bereits in der Zeit ihren Ursprung genommen hätten, als er selbst das Reichsamt des Innern geleitet hätte, und er hat sich damit entschuldigt, daß die Verhältnisse damals stärker gewesen wären als er. Ich gebe ihm das durchaus zu und mache ihm daraus keinen Vorwurf. Aber wenn der Herr Abgeordnete d. Delbrück das für sich und die Zeit des Krieges in Anspruch nimmt, als wir immer⸗ hin noch in einem gefestigten, noch wenig erschütterten Deutschland lebten. und wenn der Herr Abgeordnete v. Delbrück in den Jahren seiner Amtszeit in den ersten Kriegsjahren diese Organisationen hat wachsen sehen und wachsen lassen müssen, ohne es verhindern zu können, so wird er, glaube ich, auch mir ein klein wenig Ent⸗ schuldigung dafür einräumen, wenn in diesem einen Jahre, in dem ich das Reichsministerium des Innern verwalte und in dem, wie ich doch auch wohl sagen darf, die Aufgaben, die die Reichsregierung be⸗ schäftigt haben, nicht gerade leicht, sondem zum großen Teil doch überaus niederdrückend gewesen sind, — ich sage: er wird es ent⸗ schuldigen, wenn in dieser Zeit die Notwendigkeit dieser Lösung zwar erkannt und auch zu einem sehr großen Teil durchgeführt, aber noch nicht endgültig hat beendigt werden können. Hier wird die neu einzusetzende Kommission eine wesentliche Hilfe zu leisten haben, und ich bin überzeugt, sie wird dort gute Arbeit leisten können.
Der Herr Abgeordnete v. Delbrück ist dann in seinen Aus⸗ führungen auf das Verhältnis der Reichsregierung zu Preußen ge⸗ kommen und hat erklärt, daß die neue Verfassung insofern versagt habe, als das Nebeneinanderarbeiten des Reichs und Preußens in vielfacher Beziehung kein glückliches gewesen sei Meine Damen und Herren! Es wäre falsch, das leugnen zu wollen. Aber zunächst ist diese Schwierig⸗ keit nicht erst unter der neuen Verfassung hervorgetreten, sondern auch die alte Verfassung hat das Nebeneinander von Reich und Preußen nicht gerade in allen Dingen und zu allen Zeiten als glücklich erscheinen lassen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten) Ich erinnere daran, daß es schon zu jenen Zeiten einen Reichsminister gegeben hat, der z. B. in der Frage des Wohnungsgesetzes die Flucht in die Oeffentlichkeit hat antreten müssen, weil es ihm nicht gelungen war, die preußischen Ressorts dafür zu gewinnen, auf diesem Gebiete rasche Arbeit zu machen. (Lebhafte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten und Sozialdemokraten. Dieser Minister, der die Flucht in die Oeffentlichkeit während des alten Regimes angetreten hat, war der heutige Abgeordnete v. Delbrück (hört, hört! und Heiterkeit), der sich vorhin über das heutige Verhältnis zwischen Reich und Preußen geäußert hat. Ich will aber damit nicht leugnen, daß die Verhältnisse auf Grund der neuen Verfassung keineswegs besser, sondern eher noch schwieriger geworden sind. (Abg. Dr. Schücking: Aufteilen h
Meine Damen und Herren! Das hängt damit zusammen, daß es unmöglich war, in der neuen Verfassung die Hegemoniestellung Prer ßens, wie sie die alte Verfassung kannte, beizubehalten. Die Bei⸗ beheltung einer Hegemoniestellung Preußens in der neuen Verfassung wäre auf den lebhaften und zähen Widerstand aller übrigen Länder und auch der Mehrheit des Reichstages gestoßen. (Sehr richtig! bei den Dertschen Demokraten und Sozialdemokraten.) Was man hätte tun können und was man noch tun kam, ist, die Zusammenarbeit der beiden Kobinette dadurch zu verbessern, daß man zum mindestens Minister ohne Portefeuille in beiden Ministerien gleichzeitig sitzen läßt, oder die eine oder andere Stellung in beiden Ministerien vereint, um dadurch zu erreichen, daß Reibungen nicht immer erst dann einem Heilprozeß unterzogen werden, wenn sie entzündlich werden, sondern daß sie bereits frühzeitig erkannt und frühzeitig abgestellt werden. Ich hoffe, daß man an diese Frage in absehbarer Zeit herangehen wird und herangehen muß.
Ich betone dabei ausdrücklich, daß die Schwierigkeiten in dieser Beziehung nicht etwa allein in der verschiedenartigen parteipolitischen Zusammensetzung der Reichsregierung und der preußischen Regierung beruhen; sondern ich habe dieselbe Schwierigkeit oder ähnliche Schwierigkeiten bereits gekannt, als ich den Kabinetten Bauer und Müller angehörte und damals die Koalition im Reiche und in Preußen dieselbe war. Diese Schwierigkeiten liegen eben darin begründet, daß die Dinge je von dem Standpunkt, den der einzelne zu bearbeiten hat, verschiedenartig angesehen werden, und daß die im Einheitsstaat ge⸗ gebene Möglichkeit, innerhalb ein und desselben Kabinetts diese ver⸗ schiedenen Anschauungen rechtzeitig auszutragen und auszugleichen, nicht gegeben ist.
