Reichsverkehrsm inisteriums für das Rechnungsjahr 1921 bewilligt.
Dann folgt die Beratung des Haushaltsplans für das Reichs postministerium und die Reichsdruckerei für die Rechnungsjahre 1920 und 1921. .
Bei dieser enispinnt sich eine längere Aussprache über die Entlassung unehelicher Mütter unter den Be⸗ amtinnen der Neichspostnperwaltung, an der sich die Abgeordneten Frau Zietz (U. Soz.), Frau Neuhaus (Zentr.), Frau Schröder (Soz. D. Mumm (D. Nat., Malßahn Komm.) Bartz (U. Soz) sowie der Reichapostminister Giesberts beteiligen.
Der Reichspostminister Giesberts, der zweimal das Wart ergreift, führt in seiner ersten Rede aus:
Meine Herren und Damen! Ich bin recht unxorbereitet, weil ich geglaubt hatte, es bestände ein Uebereinkommen der Parteien, daß nicht geredet werden soll. Aber ich will versuchen, so gut ich es kann, dem Herrn Vorredner aus dem Handgelenk zu antworten. Was die bayerischen und württembergischen Sonderetats anlangt, so werden die im nächsten Jahre verschwinden. In diesem Jahre mußten sie noch hineingebracht werden, weil die übernommenen Bestimmungen auf Grund der Staatsverträge noch nicht in vollem Umfange erledigt sind. Also im nächsten Jahre werden wir einen einheitlichen Reichspostetat belammen.
Ich freue mich, daß der Herr Vorredner das Defizit bei der
Reich, zrostverwoltung gewürdigt hat. Es ist tatsächlich ein unge⸗ sunder Srstand, daß eine Verwaltung, die früher dem Reiche 60 und 809 Millionen Mark Ueberschuß brachte, heute mit Milliarden Defizit dasteht. Aber, meine Herren, wir haben uns schon bei früherer Gelegenheit über die Ursachen dieser Dinge tzeäußert. Wir hoffen, durch die Gebührenvorlage wenigstens die Hälfte dieses Defizits abzubürden und die Abstoßung der übrigen Hälfte durch Gesundung unserer inneren wirtschaftlichen Ver⸗ hältnisse und zweckmäßige Einteilung des Betriebes allmählich zu erreichen. Ich glaube, mit dem Lerrn Vorredner einig darüber zu sein, dat unsere Seoührt nordnung, die außerordentlich maßvoll gehalten zt die Verkehrsverhältnisse sehr berücksichtigt. Wir werden darüber noch reden, wenn die Gebührenvorlage noch selbst beraten wird. Ich bin der Ansicht, daß man das Desizit durch eine einmalige Erhöhung der Gebühren nicht abdecken kann, ohne den Verkehr gewaltsam zu erdrosseln. Das wollen wir aber doch nicht tun. Wir leben immer noch in einem Uebergangsstadium, noch in keinen abgeklärten, ruhigen wirtschaftlichen Verhältnissen, in denen man Wechsel auf lange Sicht machen könnte.
Was das Leistungsmaß anlangt, so ist bei der Postverwaltung das Bestreben, den Achtstundentag nicht zu durchbrechen. (Bravo?! bei den Sozialdemokraten) Aber darin bin ich allerdings bisher sehr energisch gewesen, die 48⸗Stunden⸗Woche durchzuhalten. Ich bin auch einig mit den Vertretern der Beamtenverbände und der gewerkschaftlichen Organisationen darin: wenn wir den Acht⸗ stundentag retten wollen, müssen wir innerhalb des Achtstunden⸗ tages auch das fun, was wir leisten können. (Sehr richtigl bei den Eo ialdemol taten Sonst geht die Wirtjchaft Ingruünde
Bezüglich der etwas sonderbaren Bemerkung, daß mittlexe und höhere Beamte sich nicht an die Dienstpläne halten, möchte ich eins sagen. Soweit ich Erfahrung im Reichspostgebiet habe, vor allem beim Ministerium selbst, leisten gerade die höheren Beamten weit mehr als die 45 stündige Arbeitswoche. Das kommt zwangs⸗ läufig durch das außerordentliche Maß von Arbeit, das durch die Verhältnisse eingetreten ist. Ich darf wohl sagen: ich habe eine ganze Reihe pflichteifriger, treuer, tüchtiger höherer Beamten, die hier im Hause hohe Achtung genossen, zu Grabe tragen sehen, von denen ich überzeugt bin, daß sie durch den Hunger des Krieges und durch die unmäßige Arbeit, die ihnen während des Krieges auferlegt war, eigentlich den Tod gefunden haben. Meine Herren und Damen, ich möchte nicht den Verdacht aufkommen lassen, als ob in bezug auf Pflichttreue und Arbeitseifer die höheren Beamten hinter anderen Gruppen zurückstehen. Die meisten der Herren, wenn sie auch nicht acht Stunden auf dem Bürs sitzen, nehmen ihre Arbeit mit nach Hause. Eine ganze Reihe Herren müssen sich aus dem Amt retten, weil sie dort nicht zur vernünftigen Arbeit kommen bei den Besuchen und sonstigen Dingen. Es hai auch gar keinen Sinn, die höhere Beamtenschaft nach der Richtung hin gewisser⸗ maßen zu verdächtigen. Wir kennen keinen Unterschied zwischen oberen und unteren, alle sind verpflichtet, 3 Stunden in der Woche nach Möglichkeit durchzuhalten.
Was dann die Entlassungsfrage anlangt, so möchte ich wieder⸗ holen, was ich früher schon einmal gesagt habe, daß wohl kaum eine Verwaltung diese schwierige Frage so human durchzuführen hersucht hat wie die Reichspostverwaltung.
