1920 / 270 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Nov 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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ufer verewigter Führer, Dr. von Fier cer hat Preußen durchaus Gerechtigkeit widerfahren lassen, er hat gesagt, es sei in Deutschland erst besser geworden, als Preußen seine politische Arbeit begann and er hat die Schaffung einer bundesstaatlichen Einheit Deutsch⸗ kerds den Nuhmestitel der Hohenzollern genannt. Wir wollen uns ven keiner Seite die historische Wahrheit verwirren lassen, daß die Monarchie in dieser Zeit eine Staat und Reich zu sammenhalkende Klammer gewesen ist. Unruhe links; Abg. Adelf Hoffmann: Sie werden ja sofort wieder Monarchisten sein) Daß die Monarchie eine Klammer war, die die ECinheit von außen zusammenhielt, datin , . Stärke und ihre Schwäche; mit dem Wegfall der Monarchie fielen auch die daven umklammerten Teile des Reiches und Preußens auseinander. Trennt sich Hannover oder das Rheinland ab, dann ist die Auflösung Preußens da. Wir müssen also die Klammer von einst durch etwas ersetzen, was an Stelle jenes Zwanges die Zu⸗ sammengebörigkeit der preußischen Provinzen von innen heraus zu stärken bermag. Nur durch ein inneres Band kann die Gefahr des Zerfalls abgewendet werden. Und das ist das Band des Vertrauens f den preußischen Ständen, wodurch die in den Provinzen vor⸗ zandenen Sonderbestrebungen in für das Ganze erträgliche Be⸗ tätigungsbahnen geleitet werden. Auch wir werden nicht beweisen können, daß dieses Mittel die zentrifugalen Kräfte neutralisieren wird; aber fest steht jedenfalls, daß wenn die Stände diejenige Selbständig⸗ keit bekommen, die Sie (rechts) verlangen, dann das Geschick Preußens besiegelt ist. Im Staatsrat und in den Provinzialland⸗ jagen sollen die Mittel und Wege zu diesem Ziele gefunden werden. Die sonstigen Einzelheiten bleiben besser der Spezialberatung über⸗ lassen. Das Verlangen, die Rechte der Beamten in der Verfassung zu verankern, beruht auf keiner inneren Notwendigkeit; weder die Be⸗ amten noch der Mittelstand werden darin eine Tat sehen, wenn in die Verfassung akademische Versprechungen aufgenommen werden; man sckaffe lieber ein wirklich modernes Beamtenrecht. Trotz alle⸗ dem können wir uns mit unserer Verfassungsarbeit sehen lassen. (Beifall bei den Dem.) .

Abg. Dpvvpen hoff (Zentr): Der Worte sind genug gewechselt, laßt uns jetzt endlich Taten sehen! (Lebhafter Beifall im ganzen Hanse. Die grundlegende Bestimmung des Verfassungsentwurfs lantet: Preußen ist eine Republik. Wenn wir diesem Grundsatz zustimmen, so wollen wir damit niemand zwingen, sich auf diese Reypnbsik als die beste Staatsform überhaupt oder für Preußen festiulegen; unsere Zustimmung bedeutet bloß, daß wir uns rückhaltles auf den Boden der gegebenen Tatsachen stellen. Gewiß stebt es schon in der Reichsverfassung, daß Preußen ein Freistaat ist, aber dieser Freistaat Preußen findet seine Sanktion erst durch die vreußische Verfassung; es ist nicht ohne Bedeutung, daß der größte deutsche Bundesstaat diese bald schon zwei Jahre alte Bestimmung der Reichsverfassung als rechts beständig hinstellt. Sonst soll man ohne Grund nicht, was in der Reichsverfassung steht, noch⸗ mals in der vreußischen Verfassung wiederholen. (Sehr gut! links.) Nnnötige Wiederholungen sind überflüssig. Die darauf gerichteten Anträge sind nach unserer Ueberzeugung nur aus agitatorischen Gründen gestellt; würde ihnen stattgegeben, so könnte man die Aufnahme auch anderer Reichsverfassungsbestimmungen ver— langen, und konsequenterweise müßte die ganze Reichsverfassung in der preußischen Verfassung nochmals erscheinen. Zu dem Abschnitt über den Staatsrat bringen wir den Antrag, eine direkte Möglichkeit für die Auflösung des Landtags zu schaffen, wieder ein, nämlich die Befugnis für die drei Präsidenten des Staatsmini⸗ steriums, des Landtags hd des Staatsrats, gegebenenfalls zur Auf⸗ löung zu schreiten. wiß sind auch diese Herren letzten Endes der Mehrßeit des Landtags entnommen, aber sie sind doch nicht Ange⸗ stellte der Mehrheitsparteien, sondern handeln unter eigener Verant⸗ wortung, die ihnen niemand abnehmen kann. Ihre Auflösungsbefugnis wird auch nicht dadurch beseitigt, daß dem Ministerpräsidenten das Vertrauen des Hauses entzegen wird; im Gegenteil, gerade in diesem Falle eines Gegensatzes zwischen dem Land⸗ tag und ihm muß er die Möalichkeit haben, zu ermitteln, ob seine Politik oder die der Mehrheit das Vertrauen des Landes besitzt. Die Notwendigkeit, das Recht der Provinzen neu zu regeln, ist aus der Not aller Provinzen beraus geboren, wenn auch das Röeinland in dieser Beziehung im Vordergrunde stand. Um einen Beitrag zur Erksärung der Stimmung der Rheinländer gerade in neuerer Zeit zu geben, möchte ich im Anschluß an das früher von Dr. Lauscher Gesaate ausführen: Vom ersten Tage an haben wir betont, daß das Rheinland treu zu Deufschland hält, und bei uns bleibt es nicht etwa bei den Worten. Da könnten wir uns doch ver— bitten, daß uns immer wieder Reichsfeindschaft vorgeworfen wird. Immer wieder aber müssen wir lesen von der Niederträchtiakeit“ des Zentrums (Pfuirufe im Zentrum), davon, daß die Rheinländer alle Franzosen sind und mürbe gemacht werden müssen (Rufe im Zentrum: nverschkämt. gemein!) usw. kommnisse die Stimmung im höchsten Grade ungünstig beeinflussen müssen. Auf das entschiedenste vermahren wir uns gegen derartige niedrige Verdächtigungen, und wir sind dem Reichskanzler Fehren⸗ bach von Herzen dankbar, daß er den Rbeinländern ihre treudeutsche Gesinnung so kräftig bezeugt bat. Diese treudeutsche Gesinnung nehmen auch die rheinischen Abgeordneten für sich in Anspruch. Wir wollen nicht die Auflösung Preußens oder des Reichs, sondern das Gegenteil. Die lovale Ausführung der von uns gewünschten Be⸗ stimmungen wird die Lostrennungsbestrebungen zum mindesten nicht fördern und so Preußen vor schweren Erschütterungen bewahren. Die Schlagworte von der Aufteilung. Zerschlagung, Zer⸗ trümmernng Preußens finden in den Verfassungsbestimmungen keinen Anbalt. Den derzeitigen Zustand Preußens zu erhalten, ist unmöglich. Die Neueinteilung der Länder innerhalb des Reichs ist lediglich Reichssache. Füblt sich eine Provinz in Preußen wohl, so ist keine Lostrennung notwendig. Um die Zufriedenbeit der Provinzen herbeizuführen, erscheint uns die Neuregelung des Rechts der Provinzen angesichts des Prinzips der Selbstbestimmung der Völker erforderlich. Dieses Ziel zu erreichen wird angestrebt auf dem Wege des Rechts auf Teilnahme an der all⸗ gemeinen Staatsregierung und auf dem Wege des Rechts auf Selbst⸗ verwaltung. In ersterer Beziehung soll die Schaffung des Staatsrats erfolgen. Eine berufsständische Zusammensetzung darf hier nicht in Frage kommen. Die Vertretung der Berufsstände ist an sich ein sebr berecktigter Gedanke, für den ein Anfang der Ausführung im Reichs⸗ wirtschaftsrat gemacht ist: aber das muß eine Reichseinrichtung sein, im Staatsrat würde er lediglich eine sehr bedenkliche Zersplifferung herbeiführen. Wir wollen ja auch nicht eine Erste Kammer, sondern eine Vertretung aller Provinzen als solche, und da hat eine ständische Vertretung keinen Platz. Der Vorwurf, wir wollten die Auflösung Preußens und damit die Auflösung des Deutschen Reichs, ist voll— kommen unberechtigt. Wir wollen aber den Provinzen die Möglich—⸗ keit gehen, ihrer Eigenart zu leben und sich selbst zu verwasten, damit sie sich im Staate Preußen wohlfühlen. Das Streben einzelner Landeeverräter hat mit der Autonomiefrage nichts zu tun. Das neue Deutsche Reich sall kein Konglemerat von Provinzen sein, sondern eine graanische Gliederung wirtschaftlicher und kultureller Landesteile. Die Rbeinländer dürten in ihrer Foerderung nach Selbstverwastung nicht wieder enttäuscht werden, sonst sind die Folgen unübersebbar. Zufriedene Bürger zu schaffen, ist Zweck der Verfassung. Wir hoffen,