Man kann diese Schwierigkeiten auch nicht dadurch beseitigen, daß man etwa sagt, es möge sich nur jeder hübsch in dem Rahmen seiner Zuständigkeiten halten, dann würden solche Schwierigkeiten von vornherein nicht auftreten können. Es bedeutet eine Ueberschätzung bürokratischer Einrichtungen, wenn man glaubt. daß man durch strenge Innehaltung der Zuständigkeiten dieser Schwierigkeit Herr werden könnte. Im Gegenteil: man kann im Rahmen seiner Zuständigkeit verwalten, man kann aber nicht im Rahmen seiner Zuständigkeit Politik machen, und alle die großen Fragen, die heute zu erörtern sind, wie 3. B. die Behandlung des besetzten Gebietes, das Verhältnis Deutschlands zur Kurie, die Erhaltung Oberschlesiens für das Reich, der Schutz unserer Ostgrenze, sind Fragen, die das Reich und Preußen beide in gleicher Weise interessieren, und in denen beide sich zusammen · finden müssen, wenn sie überhaupt gelöst werden sollen. Kein Reichs⸗ minister des Innern kann an der preußischen Politik und an den preußischen Verwaltungsmaßnahmen im Rheinland und in Ober⸗ schlesien gleichgültig vorübergehen, und kein preußischer Minister kann es seinerseits dulden, daß die Maßnahmen, die er für die Rheinlande und Oberschlesien für erforderlich hält, etwa durch eine verkehrte Wirt⸗ schafts oder Innenpolitik des Reichs ihm durchkreuzt werden. Also der Gedanke, daß man durch Innehaltung der Zuständigkeiten Abhilfe schaffen könnte, ist verfehlt. .
Die Ueberschäͤtzung dieses Gedankens ist es doch vielleicht auch gewesen — wenn ich das sagen darf — die im Kriege dazu geführt hat, daß wir niemals zu der Ausbildung eines einheitlichen politischen Willens innerhalb der deutschen Regierung gelangt sind (sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten), und wenn wir nicht dazu gelangen, auf diesen großen politischen Gebieten eine einheitliche Willensauf⸗ fassung durch das Reich und durch Preußen durchzusetzen, dann sehe ich allerdings für die Stoßkraft Deutschlands in allen diesen großen Fragen überaus schwarz. Ich halte also daran fest, daß versucht werden muß, eine engere Fühlung zwischen dem Reich und Preußen in allen diesen Fragen zu gewinnen.
Ich weise es aber weit von mir, meine Damen und Herren, diese Frage durch eine Zerschlagung Preußens zu lösen! (Sehr gut! rechts.) Wenn Herr von Delbrück gesagt hat, daß die Reichsregierung jetzt an einer Zerschlaqung Preußens Interesse gezeigt habe durch das Arbeits= programm, das ich der neuen Kommission habe zugehen lassen, so kann ich nur sagen, daß das Arbeitsprogramm etwas derartiges nach meiner Auffassung in keiner Weise enthält. Nein, meine Damen und
Herren, In einem Augenblicke, wo die Truppen unserer Gegner im Rheinlande sitzen, in einem Augenblicke, wo sie neuerdings die Hand wieder nach neuem deutschen Gebiet ausgestreckt haben, ist es ganz unmöglich, staatspolitische Fragen, wie die einer Neugliederung Preußens im Rheinland oder sonstwo, zum Austrag bringen zu wollen, (Lebhafte Zustimmung rechts) In einem solchen Augenblick haben wir alle Veranlassung, nicht Verwirrung in unsere deutschen Verhält⸗ nisse hineinzubringen lerneute Zustimmung rechts), sondern dafür zu sorgen, daß wir nicht eher einreißen, als bis wie die Sicherheit haben, daß wir wieder aufbauen können. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Darüber hinaus glaube ich, daß für eine so große Reform im gegen⸗ wärtigen Augenblick überhaupt keine Möglichkeit besteht. Wir können in den zuckenden Körper unseres deutschen Wirtschaftslebens in diesem Augenblick nicht noch mit allen möglichen weiteren Reformen hinein⸗ schneiden, sondern wir müssen eine Zeitlang dafür sorgen, daß die Verhältnisse sich beruhigen und setzen, ehe wir versuchen, große Probleme zu lösen, die dann wahrscheinlich, etwas entkleidet der politischen Leidenschaft, auch leichter zu lösen sein werden, als es heute der Fall sein würde. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten)
In diesem Zusammenhang hat der Herr Abgeordnete v. Delbrück die Frage aufgeworfen, ob nicht der Gedanke, die Landesfinanzämter zu Bezirksverwaltungsbehörden aufzubauen, auch nach der Richtung eines Einheitsstaates hinzielte. Ich bemerke zunächst, daß dieser Gedanke nicht von der Reichsregierung oder den Reichsministern aus⸗ gegangen ist, sondern daß es eine der Hauptfragen ist, die der Präsident Carl in seiner Denkschrift aufgeworfen hat und die, wenn die Reichs⸗ regierung sich nicht dem in der Oeffentlichkeit ihr gegenüber erhobenen Vorwurf aussetzen will, als ob sie über diese Denkschrift hinweg⸗ ginge, dem neuen Ausschuß überwiesen werden mußte, damit der Aus⸗ schuß in die Lage kommt, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Per⸗ sönlich stehe ich durchaus auf dem Standpunkt, daß in fast allen Fragen, die das Reich außerhalb seiner Zentralstellen zu entscheiden hat, nicht Reichsbezirksbehörden, sondern Landesbehörden und Ge⸗ meindebehörden die berufenen Träger der Exekutive zu sein haben. (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen) Es gibt allerdings — das wird der Herr Abgeordnete v. Delbrück mir zugeben — einige Fragen, in denen eine so lebhafte Interessenkollision zwischen den Ländern und dem Reiche besteht, daß es nicht möglich ist, sie den Landesbehörden als Richtern in eigener Sache zu übertragen. Wir haben ja während des Krieges zum Beispiel in Ernährungsfragen hinreichend mitein⸗ ander gelernt, daß, wenn es sich darum handelt, das Interesse des eigenen Bezirks — sei es nun eine Gemeinde, sei es ein Land — ab⸗ zuwägen gegen das Interesse des Reichs, die Neigung, zunächst für sich selbst zu sorgen und durch Absperrungsmaßnahmen oder sonstwie zu⸗ nächst die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ehe man ans große Ganze denkt, gerade in der deutschen Bürokratie aller Länder und Gemeinden — übrigens auch des Reichs, da, wo es sich um Ressort⸗ abgrenzungen der einzelnen Ministerien gegeneinander handelt — vor⸗ handen ist; und Hert Abgeordneter v. Delbrück, der ja Oberbürger⸗ meister gewesen ist wie ich, weiß, daß wir auch in den Städten in solchen Fragen häufig in der Lage gewesen sind, zuerst die Ver⸗ pflichtung zu fühlen, dafür zu sorgen, daß unsere eigenen Bürger nicht in Not hineingerieten. In solchen Fällen ist eine kontrollierende
Instanz des Reichs unvermeidlich, und das ist nach meiner Ansicht
das einzige, was die Landesfinanzämter zu leisten haben. Sie zu Verwaltungsbehörden zu machen, trage ich Bedenken.
