1920 / 228 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Oct 1920 18:00:01 GMT) scan diff

attes und reibungsloses Arbeiten er der Regierung daran, daß das

* sie ihre einstweilen zurück und wird einer Regelung, wie si die Anträge vorsehen, nicht entgegen sein. ,

Die Anträge der beiden arteien der Rechten undder Demokraten werden gegen Zentrum und , angenommen, die Anträge der Unab⸗ hängigen werden abgelehnt.

Bei der Gesamtabstimmung wird das Gesetz gegen die Unabhängigen angenommen.

Es folgt die erste Lesun des Gesetzent wur fs, betr. die , . zum ,, Landtag e. In Ver⸗ 1 amit werden beraten der mit dem Entwurf eines Notwahlgesetzes verbundene Antrag Hergt (D. Nat.), die Regierung zu ersuchen, unverzüglich die erforderlichen Maß⸗ nahmen einzuleiten, damit die Neuwahlen zum Preuhischen Vandtag spätestens am 123. Dezember 1920 stattfinden können. sodann der Antrag Dr. von Richter 68. Vp .), die Regierung zu ersuchen, die Wahlen zum Preußischen Landtag für den 12. Dezember 198290 anzuberaumen und diesen Wahlen das 5 der Reichstagswahlen vom 6. Juni 1929 zugrunde zu legen, aber die . für die Wahl eines Abge⸗ ordnesen von 60 0900 auf 45 herabzusetzen, endlich der Antrag Adolph He ff mann (u. Soz.) vom 24. Juni 1920, die inn e Landesversammlung wolle beschließen: 1. sich für aufgelöst zu erklären, 2. die Staatsregierung zu er⸗ suchen, sofort Neuwahlen auszuschreiben.

Abg. Dr. von Richte r⸗Hannober D V.): Für uns ist die Frage der Neumahlen eine politische e aller⸗ ersten Rangeg, aber keine Parteifrage. Die Zusammensetzung der jetzigen reg en Landes bersammlung entspricht dem , . ähler nicht mehr. Gerade diejenigen die sich zur De⸗ mokratie bekennen, müssen das größte, Interesse daran haben, daß nicht der Wille der preußischen Wähler und die Zusammensetzung der preußischen Volksbertretung zwei unversöhnliche Gegensätze sind. Die Bedeutung diefer Volksvertretung kann nur darauf beruhen, da sie den Willen der pen ggg, Wähler unverfälscht wiedergibt, sonst hat sie ihre Existenzberechtigung verloren und es tritt der Parla⸗ mentzabsolutismus an ihre Stelle. In Preußen haben wir nicht die Möglichkeit, durch Nachwahlen die Veränderung der Stimmung der Wähler feststellen zu können. Das ist gerade bom demokratischen Standpunkte aus ein Nachteil. Aber die allgemeinen Reichstags⸗ wahlen vom 6. Juni 1920 haben den in der Wählerschaft eingetretenen Stimmungsumschwung mit elementgrer Gewalt zum 5 e⸗ bracht und sich i die bisherigen Mehrheitsparteien geradezu kata⸗ strophal gestaltet; die Mehrheilsparteien haben nicht weniger als S Millionen Stimmen verloren. Wenn die Regierung davon aus⸗ geht, daß in den Handesteilen, die nicht mitwählen können, solange nicht die Volksabstimmung attgefunden hat, die Wahl genau so ausfallen würde, wie sie 1919 ausgefallen ist, so ist das ein Trug= schluß. Der zweite Grund für die Notwendigkeil sofortiger Nen⸗ wahlen ist ein hochpolitischer nämlich der zwischen der Veichs⸗ regierung und der preußischen Regierung bestehende Gegensatz. Früher haben die Demokraten diesen Gegensatz als unerträglich bezeichnet. Es ist kein fin daß, seitdem die letzten Reichstagswahlen dieses Ergebnis gehabt haben. in Preußen die Zügel der sozialdemokratischen Vorherrs um so stärker angezogen werden. Besonders der Minister Severing geht mit großer Schärfe und Rücksichtslosigkeit vor. Ihm und seinen Parteigenbfsen schwebt dabei wohl als Ziel wor, die . Nachwahlen so lange hinauszuschieben, bis auch mit Aussicht auf Erfolg für sie im Reiche Neuwahlen vorgenommen werden können. Die preußischen Wähler werden nicht so töricht sein, diesen Plan nicht. * durchschauen. Wir sie. am 26. Januar Reichsverfassu

illen der

I9gI9g gewählt, die erfaffung kam im August 1919 zustande, wir warten auf die preußische Tagen hat es wirklich die 3.

n noch immer, und vor einigen . ö che Regierung fertigbekommen, uns einen Wahlgesetzentwurf vorzulegen, zu dessen Fertigstellung wahr⸗

