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Hierbei ist nun aber zu beachten, daß der Steuersatz deshalb so hoch gewählt werden mußte, weil nicht der gegenwärtige Wert des Grundbesitzes zugrundegelegt werden kann, sondern der Wert zu⸗— gruadegelegt wird, der im Winter 1916/17 für die Steuerjahre 1917119 veranlagt worden ist. Die beträchtliche Wertsteigerung des Grundbesttzes in den letzten Jahren wird also nicht berücksichtigt. Würde man die jetzigen Werte der Veranlagung zugrundelegen, was bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist, so würde es möglich sein, die Steuersätze sehr viel niedriger zu bemessen. Die Folge ist nun leider die, daß die Steuer sehr viel höher aus- sieht als sie in Wirklichkeit ist. (Zurufe bei der Deutschen Volks⸗ partei: Na, na! Sehr ungerecht wirkt) — Die Ungerechtigkeit, die darin gegenwärtig liegen kann, wird später durch das endgültige Gesetz auszuräumen sein, und ich hoffe, daß der neue Landtag dieses endgültige Gesetz so schnell verabschieden wird, daß es möglich ist, die neuen Einschätzungen recht bald zugrundezulegen.
Der Gesetzentwurf hat nun, seit er dem Hause vorliegt und dadurch auch der breiten Oeffentlichkeit bekanntgeworden ist, nament⸗ lich in der Presse, aber auch in Versammlungen und bei sonstigen Gelegenheiten, wo die öffentliche Meinung zur Geltung kommt, eine Auslegung und Kritik erfahren, gegen die ich doch lebhaften Wider⸗ spruch erheben muß. Es ist versucht worden, die Steuer in so über⸗ triebener Weise darzustellen, daß es allerdings begreiflich wäre, wenn daraufhin einzelne Grundbesitzer in der Tat glauben würden, daß es sich hier um eine Bedrohung ihrer ganzen Existenz handele. Davon kann aber gar nicht die Rede sein. (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten) Ich will einige Fälle anführen.
Die „Deutsche Zeitung“ schreibt am 1. Dezember 1920 in ihrem Handelsteil, daß der preußische Finanzminister bei diesem Gesetz⸗ entwurf die Absicht habe, den Grundbesitz abzuwürgen, und als unmittelbare Folge würde sich der wirtschaftliche Zusammenbruch er⸗ geben. (Hört, hört! und Lachen links) Der neue Gesetzentwurf erscheine vortrefflich geeignet, diesen Zusammenbruch zu beschleunigen. — Meine Herren, ich kann es nur sehr bedauern, daß ein Blatt, wie die „Deutsche Zeitung“, die sich sonst so gern ihrer nationalen Tendenzen zu rühmen pflegt, in dieser Weise mit so billigen Schlag⸗ worten eine so leichtfertige, zur Irreführung geeignete Kritik an diesem Gesetzentwurf übt, und so zweifellos dazu beiträgt, die Vater⸗ landsfreudigkeit weiter Kreise zu beeinträchtigen, wozu die Be⸗ stimmungen des Gesetzes auch nicht den leisesten An laß bieten. Ich will Ihnen einige Uebertreibungen im einzelnen vorführen und sie zugleich widerlegen.
Die „Post“ behauptet in ihrer Ausgabe 579 vom 12. November 1920, durch das neue Gesetz würde ein Morgen landwirtschaftliches Land mit einer Steuer von 120 bis 140 Mark beschwert werden, und diese Belastung würde naturgemäß auf die Preise der Lebens- mittel abgebürdet werden.
Die Kölnische Volkszeitung schreibt am 9. November, die Steuer werde am Rhein 150 M pro Morgen betragen, und sie rechne eine sieuerliche Belastung von 22 3 des Bruttoertrages heraus; die Kar⸗ toffeln, die jetzt 25 „S kosteten, würden infolge der neuen Grund⸗ stcuern auf etwa 28 6 im Preise steigen. Die Germania schreibt in Nr. 507 vom 14. November: „Der landwirtschaftliche Grundbesitz wird danach mit einer steuerlichen Aufwendung von 120 1 pro Morgen rechnen müssen.“
Diese Zahlen, die eine auffällige Uebereinstimmung aufweisen, sind erfreulicherweise vollkommen falsch. Meine Damen und Herren, wenn der Steuerbetrag von 150 4A für einen Morgen richtig wäre, so wüßte, da der Steuersatz? 3 beträgt, der Morgen Land einen Wert von 7500 A6, der Hektar Land also von 30 000 S haben. Zurufe rechts. — Gegenrufe bei den Sozialdemokraten) Es mag ja sein, daß bei Landverkäufen, die jetzt getätigt werden, solche Preise erzielt werben. Das spricht ja für die Notwendigkeit, den Grund und Boden zu besteuern. Aber es ist doch zu berücksichtigen, daß die Erunbsteuer, wie ich schon hervorgehoben habe, nicht nach dem Jetzt⸗ werte erhoben werden soll, sondern nach den Werten, die der Er⸗ gänzungssteuerverankagung für die Jahre 1917119 zugrunde gelegt worden sind. Für diese Veranlagung sind im besonderen diejenigen Kaufpreise maßgebend gewesen, die in den Jahren 1910/12 und 1913/15 erzielt worden sind. Sie finden sich in dem Statistischen Jahrbuch für den Preußischen Staat im 15. Jahrgang Seite 62 bis 73. Ich würde die Herren Interessenten bitten, sich besonders diese Zahlen anzusehen. Daraus ergibt sich, daß im Durchschnitt des Slaates für Landgüter mit Gebäuden und Inventar in der Zeit von 1910 bis 1912 für einen Hektar 1525 M und 1913515 1795 A ge— zahlt worden sind. Ich bitte, 1525 bzw. 1795 4 zu vergleichen mit den vorhin errechneten 30 000 A6 pro Hektar, von denen durch Zurufe bestatigt worden ist, daß solche Preise gegenwärtig gezahlt werden. Zieht man nun von diesen zuletzt genannten niedrigeren Zahlen noch den Wert des Inventars ab, welches ja nicht grundsteuerpflichtig ist, so erhält man einen Durchschnittswert von noch nicht 1609 für einen Hektar oder von 400 M für einen Morgen. Hieraus ergibt sich dann eine Grundsteuer von 8 M für den Morgen und nicht, wie in den erwähnten Presseartikeln angegeben war, von 120 bis 150 4. Sie sehen also, die Uebertreibungen, die die erwähnten Zeitungen sich geleistet haben, sind außergewöhnlich.
