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die Sozialisierungskommission auflõsen und dafstr eine Kemmission des Reichsroirtschaftsrats ernennen. Die Aufhebung der Sozial isie⸗ ruse skommission würde Wirkungen auslösen, deren Tragweite noch nich zu überfehen ist. Die Arbeiter verlangen die Sozialisierung und laffen sich nicht mehr vertrösten, sie wollen arbeiten, aber nicht mehr schusten fär die Pribalkap tal ssten. (Beifall b. d. Ü. So; Abg. Die rnreiter (Bayer. V); Die Versorgung der Landwirtschaft mit flüssigem Breennstoff. genügt mn immer nicht In Bayern sind 30 050 Betriebe mih Die selmotoren ausgestatlet, die für den Ausdrusch wichtig sind. Ueber die Aufhebung der Zwangs win tschaft für Benzin und ol hen die widersprechendsten Gerüchte herum. Ein Ausschuß Reichswirtschaftsrats hat beschlossen, daß Benzin freigegeben. Benzol aber weiter bewirtschaftet werden soll. an weiß nicht, woran man ist. Die freie Wirtschaft würde die Inlands preise an die ltmarktpreise angleichen. Das würde eine ungeheure Verteuerung sein. Es ist auch zu befürchten, daß überhaupt kein Benzol mehr geliefert werden kann, weil die Luxugautomobile alles aufgekauft wird. Die hohen Preise sind durch die Weltknappheit an Benzin bedingt. Deutschland ist mit Benzin auf die Einfuhr angewiesen. Die beteiligten großen Firmen reißen die Oelfelder der Welt an sich, ebenso die Transportschiffe. 26 mis ist der Verbrauch rationiert, in England ist eine Kontroll= ommission für die Einfuhr und Verteilung eingesetzt. Aber bei uns soll die Zwangsbewirtschaftung aufgehoben werden. Auf diesem Gebiete stehe ich der Au , . Zwangswirtschaft skeptisch gegen⸗ über. Die elektrische Kraft hat für die Wirtschaft eine selche Bedeutung gewonnen, daß man ihre Gewinnung und Verteilun nicht mehr der Willkür privater Wonopolbetriebe überlafsen darf, Die Interessen der Verbraucher müssen in erster Linie berücksichtigt
werden.
Abg. Hamm (Dem): Unsere gefährdete Wirtschaft darf nicht mit Experimenten 6 werden. Wir müssen an der Privatwirtschaft festhalten, weil, nur sie die richtige Auslese der Führer ermoglicht. Wir begrüßen den wirt⸗ schaftlichen Älusschuß des Kabinetts und hoffen, daß der Reichs⸗ wirtschaftsminister unter starken Ministern der stärkste sein wird. (Abg. Sum on⸗Franken: Das wäte aber sehr gefährlich) Wenn wir das Kohlenabkommen von Spaa weiter so ehrlich erfüllen wollen wie bisher, dann sind wir zur wirtschaftlichen Erstarrung verurteilt. Suddeutschland leidet besonders unter der Kohlennot. In Frieden schon mußten wir Schmiedekohle aus England einführen, und jetzt werden wir gezwungen, deutsche Schmiedekohle auszuführen. Das Transportwesen muß wirtschaftlicher gestaltet werden. Die Zwangswirtschaft halten wir für überlebt, aber sie war 2ine unvermerdliche Notwendigkeih zu ihrer Zeit. Es ist auch nicht berechtigt, über die hohen Leistungen unserer Beamten mit einer ö hinwegzugehen. Die Zwangswirtschaft der Kommunen
at nicht nur lauter Fehler gemacht, sondern große Leistungen voll⸗ bracht. Auch ich habe große Bedenken gehabt, als der sozialdemo⸗ kratische Wirtschaftsminister wohl nicht ganz ohne Fühlung mit Herrn Hugo die Lederzwangswirtschaft mit einem chlage Aaufhob. Die große Preiserhöhung darf aber nicht einfach als Folge dieser Aufhebung bezeichnet werden. Wir sind da nicht frei gegen⸗ über dem Ausland. Da wir knapp die He ft des Bedarfs im Inland decken können, hleibt uns nur der Anschluß an die Welt⸗ wirtschaft übrig. Die Zwangswirtschaft ist nicht zuletzt gescheitert an ihren eigenen Organen, den Kriegsgesellschaften, die verdient, aber nicht der Allgemelnheit gedient haben. Planlos darf aller⸗ dings mit der Beseitigung der Zwangswirtscha 3 vor⸗ gegangen werden, aber sobald die grundsätzliche Erkenntnis Fegen die Zwangewöirtschaft ist, ist sie nicht mehr möglich; daz gilt auch für Getreide. Allerdings wird auch hinter der Auf⸗ hebung der Zwaagswirtschaft kein Sonnenland kommen, sondern ein Land voller Kampf und Mühen. Wir sind damit ein verstanden. daß der Fonds für den Ausschuß zur Prüfung des Geschäfts⸗ gebarens der Kriegsgefellschaften von 500 auf 300 0090 Mark berabgesetzt wird, denn. auch mit dieset Summe läßt sich genügend arbeiten. (Widerfpruch links) Die freie Wirtschaft hat allerdings auch manche unerfreuliche Erscheinung, aber die hohen Dividenden bestehen guch in Papiermark, und die Kleinrentner gehören guch zu den Aktionären. Die Dibidenden haben eine ge⸗ ringere Steigerung erfahren als der Arbeitslohn. Wit sind nicht Blind gegen die Auswüchse, namentlich bei der Ausgabe neuer Aktien, und das Wirtschaftsministerium muß diese Dinge aufmerksam beob⸗ achten und nötigenfalls eingreifen. Die Kartelle und Trusts u unterdrücken wäre sinnlos, aber wir müssen auch diese Bewegung eobachten und die Beurteilung nicht allein den Redakteuren der Handels zeitungen überlassen. Die Verteuerung der inge ist gewiß eine schwere Last, aber wir erkennen auch die Not der resse an, die unter der Erhöhung der er e der Umsatz⸗ teuer, der Anzeigenbeschränkung und der iemot leidet. Anderer⸗ eits ist die Erzielung außerordentlich hoher Gewinne auch ein egenstand, der der gründlichen Prüfung wert ist. Es würde eine kullurelle Gefahr sein, wenn es nur ein paar große Verlage in Berlin gäbe. Die Zentralisation der Einfuhr ist eigentlich über⸗ flüssig, aber was eingeführt wird, muß gerecht verteilt werden und darf nicht in die Hände von Schiebern gelangen. In der Sparsamkeit muß ein vernünftiges Mittelmaß innegehalten werden, an werbenden Ausgaben darf nicht gespart werden, z. B. nicht für das Messewesen.