haftig keine befonderen Fähigkeiten gehörten, Entweder haben wir es mit der Unfähigkeit oder mit dem boͤsen Willen der Regierung zu tun. Auch den Schein sollte die Regierung vermeiden, daß sie 36 an die Macht klammert und daß sie nicht gewillt ist, der Volksstimmung Rechnung zu tragen. Der Polkswille muß zu seinen Rechten kommen. Das Volk ist souverän und die preu ische Landesbersammlung auch. Wir sind überzeugt, daß die gro enge der Wähler in Preußen unserer Auffasfung folgen wird. (Beifall rechts.) Abg. Rippel O. Nat): Namens meiner Fraktion uniterstreiche 9 orf, daß uns zu der ordering der INeumahlen. nicht etwa. parieipolitische, sondern . ausschliehlich 8 ö peransassen. Unsere grundsãtzliche Stellung. nahme ist annt. In dieser vorgeschrittenen Zeit kann die ,, ,, kaum noch ein defimitipes Wahlgesetz grundsätzlich durchberaten. Deshalb ist unser Entwurf der einzig 3 e ge,. Wir protestieren 8. die ungebührlich lange Verschleppung un Hinauszõgerung der dinbringung des Wahlgesetzes, die doch wahrhaftig Feine große Leiftung ist. Wr haben f Entwurf innerhalb einer Stunde zustande gebracht. Dieje 3 chleppung der Wahl ist wohl- überlegt und wo lvorbereiket. Bie Verantwortung trifft allein die erden t ff. Regierungs mitglieder und die Sozialdemokratische Partei. Gs ist schon außerordentlig Hharakteristisch gewesen, daß sie nach Fertigstellung der Weimarer Versaffung 67. Monate zur Vor⸗ lage der Preußischen , sebrarcht haben. Der damalige Vinister des Innern Heine hat erklärt, sich erst mit den Mehrheits. Parteien verständigen zu müässen. Ich weiß nickt. oh dieser Kuhhandel so lange kt Hat. Cin Ruhme titel t. es mhk, wenn heute nach nem Fahre noch nicht einmal die Preußische Verf sung verabschiedet ist. Der Kapp-Hutsch soll dargn schuld en, er die ia immer als faule Ausrede. Unter den heutigen Verhältnissen müßen wir gleich⸗ Lartete Regierungen im Deutschen Reiche und in Preißen haben. Durch die ua rn seh n der preußischen Regierung dar nicht die Reichtyolitk sabotierk werden. Das Geheimnis hat ja der Wwgeord⸗ nete Hauschild verraten; er hat ausdrücklich . daß sie noch eine Reihe wichtiger Fragen in diesem Hause er edigen wollen, bebor fie auseinander 341 Ber Minister darf nicht die Stimmen überhören. die aus . und vom Rheine kommen, die mit, der olitik der preußischen Regierung nicht einverstanden sind, weil sie nicht nur den land Preußens, sondern auch den Bestand des Reiches Es ware doch nichts 4 Sie e für die Neu⸗ das Reichs tagswahlrecht als otgesetz, einzuführen. e Wahlkreiseinteilung? Zeugt . nicht, von einer Wahlkreisgeometrie? Warum ist die Zahl der Wähler Io festgelegt?7 Man darf doch nach den bis⸗ die Eee dagen nicht die Beteiligung der I nehmen. Warum ene die sozialdemokratische ieder Nemahlen für, ichstag, wo doch die Neu- ben sehr Piel wichtiger find? Der nächste Dinter ren, deshalb sollten wir uns einstimmig in dem ahlen zum Wohle des preußischen Volkes zu⸗

Ich stimme mit dem Herrn

Abg. Rippel darin überein, ächsten Winter vor die

Löfung sehr schwieriger Aufgaben diese Debatte, wie sie bis jet gepflogen ist, auf fich wirken lãßt. Meinung kommen, daß wir keine

d m / r , /

Deußschland haben, daß wir nicht vor die großen Schwieriakeiten gestellt werden., sondern daß wir ung heute den Luxus gestatten können, in kleinlichem politischen Gezãnk ung zu zerfleischen. (Sehr richtig! Lachen rechts.) Ich kann die Ausführungen meiner beiden Herren Vorredner nicht als einen Verfuch anerkennen. sich fachlich mit der Vorlage der Regierung auseinanderzusetzen. GGurufe rechts.) Meine Herren, ich bin gewohnt, in demselben Tone zu antworten, zu dem ich provoziert werde; und wenn Sie die Haltung der Regierung als ein Gemisch von Unfähigkeit und bösem Willen bezeichnen, dann können Sie von mir nicht verlangen, daß ich Ibnen mit LTavendel, Myrte und Thymian entgegenkomme. (Sehr gut! Uinks. Zurufe rechts.)

Der Herr Abg. v. Richter bat an die Spitze seiner Ausführungen die Beteuerung gestellt, daß die Frage für seine politischen Freunde wohl eine volitische Frage allerersten Ranges sei, aber keine vartei⸗ politische. Nun, meine Herren, wenn der Herr Abg. v. Richter in gleichem Atemzuge dann errechnet, wie das Wahlresultat sich für seine volitischen Freunde nach den Ergebnissen des 6. Juni gestaltet hätte, dann, glaube ich, liegen seinen Betrachtungen doch auch varteiegoistische Motive zugrunde (sehr richtig! links lebhafte Zurufe rechte), und wenn die Herren aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen wollten, so müßten Sie, glaube ich, hier anerkennen, daß für jeden dem es darum zu tun ist, die Schwierigkeiten des nãchsten Winters zu beheben, die Wahlrechts frage eine rein praktische Frage ist, daß sie aber jetzt zu einer Frage der parteipolitischen Leidenschaften aufge⸗ zogen ist. (Sehr richtig! links Zuruf rechts.) Nein, nicht von uns, sondern von Ihnen! (Sehr richtig! links.)

Herr Abg. Dr. v. Richter kommt in seiner Beweisführung zu den allergewagtesten Analogien. Er verwies auf England und sagte, wenn sich dort duich Nachwahlen herausgestellt habe, daß die Volks⸗ stimmung nicht mehr der Zusammensetzung des Parlaments entsprãche, dann, ja dann habe ich eigentlich den Zusammenhang mit Preußen vermißt. Wer soll hier auflösen? Hier kann doch die Regierung nicht auflösen, und aus England babe ich noch nicht gehört, daß sich das Parlament nach solchen Nachwahlen selbst aufgelõöst hãtte.

Und dann, Herr Abg. v. Richter, bedaure ich, daß diese demokra⸗ tische Erkenntnig bei Ihnen und Ihren politischen Freunden so spät kommt. (Sehr gut! links) Wenn früher unter dem alten Regime einmal Nachwahlen ein ganz anderes Stimmungsbarometer der Be⸗ völkerung dargelegt hatten, hat sich die damalige Regierung, die Ihren politischen Auffassungen sehr nahe stand, nicht etwa dazu bequemt, dem Volkswillen Rechnung zu tragen. (Zuruf rechtz: Sie wollen es anders machen) Und nun, was wollen Sle etwa als die Volksstimmung bezeichnen? (Zuruf rechts. Die Wahlen vom 6. Juni? Meme Herren, glauben Sie etwa, daß, nachdem sich herausgestellt hat, daß die Herren v. Raumer, Scholz, Heinze in der Reichsregierung doch auch noch nicht die Quadratur des Zirkels gefunden haben lsehr gut! links), daß die Herren auch. nur mit Wasser kochen 15nnen (sehr richtig! links), daß nicht Besserungen in der politischen Situation Deutsch⸗ lands eingetreten sind, sondern im Gegenteil wirtschaftliche Ver⸗ schlechterungen, glauben Sie, daß die Stimmung des Volkes Ihnen noch günstig wäre? (Zustinmung links Zurufe rechts.)