. Meine Herren, ich darf Ihnen einige tatsächliche Zahlen geben. Ich möchte nicht allzuviele geben; aber ich darf kurz erwähnen Zurufe rechts — ja, ich will Ihnen die Zahlen für Sandböden geben — Eine Zusammenstellung von Grundstücken ohne besondere Auswahl, die hier im Regierungsbezirk Potsdam vorgenommen worden ist, hat für 10 lleine Bauerngüter im Durchschnitt für einen Morgen nach dieser Steuer eine Belastung ergeben von 6,40 , für 10 große Sauerngüter im Durchschnitt für einen Morgen 6,96 M6, für 8 Ritter— güter im Dutchschnitt für einen Morgen b.'24 „6. (Hört! Hört! bei den Sogialdemokralen) Ich bitte wiederholt, meine Herren, diese Zahlen zu vergleichen mit den 120, 140, 159 S pro Morgen, die in der Kölnischen Volkszeitung, in der Germania und in der Post be— hauptet worden sind. Damit glaube ich genügend dargetan zu haben, daß eine o hohe Belastung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes wie sie befürchtet worden ist, bei weitem nicht zu erwarten steht. . Aber auch für den städtischen Grundbesiz sind durchaus irrige Be— heuptungen aufgestellt worden. So ist in einigen Zeitungen be—⸗ hauptet worden, daß die Mieten infolge der Grundsteuer sehr steigen würden, so schreibt z. B. die Deutsche Zeitung am 21. November d. J. Die Grundsteuer dürfte einen Aufschlag von 20 bis 30 3 zu
der gegenwärtigen Miete zur Folge haben. Des ist weit übertrieben. Ich darf das durch folgendes Beispiel beweisen. Ein Berliner Mietshaus mit einem Bruttomietertrag
berechnung einen gemeinen Wert von 262 300 . Die Bruttomiete benug alfo 7,4 des gemeinen Wertes. Die Bruttomiete des Hauses beträgt jetzt 30 3 mehr, also 19 488 4 5846 — 25 334 4. Hieizu käme in Zukunft 2623 46 Grundsteuer; das heißt, wenn nun, was wir nicht hoffen wollen, der gesamte Betrag dieser Steuer auf die Mieter abgewälzt würde, so würde das eine Mietserhöhung von rund 10 . gegenüber der jetzigen Miete bedeuten. Hiernach würde alse eine kleine Wohnung im Berliner Norden von vielleicht 2 Zimmern und Küche, die gegenwärtig einen Mietswert ven 500 4 hat, mit einem Aufschlag von 10 B, also von 50 4 pro Jahr, zu rechnen haben. Das sind rund 4 4 im Monat mehr. Das würde eine Steigerung sein, die für manchen höchst unerfreulich sein mag, die aber doch verhältnismäßig klein ist im Verhältnis zu den Preis⸗ steigerungen, die sich auf allen übrigen Gebieten der Lebenshaltung vollzogen haben Das Berliner Tageblatt hatte am 15. November geschrieben: die Grundsteuer solle 10 vom 1000 und bei kleinen Ansiedlungen 5 vom 1000 des gemeinen Wertes betragen. Aber gleichzeitig wird erklärt, daß zu dieser Steuer noch ein Zuschlag von 100 8. erhoben werden soll; das macht für die Mietshäuser 2 35 und für die kleinen Sied— lungen 1 3 des Wertes. Diese Ausführungen sind ebenfalls irrig. Denn mit dem halben Steuersatz werden nicht nur die kleinen An— siedlungen herangezogen, sondern auch der Mietshausbesitz mit sehr verschwin dend geringen Ausnahmen, nämlich derjenigen Häuser, in denen sich lediglich Luxuswohnungen befinden. Die Mietshãuser werden also im ganzen mit 1 3 ihres Wertes besteuert werden, und das würde, wie gesagt, nur eine 10 ige Erhöhung des Mietswertes zur Folge haben.
Damit glaube ich zur Genüge dargetan zu haben, daß die Aeußerungen ia der Presse außerordentlich übertrieben sind, und daß von einer so unerträglich hohen Belastung des Hausbesitzes, wie sie hier behauptet worden war, praktisch gar nicht die Rede sein kann.
Ich glaube daher auch, daß es verfehlt ist, wenn aus der Auf— nahme dieses Gesetzentwurfs Schlüsse gezogen werden in bezug auf die Vaterlandsfreudigkeit der grundbesitzenden Bevölkerung. Meine Herren, gegenüber der von mir geschilderten relativ geringen Be⸗ lastung des Grundbesitzes glaube ich aussprechen zu können, daß man zu unserer grundbesitzenden Bevölkerung das Vertrauen haben darf, daß sie sich durch die Auferlegung einer solchen Steuer nicht im mindesten und in keiner Lebenslage in ihrer Treue zum deutschen Vaterlande erschüttern lassen wird.
deider bin ich genötigt, mich noch mit der Presseäußerung zu be— fassen, die überraschenderweise erst vor kurzem erfolgt ist. Der frühere Unterstaatssekretär im preußischen Finanzministerium, Herr Dr. Busch, hat sich nämlich im roten „Tag“ vom 8. und 9. Novem⸗
Grundbesitzsteuer, wie sie Ihnen in diesem Gesetzentwurf vorliegt, beschãftigt. Die Ausführungen des Herrn Dr. Busch strotzen einer— seits so sehr von Unrichtigkeiten und enthalten andererseits so be— dauerliche Ausführungen über die allgemeinen Grundsätze einer ver⸗ antwortuagsvollen Finanzpolitik, daß ich nicht umhin kann, diesem Aufsatz einige Worte zu widmen.
