabwicklung bereits dem Reichsschatzministerium zur Verfügung gestellt worden. (Sehr guth
Die Zentraleinkaufsgesellschaft, die seit Januar 1919 eine bewirt⸗ schaftende Tätigkeit überhaupt nur noch auf dem Gebiete des Süßstoffs ausübte, hat jetzt auch diese Tätigkeit eingestellt und ist damit aus der Reihe der ernährungswirtschaftlichen Organisationen gleichfalls ausgeschieden und dem Reichsschatzministerium überwiesen.
Das Reichskommissariat für Fischwersorgung wird gemäß einer inzwischen veröffentlichten Verordnung mit dem 1. August d. J. auf⸗ gehoben. (Bravo!) Damit verfallen auch die von ihm beaussichtigten Fischgesellschaften, von denen sich die Mehrzahl bereits in Liquidation befindet, binnen kurzem der Auflösung.
Die Zentralstelle zur Beschaffung der Heeresverpflegung hat ihre Tätigkeit mit Ablauf des Mai 1920 eingestellt. Ihr Uebergang an das Reichsschatzministerium zur Ueberwachung der noch zu erledigenden Abwicklungsgeschäfte steht unmittelbar bevor.
Die Liquidation des Reichsausschusses für pflanzliche und tierische Oele und Fette über deren zweckmäßigste Durchführung zurzeit mit den beteiligten anderen Reichsressorts und den Vertretern der in Frage kommenden Irdustrien verhandelt wird, wird voraussichtlich in Kürze ebenfalls vor sich gehen.
Die völlige Freigabe des Verkehrs mit Eiern, die seit dem 1. Juli 1920 besteht, hat auch den Aufgabenkreis der Reichsverteilungs⸗ stelle für Nährmittel und Gier wesentlich eingeschränkt. Ihre völlige Auflösung ist in nahe Aussicht genommen.
Der Kriegsausschuß für Kaffee, Tee und deren Ersatzmittel, und die Kriegskakaogesellschaft sind vollkommen aufgelöst. Die Kriegs— nährmittelgesellschaft wird in Kürze ebenfalls vollkommen aufgelöst sein.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß nach Durchführung des vor⸗ stehend in großen Zügen geschilderten Abbaues der Kriegsgesellschaften im wesentlichen nur noch solche Organisationen bestehen bleiben werden, die diejenigen für die Versorgung der Gesamtheit unentbehrlichen Nahrungsmittel bewirtschaften, bei denen an eine völlige Aufhebung der Zwangswirtschaft zurzeit noch nicht gedacht werden kann. Aber auch über die Personalausstattung dieser Organisationen, besonders der Reichsgetreidestelle, habe ich bereits eine eingehende Nachprüfung angeordnet. Ihr Apparat muß auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß zurückgeführt werden (sehr richtig), um neben einer Verbilligung vor allem auch eine größere Nebersichtlichkeit zu er⸗ reichen. (Sehr richtigh
Eine Beschränkung der öffentlichen Bewirt⸗ schaftung auf diejenigen Gebiete, auf denen sie gegenwärtig noch nicht entbehrt werden kann, ermög⸗ licht zugleich ihre straffere Durchführung. Den berechtigten Wünschen der Landwirtschaft muß Rechnung getragen werden; be⸗ sonders muß auch die allmähliche Befreiung von den schweren Fesseln, welche der Krieg unserer Volkswirtschaft auferlegt hat, dazu benutzt werden, dem Landwirt wieder eine größere Freiheit in seiner Betriebs⸗ führung zu gewähren. Der planmäßige Abbau der Zwangswirtschaft muß fortgeführt werden. (Bravo)
Von der Landwirtschaft aber muß erwartet werden, daß sie im Rahmen der noch notwendigen öffentlichen Bewirtschaftung ihre Ablieferungspflicht restlos erfüllt. Trotz des Wider⸗ standes einiger Kreise hege ich zu der großen Mehrheit der deutschen Landwirte das Vertrauen, daß sie diefer Pflicht nachkommen werden, wenn sie enkennen, daß im Rahmen des Möglichen alles getan wird, um auch ihren Schwierigkeiten Rechnung zu tragen. Besonders an die Ueberschußgebiete richte ich die Mahnung, gewissenhaft ihre Ab⸗ lieferungspflichten gegen die Bedarfsgebiete zu erfüllen. Als einheit⸗ liches Voll müssen wir alle unsere wirischaftlichen Hilfsquellen als gemeinsames Gut vemwwalten. Es ist unerträglich, wenn ein Gebiet ausreichend versorgt ist, während ein anderes Mangel leidet. Das muß schließlich zum Verfall unserer Volksgemeinschaft und damit zur Schädi gung aller ihrer Teile führen.