Ich gebe auf die einzelnen volemischen Bemerkungen des Hertn Abg. Dr. v. Richter, die er mit Bezug auf das Tableau, das ich im Auftrage der Abgeordneten aus verschiedenen Parteien dem Hause unterbreitet habe, nicht ein.

Er hat bemängelt, daß wir für die Abstimmungsgebiete die Ziffern eingestellt haben, die wir aus dem Jahre 1919 ermitteln konnten. Er hat zwar anerkannt. daß eine Tendenz dabei wohl nicht zugrunde lag, meinte aber doch, daß durch die Einstellung dieser Wäãhlerziffern der allgemeine neberblick verloren ginge oder doch ge⸗ trübt würde. Wir konnten beim besten Willen keine anderen Ziffern einstellen, weil wir keine anderen Ziffern hatten. Die Schlüsse daraus zu ziehen, die Herr Abg. Dr. v. Richter dann durchaus richtig gezogen hat das konnten wir doch wohl getrost den Herren Abgeordnelen überlassen, denn diese wußten sehr genau, daß wir diese Ziffern nur als Material unterbreitet hatten, nicht aber zur Belehrung. Die Mitglieder dieses hohen Hauses sind keine politischen ABC⸗Schützen mehr, und wenn wir Ihnen Material unterbreiten, dann müssen wir es Ihnen schon überlassen, welche Nutzanwendungen Sie aus diesem Material zieheh wollen.

Aber, meine Herren, das sind doch alles Quisquilien, und ich fürchte, ich ziehe mir wieder den Vorwurf des Herrn Abg. v. Richter zu, daß ich durch eine lange Obstruktions rede mich bemühe, länger an der Macht in Preußen zu bleiben, wenn ich auf diese Einzel⸗ heilen eingebe. (Sehr gut! links.)

Viel wichtiger erscheint mir die Bemerkung des Herrn Abg. Dr. v. Richter, die er mit Bezug auf das Verhälmis der preußischen Staatsregierung zum Reich gemacht hat, viel wichtiger deswegen, weil diese Ausführungen nicht seine Erfindung waren, sondern weil sie heute Tag für Tag in der deutschnationalen und volksparteilichen Presse wiederkehren. Und wenn der Abg. Dr. v. Richter dem Abg. Hoffmann den Vorwurf gemacht hat, daß er immer dasselbe sage, dann muß ich in diesem Zusammenhang bemerken: Sie sagen auch nur immer dasselbe, ohne daß Sie irgendeinen Beweis für diese törichten Behauptungen erbringen können. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. Zuruf rechts.) Einer der demokratischen Reichs⸗ minister ist wiederholt in der Lage gewesen, sich öffentlich zu ãußern über das Verhältnis der Reichsregierung zur preußischen Staats⸗ regierung. Der Abg. und Minister Koch hat in Köln erklärt, er habe aus der Zeitung erfahren, daß das Verhältais des preußischen Innen⸗ ministers zum Reichsinnenminister sehr schlecht sei. Das war die Zeitung, die dem Abg. v. Richter sehr nahesteht, der ‚Dannoversche ourier'. (Heiterkeit Minister Koch hat weiter in Köln hervor⸗ gehüen, daß das Verhältnis das denkbar freundschaftlichste ist, soweit es bel der Verwaltung Preußens und des Reiches nur sein kann. (Hört, Urt! bei den Sosialdemokraten Der Reichtinnenminister Koch vermedet jede unnötige Reibung und auch ich bin bemüht, den

Beweis dafür zu erbringen, daß, obwohl in Preußen ein sozial⸗

demokratischer Ninenminister amtiert, doch auch für diesen sofial⸗ demokratischen Innenminister vartifularistische Interessen nicht maß⸗

gebend sind, sondern ein dg und allein das B streben, Preußen und

Deutschland aus den Schvierigkeiten vn heute herauszubringen. (Bravo! bei den Soialtemalraten Der Abg. und Reichsinnen⸗ minister Koch hat außerdem ais, dem Parteitag der Demolraten in Ulm hervorgehoben, daß gerade ver preußische Innenminister sich bemühe, das Verhältnis zwischen Reichs- und Staatgregiernng so erträglich wie möglich zu gestalten. Gört, hört! bei den Sófial demokraten) Dag ignorieren Sie, Herr v. Richter, und darum bin ich genötigt, auf diese standig wiederkehrenden vir parteipolitischen Agita⸗

lion aufgestellte Behauptung nãher einzugehen. Wenn durch Neuwahlen zum Preußenhause auch eine Negierung zustande kãme, die ungesãhr der. selben Konstellation entsprechen würde, wie sie heute die Reichs. regierung zeigt, so bin ich lest überzeugt davon, daß bel der Duplizitãt der Verwaltung sich Relbungen auch dann nicht vermeiden ließen, daß es oft Meinungeverschiedenbeiten zwischen Reichs und Staatz. ressorts geben würde. Das war früher so, und das würde künftig so sein. Und wenn an meiner Stelle Derr v. Richter stãnde, dann würde er auch nicht immer in ungetrübter Ehe mit einem demokratischen Reichsinnenminister leben. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)

Aber wenn Sie einmal in meinem Ressort Umschau halten würden, dann, glaube ich, würden Sie finden, daß ich oft unter Hintansetzung der besonderen Interessen meines Ressorts die Reichs., interessen vorangestellt, daß ich oft gar nicht nach den Kompetenzen gefragt habe, daß ich auch dann schwierig Dinge für das Reich erledigt habe, wenn für einzelne Reicht ressortz⸗ die Dinge recht schwierig zu werden drohten. Für die Richtigkeit dieser Behauptung habe ich schon im Hauptausschuß einige Beweih angeführt. Ich glaube, es verlohnt sich, auch hier darũber zu sprechen um die ständig wiederkehrenden unwahren Behauptungen auf ihrer wahren Wert zurückzuführen. Erst gestern noch hat der Reichsarbents. minister bei mir angefragt, ob es nicht möglich sei, auf dem Umwege über die preußische Verwaltung vermittelnd einzugreifen in den Streik der Berliner Clektrizitätsarbeiter. Ich habe mich gern b reit erklärt, alles das, was mir an Machtmitteln zur Ver fügung stände, alles, was ich an geschickten Unterhãndlern hätte, dem Reichsarbeitsminister zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot von Hilfe ist gegenstandslos gewoꝛden dadurch, daß gestern eine unmittelbare Einigung zwischen den Beteiligten zustande gekommen ist. Aber eine von mir im Juli angeforderte Hilfe für Schlesien, die ebenso notwendig war, um den schlesischen Bergbau vor schweren Erschütterungen zu bewahren, ist doch effektiv geworden. Im Juli drohte bekanntlich der Waldenburger Bezirk in Schlesien von der passiven Resistenz der Bergarbeiter deswegen er⸗ griffen zu werden, weil die Bergarbeiter sich mit der Wiedereinsetzung

