6 , . ,
er.
einen in Kopf und Brust, die seinen Tod auf der
persönliche erhob. Einen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung in den großen Philosophen Platon und. Aristoteles, ihre Weiterbildung bei den Stolkern und Neuplatonikern. Mit der alten Volksreligion hatte diese religiöse Philosophie keine inneren Berührungspunkte mehr, wenn diese 51 nur die Auswüchse der alten Kulte angriff. Obwohl der Goöttesbegriff von ihr pantheistisch gefaßt wurde, gewann sie doch ein persönsiches Verhältnis zur Gottheit, deren sittliche Macht auf Erden duch in der Einheit und Ordnung ihren Ausdruck findet. Als die antike Welt dann müde und zukunftslos sich ihrem Tode näherte, wurde ihr der Imperator als Träger der Einheit und Ordnung nicht nur zum irdischen Stellvertreter der Gottheit, sondern selbst zu einer solchen. Aus dieser Erniederung erlöste das Christentum den ster⸗ benden Gottesgedanken und schuf einen Kultus, der ein Träger der Religion des Herzens war. So starben die alten Götter, denn auch Götter sterben. Wenn aber der Menschen Gemüter unter dem Schreckensruf: Der alte Pan ist tot!“ erbeben, ist die Gottheit schon in neuer Gestalt wiedererstanden, dem „Dionysos stirbt nur, um zu leben“.
Literatur.
Gu stavFrenssen: Jacob Alberts. Ein deu tscher Maler. Berlin, G. Grotesche Verlagsbuchhandlung, 1920 (52 S., L Tarbentafeln, 31 farbige Abbildungen). Der Maler der blühenden Halligen und friesischen Bauernstuben hätte keinen besseren Interpreten finden können, als den Dichter von der deutschen Nordseeküste, den Landsmann der engeren Heimat. Ein ferner stehender Kunst⸗ historiker würde nur Interesse für. Alberts haben als ge⸗ schmackbollen Darsteller seiner beimischen Gegend, als einen, der dies Thema für den Impressionismus entdeckt hat. Aber bahnbrechend war er weder für die Freilichtmalerei, noch für eine der jüngeren Richtungen. Frenssen hingegen vertieft sich mit liebe⸗ voller Eindringlichkeit in das Stoffgebiet, das den Maler trotz seiner Studien in München, Berlin und Paris am meisten fesseln mußte, weil er durch eine glückliche Kindheit auf dem väterlichen Weidehof mit der heimischen Scholle fest verwachsen war, vom Vater boden⸗ ständige Kraft und bäuerliche Bedächtigkeit, von der prachtvollen, halb bolländischen Mutter, künstlerischen Sinn geerbt hatte. Wie eine Novelle liest sich die Schilderung vom langsamen Wachsen und Werden dieses deutschen Malers und von den Menschen, die seinen Weg kreuzten und auf irgendeine Weise be⸗ deutungsvoll für ihn wurden. Auch das Besondere der Landschaft, ihre Stimmung und ihre Bewohner kommen zu ihrem Recht, und es ist gut in dieser trotz offiziellen Friedens friedelosen, gärenden Zeit an die gesunde, hodenständige Kraft norddeutschen Volkstums erinnert zu werden. Ausstattung, Druck und Abbildungen, auch die farbigen, sind mustergültig.
Im Verlage von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) A. G. in Berlin ist soeben eine neue Ausgabe des ersten Teils von Goethes Faust erschienen, die mit Reproduktionen nach Zeich⸗ nungen des Peter Cornelius aus den Jahren 1805/15 geschmückt ist. Diese Zeichnungen baben Goethe versönlich vorgelegen, der die Wid⸗ mung des Künstlers annahm. (Preis Æ 60, numerierte Vorzugs⸗ ausgabe M 300).
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ masz regeln.
Dem Reichsgesundheitsamt ist das Erlöschen der Maul⸗
und Klauenseuche vom Schlachtviehhof in Dresden am 15. November 1920 gemeldet.
Theater und Musik.
Im Opernhause werden morgen, Dienstag, Die Meister⸗ singer von Nürnberg“, mit den Damen Schwarz, von Scheele⸗Müller und den Herren Kirchner, Rode als Gast, Helgers, Habich, Stock, Henke, Philipp, Krasa, Bachmann und Lücke besetztz, aufgeführt. Mu sikaliscker Leiter ist Dr. Fritz Stiedry. Anfang 5 Uhr.
. Im Schauspielhause wird morgen „Peer Gynt“ mit Carl de Vogt in der Titelrolle und Margarethe Schön als Solveig ge— geben. Anfang 63 Uhr.
Oscar pon Chelius' neue Oper Magda⸗Maria“ wird am 28. d. M. zum ersten Male in De ssau unter der Leitung des Generalmusikdirektors Knappertsbusch aufgeführt werden.
Mannigfaltiges.
Der Reichsminister des Innern Koch hat der Technischen Nothilfe folgende Mitteilung zugehen lassen: »Es ist mir als zuständigem Reichsminister eine freudige Pflicht⸗ erfüllung, der Technischen Nothilfe für die aufopfernde . zu danken, mit der sie sich ker während des Berliner Elektrizitäts⸗ streiks wieder selbstlos in den Bienst der Gesamtheit gestellt hat. Die stattliche Zahl von Männern und Frauen, die in unserer von schwerxen wirtschaftlichen Kämpfen erfüllten Zeit ihre eigene Person zurückstellen und keine Mühe und Gefahren scheuen, erstreben keine Parteinahme . widerstreitender Kräfte und Interessen. Ihr Ziel ist, in iesem Kampfe, die Gesamtheit vor schwersten Erschütterungen infolge Stillegung lebenswichtiger Betriebe zu bewahren. Durch ihre Hilfs— bereitschaft mildern die Nothelfer die Art der Austragung solcher Kämpfe. Je mehr unsere Verhältnisse gesunden, um so seltener wird es erforderlich sein, die Technische Nothilfe zu ihrer freiwillig über⸗ nommenen Pflicht aufzurufen. Aber immer wird sie das Bewußtsein haben dürfen, in schwerer Zeit dem Stagt und der Wirtschaft wert— volle Vienste geleistet zu haben. (W. T. B.)
