Deutscher Reichstag. 82. Sitzung vom 12. März 1921, Vormittags 10 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)
Auf der Tagegordnung steht die Entgeßzennahme einer Erklärung der Reichsreg erung die Berhandlunßen in London. Das Haus ist sast vollzählig, die Tribünen sind übervoll besetzt. An ben Re⸗ gierungstischen sind neben dem Reichskanzler und fast dem — Reichskabinett die nach Berlin berufenen Bot⸗ . sowie zahlreiche Vertreter der einzelnen Länder er⸗ chienen.
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 10 Uhr 25 Minuten.
Ein Ersuchen des Reichsministers des 52* um Ge⸗ nehmigung zur Strafverfolgung des Abg. Höllein (Komm) wegen Beleidigung wird dem nch Sordnungsausschuß überwiesen.
Von der vorläufigen andesversammlung von Kärnten ist ein Telegramm des Inhalts ein⸗ egangen:
94 „Die Landesversammlung nimmt mit Bedauern Kenntnis von
der Vesetzung weiterer deutscher Gebiete durch die Ententetruppen;
sie richt sus diesem Anlaß ihre herzliche Anteilnahme aus und
bersichert, daß durch diese neue Gewalttat das Gefühl der Hu⸗
sammengehöcigkeit zu Deutschland in uns nicht erschttert werben 1
kann (Lebhafter Beifall) Die Landesver 4 ist der Ueber ⸗ e
Nn daß, es deutscher Tatkraft, deutschem Fleiß und deutscher 6 ingen wird, auch die . dieser neuen Gewalttat u übermihden und den wirtschaftlichen und kul turellen Aufftieg des eutschen Volkes zu sichern.“
Reichsminister der auswärtigen Angelegenheiten Dr. Simons: Meine Damen und Herren! Die Erklätung, die ich heute namenz der Reichsregierung vor Ihnen abzugeben habe, wird sich darstellen als ein Rechenschaftsbericht der deutschen Delegation über ihre Tãtig⸗ keit auf der Konferenz in London und als eine Mitteilung über die Absichten, die die Deutsche Regierung angesichts der Grgebnisse der Londoner Konferenz hat.
Die Londoner Konferenz ist eine Fortsehung von Spaa und ein Ersatz für Genf. Sie wissen daß uns in Saas eine solche Konferenz dersprochen worden war; denn Spaa, das zum ersten Male an die Stelle des unfruchtbaren Notenwechsels eine Verhandlung von Mann zu Mann zu setzen bestimmt gewesen war, Spaa hatte die eigentliche Daupt. und Kernfrage der wirtschaftlichen Nöte unserer Zeit, die Frage der Reparation, unbeantwortet gelassen. Wir hatten Anspruch darauf, daß die Behandlung dieser Reparationgfrage horgenommen werde auf einer Konferenz in einem neutralen Lanbe. Das war nicht ohne Wichtigkeit für uns, benn man konnte hoffen, daß in einem neutralen Lande die ganze Reparationsfrage unter einem umfassen⸗ deren, mehr internationalen Gesichtspunkt hätte in Angriff genommen und vielleicht gelöst werden können. Aber wenn uns nunmehr statt einer Einladung nach Genf eine Einladung nach London zuging, so konnte die Deutsche Regierung nach ihrer Ueber zeugung sich einer solchen Sinladung nicht versagen. Zu groß war für ung dag materielle
Interesse daran, daß wir endlich einmal über den Umfang unserer
Verpflichtungen aus dem Friedengbertrag Klarheit bekamen. Wir konnten nicht formaler Vorteile halber den großen sachlichen Vorteil aus der Hand geben, der in einer endgültigen Einladung zu münd.
lichen Verhandlungen über die Reparationsfrage, sei es auch, wohin
immer, lag. Die Konferenz in Lonbon hatte, als wir uns zu ihr entschlossen, außerordentlich starke Hindernisse für das Gelingen gegen sich. Diese Hindernisse sind hauptsächlich durch die vorhergegangene Konferenz in Paris entstanden. Denn, wie ich immer hervorgehoben habe: mit dem Moment, wo die Alliierten, allein auf ihre eigene Einsicht gestützt, hre Forderungen ziffernmäßig der Welt und uns verkündigten, hatten sie sich so festgelegt, daß sie schlecht wieder davon herunter konnten, und naturgemäß mußte sich als Gegenwirkung gegen diese einseitige Festlegung der Alliierten dem deutschen Volke eine feste Meinung über die Annehmbarkelit oder Unannehmbarkeih dieser Forderungen bilden, die ihrerseits auch wieder einer Festlegung gleichkam. Es hat sich hier klar gezeigt, daß nur dann Aussicht auf Verständigung be—⸗ steht, wenn die beiden Hauptfaktoren, aus denen die Reparationspflicht Deutschlands abgeleitet werden muß, in beiderseitigem, eingehendem Studium geprüft und mitelnander in Einklang gebracht werden. Diese beiden Hauptfaktoren sind nach dem Friedensvertrag von Ver- sailles einerseits der Schaden, der durch den Krieg angerichtet worden ist, und zwar in dem Umfange, in dem wit ihn durch den Frieden. dertrag übernommen haben, andererseits — auch das steht im Ver · trag — die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die nicht durch die Forderungen auf Schadenersatz, die man an sie stelll, zerstört werden darf. Gerade deswegen, weil die leidenschaftslose und sorg⸗ sältise Prüfung dieser beiden Faktoren unbedingtes Erfordernis fült eine Verständigung gewesen wäre, hatte ich im Frühherbst bes vergangenen Jahres angeregt, vor jeder weiteren Zusammenkunft eine solche Prü. fung durch Sachverständige beider Teile in die Wege zu leiten. Es ist schade, daß die Wege, die man hier beschritten hat, die zu der Konfereng in Brüssel geführt haben, nicht bis u Ende welter ge- gangen worden sind. Darauf ist es hauptsächlich zurückzuführen, wenn wir jetzt mit Bedauern seststellen milssen, daß die Sondoner Konferenz ein Fehlschlag war. Zweimal haben in Brüssel Sachvderständige ver sucht, dem großen Problem näherzukommen, einmal die sach-= derständigen Finanz und Wirtschaftsleube, die der Völkerbund dorthin zu sammenberufen hatte. Ihnen wurde die Arbeit dadurch erschwert, daß sich Frankreich jedem Hereinziehen der Reparationsfrage in die Unterhaltungen widersetzte, daß Frankreich dadurch den eigentlichen praktischen