gemaßregelter Beamten nicht einverstanden erklären wollten. Der

Delegierte des Reichsarbeitgministers hatte keinen Erfolg; er kehrte, ohne daß er seine Mission hätte ausführen können, nach Berlin zurück, und nun bat mich der Reichsarbeitsminister, des Charakterg der Forderungen wegen, die Vermittlung in die Hand zu nehmen. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.)

Ich habe nicht sofort die Machtmittel der preußischen Polizei in Aktion gesetzt das schien mir damals eine Eisenbartkur zu sein sondern ich habe versucht, die Bergarbeiter durch weitere Verhand⸗ handlungen zur Einsicht zu bringen. Das ist gelungen, und auch erst in, den letzten Tagen habe ich durch eine erneute Vermitilung erreicht, daß die Waldenburger und Neuroder Bergarbeiter sich mit dem Spruch des Schiedsgerichts einverstanden erklärt haben, das ich un Juli einsetzen ließ. ̃

Wenn ich Ihnen diese Dinge, die ein Ressort berühren, so ausführlich auseinandersetze, so geschieht es nicht, um elne Gꝛoßtat meines Ressorts daraus zu machen, sondern um Ihnen zu zeigen, daß ich, als gehandelt werden mußte, nicht nach der Zuftãndigkeit meines Ressorts gefragt habe, sondern mit beiden Beinen in die Notwendig⸗ keit hineingesprungen bin, in Niederschlesien Ruhe zu schaffen. (Zu⸗ rufe rechts) Aber ja doch, ich weiß, daß ich als Preuße auch Deutscher bin, und darum gibt es bei mir keinen Partikularismus im Ressort.

Fragen Sie einmal den Herrn Reichzinnenminister nach Einzel heiten, wie ich mich bemühe, den Interessen der Reichsressorts Rech ˖ nung zu tragen! Glauben Sie, ich wäre vom Re ich z kabinett mit Einschluß der Herren von der Volkspartei aufgefordert worden, als Beauftragter des Reichskabinetts nach Schlesien gehen, wenn die Herren zu mir nicht das Vertrauen hätten, daß ich als Reichsdentscher die Interessen des Reichskabinetts vertreten würde? (Zurufe rechts.) Wenn Ihnen diese Dinge bekannt sind, und sie dürften Ihnen be⸗ kannt sein, dann verstehe ich nicht, wie Sie sich gerade hier her⸗ stellen können und das Gegenteil von offenkundigen Tatsachen be haupten können. (Zurufe rechts.)

Der Herr Abg. v. Richter hat mit besonderer Leidenschaftlichkeit meine Amtsführung unter seine kritische Supe genommen und ge⸗ meint, daß besonders nach dem 6. Juni in meinem Ressort versucht werde, die Macht der Sozialdemokratie zu stabilisieren; so ungefähr hat er sich ausgedrückt. Ich bitte den Herrn Abg. v. Richter, doch nur einen Beweis für diese Bebauptung beizubringen. Es wird ihm riesig schwer fallen. Wenn er etwa damit meint, daß ich eine Anzabl von preußischen Verwaltungsbeamten verabschiedet habe, so mache ich darauf aufmerksam, daß diese Maßnahmen lange vor dem 6. Juni getroffen worden sind. Nach dem 6. Juni war, wie auch heute noch, vielleicht noch hier und da ein Ausgleich notwendig; aber alle ent⸗ scheidenden Verfügungen, die er vielleicht im Auge hatte, sind schon im April getroffen.

Es ist nicht die geringste Aenderung in dem Verhältnis des preußischen Kabinetts zum Reichskabinett nach dem 6. Juni einge treten; überall, wo wir verpflichtet waren, mit Reichsressortz zu⸗ sammenzuarbeiten, ist das in der vollsten nebereinstimmung geschehen, soweit sich diese Uebereinstimmung bei der Ueberwindung von Meinungsverschiedenheiten berstellen lãßt. Sie wollen eben nicht ver⸗ gessen, daß es ja immer möglich ist, daß im Reiche eine andere Ne⸗ gierung nach den Wahlen zustande kommt als in Preußen. Die Struktur des Reiches ist nicht die gleiche wie die Preußens. Es sst in der Theorie wenigstens möglich, daß im Reiche wie in Preußen die gleichen Koalitionsregierungen zustandekommen, silbst mit Einschluß der Deutschen Volkspartei, und daß trotzdem Verschiet en⸗ heiten bei der Verteilung der Kräfte in den Regierungen bleben. weil man nicht die gleichen Perlönlichkeiten und die gleichen Pꝛirtei · vertreter an die Spitze der einzelnen Ressorts stellen kann. Ich habe eben schon darauf aufmerksam gema bt, es tönnte in der Theorie ein Herr von der Deutschen Volkspartei in Preußen Innenminister sein im Reiche dagegen ein Lerr von der Demofratischen Partei.

