1920 / 283 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Dec 1920 18:00:01 GMT) scan diff

ö f ü ö s

zu verteilen. Auf dieser Konferenz sind England, die Ver⸗ einigten Staaten, Frankreich, Italien und Japan vertreten. Die Meinungsperschiedenheiten haben sich so verdichtet, daß die Konferenz in eine Sackgasse geraten ist. Die wichtigsten nn . Blätter kommentieren die Lage mit Aufmerksamkeit. Sie sprechen einstimmig die Meinung aus. daß Japan sein Besitz recht auf die Linie, die die Insel Hap berührt, behaupten müsse. Das Mandat für die Insel Jap ist den Japanern durch einen Beschluß des Obersten Rates vom 4. Mai 1919 übertragen worden. Diese Insel bildet den Ausgangspunkt verschiedener Kabel, die sie mit den Vereinigten Staaten, den Philippinen, China und Holländisch⸗Indien verbinden.

Der Schweizer sozialistische Parteitag in Bern hat mit 350 gegen 213 Stimmen den Eintritt in die Dritte Internationale abgelehnt, worauf die Parteilinke den Saal verließ; sie wird sich an den weiteren Arbeiten der

Partei nicht mehr beteiligen.

Polen.

Der Landtag hat einer Meldung des „Wolffschen Tele⸗ graphenbüros“ zufolge in zweiter Lesung einem Gesetzentwurf lber die Beschlagnahme verlassener Ländereien durch den Staat und die Schaffung von Kolonien für invalide Soldaten, die den Boden teils kostenlos, teils gegen Be⸗ zahlung erhalten sollen, zugestimmt. Von der Beschlagnahme werden in erster Linie die Güter des Erzherzogs Karl Stephan betroffen.

? Tschecho⸗Slowakei.

Der bulgarische Ministerpräfident Stambulins ki ist in Prag eingetroffen, um sich mit den wirtschaftlichen und in— dustriellen Verhältnissen bekannt zu machen. Er hofft, durch seinen Besuch die Beziehungen zwischen Bulgarien und der Tschecho⸗ Slowakei enger zu gestalten.

Laut Meldung des ,,, Pressebũros“ hat die Regierung mit Zustimmung des Präsidenten der Repu⸗ blik beschlossen, in den Bezirksverwaltungen Horowitz, Karolinen⸗ thal, Kladno, Kralup an der Elbe, Weinberge, Lann, Melnik, Rafovnik, Schlan, Smichow und Zizkow außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen, die zeitweilig die verfassungs— mäßigen Garantien beschränken.

Im Budgetausschuß erklärte der Arbeits minister, wie „Wolffs Telegrapbenbüro“ mittelt, daß die tschecho⸗slowakische Nepubfik für den Selbstbedarf 24 960 090 t Kohle, für die Ausfuhr 4590 000 t Kohle jährlich benötige. Die Förderung betrage aber höchstens 24 000 9900 t. Unser Bestreben muß fein, erklärte der Minister, die Arbeitsleistung um 20 Prozent zu erhöhen und die Ausfuhr nach Deutschland und Desterreich herabzusetzen.

Süd lawien.

Die Kölnische Zeitung“ meldet aus Belgrad, daß Stephan Raditsch, das Haupt der kroatischen Bauernpartei, die aus dem Wahlkampfe in Kroatien als Siegerin hervor⸗ gegangen ist, am 8. Dezember im Namen von 249 900 Wählern seiner Partei die kroatische Bauernrepublik ausgerufen habe; sein Ziel sei eine kroatisch⸗slowakisch⸗bulgarisch⸗serbische Bauernreyublik. Sein Kampf scheine sich besonders gegen die Dynastie Karageorgewitsch als Trägerin der serbisch⸗südslawischen Milttärmacht zu richten. In Belgrad denke man nicht an gewaltfame Unterdrückung Raditschs, werde vielmehr das Volk zur Enischeidung aufrufen. Entscheide sich die Mehrheit des Volkes für Republik und Föderalismus, so solle der Staat demgemäß umgestaltet werden; doch nehme man an, daß die Entscheidung gegen Raditsch fallen werde.

Griechenland.

Laut telegraphischer Berichtigung aus Athen sind gegen die Rückkehr König Konstantins nur 10383 Stimmen, nicht 110 383 abgegeben worden.

.. „Amtsanzeiger“ veröffentlicht ein Dekret, durch das die Tam mer auf den 5. Januar zusammenberufen wird.

Türkei.

Die Handelsbeziehungen zum bol schewistischen Südrußland sind nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros / wieder aufgenommen worden. Die hritischen Marinebehörden haben die Handelsschiffe ermächtigt, sich na russischen Häfen zu begeben. Zwei Schiffe sind bereits na Odessa abgegangen.

Amerika.

Das amerikanische Repräsentantenhaus hatte dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge bei der Beratung der Gesetzes vorlage über die Beschränkung der Einwanderung einen Abänderungsantrag angenommen, durch den die Be⸗ schränkung der Einwanderung auf ein Jahr, und nicht auf zwei Jahre, wie ursprünglich vorgesehen war, festgesetzt wird. Der Abgeordnete Julius Kahn, Vorsitzender des Aus⸗ schusses für militärische Angelegenheiten, brachte die Frage zur Sprache, ob Japan auf einen offenen Konflikt zwischen der weißen und der gelben und schwarzen Rasse hinarbeite. Nach dem „New York Herald“ beschuldigte er die sapanische Regierung, sie begünstige die Agitation gegen Amerika unter den niederen Klassen der japanischen Be⸗ völkerung. Die Welt wisse jetzt, daß Amerika sich einem Kampfe nicht entziehe, wenn es dazu gezwungen sei.

