drohung Frankreichs eine ganz andere Bedeutung, als sie sie vorher gehabt hatte. Wir mußten unter allen Umständen damit rechnen, daß, wenn das Abkommen in Spaa nicht unterschrieben wurde, dann der Einmarsch Frankreichs, der Entente, in das Ruhrgebiet bevor- stand und dann unsere deutsche Wirtschaft, wie das der Herr Reichs kanzler und wie das der Herr Minister des Auswärtigen ausemm⸗ andergesetzt haben, vollständig zusammenbrach. (Zurufe von den Deutschnationalen: Und im Herbst? — Nun wird uns entgegen gehalten: die Einmarschdrohung besteht noch weiter, der Ein marsch kann noch später erfolgen. Gewiß, er kann erfolgen; aber wenn uns mit der Vernichtung unserer Wirtschaft gedroht wird, dann, hoch— verehrte Anwesende, möchte ich den Mann sehen, der bei Sinnen ist und der sagt: dann lieber heute als morgen. (Lebhafte Zustimmung bei den Negierungsparteien und den Sozialdemokraten.) Solange wir irgendwie die Möglichkeit haben, den Einmarsch zu verhindern — und die Möglichkeit besteht noch, und wir wollen hoffen, daß wir sie verhindern durch Anspannung aller unserer Kräfte —, so lange ist jede verantwortungsbolle Regierung in Deutschland verpflichtet, diesen Einmarsch zu verhindern, (erneute lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien und den Sozialdemokraten) und soweit sich der Ein marsch noch irgendwie aufschieben läßt, diesen Aufmarsch auf— zuschieben. ; Der Herr Vorredner kann auch nicht einmal behaupten, daß der Einmarsch mit Sicherheit bevorsteht. Es kann kein Mensch be⸗ haupten, daß dieser Einmarsch mit Sicherheit in Zukunft bevorsteht. Er kann auch nur sagen: er wird vielleicht erfolgen. Aber dieses Vielleicht wiegt für die Zukunst und für das Leben unseres deutschen Volkes ganz außerordentlich viel; und da wir nicht sicher sind, daß der Einmarsch erfolgt, müssen wir den Einmarsch zu verhindern . soweit das irgend möglich ist. Aus diesen Gesichtspunkten heraus hat sich die Regierun en Herzens entschlossen, auf die Bedingungen in Spaa ö Herr Reichskanzler hat darauf hingewiesen, daß biese Bedingungen in Spaa dem bisherigen Zustande, dem Zustande des Friedens vertrages gegenüber eine Grleichterung bedeuten. Das hat die Partei des Herrn Vorredners nicht berücksichtigt und auch der Herr Vorredner nicht.
Der Herr Vorredner hat dann gesagt, man hätte ablehnen sollen und damit das deutsche Volk zum nationalen Appell aufrufen sollen. Ich wäre der letzte, und die Regierung wäre die letzte, die das Volk nicht zum nationalen Appell aufrufen wollte, wenn es wirklich un⸗ bedingt nötig wäre und wenn es kein andres Mittel gäbe. Aber man sehe doch unser Volk an, wie es nach diesem Kriege schwer darnieder— liegt, wie es unter den Lasten seuszt, die ihm der Krieg auferlogt hat, wie es sich nicht mehr zu derartigen Taten aufraffen kann, wie es sie vorher geleistet hat. Wenn man die Möglichkeit hat, das abzuwenden, dann diese Möglichkeit nicht zu benutzen und dieses schwer darnieder— liegende Volk noch einmal hochpestschen zu wollen, nein, das hat die Regierung abgelehnt und wird es auch in Zukunft ablehnen. Stürmischer Beifall bei den Regierungsparteien und den Sozial⸗ demokraten.)
Ich möchte aber mit diesen wenigen Worten meine Rede beenden. Der Herr Vorredner hat erklärt, das Nationale wäre auf seiner Seite, J die Regierung hätte nicht in nationalem Sinne gehandelt. Ich will
selbstberständlich die nationale Gesinnung der Deutschnationalen Vol kʒ⸗ partei nicht angreifen, aber dieselbe nationale Gesinnung, die sie für sich beansprucht, beansprucht die Regierung auch für sich. (Beifall bei den Regierungsparteien) Sie hat nach bestem Wissen und Ge— wissen gehandelt, um die Wirtschaft des deutschen Volkes nicht zu— sammenbrechen zu lassen und um die Zukunft des deutschen Volkes zu sichern, und sie hat das getan aus nationaler Gesinnung ¶ Stũrmischer Beifall bei den Regierungsparteien)
51
13. Sitzung vom 29. Juli, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger) *) J Präsident Löbe eröffnet die Sitzung nach 114 Uhr.
Eingegangen ist ein Gesetzent wurf, betreffend die. Abschaffung der allgemeinen 36 6nd pflicht, und eine Benkschrift über die finan— zielle Lage des Reiches.
. hun zweiten Beratung steht der von den Sozialdemokraten . rachte Gesetzentwuürf, betreffend Auf⸗
9 kahsch der Militärgerichtsbarkeit. Der
5. Ausschuß hat den Entwurf mit einigen Abänderungen an—
gengnmeng zg zie g fhebung der Milit obarke ö — erklätt die Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit, abgesehen H von dem Strasperfahren in 9 seiten . die an . ö ö geschifften Angehörigen der Reichkmarine, soweih die strasbare Hand—= lung zur Kringsjeit an Boid oder im Ausland begemgen ist. Außer= ee, . F 1 die Ersetzung des strengen Arrestes durch den Mätztel⸗
r .