Was der Herr Vorredner wünscht, daß wir möglichst im Ein⸗ vernehmen mit den Organisationen handeln, ist schon bisher ge⸗ schehen. Nun kann ich es selbstverständlich keinem Gewerkschafts⸗ vertreter zumuten, daß er offiziell Entlassungen, die notwendig sind, zustimmt. Das ist aus bestimmten Gründen für einen Ge⸗ werkschaftsführer nicht tragbar. Aber die letzte Verfügung, die wir herausgegeben haben, ist sowohl mit den Organisationzvertretern wie auch mit den Betriebsräten durchgesprochen worden, und die Herren haben erkannt, daß wir nicht dauernd dieses große Per⸗ sonal mitschleppen können. Wir haben aber in diesem Jahre wie auch im vorigen Jahre das Unglück, daß in dem Moment, wo wir die Ver⸗ fügung herausgaben, ein Rückschlag auf dem Wirtschaftsmarkte er⸗= folgte, die Arbeitslosigkeit gesteigert wurde und dadurch die Durch⸗ führung dieser notwendigen Maßnahme erschwert wurde. Deshalb habe ich die Anweisung gegeben, auch diese Verfügung möglichst schonend durchzuführen und Entlassungen nach Möglichteit zu ver= hindern.
Aber wenn wir auf der einen Seite einen leistungsfähigen Be⸗ trieb haben wollen, dann muß ich doch sagen, daß die Beibehaltung überflüssiger Kräfte auf die Dauer — rorübergehend für drei Vionate oder ein halbes Jahr läßt sich das noch ertragen — Jahre hindurch. im allgemeinen zu einer Herabminderung des Leistungz⸗ maßez führt, die wirtschaftlich nicht tragbar ist. Das müssen wir verhindern. Es soll auch in Zukunst möglichst schonend vor— gegangen werden.
Mit den Scheckämtern liegt die Sache sehr eigentümlich. Als wir die Demobilmachung vor uns hatten, wurde die Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung gezwungen, Massenentlassungen von weiblichen Arbeitskräften vorzunehmen, die uns im Kriege treue
Betrieb; denn eingearbeltete Kräfte mußten abgeschobenm werden, und nicht eingearbeitete Kräfte mußten wir annehmen. Das war der Zwang der Verhältnisse.
Nun aber müssen wir doch die Betriebsarten, die sich für die weibliche Beschäftigung besonders eignen, auch möglichst für die Frauen reservieren. (bg. Giebel: In normalen Zeiten!) — Ja, Herr Kollege Giebel, ich komme gleich darauf. Deshalb haben wir mit dem Verband der Beamtinnen bei Besprechung der Per⸗ sonalien uns dahin geeinigt, daß nicht etwa die schematische Gleich⸗
Da müßten wir ja auch jedes Jahr bei den Anwärtern die Hälfte weiblicher und die Hälfte männlicher Anwärter einstellen. Damit ständen sich die Frauen bedeutend besser, aber für die männlichen Anwärter wäre es unerträglich. Ich habe den Frauen in ihrem Interesse geraten, sich diejenigen Zweige, die sich besonders für sie eignen, besonders reservieren zu lassen, und dazu gehört zweifellos der Dienst am Scheckamt. Wenn ich den Grundsatz ausstelle, soll er nicht rücksichtslos durchgeführt werden. Wir verhandeln — das möchte ich dem Vorredner sagen — noch heute fortgesetzt mit den Organisationen, um einen Weg zu finden, der möglichst Härten
flüssigen Kräfte einführt und nicht eine plötzliche Entlassung.
bestehen; denn wenn in Orten wie Dresden, Essen und Dortmund ein neues Postscheckamt eingerichtet wird, sieht man sich veranlaßt, nach diesen Grundsätzen weibliche Arbeitskräfte einzustellen, weil diese Arbeit dem weiblichen Geschlecht außerordentlich liegt, wie alle diejenigen bestätigen werden, die einmal in einem Postscheck⸗ amt tätig waren. Dann kommt es vor, daß weibliche Arbeits⸗ kräfte gesucht werden müssen, während an männlichen Arbeits⸗
steht. Ein richtig kaufmännisch und bankmännisch durchgebildeter Angestellter wird niemals sein Leben lang im Scheckamt die mecha⸗ nische Arbeit machen. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) — Ich bin überzeugt, das will er auch gar nicht. Es kommt dann aber die Schwierigkeit, die Leute nachher zu entlassen, Herr Kollege Giebel. Wir sehen dann, daß die Leute, obwohl wir es ihnen hundertmal gesagt haben, nicht daran denken, wegzugehen, sondern sogar die Forderung stellen, mittlere Beamte zu werden. Und an dem Grundsatz muß ich doch festhalten: wer die Beamtenlaufbahn beschreitet, muß die allgemeinen Vorschriften beobachten und den Eingang so nehmen wie die übrige Beamtenschaft auch. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) — Darin liegt die Schwierigkeit der Dinge. Sobald sich unser Wirtschaftsmarkt bessert, kommen wir, davon bin ich überzeugt, über diese Schwierigkeit hinweg. Im übrigen — ich habe mit Herrn Kollegen Giebel bereits dieser Tage perjönlich darüber gesprochen — werden wir mit den Organi⸗ sationen den Weg suchen, der die hier angeführten Härten mög⸗ lichst vermeidet.
Nun die Frage der Beschäftigung der unehelichen Mütter. Ja, warum schneidet man das zufällig gerade bei der Post an? (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) — Bitte sehr, Herr Kollege Steinkopf, ich darf wohl darauf verweisen, welche Antwort das
Lewald folgendermaßen beantwortet: .