Ich bin ein viel zu großer Freund davon, daß Fragen, die nicht die Zentrale unmittelbar berühren, in einem engeren Gremium der Selbstverwaltung oder Landesverwaltung gelöst werden, als daß ich mich dazu entschließen könnte, den Macht⸗ bereich der Reichsregierung noch ohne Not auszudehnen. Ich bin vielmehr der Ansicht, daß das Reich alle Veranlassung hat, sich darauf zu beschränken, die große politische Führung in die Hand zu nehmen. Da, meine Damen und Herren, soll allerdings die Reichsregierung nicht mit sich reden lassen. Es geht nicht, daß wir in Zeiten zurückfallen wie etwa die des alten Deutschen Bundes, indem eine Verfügung der Reichsregierung vor der Ausführung seitens der Länder nochmals darauf wieder nachgeprüft wird, ob sie sich mit ihren Interessen und Anschauungen verträgt. In dem Sinne bin ich allerdings — und ich erinnere da an Fragen wie Einwohnerwehr und Orgesch — Unitarist vom rein sien Wasser. Wir kommen in einer Zeit, wo außenpolitische Rücksichten und Schwierigkeiten unsere ganze innere Politik mit beherrschen müssen, nicht durch, wenn es uns nicht gelingt, dafür zu sorgen, daß der einheitliche Wille der Reichsregierung und des Reichstags in den großen politischen Lebensfragen des Reiches sich gegenüber den Ländern und den Gemeinden rücksichtslos durchsetzt.
Also Unitarist in allen notwendigen Dingen, aber Dezentrali⸗ sation überall da, wo kein unmittelbar starkes politisches Interesse eine Mitwirkung des Reiches verlangt. Als alter Selbstverwal⸗ tungsbeamter werde ich in allen diesen Fragen die Tätigkeit meines Ressorts und, soweit ich darauf Einfluß habe, der Reichs⸗ regierung dahin einrichten, daß im Wege der Dezentralisation an Länder und Gemeinden alles abgegeben wird, was die oberste Leitung des Reiches nicht verlangt; und das ist sehr viel. Ich behaupte, daß wir in unserer Gesetzgebung nicht etwa erst nach dem Kriege, sondern — da muß ich Herrn Abgeordneten v. Del⸗ brück widersprechen — auch vor dem Kriege diese Grenze immer inhegehalten haben, und daß wir in Zukunft auf diesem Gebiete vernünftiger werden arbeiten können, als es bisher der Fall ge⸗ wesen ist.
Was schließlich die Frage angeht, ob in meinem Ministerium gespart worden wäre oder nicht und ob überhaupt in der Reichs⸗ regierung im allgemeinen, nicht nur in der Behördenorganisation, sondern auch sonst eine Tendenz zur Verschwendung einsetze, so hat ja der Ausschuß des Reichstages wenigstens meinen Etat einer sehr sorgfältigen Prüfung unterzogen. Ich muß sagen: ich bin mit mehr Bangen hineingegangen, als ich aus diesen Be⸗ ratungen wieder herausgegangen bin; denn herausgekommen ist aus diesen Versuchen, an Einrichtungen und an Aufgaben zu sparen, innerhalb meines Etats außerordentlich wenig. So sehr
ich anerkenne, daß die Behördenorganisationen des Reiches verein⸗
facht werden kann, so wenig kann ich anerkennen, daß alle Auf⸗ gaben, die das Reich auf sich genommen hat, heute etwa will⸗ kürlich und aus einem gewissen Uebermut oder Uebereifer auf das Reich übernommen seien, sondern ich muß behaupten, daß diese Aufgaben fast durchweg infolge einer zwangsläufigen Ent⸗ wicklung an das Reich übergegangen sind. Wenn ich z. B. von dem Ernährungswesen ausgehe, so wissen wir alle, daß das eine Aufgabe gewesen ist, die uns der Krieg auferlegt hat, und die nur
allmählich hat beseitigt werden können. Ich erinnere an die geheure Aufgabe, die fast das ganze Arbeitsministerium erjil das Kriegsversorgungswesen, die einfach eine Folge des Kr ; gewesen ist und die niemand von uns aufgeben mõchte . erinnere an die große Arbeit, die uns Oberschlesien, die besez⸗ Gebiete auferlegen, an die Unterbringung der Beamten, die 3 los geworden sind durch die Abtretung von Cab · othrinyn durch die Verringerung unseres Heeres, unserer Flotte usw. erinnere an die umfassende Schlichtungstätigkeit, die das Reitz arbeitsministerium entfaltet. Alles Aufgaben, die nicht etwa thn Not auf das Reich gekommen sind, sondern infolge des Rries infolge des Friedens und infolge der veränderten Verhãluiss die die Nachkriegszeit mit sich gebracht hat. —
Wenn speziell in meinem Ministerium eine Kulturabteihn entstanden ist und wenn in diesem Zusammenhange außerhalb de Reichstages, weniger hier im Hause, häufig behauptet worden j diese Schulabteilung könne wieder beseitigt werden, da das Echul wesen eine Angelegenheit der Länder sei, so muß ich auch in feststellen, daß der Zustand der Vorkriegszeit, wonach das heit sich um das Schulwesen nicht kümmerte, heute und für alle geit vorüber ist und vorüber sein muß. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und links.) Das ist allein schon deswegen ersordersj meil sonst unser Schulwesen je nach der parlamentarischen gi. sammensetzung der Regierung der Länder völlig ause inanderfaltn würde; denn das ist ganz klar, die bürokratischen Regierungen der Zeit vor dem Kriege bewegten sich alle mehr oder minder in einer gewissen mittleren Linie. Parlamentarische Regierungen 1m ihrerseirs aber genötigt oder geneigt, das Programm ihrer eigenen Bartei oder der Parteien, aus denen sie zusammengesetzt sind, n Durchführung zu bringen. Wenn das Reich es nicht auf sih nehmen würde, einheitliche Grundsätze auf dem Gebiete des Schul. wesens aufzustellen, so würden wir allerdings bald erleben können daß unser Schulwesen in Deutschland so bunt und so verschiehen artig aussähe, daß überhaupt kein Vater mehr, der von einen Ort zu dem eines anderen Landes verzöge, seine Kinder in suh⸗ gemäßer Weise in der Schule des anderen Landes unterzubringen in der Lage wäre, und wir würden wohl erleben, was noch bie wichtiger ist, daß die einheitliche Bildung und die einheitlihe Kultur unseres Volkes rettungslos in Scherben ginge. (etz richtig!