Der Unterstaatssekrelär Davis gab am Freitag vor dem Senatsausschuß für auswärtige Angelegenheiten Er⸗ läuterungen über die Verhandlungen mit Japan wegen des Kabels auf Jap.

Der „New York Herald“ meldet aus Sacramento, daß der Gouverneur von Kalifornien die Bundesregierung von dem Inkrafttreten des gegen die Japaner gerichteten kalifor⸗ nischen Gesetz es, betreffend die Erwerbung von Land durch Fremdlinge, benachrichtigt hat; das Gesetz trat am 10. Dezember in Kraft.

Die chilenische Regierung hat nach einer Havas—⸗ meldung, obzwar sie die Haltung der argentinischen Delegation beim Völkerbund billigt, beschlossen, die Delegation Chiles auch fernerhin an den Verhandlungen in Genf teil⸗ nehmen zu lassen.

Statistik und Volkswirt schaft. Arbeitsstreitigkeiten.

. ergarbeiterausstand im Zwickauer Stein⸗ kohlen rer ier dauert W. T. B. zufolge fort. In Sachsen sind über 35 009 Bergarbeiter ausständig. Der Bergbau⸗ liche Verein erklärt, keine weiteren Zugeständnisse machen zu können.

Die Verhandlungen zwischen der 5 sterreichischen Re⸗ gierung und den aus ständigen Staatsbeamten haben, wie W. T. B. aus Wien meldet, am 10. d. M. zu einer Ginigung geführt. Der ausführende Ausschuß der ausständigen Beamntenschaft betont in seinem Aufruf, zur Aufnahme der Arbeit, daß die Beamten zwar teilweise Zugeständnisse gemacht hätten, an⸗ gesichts der bedrohlichen Finanzlage des Staates aber doch dem Grundsatze gleicher Behandlung aller Staatsangestelltengruppen zum Durchbruche verholfen hätten.

Aus Prag wird dem. W. T. B.“ gemeldet: Der Vollzugs⸗ ausschuß der tschecho⸗slowakischen Sozialdemo⸗

kratie hat am 11. d. M. beschlossen, alle Anhänger der Sozial⸗

demokratie aufzufordern, jegliche Beteiligung an der Aktion der Kom⸗ munisten zur Hervorrufung eines Generalstreiks abzulehnen. Der Generalstreikrarole der Kommuniften wurde bisher nur in wenigen Betrieben der böhmischen Industriezentren Folge gegeben. Im Gebiet von Groß Brad wurde am 9. d. M. gearbeitet mit Ausnahme von einigen wenigen Betrieben, in denen die kommunistischen Anhänger die Arbeit niedergelegt hatten. Im Kladnoer Berg- und Hüttenbezirk, der als Hauptherd der kommunistischen . gilt, dauert der Aus stand an. In einer am 11. d. M. in Prag abgehaltenen Versammlung wurden zwar heftige Reden gehalten, die Ruhe ist aber bis jetzt nicht gestört worden. Nur auf der Bahnpost bemächtigten sich die Kommunisten der Prager Zeitungspoft und verschleppten sie in das Arbeiterhaus. Im übrigen ift die Ausstands bewegung im Abflauen begriffen. In den meisten Betrieben wird gearbeitet. Die Zahl der Aus⸗ ständigen wird auf etwa 1506 geschätzt. Auch in der Provinz haben die Verfuche der Prager Kommunistenleitung, einen All— emeinausstand zu entfesseln, nur geringen Erfolg erzielt. ks fanden nur teilweise Arheitsniederlegungen statt so in Komotau, Jungbunzlau, Kolin, Deutschbrod, Budweis. Der Protestansstand im Brünner Bezirk wurde be⸗ endet und die Arbeit wieder aufgenommen. Auch in dem Pil sener Industriebezirk wird seit Freitag wieder gearbeitet, frotz vereinzelter Versuche, in einem Teil der Arbeiterschaft Stimmung für den Ausstand zu machen. Der „Bohemia“ zufolge kam es in Smichow zu größeren Ausschreit ungen. Die Menge zog Turch die Königstraße, verprügelte zwei Abgeordnete und stürmte die dort befindliche Wachstitbe, die vollständig verwüstet wurde. In einer anderen Straße wurde eine Militäräbteilung angehalten und entwaffnet. ‚Pravo Lidu' ermahnt die sozialistische Arbeiterschaft, Ruhe zu halten, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Es sei festgestellt, daß die Kommunisten die Vernichtung der Republik planen. Rude Pravo“ zufolge lehnte der kom⸗ munistische Vollzugs ausschuß ein Vermittelungsangebot des Gewerkschaftsrates ab. Im O strau⸗Karwiner In du strie⸗ gebiet herrscht Ruhe. Störungen der Ordnung wurden nicht ge— meldet. Nach den bisherigen Meldungen sind nur die In du strie⸗ arbeiter von drei Gruben nicht eingefahren. Auf den übrigen Gruben sowie in den Fabriken wird rormal gearbeitet.

Nach einer von W. T. B.. übermittelten Meldung der Liberts“ sind die Gewerkschaftssekretäre der ö chen Bergarbeiter gestern in Lille zu einer Sitzung zusammen⸗ getreten, um über die Lohnfrage zu verhandeln. Die Haltung der Vertreter in der gemischten Kommission, die in Arras weitere Verhandlungen mit den Vertretern der Grubenbesitzer ablehnten, weil diese sich weigerten, die Lohnfrage zu erörtern, wurde gebilligt. Die Vertreter der Bergarbeiter im gemischten Ausschuß wurden bevoll— mächtigt, die Rechte und Interessen der Bergarbeiter weiter wahr— lunehmen.