Wert der Unterhaltungen auf ein sehr geringes Maß zurückschraubte. Zum zweiten Male kamen die Sachwverständigen der Alliierten und die Sachberständigen Deutschlands in Brüssel zu⸗ sammen, und durch sie sind doch eine ganze Anzahl von Aufklärungen geschaffen worden. Diese Auftlärungen konnten aber nicht zu Ende dommen, weil die Sachberständigen der Alliierten, ehe die sämtlichen Probleme erörtert waren, ehe die beschsossenen Gingelverbandlungen der Wirtschaftstenner stattgefunden hatten, einen zu sammenfassenden Bericht an ihre Regierungen gerichtet haben, der unseren Sach⸗ derständigen nicht zur Gegenprüfung übermittelt worden ist. Dieser Bericht ist nicht einmal zu unserer offiziellen Kenntnis gelangt. (Hört, hör Wir kennen nur Auszüge aus der gegner schen Presse. Wie l man bei derartiger Behandlung einer Lebensfrage der europäischen schaft hoffen dürfen, daß nunmehr die Politiker es sertig bringen, endgültiges und angemessenes Ergebnis zu erzielen. (Sehr wahrh Inter diesen ungümtigen Auspizien wurden die Vorbereitungen
7 Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben werden.
ber
für London unternommen. Diese Vorbereitungen haben sich zunächst auf ei ö eingehende Prüfung der Pariser Beschlüsse erstreckt . ung hat stattaefunden durch die hingebende und auf— opferunggvolle Tätigkeit einer großen Anzahl von Sachverstãndigen aus allen Teilen Deutschlandg. die sich aus ihren dringendsten Beruf
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geschäften herausqerissen haben, um dem Vaterlande ihre Kenntnisse
zur Verfügung zu stellen. Ich halte es für meine Pflicht auch von dieset Stelle aus den Sach verständigen, die in wochenlanger Arbeit
ihre Kritik an den Pariser Beschlüssen geübt und diese Kritik in
einem geradem vorzüglichen gemeinschaftlichen Gutachten niedergelent haben, hiermit den ausbrücklichen herzlichen Dank der Reichsregierung auszusprechen. (Ldebhaftes Bravol bei den Renierungsparteien und rechts.)
Aus der Tätiakeit der Sachverständigen hat sich außer der Denk. schrift, don der ich eben sprach, und die Ihnen in dem Weißbuch vorlieat, auch noch eine andere Denkschrift ergeben, die im Reichg. finanzministerium ausgearbeitet worden ist, und die sich hauptsächlich mit einer Gegenkritik, einer Besprechung und Widerlegung der Denk schrift der Sachverständigen der Gegenseite befaßt, soweit uns jene Denkschrift bekannt geworden war. Die im Finanzministerium aus. gearbeitete Denkschrift hat hauptsächlich zum Ziele gehabt, die finan / zielle Leistungsfähigkeit Deutschlands im Gegensatz zur wirtschaft⸗ lichen, die etatsrechtlichen und budgettechnischen Verhältnisse Deutsch⸗ lands auseinanderzusetzen und über die steuerlichen Leistungen Deutsch⸗ lands mehr Licht zu verbreiten, als das trotz ein gehenden Studiums der gegnerischen Sachverständigen bisher gelungen wat.
Darüber hinaus aber hatte die Regierung im Einverständnis mit den Führern der Parteien beschlossen, schon bei der ersten Stelling— nahme zu den Pariser Beschlüssen die Zusage zu geben, daß wir nun⸗ mehr mit unsern Gegenvorschlägen an die Alliierten herantreten würden.
Meine Damen und Herten, das wat ein kühnes Versprechen. Nicht umsonst hatten wir so lange gezögert, bon der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die uns der Friedensbertrag an sich gab. Der Friedens- vertrag enthält eine Bestimmung, wonach es der deutschen Regierung freistand, innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Frist an die Alliierten Gesamtvorschläge über die Erledigung des Reparations⸗ problems heranzubringen, über die dann eine Verstandigung zu erzielen gewesen wäre. Die Frist ist an sich längst abgelaufen; sie ist aber teils ausdrücklich, teils stillschweigend immer wieder verlẽn gert worden, sie ist namentlich dadurch verlängert worden, daß man dieses Reparationeproblem auf die Tagesordnung der Konferenz von Swaa gesetzt bat, und daß man diese Tagesordnung von Span auf unbestimmte Zeit für Genf und später für London dertagt hatte.
Ja, meine Damen und Herren, es ist der deutschen Regierung von vielen Seiten im Auslande und im Inlande zum Vorwurf ge⸗ macht worden, daß sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch ge⸗ macht hat. Dagegen darf ich nur auf folgendes hinweisen: Be— stimmte Vorschläge über deutsche Leistungen zu Reparationszwecken waren troß allen Ueberlegens fast unmöglich, solange der Umfang der deutschen Wirtschaftskräfle schon in rein territorialer Beziehung
so ins Ungewisse gestellt war, wie das der Friebensvertrag tut Ich
will gar nicht auf die xigentümlichen Verhältnisse des Saargebiets und des Rrheinlandes hinweisen. Ich will nur auf den Punkt hin-
weisen. der uns ietzt Allen besonders am Herzen liegt, auf die Un. sicherheit über Oberschlesien. Was auch dagegen gesegt worden t
— Oberschlesien ist und bleibt für Deutschland eine Lebensfrage (ehr richtig), und die deutschen wirischaftlichen Kräfte hängen für die Zukunft dabon ab, ob Oberschlesiens Industrie und Produktion deutsch bleibi oder nicht. (Lebhafte Zustimmung] Wenn man darauf hingewiesen hat, daß in früheren Zeiten andere Stimmen auch von deutscher Seite nach dieser Richtung hin eltänt sind, so erwidere ich: damals waren wir nicht der elsaß - lothringischen Erze und der Saarkohle beraubt, damals lag die deutsche Wirtschaft in
ganz anderer Fülle vor uns als heute Wiederholte lebhafte Zu
stimmung) Mit dem Umfang, in dem sich die deutsche Wirischaft. kraft durch den Friedensdertrag verringert hat — urd sie hat sich um vieles mehr verringert, als ich eben angedeutet babe steigert sich die Bedeutung der oberschlesischen Wirtschaft für uns, und des.