Ein Deutsch⸗Schwedischer Gesellschaftsabend wird von der Deutsch⸗Schwedischen Vereinigung Donnerstag, den 2. Dezember d. J, im Maxm or saal des Zoologischen Gartens veranstaltet. Im künstlerischen Teile wirken u. a. mit: Marig Ekeblad, Anneliese Impekoven (Tänze in Nationaltracht Ferdinand Gregori sowie die Kapelle Zimmer. Dem schwedischen Volke soll bei dieser Gelegenheit für die uns erwiesene Hilfe gehuldigt werden. Alle hiesigen Schweden und alle Freunde Schwedens sind herzlich ein⸗ geladen. Der Reinertrag wird dem Roten Kxeuz über—
esen. (Kein Weinzwang. Gesellschaftsanzug in beliebiger Form, Beginn 7 Uhr.) Karten zu 10 30 A sind bei der Geschäftsstelle der Deutsch⸗Schwedischen Vereini uu, Berlin W. 50, Regensburger Straße 14a (durch Zahlkarten, Postscheckkonto Berlin Nr. 87 770, bei Bote u. Bock, M. Wertheim und in den Buchhandlungen, die ö. Plakate kenntlich sind, zu haben. Sammelbestellungen werden erbeten.
Beüthen, 20. November. (W. T. B.) Heute nachmittag er⸗ schienen in der Wohnung von Theophil Kupke, dem Herausgeber der, Wola Lu Su (4 Der Wille des Volkes“), der bis vor einiger Zeit Mitarbeiter Korfantys im Hotel Lomnitz war, drei maskierte Personen, die nach Beschäftigung fragten. Kupke, der an der Wohnungstür zunächst die Namen verzeichnen wollte, erhielt sofort vier Schüsse, darunter je nen Stelle her⸗ beiführten. Der Mord ist offenbar politischer Natur. Bereits seit Tagen wurde Kupke von den verschiedenen Seiten durch allerlei Nach— fragen nachgeforscht, sodaß festzustehen scheint, daß seine Beseitigung bon langer Hand geplant war.
Essen, 20. Nobember. (B. T. B.) Der 10. Kongreß der christlichen Gewerkschaften ist, acht Jahre nach dem neunten, heute hier zusammengetreten; die Verhandlungen sollen vier Tage dauern. Die zuständigen Behörden sind vertreten. Der preußische Wehlfahrtsminister Stegerwald hielt die Er— bffnungsansprache. Vom Auslande d Vertreter vom Inter⸗
nationalen Arbeitsamt in Genf, und dem Internationalen Ge⸗ werkschaftsbunde, von der römisch⸗ katholischen Fachorganijation, und den christlich nationalen Fachverbänden Hollands, den christlichen Gewerkschaften in Oesterreich⸗Ungarn und andere anwesend. Der Kongreß wählte zu Vorsitzenden den Minister Stegerwald und die Herren Behrens, Bieber und Imbusch. Nach dem Berichte des Aus— schuffes des Gesamtvorstands ist die Mitgliederzahl des Ge⸗ samtverbands der christlichen Gewerkschaften von 350 go0 Ende 1912 auf 1 950 000 gestiegen. Der Gesamtverband hat sich mit anderen Verbänden zum Deutschen Gewerkschafts⸗ bund zu sammengeschlosfsen, der als. Gegengewicht gegen den Radikallsmus in der Gewerkschaftsbewegung positive Wiederaufbauarbeit leisten will. Dann wurden die Satzungen des Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaften angenommen. Der Gesamtverband umfaßt danach alle deutschen christlichen Gewerk⸗
schaften. Sein Zweck und Ziel ist Wahrnehmung der den christ⸗
lichen Gewerkschaften gemeinsamen Interessen; die Vertretung der sich aus der Tätigkeit der einzelnen Gewerkschaften er⸗ gebenden Aufgaben von allgemeiner Bedeutung und Herbei⸗ führung umfassender Unterstützung der Bestrebungen der Gewerk⸗ schaften durch die Gesamtheit. — Den Verhandlungen des zweiten Tages unter Leitung des Reichstagsabgeordneten Im b usch wohnten unter anderen der Arbeitsminister Dr. Brauns, der Reichspostminister Giesberts, Skaatssekretär Becker sowie der Präsident des Bayerischen Landtages Bauer bei. Der Staatsminister Stegerwald sprach über „die christlich⸗nationale Arbeiterschaft und die Lebensfragen des deutfchen Volkes“, behandelte die Probleme der äußeren und inneren Politik in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht und forderte eine Aenderung des Versagiller Friedens⸗ vertrages, der ein unübersteigliches Hindernis für die Pro⸗ duktion der ganzen Welt sei. „Wo bleibt“, fragte der Vedner, unter stürmischem Beifall der Versammlung, „der flammende Protest der Oberhäupter aller christlichen Kirchen gegen diese bewußte Ver⸗ neinung des Christentums?“ Bei den innervolitischen Fragen sprach er entschieden gegen die Zerschlagung Preußens, welche die Reichs— einheit gefährde. In der Wirtschafts- und Finanzpolitik forderte der Redner strengste Sparsamkeit. In der Landwirtschaft müsse darauf hingewirkt werden, die Produktion zu heben und möglichst viel Menschen auf dem Lande festzuhalten. In sozialpolitischer Hinsicht müsse die seelische Bewertung des Arbeitnehmers eine andere werden. Zum Wiederaufbau des Vaterlandes müßten im Sinne einer beharrlichen äußeren und inneren Politik die vaterländisch, christlich, volkstümlich und wahrhaft sozial denkenden Kreise aus allen Volksschichten zu⸗ sammengefaßt werden, auch parlamentarisch. Angesichts der Not⸗ wendigkeit, das ganze öffentliche Leben mit wahrhaft christlichem Geiste zu durchdringen, sei für die christliche Arbeiterbewegung das gegenwärtige vorrevolutionäre Parteisystem unerträglich. Der Sozialdemokratie fehlten die. Vorbedingungen, für die über ragende Führung. Nötig sei eine einheitliche und politisch geschlossene Ideengemeinschaft zwischen der gemäßigten Arbeiter⸗ bewegung Deutschlands und allen übrigen Volksgenossen, die in gleichem Sinne am Wiederaufbau und an der Erneuerung Deutsch⸗ lands arbeiten wollten:; deutsch, christlich demokratisch, sozial! Träger dieses Programms müßten die im deutschen Gewerkschaftsbund ver⸗ einigten christlichnationalen Arbeiter, Angestellten und Beamten werden. Eine starke christlich nationale Volkspartei, die Zusammenfassung der politischen Kräfte im katholischen und evangelischen Lager sei das Ge⸗ bot der Stunde. Einstimmig angenommen wurden vier von dem Minister befürwortete Entschließungen: erstens auf grundlegende Re⸗ vision des Versailler Friedensvertrages, zweitens gegen die weitere Besetzung großer Teile Deutsch⸗ fands, drittens gegen die Forderung auf Ablieferung von Slo 000 Milchkühen, viertens auf Schaffung eines parla⸗ mentarischen Komitees, einer eigenen Tageszeitung der christlich⸗nationalen Bewegung und einer Volks bank, welche die wirtschaftlichen Kräfte der christlich-⸗nationalen Arbeiter, An⸗ gestellten und Beamten und der ihnen nahestehenden Kreise bei dem Wiederaufbau Deutschlands einheitlich zur Geltung bringen soll.