Zum Aus st and der norwegischen Eisenbahner wird der dänischen Zeitung Berlingske Tidende aus Chri stiqgn ia telegraphiert, die Staatseisenba hnyerwaltung teile mit, daß im Laufe des Freitags gegen 40 Gisenbahnzüge abgelassen wurden, die sich auf fast alle wichtigen (iter ahnlinien verteilten. Wie »Aftonposten“ erfährt, hat sich eine gro ße Anzahl Eisen⸗ bahnhediensteter in den letzten Tagen in Christiania zum Dienst gemeldet.

Theater und Musik.

Deutsches Künstlertheater.

Fitzlifitz der Him melgschneider ist der Titel eines drolligen Märchenstückes von Max Jungnickel, das am Sonnabendnachmittag im Künstlertheater zum Besten der Deut⸗ schen Kinderhilfe zum ersten Male gegeben wurde und be⸗ geisterte Aufnahme bei den zahlreich erschienenen kleinen Zuschauern fand. Als im Vorspiel aus dem Bilderbuch der kleinen , Musikanten⸗ Brigitte“ der König Kleinsorge, der Rentier Bummelmann, der Rekrut Lebefrisch und die Muhme Rapunzel einer nach dem andern lebendig herausspazierten, waren Staunen und Spannung schon groß. Dann kam die Hauptsache, die Traumreise, welche die kleine Brigitte in Gemeinschaft mit dem Schneider auf der Suche nach dem Bügeleisen unternahm, das der Wind der übrigens aus⸗ gezeichnet temperamentvoll über die Bühne fegte in den Himmel fortgetragen hatte. Die Himmelfahrer drangen nach verschiedenen Er⸗ lebnissen sogar bis in das Arbeitsstübchen des lieben Gottes vor, der, umgeben von Engeln, großen und kleinen, gerade durch ein Fernrohr die Welt betrachtete. Fitzlifitz wird nun zum Himmels—⸗ schneider ernannt, und Brigitte kehrt beglückt in das Dachstübchen ihres Mufikantenbaters zurück. Gefällige und humorvolle Musik von Hans Ebert umrankt stimmungfördernd die Märchenbilder. Jugendfrisch und anmutig wirkte Maya Hart als Brigitte; aber auch Fritz Spira als Fitzlifitz, Julius Herrmann, der Spielleiter, als König Kleinsorge sowie alle anderen Mitwirkenden trugen zum Erfolge der hübsch ausgestalteten Aufführung das Ihrige bei. Die Kleinen, fuͤr die das Stück geschrieben ist, gaben ihrer Freude und Zufriedenheit über das Gesehene und Erlebte lebhaften Ausdruck; das ist die beste Kritik.

Im Opernhause wird morgen, Dienstag, Bohéme“, mit den Damen Artst de Padilla, Hansa und den Herren Hutt, Ziegler, Braun, Habich, Krasa, Philixv besetzt, gegeben. Musikalischer Leiter ist Otto Urack. Anfang? Uhr.

Im Schauspielhause wird morgen Kreuzweg“ (Anfang 7 Uhr) wiederholt. Am Mittwoch, den 15. d. M., geht nicht, wie angekündigt, „König Richard III.“ sondern Peer Gynt“ in Szene. Am Donnerstag, den 16. d. M., wird dann „König Richard II. aufgeführt.

In Madrid fand am Donnerstag in Anwesenheit der könig⸗ lichen Familie in der Oper eine von de ut schen Sängern und Sängerinnen veranstaltete Aufführung der Walküre“ statt, die, wie W. T. B.“ mitteilt, nach dem Urteil der gesamten Presse die hervorragendste von allen war, die bisher dort geboten worden sind. Auch die anderen Aufführungen der deutschen Truppe wurden vom Publikum außerordentlich beifällig aufgenommen und von anerkennenden Besprechungen in der Presse begleitet.

Mannigfaltiges.

Der erste deutsche Beamtenpirtschaftstgg in Berlin fand gestern feinen Albschluß. Dem Ausbau des Genossenschafts⸗ gedankens auf dem Gebiete des Wohnungs⸗ und Siedlungswesens, der Personen⸗ und Sachne iter, der Schaffung einer Kranken⸗ kasse, vor allem aber der Erfassung des gesamten Beamtengeldverkehrs zur Durchführung wirtschaftlicher Selbsthilfe waren die von hohem Ernst und Verantwortlichkeitsgefühl getragenen Verhandlungen ge⸗ widmet. Zustimmung fand in der von Vertretern aller deutschen Gaue besuchten Versammlung die körperschaftliche Eingliederung der gewerkschaftlichen Organisattonen, nämlich des Deutschen Beamten⸗ bundes, in den Beamtenwirtschaftsbund.

