1920 / 146 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Jul 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Reichsminister des Auswärtigen Dr. Simons: Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst um Entschuldigung bitten,

Der erste Besuch des königlich Anspruch ge⸗

daß ich vorhin nicht zur Stelle war. britannischen Botschafters hat mich etwas länger in nommen .

Bei Beantwortung der mir gestellten Anfragen möchte ich zu— nächst auf die Frage der Verhaftung des Dr. van Holtum antworten. Die widerrechtliche Verhaftung des Herrn van Holtum wurde am 17. Juni dem Auswärtigen Amte bekannt. Am gleichen Tage vor— mittags wurde der deutsche Gesandte in Warschau ebenso wie der deutsche Fürsorgekommissar in Posen angewiesen, sich sofort für die Freilassung Dr. van Holtums einzusetzen. Gleichzeitig wurde der deutsche Bevollmächtigte in Marienwerder, für dessen Abstimmungs⸗ gebiet Dr. van Holtum tätig war, von den Vorgängen verständigt. Der letztere legte bei der Interalliierten Kommission unverzüglich scharfen Protest ein und veranlaßte den Vorsitzenden dieser Kom— mission zu sofortigen Schritten bei der polnischen Regierung. Auch der Vorsitzende der Deutschen Delegation in Paris wurde angewiesen, beim Obersten Rat gegen die widerrechtliche Verhaftung Einspruch zu erheben.

Am 21. Juni teilte die Interalliierte Kommission Marienwerder dem dentschen Bevollmächtigten mit, die polnische Regiernng habe dem italienischen Gesandten in Warschau gegenüber erklärt, die so⸗

sortige Freilassung Dr. van Holtums sei befohlen. Das gleiche drahtete am 22. Juni der deutsche Gesandte aus Warschau. So

lange ist das also schon her, meine Damen und Herren, daß wir der gerechten Erwartung waren, demnächft Herrn van Holtum wieder wohlbehalten an seinem bisherigen Wohnsitz eintreffen zu sehen, denn hiernach mußte angenommen werden, daß Dr. van Holtum auch wirklich zurückkehre würde. Das war aber nicht der Fall. Es wurde daher am 25. Juni die Deutsche Delegation in Paris erneut zur Vorstellung beim Obersten Rat angewiesen. Gleiche Schritte wurden bei der Interalliierten Kommission und in Warschau unternommen.

Meine Damen und Herren! Ich muß hier hervorheben, daß auch der Vorsitzende der Interalliierten Kommission in Marien— werber, Exzellenz Pavia, in dankenswertester Weise wiederholt für die Freilcssung des zu Unrecht Verhafteten bei der polnischen Re— gierung eingetreten ist, allerdings bisher ohne jeden Erfolg. (Hörtt hört Am 25. Juni wurden die Vorstellungen von der deutschen Seite nochmals erneuert. Dr. van Holtum wurde aber gleichwohl nicht freigelassen. Dagegen traf am 29. die Nachricht ein, er sei nun— mehr nach Warschau transportiert worden. (Zurufe: Unerhörth Daraufhin wurde der deutsche Geschäftsträger angewiesen, von dem polnischen Minister des Aeußern dem gegebenen Versprechen gemäß sofortige NHebergabe des Dr. van Holtum in deutschen Schutz zu ver— langen.

Gleichzeitg ist der Gesandte angewiesen worden, der polnischen Regierung keinen Zweifel darüber zu lassen, daß wir nicht in die gerade jetzt von der polnischen Regierung angeregten wirtschaftlichen Verhandlungen eintreten könnten, che sie nicht ihr Versprechen, Dr. ban Hoktum freizulassen, uns gegenüber eingelöst hat. Beifall.)

Da bis zum 1. diefes Monats noch keine Nachricht über einen Erfolg unserer Bemühungen vorlag, habe ich Gelegenheit genommen, den hiesigen polnischen Geschäftsträger in einer persönlichen Unter⸗ redung, zu der ich ihn hier in den Reichstag gebeten habe, auf die Vorgänge aufmerksam zu machen, und ihn erneut ersucht, sich auch seinerseits nunmehr für die Erfüllung des gegebenen Versprechens ein⸗ zufetzen. Nach dieser Unterredung sief ein am 30. Juni abends auf⸗ gegebenes Telegramm der. deutschen Gesandtschaft ein, daß nach Mit⸗ teilung des Außenministers Herr van Holtum sich in Freiheit be⸗ fände und nach Erledigung von Paßschwierigkeiten die deutsche Grenze paffieren werde.

Unser Vertreter meldet dazu, er habe seinerseits um telegraphische Beseitigung dieser Paßschwierigkeiten ersucht, Ferner haben wir jetzt eine Nachricht vom Grafen Baudissin aus Marienwerder, daß von Herrn dan Holtum nach nichts bekannt sei. Exzellenz Pabia, der Prä— sident der italienischen Kommission, würde einen Offizier nach War— schau senden, um ihn zu suchen und holen zu lassen. Auch wird mir soeben ein Telegramm aus Paris vorgelegt, wonach der Direktor Peretti, bei dem der Fall von Dr. van Holium von neuem zur Sprache gebracht worden ist, dem Herrn Geheimrat Göppert gegen⸗ über mitgeteilt hat, daß die Botschafterkonferenz selbst bei der polni- schen Regierung die Freilassung von Herrn van Holtum verlangt habe, und daß Peretti geglaubt hat, diesem Verlangen sei von polnischer Seite inzwischen längst Rechnung getragen worden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aus der Unterredung zwischen dem polnischen Herrn Vertreter Schebeko und mir noch fol— gendes hervorheben. Ich habe Herrn Schebeko keinen Zweifel darüber gelassen, daß bei. aller Bereitwilligkeit der deutschen Regierung, mit dem benachbarten polnischen Volke wirtschaftlich stets normale Be— ziehungen zu unterhalten, doch, so lange derartige Streitfragen noch zwischen uns im Laufe wären, zwischen der polnischen und der deutschen Regierung nicht von wirtschaftlichen Verhandlungen die Rede sein könne, sondern nur von Repressalien. (Lebhafter Beifall.. Außerdem habe ich ihm erklärt, daß die bloße Erklärung der polnischen Re— gierung, Herrn van Holtum freigelassen zu haben, mir keineswegs genügen könne. Herr Dr. van Holtum sei aus seinem Domizil weg— geholt worden, und ich erwarte von der polnischen Regierung, daß sie uns Herrn Dr. van Holtum wohlbehalten da wieder überliefere, wo sie ihn geholt habe. (Erneute lebhafte Zustimmung) Bis dahin laufe ihre Verantwortlichkeit für den Mann.