Wir sind deshalb genötigt, auf diesem Gebiete zu arbeiten, m es ist ganz eigenartig — auch das muß ich gegenüber der Rechte
noch einmal betonen — daß so häufig die Forderung erhoben
wird, daß ich diese Gebiete den Ländern überlassen sollte, daß mn aber im einzelnen auf der rechten Seite immer auch dann no nicht zufrieden ist, wenn ich einmal bei einer Detailfrage erllin, daß diese nun tatsächlich nicht mehr vom Reiche einheitlich g regelt zu werden brauche, sondern rechtwohl den Ländern üher⸗ lassen werden könne. Ich erinnere zum Beispiel an die Froh des Religionsunterrichts, wo ich auf Grund der Verfassung dn Standpunkt eingenommen habe, daß die Entsche idung darüber, ch
diejenigen Kinder, die den Religionsunterricht besuchen sollhn,
oder diejenigen, die ihm fernbleiben sollten, eine Erklärung ch. zugeben hätten, den Ausführungsbestimmungen der Länder über lassen werden sollte, weil ich mir sagte, daß die Verfassung nch dieser Richtung hin keine Vorschriften macht (Widerspruch rechtz während von seiten der Rechten zu meinem Etat der Ant gestellt ist, die Angelegenheit in der Weise zu regeln, daß e gesetzt wird, daß nur diejenigen Kinder eine Erklärung abzugeben haben, die den Religionsunterricht nicht besuchen wollen. (Echt richtig! rechts Meine Damen und Herren! Ich sage das ja bar läufig nur in dem Zusammenhange, daß Sie selbst von der Recht den Standpunkt einnehmen, daß es ohne das Reich auf alen diesen Gebieten einfach nicht mehr geht. Wenn Sie von mit ber langen, daß ich sogar eine solche Einzelheit und eine solche Kleiniz keit — — (Zuruf von den D. Nat.: Kleinigkeit?!) — Hen Abg. Mumm, es ist eine Kleinigkeit gegenüber der großen Fray, ob überhaupt Religionsunterricht in den Schulen gegeben werhen soll, eine Kleinigkeit gegenüber den großen Grundfragen, die wir verfassungsrechtlich regeln, im übrigen verkenne ich die Bedeutunß
dieser Frage nicht. — Wenn also verlangt wird, daß auch doe
artige Einzelheiten reichsgesetzlich geregelt werden sollen, so dürsn Sie sich, Herr Abg. Mumm, nicht einige Tage darauf darüber be klagen, daß Schulfragen überhaupt vom Reiche behandelt werden anstatt sie in altbewährter Weise den Ländern zu überlassen. Mu widerspricht sich durchaus.
Ich betone also nochmals: Es mag noch so wünschenthet sein, daß das Reich auf dem Gebiete des Schulwesens in de Einzelheiten seiner Gesetzgebung nicht zu weit geht; manchmu sind die Verhältnisse stärler als ich, die Notwendigkeiten stärker al die grundsätzlichen Anschauungen der Herren von der Recht Auch von der Rechten werde ich auf diesem Gebiete nicht zul gehalten, sondern ich werde von ihr gedrängt. Ueber die einse n Frage, die ich hier als Beispiel vortrug, werden wir uns spiht im Detail weiter unterhalten können. Bemühen werde ich nit immer, in der Einmischung in Einzelheiten des Schulwesens nil zu weit zu gehen.
Meine Damen und Herren! Die Blüte unseres Schulwesen
beruht in letzter Linie auch darin, daß die freudige Anteilnihm der Eltern am Schulwesen, die man so häufig vergißt, deꝛun gesichert ist, daß die Ausgestaltung unseres Schulwesens in feine Einzelheiten eine Angelegenheit kleinerer Gremien, letzten Endel
eine Angelegenheit der Gemeinden gewesen ist. Ich möchte unt
keinen Umständen auch in Zukunft bei der Verwaltung un ett Schulwesens die sorgende Hand der Gemeinden entbehren, die, ni Sie mir alle zugeben werden, einen großen Anteil daran höhen
wenn wir das Schulwesen zu so hoher Blüte gebracht hiber
Wir kommen also auch hier dazu, eine Arbeitsteilung einzufihtin
die die Regelung der großen Grundfragen im Interesse eint
einheitlichen deutschen Kultur dem Reiche zuweist, die dri
hinaus die Aufsicht und die Verwaltung des 3g e ,
mittelgroßen Fragen in die Hand der Länder legt und es sch den Gemeinden überläßt, alle die letzten Dinge zu regeln, we sich doch bei dem Schulwesen um die Angelegenheit der
und im Zentr.) Nun haben die Herren Abgeordneten Dr. Braun und bruck noch einige Einzelfragen angeschnitten, der Herr 35
sorgfältiger Prüfung das einzige Opfer gewesen ist, das der
stinder der einzelnen Gemeinden handelt. (Sehr richtig! bei den 28
ron M heochtt
von Delbtich namentlich auch bie grage des Rreichsfwamenmbenn, Es ist ja interessant, daß das Reichswanderungzamt nach l h -