Zunächst wird von Herrn Dr. Busch die rechtliche Zulässigkeit der vorgeschlagenen Grundsteuer überhaupt bezweifelt, weil sie eine laufende Vermögenssteuer sei und deshalb dem Reiche ausschließlich vorbehalten sei. Zur Widerlegung dieser Auffassung genügt der Hin⸗ weis auf 5 8 des Landessteuergesetzes, wo es wörtlich heißt:
Die Länder erheben Steuern vom Grundvermögen. Die Steuern können nach Merkmalen des Wertes veranlagt werden. Ich bitte zu beachten, daß diese Bestimmung des Landessteuergesetzes eine Sollbestimmung ist. Hier wird direkt gesagt die Länder sollen den Grundbesitz besteuern, sie sollen aus dieser Quelle die Mittel zur Ordnung ihres Haushalts schöpfen, und es wird dabei gesagt, daß die Länder dabei nach Merkmalen des Wertes die Steuern veranlagen können.
Bei dem vorliegenden Entwurfe der vorläufigen preußischen Grundsteuer handelt es sich nur um eine solche Ertragssteuer, bei der der Wert als Verteilungsmaßstab dient. Der Reichsfinanz⸗ minister, zu dessen Anwalt sich hier merkwürdigerweise der frühere berufene Vertreter preußischer Finanzinteressen aufwirft, hat trotz der Kenntnis unserer Steuervorlage nicht versucht, die Unzulänglich— keit der preußischen Landesgrundsteuer irgendwie geltend zu machen. Er hat auch keinerlei Einwendungen erhoben gegen das vor Monaten schon in Kraft getretene neue hessische Grundsteuergesetz, das auf ähnlicher Grundlage wie der preußische Entwurf beruht.
Ein weiterer sehr großer Irrtum ist Herrn Dr. Busch unter— laufen, wenn er von einem steuerpflichtigen Grundvermögen von etwa 40 Milliarden ausgeht, während die Begründung meiner Vorlage von 120 Milliarden ausgeht. Anscheinend handelt es sich dabei um ein Miswerstehen der Ergänzungssteuerstatistik von 1914. Diese Statistik hat anscheinend Herr Dr. Busch herangezogen, dabei aber übersehen, daß darin nur das Vermögen angegeben ist, welches sich auf Zensiten von über 3000 4M Einkommen bezieht. Nun meine ich, sollte auch ein früherer Staatssekretär im preußischen Fiaanz⸗ ministerium wissen, daß der ganz überwiegende Teil der grund besitzenden Bevölkerung vor 1914 ein Einkommen unter 3000 6 ver⸗ steuert hat. Der ganze Grundbesitz dieser Bevölkerung ist also in der Statistit nicht enthalten.
Außerdem ist der Wert des Grundvermögens der ergãnzungs⸗ steuerfreien Zensiten mit 10 Milliarden Mark viel zu niedrig ange⸗ geben, da auch alle nicht physischen Personen, Gesellschaften usw. er⸗ gänzungssteuerfrei waren. Es gibt nun für die Einschätzung des vor⸗ handenen Wert des preußischen Grundbesitzes die verschiedensten Unterlagen. Nach den Zahlen, die Helfferich, Steinmann⸗Bucher und Ballod 1914 bis 1916 angenommen haben, hat es damals im Deutschen Reich im ganzen gegeben einen Grundbesitz im Werte von 175 Milliarden nach Helfferich, von 200 Milliarden nach Steinmann⸗ Bucher, von 155 Milliarden nach Ballod. Nimmt man hiervon für Preußen drei Fünftel, so ergeben sich im Durchschnitt 106 Milliarden als Grundwert. Hierin ist allerdings der Wert des Grundvermögens in den abgetretenen Gebieten enthalten. Der Begründung zum Gesetz.« entwuif über die vorläufige Grundsteuer ist aber eine völlig neue und ganz selbständig aufgestellte Schätzung des Gru adbesitzwertes zu⸗ grundegelegt worden, die sich auf die Veröffentlichungen in dem Statistischen Jahrbuch für den preußischen Staat gründet. Bei dieser Berechnung sind die Flächen abgezogen worden, die im un—⸗ günstigsten Falle dem preußischen Staat verloren gehen konnten. Danach ist eine land⸗ und forstwirischaftlich benutzte steuerpflichtige Fläche von 23 Millionen Hektar zugrundegelegt mit einem Hektar⸗ wert von 1795 „½, und daraus ergibt sich ein Wert von über 40 Mil⸗
von 19488 6 hatte im Jahre 1914 nach der sogenannten Ueberschuß—
ber in einem Aufsatz von größerer Länge mit der neuen preußischen
wirtschaftlich genutzten Gebäude auf dem Lande und der Wert dez städtischen Gebäudebesitzes, dessen Gebsudesteuernutzungswert allein mehr als 2,3 Milliarden beträgt und dem Mietwert einer um 17 Jahre zurückliegenden Zeit entspricht. Dazu kommt der Wert der Bauplätze, Lagerplätze, Gärtnereien, Halden usw. Nach den im einzelnen vorhandenen Unterlagen glauben wir annehmen zu können, daß die Bewertung des steuerpflichtigen Grundbesitzes im verkleinerten Preußen mit 120 Milliarden Maik nicht zu hoch gegriffen ist.
Eine andere vollständig unverständliche Annahme des Herrn Busch ist die, daß die Steuer 40 bis 50 . des Bꝛuttoertrages des ländlichen Grundbesitzes in Anspruch nehmen würde. Wenn das der Fall wäre, wäre es ja unerhört; aber es ist erfreulicherweise eine Uebertreibung, die um so mehr der Widerlegung bedarf, als sich diese Uebertreibung auch andere geleistet haben, namentlich verschiedene Haus⸗ und Giundbesitzervereine. Ich darf feststellen, daß die vor⸗ läufige Grundsteuer für die landwirtschaftlichen Giundstücke nach §5 2 lediglich nach dem Ertragswert veranlagt wird, der bei der Ver⸗ anlagung zur Eigänzungssteuer im Jahre 1917 maßgebend gewesen ist. Diese Werte betragen nach dem Statistischen Jahrbuch für den Preußischen Staat nach Abzug des Iwentarwertes im Durchschnilt nicht mehr als 400 bis 500 1 pro Morgen. Die Steuer wü de also pro Morgen nicht mehr als 8 bis 10 16 betragen. Daß 40 biz 50 35 des Bruttoerlöses von einem Morgen Land, wie Herr Busch annimmt, nur 10 6 ausmachen sollen, ist vollkommen umverständlich wenn man sich vor Augen hält, daß der Ernteerlös von einen Morgen Roggen im Jahre 1920 über 600 „, bei Hafer über 700 4 bei Weizen über 800 A6, bei Kartoffeln über 1400 44, bei Rühn bis zu 4000 1 betragen hat. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten Wäe gesagt, daß da der Biuttoerlös nur 10 44 ausgemacht haben sel, ist doch eine Annahme, die schlechterdings jeder Grundlage entbehrt.