Ich möchte bei der Gelegenheit auch auf den Fall des Hern Wagner eingehen, der ebenfalls bei einer Durchreise durch den polni— schen Korridor verhaftet worden ist. Ich will nur einige kurze Auf— klärungen geben. Der Fall liegt für uns insofern etwas anders, a! Herr Dr. Wagner Danziger Bürger ist. Nun wissen Sie, daß das nach dem Friedensvertrage gewisse völkerrechtliche Konsequenzen hat, die allerdings unser Interesse für Herrn Dr. Wagner nicht mindern können.

Sofort nach Bekanntwerden seiner Verhaftung hat sich der deutsche Reichskommissar in Danzig für die Freilassung des Dr. Wagner ver— wendet. Ich möchte hierbei heworheben, daß nach den vorliegenden Nachrichten Sir Reginald Tower persönkich aus Danzig nach dem ab— getretenen Gebiet gefrchren sein soll, um sich für Dr. Wagner zu verwenden. Leider sind auch diese Schritte bisher ohne jeden Erfolg geblieben. Auch Dr. Wagner soll nach Warschau derschleppt und gegen ihn der schwere Perwurf der Sionage erheben worden sein. Weiters

so daß ich nicht mehr rechtzeitig im Reichstage sein konnte.

wissen n h Dr. W Ich kann also weiter hende I ht 1 q ] kklä En . möc die Gele n vorü ehen laffen hier auch noch einige andere Beschwerden Po gegenüber entlich

zur Sprache zu bringen. Wie durch die 2 fentlichung des Wolffschen Telegraphenbüros vom 23. Juni abends bekannt ist, hat die polrische interall ierten Abstimmungs⸗ kommissionen am 168. Juni aus eine amtliche Erklärung gegeben, die den freien Verkehr unserer Abstimmungsberechtigten nach Ost⸗ und Westpreußen mit der Eisenbahn durch den polnischen Korridor

versprach. Im A te

Regierung unter N ung der

63 4 Heremn von sich hergus⸗

schluß daran sind am 2. Juni die näheren technischen Vereinbarungen in Warschau in versöhnlichstem Geiste getroffen worden. Wir mußten daher hoffen, daß der freien Reife unserer Ab⸗ stimmungsberechtigten nunmehr von polnischer Seite keine Hindernisse mehr in den Weg gelegt werden würden. Dies um so mehr, als der ganze Verkehr durch den Korridor unter Kontrolle und Garantie der interalliierten Abstimmungskommissionen gestellt worden war, und als auch der Oberste Rat unserm Pariser Delegierten eine entsprechende bindende Erklärung abgegeben hatte. (Hört, hört! rechts, im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten) Es wurden daher die Stimm berechtigten von seiten des deutschen Schutzbundes zum Antritt der Reise auch mit der Gisenbahn durch den polnischen Korridor auf— geforbert. Die Bewegung hat am 2. mit den vordersten Zügen Konitz erreicht.

Sofort mußte aber auch hier wieder die Erfahrung gemacht werden, daß zwischen den vertraglichen Zusicherungen der polnischen Regierung und der Ausführung durch die polnischen Behörden an Ort und Stelle ein sehr erheblicher Unterschied besteht. Cebhafte Rufe: Hört, hört! Ars den in der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli in Konitz eintreffenden Zügen Nr. 13 und 15 sind von einer Gesamt⸗ zahl von höchstens 1500 bis 1600 Reisenden rund 1000 Neisende durch die polnischen Behörden an der Weiterreise verhindert worden. Lebhafle Rufe: Hört, hört) Begründet wurde dieses völlig wider⸗ rechtliche Vorgehen damit, daß die Abstinrmungsausweise angebsich nicht in Ordnung seien, weil sie nicht den Stempel der Geburts gemeinde trügen. Dieses Verhalten der Polen ift durch nichtz gerechtfertigt. Denn nach der Entscheidung der interalliterten Kommisstonen in Allen⸗ stein und Marienwerder bedürfen die Ausweise gar nicht des Stempels der Geburtsgemeinden. Die Polen önnen auch nicht grten Glauben für sich in Anspruch nehmen, da die in Konitz stativnie rten Offiziere der interalliierten Kommissionen den Polen erklärt haben, daß die von ihnen geforderten Stempel nicht nötig seien. Die Abstimmungs—⸗ berechtigten sesbst haben übriger auf die Form der Ausweise gar keinen Einfluß gehabt, da diese in den Abstimmungsgebieten unter Kontrolle der interalliierten Kommissionen ausgestellt worden sind. ECebhafte Rufe: Hört, hört) Man glaubt polnischerseits offenbar, durch dieses widerrechtliche Verfahren, gegen das selbstverständlich sowohl von deutscher wie interalliierten Seite in schärffter Weise protestiert worden ist, das Abstimmungsergebnis des 11. Jul noch in letzter Stunde beeinflussen zu können. Tatsächlich würde auch eine große Anzahl der rund 40 009 Stinnnberechtigten, die die Eisenbahn durch den Korridor benutzen wollten, an der Grreichung des Ab⸗ stimmungsgebiets gehindert werden.

