1920 / 214 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Sep 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Die deutsche Delegation zur Finanzkonferenz ver— läßt heute abend Berlin, um sich nach Brüssel zu begeben. An ihrer Spitze steht der Unterstagtssekretär Bergmann. Weitere Mitglieder sind der Geschäftsinhaber der Disconto⸗-Gesellschaft Urbig, der Vizepräsident der Reichsbank von Glasenapp und der Staatssekretär Schröder vom Reichsfinanzministerium. Als Sachverständige sind der Delegation Geheimer Hofrat Professor Dr. Lotz⸗München, Geheimer Oberfinanzrat Kauff⸗ mann von der Reichsbank und Geheimrat Dr. Trendelen⸗

burg vom Reichswirtschaftsministerium beigegeben.

Die Hauptausschüsse der Heeres- und Maxine⸗ kammer werden am 29. September zu einer gemeinsamen Sitzung einberufen. Auf der Tagesordnüng steht die Be⸗ ratung der Geschäftsordnung und des Wehrgesetzes. Am 1. Oktober finden getrennte Tagungen der Heeres⸗ und Marine⸗

kammer über schwebende Fragen statt.

Der Reichsverkehrsminister hat laut Meldung des Wolffschen Telegraphenbüros“ folgenden Erlaß an alle

2

Direktionen der Reichseisenbahnen gerichtet:

Aus allen Teilen des Reichs gehen mir Meldungen und Be— schwerden von Interessenten zu, daß Eisenbabnbeamte und -Arbeiter, Gewerkschaften und Betriebsräte in die Beförderung der Herbstkartoffeln eingreifen, die Gestellung von Wagen hierfür verweigern oder von dem Nachweis nichtbehördlicher Genehmigung abhängig machen. Beamte und Betriebsräte haben sogar verlangt, daß mit dem Versand von Kartoffeln erst begonnen werde, wenn die Eisenbahner des betreffenden Anbaubezirks selbst mit Kartoffeln eingedeckt seien. Ein derartiges eigenmächtiges Vorgehen von Beamten und Arbeitern der Eisenbahn kann unter keinen Umständen geduldet werden; es muß den normalen und ruhigen Verlauf innerhalb unserer Volkswirtschaft stören und katastrophale Wirkungen namentlich für die Bewohner großer Städte und derjenigen Gebiete nach sich ziehen, die selbst feine Kartoffeln anbauen können. Es ist also auch vom menschlichen Standpunkt nicht zu billigen, wenn die Eisenbahner nur an sich denken. Es kann auch nicht gebilligt werden, daß als Norwand für den Eingriff, die beabsichtigte Ausfuhr gewisser Kartoffelmengen behauptet wird. Es ist Sache der hierfür zuständigen Behörden, zu entscheiden, ob eine derartige Aus— fuhr zugelassen werden muß; meist ist sie notwendig im Interesse der Einfuhr lebensnotwendiger ausländischer Artikel. Ich veranlasse die Eisenbahndirektionen, sämtliche Dienststellen und Bediensteten ein— gehend von Vorstehendem zu unterrichten und über die Folgen ihrer Handlungen aufzuklären. Ich habe das Vertrauen zu den Bediensteten, daß sie sich den vorstehenden Gründen nicht verschließen werden. Sollte dies nicht gelingen, müssen auch im Interesse der Staats⸗ autorität die Eisenbahndirektionen eingreifen, um die Versorgung der Bevölkerung mit den notwendigsten Lebensmitteln nicht ernstlich

zu gefährden.

Preußen.

Der Oberpräsident der Provinz Ostpreuß en hat dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge nachstehenden

Au f ruf erlassen: Ost⸗ und westpreußische Frauen und Männer!

Heute ist es die Not anderer deutscher Frauen, Männer und Kinder, um derentwillen ich mich an Euch wende. Aus Posen dringt der Hilferuf Deutscher zu mir: „Sorge dafür, daß feine Ausschreitungen gegen Polen oder volnisch sprechende deutsche Staatsangehörige in dem Deiner Verwaltung unterstehenden Gebiete sich ereignen! Denn jede unbesonnene Handlung, jedes unbedachte Wort wird ausgenutzt, um uns Deutschstämmige in volnischen Gebieten zu schädigen!“ Schon gehen Gerüchte in Polen, daß Tausende von Polen aus Ost⸗ und Westpreußen gepflüchket seien, weil sie hier bedrückt würden. Ost- und West⸗— preußen! Ihr wißt, daß diese Gerüchte falsch und daß die Nachrichten über Ausschreitungen stark übertrieben sind. Wenige Fälle liegen vor, in denen leider Landsleute vergessen haben, daß solche Eigenmächtigkeit nur Schaden bringt. Sie sehen ihrer Strafe

entgegen. Bereits in meinem Erlasse nach Beendigung der Ab⸗

stimmung, als ich für das hervorragende Ergebnis allen Beteiligten dankte, hob ich hervor;: „Das Deutschtum hat eine solche Kraft, eine derartige Stärke in Ost- und Westpreußen bewiesen, daß Gewalttaten