5 sie zum Segen des Staats gedeiht. (Beifall.)

Abg. Dr. Cohn (U. Soz.); Unsere Bedenken gegen die Schaffung einer Verfassung bleiben bestehen; sie darf nicht eine auto— matische Widerspiegelung der Machtverhälinisss in Staat und Ge—⸗ sellschajt sein, damm verschieben sich die Machtverhältniste zu sehr. Die beim stürmischen Tempo der rebolutionären Entwicklung zustande⸗ gekemmene Landegversammlung ist durchaus ungeeignet, ein richtiges Abbild der bestebenden Volksströmungen zu geben. Es hat sich eine Radikalisierung auf der linken wie auf der rechten Seite vellzgen, die bürgerliche Bürokratie ist xerrieben. Die Verhältnisse der Bevölferung sind nech nicht ge— klärt. Wie wenig dag vpreußische Volk Anteil an dem Verfassungs. gesetz nimmt. beweist die Besetzung dieses Hauses, der Tribünen und Tie geringe Anteilnahme der Presse. (Sehr richtig) Eine Verfassung Kr Nrenßen ist erst angebracht, wenn verber die Neueinteilung des Reickes nach richtigem völkerpolitischen Gesichtevunkt borgenommen kein wird. Vor nicht zu langer Zeit hat der vormalige Minister Heine

Sie werden verstehen, daß solche Vor⸗

sich niht nur gegen die gestern vollzogene Schaffung eines Staates Dberschlesien ausgesprochen, sondern auch . die lãngst zustande gekommene Propin; Oberschlesien. Dieses Beispiel zeigt, wie stark die Notwendigkeiten im Völkerleben sind. Die oberschlesische Frage ist eine internationale r, n,, Das ober- cr ch Wirtschaftoleben zwingt zum / Verbleiben bei Deutschland. Die oberschlesische Kohle wird, wenn sie in den Händen der Polen ist, zu einer Gefahr für ganz Europa. Die Arbeiterbewegung würde schwer leiden, wenn sie sich staatlich in den polnischen Staat ein⸗ fügen müßte, der die Periode des Militarismus viel weniger über wunden hat als der deutsche Staat. Polen hat im Augenblick noch eine Hochflut des Militarismus, das zeigt sich in seinem Vergehen egen die Bolschewisten. Wenn man sich der Verwerflichkeit der Monarchie oder der Rückkehr der Hohenzollern nach Deutschland ausreichend bewußt gewesen wäre, dann hätte die Rechte nicht zu ihren Anträgen kommen können. Die Einführung eines Staats- präsidenten, zumal für eine Wahlperiode für vier Jahren, bedeutet nichts als eine allmähliche Gewöhnung der Bevölkerung an die Monarchie. Vielleicht haben die Antragsteller sogar schon einen Kandidaten, vielleicht aus dem Hause der Hohenzollern, in Aussicht. Die Mehrheitssozialdemokraten verfallen mit ihren Gedanken an eine parlamentarisch⸗demokratische Verfassung in die Ideenwelt der Jahre vor 18418 zurück. Die Zeit des Parlamentarismus ist vorüber. Die drei Gewalten: Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsyrechung, müssen wieder vereinigt werden. Die Provinzen dürfen nicht Kost⸗ gänger des Staates bleiben, als sozialistisches Volk kann sich Deutich⸗ land allein aus der Sklaverei der Ententekapitalisten und der deutschen Kapitalisten retten.

Minister des Innern Sever ing: Herr Abgeordneter Oppen⸗ hoff hat der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß das schöne Versprechen des 5 58 eine Schale ohne Kern sein werde. Ich möchte der Mei⸗ nung sein, daß diese Befürchtung des Herrn Abgeordneten Oppenhoff inberechtigt ist. Soweit das von mir verwaltete Ministerium in Frage lommt, werden wir alles tun, um die Zusicherungen, die schon im Ausschuß von mir und meinen Vertretern abgegeben worden sind, mit tunlichster Beschleunigung eine Vorlage auszuarbeiten, zur Er- füllung zu bringen. In dem Augenblicke, als der Beschluß des Aus⸗ schusses feststand, habe ich an den Herrn Staatskommissar für die Verwaltungsreform die Bitte gerichtet, eine Vorlage aufzustellen, babe also die Beschlußfassung in der Vollversammlung der Landes⸗ versammlung nicht erst abgewartet.

Selbstverständlich muß ich dem Herrn Staatskommissar alle Frei⸗ heiten lassen, besonders in den Maßnahmen, die er zur Vorbereitung dieser Vorlage für erforderlich hält. Eine Empfehlung an ihn, die Herren Oberpräsidenten und Landesdirektoren nicht zu hören, stand mir nicht zu, obgleich ich wußte, daß diese Herren ihr Votum sicherlich nicht im Sinne einer beschleunigten Autonomie abgeben würden. Gegenüber den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Oppenhoff hebe ich aber hervor, daß die Ladung der Oberpräsidenten und Landeshaupt⸗- leute nicht auf Anregung des Ministeriums des Innern erfolgt ist, sondern auf eigener Entschließung des Herrn Staatstommissars beruht.