Zu den deutschfeindlichen Kundgebungen und den Ausfchreitungen gegen Deutfche in Prag und Deutschböhmen liegen heute folgende Meldungen des W. T. B.“ vor:
Zittau, 21. November. Wie aus Reichenberg gemeldet wird, haben der akademische Senat und die Vertreter der Studenten⸗ schaft der Universität Prag gegen die Stimme eines Senators infolge der letzten Vorgänge in Prag die Verlegung der Prager deutschen Hochschule nach Deutschböähmen beschlossen und Reichenberg dafür in Aussicht genommen. Dort haben sich bereits viele vertriebene Prager Studenten eingefunden, die heute vor⸗ mittag eine öffentliche Versammlung abhielten.
Wien, 21. November. Im Laufe der gestrigen Einspruchs⸗ versammlungen gegen die Gewalttaten der Tschechen in Prag und Deutschböhmen gaben fast sämtliche Redner der Hoffnung auf einen baldigen Anschluß an das Deutsche Reich Ausdruck. Der Abgeordnete Kallina (Karlsbad) erklärte, die Deutschen würden in der Tschecho-Slowaket in ihrer Abwehr vor keinem Opfer zurückschrecken, denn das Hauptziel der Deutschen in der Tschechoflowakei sei die Freiheit und die Vereinigung mit dem großdeutschen Volksstamme. Der Abgeordnete Dr. Prunar führte u. a. aus: Ueber der Treue zum Staat steht die Treue zum angestammten Volkstum. Wir wollen ein gesichertes Volkstum. Die Tschechen machen es den Deutschen im tschechischen Staate unmöglich, am Staate mitzuarbeiten. In einer unter leb⸗ haftem Beifall einstimmig angenommenen Entschließung heißt es: „Wir vertrauen fester denn je auf die Vereinigung des ganzen deut schen Volke s. Es wird seine losgerissenen Brüder und Schwestern nicht preisgeben. — Einer Abordnung der Kundgebungon erklärte der Polizeipräsident, er werde in Zukunft tschechische Veranstaltungen solange in Wien verbieten, als die Mißhandlungen der Deutschen in der Tschecho⸗ slowakei andauern.
Salx burg . 21. November. Die Großdeutsche und die Mehr⸗ heits soziglistische Partei veranstalteten heute im Verein mit dem Hilfsausschuß der Sudetendeutschen eine von der deutschen Bevölke⸗ rung ohne Unterschied der Partei besuchte Massenversamm⸗ lung, die sich zu einer eindrucksvollen Kundgebung der Sympathie und Solidarität mit den Deutschböhmen, für das Selbst⸗ bestimmungsrecht der Deutschen Oesterreichs und für den Anschluß gestaltete.
Brünn 20. November. (W. T. B.) Das Deutsche Qaus in Brünn, das während der letzten Kundgebungen von Studenten und Legionären beschlagnahmt worden war, wurde der Verwaltung des Deutschen Hauses wieder Fu rück—⸗ gegeben. Ein Verzeichnis der angerichteten Schäden ist aufgestellt.
- Naß 21. November. Das „Prager Tagblatt“ und die, Bohemia“ sind gestern wieder erschiene n. — Der Deutsche Parlamentarische Verband und die sozialdemokratischen Ab⸗ ö und Senatoren haben vom Ministerpräsidenten ie Zusicherung erhalten, daß Vorkehrungen für das Wieder⸗ erscheinen der deutschen Blätter, für die Sicherung des Veuen Deutschen Theaters und die Räumung des Deutschen Hguses und der übrigen widerrechtlich be⸗ schlagnahmten Baulichkeiten getroffen worden seien. — Ein Aufruf des Deutschen Parlamentarischen Ver⸗ bandes stellt fest, daß unter den jetzigen Verhältnissen eine geord⸗ nete Tagung der Volksvertretung undenkbar ist, und verlangt daher die Vertagung beider Häuser bis zur Wiederherstellung der Sicherheit und Ordnung, Schadloshaltung der Betroffenen und Beseitigung der gesetzwidrigen Zustände. Ein Aufruf des sozialdem okra⸗ tischen Parteipvorstands wendet sich gegen den Chaubi⸗ nismus auf beiden Seiten, warnt vor wirtschaftlicher und politischer Reaktion und stellt fest; daß die Massen des tschechischen Proletariats der nationalen Hetze in Prag fernstehen. —
öffentlicht eine Kundgebung, in der mitgeteilt wird, daß
Der Ausschuß der deut schen Studenten in n , nfolge
der Ereignisse der letzten Woche in Teil der deutschen Studenten Prag er fe mußte, die übrigen aber entschlossen seien, sZch ? bis zum letzten Augenblick in Prag zu halten. Immerhin sei an ein längeres Verbleiben der deutschen Hochschule in Prag nicht zu denken. — Nach einer Meldung der Bohemia aus Asch hat die Stadtvertretung für die tschechischen Legionären zum Opfer gefallenen Deutsch⸗ böhmen eine viertägige Trauer angeordnet.