oder auch nur Belästigungen von Angehörigen der polnisch denkenden Minderheit des blanken Schildes des Deutschtums nicht würdig sind.“ Nicht müde wurde ich, dies stets aufs neue zu betonen. Auch auf der Konferenz der gesammten Provinzyresse beute vor einer Woche habe ich an die Presse die dringende Bitte gerichtet, im gleichen Sinne zu wirken. Die Reichs- und Stgatskommissare und die Regierungs— präsidenten in Allenstein und Marienwerder haben aufs entschiedenste den gleichen Standpunkt eingenommen. Ich war mir der schweren Verantwortung um die Gesamtlage unseres Deutschtums voll bewußt und sielle fest, daß bis auf jene vereinzelten Fälle, trotz der schweren Belastung, die die Frage der Soldauer Flüchtlinge mit ihrer ans Herz greifenden Not gebracht hat, die Bevölkerung meinen Auf— forderungen sich zugänglich gezeigt hat. Erneut richte ich an Euch, Ost- und Westpreußen, die dringende Bitte: Verschließt Euch dem Nufe unserer bedrängten Deutschen in den polnischen Gebieten nicht! Jedes unbedachte Wort, jede unüberlegte Tat kann ausgentzt werden, die große Zahl Deutscher im Korridor, im posenschen Gebiet und im übrigen Polen büßen zu lassen. Die Veichsbehörden sind aufs äußerste bestrebt, die Interessen unserer in Polen lebenden Landsleute gegen Vergewaltigung zu schützen. Die Bemühungen werden aber erschwert oder vereitelt, wenn gleiche Vorwürfe, auch nur mit einem Schein von Berechtigung, gegen uns erhoben werden könnten. Alle Behörden der Provinz ersuche ich, diefer Frage ihre ernsteste Aufmerksamkeit zuzuwenden und durchaug im gleichen Sinne zu arbeiten. Jede anti⸗ polnische Ausschreitung ist sofort und energisch zu unterd rücken.

. Der Beirat bei der Interalliierten Kommission in Qppeln auf Grund des Beuthener Abkommens ist gestern gebildet worden. Er besteht aus 6 Polen, 2 Zentrumsver— tretern, einem Demokraten, 2 Sozialdemokraten und einem Volksparteiler. Deutscherseits gehören dem Beirat u. a. an: Pfarrer Ulitz ke, Reichstagsabgegrdneter Ehrhardt, Reichs- tagsabgeordneter Franz. Gewerkschaftssekretär Brisch, Sani⸗ tätsrat Dr. Bloch und Landrat von Brockhusen.

Groꝛbritannien und Irland.

In der irischen Grafschaft Tyrone haben nach einer Meldung des „Algemeen gg lab 400 ien fahne in 50 Kraftwagen, die größtenteils requiriert waren, bie Häuser von zahlreichen Un izonisten angegriffen. Die Kraftwagen— führer waren unter Bedrohung mit Revolvern gezwungen worden zu fahren. Einige Unionisten verteidigten sich mutig. Die Sinnfeiner arbeiteten ungestört, da sie ausgedehnte Maß— nahmen für den Angriff getroffen hatten. In Shariff wurde die Gendarmerielaserne von Sinnfernern angegriffen, der An⸗

griff aber zurückgeschlagen.

die Ausgaben für das Jahr 19 davon sind 134 Millionen außerordentliche Ausgaben. Die mit der Krise can ne n , den Ausgaben belaufen sich . au ionen geschätzt. Eine Erhö ! Geldmi , höhung der Geldmittel

Frankreich.

In der Deputiertenkammer verlas gestern der Präsi— dent . die Botschaft des Präsiden ten der Republik anel, in der dieser unter Bezugnahme auf seinen völlige Ruhe erfordernden Gesundheitszustand erklärt, daß er zu seinem tiefen Schmerze auf seine erhabenen Aufgaben ver⸗ zichten müßte. Frankreich aber werde seine Kräfte im Innern

Des

wieder stärken, gleichzeitig nach außen die vollständige Aus⸗ führung des Friedensvertrags sichern und darin bis zum

äußersten ausharren. Bei seinem Rültritte wünsche er den Vertretern der Nation die Fortdauer ihrer patriotischen Eintracht zum Blühen und zur Größe Frank— reichs und überlasse seinem Nachfolger das Vorrecht, in einigen Tagen vor der ganzen Welt das Werk der Republik zu

verherrlichen, die, nachdem sie vor 50 Jahren die Ehre ge—

rettet hätte, Elsaß⸗Lothringen wieder unter die französische Fahne gebracht habe. Rach der wiederholt von Beifall unter— hrochenen Verlesung der Botschaft hielt Peret eine Lobrede auf Deschanel, in der er sagte, seinen Rücktritt bedauerten nicht allein diejenigen, die Deschanel zum . gewählt

hätten, sondern alle Franzosen. Der Ministerpräsident Mille— rand schleß sich Peret in der Ehrung Deschanels an. Zum Schluß der Sitzung verlas Peret die Erklärung, welche die Nationalversammlung auf den 23. September einberuft und

den nächsten Zusammentritt der Deputiertenkammer auf den

25. September festsetzt.

Im Senat wurde die Botschaft Deschanels von Leon

Bourgeois verlesen und auch hier mit Beifall aufgenommen. Nachdem Bourgeois die Verdienste Deschanels hervorgehoben,

brachte der Justizminister dem Präsidenten unter dem Bei⸗ fall des Senats die Ehrung der Regierung dar. Auch der

Senat wird zur Anhörung der Botschaft des neuen Präsidenten

der Republik am Sonnabend zusammentreten.