Seit einigen Monaten mehrt sich der Zuzug xeichz. deutscher Arbeiter nach Ztalie n. Nun 2 sich . die Arheitslosigkeit in Italien nicht so empfindlich bemerkbar wie in Deutschland. Die deutschen Arbeitslosen stoßen aber auf der Suche nach Arbeit auf den Widerstand der einheimischen Bevölkerung Zudem ist mit der Möglichkeit einer Ärbeitslofigkeit in Italien zu rechnen. über ausreichende Mittel verfügt, um eine lange Wartezeit ohne Arbeitsposten auszußalten, follte nur dann nach Italien reisen. wenn er im Besitz einer schriftlichen Arbeitszusage ist. Andern⸗ falls läuft er Gefahr, von den italienischen Behörden angehalten und über die österreichische Grenze abgeschoben zu werden. (W. T. B)

Im Hotel Kaiserhof fand gestern eine Sitzung dez Vereins Berliner Hotelbesitzer statt, an der Direktoren fast aller großen Berliner Hotels teilnahmen und in der, wie . W. T. B. berichtet, beschlossen wurde, spätestens vom 15. Dezember die Re staurations betriebe e,, ,, n. zu halten, bis es den Besitzern wieder ermöglicht wird, ohne Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Mahßnghmen ihre Betriebe ordnungẽgemãß zu führen, weil sich die Unmöglichkeit strenger Innehaltung der An' ordnungen gezeigt habe. An den preußi schen Ju stizminister und den preußischen Minister des Innern wurde je ein Telegramm gesandt, in dem die Vertreter der größeren Berliner Hotels und Restaurationsbetriebe die Behörden um Beistand und Schu gegenüber den Maßnahmen der Staatsanwalts chaft bitten. z

Zweibrücken, 11. Dezember, (W. T. B) Durch eine Fenersbrun st wurden heute früh die Palatiawerke ein aub der Flammen, denen sehr große Holzvorräte, und die gesamte wertvolle Fabrikeinrichtung zum Opfer fielen. Eine 60 jährige Frau ist er stickt. Den Feuerwehren der Umgegend gelang a das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. ;

also ni

London, 12. Dezember. (W. T. B. Ein großer Ten des Zentrums Ler Stadt Cork ist gestern einge; ä schert worden. Das Feuer wütet noch immer. Mehrere Ge meindegebäude, die Carnegiebibl iothek, ein Lichtspieltheaker zahlreiche Geschäfts⸗ und Privathäuser sind vom Feuer zerst zr worden. Die Bevölkerung ist von einer Panik ergriffen.

. Paris, 12. Dezember. (W. T. B) Heute vormittag stzeß auf dem Bahnhof Armentieres ein Güterzug mit einem Personenzug zusam men. Nach dem Temps“ wunden zehn Personen get stet und etwa 20 verwundet.

Röm, 11. Dezember. (W. T. B) „Tempo“ meldet au Valong: Durch ein Erdbeben wurden sämtliche Dörfer in der Umgegend von Tepeleni zerstört. Die Stadt selbst ist vollstaändig vom Erdboden ver schwund en. Mebr als 200 Personen sind umgekommen, 15 000 obdachlos. Die Erderschütterungen dauern an.

Rom, 12. Dezember. (W. T. B.) Gestern mittag tötete ein Blitz schlag zwei und verletzte acht Per sonen.

Brüssel, 11. Dezember. (W. T B) Wie Metropole aus Antwerpen meldet, ist nunmehr das deutsche Schiff „Gneisenau? vollkommen flott gemacht. Es wurde an eine italienische Schiffahrtsgesellschaft verkauft und soll demnächst den Hafen verlassen.

Ny st ed Eaaland), 11. Dezember. (W. T. B) Gestern sst ein deutscher Trawler bei Hyllekoeg gestrandet Die Mannschaßt ist in Nysted ein gebracht worden. Mu versucht, das Schiff flott zu machen.

New Jork, 11. Dezember. (W. T. B.) Wie aus San Salvador gemeldet wird, ereignete sich in Ch ol teca in Honduras ein Erdbeben. In Chinandega und Corinto in Ricaragua wurden heftige Erdstöße verspürt.

Santiago de Chäle, 12. Dezember. Villa Rieve und in der Gegend von Valdivia wurde ein Erdbeben verspürt. Aus dem Vulkan von Villa Rica erfolgte eine Eruption, durch die einige Personen ge⸗ tötet wurden.

(BW. QW B) NM

Nr. 9) des Zentralblatts der Bauverwaltung“ mit Nachrichten der Reichs⸗ und Staatsbehõrden, herausgegeben im preußischen Finanzministerium, vom 11. Dezember 1920 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Bekanntmachung. Dienstnachrichten. Nicht— amtliches: Das Gesetz über die Vollendung des Mittellandkanal: Zur Baugeschichte der Marienburg. Riffelbildung auf Hauptbahn⸗ gleisen. Bemerkungen zur Ueberwachung und Unterhaltung von eisernen Brücken und anderen Kunstbauten. Vermischtes: Went bewerbe für Entwürfe für das Deutsche Hygiene⸗Museum und die Staatlichen Naturwissenschaftlichen Museen in Dresden und zu Wohn— häusern der Eisenbahnverwaltung beim Nordbahnhof in Stuttgart. Geheimer Baurat Adolf Frey F. Böücherschau.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)

ö f

Theater. Opernhaus. (Unter den Linden) Dienstag: 226. Dauer bezugsvorstellung. Bohsme. Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Mona Lisa. Anfang 7 Uhr. Schau pielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Dienstag: 231. Dauer bezugsvorstellung. Kreuzweg. Anfang 7 Uhr. Mittwoch: König Richard der Dritte. Anfang 7 Uhr.

Samiliennachrichten.

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Eyring Freiherr von Retenhan Ger ehe, Bavern. Gine Tochter: Hrn. Wilhelm Siegfried von Zitzewitz (Prebendowm). .

Ge ssor ben: Fr. derwitw. Generalmajor Clisabeth Boemack Stral⸗ fund) Hr. Oberstleutnant z. D. Max Nicolai (Berlin). Ht. Dr. Friedrich Dolezalek, Professor (Charlottenburg).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle echnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin,. Wilhelmstr. 32.