Abg. Prof. Dr. Radbruch (Soz): Es hat keinen Zweck, heute
ö — um hunderhflen Male Gesagtes zu wiederholen. Wir werden den ) lusschusporschlägen zustimmen, beantragen aber, in 8 O die Unter⸗
suchungahaft in den Fällen des Fluchtberdachts und der Gefährdung er Disziplin zu streichen. Auf halbem ist uns der Ausschuß shon entgegengekommen, da er den Ausdruch Untersuchungshaft be— kitigt hat und nur noch von Verhaftung spricht. Wir empfehlen weile die von uns gemeinsam mit den übrigen Parteien beantragte Abänderung zu Sz 19, 11 und 16, wodurch den bei den Militäranwälten ö beschẽfliglen Sekretären die von diesen gewünschte Gleichstellung mit den Zivi ten gleicher Kategorie zugesprochen n soll. Dem , Anttag, der in 3 6 eine , ,, der Anzeige · . pflicht anstrebt, önnen wir nicht zustimmen. Zur allgemelnen Kenn= zelcknung unseres Standpunktes nur noch das eine: Frankreich hat nur . U einen in Dreyfucprozeß gehabt und ist dadurch in seinen Grund . i Itschüttert worden. Ucher uns sind seit 195 Jahren duhendweise R ö olche , vom Liebknecht⸗Luremburg-Prozeß an bis zu dem . ö . Ne dura fen reiwilligen Prozeß, fre rng, In der breiten Volksmasse ist dadurch das 53 ür die jekliwität der Justi; schwer erschüttert worden. Man darf geradezu von einer Justlzschmach n, der dieses Gesetz ein Ende machen soll. bg. Gallwiß (D. Nat): Der Militärgerichtsbarkeit ist jn . daz TMesurteil gesprochen. Der Sturmlguf gegen sie stüßt sich bich guf sachliche Argumente, sondern auf . Mo live. demo⸗ J . kratische Frankreich hat seinerzeit einh die Milstärgerichsbarkeit qö— . geschagfftz sie aber dann wicder, eingeführt. (Hört, hört! rechts)] In ber Schwei Kat der vom Nationdtret eingeseßzte Ausschuß ein stinnnig den Vorschlag der Regierung, die Militärgericht cbarkelt abzuf waffen, abgelehnt. (Hört, hört! rechts) Die Leussche hi e, . eit Kt sehr vie besser gewesen, als zb Nuf. Cebbaftes Sehr richtig! zechts) Ich kam aus einer fünfzigjährigen Befanntschaf mil der Milstär= gerichtsbarkeit ein kompelentes Urteil über ihre Wirksamkeit in An—
ö spre
) Mit Ausnahme der Reben der Herren Minister, die im Work⸗
schneidende Gesetzentwurf in der F
zur Beratung dieses Initativantrages zusammentrat, war ge— vade dem
Ich daß die Regierung uns bis zum nächsten Zusammentrit: dieses ß zum 1. Dkteber 192, an welchem Tag; die J
Militärgerichtsbarkeit soll insofern eingeschränkt werden, n dem Intta wantrag der S ö.
des NRegierungsentwurfs, als ; Friegsschiffen nur dann in Tätigkeit treten soll, wenn diese Schiffe sich im Auslande befinden. Wir halten das für eine Verschlechterung insofenn, als dadurch gerade die eingeschifften Marinemannschaften der Gefahr auegesetz! sind, nicht so einwandfrei und gerecht beurteilt zu r ö sie dies beanspruchen können. Die Verhältnisse an Bord ind do en richtig eingeschätzt werden von Richtern, die das Leben am Bord ennen. Straftat disziplinaris Disgivlinarvorgesetzten sofern aber ein Lintergebener oder eine nicht der Wehrmacht angehörige Person verletzt ist, em Staatsanwalt zu.“ Dag halten wir mit der Disziplin für unwertinbar, daß man von Anfang an dem Soldaten n. Du findest bei deinen Vorgeretzten überhaupt keinen Schutz. gegenseitigen Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen. Ueber
spruch nehmen; im Kriege habe ich als Obewefehlshaber in der Be⸗ gehen lassen. Der elne sachliche Einwand gegen die Institution be— trifft. den Gerichtsherrn. Zugegeben, daß er in die modernen Ver⸗ hältnisse nicht mehr paßt, aber der ungünstige Einfluß dieser Ein— richtung wird doch sehr überschätzt und übertrieben. Es ist den Obersten und Generalen durchaus nicht darauf angekommen, einen unzu lässtgen und ungerechlen Einfluß auf die richterlichen Organe auszuüben ode⸗ gar Rechtsbrüche zu begehen. Dabei unterschätzt man denn doch zu sehr den Gexechtigkeitssinn und das tiefe Pstächtgefühl der Offiziere und cbenso das Sesbständigkeits! und Verantworlungsgefühl sowie die ahsolute. Charakterfestigkeit des richterlichen Personals. Ich nehm; Felegenheit, von dieser Stelle allen Beteiligten den wärmsten Dank für ihre Tätigkeit abzustetten und ihnen das Bedauem über das gaus— zusprechen, was sie jetzt an Herabsetzung und abfälliger Peurteilung über sich ergehen . müssen. Es ist bei uns eingehender als in zer Ziwiljustig gearbeitet worden. Daß jezt noch. 32 000 Sachen rück= ständig sind, ist das Ergebnis der Kriegsberhältnisse; da konnten diese Sachen nicht mit der früheren Promptheit enledigh werden, schon weil ein ungusgesetztes Hin⸗ und Herschieben der Formationen und ein fort⸗ geseßter Wechsel in den Divisionen stattfand. Eine große Zahl. der Fälle entfällt auch auf die zahlreichen Drückebenger und Fahnenflüchtigen, nicht auf die vegulärs Truppe. Die Militängerichtäbarkeit ist eine für jedes Heer notwendige Einrichtung, wenn sie auch beim Séldnerheer weniger in die Erscheinung zu treten braucht; nötig ist sie aber auch hier. Nun hat ja die Reichewerfassung die Aushebung vorgeschricben. Wir haben uns im Auaschuß bemüht, unseren Bedenken gegen Einzel heiten zur Geltung zu verhelfen. Ich weise hier nur guf den sehr schwemwiegenden Umstand hin, daß der Uebergang der Militärjustiz an die Zivilgerichte eine gan d n, Verlangsamung in ber Erledigung der Fälle nach sich ziehen wird, was doch gerade dem mili⸗ tärsschem Interesse widerspricht. Gegen das im 5 W ausgesprochene ausdrückliche Verbot der. Bildung besonderer Schöffengerichle, Straf⸗ kammern oder Strafsenate zur Aburteilung von Militärvergehen habe ich große Bedenken,. Von der Stellung von Anträgen haben wir indes abgesehen, auch bezüglich der künftigen Verwendung des Miljitärjust:z= personals, aackdem in diesem Punkte seitens der Regierung immerhin wohlwollende , ,. . worden sind. Wir bleiben dabei, die Abschaffung der Militärgerichtsbarfeit ist eine nicht zu rechtfertige ide Maßnahnie, wir brauchen ewas wie sie unbedingt. Wir werden gegen die Vorlage stimmen.
Aba. Dr. Rosenfeld (. Sez): Man sollte es kaum far möglich halten . rechts) daß sich hier noch jemand zur Ver— teidigung der Militärjustiz finden würde. Die hohen,. Offiziere, die linter der Front gepraßt be, haben kein Recht, hier im Namen der Frontsoldaten zu sprechen. (Lärm rechts und Lachen) Die Militär- gerichtsbarkeit hat iedes Vertrauen im Volke verloren. Sie ist nicht nur im Kriege ein System der ärgsten Unterdrückungen gewesen, sondern hat auch noch nach der Revolution die Morde an Liebknecht und Frau Luxemburg auf dem Gewissen. Unruhe und Lachen rechts) Diese Vorlage entspricht nicht unseren Wünschen. Viele Straftaten gehen an die Strafkammern, die ja ein ganz hesonderes Instrument der Klassen⸗ sustiz sind. Eine Gesundung der Rechtspflege ist nur von der Be— seitigung des Klassenstaates zu erwarten.