Der wesentliche Inhalt der Rede des Minister—

präsidenten Millerand vom 7. November 1919, auf die

er in seiner gestern mitgeteilten Erklärung vom 20. d. M.

Bezug nimmt, ist folgender:

Das Parlament habe sich mehr und mehr die Rechte der

Exekutivgewalten angeeignet. Die Verantwortlichkeit der Exekutive verschwinde an dem Tage, en dem sie sich begnüge, das zu tun, was man ihr unter kaum verhüllten Drohungen ins Ohr flüstere. diesem System müsse ehestens gebrochen werden. Der Präsident der Republik werde heute von den 900 Mitgliedern des Parlaments gewählt. Deshalb sei er aber nicht der Syndikus der Parlamentarier, vielmehr der erste Vertreter der Republik. Deshalb dürften seine Wähler nicht nur im Senat und in der Kammer sitzen. Wenn auch traurige Erfahrungen und gewichtige Gründe von der Volkswahl abrieten, sei ein Mittelweg möglich und nschenswert, indem der Kreis der Wähler erweitert würde. Es könnten hinzukommen die Vertreter der Generalräte und der Regional— räte und Vertreter der großen Körperschaften. Auch die Wahlen zum Senat müßten auf eine breitere Basis gestellt werden; neben den Munizipal⸗ und Generalräten müßten die großen Berufsver— bände einen Teil der Senatoren wählen: Handelskammern, Arbeit— geber⸗ und Arbeitnehmerverbände usw. Um all die vom Lande erwarteten Reformen durchführen zu könuen, müßte zunächst eine weit- gehende Dezentralisation durchgeführt werden. Die Regional räte müßten die in ihrem Bereiche liegenden wirtschaftlichen und Verwaltungsfragen selbständig regeln, wodurch die ö des Parlaments erleichtert und die Zentralverwaltungsstellen ent

erforderten zwar Verfassungsänderungen, dürften aber trotzdem nicht auf die lange Bank geschoben, sondern müßten unverzüglich in Angriff genommen werden. Von vornherein müßten ö.

darüber einig sein, daß bei diesen Verfassungsänderungen zwei Grundsätze völlig unberührt bleiben müßten: die Republik und die Ri itt d. h. Trennung von Staat und Kirche und konfessionslose

astet würden. Diese Neuerungen

aber alle

chule. Im Laufe des gestrigen Tages haben sich die meisten

Kammergruppen für die Kandidatur Millerand ausgesprochen. Im Senat hat die ö Linke, die unter Führung von Combes und Doumergue st

genommen, in der erklärt wird, sie bekämpfe die Absicht, eine Politik zu pflegen, die darauf hinauslaufe, die Macht des Elysees an die Stelle des Parlaments zu setzen. Die Ent— schließung wurde von den 80 anwesenden Mitgliedern der 145 Mitglieder umfassenden Gruppe mit 79 gegen eine Stimme angenommen.

eht, eine Entschließung an—

= Die Botschafterkonferenz nahm gestern Nachmittag

den Bericht des in Paris eingetroffenen Generals Le Rond über die Ereignisse in Oberschlesien entgegen. Der General machte ausführliche Darlegungen und übergab gleichzeitig eine Reihe von Noten, die ihm von der deutschen Regierung zugegangen waren.

Das Kolonialministerium hat ein Kabeltelegramm

von der Regierung Westafrikas erhalten, daß die Vorarbeiten für die Besitzergreifung Togos durch die französischen Behörden am 30. September beendet sein werden. Die französischen Vertreter werden demnächst offiziell in Lome ein⸗ treffen, und die englischen Behörden abreisen.

Niederlande. Die Königin eröffnete gestern die Session der General⸗

staaten mit einer Thronrede, in der sie dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge erklärte: .

it den fremden Mächten würden Beziehungen unterhalten, die

im allgemeinen Anlaß zur Zufriedenheit geben. Trotzdem bleibe die Lage in Europa unsicher. Außerdem seien die. Aussichten, die durch den Völkerbund mit Bezug auf die künftigen Beziehungen der Staaten eröffnet würden, noch nicht ver— wirklicht. Unter diesen Umständen, sagte die Königin, richte sie weiterhin ihre Aufmerksamkeit auf die Maßnahmen zur Ver stärkun der Verteidigungsmacht. Trotzdem die Ein⸗ nahmen 1 die Erwartungen übertroffen hätten, sei eine Erhöhung der Einnahmen unvermeidlich, In dieser Session seien GesetzU , betreffend teilweise Abänderungen der Verfassung, zu er⸗ arten.

Außerdem wurden Gesetzentwürfe, zur technischen Ver⸗

besserun des Wahlgesetzes, eine vollständige Abänderung des

Unterri e Maßnahmen zur Regelung der Heim—⸗

industrie, Ge

Einrichtung von Gesundheitz:biensten, eine Abänderung der

Grundlage der Bezirks- und Ortsverwaltung in Niederländisch—

3. [ die Ausbeute der Erdölquellen von Ojymbi an⸗ indigt.

etze, betreffend Unfälle in der Landwirtschaft, die Der Haushalt des 7 schtzt O auf 797 Millionen Gulden,

11 Millionen. Die Einnahmen werden

Im Haushalt für auswärtige Angelegen—

heiten schlägt der Minister die Beibehaltung d indi ,, .

ründung vor,

*

verleibung Nordschle

slo wakischen

Minister des Kabinetts, zurückgetreten. bevorzustehen.