Gerade wir in Süddeutschland halten die Leipziger Messe als große einheitliche deutsche Schau für unsere Beziehungen zum Ausland für
Aber ebenso wie die Leipziger Messe müssen auch andere hbesondere Veranstaltungen dieser Art, wie z. B. die Bayerische Gewerbeschau, vom Reich unterstützt werden. Die Frage des Acht⸗ slundentages in den Büros muß ernstlich geprüft werden; der Beamten stand läßt sich an Arbeitsleistung von keinem andern übertreffen. Die neuen Aufgaben des Wirtschaftsministeriums müssen in persönlicher Fühlung mit der Wirtschaft im Lande erfüllt werden. (Sehr richtigh Deshalb beantragen wir auch einen ständigen Mitarbeiter aus Hand⸗
notwendig.
werk und Gewerbe im Ministerium.
Hierauf nimmt der Reichswirtschaftsminister Dr. Scholz das Wort, bessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Steno⸗ gramms erst in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaut
wiedergegeben werden wird.
Abg. Dr. Rießer (D. Vp): Der Abgeordnete Simon möchte
die Beweiskraft umkehren. Die freie Wirtschaft hat sich in der ganzen
Welt glänzend bewährt. Wer an die Stelle eine Planwirtschaft, Sozialisierung oder sonst etwas setzen will, ist beweispflichtig, doß
daraus eine Erhöhung der Produktion, eine Verminderung der Pro⸗ duktionskosten und eine Steigerung der Rentabilität erwachsen wird. Herr Simon hat dafür keinen Beweis erbracht. e n. Gegen⸗ beweise liegen aber u. a. in
Gothein hat nachgewiesen, daß die Produktion in Rußland nur auf
Rußland vor. er Abgeordnete
10 Prozent der Friedensproduktion gelangt ist, und der sozialistische
Abgeordnete Keil hat hier einmal erklärt, daß er vorläufig nicht glaube, daß die. Sozialisierung des Kohlenbergbaus eine höhere
sentabilität bewirken würde, daß man aber dazu genötigt sei, damit die Sozialisten nicht den Glauben an die sozialistische Entwicklung verlieren. Zwischenruf links.). Ich ztiere genau nach Lem Sinn. Ich selbst habe den Antrag in Aussicht gestellt, den Fonds von 509 000 AM für den Ausschuß zur Prüfung der , ,. chaften auf 300 000 4 herabzusetzen. Ich war der erste Antragsteller, der die Einsetzung des Ausschusses seinerzeit beantragte, abet die 3065 006 Mark waren ohne jede Unterlage angesetzt, und für den Rest dieses Jahres ist mit 3090 000 16 aus ukommen. Meine entschiedene Ver⸗ wahrung lege ich dagegen ein, daß der Abgeordnete Simon meinen Freund Hugo in so überaus beleidigender Form angegriffen hat, oh- wohl er wissen mußte, daß Dr. Hugo schon zum Parteitag abgereist ist. Swischenrufe links) Ich behalte Dr. Hugo die Antwort auf diese Angriffe nach seiner Rückkehr vor. Soviel ich weiß, hat Herr Hugo schon früher ähnliche Angriffe gusreichend widerlegt. Aber Herr Simon glaubte durch die Wiederholung der Behauptungen in 1 des Angegriffenen besser wirken zu können. (Beifall rechts) Abg. Frau Dr. Lüders (Dem) tritt für den Antrag ein. wonach alle Hindernisse der Gewerbeordnung gegen die Gleich- berechtigung der Frauen in den berufsständischen Vertretungen
berüũcksichtigt werden.
kemmisston bestehen bleibt. ; t von Gegenfeile nur Einspruch erhoben worden weil er in der Kommission
beseitigt werden sollen. Die Frauen müßten diesen Berufe vertretungen angehören, dürften ber über, die Verwendung e, , en 26. ö er Hausfrau s Berufstätigkeit anerkan und isti erfa
werden, damit die Hausfranen als folche auch in der Hesetzdgebung
angefehen werden, denn sie übe eine bedeutende Produktignstätigkeit aus. Bei der Bildung des Handwerksausschusses im Ministerium möge man nicht vergessen, daß es auch Sandwerkerinnen gebe. Die Frauen würden immer nur von Fall zu Fall zugezogen, wenn die Männer glaubten, E n Frauen interessiert seien. Die Männer meinten aber oft, die Frauen seien nicht interessiert, wo die Frauen selbst interessiert zu sein glaubten. (Heiterkeit. .
Abg. Dr. Bra un⸗Franken (Soz): Frau Dr. Lüders wird in der eigenen Fraktion wohl schwer ihre Meinung durch⸗ setzen. (Her rer beitz Serr Rießer kätte die Rede von Kil wörtlich tieren sollen, damit wir kontrollieren kömen. . Bei der Vergebung der Reichscufttäge kann man nicht schematisch ver ˖ teilen, sondern muß auth das Interesse des Miches an der Syparsam⸗ keit berücksichtigen. Für das Eisenbahnmaterial käme auch die Selbst . versorgung des Reiches in Betracht. Die sachkundige Stelle, die sich mit den Reichsaufträgen befassen soll, muß auch über die Vergebung der Aufträge zu beschließen haben, wie es der Antrag Müller verlangt.
Abg. Si mon (u. 2 r): Ich habe ausdrücklich nach dem Berliner Tageblatt“ zitiert, dessen Mitteilungen unwidersprochen ge⸗ blieben find. Bei der Anstellung der sechs adligen Personen ist ent⸗= scheidend, daß diese anderen das Brot weggenommen haben. Daß Dr. Hugo schon abgereist ist, habe ich nicht gewußt. Ich sehe der Entgegnung des Abg. Hugo mit Ruhe entgegen. Die Tätigkeit des Prüfungsausschusses für die Kriegsgesellschaften wird durch die Streichung von 200 009 A eingeengt. Man will überhaupt nicht eine gründliche Untersuchung vornehmen lassen, damit nicht noch andere Herren unter die Räder kommen. Die Landwirtschaft nimmt die teuren Düngemittel nicht ab, geht zum extensiven Betrieb über und gefährdet unsere Ernährung.