Prag, 22. November. Der Ausschuß der Mitglieder⸗ schaft des Tschechifchen Nationaltheaters in Prag faßte gemeinsam mit Vertretern der tschechischen Mitglieder bes Reuen Deutfchen Theaters in Prag sowie Vertretern der Legionäre den Beschluß, die tschechische Oeffentlichkeit auf⸗ zufordern, die Aufführungen im Neuen Deutschen Theater nicht zu hindern.
Innsbruck, 21. November. (BW. T. B.) Am heutigen Hauptfestkag des Landes schießens der Tiroler Heimatwehren zogen die Schützengilden unter klingendem Spiel zur Wiltener Pfarrkirche, wo der Abt die feierliche Einsegnung der Standarten der Heimatwehren vornghm. Zur Feier waren aus allen Teiken des Landes Vertreter erschienen.
Paris, 21. Nobember. (W. T. B) Am heutigen Tot en⸗ sonntag legte der deutsche Botschafter Dr. Mayer am Denk⸗ mal für die auf dem Fried hofe Bagneur in der Pariser Vorstadt Montrouge 4 deutschen Soldaten einen Kranz nieder. Dr. ayer hielt dabei an die ver⸗
sammelten Mitglieder der deutschen Botschaft, der deutschen Friedens
delegation und der übrigen deutschen Missionen folgende An⸗
fprache: ‚Ueber eine Million deutsche Soldaten liegen auf
französischem Boden begraben. Unermeßlich ist die Zahl
der Mütter und Witwen, der Kinder und Geschwister der Ge⸗
fallenen, die heute in der Heimat in ihren Gedanken und Gebeten an den Gräbern ihrer Lieben weilen. Mit ihnen gedenkt das ganze deutsche Volk in Trauer und Ehrfurcht seiner für das Vaterland ge⸗ fallenen Söhne. Zur Ehrung des Andenkens an alle die Treuen, die an der Front, in Hospitälern oder in Gefangenschaft ihr Leben für ihr Vaterland dahingegeben und nun in französischer Erde ihr Heldengrab gefunden haben, lege ich namens der Reichs— regierung und der deutschen Heimat. diesen. Kranz nieder. Bas deutsche Volt wird auch in Unglück Und Not seine Helden und ihre Taten nie vergessen; es neigt sich in unaussprech— licher Dankbarkeit und Bewunderung vor ihrem Andenken, das ihm ein heiliges Vermächtnis bleiben wird immerdar',. Für die deutschen Mütter und Frauen legte die Gemahlvn des Botschafters einen Kranz nieder, für die deutsche Friedensdelegation der Gesandte von Mutius.
,,, 21. November. (W. T. B.) Aus einem Teile des Departements werden Erderschütter ungen gemeldet.
Aeronantisches Ob servatorinm. Lindenberg, Kr. Beeskow. 20. November 1920. — Drachenaufstieg von 5 a bis 6 a.
Relative Temperatur Co ger chti⸗ e
oben unten op
Luftdruck
mm
y. bedeckt. Reif. = Sichtweite 10 Km.
—
21. Nobember 1920. — Drachenaufstieg won 8 3 bis 9 a.
Relative Wind Temperatur G0 j Fenchtig· 39 wind.
oben unten 5 Richtung
Seehöhe Luftdruck
m mm
122 766.4 — 4,8 Oz N 520 730 Oz N 740 711 1600 637 1750 625 2410 575 2530 567 3610 495
— —
—
1
—
—
& R O S O0 o C 2 F
Halb bezogen.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
——
nmmnmmmͤmmmmmmmmmmnnnnnnnnnnn mmm, Theater.
rnhaus. (Unter den Linden) Dienstag: 208. Dauer— ,,, Die Meistersinger von Nürnberg. Anfang 0 T.
Mittwoch: Bohsme. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. (Im Gendarmenmarkt)ò Dienstag: Karten= reservesatz 125. Peer Gynt. Anfang 64 Uhr. Mittwoch: König Richard der Dritte. Anfang 7 Uhr.
Samiliennachrichten.
Gestorben: Hr. Kammergerichtsrat, Geheimer Justizrat Dr. Georg Richard (Berlin). — Hr. Generalmajor z. D. Otto 3. e (Nordhausen). — Hr. Kommerzienrat Hermann Putsch Hagen i. Ws). — Hr. Frhr. Carl von Merck (Hamburg). — Hr. Rittmeister a. D. Bodo Hans Friedrich Thilo Frhr. von Maltzahn (KRemnitz bei Neubrandenburg). — Frau Marie Ganz Edle Herrin zu Putlitz, geb. von Flotow (Berlin).
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. K den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle echnungsrat Mengering in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, — Berlin, Wilhelmstr. 32.
Vier Beilagen leinschließlich Börsenbeilage.) und Erste, Zweite, Dritte und Vierte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.
Er ste Beilage
zun Deut schen Neichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger
Mr. 265.
BVerlin, Montag, den 22. November
1529
Nichtamtliches.
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)
Deutscher Reichstag. 30. Sitzung vom 19. November 1920. Nachtrag.