Fünf Beilagen leinschließlich Börsenbeilage)

und Grste, Zweite, Dritte und Vierte Zentral- Handelsregister⸗ Beilage

Zunahme der

um Deutschen Reichs Nr. 283.

Nichtamtliches.

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) Denutscher Reichstag.

45. Sitzung vom 10. Dezember 1920. Nachtrag.

Die Rede, die bei der Fortsetzung der Beratung über den aushalt des Reichsministeriums für Er⸗ fährung und, Landwirtschaft und die dazu tellten Anträge in Erwiderung auf. Ausführungen der ag. Dr. Böhme (Dem.) und Reich (Communist der Reichs- nnter jür Ernährung und Landwirtschast Dr. Hermes

galten hat, hatte folgenden Wortlaut:

Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich Gelegenheit aehmen

u den Ausführungen des Herrn Abg. Reich, soweit sie sich auf henna verhãl tnisse in meinem Ministerium beziehen, kurz zu ant⸗ werten. Er hat wieder einige neue Fälle der sogenannten Korruption n Ministerium angezogen. Ich würde nicht gezwungen sein, e Gen dieses hohen Hauses zur Widerlegung in Anspruch zu rene, wenn vielleicht die dem Herrn Abg. Reich nahestehende Presse & heit genommen hätte und auch in der Zukunft nehmen würde. e Berichtigungen meines Ministeriums vollinhaltlich der Oeffentlich⸗ ä zur Kenntnis zu bringen. (Hört! hört So aber bin ich leider er ungen, das einmal eingehend mitzuteilen, was als Berichtigung atens meines Ministeriums berei tz herausgegebea worden ist, ohne eder in diesem Umfange zur Veröffentlichung gelangt zu sein.

Die „Sozialistische Korrespondenz“ veröffentlichte einige neue Fälle. Sie behauptet, der Negierungsrat Fürst habe in der Ein⸗ chrabteilung sich Provisionen und Vorteile aller Art zuwenden kasen. Es bestãnde ein umfangreicher Briefwechsel zwischen Fürst ud Einfuhrinteresse aten, in dem Fürst über Eintritt in diese Ein⸗ fahrgeschäfte verhandele. FZürst sitze längst wohlgeborgen und wohl⸗ rersorgt in Dollond.

In dieser Darstellung ist folgendes festzustellen. Regierungs at

Fürst hat dem Neichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft mi bis zum 30. September d. J. angehört. Mit diesem Zeitpunkt ist er en feinen bereits im Juli 1920 gestellten Antrag im ummittelba- en Anschluß an sei nen regelmãßigen Erholungsurlaub, den er im Juli 1920 antrat, aus dem Reichsdieast ausgeschieden, um eine Stellung in der Ynupatindustrie zu übernehmen. Solange er im Ministerium tätig war, ist nichts zutage getrelen, was die Annahme einer pflichtwida gen handlungewei se, insbesondere einer unzuläfsigen Begünstigung von CGinfuhrinteressenten aus eigennũtzigen Beweggründen, hätte recht kragen können. Erst nach feinem Ausscheiden aus dem Amt twuchten Gerichte auf. daß der von ihm beabsichtigte Uebertritt in die Privat- hwustrie mit Maßnahmen in Zusammenhang stãnde, die er wahrend Keiner dienstlichen Tätigkeit als Beamter getroffen hätte, daß er ins⸗ beswere seinen dienstlichen Verkehr mit Einfuhrfimen dazu benutzt bebe um nit diesen Firmen wegen seiner Uebernahme in ihre Deine zn verhandeln. Auf Grund dieser Gerüchte hat das Landes- poligaanm im Oktober 1920 ein Ermittlungsverfahren gegen den Re⸗ gie ungnn a D. Fürst eingeleitet, das zurzeit noch schwebt um dessen Ausmam wach abzuwarten sein wird. Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen sind Beweise für das Vorliegen einer strafbaren Handlung nicht beigebracht. Unrichtig ist die Behauptung, daß der Regierungsrat a. D. Fürst „längst wohl geborgen und wohlversorgt in Holland sitzez; er befindet sich vielmehr noch heute an seinem bis⸗ herigen Wohnort Berlin.

In dem zweiten von der Sozialistischen Korrespondenz' vor⸗ brachten Falle handelt es sich nicht um einen Beamten des Ministe riums, soadern um den ehemaligen Geschäftsführer der Reichsfleich⸗ stelle Geschäftsabteilung G. m. b. H. Herrn Schwoon. Die „Sozia⸗ listische Korrespondenz ! beschuldigt Schwooon, eine bestimmte Ein fuhrgesellschaft, die Alnari⸗Hamburg, auffällig bevorzugt zu haben. tffenbar, weil er an ihr interessiert sei. Der zweite Direktor der Rieichsfleichstelle, Stadtrat Grützner tatsächlich war Grützner nicht ircktor, sondern Prokurist habe zum Beweise hierfür viele Einzel beiten angeführt. Daraufhin fei Grützner wegen eines aageblichen formalen Fehlers sofort entlassen und Schwoon glänzend gerechtfertigt orden. Schwoon habe jetzt der Alnari eine Provision von 7 , eine Summe von 34 Millionen Mark, zugeschanzt.

Die Angelegenheit lit folgendermaßea: Die Anschuldigungen be Derrn Schwoon wurden seinerzeit von dem Reichswirtschafts⸗ ninister Schmidt mir mitgeteilt mit der Bitte, Ermittlungen einzu- leiten. Die daraufhin von mir sofort eingeleitete eingehende Unter- sachung ergab, daß die Vorwürfe nicht berechtigt sind. Bei der er- solgten Gegenüberstellung des Herrn Schwoon und des Herrn Grützner het letzterer in wesentlichen Punkten gegenüber den Angaben des derrn Schwoon erklärt, nichts bekunden zu können, und im übrigen Berezise jür seine Behauptuagen nicht beigebracht.