Abg. Bel] . Man sollte ö wichtige Vorlagen mit ge⸗ bührender Sachlichkeit behandeln. Wir stehen aus sgchlichen Gründen auf dem Boden des Gatwurfs. Die grundlegende Umgestaltung, die unser Heer erfahren hat, muß auch die Alufhebung der Trennung von Zivil: und Militärgerichtsharkeit nach sich ziehen. Einige Verbesse⸗ Iungsborschläge werden noch zur Geltung kommen. enn andere in der die Mil tärgerichtsbarkeit beibehalten haben, so brauchen ihre Gründe noch nicht für uns zuzutresfen. Wir müssen eben die besonderen deusschen Verhältnisse in Betracht ziehen. Daß die Militärgerichts— justizbegmten sachlich gearheitet haben, erkennen wir rückhaltlos an, ebenso unsere Pflicht, für ihre Zukunft zu sorgen.
Abg. Brüninghaus (D. Vp): Man sollte es nicht für r, halten (große Heiterkeit) daß der Führer der Unabhängigen Sozialdemokraten Dr. Rosenfeld es für angezeigt gehalten hat, 8 verehrten General (ironischeß Brapo! und Hurra! lin! 6), der in durch us vnhiger und sachlicher Weise sich zu der vorliegenden Materie ge— äußert hat; mit Schmutz zu bewerfen. (Vizepräsident Loebe unter= brechend: Ves verstößt gegen die Ordnung des Hauses, ich kann es nicht zulassen). Ich wurde durch Zwischenrufe von links unterbrochen und konnte meinen Satz nicht zu Ende führen. Ich wollte sagen, mit Schmutz zu bewerfen, insofern, als er ihn für das Elend und Unglück Des deutschen Volkes verantwortlich gemacht hat. Dr. Rosenfeld ha e, wörtlich wie dem Sinne nach Ci daß dieses 7 Unglück der Offizierskaste zu verdanken wäre. (Sehr richtig! links Ich bin es dem Andenken der 19 000 Offiziere, die der grüne Rasen deckt, schuldiß. dies turücktuweis en, (Leute Zurufe links.) Kürglich stand, wenn ich nicht irre, im „Tag“, daß in zehn Jahren das gqunze deutsche Volk, diejenigen verfluchen werde, die die Revolution gemacht haben. . links) 33 bin nicht dieser Ansicht, sondern ich meine und hoffe, daß dieser Jeitpunkt noch viel früher eintreten wird. Was den vorliegenden Gesetzeniwurf anlangt, so ist die deutsche Volkspartei der ö, Weimarer Verfassung notwendig geworden ist, ein grundlegender Fehler wäre. Ich habe mich auch persönkich dawon überzeugt, daß es ein großer Fehler ist, wenn man die Militärgerichtsbarkeit abschafft, ohne dafür etwas Gleichwertiges zu setzen. Wenn Dr. Bell ausführte, man dürfe Auf die anderen Nationen nicht exemplifizieren und meinte, daß die Schweiß und alle übrigen Länder die Militärgerichtsbarkeit für not— wendig gehalten haben und Frankreich sie wieder einführen will, so sollte uns das zu denken geben. Dr. Bell sagte, die anderen Nationen gehen uns nichts an. Das ist eine gewisse Ueberhebung. Wir werden gegen dieses Gesetz stimmen. Es ist auch eigenartig, daß dieser überaus ein⸗ sch e orm eines Initigtibantrages der sozialdemokratischen Partei behandelt wird. Als die Kommission m. Reichstage der Regierungsentwurf für die Aufhebung der MilitärgerichtsbWarkeit zugegangen. Es wäre besser gewesen, wenn wir in der Lage gewesen wären, den Gesetz.
rufungszinstanz eine grofe Menge dieser Fälle durch meine Finger
der i . eingelaufen:
Wünsche des großen Teiles eines Standes, des Wehrstandes, dan man doch nicht hinweggehen. Ich glaube, daß die verhältnismäßig sehr milden Strasen, die in der Mililärstrafrechtspflege üblich waren, in der Zwilstrafrechtspflege nicht so in die Erscheinung treten wie bisher. Ich betrachte die Aufhebung der Militärgerichtsbakeit als einen großen Fehler und ich bin überzeugt, daß wir ebenso wie in Frankreich dazu, kommen, sie wieder einzuführen. möchte sie bitten, nach Kräften dafür zu sorgen, daß die demnaͤchst zur Ent- assung kommenden . in der Industrie und 5 schaft untergebracht werden.
Abg. Dr. Hag.'s (Dem); Die Deutsche Volkspartei will nicht für dieses Gesetz stimmen. Es wäre bedenklich, wenn ein solcher Vorgang innerhalb der Koalition sich wiederholen würde. (Sehr richtig! bei den Demokraten Dieses Gesetz beruht zwar formell auf einem Injtiativantrag der Sozialdemokraten, stimmt aber mit dem gleichen Entwurf der Koalitzongregierung inhaltlich überein. Sehr erfreulich waren die i, ,,. Ausrinandersetzungen heute nicht; man brauchte sich in diesem Stadium der Beratung nicht mehr gegenseitig so zu erhitzen. Die Rechtz sieht die Militärgerichtsbarkeit als unbedingt herrlich, die äußerste Linke als unbedingt schlecht an. In manchen Beziehungen war die Militärgerichtsbarkeit fast muster⸗ gültig, denn ihre Laienrichter hatten immer das Bestreben, siß gründ⸗ lich in die Sache zu vertiefen, während der Berufsrichter sich eine gewisse Routine angewöhnen muß. Aber die Militärgerichtsbarkeit hat auch schwere Fehler egg die Vorgesetzten zu milde, die Unter⸗ gebenen zu streng bestraft. Es hieß, die Disziplin, namentlich im Kriege, könne nur mit harten Strafen aufrechterhalten werden, aber im Kriege konnte man die unvernünftigen Strafen des Militär straf. gesetzbuches gar nicht anwenden, so daß mitten im Kriege Sachver- ständige die Abänderung des Militärstrafgesetzbuches wegen seiner unerhörten Strafen verlangten. Ein Mann kann eben nicht mit dem Tode bestraft werden, weil er einmal im Schützengraben eingeschlafen st. Sodann hat, die. Militärgerichtsbarkeit da gefehlt, wo PHolitische Erwägungen hineinspielten, sie hat gerade in den letzten Monaten Urteile gefällt, die in weitesten Kreisen nicht mehr verstanden wurden und es sogar außerordentlich schwer machten, an den guten Willen der Richter zu glauben. (Sehr richtig! links.. Bei unserer neuen Heeresorganisation, die nur noch ein Söldnerheer oder im wesent— lichen nur eine. Polizeiorganisation darstellt, ö. an eine Militär⸗ gerichtsbarkeit nicht mehr zu denken, Redner befürwortet schlie ie. den sien seiner Partei wegen Einschränkung der Anzeigepfli im ? ⸗