wegen hat in London Oberschlesien eine so überragende Rolle bei
den Verhandlungen gespielt Dazu kam aber, daß in demselben Augenblick, wo die beutsche
Regierung begann, die Gegenvorschläge zu erwägen, die deutsche
Währung in einen solchen Sturz hineingerissen wurde, daß sich von Monat zu Monat die Unterlagen unserer wirtschaftlichen Gristenz veränderten. Auch das hat die Ausarbeitung don einseitigen Vor · schlägen Deutschlandé sehr erschwerk, wenn nicht unmõglich gemacht; denn das sogenannte Valutaelend, meine Damen und Serren, barũber ist sich jetzt wobl alle Well einig — kann nicht von einer einzigen Nation gelöst werden; es kann nur gelöst werden von einem ein · mütigen Zusammenarbeiten aller Völker; derer mit starker und dere mit schwacher Valuta. (Sehr richtigh
Gin weiterer Punkt war der, daß für die nächsten Jahre auf Grund des Versailler Friedens der deutsche Dandel nach den der schiedensten Richtungen hin gehemmt und gefesselt ist Wir hatten die Aussicht, mit diesem oder jenem Sand eine Grleichterung der schweren Bestimmungen zu bekommen Solange aber nicht das deutsche Gewerbe und der deutsche Dandel von diesen Feffeln befreñ waren, solange wir nicht wußten, daß wir mit gleichem Recht wieder in die Reihe der handeltreibenden Nationen eintreten, waren unsere Zulagen in wirtschaftlicher Beziehung auf Sand gebaut; denn ede Schärfung der Demmnisse und der Dindernisse, die der Vertrag ung aufrichtet, konnte die Berechnungen über den Haufen werfen. Auch darin lag eine Voraussetzung, die erst geregelt werden mußte, ehe wir unsere Gegenvorschläge machen konnten.
Wenn wir uns nun trotzdem entschlossen haben. jetzt schon mit Gegenvorschlägen herdorzutreten. so war uns gang klar. daß hier schließlich politische Gesichtz punkte den Ausschlag geben mußten. Die Gegner waren darauf versessen, Klärung der Neparationsfrage herbeizuführen. Wir hatten die An⸗ drohung der Zwangsmaßnahmen, die in Paris gegen uns ersonnen worden sind. Unter diesen Umständen war es Pflicht gegenüber unserem deutschen Volk,. Pflicht namentlich gegenüber denjenigen Teilen der Bevölkerung, die durch die angedrohten Zwangs moßnahmen in erster Linie in Mitleidenschaft gezogen wurden, daß wir auch trotz der Hindernisse versuchten. zu klaren Gegendorschlägen zu kommen.
Ueber die Frage, nach welcher Richtung hin sich diese Gegen · dorschläge bewegen würden, ist naturgemäß auch in den Kreisen jener Sachvderständigen verschiedentlich gesprochen worden, und noch in der letzten Sitzung der Sacher ständigendersammlung hat darüber eines
sbgar berechtigt, ju sagen, daß es sehr zweifelhaft war, ch.
in möglichst baldiger Frist eine
der Mitglieder einen außerordentlich sichtvollen Vortrag * dem die sämtlichen Vorschläge, die gemacht wurden, Revue passierten. Für keinen dieser Vorschläge war 22 wältigende Mehrheit der Sachverständigen zu geminnen. X für irgendeinen der positiven Vorschläge eine klare Melg handen war. ** Dagegen war eins allerdings klar: daß die große Mace Sachbersländigen die Leistungsfähigkeit der deutschen Win die nächste Zeit gering einschlug und ganz außerordentlich dil. als die Gegner. Nach der Richtung hin darf ich hier * keiner der beteiligten Sachverständigen für die Höhe der R die wir nachher gemacht haben, verantwortlich ist. (Hört, z ö Diese Gegenvorschläge sind aus politischen Gründen 2
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worden, allerdings nach Anhörung sehr tüchtiger und sehr ar
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Männer, im Amt und außer dem Amt, und nach sorgfältige
aber nicht auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses von Sucha n =.