Ob die Entlassung unehelicher Mütter aus dem Dienst gerechtfertigt ist, hängt, abgesehen von der Frage, ob Re unehe⸗ liche Mutter ihren dienstlichen Verpflichtungen im vollen Um⸗ fange nachkommen könnte, besonders von der Beantwortung
der Frage ab, ob die Betreffenden die Verpflichtung, sich durch
ihr Verhalten der Achtung, die ihr Beruf erfordert, würdig
zu zeigen, verletzt haben. Tiese Frage allgemein zu verneinen,
ist schon mit Rücksicht darauf nicht möglich, daß große Beamten⸗
verbände, wie der Verband der Reichspost⸗ und Telegraphen⸗
beamtinnen, der Eisenbahnbeamtinnen und der Volkaschul⸗
lehrerinnen den entgegengesetzten Standpunkt vertreten. t Meine Damen und Herren! Wenn allgemein die Reichsregierung zu der Auffassung kommt, daß das Beamtengesetz in dieser Rich⸗ tung geändert werden muß, werde ich mich dem als Reichspost⸗ minister fügen. Wenn allgemein die Reichsregierung zu der Auffassung kommt, daß das Beamtengesetz in dieser Richtung hin geändert werden muß, werde ich mich dem als Reichspostminister fügen. Gegenwärtig aber habe ich mit dem Zustand zu rechnen, daß der Verband der Post⸗ und Telegraphengehilfin agen geschlossen auf dem Standpunkte steht. (Unruhe bei den Sozialdemokraten und den Unabhängigen Sozialdemokraten) Nun sagen Sie, das seien reaktionäre Frauen — was übrigens nicht zutrifft. Rn meine Herren, was kann ich als Minister anderes tun, als die zuständige Berufsorganisation hier als Autorität aufmarschieren zu lassen? (Sehr richtig! rechts. — Zurufe von den Sozialdemo⸗ kraten. — Abg. Giebel: Sie tun doch sonst nicht das, was die Beruf organisationen wünschen h — Ja, Herr Kollege Giebel, bis jetzt ist mir der maßgebendste, größte und geschlossenste Ver= band, der seit Jahren besteht, der Verband der Post⸗ und Tele⸗ graphengehilrinnen, in dem nach meiner Kenntnis alle Partei⸗ richtungen vertreten sind. Ich kann doch nicht gegen diesen Ver- band etwas beschließen. Das wäre nicht bloß undemotratisch (oho! bei den Sozialdemokraten), das würde sogar zu unge sunden Zuständen führen. (Abgeordneter Giebel: Wir werden Sie bei einer anderen Gelegenheit beim Worte nehmen!) . Ich verstehe die Zwischenrufe nicht, die mir hier gemacht werden, aber wenn eine große Berufzorganisation, die bisher als einzige Bertreterin dieser Gruppen aufgetreten ist, sich dagegen sträubt?! Und, meine Herren, die Gründe sind wirklich nicht von der Hand zu weisen. (tha! links) — Ja, selbstvexständlich, Frau Zietzi Warum wollen Sie denn die Postgehilfinnen anders behandeln als die Eisen⸗ bahngehilfinnen, die Lehrerinnen, die Hebammen? Widerspruch
links.) — Dann müssen Sie die Sache nicht beim Postetat an⸗
schneiden. Das ist eine allgemeine Frage, die allgemein zu regeln ist. Vorläufig haben wir im Postministerium die Praxis geübt, besonders in den Fällen, die im Kriege passiert sind, init größter Vachsicht vorzugehen. Es ist nicht richtig, daß jebe uneheliche Mutter bei uns entlassen worden ist. (Zuruf von den Sogzialdemo⸗ kraten: Der Fall Dresden ist ein Kriegsfallh — Wenn mir der Fall vorher mitgeteilt worden wäre, hätte ich Erkundigungen ein ⸗ gezogen und könnte Ihnen darauf antworten. (Abgeordneter Giebel: Er hat Ihnen schriftlich vorgelegen, und das Vostministe⸗ rium hat ablehnenden Bescheid gegeben) — Herr Kollege Giebel,
und gute Dienste geleistet hatten. Tas war sehr bitter jür den
wenn das Postministerium einen ablehnenden Bescheid gegeben hat
berechtigung der Frau auf Grund der Verfassung durchgeführt wird. Menschen, die anderer Auffassung sind. (Lebhafter Vidersprij
vermeidet und der wenigstens ein allmähliches Absterben der ühber⸗
Es scheint mir aber auch, daß hier und da falsche Auffassungen
kräften Ueberfluß ist. So ist der Zustand, der gegenwärtig be⸗
Reichsministerium des Innern, das für diese allgemeinen Be⸗ amten fragen doch zuständig ist, auf eine kleine Anfrage seiner⸗ seits erteilt. hat. Diese kleine Anfrage hat der Staatsjelretär
und Sie die Absicht haben, das hier zur Sprache zu bringen, ö wäre es das richtige, Sie teilten mir das vorher mit, dan h ich die Atten da und lann Ihnen an Hand der Akten antworten Aber aus dem Stegreif kann man auf einen solchen Fall n eingehen. (Sehr richtig! recht) Ich erinnere mich wohl die Betreffende als Helferin eingestellt war und verschwiegen her daß sie uneheliche Mutter war. (Zuruafe von den Sohsaldem
kraten und den Unabhängigen Sozialdemokraten: M das sagen? Unerhört 35 Das ö Ihre Le nn k,
und Unruhe bei den Sozialdemokraten. denten.)
Ich muß den Herren schon anheimgeben, zu versuchen, die Sach auf dem Boden des Beamtengesetzes zu ändern. Ich muß mir uber verbitten, daß man die Post⸗ und Telegraphengehilfinnen hier vo. nimmt und uns zu solchen Maßregeln zwingen will. Wenn da bei allen Beamten im Reiche geschieht, muß ich mich den fügen
Was die Diebstähle bei der Post anlangt, so haben wir in he letzten Zeit bei den kleinen Diebstählen eine Minderung zu ben zeichnen. Allerdings mehren sich die Fälle, wo Raubüberfälle uuf BVost⸗ und auf, Geldtransporte versucht werden. Ich habe sogar h Absicht gehabt und auch Schritte dahin unternommen, wenigssen in den gefährlichen Gebieten, die Postbeamten, die Wertsachen mi Postwagen befördern, zu bewaffnen. Wir sind davon abgelommen, weil wir glauben, daß unsere inneren Zustände bald wieder 6 gesund sein werden, daß solche Raubüberfälle selten werden. Wem sich das allerdings nicht ändert, dann müssen wir zu Maßnahmen greifen, die die Postbeamten in die Lage versetzen, sich gegen solh Ueberfälle zu wehren. .