Gs ist aber Vorsovge getroffen, daß diefer Verstoß gegen den Friedensvertrag nach Möglichkeit unwirkfam gemacht wird. Seitens der Reichsmarine sind sofort alle dienstlich irgendwie verfügbaren Transportmittel nunmehr zur Verffigung gestellt worden, um die so an ihrem Stimmrecht gehinderten Ost⸗ und Westpreußen um den Korridor herum über See an die Wahlurne zu bringen.

Auch die im abgetretenen Gebiet wohnenden Stimmberechtigten werden nach hier vorliegenden Nachrichten durch alle möglichen Machinationen seitens der polnischen Behörden an der Ausreise und damit an der Ausübung des ihnen durch den Friedensvertrag garan— tierten Abstümmungsrechts gehindert. Ich habe auch hierüber dem hiesigen polnischen Gesandten ernstliche Vorstellungen gemacht.

Meine Damen und Herren! Es widerstrebt mir, vor diesem hohen Hause und vor ganz Europa gegenüber der polnischen Re⸗ gierung starke Worte in einem Augenblick zu gebrauchen, wo sich diese polnische Regierung militärisch in außerordentlich bedrängter Lage befindet. Ich nehme an, daß die schwierige Lage, in der sich die Zentralregierung in Warschau befindet, sie vielleicht hindert, den Ueber— eifer chaupinistischer Orts⸗, Lokal⸗ und Regionalbehörden in der rich tigen Weise einzudämmen. In diesem Sinne hat mir auch der polnische hiesige Vertreter Schebeko für seine Person die überzeugendsten Zu⸗ sichernngen gemacht, er hat in diesem Sinne auch, wie er mir ver⸗ sichert hat, noch am selben Nachmittag nach Warschau geschrieben.

Aber, meine Damen und Herren, alles hat seine Grenzen! Eeb⸗ hafte Zustimmung. Auch in schwieriger Zeit kann man einer Re⸗ gierung nicht vollständige Dispens von der völkerrechtlichen Verpflich— tung erteilen, einzustehen für jeden völkerrechtlichen Uebergriff auch ihrer untersten Organe. (ebhafte Zustimmung.)

Des weiteren muß ich gegen eine Maßnahme hier öffentlich Protest erheben, die unsere im abgetretenen Gebiet verbliebenen Lands leute in schwerste Konflikte bringt und die weder mit dem Wortlaut noch mit dem Geist des Friedenspertrags zu vereinen ist. Ich meine die durch amtliche Erklärung polnischer Stellen befohlene Einziehung der Wehrpflichtigen ohne Rücksicht auf die Nationalitẽt. (Sehr wahr! rechts.) Besonders rigoros scheinen hierbei die volnischen Be⸗ hörden im ehemalig westpreußischen Gebiet und in Soldau vorzugehen. An den dortigen Grenzen macht sich eine starke Abwanderung der nach dieser Verordnung wehnpflichtigen Mannschaften beider Nationalitäten bemerkbar. Nach vorliegenden Nachrichten soll es sogar zwischem solchen Abwanderern und polnischen Grenzwachen bereits zu Blutvergießen

kommen sein. (Hört, hört) Die Bevölkerung des abgetretenen Gebiets kann vor dieser übereilten Flucht nicht dringend genug gewarnt werden. den im abgetretenden Gebiet Wohnenden für zwei Jahre des Recht der Option. Dieses Recht nicht verkümmern zu lassen, ist heilige Pflicht des Obersten Rats, muß verlangt werden, daß dieser den Bestimmungen des

irschafft, und damit den von deutscher Seite

SPMar ; A P .

Der Friedensvertrag verbürgt

Friedensvertrags Geltung v de

sowohl in Warschau wie in eingelegten Protesten Nachdruck verleiht. Auch hier muß gefordert werden, daß die nachgeordneten Stellen halten, was der polnische Kriegsminister dem deutschen Ge sandten auf seine Anfrage in Warschau versichert hat, nämlich daß die Einziehnng Deutscher des ehemaligen Landestei les nicht beabsichtigt gewesen sei. Die gleicke Erklärung ist im übrigen auch dem bisherigen deutschen Milt tärkemmüsser in Posen vom polnischen Ben rkskommande

Irfreulicher mitteilen, daß wenigsle ns

ñ r . 2 Cx r

ereits die Meldur Veutsche, 29. Juni 33a sposJ as, Bemme, Schwer ker

noch zur Gestellung chne befondere Schwierigkeiten

wieder entlassen . z ., Moß 2 K Leider liegen gleiche Meldungen aus dem westpreußischen Gebiet bis heute noch nicht vor. Ich möchte der Erwartung Ausdruck ver- leihen, daß auch diese Nachrichten nunmehr nicht mehr auf sich warten lassen werden. Auch hierüber habe ich Gelegenheit genommen, mit dem hiesigen polnischen Geschäftsträger zu sprechen.

Regi Bor

C

Meine Damen und Herren! Es liegt auf der Hand, daß diese Vorgänge nicht angetan sind, die von Polen angeregten wirt · schaftlichen Verhandlungen zu begünstigen. (Sehr richtig) Wir haben, wie mein Herr Amtsvorgänger an dieser Stelle wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, uns gezwungen gesehen, Polen gegenüber in der Ausfuhr größte Zurückhaktung zu üben. Wir waren durchaus bereit und sird es auch heute noch bei entsprechendem Ent⸗ gegenkommen der polnischen Regierung auch deutscherseils arf wirt- schaftlichem Gebiete weitgehendes Entgegenkommen zu üben. Von einem solchen kann aber so lange nicht die Rede sein, als auf polnischer Seite feierlich gegebene Versprechungen der Regierungsstellen durch widerrechtliche Eingriffe nachgeordneter werden. Nur offenes und ehrliches Verhandeln und Halten beider⸗ seits kann das auch von uns gewünschte gut nachbarliche Verhältnis sicher ftellen. Cebhaftes Bravo)

Alsdann wird die Besprechung der Kanzlererklärung wieder aufgenommen.