Reichswehrminister Dr. Geß ler: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzeniwurf ist die Einlösung eines in Wei mas gegebenen Versprechens. Es hat deshalb gar keinen Wert, daß ich die Geschäftslage des hohen Hauses noch dadurch belaste, daß auch ich noch eine andere grundsätzlichée Stellung zu ihm ein⸗ nehme als die, daß die Reichsregierung dieses Gesetz an⸗ nehmen wird. Ich möchte nur zwei Wünsche hinzufügen, grstens, daß damit endlich die Gerichtsbarkeit über unser Militär der At⸗ mosphäre politischer Leidenschaften entzogen wird. (Sehr richtig bei den Regierungsparteien) Denn nichts ist weniger geeignet als die Justiz Gegenstand und Anlaß zu großen politischen Erörterungen zu seüa, weil unter allen Umständen dadurch das Rechtsempfinden und die Rechts.; sicherheit inn Volke auf das tiefste erschüttert wird. (Zustimmung bei den Regierungeparteien) Zweitens möchte ich wünschen, daß dig meines Erachtens nicht minder dringliche Notwendigkeit einer Reform unseres bürgerlichen Strafverfahrens beschleunigt wird. Denn die Anf hebung der Militärgerichtsbarkeit kann bei dem engen Zusammenleben der Truppe in der Kaserne nur dann günstig wirken, wenn die bürger⸗ liche Strafrechtspflege rascher arbeitet, als sie es bisher gewohnt ge= wesen ist. Das bürgerliche Strafprozeßverfahren schiebt heute Tat und Sühne leider Gottes vielfach so auseinander, daß damit dem Rechts- bewußtsein des Volkes nicht Genüge getan wird. (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien) Gerade dos enge Zusammenleben der Truppe fordert, daß der Tat eine rasche Sühne folgt, gleichgültig, ob sie sich gegen den Vorgesetzten Oder gegen den Untergebenen richtet. — Ich darf dann noch zu den gestellten Anträgen Stellung nehmen.
Den Abänderungsantrag auf Nr. MY akzeptiert die Regierung, ebens
den Antrag auf Rr. 252. Dagegen bittet sie, den Abänderungsantrag zu 5 9 Absatz 1 des Gesetzes abzulehnen. Ferner kann ich in Aussicht stellen, daß der Entwurf eines Disziplinargesetzes für das Heer dem hohen Hause bei seinem nächsten Zusammentritt vorgelegt werden wird, da der Entwurf fertiggestellt ist. Ich möchte nur wünschen, daß sich nunmehr rasch und reibungslos der Uebergang in die bürgerliche Gerichtsbarkeit vollzieht. Mit besonderer Genugtuung begrüße ich es, daß wohl insolge dieses Gesetzes nunmehr auch der Marburger Fall, der so außerordentlich dazu beigetragen hat, die öffentliche Meinung aufzuregen, noch seine Nachprüfung vor dem bürgerlichen Gericht finden wird, und daß damit auch zur Beruhigung des ganzen hohen Hauses Licht in diese so surchtbare Tat sommt, wenn das überhaupt menschen⸗ möglich ist. (Lebhafter Beifall.) .
n der Abstimmung wird 8 1 gegen die Stimmen der Deutschnationalen und eines Teils der Deutschen Volks⸗ partei angenommen. .
6 gelangt mit dem erwähnten Antrag der Demokraten zur Annahme. Zu 8 9 ist inzwischen noch ein Zusatzantrag r „Das Recht des Wafsfen⸗ n, des Militärs aus eigenem Recht, wenn bei förm⸗ lichen Verhaftungen sowie bei vorläufigen Ergreifungen und
Festnahmen der Verhaftete oder ein dem Militär zur Ab⸗ führung oder Bewachun
anvertrauter Gefangener entspringt
entwurf betresfend die Stellung der Heeres. und Marineanwälte in den Initigtivantrag der Sozialdemokraten hineinzuarbeiten. Wenn man elwas gbschafft, muß man doch dafür sorgen, daß nicht eine Lücke In leeter Raum für einige Zeit eintritt, und das ist doch hier der Fall. Wir halten ein Difßiplkinargesetz für unbedingt nolwendig. Es wäre zichtig gewesen, wenn uns dieses Disziplinargesetz gleich mit dem Gesetzen wurf, betr. Aufhebung der Militärgericht barkeit, uns zur Beschlußfgssung vorgelegt worden wäre. erwarte deshalb,
Disziplinargesetz vorlegen wird, damit wir in der Lage ö. möglichst ähm ufhebung Ter, Militärgerichtsharkeit erfolgen soll, gewisse Lücken austzufüllen. Die
ozhaldemokraten und nach der früheren Fassung
sie auf den im Dienst befindlichen
wesentlich anders geartet als auf dem Lande, und können
heißt es: „Die Entscheidung, ob eine militärische
Im § 7 steht dem militärischen
uu ahnden ist
Die Disziplin muß sich aufbauen auf dem
Petitionen
laut wiedergegeben werden.
.
Mili srstraforrxnung weiterbeste
e
drei Absätze des 3 9 zu streichen, wird vom dem die beiden sozialdemokratischen Parteien sich dafür er⸗ hoben haben, angesichts der schwachen Besetzung der übrigen
Hinweis auf die zahlreichen Fäl personen angebli f geht er auf den um fe e
Tau einem Mitte seitigen. ö könne man mit
gesetzliches
Maßnahme hat der Vorredner überzeugend dargetan. aber in dieses Gesetz le ; ein. Bei anderer Gelegenheil wird die angeregte Frage sehr ein⸗ gehend geprüft werden müssen.
dieses Gesetz paßt eine auch ihre Fassung. muß unter Umstäinden guch das Recht des Waffengebrauches haben;
oder auch nur einen Versuch dazu macht, wird aufgehoben.“
begründet diesen, Antrag unter e, in denen Militär ⸗ oder 3 guf, der Flucht niedergeschossen worden sind. Näher fall Hans Pagsche ein. Es handle sich hier einfach orde, die in den Revolutionstagen zu Hunderten, a zu enden. begangen ie, Diese Polizeigewalt habe sich längst zu ausgehildet, politisch mißliebige Verhaftete zu he⸗ Angesichts dieser ungeheuerlichen , . der Militär⸗ echt von einem Zusammenbruch der Justiz
Die andauernde Erregung des deutschen, Völkes über -die 6 rühre ja eben daher, daß die Mörder sich auf ein
echt ö können.