Auf das Fernsprechwesen will ich heute nicht näher eingehen Der Reichstag wird nach den Osterferien von uns eine Denishhjt bekommen über den Ausbau des Fernsprechwesens und gleichdeitt auch die neue Fernsprechgebührenvorlage. Die beiden werden woll dann zweckmäßig zusammen behandelt und beraten werden. Eir werden daraus erkennen, daß wir den Mißständen und Unʒulang. lichkeiten, die sich eingeschlichen haben, mit allen Mitteln zu begegnen versuchen. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß, wenn wir unset Fernsprechwesen in Ordnung bringen wollen, so daß es unseren Verkehrsbedürfnissen, genügt, wir große, ich möchte sagen, Riesen. summen in dieses Geschäft hineinstecken müssen. Heute besteht lein Personalmangel, sondern die Einrichtungen genügen dem gestei⸗ gerten Verkehr nicht mehr. Unsere Einrichtungen sind während de Krieges nicht vervollkommnet worden, sie haben sehr gelitten und neue Verbindungen konnten nicht hergestellt werden. Der Fern sprechverkehr dagegen ist gegenüber der Vorkriegszeit ganz gewaltig gestiegen. Wir haben die Absicht, den Fernsprechverkehr so vol⸗ kommen auszubauen, wie es nur irgendmöglich ist. :
Auf die Autofrage will ich bei der vorgerückten Zeit nicht ein⸗ gehen; sie kann zweckmätzig auch später bei einem Nachtragzetat einmal behandelt werden. Jedenfalls sind wir bemüht, den Wün—⸗ schen des Publikums durch Neueinrichtung von Postautolinien nah Möglichkeit Rechnung zu tragen.
Zum Schluß hat der Herr Abg. Taubadel zwei Fragen gestell
— Glocke des Prij.
treffen, beabsichtige ich nicht.
Was die Uebernahme von Postbeamken in die Finanzberwal⸗ tung anlangt, so ist diese Frage heute dadurch erledigt, daß des Reichsfinanzministerium wohl einen genügenden Beam tenapparat hat. Es hat sich leider nicht ermöglichen lassen, eine größere An= zahl mittlexer und höherer Beamten bei der Reichs finanzberwal⸗ 6 unterzubringen. Auf die Gründe will ich nicht näher ein ⸗
gehen. Dann hat der Herr Abg. Taubadel einen Fall vorgetragen. wonach in den Postämtern bei den Drucksachen Wahlagitation füt die Deutsche Volkspartei getrieben wurde. Meine Herren, zufällig bin ich auch einer derjenigen, der der sozialdemokratischen Agita⸗ tion in dieser Beziehung zum Opfer gefallen ist. (Heiterkeit) Ich habe leider das Original nicht hier, bin aber bereit, es den Herren zuzustellen. Da war in die Drucksachen, die bon der Zentralstelle des Vereins für Volkswohl fahrt ausgehen, ein lleiner vicreckiger Zettel eingefügt worden, auf dem die Beamten auf ⸗ gefordert wurden, sozialdemokratisch zu wählen. (Heiterleit Alsa. es wird hier gesündigt und dort, hüben und drüben. An sich bin ich aber mit dem Herrn Abg. Taubadel vollständig einig, daß die Post zu irgendwelchen politischen Wahlzwecken nicht benutzt wer den darf. Ich werde den Fall untersuchen und dementsprechend Anweisung ergehen lassen.
Damit habe ich die Fragen des Herrn Abg. Taubadel so ziem⸗ lich beantwortet. Im übrigen werden wir ja bei der Gebühren ⸗ vorlage Gelegenheit haben, den guten Willen zu zeigen, die Post auch wirtschaftlich auf die Höhe zu bringen. Dann wird auch daz eintreten, was Herr Taubadel wünscht, daß unsere Postverwaltung wieder mit der alten Pünktlichkeit und Sorgfalt arbeitet. (Frapol im Zentrum.) 4969
Im weiteren Verlaufe der Aussprache zum zweiten Male bat Wort ergreifend, führt , nn gn ee der, aut: Meine Damen und Herren! Wie ich persönlich zu der Frage der unehelichen Mutterschaft stehe, kann nicht Gegenstand der Er örterung beim Postministerium sein. (Zurufe links: Und wi stehen Sie zur Verfassung?) Wo ich Gelegenheit gehabt hebe, in Fällen, bie mir unterbreitet worden sind, mildernd einzuwitlen
und Daärten zu verhindern, habe ich das getan. In dem dall den die Vorrednerin angeführt hat — ich dente wenigstens, da ü
der eine Fall gewesen ist — ist die Betreffende nicht entlisen
(3Zurufe links: Als Helferin! Degradiert!⸗ Meine Damen um
Herren! Wenn aus der bisherigen praktischen Uebung heran unn
aus der grundsätzlichen Stellungnahme heraus von der Reih regierung eine Erklärung ergangen ist, dann bin ich gar nicht . der Lage, anderg zu handeln. (Zuruf links: Sie haben sie Ihen verteidigt Da habe ich gar nicht zu verteidigen und nicht 6. verwerfen. Ich habe mit der Tatsache zu rechnen, daß diese C klärung der Reichsregierung ergangen ist, und auf Grund iet Erklärung habe ich in handeln. (albg. Frau Zietz, Und des dr solungsgesetz! — Zuruf von den Deutschen Demokraten: Vethe bie männlichen Beamten, die uneheliche Kinder haben, auch et lassen ?). Fräulein gübers, ich will Ihnen nur folgende fta Beamte, die uneheliche Väter werben und ihre Pflichten nich
füllen, werden vom Reichspostministerium mit aller Schärft un
besüglich der Zwangapensionierung. Wir haben uns bisher an die Vorschriften des Beamtengesetzes gehalten und werden daz auch in Zulunft kun. In meinem dlessort besondere Meahregeln zu
worden, sundern sie wird noch heute als Helserin weite be
aiheit zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen angehalten: uh lc Fälle schon zu behandeln gehabt. (Zuruf ö diese Beamten schämen sich nicht, ein Mädchen zu ver⸗ . pas eine Moral!) Das hat mit Moral absolut nichts Inter Umständen ist die uneheliche Mutter ein moralische⸗ enlind als diejenige, die das Glück hat, keine Kinder ( g Frau Zietz: Dann dürfen Sie aber nicht so ugch bitte Sie, doch eins zu berücksichtigen. Wenn wir herauskommen wollen, dann müssen Sie nach der hin einen Beschluß der Reichsregierung für die gesamte wicht herbeiführen. (Zurufe links: Und das Beamten Besoldungsgesetz) Bitte sehr, Frau Zietz, auf das ufen sich ja gerade die Beamtinnen, nämlich ich, der von der notwendigen Standesehre und (Abg. Frau Zietz: Und das Besoldungsgesetz?)