Die Rede, die bei der ersten Lesung des Entwurfs an geg e e erh bg n , . er Reichsminister de nnern Ko ehalten t, hatte folgenden Wortlaut: . . Reichsminister des Innern Koch: Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Kahl hat mit dem Tone einer leisen Rüge gesagt, daß sich der Entwurf in seiner Begründung mit der Vorgeschichte dieses Geseßentwurfs zu wenig beschäftige. Ich glaube, daß der Herr Ab. geordnete Kahl das in aller Gründlichkeit und Ruhe nachgeholt hat, und daß Herr Abgeordneter Kahl ebenso wie die übrigen Herren, die
an dieser ganzen Vorgeschichte viel mehr Anteil gehabt haben als ich
— denn ich war während der wesentlichen Vorgänge noch nicht
Minister —, ein viel besseres Bild davon geben können als ich, zumal
die vielfachen Verhandlungen, die über diese Frage hin⸗ und her⸗ gelaufen sind, selten einen aktenmäßigen Niederschlag gefunden haben. Wenn der Herr Abgeordnete Kahl aber geglaubt hat, ich hätte am 3. Oktober 1919 — es war der zweite Tag, nachdem ich Reichsminister geworden war — mir erlaubt, eine gewisse Ungnade über ihn aus⸗ zuschütten, so ist Herr Abgeordneter Kahl in dieser Richtung durchcus im Irrtum. Der Herr Abgeordnete Kahl erinnert sich vielleicht nicht mehr adaß ich gerade damals betont habe, daß die Art dieses Vorgehens, nämlich ohne einen eigentlichen Regierungsentwurf zu verhandeln, an sich ein parlamentarisch unerwünschter Vorgang sei, und daß ich ledig⸗
lich mit Rücksicht auf die Versprechungen, die nach dieser Richtung
hin von meinem Vorgänger abgegeben worden seien, daran festhielte. gemäßen Verhandlung dieser Frage durchaus keinen Abbruch getan hat,
Entwurf hervorgetreten ist. Ich glaube deswegen, daß das Verfahren, das ich geübt habe, einer Kritik standhalten kann.
Kahl in wesentlichen Punkten zustimmen. Ich kann namentlich auch seitens der Regierung eine Prüfung zusagen, ob es sich etwa empfiehlt, den Entwurf näher an das Reichsverwaltungsgericht anstatt an das Reichsgericht anzugliedern. Die Gründe, aus denen wir hier das Reichsgericht in den Vordergrund gestellt haben, liegen ja wesentlich darin, daß das Reichsverwaltungsgericht heute noch nicht in Kraft getreten ist, und daß es bei der ungeheuerlichen Ueberlastung, die die Verfassungsabteilung meines Ministeriums erleidet, nicht mit Sicher⸗ heit vorauszusagen ist, wann ich diesen Entwurf Ihnen vorlegen kann. Meine Damen und Herren! Das ist ein eigenartiges Kapitel. Es wird über die zu vielen Gesetze geklagt, die von der Regierung vorgelegt werden; aber wir sehen bei jeder Verhandlung, daß, wenn die Regierung zu irgendeiner Zeit nicht alsbald dazu kommt, einen erwarteten Gesetzentwurf vorzulegen, dann eine Lücke zu entstehen pflegt und aus dem Parlamente der Ruf nach beschleunigter Vor⸗ legung eines solchen Gesetzes hewortritt. Ich werde versuchen, das Gesetz sobald wie möglich vorzulegen und damit den Wünschen des Herrn Kahl und wohl eines großen Teiles des Hauses zu entsprechen.
Dagegen geben mir die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Graef in ihrer Gesamtheit keinerlei Veranlassung, darauf irgendwie einzugehen. Eine Stellungnahme zum Gesetze, die in irgendeiner Weise tiefer geschürft hätte, habe ich in diesen Ausführungen nicht gefunden, und wenn der Herr Abgeordnete Graef es für erforderlich gehalten hat, bei dieser Gelegenheit über die Minister des neuen Regimes ganz allgemein abfällige Aeußerungen zu machen, so halte ich es unter meiner Würde, darauf mit einem Worte einzugehen. Nur das eine will ich sagen. Wenn gesagt wird, früher sei ein solcher Gesetzentwurf nicht nötig gewesen, so darf man darauf erwidern, daß in früherer Zeit selbst von den radikalsten Parteien in einer solchen alle Autorität erschütternden Weise hier von der Tribüne des Hauses zr Ministern nicht gesprochen worden ist, wie es zum Beispiel Herr Abgeordneter Graef heute für zweckdienlich gehalten hat. (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten.)
Der Herr Abgeordnete Radbruch hat an meinem Entwurf vor allen Dingen bemängelt, daß er die Frage der Kriegsschuldigen außer acht läßt. Meine Herren, ich glaube in der Tat, daß, wie die Dinge gelaufen sind, es im Interesse der Regierung, des Parlaments und des Volkes liegt, daß wir nicht noch einmal zu strafgerichtlichen Ver⸗ handlungen über die Kriegsschuld kommen. Ich bin der Ansicht, daß der Untersuchungsausschuß seinerzeit gebildet worden ist, um diese Verhältnisse zu prüfen, und daß der Untersuchungsausschuß, der ja eine Einrichtung des Parlaments ist, seinerseits auf diesem Gebiete so arbeiten muß, wie er es für richtig hält. Daß aber hinter die Verhandlungen des Untersuchungsausschusses nun etwa noch ein staatsgerichtliches Verfahren gesetzt werden sollte, hat um so weniger Zweck, als Herr Radbruch selbst darauf hingewiesen hat, daß ein solches Verfahren mit irgendeiner Bestrafung oder auch nur mit einer Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung eines Amtes oder zur Ausübung eines Berufs und dergleichen nicht enden könnte. Ich frage mich also, was ein solches Verfahren hinter etwaigen Ver⸗ handlungen des Untersuchungsausschusses noch für einen Zweck haben kann, wenn eine wirkliche Bestrafung damit nicht verbunden ist. Ich bin der Ansicht, daß unser Volk der Verhandlungen über die Frage der Kriegsschuld, namentlich wenn sie in einer strafrechtlich zugespitzten Weise vor sich gehen, müde ist, und daß keine Ver⸗ anlassung vorliegt, durch ein besonderes gerichtliches Verfahren diese Verhandlungen in der Form strafrechtlicher Verhandlungen wieder aufzunehmen.