An einer anderen Stelle schreibt Herr Busch über die Ab— wälzung der Steuer auf die Lebensmittelpreise folgendes. Er sagt: „Legt man z. B. 1565 Milliarden Mark der Steuer auf die dies j⸗ahrige preußische Getreideernte (Brot ⸗ und Futtergetreide), so ergibt sich immerhin eine Steuererhöhung von zirka 8 4 je Zentner.“ Nun ist es zunächst nicht recht verständlich, warum die gesamte Steuer nur auf die Getreideernte gelegt weiden soll. Wo bleiben da die Karloffeln, die Rüben, die Gemüse, die Holznutzung und alle die übrigen Erträgnisse der Land⸗ und Forstwirtschaft? Sodann ist aber auch die Annahme, daß auf den landwirtschafrlichen Besiz 1. M= llarden der Steuer entfallen sollen, unrichtig. Tatsächlich würden es nach den Sätzen der Siteuerordnung einschließlich 100 3 Zuschlag weniger als 8 0 Pällionen sein. Ferner ist zu berücksichtigen, daß von 100 ha landwirtschafilichen Bodens in Preußen nur 50,4 . auf Aecket und Gärten entfallen und von 100 ha Ackeifläche nur 65,2 auf den Getreideanbau, so daß also von 100 ha Gesamtfläche nur rund 32 33 mit Getreide bestellt sind. Da stellt sich dieser frühere Staatz⸗ sekreläx im preußischen Finanzministerium hin und verteilt einen übertrieben hoch angenommenen Satz des gesamten Steuerertrages lediglich auf die Getteideernte, womu zut Genüge die Unsachl ichleit dieser Kriel dargelegt sein würde.
Von der gangen Steuersumme von 80 Millionen Mark, die ich Ihnen genannt habe, wisrden also auf das Getreide nut Wo g? 256 Millionen Mark Steuer gelegt werden. Das ihr etwa ein Sechstel dessen, was Herr Busch ansetzt, und dabei würde im Fall vollstandiger Ueberwalzung der Steuer, wozu bei der Land⸗ wirtschaft nicht der geringste Anlaß vorliegt, die Belastung nicht 8 Mark auf den Zentner betragen, sondern hochstens 11 bis 15 Viark. Da der Zenmer gegenwartig etwa 80 Mart kostet, so würde der Aufschlag doch sehr gering sein. Enisprechend würde der Kartoffelpreis, der jetzt 2 Mark fur den Zentuer beträgt, maximal 22 Pfennig teurer werden. (-Hort, hört! bei den Sozialdemokraten Das ist zweifellos eine so geringe Belastung, daß man wohl sagen darf: es liegt in diesem Falle fur den landwirtschafllichen Grundbesitz nicht der geringste Anlaß vor, diese Steuer auf die Konsumenten ihrer Produkte abzuwalzen.
Meine Damen und Herren, Sie werden zugeben müssen, daß g eigenartig ist, daß ein Waun, der bis vor turzem Slaals sek reli im preuhischen Finanzministerium war, in einer so unsachlichen un unzulanguchen Weise an einem Steuergesetzentwurf der preußischen Regierung Kritik übt. (Sehr richtig! bei den Sozial demokralen
Noch bemerkenswerter und noch beklagenswerter erscheint es mir aber, daß ein Mann, der aus seiner dienstuchen Tatigkeit besser alt alle anderen über die finanzielle Not des Landes und über seine peränderten Sieuermoglichkeuen unterrichtet sein mußte und bon dem mir außerdem berichtet worden ist, daß er vor einem Jahre in amtlicher Eigenschaft die Notwendigkeit der staatlichen Befeuerung des Grundbesitzes entschieden beiont hat, (hört, hört! bei den Sozial= demotralen), heute, wo dieser Gedanke verwirklicht werden soll, in einem Augenblick also, wo noch keine Staalsgrundsteuer besieht, plotzlich die Ansicht vertritt, die Grenzen der steuerlichen Leistungs⸗ fahigkeit sei bereris uberschritten. (Hort, hort! bei den Sozialdemo⸗ kralen.)
Aber das ist noch nicht alles. Herr Dr. Busch ist der Meinung, daß man dem Finauzelend der Staaten durch Steuern überhaupt nicht beikommen konne. Es gibt nur einen Weg aus der Not, schreibt Herr Dr. Busch, der führt uber die Abänderung des Friedensvertrages. Er fügt wörtlich hinzu: „Erringen wir diese nicht, so ist eine Reliung nicht gegeben. — Er folgert daraus, daß es verfehlt sein würde, sich überhaupt mit dem Ausbau der Sieuergesetzgebung zu beschaftigen, ja, er bestreitet sogar die Notwendigkeit, den alten Grundsatz jeder
geordneten Finanzpolitik, daß ein Parlament auch für die Deckung
der von ihm bewilligten Ausgaben zu sorgen habe, unbedingt anzu— wenden. Dieses Bekenntnis eines Mannes, der noch vor wenigen Monaten der erste Finanzbeamte des preußischen Staates war, ist doch schwer zu verstehen. Das läuft praktisch darauf hinaus, die besten Prinzipien einer verantwortungsvollen staatlichen Finan politit über den Haufen zu werfen, auf jede planvolle Tätigkeit zum Wieder⸗ aufbau unseres Staatswesens zu verzichten und alles Heil und alle Rettung von den Diktatoren des Versailler Friedens, von der Gnade der Entente⸗Staaten zu erwarten.