Auf diese Weise sind immer Reibunge flächen vorhanden, die nur be⸗·

seltigt oder gemildert werden, wenn auf beiden Seiten der gute Wille dazu ist. Und dieser gute Wille ist jetzt auf beiden S iten vorhanden. Fragen Sie einmal den Herrn Reichswirtschaftsminister, ob er eiwa ohne die tägliche Mithilfe der Sozialdemokraten in der Lage wäre, das Diltat von Spaa zu erfüllen, ob er ohne den Einfluß der Soial⸗ demokraten im Ruhrrevier beispielsweise imstande wäre, die Berg arbeiter zur Ueberarbeit anzuhalten. (Zurufe rechts.) Das ist eine berechtigte Frage. Dieser Hinweis soll folgendes: Er soll Sie warnen, die Dinge auf die Spitze zu treiben (sehr wahr! bei der Sozial ·

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zur Verfügung

bemokratischen Parte); dem wenn Sie mit diesen gehälsigen und be, reis losen Unterstell ungen fortfahren, die täglich in der rechtegerichteten Presse wiederkehren, so löante es wohl sein, daß sih auf Pirtschaft. sichem Gebiet bald dieselben Kämpie absrielen, die wir beute auf eipolitischem Gebiete haben. (Sehr wahr! bei der Sozialdemo⸗ Partei Zurufe rechts: Der Minister des Innern putscht y = Za, der Minister des Innern ist verpflichtet. auf diese Kehrseite der Medaille aufmerksam zu machen. (Sehr gut! bei der Sozial⸗ demoklatischen Partei Zurufe rechts Der Minister des Innern putscht, er soll sär Ruhe sorgen)— Da nehme ich von Ihnen kein Rejept entgegen, das muß ich besser versteben.

Gestatten Sie nun noch ein paar Bemerkungen zu den Aus- führungen des Abg. Rippel. Der Abg. Rippel war so freundlich, mir ein volitisches Darlehen selner Partei zu offerieren. Wir haben in ein var Stunden den Wahlgesetzentwurt fertiggeftellt, sagte er. G ist richtig, Herr Kollege Rippel, in der Fixigkeit sind Sie mir siber, aber in der Richtigkelt glaube ich Ihnen über zu sen. (Heiterkeit.) Im Anhhage der Herren Hergt und Genossen heißt es, daß die Maßlen am 12. Dejember stattfinden sollen. In 8 12 des Initiativ antrages der Herren wird verlangt:

Die Wählerlisten und Wahlkarteien werden spätestens vier Wochen vor dem Wahltag acht Tage lang öffentlich aus gelegt.

Du haben wir zunächst vier Wochen. Die Wählerllsten und Wahl farteien müssen doch auch aufgestellt werden, das ist Ihnen doch pelannt, Herr Abg. Rippel? (Zuruf rechts: Die find meistentells fertig) Erkundigen Sie sich doch einmal in Berlin, besonders bei dem heutigen Stande des Berliner Magistrats und der Berliner Beamten, wie es mit den Berliner Wählerlisten aussieht. (Zuruf reis: Berlin ist kein Vorbild) Sie können aber doch Berlin aus der allgemeinen Wahl nicht herausnehmen. Es müssen also die Waͤhlerlisten aufgestellt und berichtigt werden. Das würde selbst der Herr Abg. Rippel, wenn er Innenminister wäre, nicht in weniger alz einem Zeitraum von drei Wochen ausführen können oder ausführen lassen können.

In 5 40 des Initiativantrages Hergt ist aber auch eine Landes⸗

wahlordnung vorgesehen, die der Innenminister aufstellen soll. Wir missen diese Landeswahlordnung, die erst nach Fertigstellung des Wahlgesetzes aufgestellt werden kann, auch drucken lassen, wir müssen das Wahlgesetz drucken lassen. Das wird mit dem Ver⸗ fund einen Zeitraum von drei Wochen in Anspruch nehmen. Wir müßten also von dem Datum der Fertigstellung des Wahlgesetzes an noch 10 bis 12 Wochen fordern, wenn alles seinen ordentlichen Gang gehen soll, wenn wir die Dinge so einrichten sollen, daß wir von Ihnen nachher nicht den Vorwurf bekommen, wir machten Prä— fektenwahlen. (Zuruf rechts.) F her stand das Wahlgesetz fest, und früher gab es eine Wahlordnung, die nicht erst kurz vor den Wahlen vom Ministerium fertiggestellt zu werden brauchte. Zuruf rechts) Das ist heute alles erst fertigzustellen. Heute schwimmt doch alles bei uns. (Zuruf rechts.)

Meine Damen und Herren, ich habe außerdem den Eindruck, als ob die Landesversammlung auch nicht so ohne weiteres diesem soge⸗ nannten Notwahlgesetze, das die Herren Abgeordneten Hergt und Genossen Ihnen vorlegen, zustimmen würde, sondern daß wenigstens noch eine Aueschußberatung erfort erlich wãre. Selbst wenn diese Aueschußberatung außergewöhnlich schnell ginge, vermute ich, daß man doch eine Woche hindurch die Vorzũge des Hergtschen Entwurfs suchen und dem Wahlgesetz, das die Regierung Ihnen vor— legt, gegenũberstellen müßte, (sehr richtig! links) und ich glaube, daß Sie schon bei einer oberflächlichen Prüfung zu der Auffassung kommen würden: so ganz sorgfältig ist der Hergtsche Entwurf doch auch nicht ausgearbeitet. Der Herglsche Entwurf ignoriert die Wa hl⸗ kreis verbände an verschiedenen Stellen. Der Wahlkreis der Provinz Pommern zst ident sch mit dem Wahlkreis v erband Pommern; das gleiche gilt in bezug auf Schleswig⸗Holstein und hessen· Nassau. An diesen Stellen ist Ihnen also ein Malheur unter⸗ laufen. Sie werden mir zugeben, daß die Plenarversammlung der Lande sversammlung nicht die geeignete Stelle ist, das zu korrigleren, sondern das würde Sache der Ausschetzberatungen sein. Wenn wir nur eine Ausschußberatung, zwei bis drei Tage für Fertigstellung der Landeswahlordnung, drei Wochen Druck und Versand des Wahlgesetzes und der Wahlordnung, drei Wochen für Fertigfellung der Wähler⸗ listen und vier Wochen für die Auslegung dieser Ltüen in Anrechnung bringen, dann kommt ein Zeitraum von 11 bis 12 Wochen heraus. Wie Sie dann den Termin vom 12. Dezember innehalten wollen, ist mir unerfind lich. Ste, Herr v. Richter, sind ein viel zu guer Ver⸗ waltungsbeamter Widerspruch links und Zuruf des Abg. Dr. v. Nchter shannober )., ich habe an den verwaltungstechnischen Qualitãvn beg Herrn v. Richter nie gemweifelt (Zuruf Üintz) und sage, daß Herr V. Richter selbst anerkennen wird. daß dieser Termin nicht innezu⸗ halten ist, wenn eine geordnete Wahl garantiert werden soll. Wie Sie dies Erfordernis mit dem Datum des 12. Dezember in Einklang bringen wollen, das ist Ihr Geheimnis. (Zuruf rechts) Treiben Sie doch keine solche Geschichtsklitterung. Im Frühjahr, Ende März waren dle maßgebenden Stellen der Nationalversammlung sich doch darüber klar, den 6. Juni als Wahltermin zu be⸗ stimmen. Es verging dann die letzte Märzwoche, die vier April⸗ wochen, die vier Maiwochen und eine Juniwoche. (Zuruf rechts.) Nun ja, ich sage Ihnen ja, daß wür genau dieselbe Zelt ge⸗ brauchen, die bei den letzten Reichstagswahlen von der Reichsregierung jn Anspruch genommen worden ist. Stellen Sie das Wahlgesetz heute fertig, dann können wir in zwölf Wochen wählen. (Zuruf techis.) . Der Herr Abgeordnete von Richter fragte, warum da? Wahlgesetz verschleppt worden sei. Sollte diese Frage einen versleckten Vorwurf an die Adresse der Staatsregierung enthalten. so möchte ich ihn mit aller Schärse ỹmrückweisen. (Zuruf rechts) Ich komme auf bieses Nicken. (Zuruf des Abgeordneten Graef Anklam. ) = Herr Kollege Graef, ich wollte Sie gerade als Kronzeugen anrufen, Sie sind mir aber zuvorgekommen. Auf der Helmreise von Spaa am Dnbher lo Jul! ih lann mich irren hatte ich Gelegenben, mit Herrn Kollegen Graef (Anklam) über den damals in den Zeitungen veröffentlichten Entwuri zu sprechen, Am 9. Juli waren die Grundsätze des Entwurfs durch die Presse schon bekannt. Derr Kollege Graef (Iaklam) stieg in dem Gespräch in einige Einiel⸗ heiten hinein, ju denen er die Stellungnahme der Staatgregierung zu wissen wünschte. Ja, mehr konnte ich damals nicht tun, als der Presse die Grundtäge diefes Entwurfs mittutellen; denn einen Gut wurf der Staatsregierung kann ich Ihnen doch erst präsentieren, wenn er die Zustimmung der Mitglieder der Staatsregierung ge⸗