hie Frage zur — ,
fe Sache allgemein für das Reichsgebiet geregelt Ich persnlich füge mich einem solchen Beschluß in froh, wenn ich diese Schwierigkeiten los bin. meter Steinkopf: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! gollege Steinkopf! Gegen die Bestimmungen der Reichs⸗ g und ihre Gesinnung bin ich nicht berechtigt zu handeln. zitz: Die Gesetze müssen Sie aber befolgen) Sie haben thrzetat heute behandelt, und ich bin überzeugt, daß beim Enministerium auch ähnliche Fälle vorgekommen sind. Die alten für das Eisenbahnministerium genau so wie für das üitetium. Im übrigen glaube ich, daß die Erregung dar⸗ é nicht so sehr am Platze ist. (Widerspruch links) Lassen öh doch mal aussprechen! Wenn ich gewußt hätte, daß diese hier behandelt würde, würde ich natürlich dafür Vor⸗ gen getroffen haben. Ich habe schon längere Zeit den z Auge gefaßt, speziell die Damen aus dem Reichstag zu hebrechung einzuladen, um gerade diese Frage zu erörtern stel und Wege zu suchen, wie wir an diesen harten Be⸗ ngen vorbeilommen. (Frau Zietz: Das Gesetz selbst be⸗ cha anderes) Das Gesetz sagt gar nichts darüber. ih versuchen wollte, mich mit den Damen dieses Hauses n Parteien zusammenzutun, um einen Weg zu suchen, wie EALuffassung der Beamtinnen und die hier vertretene ver⸗ snnen, zeigt das doch, daß ich meinerseits die gute Absicht
e Frage zu lösen. Mit dieser Debatte, wie sie hier geführt
mmmen wir nicht zum Ziele. Ich werde aber veranlassen, und der Debatte nunmehr diese Frage einmal grundsätzlich n. Dabei sollen sich die Frauen aussprechen. Es ist mir brwurf gemacht worden, daß ich die Beamtenorganisationen b behandle wie die Beamtinnenorganisationen. Meine
md Herren, wenn eine Organisation der Beamten mir het eine Forderung vertritt, die ihre Standesehre betrifft,
diese Organisation zur Beurteilung des Falles ausschließ⸗ saßchend. Und ebenso ist das bei den Beamtinnen. ö as die Gehaltsfrage anlangt, so sind wir darüber einig, daß htierigleiten bei den weiblichen und männlichen Beamten heartet sind. Wenn es sich aber um Ehren ⸗ und Standes⸗ q handelt, sind für mich die Meinungen der Mehrheit der tmnhertretungen und Organisationen ausschlaggebend. Mehr ch als Postminister auch in dieser Frage nicht tun. (Beifall ntrum und rechts.)
r Haushalt des Reichs postmin iste riumz und eichs druckerei für 1920 und 1921 wird bewilligt.
waz Haus erledigt ferner ohne Aussprache noch andere lte für 1920 und 1921, darunter den Haushalt der zschuld und der allgemeinen Finanzverwaltung die Etats gesetze für 1920 und 1921. .