Meine Damen und Herren, demgegenüber will ich doch mit aller Entschiedenheit betonen, daß ich diese Politik, die ich als eine fata— listische Türkenpolitik bezeichnen möchte, eatschieden ablehne. Seht richtig! bei den Sozialdemokraten) Mein ganzes Streben wird dahin gehen, gerade wegen des ungünstigen Friedens und ohne Rücksicht auf die Möglichkeit und die Zeit der hoffentlich kommenden Revision des Vertrages mit aller Kraft an der Erneuerung unseres Staatswesens
liarden Maik. Hierzu käme noch der Wert der nicht land⸗ und foist⸗
zu arbeiten und zu diesem Zweck alle noch vorhandenen Geldquellen
beranzuneben. (Sehr richtig! und Bravo! bei den Son astemokralen) Damit, scheint mir, wird auch dem Revisionsgedanken am besten gedient. Denn es ist zweifellos, daß die Entente gar nicht daran enken wird, uns auch nur die kleinste Milderung der Friedens— fasten zuzugestehen, solange der Morgen preußischen Bodens nur mit 32 Pfennig staatlicherseits zur Grundsteuer veranlagt ist. (Unruhe rechts und Zurufe im Zentrum: Ist ia nicht zu glauben! — Zu⸗ stimmung bei den Sozialdemokraten) Wollten wir jetzt die Hände in den Schoß legen und untätig abwarien, bis sich einmal die Ver⸗ nunft bei unsern Gegnern Bahn bricht, so würde uns das teuer zu stehen kommen; es würde unseren Haushalt völlig aus dem Gleich= gewicht bringen und den Staatskredit vollständig erschüttern.
Das zu verhindern, ist die Aufgabe der leitenden Staatsmänner, und aus diesem Grunde müssen wir jetzt unter allen Umständen daran⸗ gehen, die notwendigen Mittel zur Deckung der Staatsausgaben zu beschaffen. Wenn dabei in erster Linie auf den Grund und Boden ʒurũckgegriffen wird, so steht das, von allem andern abgesehen, in pollem Einklang mit der historischen Tatsache, daß in Zeiten vater⸗ ländischer Not immer in erster Linie der Grundbesitz herangezogen worden ist. Das ist auch keine Willkür und keine Ungerechtigkeit: denn ohne Zweifel bildet in Zeiten starker Geldentwertung wie gegen⸗ wärtig der feste Grundbesitz immer den ruhenden Pol, der von der allgemeinen Geldentwertung nicht betroffen wird, im Gegenteil, meist nine betrãchtliche Wertsteigerung zu verzeichnen hat. (Sehr richtig! nuts) Unser Vaterland befindet sich gegenwärtig in größter Not, und m ist es angebracht, daß man an diejenigen appelliert, die durch die
Gahdentwertung nicht nur nicht geschädigt worden sind, sondern im Henteil davon Vorteil gehabt haben. (Sehr richtig! links.) smentlich der ländliche Grundbesitz ist infolge der stark gesteigerten zafrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen und der dadurch be—⸗ zigten Steigerung ihrer Preise im Werte sehr erheblich erhoht norden, und wer heute ein Grundstück verkauft, erzielt hierbei in ber Regel einen gewaltigen Mehrgewinn gegen früher. Die Zahlen, die hier vorhin von mir mitgeteilt worden sind, haben das ja schon zur Genüge bewiesen.
Ich bitte sie aber, meine Damen und Herren, sich folgendes vor Augen zu halten. Wer vor dem Kriege 100 000 Mark in mündel— sicheren Papieren in Preußischen Konsols oder in Reichsanleihe an— gelegt hatte, hat heute mindestens ein Drittel, oft noch mehr von diesem Vermögen eingebüßt; wer aber vor dem Kriege ein ländliches Grundstück im Werte von 100 000 Mark besaß, besitzt heute damit erheblich mehr, zum Teil das Dreifache des früheren Wertes, und er hat einen Wertzuwachs, den er jeden Augenblick realisieren kann. Zustimmung links. — Zurufe rechts) Ich bitte Sie weiter zu berücksichtigen, meine Damen und Herren: Die Nente aus dem enlwerteten Besitz von Staatspapieren unterliegt heute bereits der Kapitalertragssteuer. Auch der kleinste Rentner, auch die ärmste Pensionärswitwe muß heute 10 Prozent von ihren Kapitalzinsen an den Reichsfiskus abführen, während auf der anderen Seite die Tat— sache besteht, daß der Ertrag des im Werte zum Teil erheblich ge— stiegenen Grundbesitzes bisher vom Staate noch nicht steuerlich er⸗ scßt worden ist. (Sehr richtig! links.)
Hier, meine Damen und Herren, einzugreifen ist daher neben derem auch eine Forderung der steuerlichen Gerechtigkeit, die ge= bein, die zur Deckung unerläßlicher Staatsausgaben notwendigen Marl dort zu holen, wo noch etwas zu holen ist. (Sehr richtig! kt) Diese Notwendigkeit zu erfüllen, ist die Aufgabe des vor-
löeen Gesetzentwurfes, dessen Grundgedanke von keiner Partei
lehnt werden kann, und über dessen Einzelheiten selbstverständlich k den Verhandlungen im Ausschuß noch zu reden sein wird.