Wenn der Herr Abgeordnete Radbruch aber weiter geglaubt hat, auch in Zukunft sei es Pflicht und Schuldigkeit, jeden, der sich im Staate irgendwie verginge, der irgendwie seinen Pflichten nicht nach⸗ käme, vor den Staatsgerichtshof zu ziehen, so bin ich als überzeugter Anhänger des parlamentarischen Systems genau der entgegengesetzten
Ansicht. Nach meiner Ansicht übernimmt die Verantwortung fũr ein derartiges Vergehen für jeden Beamten, für jede untergeordnete Stelle der Minister, und es ist Aufgabe des Parlaments, den Minister zur Verantwortung zu ziehen, wie es dieser Entwurf vorsieht, nicht aber jeden einzelnen Beamten, gegen den die Regierung ihrerseits vorzu⸗ gehen verpflichtet ist, sei es disziplinarisch, sei es kriminell oder wie sonst. Wir würden zu einer vollkommenen Verwirrung unserer par- lamentarischen Verantwortlichkeit kommen, wenn wir etwa anstatt des Ministers einen Staatssekretär, einen Oberpräsiden ten oder wen irgendwie sonst zur Verantwortung vor den Staatsgerichtshof ziehen würden. Ich habe mich deshalb in dem Entwurf absichtlich und grundsätzlich darauf beschränkt, die Ministerverantwortlichkeit ebenso wie natürlich die des Reichspräsidenten festzustellen.
Daß in dem Entwurf der Richter, und zwar der Berufsrichter, als wesentliche Stütze und Säule des Verfahrens vorgesehen ist, wird, wie ich glaube, der Ueberzeugung der überwiegenden Mehrheit unseres Volkes entsprechen, die nicht wünscht, daß solche Verhand⸗ lungen der nötigen Rechtsgarantien und der nötigen richterlichen Objektivität entbehren. Wenn hier gesagt worden ist, daß nicht jeder Richter fleischgewordene Gerechtigkeit ist, so ist das eine Selb st⸗ verständlichkeit in einer unvollkommenen Welt. Der Ersatz des Richters aber durch irgendeine andere Persönlichkeit würde, wie mir scheint, keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung mit sich bringen.
Der Entwurf, meine Damen und Herren, ist deswegen heute dringend, weil die Notwendigkeit, einen Staatsgerichtshof für An⸗ gelegenheiten unseres öffentlichen Lebens zu besitzen, auf manchen Ge⸗ bieten hervorgetreten ist. Ich denke dabei nicht an die Minister⸗ verantwortlichkeit, bezüglich welcher der Entwurf im Augenblick wohl nicht brennend erscheint. Ich denke aber an Verfassungsstreitigkeiten, wie sie auf Grund des Art. 19 in verschiedenen Ländern vor⸗ gekommen sind und einer Entscheidung des Staatsgerichtshofs drin⸗
, , ; . . gend bedürfen. Ich denke an die Ausführung des Art. 18 wegen Im äbrt'en aber glaube ich, daß es der ruhigen, kaltölittigen und sach Neugliederung des Reichs, namentlich auch mit Rücksicht auf den
ö ; L* ; . ö . wenn die Regiernmg erst heutz aust 3 . Ihnen vor wenigen Tagen zugegangenen Gesetzentwurf für Ober⸗ ö ö ustatt vor einem Jahre nit einem schlesien, wo ausdrücklich eine Auseinandersetzung durch den Staats⸗
gerichtshof in vermögensrechtlicher Beziehung vorgesehen ist, und
Im übrigen dann ich den Ausführungen des Herrn Abgeordneten schließlich drängt mich auch der Herr Verkehrsminister zur Errichtung
des Staatsgerichtshofs mit Rücksicht auf die Uebernahme der Wasser⸗
straßen auf das Reich, die, vielleicht, im Wege der Verhendlungen
zwischen Reich und Ländern nicht glatt zustande kommen werde. Sie sehen, es ist eine Reihe solcher mehr wirtschaftlicher Fragen
oder solcher Fragen der sachlichen politischen Auseinandersetzung, die zur Errichtung dieses Staatsgerichtshofs drängen, und darin sehe ich
seinen Hauptwert. Nachdem die Verhältnisse in Deutschland, wie ich hoffe, eine gewisse Beruhigung erfahren haben, soll ein Staats⸗ gerichtshof errichtet werden, der nicht ein Werkzeug der politischen Leidenschaft ist, sondern einen Baustein für den vernunftmäßigen und gesicherten Aufbau unserer Republik bildet. (Bravo bei den Deutschen Demokraten.
31. Sitzung vom 20. November, Vormittags 10 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger). )
Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des Gesetzentwurfes zur beschleunigten Er⸗ hebung des Reichs notopfers und der Kriegs⸗ abgabe vom Vermögenszuwachs. Auf Antrag Dr. Rießer (D. Vp.) wird der Gesetzentwurf ohne Erörterung dem Steuerausschuß überwiesen.