fdann tritt das Haus dem Vorschlag des Präsidenten nter Verkürzung der geschäftsordnungsmäßigen Frist die Leung der Reichshaushaltspläne für 1920 und 1921 pnnabend vorzunehmen. 2 1 m 11 Uhr 10 Minuten Nachts wird bei Anmesenheit 8 Abgeordneten Vertagung auf Freitag, 11 Uhr, be⸗
ö Sitzung vom 18. März 1921, Vormittags 11 Uhr. hi dez Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger) hrisident Löbe eröffnet die Sitzung um 1M Uhr. lu der Tagesordnung stehen zunächst 5 Anfragen, b Serndt (D. Dat) bringt zur Sprache, daß in ben agen in Bremen und Hamburg englische Handelsdampfer sufen sind, die mit 1035⸗Zentimeter⸗Geschützen bewaffnet ölie u ertig auf die Stabt gerichtet waren. Es wird ge⸗ das die Reichsregierung gegen diese Verletzung des Völler⸗ und gegen die Nichtachtung der deutschen Hoheitsrechte ver⸗ dat böw. veranlaffen wird. hie Antwort des Regierungsvertreters bleibt für üihterstattung völlig ünverständlich. hihident Löbe bittet das Haus um Ruhe und ersucht um lmuteres Verlesen der Antworten, damit die Presse imstande ä dapon Notiz zu nehmen. bs, Däu m ig, Gemar bringt in einer Anfrage die Maß= ud des Angestellten Jwan Katz durch den Magistrat von aer zur Sprache. Dieser Angestellte habe als Bürgervor⸗ wegen eines von ihm im „Voltsrecht“ mit seiner Unterschrift
genen Artikels seine Entlassung erhalten. nisterialrat von Jaco n e,, Der Bürgervorsteher
Katz ist in der zweiten Hälfte des November 1918 vom Magi⸗
6. worden, und zwar ohne schriftlichen Anstellungsber⸗ gne Vereinbarung einer Kündigungsfrist und gegen eine ich nachträglich zahlbare Vergütung. In dem von Katz ge⸗ en Kittie! Ku der rechts soghlalisfischen Lebensmittel. hirtschaft in Hannober“ hat e e fte, wegen der darin 9 charfen Angriffe einen wichtigen Grund für die Ent e, en. Es hätte dem Katz freigestanden, x . des BVetriebzrätegesetzes eine Entscheidung der zustãn · u sllen darüber herbeizuführen, ob die Kündigung zu recht ĩ 3 Davon hat er aber keinen Gebrauch gemacht. Die zu⸗ hre fi bt behßhrde und der Minister des Innern haben das i, des Magistrats nicht Bemängelt, und bei dieser Sachlage ehr regierung keinen Anlaß, ihrerseits in der Angelegen⸗ tte zu tun.
bir im onsSchtwaben (oz) fragt an, ob es zutzifft.
. daus alt aus schuß des Bayerischen Landtages ein Mit
1
nach den Be⸗
glied der Bayerischen Vollspartei erklärt hat, daß die Reichs regie⸗ rung über z ntwort der Bayerischen Regierung in — * wohnerwehrfrage ihre Befriedigung ausgesprochen ha
Staatsseketär Lewald: Diese Behauptung entbehrt jeder Begründung. Im 258. Ausschuß ist gestern der bezügliche Noten- wechsel mitgeteilt worden. : = n
Abg. Kerschb aum (Dem) verlangt schleunigen Eingri der Reichsregierung in die Mißstände, die dadurch enistanden sind, daß zahlreiche Großgrundbesißzer aus dem verbilligten Mais größere Mengen erhalten, als sie zur Viehfütterung benötigen; in einzelnen Fällen wird mit diesem Mais ein schwunghafter Handel
trieben, und es würden sogar die Bezugsscheine e . an der *. gehandelt. 6 Die Tatz
Regierungsrat Heynitz: Die Tatsache ist der Reichsregierun bekannt; es kommen besonders Betriebe mit dr, . r bau und schwacher Viehhaltung in Betracht. Eine Beschrãnkung der Maisabgabe auf den Futterbedarf der eigenen Wirtschaft läßt sich praktisch nicht durchführen; eine solche Beschränkung würde auch den eigentlichen Zweck der Maisabgabe, die Förderung der in⸗ lãndischen Getreideerzeugung und die Verminderung der hohen Kosten der Einfuhr von Auslandsgetreide beeinträchtigen. Sand⸗ wirte, die Mais zur Viehmast nicht ausreichend erhalten, können 3 verbilligten Mais dadurch verschaffen, daß sie sich an den S weinemastverträgen beteiligen, wonach für sedes abzuliefernde Schwein im Gewicht von zwei Zentnern 7 Zentner Mais zu⸗ gewiesen werden. ; ;
Abg. D. Mumm (D. Nat.) fragt, ob die Reichsregierung bereit ist, auf Grund der gemachten Erfahrungen die Verordnung des Reichsarbeitsministeriums vom 25. April 1920 über die Frei= machung von Arbeitsstellen während der Zeit der wirtschaftlichen Demobi machung aufzuheben oder doch weitgehend einzuschränken.
Ministerialtgt eigert: Die Verordnung hat nach der Auffassung der Reichsregierung mit sehr gutem Lfd. dazu bei⸗
etragen, die Wirkungen der Kriegswirtschaft auf dem deutschen
rbeitsmarkt auszugleichen. Sie entspricht aber auch nach der Meinung der Reichsregierung nicht mehr den veränderten wirt⸗ ar en n n Durch Verordnung vom 5. März 1921 ind deshalb die Befugnisse zur Freimachung von Arbeitsstellen vom 15. März 1921 an auf Orte beschränkt, die mehr als hundert⸗ tausend Einwohner haben und in denen die Anzahl der Empfänger von Erwerbslosenunterstützung regelmäßig mehr als 18 Prozent der Bevölkerung beträgt. —
Abg. D. Mu m m verweist . Ergänzung der Anfrage auf den Fall eines auf Grund der Verordnung arbeitslos gemachten kranken Dienstmädchens. Der Fall habe sich in Groß Berlin schon e. , . ereignet, und noch bis heute sei keine Entscheidung erfo
ö bine weitere Antwort erfolgt vom Regierungs tische nicht. Die inzwischen der Presse zugänglich gemachte Antwort auf die Anfrage Berndt lautet wie folgt: Der Reichsregierung ist bekannt, daß in der letzten Zeit in deutsche Häfen britische Handels= schiffe eingelaufen sind, die mit einem Geschütz bewaffnet waren. Das dadurch von britischer Seite zum Ausdruck gebrachte Prinzip ist von großer Tragweite; es hat die ernsteste Beachtung der Re⸗ gierung gefunden. Ueber die Haltung der Regierung und die von ihr zu ergreifenden Maßnahmen schweben zurzeit noch Verhandlungen.