ju sparen, geschlachtet werden sollte. An einer Stelle hat der Ausschuß ja umge kehrt einen Abstrich des aug in meinem Etat seinerseits wieder hergestellt. Bezüglich . swanderungsamts liegt es nun so, daß dieses Amt, wie der d ernmnete pon Delbrück mit Recht hervorgehoben hat, nicht ii entstanden ist; es ist auch nicht zur Zeit der Revolution . sontern es ist eine Einrichtung, die man während des . Haffen bat, weil man glaubte, die Auswanderung in die ö biete des Ostens in großzügiger Weise betreiben zu sollen. e biese Cinrichtung vorgefunden, ich kann sie aber nicht als ia beeichnen. Die Gefahr daß eine Auswanderung in einem s anem Jahrhundert nicht dagewesenen Ausmaß in Deutsch⸗ cer einsetzen wird, ist ganz gewiß vorhanden Je schmaler Ebtungsspielraum in Deutschland ist, um so größer ist die Ge⸗ Auswanderung. Nun mag ja derjenige, der vielleicht glaubt, n in Deutschland nicht in der Lage sein wird, die 60 Mil- n ernãhren, die bisher dort Nahrung und Obdach gefunden uf den ersten Blick glauben, daß eine solche Auswanderung ic für Deutschland sein könnte. Das ist aber in keiner Weise . Die Auswanderung, die wir in Deutschland zu erwarten st keine Auswanderung mehr, wie sie im Anfang des vorigen snderkz stattgefunden hat, wo der Bauernknecht oder der jüngere eines kleinen bäuerlichen Besitzers auswanderte, um seine Balu zu benutzen, sich eine Bauernstelle draußen, außerhalb sscen Grenzen, zu schaffen, sondern die Auswanderung von ß. da der Boden in der ganzen Welt mehr oder minder ver⸗ werden ist, die Juswanderung von Technikern, von Qualitäts- mn, bon Gelehrten, die ihre Gelehrsamkeit in irgendeiner Form 6 vewerten können, wie z. B. die Chemiker; kurz es ist die derung derjenigen, die wir für den Wiederaufbau unseres undes in allererster Linie notwendig haben. Es ist deshalb erforderlich, daß das Reich die Frage der Auswanderung gamsten Bearbeitung unterwirft, einer Prüfung, nicht etwa Richtung einer Förderung der Auswanderung schlechtweg, dielfach auch einer Bearbeitung dahin, daß versucht werden ie Auswanderung solcher qualifizierten Kräfte zu verhindern nigstens auf ein Notmaß zurückzuführen. (Sehr richtig! bei utschen Demokraten.) zwegen, meine Damen und Herren, brauchen wir ein banderungsamt, wie es während des Krieges geschaffen ist, unter den ganz veränderten Verhältnissen für ganz Aufgaben auch jetzt noch, und es ist ja interessant, daß igene Auffassung, die während der Beratungen im Aus- och in keiner Weise feststand — ich habe im Ausschuß aus- erklärt, daß ich für dieses Amt mich noch nicht voll ver⸗ lch fühle, da es vor meiner Zeit geschaffen worden sei —, ch bestärkt worden ist durch die Meinungsäußerung eines Kreises von Sachverständigen und Interessenten, die ich Zwischenzeit vorgenommen habe und bei der ich in der sien Weise vorgegangen bin. Es wird dabei besonders den Abgeordneten Dr. Braun interessieren, daß namentlich der ir des Deutschen Gewerkschaftsbundes mit der allergrößten und Schärfe und sogar mit einer lebhaften Kritik gegen 6schuß des Reichstags den Standpunkt eingenommen hat, einen Abbau des Reichswanderungsamts unter keinen den herangegangen werden dürfe. (Zurufe des Abgeord⸗ r. Braun (Franken) — Gewiß, Herr Dr. Braun, ich mute leine Unterwerfung unter den Willen des Gewerkschafts⸗ zu, aber ich darf diese Tatsache Ihnen doch zur Erwägung litten, weil wir doch gewiß alle auf dem Standpunkt daß die Stimme des Vertreters des Gewerkschaftsbundes, ionen von Arbeitern und Angestellten repräsentiert, der n Beachtung wert ist. (Abg. Dr. Braun Franken: Das e persönliche Auffassung des Vertreters) — Der Gewerk⸗ nd war eingeladen, er hat im Namen des Gewerkschafts⸗ die Erklärung abgegeben, Herr Dr. Braun, und nicht sönliche Auffassung vertreten. Aus diesem Grunde bin kenötigt, meine ursprüngliche Meinung, als ob auch auf Hebiete Abstriche leicht möglich wären, einer gewissen iu unterziehen und es für notwendig zu erklären, daß tinander noch einmal diese Frage einer eingehenden Prü⸗ tetziehen. Es handelt sich dabei nicht nur um den Ge⸗ fäöbund, es handelt sich dabei um die Vertreter aller E an Fragen der Auswanderung, des Gewerkschafts⸗ der Sozialpolitik interessierten Kreise. Ich erinnere zum nur an den evangelischen Hauptverein, an den Raffael⸗ in die christlichen Gewerkschaften, an alle die Ver— ben und Sachverständigen, die Siedlungsfragen und Fragen nunddeutschtums als Gegenstand ihrer Tätigkeit ansehen. st im ganzen gegen das Reichswanderungsarnt und seine ' in dieser Beratung überraschend wenig vorgebracht Es ist auch hervorgehoben worden, daß der Abbau der fen lediglich zur Folge haben werde, daß an Stelle seigstelln private Organisationen treten müssen, die, Damen und Herren, wenn sie die Aufgaben dieser Zweig⸗ ibernehmen wollen, nach allen Erfahrungen keineswegs ind, auf die Dauer umsonst zu arbeiten, sondern die neden, daß das Reich ihre Tätigkeit unterstützt. Bei hrioten Organisationen kommt dann immer wieder in aß sie ganz verschieden arbeiten je nach den Kreisen, aus zervorgegangen sind, und je nach den Kreisen, für die tin. Es ist 3 P. interessant, daß ich die Absicht hatte, . deutschen Auslandsinstitut die Errichtung der Zweig⸗ ö ö und daß sich sofort aus Köln, aus Zen trums⸗ 4 n . ein Sturm des Protestes dagegen er⸗ . das Verlangen gestellt worden ist, daß man nicht ere ah antatnstttat dort zu der Arbeit heranziehen solle, . . Reine eigene Zweigstelle in Köln schaffen oder k. edürfnissen besonders gerecht werdende I uftestelle gründen solle. Also die Möglichkeit, die n ohne weiteres zu beseitigen, scheint mir nicht gegeben Ih hoffe und glaube, daß wir uns bei einer nochmaligen a mec über diese Frage näher verstãndigen . daß sich der Reichstag entschließen möge, hier . ö Beschluß zu fassen, sondern eine nochmalige hen mr. vorzunehmen. . sih en Dr. Braun und der Herr Abg. v Delbrüc . . mit den Polizeifragen meines Min isteriums .. 1 muß ich sagen: Es kommt sehr häufig die em Reichstag heraus — und Herr v. Delbrück