Abg. Dr. Helfferich (D. Nat.): Die 986 n des Reichs⸗ Findruck. Sie

931 15 U

Präsident L ö5he: Es war zu erwarten daß der Wahlko * einen lebhaften Widerhall finden würde. Ich bitte aber, in Zwischen⸗ rufen nicht sp weit zu gehen, daß der Redner an ber Aus übung seines Rechts gehindert wird.

Abg. Dr. Helfferich; Wir werden es erleben, daß unser Volk auf die Hälfte seiner Zahl eee, ,, n,. wird, wenn die Selhstzerstörnng so weitergeht. (Erneuter Lärm der Unabhängigen Swgialdemokraten. Ich bin überzengt, daß Se mir die Schuld zu⸗ messen, aber das ist mir gleichgültig. (Anhaltender Lärm der Un⸗ abhängigen Szialdemokraten) Die Vorgänge bei der Bildung der neuen Regierung waren tief bedauerlich. Man denke, der Termin für Spaa stand, vor der Tür, und da wandten die Parteien drei Wochen dazu auf, um üher parteipolitische Zwirnsfäden zu stolpern. Der Wahlntsgang zeigt, daß die große Mehrheit des Volles endlich wieder Riche und Ordnung will. Den Sozialismus und sozialistische

Gyperimente, wie fie die Sozialdemokraten beider 2 per⸗ stehen, hat die Mehrheit des Volkes klipp und klar abgelehnt. (Un-

nuhe links.) Die bürgerliche Mehrheit der Nationalbersammlung ift

bon einem Fünftel im Reichstage auf fast ein Drihtel lieden. Die beiden Rechtecparteien haben sich nahen verdoppelt. (Lärm der Un⸗

Sozialdemokraten. Zurufe: Durch Verdoppelung Ihres Geldes !! Das nehme ich als Zeichen dafür, daß die Gedan ken, ür die wir gemeinsam kämpften, marschteren. Die Unabhängigen sind jetzt die einzige Partei, die sich weigert, rückhaltlos auf den Boden der Verfassung zu treten, und ihre Neen zur Aenderung der Vex=

abhängigen

fassung nur mit verfassungs mäßigen Mitteln zu verfolgen. (Unruhe der Unabhängigen Sozialdemokraten. Zuruf Ledebonrs: Schöner mn)ig ; 9

Einspruch erheben der Erörtetung, wie sie sich in dem 8 war vielleicht ein Vergnügen, als die Hesfferichs an der Krippe saßen! Ich bin gerufen worden und habe materielle Opfer gebracht, als ich mein Amt antrat. (Tachen und Lärm inks.)

MorYFanssn sn ler) Verfgssungshüter!)

muß ich gegen eine solche Form Sartze zeigte: Das Regigren

Die anderen Parteien hahe ialisten an der neuen Re⸗

Nach d der Unabhängigen So ice demoꝛ der Mehrheitssoziallsten geb es nur noch eine Mehrhei tsbi die dem parkamentarischen ? vp entsprochen hätte, das sogenannte bürgerliche Block. Ich brauche des Wort „bürgerlich! hier nicht gern. Wir n jg auch in unserer Parte, Gott sei Dank, Vertreter der A schuft und sind darauf stolz (große Unruhe und Lachen Üinks), und das gleiche gilt von der Deutschen Volkspartei; „bürgerlich“ bezeichnet also den Gegen⸗

settz zu den Sozialdemokraten. Woran ist der antisozi al demokratzsche

Bloch gescheitert? Nicht an uns, wir haber te ehrlich par= geboten; aber die Koalitioneparteien woll it nicht. Herr Trimborn, wie Herr Stresemann, die der Demo— kraten sich gefügt haben, haben dur⸗ blicke J wäre ihn nim Grunde lieber gewesen, wenn die der größeren Foalition geführt hätten. Sachkich hat gemann auf

.

3 . . ,, 3 Raf sich n den Standpunki des Kollegen r hat sich an

der kategorischen Eyllärung der ng und so ist anch die Deutsche Vollspartei gar nic mit uns in Verbindung ge⸗ treten. Weiter hat man uns ausgeschaltet, weil meine

Partei mit der größten Entschiel dnrch den moralischen Nieder⸗

bruch des deutschen Volkes h nationalen Gedanken ge⸗ tragen habe (großer Lärm und andau interbrechungen links) ... In diesem Gedanken liegt, das wissen wir, R

deutschen Volles; wenn er auch heute verfemt

lästert wird, wir werden dieser Verfemung und Verläst werden. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Sie sind

national! Die Unterbrechungen und der Lärm 5 Erste, was darin find wir ja mit

ö ö wir brauchen,

Koalition einig, it die Wiederherstellung und Sicherun x und Ordnung, mit allen Konsequenzen, die wir daraus ziehen müssen

für die Machtmittel, die zu dieser Sicherung notwendig sind. (Ruf

links: Damit ein zweiter Kapp-Putsch gemacht werden kann) Was habe ich mit dem Kapp⸗Putsch zu tun? (Großer Lärm und Lachen links. In diesem Zusammenhang bedauere ich, wenn der Versuch gemacht wird, in die Rechtspflege einzugreifen, wie es durch die Inter- pellgtion, betr. Marburg, geschieht, wo das Verfahren noch schwebt; ich lege auch Verwahrung ein gegen den Abg. Scheidemann, der von der nach von Marburg gesprochen hat. Ich vertrete den Wahl- kreis, wo das geschehen ist, ich habe die Gerichtsverhandlungen aufs 1 ö. L (. 1 n gena folgt, ke alt dafür, daß von Schmach gesprochen werden kam Andauernder Lärm ks; Ruf bei den De⸗ mofraten: Leugnen Sie die Leichen ab?! Der Mehner geht

(Fartseꝛhng in der Zweiten Brilage)

Organe unwirksam gemacht

(Lebhafte Zurufe bei den Deutschnationalen: Das alte Märchen!

zum Deutschen Meichsanzeiger und Preußischen Stacks tee

Mr. 146.