Die dauernden Ausgaben des Reichswirtschafts⸗
ministeriums werden bewilligt. Ueber die Entschließungen
des Ausschusses soll bei der dritten Lesung abgestimmt werden. Bei den einmaligen Ausgaben, und zwar bei dem Fonds für die Sozialisierungskommission bemerkt
Abg. Hoch (Soz): Wir verlangen, daß die Sozialisierungs⸗ Gegen Profesfor Lederer ist von der
wesentliche Dienste geleistet hat. Der Sturmlauf gegen die Sozia⸗ lisierungskommission hat nur den Grund, daß die Gegner die Frage nicht geklärt haben wollen. Die Sozialisierungskommission ist nach dem Kapp⸗Putsch durch Vereinbarung mit den Gewerkschaften ein⸗ esetzt worden. Die Parteien, die zur früheren Regierung gehörten, find verpflichtet, davon nicht zurückzutreten. Was für einen Eindruck würde es auf die Arbeiter machen, wenn jetzt das Versprechen vom Kapp⸗Putsch gebrochen würde! ; ;
Abg. Dr. Hertz (. Soz): Die Zentrumspartei und die Demok ratische Partei haben damals eine Verpflichtung auf sich genommen. Die Gewerkchsaften wollten damals eine offi⸗ ielle Anerkennung der Vereinbarungen haben. Die Vertreter des n und der Demokraten betonten aber, der ausdrücklichen An⸗ erkennung der Vereinbarung bedürfe es nicht, da die bürgerlichen Parteien selbstverständlich r Wort halten würden, auch wenn es nicht schriftlich niedergelegt würde. Der Abg. Gothein hat aus⸗ drücklich ehrenwörtlich die Verpflichtung übernommen, für diese Ver= einbarung in seiner Partei mit allen Mitteln einzutreten. (Dört, hört Wir können es den Herren überlassen, ob sie als Wort⸗ brüchige dastehen wollen. Wenn die Sozialisierungskommission dem Reichswirtschaftsrat angegliedert wird, so hört die sachliche Forderung dieser Aufgabe auf. Diese Körperschaft, die noch nichts Ersprieß⸗
liches geleistet hat und deren Ansehen schon große Einbuße erlitten
hat, wird die Sozialisierungsaufgabe nicht fördern. Einige Parteien
laufen schen gegen den Sczialisierungsentwurf Sturm, die Arbeiten der Sozialisierungskommission müssen aber fortgeführt werden, auch
auf anderen Gebieten, nämlich der Sozialisierung der Düngemittel.
Darauf gibt der Reichswirtschaftsminister Dr. Scholz eine Erklärung ab, deren Wortlaut wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms in der nächsten Nummer d. Bl. mitgeteilt werden wird.
Abg. Dr. Rießer verliest in persönlichet Bemerkung die Stelle gus der Rede des Abg. Keil, wonach dieser nicht sofort große Ueberschüsse aus der Sozialisierung des Kohlenbergbaues erwartet.
Bei dem Fonds für den Reichskommissar für
Aus⸗ und Einfuhr bemerkt
Abg. e. Behm (D. Nat.: Dem Titel Reichskommissariat für Ausfuhr⸗ und Einfuhrbewilligung stimmen wir zu; wir wünschen aber 4 dien Fachleute bei diesen Dingen mehr gehört; werden. Schleier offe sind allerdings Luxuswaren, aber man sollte ihre Ein⸗ fuhr nicht verbieten, denn sonst geht unsere Veredelungsindustrie zu⸗ runde, die den Schleierstickerinnen das Brot gibt. Ebenso wenig ollte bie Einfuhr von französischem Batist verboten werden, denn er eignet sich viel besser zur Herstellung weißer Kravatten. Bei diesen Dingen sollten nicht nur die Bedürfnisse der Textilindustrie, sondern auch die der Konfektion berücksichtigt werden. Sonst entsteht die Gefahr, daß unsere Konfektionsarbeiter und arbeiterinnen aus⸗ wandern müssen. Wir sollten Tabak einführen, aber keine aus⸗ ländischen Zigaretten und Liköre. Wir werden nicht glücklich durch den Branntwein. (Beifall.)
Präsident Löbe: Auf Branntwein bitte ich nicht weiter einzu⸗ gehen, er gehört zum Ernährungsministerium. (Heiterkeit)
Bei dem Fonds für den Prüfungsausschuß für die Kriegsgesellschaften bemerkt
Abg. Kraetzig (Soz.): Diejenigen Herren, die am lautesten nach der Einsetzung des Ausschusses zur en, , der Kriegs⸗
gesellschaften viefen, haben nachher die Kontrolltätigkeit des Aus⸗
schusses am meisten erschwert. Die Prozesse, die die Kriegsgesell= schaften gegeneinander führen, müssen schleunigst durch Ver- ordnung niedergeschlagen werden damit die. Liguidation be⸗ schleunigt wird. Das muß geschehen, bevor die Deutsche Ver⸗ f Xrungsbank — eine Kriegsgesellschaft — an eine private Firma verkauft worden ist. Auch der Treuhänder des Ausschusses hat sich gegen den Verkauf dieser Bank ausgesprochen. Der Vertreter des Reichsschatzministeriums hat aber erklärt, der Ausschuß habe in diesen Dingen kein Entscheidungsrecht. Wir verlangen, daß dem Ausschuß n Recht gewährt wird. (Sehr richtig Der Ausschuß di nicht zur bloßen Kulisse werden für die Regierung. Dazu gebe i mich nicht her. Wir protestieren gegen die Auffassung des Reichs schaßministeriums. Die Liquidation der Kriegsgesellschaften darf nicht so geschehen, daß man sie dem Privatkapital in die Hände wirft. (Beifall.)
Damit schließt die zweite Beratung des Haushalts des Wirtschaftsministeriums.
Nächste Sitzung: Montag, den 6. Dezember, nachm. . e. . des Reichsernährungsministeriums). Schluß
16 Uhr.
Preußische Landes versammlung. 186. Sitzung vom 1. Dezember 1920. Nachtrag.