Es folgt die Interpellation der Abgg. Müller Graden und Gen. (Soz.):
„Ist die Reichsregierung bereit, zu erklären, wann sie den schon wiederholt — und besonders eindringlich nach dem Abkommen von Spaa — zugesagten Gesetzentwurf uͤber die Sozialisierang des ö vorlegen wird, und zwar einen Entwurf, der sich nicht etwa auf eine Gewinn⸗, Kapitals oder Ertragsbeteiligung der Arbeiter beschränken, vielmehr die Voll sozialisfierung der Kohlenförderung und der Kohlenverteilung durchführen wird?“
Zur Begründung der Interpellation nimmt das Wort
Abg. Löffler (Soz.): Der Arbeitsminister Dr. Brauns erklärte am 5. August von dieser Stelle, daß die Reichs= regierung von heute der Frage der Soziglisierung nicht aus dem Wege gehe. Dann bemerkte er: Ich bin, ermächtigt, zu erklaren, daß die Reichsregierung auf dem Beschluß des Reichswirtschaftsrats vom 24. Juli steht. Sie hat den Reichs⸗ wirtschaftsminister beauftragt, unverzüglich die , der Angelegenheit zu betreiben, sobald der Bericht der Sozialisierungs⸗ kommission vorliegt. Dann hat das Reichskabinett am 22. Sep⸗ tember einen Beschluß gefaßt, der amtlich dahin bekannt⸗ gegeben wurde, daß das Kabinett einstimmig be chlossen hat, den Reichs⸗ wirtschaftsminister zu beauftragen, auf der Grundlage des nun vor⸗ fliegenden Berichtes der Sozialisierungskommission umgehend einen Gefetzentwurf über Sozialisterung des Bergbaues vorzulegen, Schließ⸗ lich hat der Reichsschatzminister v. Raumer im Reichswirt⸗= schaftsrat am 18. Sktober erklär, daß das Kabinett guch heute noch
eschlossen auf dem Boden der Erklůrung dom 5. August und des
eschlufses vom 22. September stehe. Daraus ist ersichtlich, daz die Regierung eine klare und bündige Erklärung abgegeben hat, wenn sie sich auch nicht auf eine der vorliegenden Gutachten der Soziali⸗ sierungskommission pstfeleßt hat. Aber die. Vorlegung eines Soziglisierungsgesetzes ist bestimmt und unzweideutig in . gestellt worden. Seitdem ist in allen Regierungswipfeln Ruh. Dar .. besbalb fragen, auf welchem Standyunkt steht das Kabinett? Hat t die Regierung etwa bei der Abgabe ihrer Erklärungen die ECchternachsche Springprozefsien, zum Vorbild genommen, einen. Schritt vor= warts, zwei! Schritte zurück? Die Gegner sozialistischer Wirt chaftsfoꝛmen Daben sich inzwischen mächtig gerührt. Will die Regierung vor ihnen zurückweichen? Auf diese Frage muß klipp und klar eine Antwort erfolgen. Um was handelt es sich? Es handelt sich darum, ob der Bergbau lediglich privatkapitalistischen Interessen oder dem Volksganzen dienen soll. Es handelt sich darum, ob mit der Verleihung zur Ausbeutung auch das Eigentumsrecht verliehen worden sei. Dieser , muß mit aller Schärfe entgegengetreten werden. (Sehr richtig! bei den 8 Bis zum Jahre 1855 bestand in Preußen, dessen Berggesetzgebung anderen Ländern zum Vorbild diente, das Direktionsprinzip. Die
——
ö. Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben werden. ö ;
anze Leitung des Bergbaues war Sache der Staatsorgane. Die
ater und Großväter der heutigen Gruhenbesitzer haben hiergegen natürlich im Interesse der Ausbeutungsfreiheit heftig protestiert. Der westfälische Industrielle Harkort schrieb einmal, 3. man sich in einer Zeit befände, wo im Sturm die alten Formen zu ammenbrechen und eine großartige Anstrengung der Nation zur Erhaltung des Ganzen einzufetzen hat. In solchen Zeiten befinden wir uns auch jetzt. (Sehr richtig! bei den Soz.). Damals sollten die Interessen der Landes⸗ herren vor den Intkeressen der Bergwerksbesißer zurückstehen, heute sollen die Sonderinteressen der kapitalistischen Gewinn streber aus⸗ scheiden. Esn schlefischer Arzt hat seinerzeit gegen das Direktions⸗ prinzip eingewendet, daß mit dessen Aufhebung das goldene . da wäre. Er meinte aber nur das goldene Zeitalter der ruben⸗ besitzer und nicht der gesamten Menschheit. In den Märztagen 1848 befanden sich unter den Vorkampfern einer radikalen Umgestaltung der Dinge sehr viele Grubengewerke. Der konstituierende preußische Landtag hatte sich bereits im August 1848 mit einem Antrag Harkort k befassen, der derlangte daß vor allem die Besteuerung der Aus⸗ eute bis auf 5 3 des Reinertrages freigegeben werde. Der Antrag war durchaus nicht ,. Insgesamt kamen damals 8 000 Taler ein, eine für 1847 recht große Summe, bei der damaligen Pro⸗ duktion. Aus dieser hohen Summe, die der Staat erhielt, ist klar zu entnehmen, daß der Staat das Cigentumsrecht über die Schätze der Erde in der Gewalt hatte. Damals wurde dem Verlangen zwar nicht entsprochen, aber die Regierung gab die Erklärung ab, daß sie demnächst einen Gesetzentwurf vorzulegen gedenke, der , Bergbaufreiheit entgegenkomme. Der Kampf um die staatliche Gebundenheit wurde durch die Annahme eines Gesetzentwurfs vom 12. Mai 1851 beendet, wodurch die Verwaltungs⸗ rechte den Privaten übertragen wurden. Immer mehr rang sich dann in der Zeit des Manchestertums die Auffassung. durch, daß das freie Walten der Kräfte das Allheilmittel für die sozialen Nöte sei. 1861 wurde dann das . aufgehoben, und damit begann die Zeit, wo aus dem einst hochgeachteten und mit besonderen Vor⸗ rechten ausgestatteten Bergknappen ein schwerarbeitender Proletarier wurde, der bittere Kämpfe um den sozialen Aufstieg und die organi⸗ satorische Anerkennung zu führen hatke. Mit ihrem Verlangen der bollen Ausbeutungsfreiheit hatten die Grubenbesitzer 1865 endlich Erfolg. Das