Stuhl sei nicht im nationalen Interesse gelegen, immer mehr ein wichtiger Mittelpunkt diplom dun gen und internationaler Auskünfte werde.

Dänemark.

Die Wahlen für den Folkething, die durch die Ein⸗ swigs notwendig geworden waren, fanden gestern statt. Der bisherige Folkething zählte 4 Abgeordnete der Erwerbspartei, 26 Konservative, 16 Radikale, demokraten und 52 Abgeordnete (Liberale). Die gemäßigte Linke bildet die Regierung. Der neue Folkething wird 149 Mitglieder Telegraphenbüro“ meldet, 27 Konservative, 18 Radikal

der gemäßigten Linken, 1 Schleswiger.

die Wahl später. Tschecho⸗Slowakei.

In der gestrigen Sitzung der Vertretung der tsch ech o⸗ sozialdemokratischen wurde beschlossen, den Parteikongreß Ende November d. J. abzuhalten und keine kommunistischen Delegierten zuzulassen. Kongreßdeligierter kann nur derjenige werden, der sich schriftlich verpflichtet, nicht Anhänger der 3. Internationale zu sein.

Türkei.

Nach einer Havasmeldung aus Konstantinopel sind zwei 5 . darunter der Scheich ul Islam, Der Sturz des ganzen Kabinetts scheint

Afien.

Nach einer Reutermeldung aus Tokio veröffentlicht die Zeitung „Jiji Shimpo“ eine Mitteilung, wonach die Haupt— schuldigen einer Verschwörung verhaftet wurden, die einen Aufstand in Korea bezweckte. und japanfreundlichen Koreaner sollten ermordet werden.

da der Vatikan atischer Verbin⸗

12 Sozial⸗ der gemäßigten Linken

Wie „Wolffs 3 Erwerbsparteiler, e, 48 Sozialisten, 51 Abgeordnete Auf den Faröer erfolgt

sind gewählt:

Arbeiterpartei

Alle japanischen Beamten

Mit

Krasa.

bezuge) „Peer Gynt“ Johanna Hofer als Solveig in Szene. Im Schillertheater Charlottenburg ist die Erst⸗ aufführung des bisher in Berlin noch nicht gespielten Lustspiels „Bettinas Verlobung! von Leo Lenz auf morgen, D arg es et, In der weiblichen Hauptrolle wird Annaliese Würtz en. Komödie Alfred Braun, Dietrich von Oppen, Reinhold Köstlin, Richard Wirth, von D Margarete Rupricht, Rita Andrs und Martha Knorre beschäftigt. Spielleiter ist Reinhold Köstlin. Der Kammersänger Hubert Leuer, der Heldentenor der Wiener Staatsoper, ist für einige Gastspiele am Deutschen Opernhause gewonnen worden. den 25. September, in der „Meistersinger⸗Aufführung als Stolzing ö und am 29. September die Titelpartie in „Siegfried“ ingen. Anläßlich der Sängerfahrt der Berliner Lieder⸗ tafel“, des ersten größeren reichsdeutschen Verbandes, der seit 1914 in Tirol . nach Innsbruck kam es dort zu großen nationalen ungen für den Anschluß an Deutschland.

Am 15. d. M. Abends versammelte sich auf dem beflaggten Markt⸗ phatz zu einer Serenade der Liedertafel eine vieltausendköpfige Andächtig lauschten die Zuhörer den Gesängen, und als Lützows wilde, verwegene Jag“ erklungen war, sang die unüber— sehbare Schar der Anwesenden entblößten Hauptes Ein Volksfestabend im Colosseum war von über 5000 Menschen besucht. Viele mußten wegen Platz⸗ mangel abgewiesen werden.

auftre

Kundge Menge.

Deutschland über Alles“.

Theater und Musik.

Im Opernhause wird morgen, Donnerstag, außer dem Dau erbezuge in neuer Ausstattung und Einstudierung „Tristan und Isolde“ unter der musikalischen Leitung von Max von Schillings und unter sjenischer Leitung des Oberspielleiters Dr. Horth aufgeführt. Die Besetzung lautet: Isolde: Helene Wildbrunn; Brangäne: Karin Branzell; Tristan: Joseph Mann; Marke: Otto Helgers; Kurwenal: Wilhelm Rode vom Breslauer Stadttheater als Gast; Melot u. Seemann; Paul de Castonier; Hirt; Kurt Sommer; Steuermann: Rudolf Die gesamte szenische Ausstattung ist nach Entwürfen des Malers P. Aravantinos angefertigt. Anfang 5 Uhr.

Im Schauspielhause geht morgen (außer dem Dauer⸗ mit Gustav May in der Titelrolle und Anfang 64 Uhr.

Von Herren sind n. a. in der

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Er wird zuerst am Sonnabend,

*

„Deutschland,

reserpesatz 45. 5 Uhr. s

Theater. Opernhaus. (Unter den Linden.)

Freitag: Bohsme. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. (Im Gendarmenmarkt.) Donners. Karten⸗ reservesatz 97. Peer Gynt. Anfang 67 Uhr. Freitag: Der Marquis von Keith. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Neu einstudiert: Tristan und Isolde.

Gestorben: Hr. Mec

Jamiliennachrichten.