Stadtrat Grützner ist nicht infolge seiner Angriffe gegen Herrn Schtroon weren eines angeblichen formalen Fehlers soforl aus feiner Stellung als Prokurist der Reichsfleischstelle, Geschäftsabtei lung, ent- hssen worden, sondern es ist ihm ordnungsmäßig durch Schreiben des Versitzen den des Aufsichtsrats der Reichefleischstelle vom 13. Mei 1920 *. V. Juni 1920 aus fachlichen Gründen gekündigt worden. Herr ite it tries berelie am A. Juni 190 freinilliʒg aus der

eich sfleischstelle ausgeschieden. ö Ju der weiteren Anschuldigung, daß Herr Schwoon der Anari nem großen Fleischkauf in Holland eine Provision von 7 3, e , eillionen Mark, zugeschanzt habe, wird festgestellt, daß die (ichs fleischstelle, Geschäftsabteilung, niemals eine Provision an die Unari gelt hat , ,. zieht die „Sozialistische Korrespondenz och eine genheit in den Kreis ihrer Eröterungen, die nicht in unmittel- e Srlnnnenhbeng mit der Wätiateit meines Ministetiums stebt, Ee m Verst eines Beamten kes Min steriums vor einem ,,, des Ministerium betrifft. Die Behauptungen, die darüber

n. werden sind ebenfalls vollkommen unzutreffend. Es handelt

m den Ministerialdiretkor Dr. Heukam. von dem die „Kore

Erste Beilage

Berlin, Montag, den 13. Dezember

spondenz behauptet, daß er als Assessor whrend des Krieges, um einem Einberufungsbefebl z entgehen, sich nach Cloppenburg abe meldet habe, wo ich Land wirtschaftslehrer gewesen sei. Als ihn auch dort ein Gestellungsbefehl erreicht habe, sei er ohne Berufung und ohne Papiere in der Uniform eines Intendanturbeamten nach Wilna ge fahren. Mit Hilfe von allerlei Helfern sei es ihm dort gelungen, bis zur Revolution dem Heeresdienste zu entgehen.

Diese Behauptungen sind umwahr. Der Sachverhalt ist fol⸗ gender: Dr. Heukamp war zu Anfang des Krieges bei verschiedenen Gerichten des Industriebezirks als Hilfsrichter tätig, und da er garnisondienstverwendungsfähig war, wurde er von der Justizberwal · tung reklamiert, wie auch andere garnisondienstverwendungsfãhige Hilfsrichter. Am 24. August 1916 echielt er einen Gestellungsbefehl als Landsturmmann zum 1. Ersatzbataillon Infanterieregiments 158. Diesem hat er Folge geleistet. Vom Infanterieregiment 158 wurde er abkommandiert als Verwaltungsmitglied beim Stadthauptmann in Wilna. Bei der Inmarschsetzung vom Truppenteil nach Wilna erhielt er vom Truppenteil die erforderlichen Ausweispapiere. Auf ausdrücklichen schriftlichen Befehl des Truppenteils hatte er sowohl auf der Reise wie auch spãter die Feldziviluniform zu tragen. Die Uniform eines Intendanturbeamten hat Nr. Heukamp niemals ge tragen. Laut Stammrollenauszug ist er am 29. Dezember 1915 aus dem Heeresdienst entlassen worden. Die Unterlagen fũr diese Angaben befinden sich in den beim Reichsministerium fũr Ernãh rung und Landwirtschaft aufbewahrten Personalakten der Justizverwaltung. Ich selbst bin im Kriege nicht in Cloppenburg gewesen, vielmehr vom Herbst 1900 bis Frühjahr 1902 Landwirtschaftslehrer in Cloppen⸗ burg gewesen zu einer Zeit, als weder Dr. Heukamp, noch dessen elterliche Familie sich in Cloppenburg aufhielten. (Heiterkeil in der Mitte und rechts. Zurufe von der U. S. P. Linke) Ich habe Herrn Dr. Heukamp zum ersten Male im Frähjahr 1919 im Reichs⸗ wirtschaftsministerium kennen gelernt und erst zu dieser Zeit (Wiederholte Zurufe von der U. S. P. Linke! Glocke des Prã⸗ sidenten) erst zu diefer Zeit hat Dr. Heukamp erfahren, daß ich in Cloppenburg Landwirtschaftslehrer gewesen bin.

Dann hat der Herr Abgeordnete Reich noch die Angelegenheit Falkenhayn in den Kreis seiner Erörterungen gezogen. Die Inter⸗ pellation wird ja demnächst in diesem hohen Hause zur Verhandlung kommen, und ich werde dann Gelegenheit haben, ausführlich das Ergebnis der Untersuchung mitzuteilen und auch die Stellungnahme meines Ministeriums. Die Unterstellung, als ob bei der Beurteilung des Ergebnisses der Untersuchung irgendwelche anderen Rücksichten als rein sachliche maßgebend für mich sein würden, weise ich mit Entschiedenheit zurũck. (Sehr gut! im Zentrum)