Dr. Belt Gentr.): Die Notwendigkeit einer solchen Sie gehört das nur, formelle Verfahren ordnet, nicht hin⸗
Abg. Qerz feld (h. 3 n
rechen. ntat in
Abg.
Abg. Haas (Dem.): Auch ich bedaure alle die Fälle, wo
Menschen ohne Not niedergeschossen worden sind, und erst recht die⸗
enigen, wo ein starker Verdacht vorliegt, daß niemand geflohen ist,
ondern, daß die Flucht nur nachträ lich behauptet wurde. Aber in olche Vorschrift nicht, und ich beanstande
Der Soldat, der einen Gefangenen transportiert,
r darf sich nicht auslachen lassen. Der Antrag der Sozialdjemokrgte n, die ersten Präsidium, nach⸗
haben d, nn. von Heeresangehörigen, die die hen zu lassen wünschen. Ueber die
. 1 1 ö. z w ( 1 . . . 1 1 1 . 1 ( 1 . 1 . 1 1 1 . 1 1 1 * I . . ö ö 1 J *
1 — , . . ) ö . ö . ö , 7 7 7 7 7 Q Q Q Q 7
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1 5. . . ö 1 . . . . i . . 1 . 1 1 — ... 1 1 . ö . ü 1 . 1 1 . 1 . . ,
eile des Saales für angenommen erklärt. Bei der
.
. . i . 1 1 . 11 . . . . . 1 1 6 1. . 1 ö ö r . . . . . . n, , ö . w e
Abstimmung über den von den Unabhängigen Sozialdemo—⸗ kraten beantragten Zusatz ergibt sich dieselbe Parteigruppie⸗ rung; die Abstimmung bleibt zweifelhaft, die Auszählung er— gibt die Ablehnung des Antrages mit 192 gegen 1423 Stimmen.
Sz 9 wird in der so veränderten Gestalt angenommen.
Die 88 10, 11 und 15 werden mit den von allen Par⸗ teien unterstüßten Abänderungsanträgen Rudbruch und Gen. angenommen. Zu 5 22 wird ein Antrag der Deutschnatio⸗ nalen auf Streichung des Verbots der Bildung besonderer Schöffengerichte, Strafkammern usw. für die Aburteilung von Militärvergehen gegen die Stimmen der Antragsteller ab⸗ selehnt. Ber Rest des Entwurfs ergibt keine Debatte mehr. g den Vorschlag des Präsidenten, sofort auch die dritte Lesung vorzunehmen, erhebt Abg. Brüninghaus Widerspruch.
Die dritte Beratung wird in einer der nächsten Sitzungen stattfinden.
Es folgt die zweite Lesung des ergänzenden Nothaushalts. Sie beginnt beim Reichspräsidenten.
Abg. Vogtherr (J. Soz): Dem Peichsphräsiden ten sind Voll⸗ machten übertragen worden, die nicht im Interesse des Aufbaus einer sozialistischen Republik liegen. Ihm ist genau wie dem Fürsten der 4 ten Schule die Möglichkeit gegeben, über Leben und To derjenigen zu bestimmen, denen der Rechtsspruch der Gerichts das Leben , sprochen hat. Der Reichspräsident hat auch in minderschweren Fällen von feinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch gemacht. Die Todes strafe verstößt gegen die Gesetze der Menschlichkeit, gegen Demokratie und Sozialismus. Auch. das ö verhält sich gegen . zu meist ablehnend, weil ein nicht
irrtümlich verhängtes Todesurtei wieder gutgemacht werden kann. Äls fonaidemokratischer Abgeordneter hat Herr Ebert selbst gemäß dem Erfurter Progranim für die Ab⸗ fur der 0d ef a gewirkt, aber jetzt, nun er zur Macht ge⸗ angt ift, macht er nicht einmal von seinem Begnadigungsrecht aus- giebigem Gebrauch. Sogar Fürsten. 9. es gegeben, die nie ein Todes⸗ a bestätigten, abgesehen von Wilhelm dem Letzten, der auch hierin 3 zeigle, bis zu welcher idiotischer Höhe sein Größenwahn ge— iegen war.
WVizepräsident Bell ; Ich bitte solche Ausdrücke zu unterlassen. (Zurufe und Unruhe der U. Soz.)
Abg. Vogtherr: Ich lasse mir das Recht der Kritik nicht be—= schränker an . Manne, der mitschuldig ist an dem Fluch der vier Friegssahre, Es ist wenig schmeichelhaft für den Reichspräsidenten, daß er mit der Bestätigung der Todesurteile den Bahnen dieses Mannes folgt. Die Verhängung der Todesurteile war nur möglich auf Grund Le Ausnahmezustandes. Dabei sind die Aufstände in Hamburg und Bremen nur das Werk von agents provocateurs ewesen. Wir halten die Reichsprästdentenschaft für eine üherflüssige Einrichtung; an ihre Sielle muß auf dem Wege des Rätesystems und der Rätediklatur der Wille des souveränen Volkes treten.
Abg. Müller⸗-⸗Franken (Soz): Der Neichespräsident hat niemals seine , ,, Vollmacht überschritzten. Er ist nicht Träger der Souveränität, sondern an die Gesetze gebunden. Ich habe es immer bedauert, wenn einmal der , verhängt werden mußle, aber die VBerhältnisse zwangen dazu, ich erinnere besonders an die Münchener , . Die Fälle, in denen während meiner AUmtszelt Todesurteile bestättigt wurden, lagen sehr schwer, es handelte Ii um ganz schwere Verbrecher, und ich würde mich hüten, diese eute für die AÄrbesterschaft zu reklamieren. Auch die revolutionären Reglerungen haben auf die Todesstrafe nicht verzichtet.
WVigepräsident Bell: Die frühere Gepflogercheit des Reichstages, wonach die Person des Kaisers nicht in die Erörterung aan werden sollle, hat nalürlich seit der Begründung der Repußlik keine Be— bentung mehr. Der ehemalige Kaiser muß es sich gefallen lassen. hier
kritisiert zu werden wie jeder andere Staatsbürger. er guf der r . eite darf ier Staatsbürger ewvarten, daß die achliche
Kritik an ihm nicht gusartet in gehässige und beschimpfende Formen. Dagegen wird der Präsident des Hauses e benso wie jeden anderen Staats- bürger auch den ehemaligen deulschen Kaiser zu s chützen wissen.