Die Rede, die bei Fortsetzung der Beratung 3 Haushaltsplans für die Bauverwaltu der Minister der öffentlichen Arbeiten Oeser gehalten hat, hatte . enden Wortlaut: ; Minister der öffentlichen Arbeiten Oeser: Meine Damen
und Herren! Ich will zunächst auf einige Einzelfragen eingehen, die
Die Frau könne nicht allein als Konsumentin
in der Erörterung berührt worden sind. Der Antrag Siering mi Genossen Nr. 3285 ist bereits im Ausschuß besprochen worden. Ich habe sachlich keine Veranlassung, gegen ihn Stellung zu nehmen, und werde mich persönlich immer freuen, ich Wünschen der Technik kr entgegenkommen kann, natürlich vorausgeseßt, deß auch eine sachliche Notwendigkeit für ihre Grfüllung vorliegt; denn in unserer jetzigen Finanzlage können wir nur zur Befriedigmng der Gleichberechtigung schwerlich neue Stellen schaffen. 1. Aber ich habe erhebliche Bedenken gegen den Antrag im Hinblick auf die bevorstehende Uebergabe der Wasserstraßen en das Reich. Die Länder sind mit dem Reich dahin überein gelommen, vor der Verreichlichung keine neuen Stellen mehr zu schaffen. Nun werden hier allerdings keine neuen Stellen geschaffen, sondern es it nur eine Verschiebung beantragt. Aber es sollen doch drei Ministerialräté mehr planmäßig angestellt werden gegenüber dem Etat. Ich weiß, daß der Reichsfinanzminister und der Reichsverkehrs⸗ minister Bedenken gegen den Antrag haben und fürchten, daß er das Signal sein könne zu ähnlichen Erscheinungen wie beim Uebergang der Eisenbahnen auf das Reich, daß nämlich die Länder noch kurz vor Toresschluß viele Stellen schaffen. Sollte also das hohe Haus zur Annabme des Antrages geneigt sein, so kann das nur unter der Vor⸗ aussetzung geschehen, daß die Stellen unter Zustimmung des Ne ichs geschaffen werden und eine Ernennung nicht erfolgt, bevor nicht die zuständigen Reichsinstanzen dem ihre Zustimmimg erteilt baben. ö. Im übrigen kann ich meine Genugtuung darüber aussprechen, daß die Arbeiterpolitik des Bautenministeriums von so ver-
schiedenen Seiten Anerkennung gefunden hat, wie von dem Herrn
Abgeordneten von Kries und von dem Herm Abgeordneten Nösler. Ich werde die von mir beschrittenen Wege weiter verfolgen. Ich werde gerechte Forderungen der Arbeiterschaft immer anerkennen, werde aber auch ihnen gegenüber mit aller Entschiedenheit die alt- gemeinen Interessen zur Geltung bringen müssen. Ich bin der Ueberzeugung, daß wir auf dem beschrittenen Wege des Abschlusses von Tarifverträgen zu einer ruhigen Entwicklung in der Staats— arbeiterschaft kommen werden.
Was die Notstandsarbeiten anbetrifft, so habe ich mich wiedeiholt dafür ausgesprochen, daß derartige Arbeiten unternommen werden. Zu meiner Freude ist die Arbeitslosigkeit noch nicht in dem Maße gewachsen, wie vor Monaten befürchtet werden mußte. Wir haben im Gegenteil eine etwas rückläufige Bewegung, aber wir dürfen uns darüber nicht täuschen, daß beim Eintritt von Frost oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen doch ein neues Ansteigen der Arbeitslosigkeit eintreten kann; wenn die Zahlen augenblicklich günstiger sind als wir befürchteten, so hat dazu beigetragen, daß in
rielen Unternehmungen nicht mit voller Ausnutzung der Arbeitszeit
gearbeitet wird. Wir haben Notstandsarbeiten vorbereitet, und der
Herr Ministerialdirektor wird Ihnen nachher darüber Einzelheiten
mitteilen. Eine der ersten Voraussetzungen für Notstandsarbeilen ist allerdings, daß uns die Kohle zur Verfügung gest el lt wird, denn ohne Kohle können wir geordnete Notstandsarbeiten
nicht leisten. Schon bisher ist der Kohlenmangel für uns außer-
ordentlich störend, insbesondere bei Kanalbauten ist der Betrieb nicht ständig durchzuführen, wenn die Kohle nicht zur Verfügung stehi. Gellugt es uns nicht, uns die Kohle zu sichern, die wir für di Notstandsarbeiten branchen, dann weiß ich nicht, wie wir sie großem Umfange in Angriff nehmen könnten. .
Nun hat der Herr Abgeordnete Rösler einige Bedenken darüber geäußert, daß wir die produktive Erwerb slosenfürsorge für die Notstandsarbeiten in Anspruch nehm en. Seine Befürchtungen gingen dahin, daß dadurch die Tarifvertrãge geschädigt werden könnten. Meine Damen und Herren, ich vermag das nicht ohne weiteres anzuerkennen. Wir können schwer die pro—⸗ duktive Erwerbslosenfürsorge bei den Notstandsarbeiten entbehren,
weil es sich doch hier um recht erhebliche Mittel handelt, die bei
der Finanzlage des Staates außerordentlich in Betracht zu zieben sind. Wir sind dabei gebunden an die Vorschriften, die der Herr Reichsarbeitsminister erlassen hat. Er hat am 10. Januar solgende Grundsätze aufgestellt: ö ; . „Bei öffentlichen Arbeiten, die mit Mitteln der Er⸗ werbẽlosenfürsorge unterstützt werden, muß die Entlohnung so bemessen werden, daß der Anttieb zur Aufnahme anderer Arbeit nicht beseitigt wird, und daß für andere Arbeiter nicht die Ver= suchung besteht, zu den Notstandsarbeiten abzuwandern. Wo es sich mit der Natur der Arbeit irgend verträgt, muß die Ent⸗ lohnung der Arbeitsleistung angepaßt werden (Akkord⸗ oder Prämien⸗ system). Arbeiten, die von öffentlichen Körperschaflen in eigener Regie ausgeführt werden, dürfen regelmäßig nur dann mit Mitteln der Erwwerbslosenfürsorge unterstützt werden, wenn die Entlohnung nach einem Akkord⸗ oder Prämiensystem geschieht .. Wir sind an diese Vorschriften gebunden. Ich glaube auch zicht, daß sie gegen die Tarifverträge verstoßen, denn der Lohn kann be—⸗ rechnet werden nach Prozenten der Tarifsätze. Der Tarifvertrag bleibt debei bestehen. Man muß aber berücksichtigen, daß diese Arbeiten an und für sich nicht oder noch nicht ausgeführt würden, wenn sie nicht als Notstandsarbeiten verlangt würden. Es besteht ein Inleres e garen, nicht Arbeiter aus der Produktion herqauszuziehen, um sie zu Notstandsarbeiten anzusetzen, aber auch daran, den bei den Notstands⸗ arbeiten