sondern auf Grund der Verantwortlichkeit der Regierung ch gut! bei den Deutschen Demokraten) und zwar in letzter dine x antwortlichkeit meinet Person; denn ich bin es gewesen, der nñ der letzten Beratung in einem engeren Kreis beamteter n n beamteter Männer die Vorschläge ins Kabinett gebracht hen l her die Billigung des Kabinetts gefunden haben. (Hört, bin en — Sehr gut! und Bravo! bei den Deutschen Demokraten
Meine Damen und Herren, ich werde Ihnen dee d vorschläge nunmehr so darzustellen haben, wie wit sie n Billigung des Kabinetts nach London mitgenommen bia hatten uns klar gemacht, daß wir in unseren Genn cn den doppelten Faktor mitspielen lassen mußten: die Stuaen forderung der Gegner und die Leistungsfähigkeit Deutschlant n wegen sind wir unter Ablehnung des Systems der Pariser n, doch ausgegangen von den festen Forderungen, die in Pati g worden sind, und die ungefähr einen Teil der Schaden ten stellen sollen, den die Gegner uns aufzumachen hatten. . also den Gesamtwert der festen Annuitäten genommen nn n mi den Gegenwartswert zurückgerechnet ö
Meine Damen und Herren, diese Operation wi nänhm erforderlich, weil wir die Absicht hatten und die Absicht hä nile alle diejenigen wirtschaftlichen Leistungen, die Deutschlud h v erstaunlicher Höhe seit dem Waffenstillstand bereils an di Mien abgeführt hat (sehr richtigt bei den Deutschen Demoktate un nach dem Friedensvertrage auf die Reparationsschuld maerechn werden durften (erneute Zustimmung bei den Deutschen Dꝛnoltatn auch von den Parifer Forderungen zur Abrechnung zu bringz. E richtig! bei den Deutschen Demokraten.). Aber, meine herren, n kann nicht einen gegenwärtig geleisteten Betrag in. Abrechmig bti von einem Betrag, den man nach 42 Jahren zahlen will. . stimmung) Deswegen maßten wir diese auf 42 Jähn auzein gezogene Annuitäten wieder rediskontieren auf einen Gegenna wert. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten] Das gesgg eben dadurch, daß man die Zwischenzinsen abzieht und so denen Betrag herausbekommt, der, wenn man ihn augenblicklich af und Zinseszins anlegte, in der abgelaufenen Zeil die Anni n ergeben haben würde. —
Wir kamen durch diese Berechnung auf eine Summe, die jn mit den Angaßen übereinstimmte, dle auch in' der gegnmetista gemacht worden waren Je nachdem man nämlich die m n nach ihrem Jahresbetrag berechnet oder nach den halbjãhrlichen Mh in denen sie nach den Pariser Beschlssen zu leisten waren hm
man auf entweder etwas mehr als 50 — nämlich etwa 51 Mime
Goldmark — oder auf etwa s3 Milliarden Goldmark Rn Pariser Beschlüsse von halbjährlicher Zahlung sprechen, nen n berechtigt, die halbjährlichen Raten auch unserer Ren ntnten zugrunde zu legen. (Sehr richtigl bei den Deutschen Demakt tet
Außerdem hatten die Pariser Beschlüsse vorgesehen, daß. dem M
den ganzen Wert der Annuitäten jetzt gleich bezahlen würden inn halb der ersten zwei Jahre uns dann die Rediskontinnmn 8 Prozent angebolen werden sollte. Wollten wir also din Gm
wartswert von beute berechnen, so waren wit an sich bereätigt de
achtprozentigen Rediskontierungssätze zur Anwendung r rin (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten) So men pie unserem Angebot von rund 5 Milliarden Goldmark ahfiglic Vorleistun gen, die nach einer Au fstelluag, die den Gegnern here bekannt war — sie war in Brüffel don den Sachbersfändigen n führlich begründet worden — den Betrag don 20 Millnrden 6s mark ũberstieg . Uns war sahr wohl bekannt;, meine Damen und herren, Ri Gegenseike über die sen Abhug anders dachte als wir, und win hit noch unmittelbar vor der Abreise nach London die NMitteilmm kommen, daß namentlich die Reparationgkommi sfion eine gan ata Summe herausbekommen batte. Die verschießenen Summen unsere Gegner verrechnet haben, erreichen kaum die hälfte des ung angegebenen Betrags. (Hört, hört! in Zentrum) Dal um aber bei der Rerarationskömmifsion von dem Uñfpistand. deß e gang andere Methode der Berechnung anwandte, als vir iin wenden mußten. Wir mußten alles dasjenige zusammen chen
wir latsächlich an Geld werten aller Art geleistet hatten, und deesen g
was nach dem Friedensvertrag auf Reparationskänté, agen werden konnte. Die Reparationgkommiffion dagegen hiell 6
Art. 235 des Verseiller Friedeng, wonach einer seits eine gun ö. dan solcken Vorleistungen nicht in Betracht kommt, un nr
anderer seits Leistungen der Allijerten auf die 20 Milliamden Gallun
anoutechmen waren. die don ung noch nicht erset; waren, m, uns gemissermaßen gutgeschrieben wurden, inshe sondere Dinh e kosten und Kosten für die NMnaterftützung der Leben amittelbestt n für die Peutsche Bevölkerung. Das ist eine Rechnung die an an ganz anderen Boden steht und in der gegenwärtigen Fragt K
Rolle spielt.