Verlobt: Frau Else Urban, geb. Harnack, mit Hrn. Dipl.Ing., Oberleutnant d. Res. Heinrich Winkler (Breslau , Friedenshütte S rl. Gisela Hahn mit Hrn. Gerichtsassessor Kurt

O. S.). Landsky (Waldenbur

Wolf von der Lancken (Schwerin). Medizinalrat Dr. Waldemar Paulini (Wiesbaden).

. Strel. Landdrost a. D. und Kammerherr Hr. Kreisarzt a. D.,

e g der niederländischen Vertretung beim Heiligen

Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmftraße 32.

Vier Beilagen

leinschsießlich Börsen beilage

und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage. sowie die Inhaltsangahe Nr. 37 zu Nr. 5

des öffentlichen Anzeigers.

Erste Beilage

zum Deut schen Meichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Nr. 214.

Berlin, Mittwoch, den 22. September

1929

Amtliches. (Fortsetzzung aus dem Haupbblatt.) Deutsches Reich. Benannt machung.

Die Orts gruppe Leipzig, Abteilung Verlag des Arbeitgeberverbandes der deutschen Buchhändler, Sitz Leipzig, die Orts gruppe Leipzig, Abteilung Sortiment des Arbeitgeberverbagndes der deutschen Buchhändler, Sitz Leipzig, die Ortsgruppe Leipzig, Abteilung Zwischenbuchhandel des Arbeitgeber— verbandes der deutschen Buchhändler, Sitz Leipzig, der Angestelltenverband des Buchhandels, Buch⸗ und

eitungsgewerbes „Eule“, Ortsgruppe Leipzig, der

entralverband der Angestellten, Bezirk Leipzig,

achgruppe Buchhandel, der Gewerkschaftsbund der

ngestellten, Fachgruppe Buchhandel, der Gewerk— schafts bund kaufmännischer Angestelltenverbände, Fachgruppe Buchhandel, der Allgemeine deutsche Buchhandlungsgehilfenverband, Kreis Leipzig, und der Buchhandlungsgehilfen-Verein zu Leipzig haben beantragt, den zwischen ihnen am 24. August 1920 abge⸗ schlossenen Tarifvertrag zur Regelung der Gehalts- und Anstellungsbedingungen der Angestellten im Buchhandel und in buchhändlerischen Betriebsabteilungen gemäß 8 2 der Ver⸗ ordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗-Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Amtshauptmannschaft Leipzig für allgemein verbindlich zu erklären.

Einwendungen gegen diesen Antrag können bis zum 10. Oktober 1920 erhoben werden und sind unter Nummer VI. D. 2055 an das Reichsarbeitsministerium, Berlin, Luisen— straße 33, zu richten.

Berlin, den 14. September 1920.

Der Reichsarbeitsminister. , BHusfe.,

e n g ch un g

Der Arbeitgeberverband für das Baugewerbe in den beiden Mecklenburg E. V. in Rostock i. M. und der Bund der technischen Angestellten und Beamten, Gau Nordwestdeutschland in Hamburg, haben beantragt, den zwischen ihnen am 7. Juli 1920 abgeschlossenen Tarif⸗ vertrag zur Regelung der Gehalts- und Anstellungsbedingungen der technischen Angestellten im Baugewerbe gemäß 8 2 der Verordnung vom 253. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Freistaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg⸗Strelitz für allgemein verbindlich zu erklären.

Einwendungen gegen diesen Antrag können bis zum 15. Oktober 1920 erhoben werden und sind unter Nummer VI. D. 2049 an das Reichsarbeitsministerium, Berlin, Luisen⸗ straße 33, zu richten.

Berlin, den 14. September 1920.

Der Neichsarbeitsminister. .

Bekanntmachung.

Der Arbeitaeberverband der chemischen und Spreng stoffindustrie Köln E. V. in Köln, Zeppelin⸗ straße 1—3, der Verband der Fabrikarbeiter Deutsch⸗ lands, Zahlstelle Köln, der Zentralverband christ— licher Fabrik- und Transportarbeiter, Gau 5, der Verband der Fabrikarbeiter Deutschlands, Gau 14 Köln, und der Verband der Fabrikarbeiter, Zahl— stelle Wiesdorf, haben beantragt, das zwischen ihnen, dem Christlichen Metallarbeiterverband, Bezirk 2, dem Deutschen Metallarbeiterverband, 7. Bezirk, und dem Verband der Maschinisten und Heizer, Bezirk 26, am 16. Mai 1920 abgeschlossene Lohnabkommen sowie das Zusatzabkom men vom 14. Juni 1929 zur Regelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen für die Betriebe der Berufs⸗ genossenschaft der chemischen Industrie (Sektion IVa) gemäß s 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet des gesamten linksrheinischen Gebiets der Rheinprovinz einschließlich des Landes Birkenfeld, der rechts⸗ rheinischen Teile der Regierungsbezirke Koblenz und Köln mit Ausnahme des Kreises Wetzlar und für den unteren und oberen Kreis Solingen für allgemein verbindlich zu erklären.

Einwendungen gegen diesen Antrag können bis zum 10. Oktober 1930 erhoben werden und sind unter Nummer VI. BD. 1945 an das Reichsarbeitsministerium, Berlin, Luisen⸗ straße 33, zu richten.

Berlin, den 14. September 1920.

Der Reichsarbeitsminister. J. A.: Dr. Busse.

Bekanntmachung.