Einem grundsählichen Widerstand gegen die gesetzlichen Vor— schriften zur Durchsetzung einseitiger Ziele wird mit allen stantlichen Machtenitteln entgegengetreten werden. In dieser Erfüllung meiner Pflicht werde ich mich auch durch maßlose Llngriffe nicht abhalten lassen, wie sie in jüngster Zeit von einer landwirtschastächen Seite aus Anluß der schon erwähnten Revisionen der Getreideworräte gegen mich gerichtet worden sind. ö
Auf der anderen Seite dürfen auch die Befürworter des unbe— dingten Zwantzes den Bogen nicht überspanmen. Man kann nicht ein⸗ fach Millicmen von Bauern worschreiben, was sie bauen und wie sie den Boden bestellen sollen (sehr richtig! rechts), damit das Volk die ür seine Ernährung wichtigsten Etzeugnisse erhält. Einen ganzen Gerusestand zu zwingen, gegen seine wirtschaftlichen Bedingungen zu handeln, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Cebhaftes Sehr richtig! rechts) Im übrigen ist es eine große Täuschung, wenn die Gegner der Zwangswirtschaft aus gewissen örtlichen Verhältnissen und aus dem starken Angebot von Waren im Schleichhandel den Schluß ziehen, als ob bei freiem Handel eine bessere Versorgung hu billigeren Preisen su erwarten wäre. Wir leben noch nicht im Ueberfluß, sondern in Mangel, und dieser kann durch gerechte Verteilung gemildert werden. In diesem Sinne ist das Wort wahr: Zwangẽwirtschaft ist Mangel wirtschaft. Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges zeigen sich zum Teil erst jetzt in ihrer ganzen Schwere, und bei dem Mißverhältnis zwischen Vorrat und Bedarf ist bei freiem Handel eine gleichmäßige Verteilung der wichtigsten Lebensmittel nach meiner Ueberzeugung heute noch nicht möglich. ;
Zum Schluß gebe ich der Hoffnung Auchruck, daß es bei den V erh andlungen in Spaa gelingen möge, volles Verständnis dafür zu wecken, daß unsere trestlose Ernährungslage die Quelle aller Schwierigkeiten des deutschen Volkes ist und daß wir nur dann. unsere Wirischaft wieder aufbauen und beim Wiederaufbau der Wirtschaft des Auslandes tätig mithelfen können, wenn unsere Bevöhllerung wieder in die Lage versetzt wird, sich wenigstens, soweil wieder zu er- währen, daß sie ihre volle Arbeitsfähigkeit wieder gewinnt. Eine solche bessere Ernähaung ist aber ahne die wirksame Unterstützung des Auslandes nach Lage der Dinge nicht möglich. (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.) .
Hierauf wird die Verhandlung unterbrochen. Ab - erha gu . g. Frau Brjnner (Dem) verliest ihre Anfrage wegen der V' r⸗
haftung des Hauptgeschäftsführers der politischen Arbeits . — * hel, G 871 ) 8 eite = ö an , , Dr. v. i m u e ertreters des utschen Heimatdien
Wagner durch die Polren. .
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