Abg. Schultz Bromberg (D. Nat): Ich betrachte Kaiser Wilhelm nicht als gewöhnkichen Stzatsbürger, sondern nenne ihn nach wie vor unseren Kaiser. . der n ef he erinnere ich an daz geistreiche Wort des Franzosen, der sagte; Mögen gs, die Herren Mörder anfangen; wenn die entmenschten . aufhören werden mit Morden, dann wird es auch keine Todesstra (Suruf links: Marlohh)
Abg. Vogtherr (. So): Der Abgeordnete Müller- ranken hat ef bel, i es zu den diskretionären Vollmachten des Neichs—= präsidenten gehört, Todesurteile zu ,. oder nicht zu bestãtigen, Die eingige Anforderung, die ich an den setzigen Inhaber des Amtes des Rei i, , ist die, daß er im Besitz einer solchen Voll= macht zu handeln nach sesnem eigenen Ermessen verpflichtet wärg und daß er Todesurteile micht bestaͤtig eben weil es in seinen freien Willen eftellt ist, und da er an Gerichtsurteile nicht gebunden ist, hat er die gi h it, feine ganze Persönsichkeit in die Wagschale zu weyfen. Daß er das nicht götan hat, mache ich ihm zum,. Vorwurf, Unter den frükeren Fürsten hat es auch welche gegeben, die niemals in Todes, urteil unterzeichnet haben. Auch in weiten Kreisen der Parteipres⸗ hat jenes Vorgehen Eberts eine außerordentlich und berechtigte Kritik erfahren, felne eigene Gewerkfchaft hat ihn, dargushin aus der Gewerk schaft ausgeschloffn und erst später ist seine Wiederaufnahme in, den Sattlerverband erfolgt. Betreffs der Frage, wie ich mich zu den . n Feußland stelle, habe sch ju erklären, kaß kein Soria list bemfliqhtet ist, alles, was in Sowjetrußland geschieht, unbesehen zu bill igen. Bei der Todesstrafe handelt es sich um eine grundsätzliche Entscheldung, die man so ber so treffen kann. Was Tie Begnadigungsgesuche anlangt, die in großer Zahl beim Reichspräsidenten eingelaufen sind, so ist eine ganze Reihe von Fällen zu verzeichnen, in denen die Verweigerung der Begnadigung besonderg auffallend . Redner führt drei Fälle aus der heut ten „Freiheit! an. Dem Abgeordneten Schultz Brombe g erwidere ch: Es Tist mir unverständlich, ne Pyrson mit einer so gemelngeführlichen pofitzfcken Vergangenheit sich nach wie vor als seinen Kaiser vorzuftellen, obgleich er gerade in der Stunde der Gefahr sich seiner Pflicht durch feige , men, in demselben Augenblick, wo gerade i rn auf ihn gerechnet n, die jetzt diese historische Strohpuppe in Schutz nehmen.
Neichsjustizminister Dr. He in ze: Ich bin während der
Ausführungen des Herrn Vorredners nicht durchweg im Saale ge⸗
wesen; mir ist nur mitgeteilt worden, daß er gegen die Art, wie der Herr Reichspräsident das Begnadigungsrecht ausübe, verschiedene Vor⸗ würfe erhoben hat. Demgegenüber stelle ich fest, daß der Herr Reichspräsident unter Verantwortung des Reichsjustizministers das Gnadenrecht in voller Uebereinstimmung mit der Verfassung ausübt, und daß er die einzelnen Fälle auch persönlich aufs gewissenhafteste prüft.
Im übrigen kann ich auf die Einzelheiten, die der Herr Vor⸗ redner angeführt hat, gleich eingehen. Der Herr Vorredner hat gesagt, der Anstreichermeister Vincon aus Essen habe als Mitglied der Sicherheitswehr zwei Leute vorgeführt und 3 Jahre Gefängnis erhalten. Der Fall liegt vollkommen anders, als ihn der Herr Vorredner dargestellt hat. (Hört! hört! rechts und in der Mitte.)
Ich habe hier einen Auszug, das Urteil lautete folgendermaßen: Vincon gehörte zur Arbeiterwehr in Essen. Als am 21. März
e mehr geben.
um die fällige Gewerbesteuer
machen würde.
Am 22. März erklärte der Verurteilte, der auf der Straße Posten stand, den Kaufmann Götte, der sich mit ihm in ein Gespräch eingelassen hatte, für verhaftet und nötigte ihn, mit zum Rathaus
einzuziehen Gelegenheit eine abfällige Bemerkung über das Verhalten der Roten am Wasserturm machte, erklärte er den Beamten für ver⸗ haftet und brachte ihn zum Polizeipräsidium. Er gab ihm zu ver⸗ stehen, daß er bei einem Fluchtversuch von seiner Waffe Gebrauch
und bei
zu gehen, wo Götte bis zum Abend festgehalten wurde.
Am 1. April zwang der Verurteilte, begleitet von zwei be⸗ waffneten Rotgardisten, den Tiefbauunternehmer Conzen zur Aus⸗ zahlung des Lohnes an die Arbeiter für die Streiktage in Höhe von 408. 16. Außerdem hat er noch auf einen über Essen kreuzenden
Flieger der Reichswehr geschossen. (Hört! hört! rechts und in der Mitte.)
Die Sache sieht also wesentlich anders aus, als der Herr Vor— (Hört! hört! rechts und in der Mitte. — Zu⸗
edner dargestellt hat.
rufe von den U. Soz. — Glocke des Präsidenten.)
Vizepräsident Dr. Bell: zu unterbrechen.
Reichsjustizmminister Dr. Heinze: Der Herr Vorredner hat dann Ich bitte, doch einmal seine Dar⸗ stellungen mit den Darstellungen im Urteil zu vergleichen. Der Herr Vorredner hat gesagt: Konopka hat am 15. März ein Gewehr getragen, er ist sonst weiter nicht beteiligt gewesen; Urteil: 6 Monate Gefängnis, Begnadigungsgesuch ist vom Reichspräsidenten abgelehnt. Das klingt ja ganz schauerlich. In Wahrheit verhält sich die Sache
den Fall Konopka erwähnt.
nach dem Urteil folgendermaßen:
Am 15. März 1920 wurde der Verurteilte in Kray von dem dortigen Polizeioberwachtmeister angehalten, weil er mit einem Er weigerte sich hartnäckig, das Gewehr abzugeben, äußerte zu dem Polizeibeamten, er werde ihn eher erschießen, als das Gewehr abgeben, und machte Miene, das Gewehr von der Schulter zu nehmen. Erst als der Beamte ihm seine Pistole auf die Brust setzte, kam er der Aufforderung nach. Der Fall liegt also vollkommen anders, als ihn der Herr Vorredner dargestellt hat.
Gewehr bewaffnet war.
(Sehr wahr! rechts. — Zurufe von den
Ich bin leider nicht in der Lage, den dritten Fall, den der Herr Vorredner vorbrachte, des Josef Podleck, auch in der Weise zu beantworten, weil mir die Akten in diesem Falle nicht vorliegen. Die beiden Fälle werden genügen, um zu beweisen, wie der Herr (Widerspruch bei
Vorredner mit den Tatsachen umgega den U. Soz.) Abg. Vogtherr (U. Soz.):
U. Soz.)
ngen ist.