Nun kem ser auf der anderen Satz der Fattar r San unteres Angebots auf die deutsche Zeistwnngafekbigteit un . wir don vornderein darüber keinen Zweifel getaffen, daß die Sun,
ze darch Wars Sen 6 Püntarren Borkei anger zen e ü. liarden Gefamtangebot erlangt wurde, daß diese 0 Millatte mark das Aeuherste seien, was die dentfche Vollanichkac , Auffassung auch des optimistischsten Sachverständigen jetzt haben würde. Un Daneben war natürlich auch klar, daß wir diese W Ml nicht auf einmal den Alliierten auf den Tisch legen konnten. u. Macht kann diese Summe von der ganzen Welt zetzt zusamment 2 4 Das ist vollkommen ausgeschlossen. Wir mußten infol e n Mittel sinnen, so diel dawon wie möglich gleich zu beschaffen
s Ma derzinsen; denn wenn wir redigkontieren, müssen wir natũrlich 35 gemwert für die Zukunft verzinsen und amortisieren. Nan ist es sehr aufgefallen, daß wir bei der Verginfungspflicht, nir ĩbernahmen, nicht mehr den Rebiskontsatz von acht Prozent nen, sondern einen Zinsatz von fünf Prozent. Ja, meine Damen Herren, einen größeren Zinssatz hatten wir überhaupt nicht vor- gen därfen, ohne die denkbare Leistungsfählgkeit der deutschen Eetsceft zu öberschreiten. Sehr richtig) Es war der äußerste wascz, den wir mit gutem Gewissen anbieten konnten. Hier spielt ö der zweite Faktor eine Rolle, den man auf der Gegenfeite voll. dig außer acht gelassen hat. Es ist das keineswegs eine monfland, wie man gesagt hat, sondern eine einfache Abwãgung der pon mir herhorgehobenen Faktoren. Die schaffte man nun die große Summe, auf die die Gegner edingt kommen wollten? Auf der einen Seite hatten die Gegner bst zugegeben. daß die deutsche Wirtschaft in der ersten Zeit einer
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Ibewzeit bedürfe. Schon im Versailler Vertrage war diefe Schon—
G dedaurch gekennzeichnet, daß man in den ersten Jahren vom Mai 1921 bis 1. Mai 1926 uns nur eine jährliche Zahlung bon
Prejent der von uns unterzeichneten 40 Milliarden Goldmark, beißt von jährlich 1 Milliarde Goldmark zumuten wollte. Da—⸗ en kcten alleidings die zahlteichen in den Anneren zu Artikel 23:
ö Friedensdertrages aufgezeichneten Sachlieferungen. Wie konnte
mn trat dieser Schonzeit einen großen Kapitalbedarf namentlich für ankreich, für Frankreichs Defizit, für Frankreichs Wiederaufbaunöte, ) : ö 2. n Ausweg lag schließlich in einer internationalen Anleihe. keine Daömen und Herren! Von der Gegenseite und auch hier in utschland ist diese Anleihe als eine Utopie bezeichnet worden an⸗ sichts der großen Geldschwierigkeiten, in der sich fast alle Länder, Gh die wirtschaftlich bestgestellten und wohlhabendsten Länder be— den. Aber ich glaube, daß diejenigen, die hier das Utopische des dankens so stark betonen, doch verkennen, worauf diese Geld= ppheit zum guten Teil beruht. Diese Geldknappheit ist nicht nur
danken dem Abbruch der normalen Beziehungen des Sandelsberkehrs ichen Land und Land, nicht nux dem Rückbau, den die Wirtschaft
et am Kriege beteiligten Länder hat durchmachen müssen. Sie ist ch zu einem außerordentlichen großen Maße zu danken der Flucht B Kapitals vor den ungeheuren Skeuerlasten, die ihm in allen ndern auferlegt worden sind. (Sehr wahrh Deswegen hatten wir röe den Ausweg gewählt, daß wir baten, uns eine Anleihe zu möglichen, die in den Ländern, wo sie aufgelegt werden würde, heuer freiheit genießen sollte. e,, Meine Damen und Herren! In einer Zeit. wo sich das Kapital den berschiedensten Formen an Sachgäter hält und hinter Sach- ler versteckt, in einer Zeit, wo wir lesen, daß für einen bloßen
'hhreibkisch, weil einmal Napoleon an ihm eine wichtige politische smdlung unterzeichnet hat, Millionen und Millionen geboten werden,
einer solchen Zeit findet sich auch Kapital für eine so ungeheuer ichtige Aufgabe wie den Wiederaufbau der zerstörten Probinzen, wie E Reparalion der Kriegsschäden, wenn man dem Kapital die Sicher. lt gibt, daß es bei der Verwendung für diese Zwecke dem Steuer- hriff entzogen wird. Man mag darüber streiten, ob das ein sehr les Motiv ist; man mag därüber streiten, ob der Staat, der die
teneßfreiheit erteilt, dadurch nicht in anderer Beziehung sich gewisse schteile zufügt. Ich bin überzeugt, daß man bei einer richtigen,
uuchführung dieser Idee zu ganz erheblichen Refultaten gekommen
te; und Männer der Finanzen, auf deren Urteil ich Grund habe
hw zu berbrauen, haben mir die wahrscheinlichen oder mindestens die lichen Erfolge einer solchen Anleihe von 8 Milliarden Goldmark rechnet. . .
Allerdings gehört dazu eine weitere Voraussetzung. Wenn kutschland eine solche Anleihe verzinsen und, amortisieren wollte, so ißte diese Anleihe den Vorrang vor dem Privileg des Artikels 248 Vertrages von Versailles haben, wonach die Reparationsforde⸗ ngen in erster Linie auf dem gesamten Staatsbermögen Deutschlands d seiner Länder, auf allen seinen Einkünften beruhen. Nur wenn Anleihe, die ja demselben Zwecke der Reparation dient, ein Vor= cht bor diesem Privileg bekam, konnte man sicher sein, deß das hpital bereit sein würde, sich der deutschen Garantie für die Ver⸗ nsung und für die Tilgung anzubertrauen, un
Meine Damen und Herren, wir haben nun unseren Vorschlag so ibhebaut, daß wir neben der Anleihe von 8 Milliarden, bie wir in
licht stellten und deren Verzinsung uns nun für die ersten Jahre
em wir sie bei den günstigen Bedingungen auf 5 Prozent annehmen ö(linnen alaublen, 400 Millionen Goldmark gekostet haben würde fetem noch eine Jahresrate von 1 Milliarbe Goldmark für die
ken 5 Jahre an die Alliierten versprachen. Mehr glaubten wir
izt anbieten zu können; zu weiterem hatte uns die Regierung nicht nichtigt, als wir nach London gingen. Damit waren aber die insen des Restbetrages, den wir angeboten hatten, noch nicht gedeckt: in ditse Zinsen betragen mehr als 1 Milliarde Goldmatk, und der berschuß, der sich berechnet je nach der Höhe der Zinsen, die wir loten bätte uns finslos gestundet werden müssen. damit er nach hlanß der Schonjeit von 5 Jahren auf die dann restierende Gesamt. inne aufgeschlagen wurde. Für diese Gesamtsumme mußte dann ne reue Finanzierung gesucht werden. Ich mache ganz besonders hanf aufmerksam, daß alle diese Vorschläge davon ausgehen, daß die ih Wirtschaft nicht in der Lage ist, auf normalem Wege eine mutlich höhere Summe aug der jährlichen Produktion heraus. beiten, als zwischen 1 und 155 Milliarden Goldmark. Darauf
m unsere Vorschläge cogestellt gcwesen.