Ein Rohentwurf des Herrn Staalskommissars ist fertiggestellt und wird in den nächsten Tagen in kommissarische Beratung ge⸗ nommen. Ich glaube nicht, daß es möglich sein wird, die Vorlage so zeilig an die Landesversammlung zu bringen, daß noch mit ihrer Verabschiedung gerechnet werden kann. Aber die Vorlage soll so be⸗ schleunigt werden, daß sie noch vor dem Auseinandergehen der Landes- versammlung veröffentlicht werden kann. Ein Schelm gibt mehr, als er hat. (Sehr guth

Wenn der Herr Abgeordnete Oppenhoff gegen die Staatsregierung den Vorn urf erhoben hat, daß sie innerhalb der letzten 7 Monate Zeit genug gehabt hätte, zu sagen, was sie auf dem Gebiete der Autonomicgesetzgebung zu geben gewillt sei, so mache ich darauf auf merksam, daß schon mein Herr Amtsvorgänger dem Hause ein Auto⸗ nomiegesetz vorgelegt hat, das deswegen nicht zur Verabschiedung ge- langte. weil es den Herren von der sozialdemokratischen Partei und von den Rechtsparteien zu weit ging und den Herren von der demo⸗ kratischen Partei und vom Zentrum nicht weit genug ging Die Staatsregierung hat also angedeutet, wie sie sich in einem früheren Stadium der Beratungen die Regelung der Autonomie dachte. Ich gebe aber gern zu, daß in den letzten sieben Monaten Uenstãnde ein · getreten sind, die eine Revision der Auffassung der Staatsregierung berechtigt erscheinen lassen. Jedenfalls hält sich die Staatsregierung je ßt für verpflichtet, dem Votum des Hauses nachzukommen, das seinen Niederschlag in der Bestimmung des § S8 findet, wonach durch Gesetz festgelegt werden soll, welche weiteten Rechte den Provinzen überwiesen werden sollen.

Ich kann nur noch einmal das Versprechen wiederholen, daß die Vorlage von meinem Ministerium und den Vertretern der anderen Ressorts mit größter Beschleunigung vorbereitet wird und das ist meine feste Absicht noch veröffentlicht wird, ehe das Haus aus—⸗ einandergeht.

Abg. Dr. Lei dig (D. Vr): Der Aufbau des preußischen Staates ist gar nicht anders möglich, als daß man ihm eine Sxitze in Gestalt eines Staatspräsidenten gibt. Diese Ansicht hat bei Be⸗ ratung der sächsischen Verfassung selbst ein Dr. Gradnauer vertreten. Man sieht, daß selbst Sozialdemokraten, sobald . im Staatsleben zu einer führenden Siellung gelangt sind, sich überzeugen, daß ein Staat eine Spitze haben muß, die dauernd die Interessen des Staates vertritt (Zuruf des Abg. Adolf Hoff mann). Seien Sie doch nicht so angstlich, Sie sehen immer schwarze Maännerchen (Heiterkeit; Wenn die Staatspräsidenten nur Platzhalter für zukünftige Monarchen wären, te das doch auch für den Reichspräsidenten gelten der don der K, in Weimar geschaffen und auf Jahre gewählt ist (Abg. Adolf Hoffmann: Auch der ist voll ständig überflüssig. Gerade in den jetzigen gefahrvollen Zeiten muß Preußen einen Staatepräsidenten haben. Der Abg. Hauschildt hat erklärt, die Sozialdemokraten würden der Verfassung zustimmen, wenn sie nicht erheblich verschlechtert wird. Wir werden Stellung nehmen, sobald wir wissen, wie sie endgültig aussieht. Wenn der Antrag auf Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft im Landtag und im Staatsrat abgelehnt werden sollte, werden wir jedenfalls unter keinen Umständen für die Verfassung stimmen können. Auch die Verlegung der Ent⸗ scheidung über die Ernennung der seitenden Beamten in der Provinzialverwaltung aus der Zentrale in die Probinz ist für uns unannehmbar, da sie ein Zerbröckeln des Staates herbeiführen muß. Ausdrücklich legen wir dagegen Protest ein, daß irgendwie aus den Bestimmungen der Verfassung über die Selbstverwaltung der Pro- vinzen , könnte, daß die gesamte Beamtenschaft nun⸗ mehr von den , , ,,. angestellt wird. In zweiter Lesung ist im S 3582 eine Karenzzeit bis zu einem Jahre vorgeschrieben, es sehlt an einer analogen Bestimmung zür die Wahlberechtigung zu den Kreistagen und zu den Provinziallandtagen. Für die Kreistage wird sie jetzt von seiten des Zentrums beantragt. für die Provinzial. sandtage besteht die Lücke weiter. Wir balten durchaus Line Klar= stellung in diesem Punkte für notwendig und wollen bei Beginn der neuen Entwicklung und pPolitischen Tatigkeit Preußens festlegen, daß

reußen auch dafür Karenzzeiten einführen kann. Eine Seß

aftigkeit muß für alle Kommunalwahlen vorgeschrieben sein. Wir empfehlen deshalb den von ung gestellten Antrag. Im allgemeinen ist der sachliche Gegensatz zwischen denen, die Preußen caffe und neu aufhauen wollen, und denen, die es bloß ein noch notwendiges Uebel betrachten, bestehen geblieben. Wenn man uns auf Ober⸗ ͤ

schlesien hinweist, so wolle man doch nicht übersehen, daß Herr von

Kardorff in unserem Namen gestern im Reichstag scharf berrorgehobe hat, daß die besonderen Vechältnisse, die fär i , . gelten, auf feinen Fall für Hannover, Rheinland ufw. Anwendung erfahren dnrfen Jeczenfalls werden wir uns allen derartigen Bestrebungen