funden hat. (Zuruf rechta: Das ist doch drei Monate ber) Aber, meine Herren, nicht Sie allein haben das Recht auf Ferien, sondern auch die Mitglieder der Staatsregicrung. (Zuruf iechts Das ist jedenfalls eine Erklärung) Meine Herren, wenn Sie es im Juli so eilig gehabt hätten, hätte es nichts verschlagen, dem Hause damals schon den Hergtschen Ininiativantrag zu unterbreiten. Abgeordneter Graef Anklam): Sle haben urg damals ver sprochen, daß bei Wieder zusammentritt des Hauses der Entwurf vorliegen würde, und dat Wort haben Sie nicht gehalten, Hert Minister! Meine Herren, noch einmal: ich habe, als das Resultat der Reichstagswahlen vor⸗ lag und als baldige Neuwahlen in Preußen immerhin im Bereich des Möglichen lagen, meinem Referenten im Ministerium den Auf trag gegeben, mir den Entwurf eines Wahlgesetzes baldigst vorzulegen. Ich wollte jederzeit dem Hause einen Entwurf des Staatsmintfteriums präsentleren können. Daß ich als Ressort⸗ minister dieser Zusage nachgekommen bin, das wollen Sie eben, Herr Graef (Anklam), aus dem Gespräch folgern, daß wir über den Inhalt des Wahlgesetzes Anfang Juli gepflogen haben. Also von einer Verschleppung der Staateregierung kann nicht die Rede sein. (Lachen und Zuruf rechts: Nanu hört es auf) Dann, melne ich, hätten wir unz aber den berechtigten Vorwurf der Herren von der Rechten zugezogen, wenn wir, d. h. die Staatsregierung, Ihnen noch einmal mit einem umulänglichen Notwahlgesetz gekommen wären. In der Diskussion über den Borschlag C, den der Reichsinnenminister Koch im April der Oeffentlichkeit unterbreitete, ist übereinstimmend von fast allen politischen Parteien anerkannt, daß er den Vorzug vor allen andern Syflemen verdiene. Verabschiedet ist dieser Enlwurf deswegen nicht, well die politischen Parteien im Reichstage schnell zu einer Entscheidung kommen mußten. Aber es ist in Autsicht ge⸗ nommen, in ruhigen Zeiten den Dingen nachzugehen, und die

politischen Parteien des Reichstags erklären heute noch besonders

in ihren Führungen daß sie geneigt sind, dem Vorschlag O des Reichsinneaministers bei der künftigen definitiven Reich tagswahl⸗ gesetzgebung zu enisprechen. Wenn das aber feststand, meine Herren, glaube ich, wären Sie nicht mit Unrecht über uns hergefallen, wenn wir Ihnen noch einmal jetzt, wo doch für eine leidenschafts lose und ruhige Durcharbeitung des Gesetzentwurfs Zeit genug zur Verfügung stand, ein Notwahlgesetz vorgelegt hätten. (Unruhe rechts.) Ent⸗

schuldigen Sie, meine Herren, wenn ich Ihre Prioatunterhaltungen / störe, aber ich bin nun einmal verpflichtet, die Meinung der Staats⸗

regierung zu diesen Dingen iu sagen.

Wenn künftig das Reich eine Wahlgesetzgebung gibt, dann wiid sie nach den Erklärungen der Parteien anders aussehen als die Be⸗ stimmung des heutigen Notwahlgesetzes. Die politischen Parteien wären, glaube ich, kaum entzückt davon gewesen, wenn sie ihren Organisationkapparat in Preußen hätten anders einstellen müssen als künftig im Reich. (Zuruf rechts: Das weiß noch niemand) Nein, das weiß man in der Tat noch nicht, aber überlassen Sie es doch der Siaatsreglerung, die verhältnismäßig größte Uebereinstimmung mit der Reichsregierung auch in diesem Punkte herzustellen. Ich habe diesen Versuch schon vor einigen Wochen unternommen, bin aber aus Gründen, die auch nicht in meinem Ressort verschuldet wurden, nicht in der Lage gewesen, diese Dinge bis zu einem gewissen Ziel zu verfolgen. Wir werben in den nächsten Tagen schon erfahren, welche Absichten die Reichsregierung auf diesem Gebiete hat. Dann wird es Aufgabe der Kommission sein, den Gesetzeniwurf mit den künftigen Absichten, die das Reich auf diesem Gebiete verfolgt, in Einklang zu bringen.