Der Deutsche Transportarbeiterverband, Orts⸗ verwaltung Bremen, in Bremen, Faulenstraße 5G / 60, hat beantragt, den zwischen ihm und dem Hafenhetriebs verein in Bremen E. V. am 16. Mai 1920 abgeschlossenen Nachtrag (Lohnabkom men) zum allgemein verbindlichen Tarifvertrag vom 2X. Dezember 1919 und zu der allgemein verbindlichen, ab 6. Februar 1920 gültigen Nachtragsvereinbarung betr. Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen der Hafen⸗ arbeiter gemäß 82 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Reichs ⸗Gefetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Stadt Bremen für allgemein verbindlich zu erklären. . .

Einwendungen gegen diesen Antrag können bis zum 5. Oftober 1929 erhoben werden und sind unter, Nummer VI. D. 1480 an das Reichsarbeitsministerium, Berlin, Luisen⸗ straße 33, zu richten.

Berlin, den 14. September 1920.

Der Reichsarbeitsminister. J. A.: Dr. Busse.

Bekanntmachung.

Der Verband der Optikergehilfen Deutschlands E. V., Sitz Berlin, in Berlin⸗-Stegli t, den von ihm und dem er Groß Berlins

Sachsenwaldstraße 17, Irbeitgeberver band 1 4 1s angenommenen Schieds⸗ spruch des Schlichtungsausschusses Groß Berlin vom 25. Juni 1920 zur Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen im Optikergewerbe gemäß 8 2 der Verordnung vom B. De⸗ zember 1918 (Reichs⸗-Gesetzbl. S. 1456) für das Gebiet der Einheitsgemeinde Groß Berlin für allgemein verbindlich zu er—

hat beantra der Opti

Einwendungen gegen diesen Antrag können bis 10. Oltober 1920 erhoben werden und sind unter Nummer VI. D. 978 an das Reichsarbeitsministerium, Berlin, Luisen⸗ straße 33, zu richten.

Berlin, den 14. September 1920.

Der Reichsarbeitsminister. J. AM. Dr. Bu sse.

Nichtamtliches.

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Preusßztische Landesversammlung. 154. Sitzung vom 21. September, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeikungsverleger*))

Auf der Tagesordnung stehen zunächst verschiedene Anfragen.

Abg. Dr. Reine ke (Zentr) fragt nach Entschädigun den letzten Unruhen im Rheinland und Westfalen ausgep Bauernhöfe. Ein Vertreter der Regierung teilt mit, daß die Verhandlungen über eine Entschädigung im Gange seien. eine Frage des Abg. Lu kassowitz (D. Nat) hinsichtlich assung von Volksschullehrern zu dem Amt eines Schöffen oder Geschworenen erklärt ein Regierungsvertretzer, daß eine dahingehende Aenderung des Gerichts verfassungsesetzes noch nicht in Kraft getreten sei, eine Aenderung in diesem Sinne sei aber in Aussicht genommen. ö .

Abg. Sämisch (U. Soz) beklagt sich über einseitige Aus⸗ nutzung eines in Merseburg abgehaltenen Kursus zur Aus und Fort⸗ ern und flegerinnen : esondere erstrebten die Vorträge des Geh. Regierungsrates Schwanert über Staatsbürgerkunde eing Be⸗ einflussung in deutschnationalem Sinne und enthielten häufig die Arbeiterschaft beleidigende w .

Ein Vertreter des Kultusministers erklärt: handelt sich um ein einzelnes Vorkommnis in einem Kursus des Allgemein hat im übrigen der Vortragende den stärksten Beifall bei allen politischen Parteien gefunden. ö; at der Regierungspräsident aus Anlaß des einen Falles sofort fen. Der Kursus ist vollkommen harmeonisch verlaufen, und die Teilnehmer haben ohne Unterschied der Partei den Wunsch aus⸗ gesprochen, Geheimrat Schwanert möge seine Verträge ausdehnen. ei dieser ganzen. Sachlage geht es nicht an, zu behaupten, die Kurse würden in einseitiger Weise zu parteipolitischer Propaganda aus⸗ genützt; Anlaß zum Einschreiten ist nicht geboten.

Es folgt die dritte Beratung der Umlegungs⸗ ordnung.

In dritter Lesung wird sie nach den Beschlüssen der zweiten Lesung mit einigen unerheblichen Aenderungen an⸗ genommen.

bildung von Jugend zu nationalistischer

Parteipropaganda. Aeußerungen.

Geheim wts Schwanert.

Kirchen⸗ austrittsgesetze s. Wortmeldungen liegen nicht vor. Auf Antrag Adolph Hoffmann (U. Soz.) Schlußabstimmung namentlich erfolgen. * stimmung haben beide sozialdemokratische Fraktionen den Saal verlassen. Die Abstimmung ergibt 166 Stimmen für, 3 gegen die Vorlage.

Präsident Leinert stellt die Beschlußunfähigkeit des um 2 Uhr 59 Minuten und hr. (Heiterkeit.)

Vor dieser

Hauses fest, schließt die Sitzun beruft eine neue Sitzung auf 3

155. Sitzung, Nachmittags 3 Uhr.

Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 3 Uhr 2 Minuten. :

Der Gesetzentwurf über das vereinfachte Enteig⸗ nungsverfahren wird in zweiter Lesung debattelos angenommen. Es folgt die dritte Beratung.