Die Beratung des Haushalts des Reichs⸗
chatzmini s e riums wird bei den Ausgaben für, die Reichsbekleidungsämter fortgesetzt. Hierzu beantragt der Hauptausschuß Entschließungen, wo⸗ nach die Reichsbekleidungsämter nur so weit. sortbestehen dürfen, als sie durch Bekleidungsaufträge für die Reichswehr und die Schutzpolizei oder durch Auftrage von Gemeindever⸗ waltungen ausreichend beschäftigt seien. Die Reichsregierung
tellten und Beamten in der Pr
1 ferner dafür sorgen, die zu entlassenden Arbeiter, Ange⸗ In Zahlen irgendwelche. Rückschlüsse ziehen kann, weil diese Zablen in
iwalindustrie unterzubringen,
und von einer . des Reichshekleidungsamts Wil. f ,,
helmshaven⸗Rüstringen Abstand nehmen.
Die Deutschnationalen beantragen in Entschließung die Worte „oder durch Aufträge von Ge⸗ meindeverwaltungen · zu streichen. Die Sozialdemokraten Giebel und Gen. beantragen, die Reichsbekleidungs⸗ ämter bestehen zu lassen, die Kündigungen der Arbeiter und Angestellten zurückzunehmen und die Rentabilität der Aemter dadurch sicherzustellen, daß neben Uniformen für die Wehr⸗ macht und die Sipo auch Kleidungsstücke für Reichs⸗ und Staatsbeamte und die Zivilbevölkerung hergestellt werden.
Dieselben Abgeordneten beantragen ferner, unbedingt davon abzusehen, daß Bekleidungsämter wieder dem Reichs⸗ wehrministerium unterstellt werden. J
Abg. Simon⸗Franken (u. Soz.): Nach einem Beschluß der Nationalversammlung sollten die Bekleidungsämter in ren⸗ table, moderne Fabrikbetriebe umgestaltet werden, und neue moderne Maschinen sind dafür angeschafft worden. Die Be⸗ kleidungsamter der Schuhfabrikation haben gute Stiefel viel billiger herstellen können als die Privatindustrie. Daß die Be⸗ kleidungsmter dem Mittelstand Konkurrenz machen, daß sie nur durch Zubußen des Reichs existieren können, daß sie nicht genug u tun haben und daß die Beamten ye, und Stiefel aus den Helme re n, e nicht tragen wollen, alles das ist falsch. Die Aemter sind nur vielfach von der Regierung verhindert worden, Privataufträge anzunehmen, und die Beamtenorganisationen 5 nicht auf dem Standpunkt, daß die Beamten solche Uni⸗ ormen nicht tragen wollen. Allerdings hat das Reich den Be⸗ kleidungsämtern für die Zuweisung von Tuchen und Materialien ; hohe Preise gestellt, daß sie nicht , , . 6 für ihre
.
abrikation kalkulieren konnten. Ein Teil der Privatindustrie lieferte minderwertige Ware, durch die die Käufer betrogen werden. Deshalb ist es 3 daß das Reich tg mit solchen Unternehmungen nicht beschäftigen und alles der Privatindustrie überlassen soll. Nun sollen von den noch bestehenden 12 Be⸗ kleidungsämtern vier ein estellt und nur acht ausschließlich für die Reichswehr und die Sipo erhalten bleiben. Dann muß die Bele r, bis auf die 86 oder ein Drittel reduziert werden, die 9 inen werden überflüssig und die Bekleidungsämter un⸗ rentabel. Im Kriege hat man die Arbeiter mit Gewalt in die Bekleidungsämter gezogen, ja sogar kommandiert. gn Münster sind auch viele Kriegsbeschädigte beschäftigt. Wo sollen die Ar⸗ beiter in der Privatindustrie unterkommen. Viele entlassene Ar⸗ beiter werden sich selbständig machen und damit erst recht dem Mittelstand und dem Handwerk Konkurrenz machen. Im Aus⸗ chuß wurde der Antra telle des Bekleidung amtes das Amt Wilhelmshaven erhalten bleiben soll. Die Regierung erklärte, wenn Wilhelms⸗ haben bleibe, müsse Kiel aufgehoben werden, die Stadt Kiel hat aber einen Anspruch darauf, dort sind allein 7100 Nähfrauen be⸗ schäftigt. Im nteresse des Reichs selbst müssen die Bekleidungs- ämter , e. bleiben, sie können Ueberschüsse abwerfen, aber man will eben keine Stelle haben, die fachmännische Kalkulation aufstellen kann, aus der man 3. B. ersieht, wieviel ein Paar Stiefel kosten können. Nehmen Sie deshalb den Antrag der n . an und zeigen Sie Ihr warmes Herz für die rbeiter. —
Abg. Ersing Gentr): Angeblich 3 es sich bei der Auf⸗ hebung der Bekleidungsämter um Antisozialismus handeln. Wenn es sich in einem Staat wie dem großen Deutschland bei der Auf= rechterhaltung oder der Aufhebung von ein paar Belleidung ämtern um eine sozialistische od nichtsozialistische Maßnahme handeln soll, so möchte ich den Herren Kollegen von der doch etwas mehr volkswirtschaftlichen itblick wünschen. In Weimar haben wir beschlossen, daß 12 Bekleidungsämter weiter⸗ eführt werden sollten. Für die Weiterführung der Aemter wurde
Burlage Gent) , ne fn, daß an ie
in dieser
Linken
⸗ 8 zu ee fen. wie die Privatindustrie, wobei die Voraug⸗ u
dieselbe soziale und steuerliche Belastung gewahrt bleibt‘. Diesen Voraussetzungen wurde damals auch don sozia⸗ listischer Seite nicht widersproöchen. Nun ist aber Tatsa 16
die Bekleidungsämter trotz starker Begünstigung durch den Staat
großen Arbeitãmangel haben. Nach Mitteilungen des Post niniste⸗
riums und Eisenbahnministeriums ist nicht damit zu rechnen, daß
6 in absehbarer Zeit neue größere Aufträge bekommen. Man kann
em Reich doch nicht zumuten, diese Betriebe mit Verlust weiterzu⸗ en, da og chon Darlehen vom Reiche gegeben worden
ind. (Hört! hört! Die Allgemeinheit ist benachteiligt worden.