beschäftigten Arbeitern nicht nahezulegen, daß sie dort ver⸗ bleiben. Sie sollen vielmehr möglichst nur vorübergehend beschäftigt werden, und der in ihnen wohnende Drang, in geordneien Verhält nissen, also nach den Tarifsätzen zu arbeiten, soll dadurch nicht be einträchtigt werden. Wir werden daher wohl an diesen Grundsäßen festhalten müssen. Ich habe aber früher schon gesagt, wir wollen den ganzen Komplex dieser Fragen, wenn die Nachtragsforderungen kemmen, im Staatshaushaltsausschuß besprechen und wollen dort versuchen, die besten Grundsätze für diese Notstandsarbeiten fest⸗ zulegen. Die Herren werden also dort ihren Standpunkt darlegen kẽnnen. s. Der Herr Abgeordnete Rösler hat sich recht warmherzig für die Bauarbeitergenossenschaften eingesez. Ich habe schen früher einen Erlaß herausgegeben, wonach diese Genossenschaften zu den Arbeiten in gleicher Weise wie andere Unternehmer herangezogen werden sollen. Sie sind also in der Bauverwal tung vollständig gleichberechtigt. Ich muß aber darauf aufmerksam machen, daß sich hier gewisse natürliche Schwierigkeiten erg Gerade Tiefbauarbeiten erfordern ein sehr kosispieliges Gerät, un sie sind auch kaum ohne Ingenieure und ohne Leitungspersonen aus-
zuführen. Man muß also, weiin man solche Genossenschaften für
Tiefbauunternehmungen größeren Stils haben will, bersuchen, wi den hier vorliegenden Schwierigkeiten begegnet werden kam. Iq
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bin gern bereit, dazu meine Beihilfe zu bieken, weil ich glaube, daß diese Genossenschaften dann, wenn sie sich, was ich heute noch nicht benrteilen kann, als wirlschafllich dauerhaft erweisen, ein geeignetes Mittel sind, die Arbeitsfreudigkeit herzustellen, und daß da, wo der. alige Genossenschaften nun auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko arbeiten, die Arbeitsfreudigkeit, der Drang, mit der Arbeit fertig zn werden, seltstwerfandlich othanden ist
Wir werden auch gem die Einteilung in kleinere Lo se, wie es der Herr Abgeordnete Rebehn gewünscht hat, da durch. führen, wo es möglich ist. Ueberall ist es nicht möglich. Ebenso werden wir selbstverständlich das Handwerk in der gleichen Weise wie die Genossenschaften berücksichtige n. Die Herren, die früher Mitglied des Parlaments waren, wissen, daß ich mich als Berichterstatker des Haushalts für Handel und Gewerbe immer für die berechtigten Forderungen des Handwerks eingesetzt habe. Ich babe mich in meiner Verwaltung bemüht, diesen Forderungen nachzu⸗ krmmen, und ich freue mich, daß bon Handwerkerseite meinen Be strebungen auch in letzter Zeit noch Anerkennung gezollt worden ist.
In der Frage der Lahnkanalisation ist Ihnen ein An= trag dorgelegt worden. Wem Sie diesen Antrag annehmen wollen, so habe ich namens der Staatsregierung ein Bedenken dagegen nicht zu erheben. Es werden bereits Pläne für die Ausnutzung der Wasser⸗ kräste an der Lahn ausgearbeitet. Wie weit sie sich verwirklichen lassen, steht natürlich einstweilen noch dahin.
Was die Ruhrkanalisierung anbetrifft, über die der Herr Abgeordnete Kloft sehr interessante Ausführungen gemacht hat, habe ich versprochen, die Vorarbeiten möglichst zu beschleunigen. Als die amtlichen beteiligten Instanzen gehört worden sind, hat sich aber herausgestellt, daß erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die Wirtschaftlichkeit der Kanalisierung noch vorhanden sind. Der Rrhrkanalverein ist davon verständigt und gebeten worden, weiteres Material mitzuteilen. Ich werde weiter bemüht bleiben, die Frage einer baldigen Lösung zuzuführen. =
Herr Abgeordneter von Kries und andere Herren haben über die Verhältnisse im Oderbruch gesprochen. Die Verwässerung so wertvollen Kulturlandes ist außerordentlich bedauerlich. Ich muß es aber ablehnen, daß die Tätigkeit meiner Verwaltung eine Schuld daran trägt. Es ist nicht nachzuweisen, daß die Bauten, die dort auf Grund der Gesetze von 1904 und 1905 vorgenommen wurden, irgendeinen Nachteil hervorgerufen haben. Es wird nun der Vor⸗ wurf erhoben, daß die Bauten noch nicht zum Abschluß gekommen sind. Meine Damen und Herren, die Bauten sind in sehr flottem Gange gewesen, und wir konnten annehmen, daß wir vor der in Aussicht genommenen Frist fertig werden würden. Leider kam aber der Krieg dazwischen. Zu Beginn des Krieges sind die Bauten noch fertgesetzt worden. Dann mußten sie aus den bekannten Gründen eingestellt werden. Nach Beendigung des Krieges sind sie alsbald wieder aufgenommen worden, und es hat sich dann ergeben, daß auch hier wie anderwärts die veränderten Zeitverhältnisse, die enorme Verteuerung des Bauens die im Haushaltsplan vorgesehenen Gelder viel schneller absorbierten, als vorausgesehen werden konnte. Es werden erhebliche Mehrforderungen noch an das Haus herantreten, und ich nehme an, daß fie keinerlei Schwierigkeiten haben werden.
Wir werden dann bemüht bleiben, diese Bauten, sobald es irgend angängig ist, fertigzustellen. Wenn in dem Antrag Garnich verlangt wird, daß die Mittel in den Haushalt für 1821 eingestellt werden sollen, so, glaube ich, ist das gegenwärtig ziemlich zwecklos; denn in den Haushalt für 1921 würde nur ein Teil der Mittel, stweit die landwirtschaftliche Verwaltung in Frage kommt, eingestellt werden können, während die Mittel für die Stromverwaltung vor- aussichtlich auf den Reichshaushalt zu übernehmen sind. Ich werde abet dem Antrag Garnich zuvorkommen, indem ich auf dem Wege der Anforderung außerordentlicher Mittel versuchen werde, möglichst ald vorwärts zu kommen. Der Herr Landwirtschaftsminister hat sich ja in der Beantwortung auf eine kleine Anfrage bereits über die Angelegenheit ausgelassen. Ich muß ihm darin durchaus bei⸗
stimmen, daß auch die inneren Verhältnisse des Oderbruchs, vor
allen Dingen auch der Zustand der Gräben, nicht ohne Einwirkung auf die Verwässerung gewesen sind.