‚usschusses,
K . ĩ te. einmal klarzumachen, in welchem g von allen Parteien des Reichstags fast täglich kleine Anfragen gerade auf polizeilichem Gebiete an mich i Anlegen gerade aus; Ockte gericht en. Keine Tätigkeit des Reichsministeriums des Innern erfreut sich einer so lebendigen Anteilnahme des Reichstags als gerade die polizeiliche, und zu meinem lebhaften Bedauern liegen zurzeit die Verhältnisse so, daß die Möglichkeit einer polizeilichen Betätigung seitens des Reichsministeriums des Innern fast durchweg fehlt. Sie sehen, daß jede kleine Anfrage auf diesem Gebiete von mir dahin beantwortet wird, daß e betreffende Landesregierung die und die Auskunft ; b . daß wie Re. g ; gegeben habe, und 5 eichs regierung mangels eigener Organe nicht in der Lage sei, diese Auskunft nachzuprüfen. Wir haben keine Polizei von Reichs wegen, und ich glaube, daß wir auch nach 8 Richtung in kurzer Zeit spüren werden, wie groß die Gefahr ist daß unsere Reichseinheit und die Ordnung im Reich auseinander fällt, wenn dem Reich nicht ein gewisses Maß von Mitwirkun in polizeilichen Angelegenheiten eingeräumt wird. Ich werde ö in letzter Zeit in nicht unerheblichem Umfang , gemacht für alle möglichen Dinge, die auf polizeilichem Geben geschehen. Ich werde verantwortlich gemacht von der Linken und von der Rechten. Ich kann in diesem Zusammenhange nur noch einmal feststellen, daß ich, solange nicht irgendwo im Reiche ein Aus nahmezustand besteht, überhaupt keine Möglichkeit habe dolizeiliche Anordnungen zu treffen oder die Anschauungen des Reiches auf dem Gebiete der öffentlichen Sicherheit bi,, ,. Es ist grundfalsch, wenn ich zum Beispiel verantwortlich a macht werde für das Tempo und die Art, mit der die Orgesch behandelt wird, oder für die Art, mit der der Kommunismus in Deutschland bekämpft wird. Ich kann nur sagen, daß ich irgendwelche Zuständigkeiten überhaupt nicht habe, daß ich nicht einmal die Möglichkeit polizeilicher Ermittelungen auf diesem Gebiete habe. Was auf diesem Gebiete früher von Reichs wegen geschehen ist, in der ersten Zeit nach der Revolution, ist inner⸗ halb des Reichswehrministeriums geschehen auf Grund der besonderen und vielfach bekämpften Organisationen, die das dieichswehrministerium sich zugelegt hatte. Diese Organisationen sind fast durchweg beseitigt, und es fehlt heute im Reich irgend— eine Möglichkeit der Einwirkung auf diesem Gebiete. Ich muß also im Gegensatze zu Herrn Delbrück sagen, daß wir nicht zu⸗ viel polizeiliche Befugnisse im Reiche haben, sondern zu wenig. . Wir werden nicht nur auf politischem Gebiete, sondern auch im Kampfe gegen das internationale Verbrechertum in Deutsch⸗. land überhaupt nicht mehr durchkommen, wenn man uns nicht in die Lage setzt, durch eine Reichskriminalpolizeibehörde inter⸗ nationale Verbrecher unter Kontrolle zu nehmen und von Reichs wegen zu verfolgen. Da ist die Entwicklung über die Landeshoheit eben weit hinausgegangen. Der moderne Verbrecher bekümmert sich auch nicht mehr um die Landesgrenzen, sondern sucht dort seinen Gewinn zu erzielen, wo es ihm vorteilhaft erscheint. Heitere Zustimmung) Und bei allem Bestreben, den Födera⸗ lismus im Reiche aufvechtzuerhalten, werden wir in unserer Bekämpfung des BVerbrechertums unter den Schlitten geraten, wenn wir uns nicht von Reichs wegen um diese Angelegenheiten lümmern. , . Was nun meine Sünden auf diesem Gebiete angeht, freue ich mich, daß der Herr Abg. Braun, wenn auch noch etwas zögernd, meine Rede in Bremen nicht als etwas Unerlaubtes hingestellt hat. Ich habe ja dieselbe Auffassung im Aus— schuß zu meiner Freude von Herrn Abg. Bauer entgegen⸗ nehmen können. Wenn Sie im parlamentarischen Regime nicht zulassen wollen, daß die Reichsminister dort öffentlich Stellung nehmen, wo sie glauben, daß ein wertvolles und wichtiges Interesse des Reiches gefährdet sei, dann sabotieren Sie das parlamentarische System. Dieses Recht wird jedem Minister auch in Zukunft eingeräumt werden müssen. Die Frage, ob von meinem Ministerium aus überhaupt keinerlei Mitwirkung der Gewerkschaften bei der Einstellung von Beamten geduldet werde, muß ich mit aller Entschiedenheit ver⸗ neinen. Es ist ganz unausbleiblich, daß, wenn Beschwerden an die Reichsregierung von ernsthafter Seite ergehen, diesen Beschwerden nachgegangen wird, und daß in solchen Fällen Anfragen an die Landesregierung gerichtet werden. In diesem Falle ging die Be⸗ schwerde darauf, daß ausschließlich vor der Zustimmung der Ge⸗ werkschaften die Einstellung in die Sicherheitspolizei abhängig ge⸗ macht würde. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß, wenn eine solche Beschwerde ergeht, eine Anfrage an die beteiligten Minister gerichtet werden muß, und der zuständige Minister hat sich mir zu einer persönlichen Besprechung in dieser Frage in den nächsten Tagen angeboten. Ich bin überzeugt, daß auch ohne diese Er⸗ örterung hier im Reichstag die Frage zu gegenseitiger Befriedi⸗ gung würde gelöst werden können. Ebenso, meine Damen und Herren, muß ich den Vorwurf zu⸗ rückweisen, als wenn in meinem Ministerium beim Reichs⸗ wasserschutz in der Frage des Kapp⸗Putsches und der Verfolgung der Unrechtmäßigkeiten, die während des Kapp⸗Putsches begangen worden sird, irgendwie eine zögernde Haltung obgewaltet hätte. Der Fall, den der Herr Abg. Braun mir mitgeteilt hat, ist mir bisher nicht bekannt gewesen. Ich werde feststellen lassen, ob er in meinem Ministerium eingegangen ist, was der zuständige Dezer⸗ nent heute bereits bestreitet. Ich kann aber dem Herrn Abgeordneten Braun erklären, daß anläßlich des Kapp⸗Putsches eine ganze Reihe von Disziplinierungen und Dienstentlassungen auf Grund einer sorgfältigen und objektiven Untersuchung beim Reichswasserschutz stattgefunden hat. Ich glaube, daß meine Haltung bei dem Kapp⸗ Putsch mich vor dem Vorwurf schützen sollte, als wenn ich beab⸗ sichtigte, etwa mit verschiedenem Maße nach rechts und links zu messen. Meine Damen und Herren! Meine Aufgabe in dieser schweren und gefährlichen Zeit kann es nur sein, sowohl nach rechts wie nach links, überall da, wo einzelne Wirrköpfe oder auch eine größere Zahl von solchen eine gewaltsame Umstürzung unserer Verfassung sich zum Ziele setzen, gleichmäßig mit Entschiedenheit die Verfassung aufrechtzuerhalten. Ich bin nicht der Meinung, daß eine Verfassung. die im Willen der großen Mehrheit unseres Volkes gegründet ist, überhaupt noch von der einen oder anderen Seite mit Gewalt um⸗ gestürzt werden kann. Ich bin aber der Meinung, daß unser Wirt ⸗ schaftsleben auch Versuche auf diesem Gebiete heute nicht mehr
in der Lage bin, auch in Zukunft darin sehen, solchen Gewalttãtig⸗ keiten, unbekümmert, woher sie kommen, entgegenzutreten.
Schließlich hat der Herr Abgeordnete v. Delbrück dann noch die Frage der besetzten Gebiete und der Behandlung der Beamten im besetzten Gebiet angeschnitten. Meine Damen und Herren! Auch da darf ich eine Einigkeit dieses Hauses feststellen, indem ich konsta⸗ tiere, mit welch berechtigter Entrüstung das Haus davon Kenntnis nimmt., daß die Uebergriffe der interallüierten Kommission gegenüber pflichtgetreuen Beamten der Reichsregierung und der Länder in der letzten Zeit nicht im Abnehmen, sondern in raschem Wachsen be⸗ griffen sind. (Allseitige lebhafte Rufe: Hört, hört) Es ist zum Beispiel völlig unerträglich, die Reichs vermögensverwaltung im be⸗ setzten Gebiet in der Form zu führen, daß die Beamten der Reichs⸗ vermögensverwaltung nicht mehr das Recht haben sollen, übertriebenen Forderungen der Besatzungsbehörde sich zu widersetzen. (Hört, hört! und Sehr wahr) Wenn das der Fall wäre, so würde die Mög⸗ lichkeit für diese Beamten, auf die Rechte der Reichs vermögens verwaltung hinzuwirken und sie zu schützen, überhaupt nicht mehr gegeben sein. Wir müssen also hier, wie bei den übrigen Ueber⸗ griffen, die sich gegenüber den pflichtgetreuen Beamten im besetzten Gebiete die Entente hat zuschulden kommen lassen, nicht aufhören, dagegen ju protestieren, und wir haben immer wieder zu betonen, duß das Rheinlandabkommen, das lediglich die Sicherheit und den Unterhalt der alliierten Truppen zu gewährleisten bestimmt ist, nicht die geringste Handhabe dazu bietet, in die Verwaltung des Reiches und der Länder fortwährend mit rauher Hand in einer Form ein⸗ zugreifen, die darauf berechnet ist, unsere Beamten einzuschüchtern. (Lebhafte Zustimmung) Meine Damen und Herren! Ich bin trotz⸗ dem überzeugt, daß unsere pflichttreue Beamtenschaft sich in ihrem Benehmen und in ihrer Haltung dadurch nicht beeinflussen läßt, und ich schließe, indem ich der gesamten Beamtenschaft des besetzten Gebiets unseren Dank für die schwere, aber wertvolle Arbeit zum Ausdruck bringe, die sie in diesen, neuerdings noch mehr erschwerten Verhältnissen im Interesse unseres Vaterlandes geleistet hat, was ihr unvergessen bleiben soll. (Lebhafter Beifallh
8). Sitzung vom 10. März 1921, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *))