Das entspricht, glaube ich, den Interessen aller polltischen Parteien

und der beiden gesetzgebenden Körperschaften.

Herr Abg. Rippel hat dann wiederholt die geschmackvolle Wen⸗ dung vom Kleben am Mandat und von der Futierkrippenpolitik ge⸗ braucht. Es kennzeichnet so recht das Niveau unserer politischen Auseinandersetzungen, daß man heute ohne diese Uebertreibungen nicht mehr auskommt. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. Zuruf rechts: Sind das nebertreibungen) Ja, was glauben Sie denn? Stehen Sie ehrlich zu der Auffassung, daß ich am Mandat klebe? Bitte, sagen Sie Ja oder Nein! (Zuruf rechts.) Die Ginzelpersonen nicht? Woraus besteht denn die Staatsregierung? Sie besteht doch aus Einzelpersonen! Mit solchen Redewendungen kommen Sie nicht aus! Die Bezeichnung Futtertrippe ist schon eine Beleidigung für diejenigen Männer, die in der schwersten Not des Volkes es über sich gebracht haben, die exponiertesten Posten zu über⸗ nehmen. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Vom Parteistand⸗ punkt aus betrachtet könnte man es vielleicht als einen Fehler be⸗ zeichner, daß an den Novembertagen 19818 die Sozialdemokratie in die Regierung ein etreien ist, die Veran wortung mit übernommen hat. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Ich hätte einmal . (nach rechts) Regierung, Ihre Wirischaft in diesen Tagen sehen

ögen! Ich glaube aber, die Befriedigung dieser Neugierde bätte u bitter, zu teuer mit dem Ruin unseres Volkes erkauft werden missen. (Sehr gut! links Lachen rechts) Kommen Sie jetzt wieder ur Reglerung, Herr Abgeordneter v. Richter, dann legen Sie sich in ein neu gemachtes Bett! (Sehr gut! bei den Soʒialdemokraten. Abgeordnéer Dr. v. Richter (Hannover): In Ihr Bett. Herr Minister, lege ie mich nicht, es ist mir zu kurz) Ich glaube, daß die Achtung der Wihlermassen vor der Volkevertretung nicht gerade steigt, wenn Sie Tag für Tag durch die Parlamentsberichte ersehen, auf welchem Niveau die Zerhandlungen dieser Versammlungen statt⸗ finden. (Sehr richtig! links and rechts.)

Herr Abg. Rippel hat dant an den Minister des Innern den Appell gerichtet, die Stimmung n Bayern doch nicht ganz ju ignorieren, die so bedrohliche Formen angenommen habe, daß die Existenz des Reichs gefãhrdet erscheine, wean nicht bald eine Umkehr erfolge. Die Stimmung in Bavern ist mir belennt. Aber daß Sie (nach rechts; jetzt gerade Ihre Vorliebe für Barymn entdecken, ist auch ein Bildnis bezaubernd schön. (Sehr gut! bei den Sozial⸗ demokraten Früher war es sehr, sehr viel anders. Aber es ist nicht ganz uninteiessant, eiamal festzustellen, wie eigentüch die Stimmung in Bavern entsteht. Ich habe hier eine Zeitung, die einen Artikel Bavein und das Reich“ veröffentlicht, in dem aus. einandergesetzt wird, daß die Lodderwirischaft der heutigen preußischen Regierung eigentlich die Spannung in Bayern gegen das Reich hervorgerufen bat. (Hört! hört! Unks) Das ist keine Zeitung aus Erlangen, aus Regene burg oder aus Passau, sondern die „Ostpreußische Zeitung“. (Heiterkeit links) Man macht das heute so, daß man aus Königsberg, aus Pommern oder aus einer andern osielbijchen Provinz Spenialkorrespondenten nach Mũnchen entsendet, die sich mit den Getreuen von Escherich in Verbindung setzen und dann hierher kommen, um über die Stimmung in Bayern zu schreiben. (Sehr gut! links. Nun, meine Herren, die Stimmung

von Bavern ist auch daraus zu erkennen, daß keine Großstadt ber⸗

hältnis mäßig so viel kommunistische Stimmen bei der letzten Reicht ·

tagswahl aufuweisen hatte, wie gerade München. Ich glaube, das sollte

allen denen zu denken geben, die heute von Bayern als von dem ge⸗ festigsten Lande reden. Die Mißhandlung von Dr. Magnus Hirsch⸗ feld ist, glaube ich, auch nicht gerade ein Beweis dafür, daß in Bayern alles vom besten bestellt ist. Aber, meine Herren, ich habe gar nicht die Absicht, gegen Bayern irgend etwas zu sagen. Ich er⸗ kenne gern an, daß die bayerische Regierung bestrebt ist, Ordnung im Lande zu halten. Aber, es heißt doch wohl nichts anders als das eigene Nest beschmutzen, wenn man die Zustände in Preußen in der Darstellung verschlimmbösert, schimborassoartig verzerrt und Bayern als ein Land hinstellt, in dem gar nichts vorkommt. Ich habe schon im Ausschuß darauf bingewiesen: hätte Bayern das rvheinisch⸗west⸗ fälische Kohlentevier, hätte Bavern eine Provinz Sachsen oder andere industrielle Bezirke Preußent, dann würde es auch in diesem Lande sehr viel schwleriger sein, Ordnung zu halten, als es heute der Fall ist. (Sehr gut! links.) Meine Herren, während ein anderer füddeutscher Staat den ich auch dazu beglũckwũnsche, daß er sich allmählich konsolidiert große Zuckungen durchzumachen hat infolge des Widerstandes gegen den Steuerabzug, ist in Preußen diese Bewegung verhältnismäßig glatt verlaufen. Sie wollen aus diesen Dingen erkennen, daß Preußen und die Preußische Regierung nicht immer die herbe Kritik verdient, die Sie ihr angedeihen lassen, und daß es nur auf die ödeste Partei⸗ politik eingestellt ist, wenn Sie einen Gegensatz zwischen Preußen und Bayern gerade auf diesem Gebiete konstruieren.