Zum Schlusse nur ein kurzes Wort noch. Ich habe bereits in meinen Ausführungen hier mehrmals zum Ausdruck gebracht, daß ich nach wie vor überzeugt bin, daß die Zwangswirtschaft auf einigen Gebieten unbedingt aufrechterhalten werden muß, daß sie dagegen auf anderen nicht fortgesetzt werden konnte, und das, was der Herr Abgeordnete Reich heute im einzelnen angeführt hat ich erinnere nur an die 900 235 Dividende der Heringsimporteure, an die bevor⸗ zugten Zuckerbelieferungen, denen übrigens im einzelnen sachlich nach⸗ gegangen wird, all dieses bestärkt mich in meiner Ueberzeugung von der Richtigkeit des Weges, den wir eingeschlagen haben. (Sehr gut! im Zentrum und rechts) Wenn es Ihnen wirklich ernst ist, diese Mißstände aus der Welt zu schaffen, meine Damen und Herren (nach links), dann helfen Sie uns in der Durchführung des plan mäßigen vorsichtigen Abbaues der Zwangswirtschaft. (Lebhafte Zu⸗ stimmung im Zentrum und rechts.) !. i

Preußische Landes versammlung. 195. Sitzung vom 11. Dezember 1920, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbũros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ).)

Vor Eintritt in die Tagesordnung teilt Präsident Leinert mit, daß in der Ausfertigung des Gesetzes, betreffend die Wahlen zu den Provinziallandlagen und Kreistagen, vom 3. Dezember irrtümlich die Inbezugnahme des 8 27 des Ge⸗ setzes für die Wahlen zum Preußischen Landtag unterblieben 1. Das Haus erklärt sich mit der nachträglichen

orrektur einverstanden. Die Staatsregierung wird darüber verständigt werden.

Auf der Tagesordnung steht als erster Gegenstand die erste Beratung des Gesetzentwurfes, betreffend die Er⸗ . einer vorläufigen Steuer vom

rundbesitz. von der

Abg. Dr. Ru er (Dem) bean ragt, den Gegenstand heutigen Tagesordnung abzusetzen. (Heiterkeit und lebhaftes Hört, hört!! Der größte Teil der Mitglieder der Fraktion nehme an dem Demokralischen Parteitag in Nürnberg teil die Fraktion dürfe wohl von der Loyalität des Hauses erwarten, daß darauf Rücksicht ge nommen werde, wie das bisher stets die Regel gewesen sei.

E enn, Leinert: Eine solche allgemeine Regel kann ich als Grundsatz des Hanes nicht gelten lassen. Es handelt sich heute nicht um 3. Abstimmungen, sondern um eine erste Beratung.

Dr. Fu er: Die Vorberatung in der Fraktion über einen so wichligen Gegenstand, der mit einiger Ylötzlichkeit auf die Tages ordnung gesetzt worden ist, hat ö. nicht zum Abschluß gebracht werden können. .

Präsident ei snert verweist auf den Beschluß des Aeltestemmats, wonach heute die erste Lesung stattzufinden habe; die Vorlage sei bereits am 16. November eingegangen.

In der weiteren Geschäftsordnungsdebatte wird festgestellt, daß die Demokraten sich mit dem Beschluß des Aeltestenrats einverstanden erklärt und auf den Ausfall der Vollsitzungen für die Dauer ihres Parteitages ausdrücklich verzichtet haben.

6g. Hirsch (Sog); Mit der Absetzung macht man die Be— ö Vorlage für dies Seffion überhaupt unmöglich. .

Bei der Abstimmung wird der Antrag Ruer mit den Stimmen der sämtlichen Mitglieder der bürgerlichen Parteien angenommen. Geifall rechts, Pfuirufe links.)

Es folgt die zweite Beratung des Ges etzentwurfs, betreffend das Gemeindewahlrecht in Helgoland.

2 *

ö it Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben werden

.

anzeiger ind Preußischen Staatsanzeiger

1920

Der Gemeindeausschuß hat die Vorlage mit dem Zusatz an⸗ genommen, daß das Gesetz, welches das Gemeindewa lrecht auf Helgoland an eine fünfjährige Anfaͤssigkeit bindet, mit Ende 19235 außer Kraft treten soll. w Lu dwi N: Wir lehnen die Vorlage 1.

ein . . schafft. Mit dem Köder dieses Vorrechts wird man die Patrioten, die mit England an⸗ bandeln, nicht de. . J

bg Brecour (Soz): Es geht hier um eine seh am ö 2 ö 2. von der Regierung nach Helgoland ge⸗ schickte Kommissar ist offenbar ganz einseitig und unrichtig informiert worden. Es soll hier eine Konzession an den allerkrassesten Eigennutz ber Gansbesttzer auf Helgoland gemacht werden. Die Anbandelung mit England hat nur den Zweck, auf unsere Regierung zu drücken, damit sie den Interessen gewisser kapitalistischer Kreise sich willfährig zeigt. Wir lehnen aus diesen Gründen die Vorlage ab.

Nach zustimmenden , der Abgg. Beyer Zentr.), Sr. Ru er (Dem.) randt (D. Nat.) und Fr. Leidig (D. V) werden die einzelnen Varagraphen gegen die Stimmen der Linken angenommen, desgleichen der Ausschußantrag, wonach das Gesetz am 31. De⸗ zember 1929 außer Kraft tritt. .

Ohne Debatte wird sodann der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung gegen die Stimmen der Linken angenommen.

Es folgt die Beratung des Antrages der Abgg. Weis⸗ sermel und Genossen auf Annahme eines Gesetzentwurfs zur Lenderung des Staatsschuldenverwaltungs⸗ gesetzes. ach diesem Antrage . die Vernichtung der Banknoten durch ein den Mißbrauch der Ueberreste unmoglich machendes Zerfaserungsverfahren zulässig sein.

Der Antrag wird in allen drei Lesungen debattelos ein⸗ stimmig angenommen.