Nun hatten wir aber in Berlin von der Regierung noch eine zt Vollmacht erhalten. Sie wissen, daß in Paris neben den mn Annuitäten, von denen wir bei diesem unserem Hauptgegen⸗ thlsan autgenangen waren, noch die variable Leistung von 12 Prozent bibe auf unfere Gefamtausfuhr vorgesehen war. Diese Form des tklen Faktors hatten wir abgelehnt, mußten wir ablehnen, weil —„hittschaftlich widersin nig und in ihren Folgen für Deutschland fan lu tragen war. Wohl aber waren wir uns bewußt, daß die umer immer wieder verlangen wütden, an einer wesentlichen Hesse⸗ t . deutschen Wirtschaft in irgendeiner Form zu partizipieren bnin batten die Befugnis, uns mit diesem Grundsatz einderstanden * liten und kommissarische Beratungen zwischen uns und den en borjuschlagen, die ein wirklich brauchbares Schema für die 3 an der Besserung der deutschen Wirtschaft ergeben sollten. ne sich für uns., als wir in London noch einmal die lebten ie, Ausgestaltungen unseres Angebots überdachten, ob wir diesen . . J Besserungeschein in seiner theoretischen Form gleich von uh: in die Debatte werfen sollten. Wir haben uns nach sorg⸗ ine Ceüfung und nach langwieriger Beratung mit dem deutschen
mir erwartete Aufnahme.
Yulsch. schlossen, von diesem Angebot eines rein iheré. e Vessecunne f. eines zunächst Abstand zu nehmen, und zwar namentlich deswegen, weil wir damit den Gennern nicht das geboten hätten, was sie erwarteten, nämlich einen festen Gegenvorschlag des variablen Faktors, und weil wir nicht mit gutem Gewissen unsererseits sagen konnten: wir sind überzeugt, daß wir in Kürze noch mehr liefern können als das, was wit euch schon angeboten haben. Meine Damen und Herren! Bedenken Sie wohl: wir hatten in unserem festen Vorschlag die Jahre vom J Mai 1926 an mit großen deistungen belastet, die über die der ersten fünf Jahre hinaus⸗ gingen, nicht nur in der Mehrverzinsung, nicht nur in der dann erst einsetzenden Amortifation, sondern auch darin, daß wir die Ab⸗ sicht hatten, die Amortisation zu beschleunigen und schon in 265 Jahren nach dem 1 Mai 1926 zu vollenden, obwohl sie in den ersten fünf Juhren noch gar nicht angefangen hatte. Das gab eine solche Steigerung der Lasten nach dem J. Mai 1926, daß sie unseres Er⸗ achtens sicherlich bis an die Grenze der deutschen Leistungsfähigkeit hinangingen, denn sie hätten sich bis nahe an 2 Milliarden Gold- mark jährlich erstreckt. Wenn wir nun gesagt hätten: darüber hinaus wollen wir euch noch weiteres anbieten, — so hätte angesichts der überzeugenden Darlegungen unseres Sach verstãndigen⸗ Gutachtens der Gegner wohl sagen können: ihr macht das nicht aus Ueberzeugung, ihr wollt nur Zeit gewinnen, feste Vorschläge habt ihr nicht, wir mißtrauen euch. Es wäre kein ganz ehrlicher Vorschlag gewesen. Wenn uns aber die Gegenseite in ihrem übertriebenen Optimismus auf unsere wirtschaftliche Besserung diesen Gedanken wieder brachte, trotzdem wir schon eine verstärkte Zahlung angeboten hatten, dann konnten wir mit gutem Gewissen sagen: ja, wir sind theoretisch bereit und wellen es praktisch mit euch besprechen.
Daß wir diese Haltung einnehmen würden, darüber war die Gegenseite übrigens keinen Moment im Zweifel. Es ist uns in London ganz klar gewesen, daß die Gegenseite wußte, daß wir an sich berechtigt wären, auf den Gedanken des Besserungsscheins einzu⸗ gehen. Wenn wir ihn also gleich gebracht hätten, so wäre der Besserungsschein nur inbegriffen worden in das große Verdammungs⸗ urteil, das gleich bei Beginn über unsere Gegenvorschläge ausge⸗ sprochen worden ist, und wir hätten keine Möglichkeit gehabt, mit diesem neuen Vorschlag weitere Verhandlungen anzuknüpfen, wie wir das damals zu tun hofften.
Dies war unser Schema für London, und ich habe jetzt zu sagen, wie es ausgeführt wurde. Dabei schicke ich voraus, daß die Delegation bon der Regierung die Weisung erhalten hatte, nicht in wichtigen und entscheidenden Punkten von den Richtlinien, die die Delegation mitbekommen hatte, abzuweichen., ohne vorher die Billigung der Reichsregierung eingeholt zu haben. Wir haben unseren Vorschlag so gemacht, wie er Ihnen, meine Damen und Herren, aus dem Weiß⸗ buch bekannt geworden ist, das das Auswärtige Amt hat verteilen lassen. Zu diesem Weißbuch darf ich folgendes bemerken: Wir hatten gestern im Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten das Weißbuch schon für die Nachmittagsstunden des gestrigen Tages zur Verfügung gestellt Leider ist in der Reichsdruckerei ein Versehen passiert, indem in den Protokollen Teile der Rede von Lloyd George in Teile meiner Rede hineingeraten sind, und umgekehrt (Heiterkeit), so daß die Lektüre vollständig unverständlich wurde Wir mußten infolgedessen den Druck
nochmals zurückziehen und die Verbesserungen vornehmen, so daß es
Krst heutzs möglich war. CE tut mir laid, daß das paffiert ist. Aber meine Dane und Herren ich bitte doch zu berücksichtigen, paß wir
dieses Weißbuch fertiggestellt haben auf der Rückfahrt von einer Köhn.
ferenz, die der Delegation solche Anstrengungen zugemutet hat wie die Londoner Konferenz, und daß wir seit unserer Heimkehr doch relativ sehr wenig Stunden gehabt haben, um das fertigzustellen. (Sehr wahrt bei den Deutschen Demoktaten und im Zentrum) Wenn das Weißbuch auch im großen ganzen nicht viel neues für Sie enthält und enthalten kann, so enthält es doch so viel Material, daß der Druck notwendigerweise mit Sorgfalt geprüft werden mußte.