Wir stehen fest auf dem Boden des kenstituticnellen Staatgl

und auf dein Boden der Uleberzeugung, daß in weitgehendstem 3 Gemeinde, Kreis. Propinz und Staat den Bürgern das Necht der M wirkung an der Verwaltung und Gesetzgebung eingerãumt wird. aber der Staat selbst, die Grnndlage der übrigen, muß sich als Macht und als Autoritãt darstellen. den letzten beiden Jahren hat sich alla Ordnung, hat sich die Wirtschaft, sich unser ganzes nationalen Anfehen aufgelöst, weil dem Stagte die Macht und die Autorität fehlte. Jeden Antrag, der zur Wiederaufrichtung dient, werden wir annehmen, aber jeden Antrag ablehnen, der ihr abträglich ist. Auch keute wieder haben wir, wenn auch vorsichtigt gefaßt, von dem Zentrums redner die Aeußerung vernommen, daß ö. a eine vorũber⸗ Zehende Erscheinung ist, daß es keine Zukunft hat, daß es im Inter. esse Deulschlands untergehen muß. Herr Dr. Lauscher sagte noch deutlicher, er sehne den Tag herbei, wo die preußische Kulisse falle Daber begrüßen wir mit ganz besonderer Freude, daß in Essen ein Mann wie der Minister Stegerwald ein volles uud klares nt⸗ nis zum Deutschtum gefunden, daß er dert den Ausspruch getan hat, Preußens Auflöfung gefährde die Einheit Deutschland, Wir machen hier also nicht e sondern deutsche Politik (Lebhafte Zustimmung rechts). Die Jerschlagung Preußens muß zwanggläufig zum Ende der deutschen Einheit führen. Die Mehrheit will die preußische Verfassung aufbauen nach dem Vorbilde der Demokratie des Westens. Herr br Cohn hatte ganz recht, wenn er diesem Ent. wurf jeden neuen Gedanken absprach, alles ist abgeschrieben aus den Verfassungen Frankreichs. Belgiens. Italiens, es sind die Ideen des Phantasten Rousseau verkörpert. Wir unsererseits rechnen damit, daß die Zeit kommen wird, wo die Besinnung und Ernüchterung das Volk. zu der Erkenntnis bringt, daß es nur emporkommen kann, wenn 8 nicht in sflavischer . auslãndischer ea, seine Verfaffung aufbaut, sondern aus dem eigensten Innern schöpft, was der Eigenart des deutschen Volkes entspricht, sobald es gilt, die Staatsangelegenheiten zu ordnen. Daß dieser Tag möglichst bald

komme, dafür werden wir alle Kräfte einsetzen. (Beifall b. d. D. Vy x.

Abg. Adolf Hoffmaun (U. Soz.): Der Abg. Dr. Leidig kat mir vorhin durch einen Zuruf den Auftrag gegeben, . Dr. Cohn zu köpfen. Ich neßme von Herrn Leidig keine Aufträge entgegen. Uebrigens ist bei Dr. Cohn dech immer noch ein Kopf vor handen, bei Herrn Leidig nicht. Nachdem Herr von Fries selbst erklärt, hat, daß der Verfassungsentwurf wesentliche Aenderungen in jseinem Sinne erfahren 1 sollten sich die Rechts- sozialisten die Sache doch noch mal überlegen. Mit dem Staatsrat können sie doch bei den Wählern leinen Staat machen, ebensowenig mit der schwarz⸗- weißen Fahne. Der Staatsrat ist bloß eine Umschreibung des Herrenhauses, also eine neue Leichenkammer. Der Staatspräsident ist ebenso unnötig, wie der Reichsvräsident überflüssig ist. Die Beratung der Verfassung beweist lediglich, wie hilflos dieses Parlament und der Parlamentarismus ist, große Aufgaben zu erkennen. (Lachen rechts.) Von wirklicher Politik, don Vorausschauung, vom Erkennen des Ganges der Entwicklung zeigt der Entwurf keine Spur, er ist Flick und Pfuschwerk, und man müßte an Deutschlands Zukunft verzweifeln, wenn man den Stand des politischen Fortschritts bei uns nach dieser Verfassung beurteilen sollte. Und ein so verwerfliches Machwerk will, man einem Proletariat wie dem deutschen, will man dem Volk der Dichter und Denker zumuten! Mit dieser Verjassung will man das Volk nur neu in die Knecht⸗ schaft ziehen. Ein solches Verfassungsgewebe besteht aus Zwirns⸗ fäden, Marke Kriegsersatz Ersatz. Das soll kein Vorwurf sein.

EStürmische Heiterkeit rechts) Die Politik wird nicht von diesen

Haus gemacht (Zuruf rechts: In Moskau! Heiterkeit⸗. Sie kaben eine Heidenangst vor Moskau. (Lachen rechts und links.) Sie kennen den besten Teil des Volkes gar nicht und wollen ihn nicht kennen, Ihnen rechts) fehlt die Fassungsgabe (Gelächter rechts). Nirpel, lassen Sie dech diese Rüpelei. (Präsident Leinert rügt diesen Ausdruck als mit der Ordnung des Daufeg nicht vereinbar) Ich beschwere mich nur über die Art, wie mir hier von rechts durch Tumult und Unanständigkeit das Reden unmöglich gemacht werden soll. (Der Präsident rügt auch den Ausdruck „Unanständigkeit und stellt fest, daß er beleidigende Zwischenrufe nicht gebört babe) Ich bin auch ziemlich dickfällig (große Heiterkeit). Wie zie Könige, wollen auch die besitzenden Klassen die Wahrheit nicht hören; das ist ihr Unglück, wenn die Revolution weiter getrieben wird; und daß sie weiter getrieben wird, dessen können sie sicher sein. An dieser Verfassungsberatung nimmt kein Mensch Interesse, das beweisen die öden Tribuͤnen. Man steht im Publikum dieser Ver⸗ fassungsberatung und der preußischen Landesversammlung überhaupt so ö. als wenn etwa der Rauchklub Blauer Dunst“ oder Alter Knaster“ seine Statuten berät. (Heiterkeit links,. Diese Teilnahmlesigkeit ist die vernichtende Kritik, die sich denken lätzt. Die Rechte Fsieht nicht, was Großes im Entstehen ist. (Zuruf rechts: Gehen Sie doch nach Moskau!) Das werde ich tun. Wenn ich wieder komme = (Rufe rechts: Dableiben ) dann wird Deutschland hoffentlich auch reifer sein. Die revolutionären Umwälzungen werden auch diese papiernen e e der Verfassung nicht beachten. Schaffen Sie den Arbeitern Arbeitsgelegenheit, große Flächen können noch zu trag. jähigem Acker gemacht werden. Sie kümmert aber nicht der Bedarf des Volkes, für Sie ist nur die Höhe des Gewinns ausschlaggebend, daß ist Brutalität und eine Wahnsinnstat an der Gesellschaft. Wir werden alles tun, um die Dikftatur herbeizuführen. Die verhängnis⸗ volle Trennung der Völter untereinander muß aufhören. Das alte Preußen hat uns ins Elend gebracht. Die Rechte bebauptet, die Hohenzollern hätten uns zu ungeahnter Höhe gebracht; ja, um uns in einen um so tieferen Abgrund zu stürzen. Die Verfassung trãgt aleich bei der Geburt den Todeskeim in sich, nur der Kommunismus lann uns helfen. ; Dauit schließt die allgemeine Besprechung.

sz 1, der besagt: „Preußen ist eine Republik und Glied des Deutschen Reichs; die nach der Reichsverfassung erforder⸗ liche nnn Preußens zu Gebietsabänderungen erfolg durch Gesetz; die Landesfarben sind schwarz⸗weiß“ wird mit einem Zusatz: „Die Geschäͤfts⸗- und erhandlun gs sprache ist die deutsche Sprache · angenommen. Für die Landes farben stimmen alle Parteien bis auf die drei sozialistischen.