Zweite Beilage

Berlin, Montag, den 5. Juli

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage)

.

gerufen worden sind, dann kann man ermessen, was der Eintritt der Herren Deutschnationalen in die Regierung erst für Tumulte in

ann auf seine Tätigkeit als Reichsschatzsekretä in: ü ö . s

. sind . 23. ö (. i e fir 4 gui Deutschland hervorgerufen hätte. (öebhaste Zustimmung im Zen— gesellschaften bedingt. Im Kriege waren diefe notwendig, aber wir trum, bei den Deutsch⸗Demokraten, den Sozialdemokraten und den ind doch ietz.e anderthalb Jahre., über. den. Krieg hinaus. Das Unabhängigen Sozialdemokraten. Zurufe von den Deutsch—

Schlimmste ist die Entwicklung, die unsere veichseigenen Beiriebe ge⸗ Allein bei der Cisenbahn haben wir ein Defizit von in der Eisenbahnwittschaft 3h .

abe die Ne⸗ Sache der Verhältnisse gebessert werden beantragen, daß die Dinge besonders bei der Betriebsberwaltung der Eisenbahn in eingehendster Weise untersucht werden; die Klarlegung der Tatsachen ist die erste Vor— ; f Die Zwangswirt⸗ schaft soll ja nur noch zum Teil beibehallen werden, jedenfalls muß sie aber in vernünftiger Weise durchgeführt werden. Unsere schlimme Tage wird noch überschattet durch das, was uns in Spaa bevorsteht. err Müller Ich sage: Wir sind Deutsche. (Großer

15 Milliarden. Es ist höchste . 83 vernünftige Zustände wieder einkehren.

des Finanzministers war die Trostlofigkeit des Ausblicks.

mich vergebens bemüht, festzustellen, nach welcher Richtung gierung sich angestrengt hat, dieser Lage Herr zu werden. Regierung ist es, Vorschläge zu machen, wie die werden können. Wir

as Schlimmste in der

wen

aussetzung für das Finden der Mittel zur Abhilfe.

Damit komme ich auf die auswärtige Politik gte: Wir sind Kosmopoltten. Beifall, rechts, Lärmende Zurufe der Ji. Soz. Vizepräfident Sie ri ch. bittet sich in den Erklärung des. Ministers des Auswärtigen hörte ich einen Ton heraus, der mir sieb ist, den Ton der Würde. Ich hoffe. daß wir uns in Span unsere Wehrkraft nicht herabdrücken lassen, Lärm der U. Soz.) Die pon uns geforderten Leistungen müssen endlich fest umgrenztz wer⸗ den, damit wir endlich mit sicheren . rechnen können und das Volk nicht, ewig unter dem Druck steht daß ihm alles weggenommen werden soll, was es je in der Zukunft erarbeitet. In Versailles haben wir nach unser aller Ueberzeugung Unerfüllbares unterschrieben; das darf nicht zum zweiten Male geschehen. (Fortdauernde Zurufe der II. Soz.) Finanzkontrollen, Wirtschaftskon krollen, irgendwelche Pfänder, kurz, alles, was über Versailles noch hinausgeht, müssen wir ablehnen, sonst kommen wir zu einer Schraube ohng Ende. Cärm der. I. Soz. Zuruf Le de hours. Das ist. ja nur, Waffer auf die Nühlz der., En kentechaupinisten ) In Versailles wäre mit größerer Festigkeit ein besserer Vertrag zu erzielen gewesem. Wir werden der kttzigen Regierung das Leben und Arbeiten nicht unmöglich machen. Sie ist von unseren Wünschen weit entfernt, aber gegen die alte Koalitions'egierung weist fie einige wesentlich⸗ Verbesserungen auf. Den Erklärungen, die sich auf den Wiederaufbau beziehen, stimmen wi großenteils zu; aber Worte sind Worte; auf die Taten wird es ankommen. Wir erwarten, daß die neue Regierung den rechten Kurs einhäl daß sie den Wiederaufbau vornimmt unter Zurückstellung Iller Parteipolitik, daß se bei den Verhandlungen in Spaa die deut schen Interessen mit Nachdruck vertritt. Den Antrag der Un— abhänglgen auf ein Mißtrauensbotum lehnen wir ab. Der furchtbare Ernst der Lage erfordert innere Entschlossenheit. und allein dem Vaterlande, und jeder, der für das Vaterland wirkt, Bird, uns an seiner Sꝑite finden. (Lebhafter Beifal rechts Zischen, Pfeifen, Johlen und Pfuirufe bei den Ü. Soz. Einer ruft: Ins Zuchthaus! und erhäl! einen Ordnungsruf) Reichsfinanzminister Dr. Wirth: Meine Damen und Herren! Der Herr Minister des Auswärtigen ist zur Stunde nicht im Saale anwesend. Sie wissen alle, daß die Mitglieder der Regierung nach 24 Stunden sich auf dem Wege nach Spa befinden. Es wäre gewiß im Interesse der Sache gelegen, wenn der Herr Minister des Auswärtigen zu einigen Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Helfferich hier hätte Stellung nehmen können. (Sehr gut! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten Aber man wird es dem Herrn Minister des Auswärtigen nachfühlen können, wie uns allen er ist überlastet es drängt sich niemand von uns nach Spa daß wir nicht nur betrübt, sondern entsetzt sind, daß 24 Stunden, bevor der Zug uns nach Spa führt, eine derartige Rede wie die Rede Dr. Helfferichs hier gehalten worden ist. (Stürmische Zustimmung im Zentrum, bei den Deutsch-Demokraten und Sozialdemokraten. Lebhafter Widerspruch rechts. Zuruf rechts: Erzberger II) Merk⸗ würdig, meine Herren, daß die Worte, die ich soeben gesprochen habe, in denen ich nur an die kollegialen Gefühle appelliert habe (Zuruf bei den Deutschnationalen: Na, ich danke, 24 Stunden vor Spa die Minister nicht in eine derartig peinliche Situation zu bringen Zuruf bei den Deutschnationalen: Sie haben die Rede beschimpft! Erzberger Uh, einen der Herren Abgeordneten bereits veranlaßt haben, gegen mich die Faust zu ballen (hört! hört! bei den Sozial— demokraten) und Erzberger II. zuzurufen. Erneute Zurufe bei den Deutschnationalen) Lassen Sie doch den Mann; er ist ja nicht hier! Guruf bei den Deutschnationalen: Aber Sie sind da! Das genügt vollkommen!) Ja, ich bin da, Herr Abgeordneter v. Graefe, und Sie rufen mir zu: das genügt vollkommen! Es genügt voll— kommen, um Ihnen die Wahrheit zu sagen! (Sehr gut! im Zentrum und links. Lachen bei den Deutschnationalen.)