damals geschaffene Berggesetz gilt in seinen Grund⸗ zügen noch heute. Aber daran ist festzuhalten, daß es ein Eigen- kumsrecht an den Bergschätzen nicht zugestand, was von den Werks⸗ juristen nachzuweisen versucht wurde. Dieser Gesichtspunkt muß im Vordergrund des Sozialisierungsgesetzes stehen; Ein privates Eigen⸗ tumsrecht an den erschlossenen oder unerschlossenen Adern der Erd⸗ schätze besteht nicht. Sie gehören zum Besitz des Staates, der politischen und wirtschaftlichen Zusammensassung des ge— samten Volkes. Nachdem die Grubenindustriellen die Bergbaufreiheit erlangt hatten, erschien ihnen die dadurch eingetretene Produktions steigerung alsbald gefährlich, und sie schritten dazu, diese Fxeiheit einzuschränken, um den Wirkungen der Ueberproduktion, die sie im kapitalistischen Interesse als üble empfanden, baldigst ein Ende zu machen. Es kam 1893 zur Bildung des Kohlensyndikats, der Ver⸗ kaufsvereinigung der Bergindustriellen von Rheinland und Westfalen und damit wurde im politischen Staate ein Wirtschaftsmonopo
Privater geschaffen. Der Handelsminister Möller hat selbst zu⸗ gegeben, wenüge. Gruppen von Gioßkapitalisten sich des Kohlenbesitzes bemächtigt hätten, den der Staat für die Allgemein⸗ heit zu vergeben habe. Auch der konservative Nationalökonom Pro— fessor Adolf Wagner vertrat die Auffassung, daß ein solches Privat⸗ monopol gemeinschädlich und durch ein Staatsmonopol zu ersetzen sei. Ganz ähnlich äußerte sich 1900, als die Kohlenpreise scharf angezogen hatten, die „Deutsche Tageszeitung‘, die ebenfalls die Verstaat⸗ lichung aller Kohlenbergwerke forderte. Der Versuch, den der Reichs- kohlenrat und der Neichswirtschaftsrat gemacht haben, in einer ge— meinsamen Kommission zu einem Vorschlag zu gelangen, auf den sich alle Teile vereinigen könnten, ist gescheitert. Die Konzentration der Wirtschaftszweige in vertikaler Richtung, wie sie vorgeschlagen worden ist, ist ein vom privatkacwitasistischen Standpunkte aus wahrhaft groß artiger Gedanke, er würde aber in der Praxis zur Begründung eines Wirtschaftsstaates im politischen Staate führen, der für die Einheit Deutschlands zu einer Gefahr werden müßte. Der Gedanke muß nicht nur von der Acheiterschaft, sondern auch von den. Kohlen ver= hrauchenden Industrien abgelehnt werden. Noch schlimmer ist die Form, unter der man dem Sozialisierungsgedanken entgegen kommen will; es wird schlagen, die Arbeiter und Beamten des Kohlen= bergbaues durch die Ausgabe von Kleinaktien an der Kapital aufbrängung und am Gewinne zu beteiligen, und die Beteiligung oer Allgemeinheit soll auf dem Wege der Besteuerung realisiert werden. Das ist bloß eine , . die zur Bildung eines Berufs- kapitalismus führen würde, der nicht nur über Leichen, sondern über das gesamte Volkswohl hinwegschreiten könnte. Es ist nicht der Zweck der Sozialisierung, größere Teile des Volkes mit privpatkapitalisti= schen Ideen zu infizieren. Vielleicht mögen 5 Prozent der rheinisch⸗ westfälischen Bergleute, frühere Gelbe, jetzt Kommunisten, dafür zu haben sein, go Prozent der Bergleute verzichten darauf, sie verlangen die Ueberführung der Erdschätze in den Besitz der Volksgesamtheit, das ist es, was sie unter Sozialisierung verstehen. Würden die Berz⸗ arbeiter in ihren Erwartungen getäuscht, so sind die Folgen gar nicht abzusehen. (Zuruf des Abg. Winnefeld) Herr, Winnefeld, Sie sind nicht autorisiert, über den mken der Sozialisierung 9 svrechen. Sie sizen in der Deutschen Volkspartei; der christliche Gewerkverein hat Ihnen jede Autzgrität abgesprochen und Sie sind ein Eingänger genannt worden. Die Sozialisierung kann nur im organischen Aufbau erfolgen, sie darf, nicht einhergehen mit einer Einschwänkung der Produktivität. Die Regierung muß nunmehr aus ihrem Versteck hervortreten und Farhe befennen, ein längeres
ögern wäre unerträglich. Hie rhodus, hic salta! (Beifall bei den
ialdemok raten.)
Reichswirtschaftsminister Dr. Scholz: Meine Damen und Herren! Auf die, wie ich anerkennen will, außerordentlich maßvolle und sachliche Begründung der Interpellation habe ich namens der Reichsregierung folgendes zu erklären.
Die Reichsregierung wird gemäß den Erklärungen des Herrn Reichskanzlers vom 27. Oktober d. J. einen Gesetzentwurf über die gemeinwirtschaftliche Regelung des Kohlenbergbaues mit größtmöglicher Beschleunigung den gesetzgebenden Körperschaften vorlegen. Im gegen⸗ wärtigen Augenblick sind die Beratungen der berufenen Sach verständigen des vorläufigen Reichswirtschaftsrats und des Reichs—⸗ kehlenrats über die Grundlagen dieses Entwurfs noch nicht abge—⸗ schlossen. Vielmehr ist, wie bekannt, in den letzten Tagen die ursprüng lich nur aus Vertretern des Kohlenbergbaues bestehende Ver⸗ ständigungskommission durch weitere Sachverständige der anderen großen Berufsgruppen ergänzt worden, um endgültig eine gemeinsame Grundlage für diese entscheidende Frage der Neuordnung unseres Wirk- schaftslebens zu finden. Die Kommission beabsichtigt, ihre Verhand- lungen am 1. Dezember dieses Jahres aufzunehmen. Solange die berufenen Sachberständigen vertretungen noch in aussichtsreichen Ver ⸗ handlungen über einheitliche, aus gemeinsamer Verständigung hervor- gegangene Richtlinien beraten, denen angesichts der Bedeutung der zu lösenden Aufgabe die größte Wichtigkeit beigemessen werden muß, wäre
es eine nicht genügende Beachtung des Gedankens fachmännischer Mit ;