. F Zb wird der erste Absatz, der besagt, daß das Stimmrecht der Soldaten während der Dauer der Zugehörigkeit zur Wehrmacht ruht, gestrichen. . Zu § 4 beantragen die Deutschnationalen wie auch 3 Volkspartei Einfügung eines Staats⸗ prãsidenten.

Abg. Dr. von Kries (D. Nat) und Dr. Leidig (D. B) bezeichnen diese Forderung als Prinzipienfrage und bitten um Zu⸗ stimmung, damit Preußen eine Spitze erhalte.

Der Antrag wird gegen die beiden Rechtsparteien ab— gelehnt.

Bei 8 42 begründet Abg. Behrend (D. Dem.) einen Antrag, die Bestimmung, wonach die Rechtspflege durch un= abhängige, nur den Fesetzen unterworfen Richter auszuüben ist, dahin zu ändern, daß sie sich auf sämtliche Gerichtspersonen be⸗= ziehe. Der Antrag wird angenommen.

Außerdem findet eine Reihe kleinerer, meist redaktioneller Anträge Zustimmung.

Zu 5 24a, der zur Vertretung der Provinzen bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Staates die Bildung eines Staatsrats vorsieht, stellen die Deutschnationalen eine Reihe von Abãnderungsantrãgen. Diese werden abgelehnt.

(Fortsetzung in der Zweiten Beilage

Nr. 279.

Sweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und

Berlin, Sonnabend, ben 27. November

Preußischen Staatsanzeiger

1829

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ö (Fortsetzung aus der Ersten Beilage)

Zu 5 2b JZusammensetzung des Staatsrats) empfiehlt Abg. Mentzel⸗Stettin (D. Nat. einen Antrag, der es ermög⸗ lichen soll, die Vertreter so auszuwählen, daß auf die Berufs— stände der Provinz zurückgegriffen werden kann. Der Antrag wird abgelehnt, 5 2b in der Fassung der zweiten Lesung an— genommen. .

Du 8 214 (Wahl der Mitglieder des Staatsrats durch die Provinziallandtage) liegt der Antrag des Zentrums vor: „Niemand darf gleichzeitig Mitglied des Landtags und des Staatsrats sein. Landtagsabgeordnete scheiden mit Annahme der Wahl in den Staatsrat aus dem Landtag aus. Mitglieder des Staatsrats scheiden mit Annahme der Wahl in den Landtag aus dem Staatsrat aus.“

Ohne Erörterung wird diese Bestimmung gegen die Stimmen der sozialistischen Parteien in 5 240 eingefügt.

§z 582 bestimmt in der Fassung der zweiten Lesung: „Die Grundsätze für die Wahlen zur Volksvertretung gelten auch für die Wahlen zu den Provinzial⸗, Kreis- und Gemeinde⸗ vertretungen. Bei den Wahlen zu den Gemeindevertretungen kann jedoch durch Gesetz die Bal ber hi ann von etner be⸗ stiram ten Dauer des Aufenthalts in der Gemeinde abhängig gemacht werden“. ;

Die Deutschnatio nalen beantragen Streichung des s 58a, eventuell eine Fassung des zweiten Satzes, wie folgt: Jedoch kann die Wahlberechtigung von der Dauer des Aufent—⸗ halts in Provinz, Kreis oder Gemeinde bis zu einem Jahre abhängig gemacht werden.

Ein Antrag des Zentrums will die im zweiten Satz des S 58a für die Gemeinden vorgesehene Beschränkung auch auf die Kreise ausdehnen.

Nach längerer Erörterung, in der Abg. Lud wig (U. Soz.) darauf hinweist, daß die Provinziallandtage den Stadtrat zu wählen haben, und daß schon zeswegen dieser Wahl kein anderes Wahlrecht als dasjenige fi die Volksvertretung zugrunde gelegt werden dürfe, damit man nicht auf Umwegen doch wieder zu einer ersten Kammer komme, während Abg. Dr. Negen⸗ born (D. Nat.) hervorhebt, daß in der Provinz den boden⸗ stãndigen Elementen der ihnen gebührende Einfluß einzuräumen sei, werden sämtliche Anträge abgelehnt. S 582 wird in der Fassung der zweiten Lesung angenommen.

Vor dem z 63 (Regelung des früher landesherrlichen Kirchenregiments), für den das Zentrum eine veränderte Fassung vorschlägt, wird der Abschluß der Verfassungsberatung ab⸗

ebrochen und auf Dienstag vertagt, an dem auch die nament⸗

f Schlußabstimmung über die Verfassung stattfinden soll. Schluß 6 Uhr. Sonnabend, 12 Uhr: Haushalt des Volks⸗

wohlfahrtsministeriums, der Bau⸗ und Bergverwaltung.

Parlamentarische Nachrichten. *

Der Verfassungsausschuß des Reichs wirt- schaftsratgs, der als Vertretung der beteiligten Wirtschafts= kreise dazu eingesetzt worden ist, für das im Artikel 165 der Reichs⸗ verfassung vorgesehene System wirtschaftlicher Räte die Grundlagen zu schaffen, bat beschlossen, bei den Bezirkswirtschafts⸗ räten anzufangen. Erst nachdem ihre e,. umschrieben und ihre Bezirke abgegrenzt sind, wird volle Klarheit über ihren zweck⸗ mäßigen Aufbau fowie über ihr Verbältnis zu den bisherigen amtlichen Wirtschaftsvertretungen (Handels,, Handwerks- und Landwirtschafts⸗ kammern) zu gewinnen und auch der übrige Teil des Rätesystems d. h der endgültige Reichswirtschaftsrat und insbesondere die Schaffung gleichberechtigter Vertretungskörper der Arbeitne hmer neben denen des Ünternehmertums zu erörtern sein. Der Ausschuß hat einen Unter⸗ ausschuß von 9 Mitgliedern eingesetzt, der die hiernach erforderlichen Referate an der Hand des ganzen bon ihm zu sichtenden Materials verteilen, nötigenfalls Sachverständige zuziehen und später dem Ver⸗ faffungsausschuß Vorschläge unterbreiten soll. Gleichzeitig aber wies der Ausschuß auf die Bedenken hin, die sich daraus ergäben, daß während der zu dieser grundsätzlichen Angelegenheit schwebenden Verhandlungen im Reichswirkschaftsrat, dem eigens für den Wiederaufbau und die Neu⸗ gliederung der deutschen Wirtschast zusammenberufenen Gremium bon Sachderständigen aller Wirtschaftszweige, Regierungen und Parla⸗ mente einzelner Länder einer organischen Neugestaltung durch Sonder⸗ gefetze vorzugreifen im Begriff jeien. Tas Gleiche gelte von Ver fuchen in einzelnen Landern oder Bezirken des Reichs, durch inzwischen geschaffene Wirtschaftsfammern bestimmter Gewerke oder Durch Bezirk. wirtschaftsrãte mit Hilfe der bisherigen Kammern die Regelung der Frage vorwegzunehmen. . . ;