Herr Abgeordneter Dr. Helfferich hat uns aus der französischen Presse und aus Ausführungen von Tardieu eine hiftorische Vorlesung gehalten. Die von ihm vorgetragenen Dinge waren keinerlei Beweis dafür, daß wir einen anderen Frieden hätten haben können. (Leb— hafte Zustimmung im Zentrum, bei den Deutsch-⸗Demokraten, den Sozialdemokraten und den Unabhängigen Sozialdemokraten) Ich habe nicht ein einziges Moment gehört, das irgendwie einen histo— rischen Beweis darstellen konnte, als ob ein anderer Friede möglich gewesen wäre. (Zuruf bei den Deutschnationalen Herr Abgeord⸗ neter Dr. Helfferich, wir haben ja in Weimar seinerzeit in jener dunklen Stunde gestanden, wo die Partei von rechts die Möglichkeit gehabt hätte, die Verantwortung zu übernehmen. Guruf bei den Deutschnationalen: So, wann denn?) Ach, fragen Sie doch nicht!

Wir haben gesagt: geben Sie uns eine tragfähige Mehrheit! Wo waren denn die, die hinter uns standen? Kein einziger war da, der mitmachen wollte) Wie sonderbar, daß heute die Herren von rechts kommen und verlangen, daß wir damals in Weimar hätten hinter sie treten sollen, weil sie vielleicht bereit gewesen wären aber nur nach Erwägungen, die sie anstellen wollten die Führung zu übernehmen. Nein, verehrte Herren, so wenig wie damals in

Weimar die alten Koalitionsparteien bereit gewesen wären, unter Ihrer Führung die politische Verantwortung zu übernehmen, so wenig sind sie es jetzt gewesen, und wenn man die Wirkung der heutigen Rede auf dieses hohe Haus sich in aller Ruhe einmal zu

Zurufen Beschränkung aufzuerlegen) Aus der

Wir dienen einzig

nationalen) Wenn Sie nichts Besseres zu sagen haben, Herr Ab— geordneter v. Graefe, dann bitte Zurückhaltung, die Herren von rechts haben ja jahrelang Gelegenheit gehabt, ihr politisches Licht leuchten zu lassen. Haben Sie doch Geduld, bis wir in die Lage kommen, eine Politik zu treiben, die auch Früchte für das ganze deutsche Volk bringen kann!

Herr Dr. Helfferich hat es heute sehr leicht, von Besserung der Finanzen zu sprechen. (Zustimmung bei den Sozialdemokraten und den Unabhängigen Sozialdemokraten. Wir wollen rückwärts blickend einmal ein Wort des berühmten ftanzösischen Finanz— ministers Necker anwenden: machen Sie zuerst eine gute Politik, und dann werden wir die Finanzen in Ordnung bringen. (Sehr gut! im Zentrum) Wir bauen doch nicht auf Guruf bei den Deutsch⸗ nationalen: Nein! Heiterkeit bei den Deutschnationalen) Meine Herren, das sind Zwischenrufe, bei denen nur die Quantität der Sprache den Geist ersetzen soll. (Sehr gut! und Bravo! im Zentrum, bei den Deutsch⸗Demokraten und den Sozialdemokraten) Wenn man auf solche Zwischenrufe reagieren wollte ich will den Satz nicht vollenden.

Ich sage: wenn wir auf Ihre Politik aufbauen wollten, dann wären wir am Ende mit unserem Latein. Das ist ja das Jämmerliche, daß wir erst auf den Trümmern einer vierzigjährigen Zickzackpolitik (große andauernde Unruhe bei den Deutschnationalen. Beifall und lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten) beginnen müssen, um den jungen deutschen Volksstaat aufzubauen. (Unruhe und Zurufe bei den Deutschnationalen. Zuftimmung im Zentrum, bei den Deutschen Demokraten und den U. Soz) Ich habe Zeit, zu warten. Wenn es den Herren so ums Lachen ist, wie die Herren von der Rechten es belieben, sollen sie morgen es noch einmal mit der Offerte versuchen, sie seien bereit, mit uns politisch zu arbeiten. Sie werden dann eine entsprechende Antwort bekommen. Wir, die wir der jüngeren Gene— ration angehören, wollen ehrenhafte Politik treiben, wir wollen dem Vaterlande aufrichtig dienen. Und Sie! 24 Stunden vor Spaa in das Haus die Brandfackel der Zwietracht zu werfen, das war Ihnen (zu den Deutschnationalen) vorbehalten. (Stürmischer Beifall im Zentrum, bei den Deutschen Demokraten und den Sozialdemokraten.)