Ich möchte von vornherein erklären, daß ich zu jeder Rücksicht⸗ nmhme auf die minderleistungsfäh ige Bevölkerung, den minder⸗ leistungsfähigen Grundbesitz, insbesondere auf die Kleinsiedler und auf die städtischen Mieter, bereit bin, soweit das mit der Aufbringung des notwendigen Gesamtertrages nur irgend verträglich ist. Ich hoffe, dez sich aber an dem Versuch, die Grundsteuer zu einer wirksamen Ginnahmequelle des preußischen Staates zu machen, alle Parteien be⸗ teiligen werden. Ich richte daher den Appell an Sie, meine Herren, sich der außerordentlich ernsten Lage unseres Vaterlandes in dem Augenblick nicht zu verschließen, wo Ihnen dieser Gesetzentwurf vor⸗ gelegt wird. Sie alle haben sich an den Ausgaben beteiligt, die in den letzten Monaten von der Landesversammlung bewilligt worden sind. Sie alle haben infolgedessen die moralische Verpflichtung, mit dezu beizutragen, daß für diese Ausgaben auch die nötigen Deckungs⸗ mittel beschafft werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich brauche nur auf die Beamtenbesoldung hinzuweisen, bei der alle Parteien dafür eingetreten sind, daß Erhöhungen vorgenommen werden. Gerade dadurch und durch andere von mir bereits erwãhnte Geseßze sind wir in die großen finanziellen Schwierigkeiten geraten. Diese Schwierigkeiten müssen bekämpft und ihnen 4 tech zeitig begegnet werden. Der wäre ein schlechter Hausvaler, scheint mir, der nut Ausgaben macht, ohne für die Einnahmen zu sorgen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)
Ich weiß, daß Sie sich der Bedeutung Ihrer Aufgabe bewußt sind, daß Sie sich alle gleich verantwortlich fühlen, für die Deckung der gemachten Ausgaben zu sorgen. Mag man im einzelnen über den Ihnen vorgelegten Entwurf denken, wie man will, im Ziele, denke ich, werden Sie mit mir zusammengehen, daß dieser Gesetz⸗ entwurf dazu bestimmt ist, dem preußischen Staat eine Katastrophe auf dem Gebiet des Finanz und Kreditwesens zu ersparen. Ich appelliere deshalb an Ihr Pflichtgefühl, meine Herren, und bitte dringend, sich bereit zu erklären, diesen Gesetzentwurf zu beraten und der preußischen Grundsteuer möglichst bald zur Bewilligung zu ver- helfen. (Bravoh
Auf Ausführungen mehrerer Mitglieder der Landes- versammlung erwiderte der Finanzminister Lüdemann:
Von den Vertretern der verschiedenen Parteien sind zu dem vorliegenden Gesetzentwurf über eine Grundsteuer im wesent⸗ lichen nur kurge Erklärungen abgegeben worden. Ich folge gern diesem BVeispiele und beschränke mich darauf, auch am Schluß nur einige wenige Bemerkungen zu dem zu machen. was hier sachlich vorgebracht ist.
Ich darf zunächst Herrn v. der Osten, der hier Zweifel daran geäußert hat, daß in dem Aufsatz des früheren Staats sekretãrs Busch von 40 bis 50 o des Bruttoertrages die Rede gewesen sei, erwidern, daß es sich in der Tat nicht um Netto-, sondern um Bruttoerträge handelt. Herr Busch schreibt hier wörtlich, daß in diesem Falle der ländliche Grundbesitz eine Steuer nicht tragen
geschrieben sind, ist nicht anzunehmen, daß es sich hier um einen Druckfehler handelt. Wenn von Herrn v. der Osten, Herrn Schulte und verschie⸗
mir vorgetragenen Zahlen und gemeint worden ist, wenn auf der einen Seite die in den von mir erwähnten Zeitungen zitierten Zahlen sehr stark nach oben übertrieben seien, so seien meine Zahlen wahrscheinlich sehr stark nach unten übertrieben, so muß ich darauf doch erwidern, daß meine Zahlen durchaus überein⸗ stimmen mit den statistischen Ergebnissen, die der breiten Oeffent⸗ lichkeit vorliegen. Wenn Sie Wert darauf legen, so kann ich aus dem Statistischen Jahrbuch für den preußischen Staat von 1920 eine ganze Reihe bon Zahlen mitteilen. Hier sind die Zahlen für die verschiedenen Regierungsbezirke Preußens zusammengestellt — sie beziehen sich auf einen Hektar —: Breslau 2419, Liegnitz 1869, Oppeln 2131, Magdeburg 2342, Hildesheim 3521, Lüneburg 1341, Stade 1822, Osnabrück 1410 usw., im Durchschnitt für den Staat 1795 A. Das sind die durchschnittlichen Kaufpreise der Jahre 191315 für einen Hektar. Davon sind abzurechnen die Beträge für Inventar, die man mit 10 bis 15 anzunehmen hat, und es ist dann der sich ergebende Betrag durch 4 zu teilen. Sie werden zugeben, daß man dann auf die von mir genannte Ziffer von 400 bis 500 A pro Morgen lommt. Damit glaube ich zur Genüge dargetan zu haben, daß meine Zahlen durchaus keine falsch gegriffenen Schätzungen darstellen, sondern Zahlen, die durchaus im Einklang mit den statistischen Ermittlungen stehen. Aber selbst wenn eine kleine Uebertreibung nach unten darin ent⸗ halten sein sollte, was nicht der Fall ist, so glaube ich dargetan zu haben, daß die Zahlen, die in der „Post“, in der Germania“ und in der „Kölnischen Volkszeitung“ über die dem Grundbesitz drohende Belastung genannt worden sind, himmelhoch von der Wahrheit abweichen. Ich habe mich daher gewundert, daß jemand den Mut gefunden hat, gegenüber diesen Uebertreibungen bei meinen Zahlen auch nur eine Uebertreibung zu vermuten.
Von Herrn b. der Osten ist bemängelt worden, daß bei diesem Gesetzentwurf in keiner Weise die Leistungsfähigkeit des Grund⸗ besitzes berücksichtigt worden sei. Ich habe darauf zu erwidern, daß dafür keine Möglichkeit besteht. 59 des Landessteuergesetzes schreibt vor: Besteuerungsmerkmale, die auf die Verückichtigung persönlicher Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen abzielen, sollen nicht zugrundegelegt werden. Es besteht also leider gar nicht die Möglichkeit, im Rahmen eines Grundsteuergesetzes die persönliche Leistungsfähigkeit zu berücsichtigen, und der Gesetz⸗ entwurf ist auch in dieser Beziehung vollkommen den gegebenen Möglichkeiten entsprechend aufgestellt worden.