Die allgemeine Aussprache über den Haushalt des Reichsministeriums des Innern wird forigesetzt. Abg. Dr. Schreiber (3entr.): Der Etat des Innern bietet einen Blick in die Herzkammer des deutschen Volkes, er ist ein Gradmesser der deutschen Volkswohl fahrt, der Volksbildung und Volkspflege. der Sittlichkeit und der Volksgesundheit. Die Aus⸗ gaben für die Bekämpfung der Tuberkulose und der Säuglings sterblichkeit sind ein erschüͤtternder Hinweis auf die Schwãchung unserer Volkskvaft. Der Etat des Innern ist weiter ein Wert⸗ messer für die geistige Kulturhöhe des Volkes und auch für den Verfassungswillen unseres Volkes. Das Jugendwohlfaährtagesetz ist e de wir begrüßen es im Interesse der Jugend, die der sittlichen Gefährdung unterliegt, wie nie zuvor. Eine riesen⸗ hafte Welle des Materialismus geht durch daz ganze Volk. Er a sich aus in Schiebertum, Wuchertum, Luxus und Ent⸗ ittlichung. Die ser Materialismus gefährdet nicht nur die Jugend und die ö sondern auch den Staatszweck. Wir wissen wohl, daß ein Gesetz als solches mit seinen Paragraphen noch kein Besserung schaffen kann, aber wir legen Wert darauf, daß der Wille des Gesetzgebers und der Geist des Gesetzes mit ernstem Nachdruck gegen den materialistischen Geist sich einstelle, und daß r,. Gesetze von einer starken moralischen Unterstützung des olkes getragen sinb. Der Staat muß Fühlung nehmen mit den religiösen und kulturellen Organisationen. In diesem Sinne be⸗ . wir das Jugendwohlfahrtspflege⸗Gesetz und andere Maß⸗ nahmen, die vorbereitet werden, auch das kommende Gesetz gegen die Schmutz, und Schundliteratur. Wir müssen bedauern, daß ein ernstes Berliner Blatt sich am 16. Februar als Wächter gegen die Anschläge einer dunklen Gesetzgebung auf dem Gebiete der Kunst aufspielt, und von einer neuen Lex Heinze redet. Das sind Uebertveibungen. Glaubt man etwa im Ernst, daß dieses Mini⸗ sterium des Innern, in dessen Etat die Forderungen für die Wissenschaft so erheblich erhöht worden sind und das einen Reichskunstwart angestellt hut, etwas gegen die Kunst unternehmen werde? Es handelt sich um leere Schlagworte. Heute sollten wir alle zusammenstehen, um unser Volk auf sittlicher Höhe zu halten. Die Einmütigkeit bei Verabschiedung des Lichtspielgesetzes war erfreulich, und das kommende Gesetz zur Bekämpfung der Schund⸗ und Schmutzliteratur ist nur eine Konsequenz des Lichtspiel⸗ gesetzes. Die Voraussagen daß dieses Gesetz den Ruin der Licht⸗ pielindustrie bedeuten würde, sind nicht eingetroffen. Unsere ilmindustrie kann den Kampf mit dem Ausland sehr wohl auf⸗ nehmen. Immerhin muß der Film noch auf ein höheres kultur⸗ förderndes Niveau gebracht werden, der Kultur⸗ und Leurtilm muß alle anderen überwinden. Den Entwurf des Reichaschul⸗ gesetzes werden wir mit Ruhe und Sachlichkeit, aber auch mit allem Nachdruck daraufhin prüfen, ob er dem Sinn und dem Geist der Lerfassung von Weimar gerecht wird. An den Verein⸗ barungen von Weimar darf nicht gerüttelt werden, weder im Freistaat Sachsen noch anderswo. Angesichts der Pariser For⸗ derungen und der schweren Wiedergutmachnungslasten braucht unser deutsches Volk im Innern Ruhe und Sammlung und die Zusammenfassung aller seiner Energie und Lebenskräfte. Was wir aber jetzt nicht gebrauchen können, ist der innere Kampf, die gegenseitige Zerfleischung. wenn eine Weltan schauung gegen die andere, eine kulturpolitische Auffassung gegen die andere steht. Wir haben in dieser Beziehung in Elsaß— Lothringen und Oberschlesien schmerzliches Lehrgeld bezahlt. Die Schulpolitik eines außenpolitisch gefährdeten Volkes verlangt das größte Maß von Bedachtsamkeit und Toleranz. Wenn in einzelnen Gliedstagten das Verständnis hierfür nur gering sein sollte, so hat das Reich von sich aus ausgleichend zu wirken, mit jener Energie, mit jenem Ernst und Verantwortungsgefühl, die sich daraus ergeben, daß die Innenpolitik nie und nimmer die außenpolitischen Zusammenhänge übersehen darf. Die Bestimmung der Verfassung, wonach der Wille der Erziehungsberechtigten zu berücksichtigen ist, ruft die Familie zur Anteilnahme an der Schul⸗ gestaltung und am Schulbetriebe und damit zur Anteilnahme am öffentlichen Leben überhaupt auf. Das ist ein großer Gewinn, denn dadurch wird das staatsbürgerliche Selbstbewußtsein geweckt. Die Privatschulen haben ein großes Stück Erziehungs- und Kultur⸗ arbeit geleistet, und besonders auf dem Gebiete der Mäd henerzie⸗ hung wird den Privatschulen ein ehrender Platz gesichert bleiben. Die Privatschulen befinden sich zurzeit in finanzieller Bedrängnis. Es wäre bedauerlich, wenn das blühende e infolge der finanziellen Krisis eine Verkümmerung erfahren würde. Noch bedauerlicher wäre es, wenn die Privatschulen in den besetzten Gebieten ihre erfolgreiche Tätigkeit nicht weiter würden ausüben können. Gerade diese Schulen haben Tausende von Zöglingen aus dem inneren Deutschland erzogen, gerade diese Schulen haben Tausende von kulturellen Fäden nach Innerdeutschland gesponnen. Daher wäre auf das tiefste zu beklagen, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit der rheinischen Privatschulen . geschwächt würde daß sie nicht in demselben Umfange wie früher Röglinge aus Innerdeutschland aufnehmen lönnten. Ein solcher Nüdgang wäre geradezu als ein politisches Defizit zu buchen. Die katho⸗ lischen Schulen in den besetzten Gebieten haben hervorragende
erträgt, und ich werde deshalb die Aufgabe meines Ministeriums,
' bitder Ausdruck. gegeben — als wenn das Reich
soweit ich bei der beschränkten Zuständigkeit des Reiches dazu heute
Mit Auenabme der Reden der Herren Münister, die im Worktlaute wiedergegeben werden.