Der Wirtschaftspolitische Ausschuß des Reichs⸗ wirtschaftsrats beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung mit einer Aenderung der Betrjiebsstoffwirtschast. Wie der Regierungsvertreter darlegte, stehen seit dem Kriege Benzin und Benzol unter Zwangswirtschaft. Während aber Benzin, das aus dem Auslande bezogen wird, seit dem Frühjahr dieses Jahres in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, kann Benzol, ein Neben⸗ rroduft der Kohle, nur in ganz beschränktem Umfange hergestellt werden. Außerdem sind wir durch den Friedensvertrag, ver- pflichtet, 35 050 c an die Entente abzuliefern. Das Reichs wirtschaftsministerium schlägt daher eine Frei⸗

abe des Benzins und eine Fortsetzung der Bewirt fchaffung des Benzols vor. Die aus dem Ausschuß geäußerten Bedenken, daß bei einer gleichzeitig zu erwarlenden Freigabe beinahe des gesamten Aute⸗ mo en der Fe br, die der Vertreter des Reichzamts für Luft- und Kraftfahrwesen ankündigte, ein großer Benzinverbrauch und damit eine Valutaschwächung eintrete, wurden von dem Regierung, vertreter dusch den Hinweis darauf zerstreut, daß bei einer äußerst lovalen Durchführung der Automobilverkehrsfreigabe schon jetzt der Benzinverbrauch die zur Verfügung stehende Menge nicht erreicht hahe, 53 eingebender Aussprache faßte der . die Ansicht des Ausschusses folgendermaßen zusammen; Für Benzin soll die Einfuhr grundsätzlich freigegeben und die Bewirtschaftung aufgehoben werden; es wird ein Einfuhrkontingent fe get, eine Preis kontrolle eübt und die Einfuhr nur zu einem bestimmten Preise gestattet. Der Verkauf im Inland ist frei, doch wird der Markt beobachtet, ind Sdentuell werden neue Bestimmungen getroffen. Für Ben zol bleibt die gebundene Wirfschaft, doch wird die bisherige Bewirt— schaftungsstelle, die Mineralölverwertungestelle, die sich bereits in Liquidatlon befindet, auf keinen Fall weiter geführt; als künftige Verteilungsstelle ist der Teerwirtschafts verband borgesehen.

Der Wirischaftspolitssche Ausschuß des Reichswirtschaftstats be schäffigte sich ferner mit einem Antrag, betreffend ie Hinzu hie bang des Handwerks bei Vergebung ven

eichs gufträge n. Insbesondere wurde von dem Antragsteller

und anderen Vertretern des Handwerks die Vergebung von Aufträgen m die el tz bete idunmgsgefelischaft gemißbilligt. Nach

längerer Aussprache beschloß der Ausschuß, die Reichsregierung zu er⸗ suchen, alsbald eine Verfügung zu erlaffen, daß, soweit eine Beschaffung von Bekleidung unter Kreditgewährung des Reichs stattfindet, neben Industrie und Handel und bestehen den Produktivgenossenschaften das selbständige Schneiderhandwerk gleichberechtigt und nach Leistungs— fähigkeit berücksichtigt wird. Eine Zulammenfassung aller Reichs⸗ stellen, die sich mit Beschaffung von Bekleidung befassen, wird als dringend notwendig erachtet.

Handel und Gewerbe.

Die Eletfrolytkupfernotierung der Vereinigung für deutsche Elektrklytkupfernotiz stellte sich laut Meldung des W. T. B. vom 26. d. M. auf 2261 4 für 100 kg.

Nach dem Geschäftsbericht über das Geschäftsiahr vom 1. Juli 1919 bis 30. Juni 19820 der Allgemeinen Slektri-= eitäts⸗-Gesellschaft sah die Gesellschast ihre Aufgabe darin, im Berichtsjahr diejenigen Maßnahmen durchzuführen eder vor- zubereiten, die sich aus den Schmierigkeiten der deutschen Wirtschaft ergaben. Ein reichlicher Auftragsbestand, der noch immer im Wachsen war und in Zeiten tatsächlicher oder angeblicher Warenknappheit unerwünschte Ausdehnung annahm, erforderte Versorgung der Läger mit Rohmaterial und Julieferungen, damit die Arbeit nicht stocke, Der Absatz war den Mengen nach größer als im Vorjahr und weist unter den veränderten Geldverhältnissen sehr viel höhere Wertziffern auf. Zur Aufrechterhaltung des Umsatzes war eine Verbreiterung der finanziellen Grundlage nofwendig. Im November 1919 begab die Gesellschaft 100 000 009 Æ 40οοige Schuldverschreibungen, vom 2. Januar 1929 an verlosbar. Am 8. Mai 1920 wurde die Erhöhung des Grundkapitals um 100 000 000 beschlossen. Es wurden 28 005 009 44 Felten C. Guillaume⸗Aktien gegen 42 000 00 AEG⸗Aktien getauscht, während restliche 58 060 00 A an Banken begeben wurden; davon ist ein Posten von 25 000 000 S unter aus⸗ reichenden Vorsichtsmaßregeln in den Vereinigten Staaten festgelegt. Der Bericht weist ferner auf die Beschlüsse der außer⸗ ordentlichen Generalrersammlung vom 11. September 1920 wegen Begebung von 250 00000 ( S6ogiger Vorzugsaktien hin. Die im Vorjahrsbericht angedeutete Verschmelzung der Glüblampen⸗ fabrik mit denen der Auergesellschaft und Siemens C Halske A⸗-G. zu einer Osram G. m. b. S. Kommanditgesellschaft hat stattgefunden. Während die Produktion der Fabriken in der ersten Hälfte des Be— richtsjahrs durch Arbeitsunterbrechungen infolge von Streiks, Kohlen⸗ knappheit und Strommangel zu leiden hatte, zeigte sich in den letzten Monaten eine gewisse Stetigkeit und er⸗ höhte Arbeitsiust. Alle Abteilungen der Apparate- fabrik waren andauernd außerordentlich gut be- schäftigt, so daß Fabrikationserweiterungen notwendig waren. Besonders der Umsatz in In stallatisnsmaterialien und Zählern war sehr lebhaft. Auch die Maschinenfabrik war dauernd mit Aufträgen stark versehen, so daß zum großen Teil mit Doppel⸗ schichten gearbeitet werden mußte. Ein erheblicher Raumhedarf wurde durch Erwerb neuer Fabrikation stãtten befriedigt. Die Hesellschaft erwarb Grundstück und Gebäude der Maschinenfabrik Oberschöneweide A-G., um ihre Fabrik für Transformatoren und Hochspvannungsapparate dorthin zu verlegen. In Mülbeim a. d. Ruhr ist eine Reparatur⸗ werkstatt eingerichtet, um die Reparaturen für den rheinisch⸗westfaäli⸗ schen Induflriebezirk schnell ausführen zu können. Das Kabel werk Oberspree ging in größerem Maße zur Verarbeitung von