Ich bitte, den Herrn Redner nicht
ͤ Was Dr. Heinze betreffs der Gnadengesuche anführt, trifft nicht den Kern der Sache. Genau das ⸗ selbe was er sagt, habe auch ich mit wenigen Worten gesagt. Die Aus- übung des Begnadigungsrechts des Reichspräsidenten unterli stimmung und der Verantwortlichkeit des 3
. in der alten Verfassung und steht au
dieser
t der Zu⸗ ustizministers. Kea stand in der neuen. Wenn der
eichspräfident das, was der zuständige Minister ewa ausspricht auch befolgen müßte, so würde dies den Reichspräfidenten in seiner Würde derart degradieren, daß er in seiner Entschluffreiheit überhaupt ge⸗ emmt oder gehindert wäre. Die Mitverantwortlichkeit des zuständigen Ministers entlastet den Reichwwräsidenten noch lange nicht von seiner eigenen Verantwortlichkeit. (Sehr richtig! links. Und wenn er nach unserer Ueberzeugung von seinem Begnadigungsrecht einen falschen oder keinen Gebrauch macht, wo es sich gehört, dann rügen wir nicht den be-
treffenden Minister, sondern wir halten uns an den
RNeichspräsidenten,
der seinen Namen darunter setzt unter Gegenzeichnung des Ministers. Abg. Haußmann (Dem): Was der Abg. Vogtherr ausführte,
ist die
roklamierung des persönlichen Regiments. gegen die niemand
stärker gekämpft hat, als Ihre Partei (zu den U. Soz.). Es liegt also
hier die größte Inkonsequenz vor.
Abg. Vogtherr (M. Soz.): Was der Abg, Haußmann eben
gesagt hat, bestaͤtigt eben wieder nur meine eigenen
Ausführungen. Hat
der Reichspräsident den eigenen freien Willen nicht, dann ist sowohl die verfassungsmäßige Bestimmung wie auch die Gegenzeichnung des zu⸗
ständigen Ministers eine Farce.
Meine gesamte Partei ist einmütig
gegen die Schaffung der Institution des Reichspräsidenten der Republik überhaupt gewesen. Man kann uns also nicht vomwerfen, als wären wir irgendwie für die Errichtung des persönlichen Regiments gewesen.
Zum Haushalt des Reichstags bemerkt
Abg. . ann (Dem): Ich möchte die Kollegen bitten, bis zum Herbft darüber nachzudenken, wie wir die Handlungsfähigkeit
unseres Parlaments, das ja eine vergrößerte Bedeutung nach der assung hat, noch zweckmäßiger ausgestalten können, als es ie zu erwägen., daß die Minister unter der Ueber⸗
Fall ist. Ich bitte auch last ihrer Arbeit nicht allzulange ihren
In der Beschränkung zeigt sich ers bedürfnisses ausübt.
er
schon der
ufgaben entzogen werden, Wir müssen auch mit der öffentlichen Meinung möglichst in Kontakt bleiben. ͤ t Darum ist es wünschenswert, wenn das Parlament eine Selbstbeschränkung des Rede⸗
t der Meister.
um Haushalt für das Reichsministerium,
den
eichskanzler und die Reichskanzlei wird folgende vom
Hauptausschuß beantragte Entjschließung angenommen: Die Reichsregierung zu ersuchen, einem vom Hauptausschuß ein⸗ zusetzzenden Ausschuß von sieben Mitgliedern genaue Re. schaft über die von der entrale für Heimatdienst“ und ihren seit November 1918 wirkenden Vorgängern geübte Tätzgkeil u geben, die sich auf Förderung der Regierungspolitik im
Reich bezieht.
echen⸗
um Haushalt für das Reich swirtschafts⸗
ministerium befürwortet Abg. Dr. H
des Bergbaugz. Trotz des gestrigen ablehnenden Partei mit aller Entschieden leute sich für eine große Massenhewegung zu Der Redner verlangt sodann die gebnisse der Beratungen der neuen und auch Schliefflich bespricht er, die im 3 Mark für die Lieferung von Hospapj an die Preffe; die Papierindustrie erhalte hier vom Reiche für, vier 3. ZJuschuß, obwohl sie aus eigenen h Preise zuzugestehen imstande wäre.
das Reichsarbeits⸗
werde seine einsetzen.
ommission.
Position von 49 Millionen
Monate einen erhebliche eine wesentliche Ermäßigung
Zum Haushalt ministerium kritsiert
Abg. Berthels (U. neuen
für
einzelner Gliedmaßen entschädigt werden sollen als zu niedri Enhwurf entspreche nicht im geringsten den Wünschen und
erz (0. Soz) wiederum die soforti,
e Sozialisierung eschlusses des Hauses heit in den Kreisen der Berg unsten dieser Forderung ie der alten Sozialisierungs⸗ ushalt ausgeworfene papier
der Er⸗
itteln
die Prozentscke, nach denen in dem eichsverforgungsgesetz für die Kriegsbeschädigten die Verluste
Der 5 be⸗
rechtigten Forderungen der Kriegsbeschädigten. Am 1. August würden diefe durch ganz Deutschland Proteste gegen den Entwurf veranstalten, dessen Besftimmungen nur wie eine Verhöhnung der Kwiegsbeschädigten
ein Vollziehungsbeamter zu ihm in die Wohnung kam,
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und der Hinterbliebenen der Gefallenen erschienen.
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Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat sich über die Festsetzung von Renten ansprüchen der Kriegsbeschädigten beklagt, die jetzt durch die Aus— führungen zum Reichsversorgungsgesetz erfolgen soll. Ueber die Fest⸗ setzung wird ja in der Kommission noch ausführlich verhandelt werden. Ich möchte aber schon jetzt hervorheben, daß es sich bei den Sätzen, die der Herr Vorredner beklagt hat, um Mindestsätze handelt, die zum Schutze derjenigen Kriegsbeschädigten festgesetzt sind, die über⸗ haupt noch keine weitere wesentliche Schädigung an ihrer Erwerbs⸗ fähigkeit erlitten haben. Ich betone es nochmals: es handelt sich um Mindestsätze. Für denjenigen, der eine größere Einbuße an seiner Erwerbsfähigkeit erlitten hat, werden diese Sätze bei der Zuerkennung der Rente tatsächlich erhöht werden. Ich glaube, daß durch die Verhandlungen des Ausschusses die nötige Aufklärung über den Sinn der Ausführungsbestimmungen erfolgen wird, und daß die Klagen des Herrn Vorredners dann ihre Erledigung finden werden.