Ich hätte dieses Weißbuch gern ausgestattet mit weiteren Mit—⸗ teilungen über die Verhandlungen, die inoffiziell in London geführt
worden sind. Aber daran hindert mich ein Versprechen, daß ich der
Gegenseite haben geben müssen. Wir konnten diese Verhandlungen nur dann veröffentlichen, wenn sie zum Erfolg geführt hätten. Da sie nicht zum Erfolg geführt haben, sind und bleiben sie vertraulich, und da wir das versprochen haben, werden wit es auch halten müssen, unbeirrt dadurch, daß diese Vertraulichkeit auf der anderen Seite nicht immer gewahrt worden ist (lebhafte Rufe: Hört, hörth, sondern daß über diese Verhandlungen vielfach irreführende Darlegungen in der gegnerischen Presse erschienen sind. (Erneute Rufe: Hört, hött) Ich halte mich an das, was ich zugesagt habe, und glaube, daß auf die Dauer eine solche Haltung der Deutschen Regiernug ihr und dem Volke von Vorteil sein witd. (Bravoh ern git,
Nachdem wir nun dieses Angebot gemacht hatten, kam die von Ebenso wie die Forderungen der Gegner in Deutschland Entsetzen und Entrũstung hervorgerufen haben, ebenso rief unser Gegenvorschlag, so wohl durchdacht er war, auf der Gegenseite größte Entrüstung hervor, so große Ent⸗ rüstung, daß es mir wirklich Mühe gemacht hat, meine Be⸗ gründung unserer Gegenvorschläge zu Ende zu führen. (Hört! hört Ich habe meine Rede abkürzen müssen gegenüber den Zeichen der Erregung, die auf der anderen Seite des Tisches sich zeigte. (Hört! hört h ; ö.
Die Antwort, die der Premierminister Englands uns gab, war vorauszusehen. Er bezeichnete gleich von vornherein unsere Gegenvorschläge als indiskutabel stellte aber die Antwort trotzdem erst auf zwei Tage später in Aussicht. Diese Antwort kam am
Donnerstag. Sie ist Ihnen allen aus der Presse und jetzt aus
dem Weißbuch bekannt und Sie wissen, wie sie gelautet hat. Herr Aoyd Georges hat zunächst die Schuldfrage aufgerollt und hat den ganzen Vertrag und alle Forderungen der Alliierten unter das Licht der alleinigen Verantwortlichkeit Deutschlands am Kriege gestellt. Er hat dann die Belastungsfrage besprochen und nachzuweisen gesucht, daß Deutschland an Steuern unmäßig viel zu wenig bezahle (Heiterkeit) und daß Deutschland durch den Krieg
ganz im Gegensatz zu einigen alliierten Ländern fast gar nicht
betroffen worden sei. Erneute Heiterkeit.) Er hat dann das Ultimatum gestellt, das in Paris angedroht war, er hat gesagt, daß diesez Ultimatum am Montag in Kraft treten würde, wenn wir nicht bis dahin vollkommen gleichwertige Gegenvorschläge zu den Pariser Forderungen gemacht hätten. Es ist selbstverständlich, daß wir bei dieser hastigen Beantwortung unserer Vorschläge ver⸗ suchen mußten, nunmehr bis zum Tage des Ultimatums in Ver⸗ handlungen mit den Gegnern zu kommen, die über die bisher
besprochenen mit nicht offiziellen Perssönlichkeiten hinausgingen. Ich habe infolgedessen von Vermittlern Gebrauch gemacht, die
sich mir angeboten haben. Ich habe es erzielt, daß in den Tagen am Sonnabend und Sonntag zwischen Mitgliedern der beider- seitigen Delegationen eingehende und sehr nachdrückliche Verhand⸗ lungen über neue Vorschläge geführt worden sind. Diese Ver⸗ handlungen haben sich ungefähr auf folgende Punkte erstreckt:
Zunächst hat man versucht, die Verkürzung der Pariser Fristen von 4 Jahren auf die friedensvertrags mäßige Frist von 30 Jahren herbeizuführen. An sich waren dazu die Gegner geneigt; aber es zeigte sich bald, daß die Bedingungen, unter denen man eine solche Verbesserung der Pariser Vorschläge hätte erzielen können, untrag⸗ bar waren; denn sie wurden nur so angeboten, daß wir jährlich 3 Milliarden Goldmark während dleser 39 Jahre zahlen mußten und darüber hinaus der variable Faktor so sehr erhöht wurde, daß er dem Gesamtwert der Pariser Forderungen, also schätzungsweise 2265 plus 42 oder 43 Goldmilliarden, nahegekommen wäre. An eine solche Erhöhung des variablen Faktors konnte von deutscher Seite ebensowenig gedacht werden, als wir uns der Notwendigkeit aussetzen konnten, für jedes der nächsten 30 Jahre 3 Milliarden fest zu versprechen, auf die Gefahr, daß schon gleich im Anfang ein Zurückbleiben in dieser Ziffer eintrat und dann die Sanktionen von vornherein ihr Spiel begonnen hätten. Außerdem aber schei⸗ terte dieser Vorschlag daran, daß alle Voraussetzungen, die wir daran knüpfen mußten, die Frage Oberschlesiens, die Frage der Generaltlausel, die Frage des freien deutschen Handels von der Gegenseite abgelehnt wurden. Mit diesem Vorschlag war also das Ziel nicht zu erreichen.