Ich habe überhaupt zu bedauern, daß von einigen Rednern, namentlich von den Vertretern der Unabhängigen und der Kom- munisten, anscheinend noch zu wenig berücksicchtigt worden ist, daß ich mich bei der Vorlegung dieses Gesetzentwurfes in mehrfacher Hinsicht in einer Zwangslage befunden habe. Ja, meine Damen und Herren, wenn wir in Preußen noch die Möglichkeit hätten, die großen Einkommen und die großen Vermögen, die Riesen⸗ gewinne, die großen Diwidenden usw. zu besteuern. — seien Sie versichert, ich hätte es sehr eilig damit gehabt, diese Quellen heran⸗ zuziehen, um damit die Beträge für die Beamtenbesoldung usw. aufzubringen. Aber leider stehen diese Steuerobjekte uns nicht mehr zur Verfügung; die hat das Reich sich vorbehalten. Deshalb ist es wohl vollkommen verfehlt, in dieser Zwangslage, die uns dazu nötigt, im Rahmen unserer beschränkten Steuerhoheit Steuerquellen zu schaffen, ein von mir vorgelegtes Gesetz darum ablehnen zu wollen, weil die Steuer abgewälzt werden kann.
Der Herr Abgeordnete Heilmann hat mit Recht darauf hin⸗ gewiesen: Abgewälzt werden können im Rahmen der bestehenden Wirtschaftsordnung alle Steuern, und wenn die Unabhängigen so lange warten wollen, bis sie eine Steuer gefunden haben, die wir machen können, und die nicht abgewälzt werden kann, dann sind wir mit unseren Finanzen längst am Ende, dann ist die Kata⸗ strophe da, die dann die politischen Anhänger der Herren Kilian und Leid am allermeisten beklagen werden, weil sie sie am meisten zu spüren bekommen werden.
Meine Damen und Herren, es ist andererseits auch ver⸗ fehlt, wenn einzelne Abgeordnete auf die noch vorhandene Un⸗ gewißheit über das mögliche Ergebnis der Reichssteuern, in sonder⸗ heit der Reichseinkommensteuer, hingewiesen haben, und wenn im Anschluß daran der Herr Abgeordnete v. der Osten sogar von einer Steuervorratswirtschaft gesprochen hat. Ich freue mich, hier aus⸗ nahmsweise mal in vollkommener Uebereinstimmung mit Herrn Dr. Leidig mich zu befinden. Es kommt ja nicht oft vor; des⸗ wegen bedarf es der besonderen Betonung. (Zuruf rechts: Gott sei Dank) — Durchaus auf beiden Seiten! — Ich hebe es deshalb hervor, weil es in der Tat vollkommen verfehlt ist, sich mit solchen utopistischen Hoffnungen über die Notwendigkeit, jetzt Steuern zu schaffen, hinwegtäuschen zu wollen. Freilich wissen wir noch nicht, wieviel die Reichs einkommensteuer endgültig bringen wird; wir wissen auch noch nicht, was die Umsatz steuer und andere Steuerquellen bringen werden, an denen wir auch beteiligt sind. Aber das eine wijssen wir bestimmt. dab alles, was wir im günstigsten Falle bekommen werden, bei weitem nicht aus⸗ reichen wird, um den bestehenden Fehlbetrag zu decken.
Deswegen, meine Damen und Herren, bitte ich Sie dringend, darauf zu verzichten, sich mit solchen Hoffnungen über die Schwere und die Bedeutung der gegenwärtigen Situation hinweg⸗ zutäuschen. Sollte sich später ergeben, daß wir ein oder ae. pro Mille dieser Steuern nicht brauchen sollten — ich halte das für ausgeschlossen — dann ist es leichter, diese zu beseitigen, als die Gefahr zu übernehmen, die darin liegt, daß heute nichts ge⸗ schieht, und daß wir dadurch uns mitschuldig machen, wenn eine Finanzlatastrophe über den preu ischen Staat hereinbrechen sollte. Ich bitte Sie deshalb, alles zu tun und mit dazu beizutragen,
daz der preußische Staat möglichst bald zu dieser neuen Steuer⸗ quelle kommt. ;
Ich begrüße es, daß sich die Parteien durchweg bereit erklãrt haben, den Gesetzentwurf einem Ausschuß zu überweisen, und hoffe, daß es gelingen wird, bei der Beratung des Ausschusses die noch bestehenden Bedenken und Zweifel zu beseitigen und damit das erstrebte Ziel, möglichst bald die Grundsteuer zum Flieben zu bringen, zu verwirklichen.
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lönne, die für sich allein 40 bis 8o des Bruttoertrages dar⸗ stele. Nach dem ganzen Zusammenhang, in dem diese Worte
denen anderen Herren Zweifel geäußert worden sind an den von
200. Sitzung vom 17. Dezember 192. Nachtrag.
Die in Nr. W838 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ (erste Beilage) aus⸗ ugsweise wiedergegebenen Ausführungen, die bei der ersten Beratung des Gesetzentwurfs über Notzuschläge zu den esetzlichen Kinderbeihilfen und zu den Ortszu⸗ e,. der nichtplan mäßigen Beamten und Volks⸗ chullehrpersonen der Finanzminister Lüdem ann gemacht hat, hatten folgenden Wortlaut:
Meine Damen und Herren! Die Preußische Landesver⸗ sammlung hat soeben sieben Gesetzen ihre Zustimmung gegeben, durch die die Besoldung der Beamten, Lehrer und Geistlichen auf eine vollkommen neue Grundlage gestellt worden ist. Ich möchte nicht versäumen, nach Abschluß dieses großen, für den preußischen Staat außerordentlich bedeutungsvollen Gesetz⸗ gebungswerks den Mitgliedern der Landezwersammlung, ins⸗ besondere aber den Mitgliedern der an der Vorberatung be⸗ teiligten Ausschüsse zu danken für die sehr eifrige, sehr mühevolle und erfreulicherweise in den letzten Tagen und Wochen sehr be⸗ schleunigte Durchberatung dieser schwierigen Gesetze.