Zum Haushalt für das Reichsmilitär⸗ gericht bemerkt
Abg. Dr. Rosenfeld (. 6 Das Mißtrauen gegen die volksschundliche Rechtssprechung des Neichsmilitärgerichts wächst von Tag zu Tag. Als Revistonsgericht genießt es den übelsten Ruf, da es feff kurckweg die harten Ürteile der unteren Gerichte bestätigi., Noch heute schmachtet auf Grund von militärger chtlichen Urteilen eine Un- zahl von Personen in Zuchthäusern und Gefängnissen; die von uns vom Wüsschuß derlangte Uebersicht über die militärgerichtlichen Urteile, die jetzt noch vollstreckt werden, sollte uns die Regierung schleunigst zu⸗ kommen lassen. Noch immer bestehl das Reichsschutzhaftgesetz. Noch immer werden Personen in Schutzhaft genommen. auch wenn sie nichts begangen haben, weil angeblich die Sicherheit des Staates durch die betreffenden gestört wird. Noch immer wird blindlings drauf los ver. haftet, noch immer bleiben die Verhafteten monatelang der Freiheit beraubt, ehe daz Reichsmilitärgericht auch nur, einen Verhandlurgs⸗ sermin ansetzt, Die Praxis des Reichsmilitärgerichts hinter der= schloffenen Türen zu tagen, wenn es sich um solche Schutz haftzälle handelt, ist mit der heutigen Zeit unvereinbar und unverträglich. Das NRichterkollegium muß so zusammengesetzt werden, daß nicht von vorn⸗ heren Mißtrauen in die Unparteilichkeit der Rechtssprechung entsteht. Es muß auch der Schein gewahrt werden, es geht nicht an, daß in dem Schutzhaftfenat, wenn es sich um revolutionäre Arbeiter handelt, fast nur adlige Offiziere sitzen.
Zum Haushalt des Reichs zu stizministe⸗ riums beantragt der Ausschuß eine Entschließung, den Reichsjustizminister um wirksame Bekämpfung des gewerbs⸗ mäßigen Glücksspiels zu ersuchen.
Abg. Ludwig (U. Soz): Im Falle Dorten ist der. Mißgriff der unteren Behörden durch den Reichsjustizminister unwirksam ge⸗ macht worden. Der Minister sollte auch dafür sorgen, daß auch in anderen Fällen, wo es sich um ungerechtfertigte Verhaftungen handelt, alsbald bie Freilassung erfolgt. In Frankfurt am Main ist der Kommunift. Winster verhaftet worden, Und sein Verteidiger wird in seinen Maßnahmen in der unerhörtesten Weise beschränkt. Ungeheuer⸗ lich ist das Gerichtsperfahren, wie es im Ruhrrevier anläßlich des Kapp-Putsches beliebt wird. Gegen ie ta er e, ist ein Strafverfahren eingeleitet; über viertausend ersonen sitzen in fünf bis sechs Gefän fen. die nur für höchstens dreitausend Platz haben. Alle diese Ungeheuerlichkeiten, die im Rheinland Passiert sind, sind erst eine Folge des Einrückens der Reichswehr. (Widerspruch rechts.) Bis zum 13. März war im Ruhrrevier alles in Ruhe und Ordnung. Am 1 März hat man Militär dorthin beordert und damit ö. die Unordnung ein. Die Arbeiter wurden mißhandelt, J. ossen, Uu Hunderten und Tausenden verhaftet und verschleppt. Aus dem Bere en flüchteten die Arbeiter nach Süden; ein Aufruf von Genergl Watter und Minister Severing rief sie zurück, unter dem Vorgehen, es werde niemand verhaftet werden, die Extrgzüge aber, in denen die flüchtigen Arbeiter zurückbefördert wurden, leitete man der Reichswehr in die Hände und die Arbeiter sind dann verprügelt worden, und jeder aus dem Bergischen Lande gekommene galt ohne weiteres als Angehöriger der Roten Armee. So jsst es u. a. 152 Arbeitern gus Remscheid gegangen die am 15. April in Schwerte ausgeladen wurden. Das Bielefelder Abkommen mit der verheißenen Amnestig wurde nicht gehalten. Gegen 822 Personen wurden 19585 Jahre . verhängt. In vielen Fällen sind Arbeiter Ihne jedes Gerichtsverfahren niedergeschossen worden. Bei einer Ausgrabung von 160 Leichen hat sich herausgestellt, daß die Leute nicht in , Kampf gefallen waren, sondern, ch man ihnen den Schädel eingeschlagen oder die Hälse durchschnitten hatte. Eine Liste der Namen von - — 300 Erschossenen lege ich hier aus. Wir fordern, daß endlich den Leuten, die folche Morde verübt haben, der. Pro eß , wird und daß die grundlos verhafteten Personen freigelassen werden.
Abg. König ee In der Tat sind viele Arbeiter bestraft worden wegen Handlungen, die sie in dem Glauben begingen, damit die Republik zu schützen.. Deshalb verlangte ja dos Bielefelder Ab⸗ kommen die Amnestie Wir wünschen und erwarten, daß das Amnestie⸗ 6 ö. in diesen Tagen, also morgen oder übermorgen, heraus- ommt.
Abg. Düwel l G. Sorg K 3 morgen erscheinen. order er nicht als eine Gnade, sondern als etwas Selbstverständliches . Wiederherstellung
ie Anzahl von Fällen aus Mitteldeutschland gan, in denen unberechtigte Erschießungen vor⸗ gekommen 6 die Naumburger Gaxnison sich voll un z·er Kapp und Lüttwi chen hat. , der Redner von der Unverschämtheil eines 2
tsdipektors izepräsidenten Ordnung n n, Wir verla die elle e n g Unterfuchung und Bestrafung der
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ar nicht ällen, sie können nicht anders auf Grund ihrer Weltan e nr und ihrer
er Arbeiter ochverräter . der mpörung mal die
Hierauf nahm der Vizekanzler, Reichsjustizminister Dr. Heinze, das Wort. Seine Rede kann wegen verspäteten Ein⸗ ganges des Stenogramms erst morgen mitgeteilt werden.
Vizepräsident Dr. Bell: Was die fovmelle Seite der Kritik an den Gerichtsurteilen anlangt, so war dies durch meine e, . ledigt. Was die materielle Seite anlangt, so wäre es meine Sache gewesen, den Redner zur Sache zu rufen, wenn er Dinge vorbrachte die nicht im Zusammenhang mit der Tagesordnung standen. ch habe das nicht getan, weil nach meiner an , und nach bisherigen yl helf des 6 . der Redner in seinem Recht war, wenn er eine Kritik übte, Es ist stets im Reichstag üblich gewesen, im Anschluß an den Reichsjustizetat auch an den Verfahren der Gerichte eine gewisse Kritik zu üben.
Abg. Düwell; Ich verstehe ja, wenn der Minister den Versuch macht, die Verantwortung für die Justizschande ah⸗
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ulehnen. (Vizepräsident Dr. Bell bittet den Redner dringend, elch Ausdrücke nicht zu gebrauchen) Der Minister will ja nicht
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