Eine Mitteilung des Ministers des Jnnern über die Ver⸗ waltung von Gebietsteilen im Osten des Staates anläßlich der Ausführung des Friedensvertrages wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt.

Hierauf wird die Beratung des Haushalts der

Berg Hütten⸗ und Salinen verwaltung fort⸗ gesetzt. Abg. Kilian ommunisth: Die Rechte der Berg. arbeiter müssen dahin erweitert werden, daß sie in allen Betrieb zangelegenheiten mitzureden haben. Die Frage der Sozlasisierung ist eine politische Machtfrage. Auf diesem Gebiete müssen die Sünden Scheidemanns und der Rechtssozialisten gebrand⸗ markt werden. Mit Schlagworken können wir nicht. weiter. Die Bergarbeiter werken sich durch Jeberwindung des Kapitalismus eine menfchenwürdige Existenz schaffen; nur die mutige Tat, die ent⸗ schloffene Aktion kann und wird sie zu diesem Ziel führen. (Redner schließt unter tosendem ironischen Beifall der Rechten.)

Damit schließt die Beratung. Der Berghaushalt wird bewilligt, die vom Hauptausschusse vorgeschlagenen Ent⸗ schließungen gelangen zur Annahme. Die Anträge Porsch 16 und Husemann (Soz.) werden angenommen.

Die Vorlage zur Aufschließung von Stein⸗ kohlenfeldern wird in zweiter Lesung unter Ablehnung der Anträge der Linken mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien im wesentlichen unverändert genehmigt. In der so⸗ fort anschließenden dritten Lesung erklärt

Abg. Hue (Soz.), daß es die offene Absicht der kapita⸗ sistischen Warteien ist, die bisherige Monopolwirtschaft fest · zuhalten. Die bürgerlichen Partelen hätten damit die, game Arbeiteschaft hercursgefordert, besonders aber alle sezialistisch Denkenden. Die Arbeiterführer würden die Arheiterschaft, da nicht mehr für die werktätige Arbeit am Wiederaufbau begeistern konnen. Sämtliche Bergarbeiterverbände, auch der christliche Gewerk verein der Bergarbeiter, haben sich für die Sozialisierung des Kohlen bergbaues ausgesprochen. Die Reichsregierung hat nach der Nieder ien des Kapp⸗Putsches die So; lisierung zugesagt. Sie hat iese Zusage feierlich erneuert nach dem Spaa⸗Abkommen. Sie . Diese Vorschläge hat sie aber nicht, wie die Verfassung es vorschreibt, zu einer Gesetzesbporlage verarbeitet und dem Reichs wirtschaftsrat vor- gelegt, sondern sie brachte verfassungswidrig die Vorschläge direkt an den Reichswirtschaftsrat.

Ein Regierungsvertreter: Der Gesetzentwurf denkt gar nicht daran, die Mineralien der privaten Ausbeutung auszuliefern, sondern er überweift das Bergwerkseigentum dem Staate, der es weiter verpachtet. Es besteht nicht die Gefahr, daß auslãndi sche Kapitalisten die Hand darauf legen können.

Abg. Bru st (Zentr): Der vorliegende Geseßzentwurf hat gar nichts mit der Sozialisterung zu tun. Die So iali sierungsfrage gehört überhaupt nicht in die Landesversammlung; cum brauche ich hier uicht auf die lange. Sozialisierungsrede des Abg. Sue einzugehen. Der Gesetzenhwurf trägt ja. auch die Unterschrift des sozialdemokratischen Mini sterp räsidenten Braun. Herr Stinnes hab gar nichts mit den kleinen e u tun, die bei dieser Vorlage in Betracht kommen. Er ist nicht ö dumm, um auf diesen kleinen Feldem Tiefbau anzulegen. Die

ede des Abg. Hue war nur eine Agitationsrede.

Kilign (Meukommunisth: Die Vo4lage hat. doch mit der Sozialisierung zu tun, dean wir wollen den Ucher gang des gesamten Bergbaues an den Staat. Die Mehrheitssozial demokrabie ist mit ihren Sozialisierungsbestrebungen immer stecken geblieben, es besteht auch keine Hoffnung, daß sie jemals die Hand zur Befreiung des Proletariats bieten kann.

Abg. Dr. Lei dig (D. V) bedauert, daß Hue stellem weise einen demag 2 Ton chlagen . Die Ach kung vor dem Selbstbestimmungsrecht der Völker sollte, doch gu die Sozialdemokratie bestimmen Irlands Freiheits kampf E würdigem Von einer privatzechtsichen Vertrustung des Kohlenbergbaues kann . keine Rede sein; der Zusammenschluß zu Wirtschaftsgebieten soll unter der Kontrolle der Staatsregierung . das soll ich ausdrücklich hier ee, e, Anternehmerinitigtive önnen wir zurzeit nicht entbehren, den kleinlichen Egoismus lehnen wir alle ab, den weitsichtigen Egoismus einer . Entwicklung n fn. wir. Der e mr, Gedanke, der den Stinnes schen 46 zugrunde liegt, sollte den Sozialdemokraten ge⸗

nur die Vorschläge der k, abwarten.

nehm sein.

Damit schließt die Besprechung. Der Haushalt wird mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien gegen die Linke in dritter Lesung angenommen.

Auch die vom Handelsausschuß beantragte Entschließung, betreffend den mit allergrößter Beschleunigung und nachdrücklich im Interesse der Volkswirtschaft in An * zu nehmenden Abbau der Kohlenlager im Kreise ö Schaumburg.

gelangt zur Annahme.

m =. 87 .