Wenn der Herr Abgeordnete Rebehn eine Verbesserung des Wasserverkehrs nach Königsberg verlangt hat, so erkenne ich diesen Wunsch als durchaus berechtigt an. Es wird auch bereits geprüft, ob es möglich ist, von Stolpmünde aus eine derartige Verbindung herzustellen. Von Leba aus, wie es ebenfalls gewünscht worden ist, scheint es kaum möglich zu sein, weil sich die Kosten außerordentlich hoch gestalten würden. (Bravo! bei den Deutschen Demokraten.)
Dann ist über die Brücke bei Tschicherzig an der Oder gesprochen worden, die in einem außerordentlich baufälligen Zustande sei, so daß der Aufzug der Schiffahrtsklappe kaum noch möglich sei. Nach den Verhandlungen, die an Ort und Stelle statt⸗ gefunden haben, hat der Landrat erklärt, daß sich der Aufzug für diesen Winter wahrscheinlich noch glatt vollziehen werde, und daß ein Notverkehr über die Brücke, eingerichtet werden könne. Der Staat hat nach der Rechtslage keine Verpflichtung, diese Brücke neu zu bauen. Die Brücke ist ursprünglich von einer Aktiengesellschaft gebaut worden in Ablösung der Fähre. Sie ist dann von den Kom⸗ munalverbänden übernommen worden unter Beteiligung des Staates durch Bereitstellung von Mitteln. Eine neue Brücke würde nach dem Voranschlag 8 bis 10 Millionen Mark kosten. Die Einnahmen an Brückengeld betragen 38. bis 4000 Mark jährlich. Sie begreifen, meine Damen und Herren, daß hier ein sehr schlechtes Geschäft vor⸗ liegt, und daß sich eigentlich alle Beteiligten weigern, den Vau zu übernehmen. Es wird aber kaum zu einem anderen Ergebnis zu kommen sein, als daß sich die Beteiligten zu entsprechenden Bei⸗ tragen bereitfinden lassen, und wir dann neuerdings prüfen, inwieweit der Staat mit zu Beitragsleistungen herangezogen werden kann. Es kommen in Frage das Projekt eines Neubaues der Brücke und das Projekt einer durchgreifenden Reparatur der Brücke, die auf acht bis zehn Jahre halten würde, oder die Errichtung einer Fähre. Hiergegen wehten sich die Anwohner natürlich, weil das ein Ver⸗ kehrsrückschritt wäre. Es kommt noch hinzu, daß die Brücke gegen⸗ waͤrtig ein Verkehrshindernis darstellt, und daß vielleicht aus dem Grunde dam derjenige, der die Stromlasten zu tragen hat, zu Bei⸗ tragen herangezogen werben kann. .
Es sind dann weiter, meine Damen und Herren, zur Sprache gebracht worden das Verhältnis der Reichspost zu den Kraftfahrgeseltschaften und die bekannten. Differenzen, die sich daraus ergeben haben, daß die Reichspost auf der einen Seite und die Kraftfahrgesellschaften auf der anderen Seite dieselben Auto- linien hergestellt haben. Das Reich nimmt in Anspruch, daß die
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Linien der Reichspost nicht genehmigungspflichtig seien. Preußen hat diesem Standpunkt aus Rechtsgründen beigepflichtet während Sachsen und Braunschweig eine andere Rechtsauffassung haben. Ich bin aber in Anbetracht der Schwierigkeiten, die daraus entstehen daß eine Reichsgesellschaft auf Kosten der Allgemeinheit einer anderen Reichsgesellschaft, nämlich der Reichspost, Konkurrenz macht und un gekehrt, frühzeitig an das Reichsverkehrsministetium herangetreten und habe um Beseitigung dieses Zustandes gebeten. Es ist ein Be⸗ schluß des Reichskabinetts vom 15. September herbeigeführt worden, wonach die Post keine Genehmigung für ihre Linien nachzusuchen hat, aber zur Beseitigung des Wettbewerbs zwischen Post und Ge⸗ sellschaft Verhandlungen zwischen dem Reichsverkehrsministerium und der Reichspost zu erfolgen haben. Es ist daraufhin in einer ganzen Neihe von Fällen schon eine Verständigung zwischen den beiden In⸗ stituten erfolgt. Ich nehme an, daß es auf diesem Wege gelingt, die vorhandenen Schwierigkeiten vollständig zu beseitigen.
Der Wunsch der Duisburger Hafeneisenbahn⸗ arbeiter, zur Reichseisenbahn übergeführt zu werden, ist bisher nicht erfüllt worden. Es sind aber Verhandlungen über die Ueber⸗ führung neu eingeleitet worden. Wenn diese zum Ziele führen, würden meinerseits Bedenken dagegen nicht bestehen, ihnen die Vorteile der Reichseisenbahn zuzuführen.
Die Frage der Kleinbahnen hat mich im letzten Jahre besenders beschäftigt. Die Kleinbahnen gehen bekanntlich nicht auf das Reich über, sondern verbleiben bei Preußen, weil das Reich nur die dem allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnen übernommen hat. Die Kleinbahnen leiden unter den Zeitverhältnissen in derselben Weise wie die Reichseisenbahnen. Ihre Arbeiter und Angestellten begehren eine Bezahlung, die der der Reichseisenbahnen gleichkommt, während der Verkehr auf den Kleinbahnen beschränkt ist und die Einnahmen nicht durch Rückgriff auf die Steuerleistung korrigiert werden können wie bei den Reichseisenbahnen. Ich habe seit Be- ginn des Jahres damit rechnen müssen, daß eine wachsende Anzahl ron Kleinbahnen nicht nur in finanzielle Schwierigkeiten kommen, sendern unter Umständen genötigt sein würden, ihren Betrieb still⸗ zulegen. Es ist vorgekommen, daß einzelne Kleinbahnen ihren Be⸗ trieb eingestellt haben, ohne daß die Aufsichtsbehörde dabon Kenntnis erhalten hatte. Ich habe deshalb in einem Runderlaß die Aufsichts⸗ behörden darauf aufmerksam gemacht, daß keine Kleinbahn berechtigt ist, ihren Betrieb ohne meine Zustim⸗ mung einzustellen. Denn ihrer Konzessionierung steht die Verpflichtung gegenüber, den Betrieb aufrechtzuerhalten; sie können diese Betriebspflicht nicht ohne weiteres beseitigen. Einzelne Klein bahnen haben nun versucht, Konkurs anzumelden, nur vereinzelt, weil sie, wenn sie den Betrieb einstellen, aus dem vorhandenen Material, wenn sie die Schienen herausreißen und sie verkaufen, voraussichtlich ein gutes Geschäft machen. (Sehr richtig! rechts.) Ich habe einen Fall in der Nähe, wo die Kleinbahn erklärte, sie könne den Betrieb nicht fortsetzen, dann aber von der beteiligten Stadt, die bereit war, die Kleinbahn zu übernehmen, nicht weniger als das Dreifache des Aktienkapitals als Entschädigung verlangte chört! hört! rechts).