Abg. Dr. Seelmann. (D. Nat): Wir haben Bedenken dagegen, daß die Entscheidung über die Einleitung des Entei einzelnen Ressortministern übertragen werden soll. wie vor dem Staatsministerium, überlassen hleiben.

Abg Brückner (Soz.): Die Bedenken des Vorredners sind un⸗ Wir werden der Vorlage zustimmen und erwarten von ihr eine Erleichterung der Arbeitsbeschaffung. .

Der Gesetzentwurf wird hierauf nach den Beschlüssen zweiter Lesung angenommen.

Es folgt die erste Beratung des Notetats. ; . Meine 3 ö. * .

en es für ausgeschlossen. ie au . e e Die Preußische Landes⸗ hätte durch

gnungsverfahrens Das sollte nach

Abg. Rippe! (. zustimmen, denn wir ha einen ordentlichen Etat beraten kann. verfammlung hätte längst gufgelöst Neuwahlen ein neues Parlament ge Zustimmung rechts die Landes persammlu Arbeitsunfähigkeit wi die Politik der sozia partei dieses e ren . Mehrere sozialisti . mar, dent Leinert: Herr icht habe, haben Sie mit Ihrer letzten Bemerkung Mitglieder Regierung gemeint? K n Mitglieder dieses Hauses und d m Osten und im Westen fördert. S

und an ihre St setzt werden müssen. sammensetzu en ö des . rd gerade durch diese Vorlage erwiesen. 1 ldemokratischen Minister und der Mehrheits⸗ sbestrebun gen im Sozialdemokraten. bgeordnese eilen zur Tribüne und rufen dem rechheit sondergleichen! Unerhört!“ bgeordneter, wenn ich

auses werden die Loslösun

ördert. (Großer Lärm bei den

Sie recht ver⸗

Hauses und der Abg. Rippel: ozialdemokratis oslösungsbestrebungen i

keit eines Teils der Regieru

mische pr en, bei den Sozialdemokraten. Abg. Peters: Man sollte ihn herunterholen, den Lümmel) . ;

Präsident Leinert: Herr Abgeordneter, ich kann nicht zulassen, 3. Sie eine solche Behauptung aufstellen, ich muß Sie bitten, mit Ihren Aeußerungen vorsichtiger zu sein. (Rufe rechts; und die Zwischenrufe?! Es ist mir mitgeteilt worden, daß ein Abgeordneter Lümmel“ gerufen hat. (Abg. Peters: Jawohl, das war ich, ich sinde keine andere Bezeichnung für so etwas) Herr Abgeordneter Peters, für diese Beleidigung rufe ich Sie zur Ordnung. .

Abg. Rippel: Die Vorgänge in Berlin und in der preußischen Regierung sind seht wohl geeignet, Wasser auf die Mühlen der⸗ jenigen zu treiben, die Los von Berlin? rufen. (Rufe bei den Sozialdemokraten: Ihre Partei ist schuld daran) Ich bedauere außerordentlich, daß die Mehrheitsparteien, besonders die sozialdemo⸗ kratische Mehrheitspartei, nicht längst zu der Ueberzeugung gekommen ist, daß man dem Willen des Volkes Rechnung tragen muß und daß an die Stelle . nach unserer Auffassung arbeitsunfähigen Ver⸗ 5 eine arbeitsfähige gesetzt werden muß. Nach dem Ergebnis er Reichstagswahlen bom 6. Juni ist im Preußischen Parlament die

Mehrheit zur Minderheit geworden. Wir halten deshalb die Auf⸗ lösung dieser Versammlung für eine politische Notwendig⸗ keit. Es ist ein politisches Unding, daß im Reiche eine bürgerliche Regierung, im größten Bundesstaat aber eine hervorstechend soziagl⸗ demokratische Regierung vorhanden ist. (Große Unruhe links.) Die Sozialdemokratie will nur ihre Macht befestigen, auch über die Dauer ihrer Herrschaft in diesem Hause hinaus. Das erregt Unwillen im ganzen Lande. Sie haben dem alten Dreiklassenparlament Kleberei vorgeworfen, aber Sie übertreffen Ihre Vorgänger im Dreiklassenpar⸗ lement erheblich an Mandatskleberei. Wir fordern um so energischer die baldige Vorlegung des Wahlgesetzes. Der Minister des Innern hat es längst versprochen, aher immer wieder hinausgezogen, und der Unwille im Volke steigert sich immer mehr. (ZGwischenrufe links: Nur in Ihrer Partei! Nicht nur in meiner Partei, sondern auch im Zentrum und in der Demokratischen Partei fordert man allge⸗ mein Neuwahlen. Wir finden den jetzigen HZustand nicht gerade an⸗ ständig. Da der Etat bis zu den Neuwahlen nicht ordnungsgemäß erledigt werden kann, stimmen wir dem Notetat zu. (Beifall rechts, Pfuirufe links) Ahg. Ludwig (. Soz.): Es gibt keine größeren Heuchler als eine solche Partei, die früher jeden Versuch vereitelt hat, einigermaßen die Volksstimmung zum Ausdruck zu bringen. (Präsident Leinert: Ich nehme an, daß der Ausdruck Heuchler sich nicht auf. Abgeordnete bezieht). Früher wurde nicht einmal ein sozialdemokratischer Nacht⸗ wächter geduldet, und Bürgermeister sind jahrelang nicht bestätigt worden, weil sie freier gesinnt waren. Eine solche Partei verlangt heute, daß die Stimmung des Volkes zur Geltung komme. Wir ver⸗ langen allerdings auch baldige Neuwahl. Aber wir sind überhaupt der Ansicht, daß das Preußenparlament nicht notwendig ist. Die einzelnen Parlamente der Bundesstaaten sind überflüssig, besonders nachdem den Bundesstaaten die Steuergesetzgebung und die Steuerhoheit entzogen ist. Wir müssen zum Einheitsstaat kommen. Millionen können dadurch erspart werden. Wir stimmen dem Not— etat nicht zu, weil wir die Verantwortung dafür der Mehrheit über- Aber es muß möglichst bald die Stimme des Volkes gehört werden.