Herr Kollege Rippel hat dann die Wahlkreis geometrie bemängelt und gemeint, daß da auch wahrscheinlich parte politische Tendenzen mitgespielt hätten, wenn man nicht annehmen wollte, daß nur eine grenzenlose Sachunkenntnis die Feder des Ministers geführt hätte. Herr Kollege Rippel, wenn Sie ein klein wenig vorsichtiger gewesen wären und alle Materialien studiert hätten, die Ihnen hier vorliegen, so würden Sie gefunden haben, daß wir auch in bezug auf die Wahlkreiseinteilung die Vorlage wörtlich übernommen haben, die uns der Reichs innemminister Koch unterbreitet hatte. (Zuruf rechts: Der⸗ selbe Unfug ist damals schon veröffentlicht worden, den haben Sie auch glatt übernommen, und dazu haben Sie so lange Zeit gebraucht) Nein, das bestreite ich. Ich habe Ihnen ja eben zugegeben, daß wir es übernommen haben, aber ich bestreite, daß wir so lange Zeit dazu verwendet haben. Meine Herren, mit der Wahlkreiseinteilung liegt es so. Als der Entwurf im einzelnen bekannt wurde, sind an mich Anträge aus verschiedenen politischen Parteien gelangt mit der Büte, doch schon im bereinigten Entwurf diese Anträge entsprekend zu berücksichtigen. Anträge, die auf eine andere Wahlkreiseintellung hinausliefen. Ich habe den Versuch dazu unternommen, bin aber schließlich zu dem Ergebnis gelangt, daß wie immer ich eine Vorlage in bezug auf Wahlkeeiseinteilung präsentieren würde, doch damit die Wünsche sämtlicher Parteien nicht befriedigt würden. (Sehr richtig: links) Deshalb habe ich dem Hohen Hause vorzu⸗ schlagen, es auch in dieser Beziehung so zu handhaben, wie es die politischen Parteien des Reichstags für gut befanden: in dem Wahlgesetzausschuß einen kleineren Unterausschuß zu be⸗ stimmen, der die Wahlkreisgeinteilung vornim nt und diese Wahlkreis⸗ einteilung auf die Agitationsbezirke, die Provagandabezirke der politischen Parteien einstellt. So, glaube ich, würde die praktischste Arbeit geleistet.

Das, meine Herren, auszuführen, habe ich mich für verpflichtet gehalten. Im übrigen möchte ich die Zeit des Hauses angesichts der Geschäftslage nicht weiter in Anspruch nehmen. Das eine möchte ich für die Staatsregierung noch hervorheben, daß sie keinen Augen⸗ blick die Asicht hat, durch ihre Haltung die Verabschiedung der Landesversammlung zu verzögern. Es steht bei der Landes versamm⸗ lung, welche Gesetze sie verabschieden will und ebenso, in welcher Art sie es tun will. Wenn Sie aber, Herr Kollege Rippel, und auch vorher der Herr Abg. v. Richter sich darüber beschwert haben, daß die Staatsregierung mit der Einbringung der Vorlage sick manchmal Zeit gelassen hat, und wenn Sie dabei auch ziemlich ungnädig menen Herrn Amtsvorgänger kritisiert haben, dann glaube ich, aus diesen Vorwürfen das Recht herleiten zu können, Ihnen, besonders Ihrer Fraklion und der befreundeten Deutschen Volke partei zu sagen, daß Sie an der Hinauszögerung der Arbeiten und dem langsamen Tempo der Landesversammlung Ihr voll gerüttelt Maß Schuld haben. (Sehr richtig! linkes, lebhafte Unruhe rechts.) Meine Herren, das Druck sachenverzeichnis der Landes versammlung ist Beweis für diese Behauptung. (Sehr richtig! links.) Die kleinen und die großen Anfragen, die schon im März und im April des vergangenen Jahres hier nur so regneten, haben mindestens in demselben Umfange die Verzögerung der Fertigstellung der wichtigsten Gesetze herbeigeführt wie die angeblich lässige Haltung der Regierung. Und, meine Herren, das eine wollen Sie nicht vergessen: Sie haben es leicht, vom sichern Port gemächlich zu raten. Die Männer aber, die heute in der Regierung sitzen, haben die veifluchte Pflicht und Schuldigkeit, dafür zu sorgen, daß Sie hier überhaupt noch varlamentarisch tagen können. Sie haben nicht nur ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß Verordnungen und Gesetzes⸗ paragraphen pünktlich an das Haus gelangen, sondern sie haben auch dafür zu sorgen, daß das Staatsgetriebe überhaupt aufrechterhalten blelbt. Das ist in diesen Zeitläuften nicht so angenehm und nicht so leicht, wie Sie es in Ihrer früberen Tätigkeit gewohnt waren.

Alles in allem! Ich wünschte wohl, daß wir einmal das Experiment der Verwaltungẽ⸗· und Regierungstätigkeit der Herren von der rechten Seite machen könnten. Wenn Deutschland nicht daran zugrunde ginge, dann würde ich noch heute an Sie das Ersuchen richten: löͤsen Sie sich noch heute auf, damit wir sehen, was die Herren in der Zukunft leisten. Aber weil mir das Schicksal des deutschen Volkes höher steht als das Agitationsbedürfnis einzelner Parteien, deshalb bin ich der Meinung, daß die Mehrheit des Hauses wissen wird, was sie zu tun bat, um die Aufgaben, die ihr am 26. Januar des vorigen Jahres überwiesen worden sind, zu lösen. ECebhafter Beifall inn Zentrum und links.)

Heilmann (Soz): Die Vorlage wird ja an eine Kommiffion gehen. Die Frage der hltermine soll keine parteipolitis sein, so wird uns versichert; jetzt ber wollen die Deutschnafionalen gerade das herbeiführen,. was fie früher als nationales Verbrecen bezeichnet haben; sie wollen die Wahlen vornehmen, ehe in Sr nscht fir die Volkzabstim⸗ mung stattgefunden hat! Die Deutschnationalen sind in Wahrheit antinational bis auf die Knochen. Erst nachträglich sind sie zu der EGrkenntnig gekommen, daß so rasch als möglich Neuwahlen statt⸗ hren müßten; als die Unabhängigen den gleichen Antrag schen vor

onaten teillen. haben die Parleien der Rechten ihn abgelehnt Den Wahltermin bestimmen wir nach dem Stande der Tandesder ·