Der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich hat sich auch nicht versagt, in Zeitungspolemik zu machen und irgendwelche Papierschnitzel heraus— zufuchen, als ob ich in Wahlversammlungen inbezug auf unsere Eisen— bahnverwaltung gefehlt hätte. Ich habe wörtlich draußen gesagt, was ich in meiner Rede am 26. Mpril hier ausgeführt habe. Die Stelle lautet wörtlich:

„Denn der schrecklichste der Schrecken wäre nicht etwa eine Art Kapitalisierung im schlimmsten Sinne des Wortes der Eisenbahn und Post durch inneres Kapital, sondern der schrecklichste der Schrecken, wenn wir nicht weiter kommen würden, wäre die Ver— pfändung dieser großen Verwaltungen etwa an ausländisches Kapital. (Sehr wahr! rechts, im Zentrum und bei den Deutschen Demo— kraten. Das muß unter allen Umständen verhütet werden, wenn wir nicht fremde Sklavenketten eines Weltkapitalismus auf uns laden wollen.“

Diesen Standpunkt habe ich auch draußen vertreten, und überall, wo ich hingekommen bin, in Hannover und anderen Städten, habe ich

9. achs, serner liarden, die erst durch neue Steuern geschaffen werden müssen. bereits im Hauptausschuß auf dieses besondere Moment in Etat hingewiesen. Nichts liegt mir fertzer, als Ihnen ein frisiertes Zahlenwerk vor Augen zu stellen. Es wäre ja für einen Finanzminister eine ganz nette Aufgabe, Ihnen heute ein frisiertes Budget zu sewieren, das dann alleik durch den ersten Sturmwind bei der ersten polttischen Aussprache des neu zusammengekommenen Reichstags hinweggefegt werden würde. Ich habe in der Kommission darauf aufmerksam ge⸗ macht, daß diese 3 Milliarden vom Vermögenszuwachs nur noch einmal, und zwar in diesem Jahre eingestellt werden können.“ So schon meine Ausführungen im April. Was also der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich gewünscht hat, habe ich bereits am 26. April in diesem Hause wörtlich ausgeführt. (Sehr richtig! im Zentrum. Abg. Dr. Helffferich: Das trifft ja nicht die Sache, es dreht Sie sagen, der Etat wäre frisiert) Ich habe Ihnen die Voraussetzungen genannt, ich habe gesagt: unter diesen Voraussetzungen. Ich habe wörtlich das des⸗ halb noch einmal wiedenhollt. Ich möchte keine Verschleierung haben, und es ist mir recht, wenn alle Mitglieder dieses hohen Hauses über die Lage unseres Etats in möglichst weitem Umfange Aufklärung nach außen geben. Das ist ja das Unglück des deutschen Volkes, daß diese Auf⸗ klärung nicht genügend erfolgt, genau so wie in der Kriegsposstjk, wo taumelnd die Millionen der Politik vertrauten, weil man irgendwie auf die Führung von einigen sogenannten erleuchteten Köpfen vertraute, wo immer wieder der Gedanke großer Groberungen oder großer Ent⸗ schädigungen dem Volke vorgegnnfelt worden ist. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum und links) Da habe ich den Wunsch, daß win nicht ein ähnliches Fiasko wie in der Kriegspolitik in unseren finanziellen Ver⸗ hältnissen erleben möchten. Ich wünsche Aufklärung und Klarheit in allen den Punkten, die unsere Finanzen angehen.

Nun hat der Herr Abg. Dr. Helfferich eingehend einige von mir vorgetragene Zahlen gewürdigt. Wem wir nur heute in der Vage wären, über die Jahre 1916, 1917, 1918, 1919 Ihnen die letzten Nach⸗ weisungen vorlegen zu können! Das ist ja das Unglück der gangen

nahmen aus der Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs s

* J

sich darum, daß

Kriegsgebahrung, daß alles auf die Kriegsfonds geworfen worden ist,

daß die Ausgaben erst lange nach dem Rechnungsjahr verbucht worden sind, in dem sie erfolgt sind. Herr Dr. Helfferich wird in kurzem Ge⸗ legenheit haben, das nachgzusehen, wenn wir die Denkschrit vorlegen. Es sind nur technische Schwierigkeiten, die die Vorlage verzögert hat. Dann wird er in die Lage kommen, nachzuprüfen, wo die Schwierig

keiten liegen, die verhindern, schon heute über alle Einzelheiten der Kriegsfinanzen Auskunft zu geben. Ich will aber mur eins hier moch einmal kurz anführen. Vom Jahre Hic bis zum Jahre 1920 nnd zwar bis zum 1. April insgefamt sind an Einnahmen, am laufenden Steuern, Zöllen und Gebühren 164 Milliarden v errechnet worden. Dazu kommen aus den Kriegsgewinnsteuern, die bisher eingegangen sind, 34 Milliarden. Wir haben aber allein für Verwaltung und Verzinsung und Tilgung der Kriegsschuld 23,4 Milliarden ausgegeben. (Hört, hört! im Zentrum) Das zeigt doch die große smanzielle Not, die nicht auf die letzten zwei Jahre allein zurückgeht, sonde rm die auf unfere ganze finanzielle Gestaltung vom Anfang des Krieges bis zun Gegenwart zurückgeht. Cebhafte Zustimmung im Zentrum und links) Ich könnte Ihnen heute die Zahlen im einzelnen vorführen; ich habe die Denlschrift jetzt vor mir liegen, aber wir wollen das auff wie Join bis nach Spaa verschieben. Du haben wir Gelegenheit, ans eingehend darüber zu unterhalten, wie wir in die Lage kommen sollben, neue große Lasten auf uns zu nehmen. Glaubtz denn jemand won Ihnen, daß wir uns allein auf der alten Bahn weiter bewegen können, wenn