Abg. Hau schildt (Soz.): Die Rechte entfacht die se Debatte nur aus agitatorischen Gründen, um die künstlich genährte Stimmung zu erregen. Wir gehen auf dieses Vorspiel der großen politischen Debatte in den nächsten Tagen nicht ein. Herr Rippel will sich üher die Ar— beitsunfähigkeit dieses Hauses künstlich erregen. Das ist die Partei, die den Kapp-Putsch diktiert hat. (Große Unruhe rechts) Sie (rechts) wollen die Aufmerksamkeir nur von dem ungeheuren Schuldkonto ab⸗ lenken, mit dem Sie sich belastet haben. Wenn heute der Ruf; „Los von Berlin!“ ertönt, dann geschieht es in erster Linie, weil Sie und Ihre Politik diese Zustände geschaffen haben. Lärm rechts) Sie wollen nur Ihre Macht durchsegzen, indem Sie das Reich gegen Preußen ausspielen. Die Verfassung wird unter allen Umständen noch von diesem Hause gemacht werden; ebenso hat es noch andere sehr wichtige Fragen zu erledigen. Erst dann kann, ein Wahltermin angegeben werden. Sie aber wollen schon jetzt nichts als Wahl⸗ agitation treiben. (Beifall bei den Soz.)

Präsident des Staatsministeriums und Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Braun: Meine Damen und Herren! Ich hatte nicht erwartet, daß heute hier anläßlich der Beratung des Nach⸗ tragsetats eine große politische Debatte vorgenommen würde. Da ich zufällig wegen einer anderen Angelegenheit im Hause bin, will ich doch Anlaß nehmen, wenigstens einige Worte auf die Aus⸗ führungen des Herrn Abgeordneten Rippel zu erwidern.

Er hat gemeint, es sei ein Unding, daß im Reich eine rein bürgerliche Regierung sei, in dem größten Bundesstaate aber eine Regierung, die zum Teil unter sozialdemokratischem Einfluß steht. Ich weiß nicht, wie Herr Rippel zu dieser Schlußfolgerung kommt. 5 Jahrzehnte lang hat das Parlament des größten deutschen Bundes⸗ staates eine ganz andere Struktur gehabt als das Reichsparlament. (Sehr richtig) Die Politik, die demgemäß im Reich geführt wurde, war auch eine ganz andere. Guruf rechts.) Eine Republik haben wir in Preußen und im Reich. Die Herren von der konservativen Seite haben gerade diese Verschiedenheit früher als ganz besonderen Vorzug des preußischen Parlaments angesehen. (Sehr richtig! links.) Jetzt auf einmal soll diese Verschiedenheit ein Unding sein. Wollen Sie wirklich so schnell wie möglich wieder den Zustand einer nenen Kabinettsbildung wie im Reich? (Sehr gut! links) Das war doch wirklich kein erfreuliches Schauspiel, meine Herren von der rechten Seite, daß Sie im Wahlkampf nicht laut genug das Aus—⸗ scheiden der sozialdemokratischen Mitglieder aus dem Reichskabinett verlangen konnten, dann aber, als die Wahl vorüber war, sich die größte Mühe gaben, die sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder wieder in das Reichskabinett hereinzubekommen. (Widerspruch rechts) Herr Abgeordneter Hammer, lesen Sie Ihre Presse aus jenen Tagen; es war sogar die „Deutsche Tageszeitung“, die den Sozialdemokraten Mangel an Verantwortungsgefühl nachsagte, weil sie nicht in das Reichskabinett eintraten. Jetzt machen Sie wieder Geschrei in Preußen, daß die Sozialdemokraten nicht so schnell wie möglich aus dem Kabinett hinausgehen wollen. (Abgeordneter Stendel: Heraus sollen sie nicht! Aha! und Heiterkeit links.) Davon ist gar keine Rede, daß die sozialdemokratischen Kabinetts⸗ mitglieder allein stimmen oder entscheidenden Einfluß ausüben. Im Staatsministerium werden die Arbeiten sehr viel kollegialer erledigt, als es vielleicht in manchen Ihrer Fraktionssitzungen zugeht. (Guruf rechts: Vier gegen vier, und der Ministerpräsident entscheidet) Das ist rein schematisch und zahlenmäßig gedacht, unsere Arbeit wird

nach anderen Gesichtspunkten als nach diesem Zahlenverhältnis durch⸗ geführt. Wenn heute der Abgeordnete Rippel meint, es ergreife der Un

der Reden der Herren Minister. die im

Mit. Ausnahme zute wiedergegeben

wille, daß die Neuwahlen noch nicht ausgeschrieben werden, immer