In dem Fall, in dem ein Antrag der Herren Abgeordneten Rippel, Ebersbach usw. wegen der Bahn Schalksmühle — Halver einer Strecke der Private issen bahn Kreis Altenger Schmalspur⸗ eisenbahn) vorliegt, ist nicht die bollständige Betriebseinstellung be⸗ absichtigt, sondern die Bahn will sich durch die Abstoßung einer Linie gewissermaßen finanziell sanieren. Die Frage wird geprüft, ob dieser Weg überhaupt gangbar ist. Der Oberpräsident ist zum Bericht auf⸗ gefordert. Die Entscheidung steht dem Reich zu.
Aber, meine Damen und Herren, man kann hier nicht Einzelfälle dieser oder jener Kleinbahn herausgreifen. Man muß die Frage in ihrer Totalität betrachten dahingehend, daß sämtliche Kleinbabnen sich mit ganz wenigen Ausnahmen in Betriebsschwierigkeiten befinden. Die Frage ist, wie man ihnen zu Hilfe kommen kann. Ich habe verschiedene Wege versucht. Zunächst habe ich den Zu⸗
sammenschluß der Kleinbahnen zu einer Art Gesamtgarantie in Aus⸗.
sicht genommen. Es hat sich aber ergeben, daß dieser Weg ohne schwere gesetzliche Eingriffe nicht möglich ist.
Wir sind nun dahin gekommen, daß wir eine Darlehns-⸗ kasse für die Kleinbahnen errichten werden, bei der das Reich mit einem Fünftel, Preußen mit zwei Fünfteln und die Pro— binzen ebenfalls mit zwei Fünfteln sich beteiligen wollen. Das Reich hat im Haushalt bereits die Summe von 20 Millionen aus— geworfen, wovon voraussichtlich 15 Millionen für Preußen bereit sein werden. Meine Damen und Herren, sie werden demnächst auch hier eine Nachtragsforderung vorgelegt bekommen, die 40 Millionen für die Gesundung der Kleinbahnen verlangt. (Bravoh Aehnliches werden auch die Provinzen zuzuzahlen haben. Es ist dabei geplant, daß diese Darlehen nicht gegeben werden zu Investitionen, sondern lediglich zur Aufrechterhaltung des Betriebes, wobei die Kleinbahnen sich dann aber auch eine gewisse Aufsicht gefallen lassen müssen, die dahin geht, daß der Betrieb untersucht wird, ob er in allen Punkten wirtschaftlich geführt wird (sehr richtig), und daß an die Hingabe der Darlehne die Bedingung geknüpft wird, daß Forderungen in bezug auf Vereinfachung, Verbilligung und Ver⸗— besserung des Betriebes von den Kleinbahnen erfüllt werden müssen (Zuruf des Abgeordneten Dr. Heß) Die Darlehne werden billig gegeben werden. Ueber den Prozentsatz ist eine volle Verständigung noch nicht erfolgt. Selbstverständlich können die Darlehne nicht unterschiedslos an jede Kleinbahn gegeben werden. Einzelnen Klein⸗ bahnen werden Darlehne wahrscheinlich nicht gegeben werden, wenn sie so innerlich krank sind, daß sie nicht noch gesund gemacht werden können; da würde ich Anstand nehmen, allgemeine Geldmittel her— zugeben, um ein absolut verlorenes Unternehmen noch eine gewisse Zeitlang durchzuhalten. Man kann wieder gesund machen nur den, der noch eine gewisse Widerstandskraft besitzt; das gilt auch hier von den Kleinbahnen. Die Provinzen werden mitarbeiten und mit beraten. Der Staat wahrt sich natürlich seinen Einfluß, und es wird auch das Personal der notleidenden Kleinbahnen bei der Be⸗ urleilung der Verhältnisse herangezogen werden. Ich bin der Ueber⸗ zeugung, meine Damen und Herren, daß wir hier etwas Glänzendes zwar nicht erreichen werden, aber doch eine Reihe von Unternehmungen über Wasser halten können, bis eine bessere Zeit eintritt.
Die Frage, daß die Kleinbahnen etwa vom Staate vollständig zu übernehmen wären, ist überhaupt nicht aufzuwerfen, denn es ist ausgeschlossen, daß der Staat engesichts seiner heutigen Finanzlage etwa die Gesamtheit der Kleinbahnen übernimmt. Also muß man auf anderem Wege versuchen, eine Besserung und Heilung herbei⸗ zuführen. ö
Dann, meine Damen und Herten, darf ich im Namen meinge Amtsvorgänger und meiner Herren Mitarbeiter den Fr 2 me ichen aufrichtigen und herzlichen Dank aussprechen für die An⸗
erkennung, die hier bei der Beratung seines letzten Etats das Mini-
sterium der öffentlichen Arbeiten und insbesondere die Bauverwalkung
gefunden hat. Ich kann das um so unbefangener tun, als dieser Dank nicht mir gilt, sondern denen, die vor mir da waren, den Herren, die die technischen Führer und die Mitarbeiter meiner Wer⸗ waltung waren. Aber ich kann diesen Dank auch aussptechen an das Parlament und kann freudig konstatieren, daß das Parlament den weitsichtigen Plänen der Bauverwaltung Interesse und Verständnis
entgegengebracht hat, und daß wir hier mit gewissen Ausnahmen
Schwierigkeiten in der Fortentwicklung der preußischen Wasserstraßen nicht gefunden haben. Diese Ausnahmen sind zweierlei Die eine war die Frage des Mittellandkanals, wobei ein Teil dieses Fauses sich nicht überzeugen konnte, daß er wirtschaftlich notwendig sei; die andere Frage betrifft die andere Seite des Hauses und be⸗ zieht sich auf die Schiffahrtsabgaben. Ich möchte bierzs, da ich seinerzeit einer der Vorkämpfer der Gegner der Schiffahrke⸗ abgaben gewesen bin, noch eine grundsätzliche Bemerkung machen. Ich glaube, meine Damen und Herren, die Verhältnisse unsereg Lendes und Reiches haben sich so grundlegend verändert, daß wir n Zukunft auch übet die Strom- und Schiffahrtsabgabem kaum hinwegkommen werden. Wenn Aufwendungen in Zukunft ge macht werden sollen, wird das Reich den Weg beschreiten, daß alle Beteiligten zur Tragung der Lasten herangezogen werden. Das wird vcraussichtlich auch eine Folge der Internationalisierung der Ströme sein. Denn wenn