Ich habe mir dann besondere Mühe gegeben, den Gedanken in den Mittelpunkt der Verhandlungen zu rücken, den ich gerne schon früher drin gesehen hätte, den des technischen Wiederaufbaues der zerstörten feindlichen Gebiete. Sehr richtig!)
Meine Damen und Herren! Das ist von jeher eines meiner allerdringendsten Anliegen gewesen, daß nach dieser Richtung hin endlich einmal Arbeit geleistet wird. (Bravo! bei den Deutschen Demokraten, im Zentrum und rechts) Ich habe nicht nur in Spaa diesen Gedanken öffentlich in den Mittelpunkt gerückt, ich habe auch später während meiner nichtamtlichen Tätigkeit meine Auf⸗ merksamkeit von vornherein darauf gerichtet, und ich habe des⸗ wegen auch jetzt wieder noch auf der Reise nach London mit Sach⸗ kennern über die Materie verhandelt. Dabei kam uns nun aber in den Weg, daß die ersten Vorschläge, die wir in Spaa machten, von der Gegenseite vollkommen mißverstanden worden waren. In der außerordentlichen Besorgnis vor der deutschen Tätigkeit, die wir überall bei unsern Gegnern sehen, hatten sich namentlich die Fran⸗ zosen eingebildet, wir wollten den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete so durchführen, daß wir große deutsche Arbeiterkolonien in Nordfrankreich gründeten, die dann jahrelang mit Weib und Kind dort hausen und allmählich Nordfrankreich mit deutschen Siedelungen durchsetzen würden. Davor hatten sie eine ganz außerordentliche Scheu und haben infolgedessen auch unsere Vorschläge schroff ab gelehnt. ö t
Noch etwas anderes kommt hinzu: die Furcht der französischen Unternehmer vor der deutschen Konkurrenz! Französische Unter⸗ nehmer haben große Sorge, daß, wenn die Deutschen sich zu star/ beim Wiederaufbau beteiligen, ihnen Gewinne auf diese Weise ent⸗
ö. ien könnten ht, hört! rechts. Bewegung auf der äußersten est
inken), ein Gesichtspunkt, der angesichts der Not der Bevölkerung der besetzten Gebiete wahrlich keine Rolle spielen sollte. Aber man mußte naturgemäß diese Gesichtspunkte berücksichtigen. So haben wir es uns angelegen sein lassen, nach Plänen zu sinnen, die es der deutschen Arbeiterschaft ermöglichen sollten, ihre Tätigkeit für das Reparationsproblem auf deutschem Boden zu entfalten und erst das Ergebnis auf französischen Boden überzuführen, wo es
dann mit verhältnismäßig geringerer Beteiligung deutscher Arbeit in Häuser und Wohnungen für die Bevölkerung des französischen Nordgebiets hätte umgewandelt werden können.
Diese Pläne habe ich den Gegnern in vertraulichen Be⸗ sprechungen vorgeführt und habe viel Aufmerksamkeit und viel Interesse dafür gefunden. Allerdings hat einer der Delegierten Frankreichs, den ich als den eigentlichen Hauptgegner der Ver⸗ ständigung bezeichnen möchte, diese Pläne als Theorie abtun zu können geglaubt. Sie sind nicht Theorie. Sie sind bereits in kleinem Umfange durchgeführt und werden binnen kurzem in größerem Umfange durchgeführt werden. Denn, meine Damen und Herren, es sind nicht Pläne, die etwa bloß für Frankreich gemacht sind; es sind Pläne, die gemacht worden sind, um unserer eigenen großen Wohnungs⸗ und Siedlungsnot zu steuern. Wir würden Frankreich so teilnehmen lassen an dem, was wir für unz selbst gefunden zu haben glauben.
Ich kann nur wiederholen: Dieser Gedanke des Wiederauf⸗ baues muß auch künftighin von uns in den Mittelpunkt der Arbeit für die Verständigung gestellt werden. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demotraten, rechts und im Zentrum.) Und wir sind jedem, sei er Unternehmer, sei er Arbeiter, dankbar, wenn er in seinem Kreise dafür sorgt, daß mehr und mehr hier Verstãndigung erzielt wird über die Methoden und auch Anknüpfungen gefunden werden jenseits der Grenzen mit den Gleichgesinnten, die mit uns die offene Wunde am Leibe Europas schließen möchten. Aber, wie gesagt, auch dieser Vorschlag hat zu praktischen Ergebnissen nicht geführt, weil er den Gegnern nicht dasjenige zu geben schien, was sie hauptsächlich wollen, nämlich eine große finanzielle Silfe.
Es ist mir immer unverständlich gewesen, wie die Gegner denken konnten, daß sie mit den Patiser Beschlüssen eine solche finanzielle Hilfe bekommen könnten. (Sehr wahr!) Ich habe ihnen auseinandergesetzt, daß die Bons, die wir für 42 Jahre halbiährlich ausstellen sollten, also 81 Bons auf künftige politische Finanzleistungen Deutschlands, ebensowenig geeignet wären für eine wirklich bankmäßige Finanzoperation als der berũhmte Schuldschein auf den Inhaber über 40 Milliarden Goldmark, den wir am 10. Januar 1920 übergeben haben, und der begleitet war von einem weiteren Verpflichtungsschein über nochmals 40 Mil⸗ liarden. Auch bei den Verhandlungen der Friedenskonferenz in Paris hat man geglaubt, mit diesen in den Friedensvertrag
hineingearbeiteten Instrumenten die Unterlage für eine große
Finanzoperation zu finden, und ist damit volllommen gescheitert. Ganz genau so würde es mit diesen Bons sein; denn solange streitig ist, wieviel von den deutschen Vorleistungen und Sach⸗=
leistungen auf dieses Zahlungs versprechen anzurechnen ist, so⸗
lange streitig ist, tisch durchführbar
wie weit überhaupt der Friedensvertrag prak- sein wird, so lange sind die Bons nur Aus.