Meine Damen und Herren, im Verlauf dieser Beratungen sind die Ihnen vorgelegten Entwürfe in einigen sehr wesentlichen Teilen noch ganz erheblich zugunsten der Beamten verbessert worden. Ich nenne nur, um einige Dinge herauszugreifen, die Schaffung der vermehrten Aufrückungs⸗ stellen namentlich für die Amtsgehilfen, die verbesserte Eingrup⸗ pierung für die Kanzleibeamten der Proinzialbehörden. ich nenne die Höherstufung der handwerksmäßig vorgebildeten Be⸗ amten, die Besserstellung von Polizei und Landjägerei, die Ver⸗ besserung der Aufstiegsmöglichkeit für fast alle technischen Be⸗ amten, ich nenne vor allem die Verbesserung der Versorgungszu⸗ schläge für die Ruhegehaltsempfänger und nicht zuletzt die Gleich⸗ stellung der Altpensionäre mit den Neupensionären. (Bravo)
Meine Damen und Herren, die Staatsregierung hat, trotz mancherlei sehr erheblicher Bedenken namentlich in finanzieller Hinsicht, den von den Ausschüssen gefaßten und hier nunmehr bestätigten Beschlüssen ihre Zustimmung gegeben, in Würdigung des Umstandes, daß zweifellos manche Beamte sich nach wie vor in einer sehr bedrängten Lage befinden und daher alles, was irgendwie in den Kräften des Staates steht, getan und aufgeboten werden muß, um ihnen Hilfe und Erleichterung zuteil werden zu lassen. Es wird auch mein Bemühen sein, die neuen Besol⸗ dungen, die den Beamten nunmehr durch Gesetz zugebilligt worden sind, so schnell wie möglich zur Auszahlung zu bringen. (Bro!)
E' war ja meine Hoffnung, daß es uns gelingen würde, die Gesetze noch so rechtzeitig fertigzustellen, daß es möglich ge⸗ wesen wäre, die materielle Auswirkung den einzelnen Beamten noch vor dem Weihnachtsfe ste zukommen zu lassen. Das ift leider nicht möglich gewesen. Um aber gleichwohl die Beamten davor zu bewahren, daß sie sich gerade in diesen Festtagen in einer drückenden materiellen Lage befinden, habe ich angeordnet, daß allen Beamten das Gehalt noch für das nächste Quartal bzw. den Monatsgehaltsempfängern das Januargehalt noch vor Weihnachten ausgezahlt wird. Meine Herren, Sie werden mit mir übereinstimmen, wenn ich sage: es ist nicht zu verkennen, daß eine solche Maßnahme auch ihre großen Schattenseiten hat. (Sehr richtig!) Ich habe wohl immer Ihre Zustimmung gefunden, wenn ich darauf hingewiesen habe, daß es die Aufgabe der Staats⸗ regierung sei, fich mit allen Kräften dagegen zu wenden, daß die alte, durch die Kriegsverhältnisse zeitweise bedingte Vorschuß⸗ wirtschaft noch weiter fortgesetzt werde. (Sehr richtig!) Ich habe deshalb diesen Schritt nur sehr schweren Herzens getan, nur angesichts der üblen Lage, in der wir uns befinden, und mit Rücksicht auf die Maßnahmen, die im Reiche für die Be⸗ amten getroffen worden sind. Wir wollen hoffen, meine Damen und Herren — und ich bitte Sie, soweit Sie den Beamtenkreisen nahestehen, uns darin zu unterstützen, daß sich diese Hoffnung erfüllt — daß die Beamten sich der Lage, in die sie durch die neuen Vorschüsse geraten, voll bewußt bleiben und sich mit allen Kräften bemühen werden, mit dem ihnen nun vorschußweise ge⸗ zahlten Gehalt so hauszuhalten und so lange zu wirtschaften, wie es notwendig ist. (Unruhe.) Wir werden uns inzwischen be⸗ mühen, diejenigen Beträge, die den Beamten nun neu zustehen, so schnell wie möglich ebenfalls zur Auszahlung zu bringen und damit die durch die Teuerung zu kurz gewordenen Gehälter so zu verlängern, daß für die Beamten die Möglichkeit besteht, bis zum Ablauf des Monats bzw. des OQnrartals mit ihrem Geld zu reichen.
Meine Serren und Damen, die Staatsregierung ist sich voll⸗ kommen dessen bewußt, daß auch durch die neuen Bezüge, durch alles das, was jetzt den Beamten gegeben worden ist, nicht jede Not beseitigt worden ist, daß noch mancher Mangel und manche Knappheit bestehen bleibt. Die Dinge liegen leider so, daß bei der immer noch rapide fortschreitenden Geldentwertung wenig Aussicht vorhanden ist, daß sich der Abstand zwischen der Preis- steigerung und der Gehaltssteigerung zugunsten der Beamten verringern wird. Wir haben uns deshalb auch bemüht, noch ein⸗ mal sehr ernsthaft zu erwägen, was nun angesichts der Ihnen bekannten sehr schwierigen Finanzlage des Staates noch weiter geschehen. d. h. ob über das den Beamten nunmehr Gegebene hinaus noch weitere Hilfe geleistet werden kann. Diesem Se⸗ dankengange ist der Gesetzentwurf entsprungen, der dem Hause vorliegt und jetzt zur Beratung steht. Der Zweck dieses Gesetz⸗ entwurfes geht dahin, die Ausgleichszuschläge zu den Kinderbeihilfen noch weiter.! nach Ortsklassen abgestuft, zu ver stärken und außerdem für die nichtp lan mäßigen Beamten und Voltksschullehrerpersonen den vollen Ortszuschlag zu bewilligen. So klein diese Hilfe im einzelnen erscheinen mag, so bedeutet sie immerhin für den Staat wiederum eine sehr erhebliche, angesichts der bekannten Schwierigkeiten in der Deckungs frage nicht unbedenkliche BVe⸗ lastung. In der Vorlage, die Ihnen gemacht worden ist, sind die Gesamtkosten dieser Maßnahme auf 168 Millionen Mark ange⸗ geben worden. Ich füge hinzu, daß darin nicht einbegriffen sind
die Beträge, die für die Erhöhung der Kinderbeihil fen, für die Empfänger von Wartegeld, Ruhegeld und Sinterbliebenenbezügen in Betracht kommen und sich ziffernmäßig genau so schnell nicht ermitteln lassen. Man greift aber sicher in der Schätzung nicht
Fehl, wenn man sagt, daß sich unter Einrechnung dieser Vetrãe die gesamten neuen Aufwendungen des Staates über die bisherigen