von einer außenstehenden Kommission den Ufer= landern bestimmte Baupflichten auferlegt werden sollen, so wird die Finanzierung derartiger Auflagen kaum anders herbeigeführt werden kennen als auf dem Boden der Abgabenerhebung! Ich meine, nach dem wir nun am Ende des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten die Streitart wegen des Mittellandkanals endlich begraben haben. können wir auch die andere Streitart wegen der Schiffahrts abgaben mit in die Grube senken. Wenn wir eine Fortentwicklung der Wasser⸗ straßen wollen, wird es auf einem anderen Wege nicht gehen. Ich glaube, es ist ein versöhnliches Moment, daß wir sagen loönnen, über diese Fragen, über die wir uns früher so oft am Kopfe gehabt haben, werden wir uns in Zukunft nicht mehr streiten. Da wird es sich darum handeln, wie wir praktisch verfahren und tatsächlich bauen. Wit haben alle Veranlassung, dem, was Preußen auf dem Gebiete der Wasserstraßen geschaffen hat, Anerkennung zu zollen. Unter 10 00 Kilometer Wasserstraßen im Deutschen Reich sind 8000 Kilo- meter preußisch. (Hört, hört! rechts) Also den größten Anteil der Wasserstraßen hat Preußen, und seit die preußische Verwaltung Ende der 70er Jahre anfing, die Ströme zu korrigieren, sind 34 Fluß und andere Kanalisierungen größeren Umfanges in Angriff genommen. Sie sind größtenteils beendigt, zum Teil allerdings noch im Bau. Es ist in diesen Wasserstraßen investiert ein Kapital von rund 1Milliarde Goldmark, ohne die Unterhaltungskosten, also ein ganz erhebliches Kapital. Es sind der Rhein, die Ems, die Weser, die Glbe die Oder, die Weichsel, die Memel, die Mosel, die Spree, die Habek und der Pregel erheblich verbessert worden. Es sind Stromban direktionen für die größeren Ströme eingerichtet worden, das Mint⸗= sterium hat bei der Kodifikation des Wasserrechts in hervorrager ger Weise mitgearbeitet. Es ist eine Reihe künstlicher Wasserstraßen ins Leben gerufen worden mit dem Erfolg, daß der Verkehr auf den deutschen Wasserstraßen, glaube ich, von 2,9 Milliarden Tonnenkilometer im Jahre 1875 bis zum Jahre 1913, also bis zum letzten Friedensjahte, auf fast 21 Milliarden Tonnenkilometer gestiegen ist, eine Steigerung um rund 1000 , die sich zweifellos fortgesetzt hätte, wate der Krieg nicht gekommen. Vergegenwärtigen Sie sich, welch ein Segen dadurch über das Wirtschaftsleben ausgebreitet worden ist, daß von dem Vors teil dieser Wasserstraßen nicht nur Preußen, sondern das gesamte Reich die Nutznießung hatte und auch in Zukunft haben wird, dann kann man sowohl dem preußischen Landtag wie dem preußischen Mi⸗ nisterium der öffentlichen Arbeiten die Anerkennung für die Leistun gen nicht vorenthalten. 3 Meine Damen und Herren, dabei hat sich nach meinem Empfinden eines zweifellos ergeben. Zunächst fing man an, die Ströme als solche zu verbessern und zu bauen. Heute steht man auf dem Stand- pun t, daß keins dieser Bauwerke für sich isoliert betrachtet werden kann, sondern daß der Wasserbau sich ausgestaltet hat zu einer völligen Wasserwirtschaft. Die Aufgabe des Ministeriums der öffent⸗ lichen Arbeiten und seiner Nachfolger wird es sein, diesen Standpunkt festzuhalten, daß es nämlich nicht darauf ankommt, den oder jenen Bau herauszustellen, sondern daß all diese Maßnahmen, all diese Bauten, all diese Korrekturen dazu dienen müssen, die wasser⸗ wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes zu ver bessern, also zugleich die Hochwassergefahr zu beseitigen, der Ent⸗ und Bewässerung sowie der Landeskultur und der Kraftgewinnung zu dienen. In Pieußen sind bisher 3 Ministerien daran beteiligt ge= wesen, das Ministerium der öffentlichen Arbeiten für den Bau, das Handelsministerium für den Verkehr und das Landwirtschaftsministe— rium für die Landeskulturaufgaben. Ich darf mit Genugtuung fest⸗ stellen, daß der Verkehr der 3 Ministerien untereinander, wenn sich auch hier und da Meinungsverschiedenheiten ergeben haben, sich aus—⸗ gezeichnet gestaltet hat, und daß die 3 Ministerien nur immer das Ziel im Auge hatten, dem Ganzen zu dienen. In Zukunft wird ein Teil dieser Aufgaben auf Grund der Reichsverfassung auf das Reich übergehen. Ich habe die Empfindung, daß eine vollkommene Zwei⸗ teilung der Aufgabe bevorsteht: auf der einen Seite der Bau und der Verkehr und auf der andexen Seite die Fragen der Wasserwirt⸗ schaft, der Ent⸗ und Bewässerüng und der Landeskultur. Ich möchte hoffen, daß aus dieser Zweiteilung nicht ein Gegensatz entstehen möge. Ich bin überzeugt, daß das bei einem verständigen Vorgehen aller Beteiligten ausgeschlossen ist, zumal auch nach der Reichsverfasseng das Reich gehalten ist, den Landeskulturinteressen seine Aufmerksan⸗ keit zu widmen. Gerade der Verkehr auf den Wasserstraßen wird urch muß in den allgemeinen Verkehr, den nationalen und internationaben Verkehr eingeordnet werden. Ich habe bereits bei früherer Gelegen . heit darauf hingewiesen, daß es eine gewisse Kraft Deutschlands dar⸗ stellt, daß wir als das Herz Europas in Verkehrsfragen schwer um— gehbar sind. Die Unterordnung der Wasserstraßen unter die Be⸗ dürfnisse des allgemeinen Verkehrs ist ganz selbstverständlich. Ich möchte aber auch hoffen, daß dadurch die Selbständigkeit dez Entwicklung der Wasserstraßen in Zukunft nicht leidet. ** Meine Damen und Herren, waß nun die einzelnen Fragen der
Grbschaft des Ministeriums anbetrifft, so ist bereits darauf Min