Kupfer über. Ein neues Kabelschutziystem wurde mit gutem Erfolg.

erprobt. Die Abteilung für künstliches Isoliermaterial war besonders gut beschäftigt. Die Turbinenfabrik baute eine Reihe großer Schiffsmaschlnen, insbesondere Oelmaschinen. Fabrikation und Pro— jektierung von Dampfturbinen waren sichtlich beeinflußt von den Be—⸗ strebungen, die Grundsätze rationeller Wärme wirtschaft für die Betriebe nutzbar zu machen. Die Hälfte aller bestellten Maschinen waren Sxezialmodelle für Ab— gabe oder Aufnahme von Niederdruckdampf. Auch im Auslands⸗ geschäft zeigte sich das wachsende Interesse an derartigen Spezial⸗ maschinen. Im Elektrostahl⸗ und Walzwerk wurde der Betrieb zu⸗ nächst mit zwei Elektrostahlöfen begonnen und das Preßwerk in Betrieb gesetzt. In der Porzellanfabrik wurde der Bau eines weiteren Sfens in Angriff genommen. Im direkten Verkehr mit Belgien, England, Frankreich und Italien ent⸗ wickelte sich Nachfrage nach großen Maschinen—⸗ einheiten für In dustrie⸗Kraftstationen, Walzen⸗ antriebe und Gesamt-⸗Elektrifizierung von In⸗— du st rie werken. Aufträge auf Herstellung von Frei⸗ leitungen für eine Spannung von 10990000 Volt erhielt die Gesellschaft u. a. von den Städtischen Eleftrizitätswerken Berlin, von den staatlichen Elektrizitätswerken Sachsens und vom bayerischen Staat. Größere Schaltanlagen für 100 900 Volt bestellten die Gesellschaft für Kraftübertragung. Berlin, die Städ⸗ tischen Elektrizitätswerk Leipzig und die Deutsche Continental-Gas— Gesellschaft, Dessau. um Schutz von Hochspannungsanlagen gegen die Gefährdung durch Erdschlußströme finden die von der Gesellschaft

nach Professor Petersen gebauten Erdschlußspulen große Verbreitung.

Der Bedarf der Straßenbahnen ist infolge der ungünstigen Betriebs⸗ ergebnisse wesentlich zurückgegangen. Neubauten kommen zurzeit so gut wie gar nicht in Frage. Dagegen beginnt sich das Geschäft auf dem Gebiete der elektrischen Vollbahnen zu ent⸗ wickeln, besonders nach dem Ausland. Eine größere Anzahl von elektrischen Lokomotiven wurde nach 3 eden teils geliefert, teils in Auftrag genommen. Die Dampflokomotivenabteil ung war noch vorwiegend mit Ausbesserungsarbeiten von Lotomotiven für die deutschen Eisen⸗ bahnen beschäftigt, hat aber auch größere Aufträge für neue Loko— motiven übernommen. Die AC G-Schnellbahn hat ihre Bauten ein— gestellt und fübrt nur Sicherungsarbeiten aus. Sie liegt im Rechts⸗ streit mit der Stadt Berlin, die den Weiterbau verlangt. Eine einstweilige Verfügung, die hierzu zwingen sollte, ist vom Kammer— gericht aufgehoben worden. Dem Effektenkonto sind u. a., hinzugetreten 6 452 000 junger Aktien der Nationalen Automobil⸗Gesellschaft Aftiengesellschaft, die 12 vH für die Aktie verteilt hat. Ferner er⸗ warb die Gesellschaft das Grundfapital der Aktiengesellschaft Braunkohlengruben und Tampfziegeleien Auguste bei Bitterfeld von nominal 4 000 900. 4. 2 der Bank für elektrische Unter⸗ nehmungen in Zürich teilt der Bericht mit, daß sie infolge der aus deutschen und anderen Auslandsbeteiligungen erwachsenen Valuten⸗ verlufte vor einer einschneidenden Sanierung stehe, für die, soweit sie den Aktienbesitz der Gesellschaft berührt, Vorsorge getroffen sei. Der Reingewinn von 45 707 352 6 soll wie folgt verwendet werden: 4 vo auf 200 000 900 28 000 000 4A, Gewinnanteil des Auf⸗ sichtstats O00 090 A, Zuweisung an den Unterstützungs fonds und andere Wohlfahrtseinrichtungen 4000 000 4A für Stiftungen für Angestellte und Arbeiter 12 000 000 4Æ, Vortrag für 1920/21 oo 2 K. In der Aufsichtsratssitzung der Eng elhardt⸗Braugrei A—-G. wurde der Abschluß eines Vertrages mit der Firma - C. A. F. Kahlbaum A.⸗G. genehmigt, der neben einem teilweisen Aktien—⸗ auttausch ein geschäftliches Zusammengehen auf allen in Betracht kommenden Gebieten, insbesondere auch die Aufnahme des Vertriebs der Weine, Spirituosen und Liköre der Kahlbaum A.-G. durch den auch in der Provinz weitvermeigten Organisationsgryparat der Engel hand Brauerei an deren Kundschaft vorssebt. Der Aussichtsrat genehmigte ferner den Abschluß eines Fu sions vertrages mit der Bres⸗

lauer nnion⸗Brauerei A⸗G., Breslau, nach dem das Ver. mögen dieser Brauerei auf die Engelhardt Brauerei A3 G. derart übergeht, daß gegen drei Breslauer Union-Aktien zwei Engel hardt⸗ Aktien gewährt werden. Zur Durchführung dieser Geschäfte, der be⸗ reits früher beschlossenen Fusion mit der Vereinigten St. Georgen und Feldschloßchen⸗Brauerei A.-G. Sangerhausen, sowie zur Be= schaffung der hierzu erforderlichen Betriebsmittel soll bei der ordent⸗ lichen Generalversammlung' der Engelhardt⸗Brauerei A⸗G. eine Erhöhung des Attienkapitals von zehn Millionen auf fünfzehn Millionen Mark beantragt werden. Für das Geschäftsjahr 1719,20 ergibt sich nach Abschreibungen von rund S 1600000 ein Reingewinn von rund 1700000, aus welchem wieder 15 vH an die Aktionäre verteilt werden sollen.

Die Maschinenbau⸗Anstalt Hum boldt in Köln-Kalk erzielte, laut W. T. B.“ im abgelaufenen Jahre einen Betriebsgewinn von 17385 523 gegen 9261 586.6 im Vorjahr. Nach Abschreibungen verbleiben 2 556 586 , woraus 6 vM verteilt werden follen. Zur Deckung des durch die allgemeine Lage erforder, lichen Geldbedaris foll das Stamm kapital um 18 auf 45 Millionen Mark erhöht werden. .