auf die ungeheure Gefahr hingewiesen, daß, wenn wir die Schuldenlast häufen, auch durch die Fehlbeträge der großen Reichseisenbahn. verwaltung, und daß es dann dahin kommen kann, wenn wir nicht mehr weiter können, daß wir nicht nur die Sklaven inländischen Kapitals, sondern die Sklaven fremden Kapitals werden können. Dagegen wehren wir uns. Nun kommt Herr Dr. Helfferich und sagt von mir persönlich: es muß Widerstand geleistet werden gegen Forderungen, die nicht unbedingt aus der dringenden Not gefordert werden. Ich er— innere Sie alle an die Szene des Hauses, als der ehrwürdige Herr Graf von Posadowsky vor wenigen Wochen an mich eine freundliche Mahnung gerichtet hat. Ich ehre diesen Mann seit meiner Studenten zeit, wo ich Gelegenheit gehabt habe, diesen hochbedeutsamen fozial⸗ politischen Führer in Wort und Schrift kennen zu lernen; er hat mir insbesondere zugerufen: Herr Finanzminister, machen Sie sich nicht populär! Und was war die erste Folge? Ich mußte eine weitgehende Forderung der Deutschnationalen Volkspartei zurückweisen (Hört, hört! im Zentrum und bei den Sozialdemokraten), die um Hunderte von Millionen über die weitgehenden Ansprüche, die erhoben worden sind, hinausgegangen ist. Ich freue mich, wenn in der Zwischenzeit eine Wandlung bei Ihnen (zu den Deutschnationalen) eingetreten ist. Meine Damen und Herren! Es ist sehr leicht, von einem Finanz— minister zu verlangen, er soll den Widerstand gegen Forderungen, die nicht unbedingt notwendig sind, verstärken und versteifen. (Zuruf von den Deutschnationalen: Kriegsbeschädigte) Nein, wir sprechen jetzt von der Frage der damaligen Reichsbesoldungsordnung; das hat mit Kriegsbeschädigten nichts zu tun. Sie können sich ja bei Ihrem Kollegen Deglerk erkundigen. Aber soll der Reichsfinanzminister den Daumen auf den Beutel drücken, wenn es sich um die Bekämpfung der Hungersnot handelt? (Sehr richtig! im Zentrum, bei den Deutsch— Demokraten und den Sozialdemokraten) Da muß der Finanzminister aus höheren politischen und sozialen Gründen auch die Verantwortung dafür übernehmen, wenn sich dadurch die Schusdenlast des Deutschen Reiches steigern sollte. e

Nun hat der Herr Abgeordnete Dr. Helfferich bei dieser Gelegen- heit geglaubt, mir insbesondere eine gewisse Unaufrichtigkeit über die Zahlen des Etats vorwerfen zu können. Ich glaube, er hat das zu Unrecht getan, und ich bitte Sie, meine Ausführungen vom April darüber nachzulesen. Ich habe wörtlich über diese 3⸗Milliarden⸗Belastung und über die einmaligen Ausgaben bemerkt: „Was nun die Einnahmen im ordentlichen Etat anlangt, so sind sie, wie gesagt, auf 27,95 Mil⸗

Gemüte führt, die tumultuarischen Szenen, die vorhin hier herpor—

liarden geschätzt. Darunter sind aber 3 Milliarden einmalige Ein—⸗

zuzwängen? Das glaube ich nicht mehr.

wir an den Gedanken der Reparation ernsthaft herangehen wollen? Das ift eins sitztliche Verpflichtung, die wir übernommem haben. Von diesey Voraussetzung getragen, lesen und würdigen Sie die Neden des Kanzlers, wie des Herrn Außenministers. Wir wollen, was in umnferen ökonomischen und moralischen Kräften steht, zum Wiederaufbau Gu⸗ ropas beitragen. Dabei konnen wir aber nicht vom den Ewplostons⸗ debattzen, die heute hier stattgefunden haben, ausgehen. England ung Frankreich gegenüber wird es nichts helfen, wenn wir cbwa im hündischen Demitz uns in Spau bewegen wollten. Nüchtern, aufrichtig nnd ernsthaft, getragen vom festen Willen, uns dort als Deutsche zu fühlen und zu zeigen, gehen win diesen dornemvollen Weg. (Bwwo Aber, wenn wir von dort zurückkommen, und wenn, was ich ja nicht weiß.

sich eine Verständigung anbahnen sollte, dann werden Sie allein mit

Steuer- und Finanzpolemik die große Frage nicht lösen können. Win müssen die Frage aus dem stenerlichen Gebiet hingusbringen zur Frage der Produktion und der Wirtschaft. (Lebhafte Zuftimmumg) Ich be—⸗ grüße den Zufammentritzt des Reichswirtschaftsrates. Die Herren werden neben uns davan helfen, die großen Probleme zu lösen. Ghaubtz

jemand von Ihnen, daß es mögssch sein wird, angesichts der Lage

unserer Finanzen und der Wiedergutmachung, in Frankreich und Eng land alles und jedes durch die Zahlen des deutschen Fiskus hindurch (Guftimmung) Das ist eine Frage der Konftzmuktion der Form unserer Produktion. (Sehn

richtig! bei den Sozialdemokraten) Welche Formen gefunden werden, weiß ich noch nicht. Darüben will ich mich heute auch nicht auslassen.

Es wäre zu töricht, wenn wir am Vorabend vor Spaa heute in bezug

auf unsere Finanzen, über die Konstruktion unserer Produktion eine eingehende Darftellung geben würden. niemand verlangen. Ist der Wille bei unseren Feinden lebendig, den Weg der Verständigung zu gehen, aus der Milliardenpsychose die Völker herauszulösen, dann wird auch im Reichstag ein Weg gefunden werden, um am Wiederaufbau Europas mit Erfolg mitzuarbei len. Ich meine also: es wäre heute mehr als wünschenswert, aus dem Reden, das nur Polemik enthält, herauszukommen.

(Sehn rühtinn) Das kann

Wenn auch die Regierung, die nach Span geht, eine Minder⸗

heitsregierung ist, sie ist doch getragen, wenn auch vielleicht nicht so sehr in diesem hohen Hause wie draußen in weiten Volkskreisen, von einem großen Vertrauen zu der jetzigen Regierung, daß sie die Nation mit Würde vertreten wird. den Stürmen der Gegenwart wie der letzten Monate das glaube ich für uns sagen zu können, die wir der alten Koalition

(Lebhaftes Bravo.) In allen

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