Die Verwaltung der Phoenir⸗Aktien-Gesell⸗ schaft für Bergbau und Hüttenbetrieb, Hörde, teilt laut Meldung des, W. T. B. mit, daß die seit einiger Zeit umlaufenden Gerüchte über eine angebliche Fusion mit der Harpener Bergbau Akftien⸗Gesellschaft jeder Grundlage entbehren. Dagegen steht die Phoenix⸗Gesellschaft vor dem Abschluß der Verhandlungen mit der Zeche Zollverein wegen Anpachtung dieser

e che.

. Fett waren. Bericht von Gebr. Gause, Berlin, den 27. November 1920. Butter: Die Lage ist unverändert. Die Vorräte der Fettstelle in Berlin sind nicht mehr groß; dieselben darften für die Dezemberverteilung genügen. Margarine: Der Markt ist verworren. Einzelne Fabriken haben den Preis er⸗ höht, während andere noch den alten Preis beibehalten haben. Die Zufuhren sind reichlicher. Die Qualität im allgemeinen gut. Schmallz;: Die Konsumnachfrage ist schwach. Trotzdem fanden lebhaftere Meinungskäufe statt, da sich eine Knappheit an Lokoware in Hamburg zeigte, welche eine Befestigung der Preise herbeiführte. Auch die steigenden Devisenkurse trugen zur Erhöhung der Preise bei. Die heutigen Notierungen sind; raffiniertes Schmalz Tierces 20 t, 11 Tonnen 203, Berliner Bratenschmalz Tierces 204, Tonnen 21 4.

Paris, 25. November. (W. T B.) Ausweis der Bank von Frankreich. Gold in den Kassen 3543 330 909 (Zun. gegen die Vorwoche 1 820 000) Fr., Gold im Ausland 1 948 367 000 (un⸗ verändert), Barvorrat in Silber 264 856 990 (Abn. 4 059 0090) Fr., Guthaben beim amerikanischen Staatsschatz —— (— ) Fr., Guthaben im Ausland 599 212 0909 (Abn. 2 143 000 Fr. vom Moratorium nicht betroffene Wechsel 3279519 000 un. 52 603 000) Fr, gestundete Wechsel 428 004 009 (Abn. 9 142 000) Fr., Vorschüsse auf en e 2018 454000 (Abn. 36 251 000) Fr., Vorschüsse an den Staat 26 800 000 000 (unverändert) Fr., Vor⸗ schüsse an Verbündete 3 965 000 0500 (Zun. 5 000 000) Fr., Noten⸗ umlauf 38 806 733 9000 (Abn. 449 521000) Fr., Schatzguthaben 25 355 0909 Abn. 9015 000) Fr., Privatguthaben Z3 635 893 C00 (Abn. 164 207 000) Fr.

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts

Ruhrrevier Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen

4

am 25. November 1920.

ö,, Nicht gestellt.. Beladen zurück⸗

18 911

geliefert. am 25. November 1920.

20 343 6 288

19 243

Gestellt.

Nicht gestellt.

Beladen zurück⸗ geliefert.

Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.

Frankfurt a. M., 26. November. (W. T. B.) An der Abendbörse stellte sich der Verkehr in Montanpapieren bei ge⸗ teilter Tendenz ziemlich lebhaft Rheinstahl wurde bei größeren Umsätzen bis 563 gehandelt. Fest lagen anfänglich Buderus mit 870, jedoch gaben sie im Verlaufe auf 867 nach. Phönix Bergbau waren mit 756 angeboten. Die Stimmung für die übrigen Werte dieses Gebietes war fest. Es notierten Deutsch⸗Luxemburg 416, Oberbedarf 342,50. Harpvener 586, Gelsenkirchen 426,50, Caro 322, Laurahütte 548, Mannesman 634, Lothringer Hütte 548. Chemische Werte waren schwächer. Scheideanstalt stellten 850. Höchster Farbwerke 455. Th. Goldschmidt 514. 75. Lebhafter wurden Holzverkohlung umgesetzt mit 60. Ungleichmäßig waren Kassaindustriepapiere. Es notierten ferner Hirsch Kupfer 440, Gummiwarenfabrik Peter 409, Hanfwerke Füssen 420, Daimler 275 bis 277, Vereinigte Oelfabriken 339350. Die Auslandewerte lagen schwach, Deutsche Uebersceezertifikate 1090. Schantungbahn 585. Hprozentige Goldmexikgner 747, 5H prozentige Silbermexikaner 525, 43 prozentige Bewässerungsanleihe 500, 5 prozentige Tehuantepec 495. Im freien Verkehr waren Deutsche . 1810, dann 1795 bis 1800. Benz Motoren waren 299,50 is 297. Die Devisen waren schwächer. Brüssel 450, Holland 2120, London 242, Paris 420, Schweiz 1180, Italien 256, New Nork 69.

Köln, 26. November. (W. T. B.) Englische Noten 241,00 bit 243 00, Französische Noten 420, 00 422,090, Belgische Noten 443,50 bis 448 060, Holländische Noten 2120.00 2125,00. Rumänische Noten 105,909 NUmerikanische Noten 68.25— 68,75, Schweizerische Noten 1070, 00 1085.00, Italienische Noten —— Stockholmer Noten —. Amerika Kabelauszahlung —= ö

Leipzig, 26. November. (W. T. B.) Sächsische Rente 57.75. Bank für Grundbesitz 155,00, Chemnitzer Bankverein 20990, Ludwig Hupfeld 480,06, Piano Zimmermann 467090. Stöhr u. Co. 625,006, Sächs. Wollgf. vorm. Tittel u. Krüger 394 50. Chemnitzer Zimmermann 270,00. Peniger Maschinenfabrik 172,50, Leipziger Werkzeug Pittler u. Co. 418,9, Hugo Schneider 359,00, Fritz Schulz jun. 406,00, Riebeck u. Co. 242,090.

am burg, 26. November. (W. T. B) Börsenschlußkurse. Deutsch⸗Australische Dampfschiff⸗Gesellschaft 295,00 bis 305,00 bez., Deutsche Dampschiff. Gesellschaft Kosmos 466,00 bis 47600 bez, Deutsch⸗Ostafrika⸗ Linie 346,00 bis 36,00 bez, Hapag 202.09 big 204,00 bez., Hamburg Südamerika 445, 00 bis 446,00 bes, Nord deutscher Llord 195,00 bis 196.50 bez. Verein. Elbeschiffabrt 350,00 bez., , Afrikalinie 270.00 G., 275.00 B., Schantungbahn b83, 58h. 00 bez., Brasilianische Bank 647.090 G. 665,00 B., Commerz und Privat. Bank 211,50 G., 213,50 B., Vereinshant 212.09 G. 216, 00 B. Alsen⸗ Vorland Zement G. 410090 B. Anglo Continental 410,00 G., 420,900 B., Asbest Calmon 313,50 316,50 bez. Dynamit Nobel 368 50 bis 375. 50 bez., Gerb.

stoff Renner 531,00 bis 539, 50 bez, Norddeutsche Jutespinnerei 326,00 bez., Harburg · Wiener Gummi 458,00 G., 46,00 B., Gaoke

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