Uebrigens sollen ja die Aemter gar nicht völlig aufgehoben
werden. Merkwürdig ist, daß die Herren von der Linken sich mit
einem Male auf die Christlichen Gewerkschaften berufen, nachdem
sie jahrelang über diese in rücksichtslosester Weise hinweggegangen
sind. (Beifall im .
Abg. Bartz Komm): Durch die Auflösung der Bekleidungs⸗ ämter würden wirtschaftliche und soziale Schäden entstehen, die
ng ist, da
in gar keinem Verhältnis stehen zu dem Nutzeffekt, den sich die
Herren von der Rechten von der Aufhebung versprechen. Nicht nur der Deutsche Gewerkschaftsbund, sondern auch die . Gewerkschaften haben verlangt, daß die Aemter weiterbestehen bleiben. Ich möchte darauf hinweisen, daß in diesen Aemtern Tausende von früheren selbständigen Handwerkern beschäftigt sind, die ihre Selbständigkeit durch den Krieg verloren haben, ebenso ein großer Teil Kriegsbeschädigter, und ferner sind Kriegerwitwen darauf angewiesen, ihre Existenz durch Näharbeiten bei den
Aemtern zu bestreiten. Die Herren von der Rechten wollen aber
nicht, daß durch die billigeren Preise der Erzeugnisse der Aemter der Profit der Privatindustrie geschmälert wird. Es paßt ihnen nicht, daß die Bekleidungsämter einen Druck auf die Preise aus⸗ üben und die Ausplünderung des Volkes verhindern. Im Gegen⸗ satz zu dem Beschluß des Ausschusses auf Abban der Aemter ver⸗ langen wir einen Ausbau der Bekleidungsämter.
Reicheschatzminister von Raumer: Meine Damen und Herren! Im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Abg. Ersing möchte ich Ihnen einige Zahlen über die Bilanz geben. Die Bilanz ist zunächst einmal eine Halbjahresbilanz und gibt deshalb nur einen seht unvollkommenen Ueberblick. Die Angaben, die der Herr Abg. Ersing gemacht hat, sind zutreffend. Die Verzinsung für das Darlehen des Reichs erfolgt mit 6 sf. Die Mieten für die Gebäude sind auch mit 6 0G berechnet. Im übrigen ist auf die Warenbestände hingewiesen worden, die mit 266 Millionen Mark zu Buche stehen. Auf diese ist eine innere Abschreibung von 17 0nö0 gemacht worden. Man kann aber meines Erachtens heute weder nach der einen noch nach der anderen Richtung ein Urteil über die Rentabilität abgeben, und zwar aus folgendem Grunde: Zunächst einmal müssen wir für das Geschäftsjahr, das vom 1. April 1920 bis zum 31. März 1921 läuft, auf sehr starke Ver⸗ luste an den Beständen rechnen (sehr richtig! rechts), wie das in der ganzen Textilindustrie der Fall ist. (Zustimmung rechts) Sebst⸗ verstãndlich haben diese Betriebe unter der Konjunktur und unter der Entwertung der Kriegswaren genau so zu leiden, wie alle anderen Betriebe. Ich nehme an — ich habe ja die Abschlüsse noch nicht vorliegend — daß alle die Faktoren, also Verluste an Kriegsbeständen, die Minderbeschäftigung in den letzten Monaten usw. dazu führen werden, daß wir aus dem Jahre 1920 21 keinen Ueberschuß herauswirtschaften, vielleicht sogar mit einer Unterbilanz ab⸗ schließen. (Hört, hört) Aber ich möchte wiederum feststellen, daß man weder nach der einen noch andern Richtung aus diesen
sind, die alle priraten und öffentlichen
einer Zeit der Krisis gewonnen s l
Betriebe in gleicher Weise ergreift. 56 . .
Ich möchte dann noch eins bemerken. Es ist Bezug genommen worden auf die Stellungnahme des preußischen Ministers des Innern. Ich habe den Eindruck, daß der Herr Minister des Innern — nach Nach⸗ richten, die mir heute durch die Referenten zugekommen sind — geneigt ist seine Stellungnahme insofern zu ändern, als er grundsätzlich bereit ist, die Aufträge für die Bekleidung der Sipo den Reichsbekleidungs⸗ amtern zu übertragen.
Im übrigen möchte ich auf die Frage nicht eingehen, inwieweit die Bekleidungsämter Privataufträge annehmen sollen oder nicht Meine Damen uud Herren! Das ist eine Frage, die nicht die Ver⸗ waltung entscheiden kann, sondern eine Frage politisch⸗wirtschaftlicher Prinzipien, über die die Majorität dieses Hauses entscheiden muß. (Zustimmung rechts.)
Abg. Giebel (Soz): Der Geschäftsgang der Bekleidungs- ämter hat sich durchaus günstig entwickelt. Es ist nicht riß wenn man von is. spricht. Die Aemter haben nur Darlehn be⸗ kommen, die sie verzinsen und zurückzahlen. Es ist bei den Preis schwankungen wohl möglich, daß buchmäßig eine ungünstige Bilanz in die Erscheinung tritt, aber von Verlusten kann deshalb immer noch nicht . werden, weil die Warenvorratswerte ent⸗ sprechend reduziert werden müssen. Unrichtig ist es, daß die Be⸗ amtenschaft die Reichsbekleidungsämter nicht haben will. Der Bund deutscher Beamten im Bereiche der Reichsschatzverwaltung hat sich ausdrücklich für die Beibehaltung der Reichsbekleidungsämter aus= gesprochen und wünscht, daß für seine Mitglieder Bekleidungsstücke und Schuhwerk sowie Reparaturen dort gefertigt werden. Die bestehenden Werke müssen beibehalten und ausgebaut werden. Wenn sie verkauft oder verpachtet in Privathand übergehen, dann werden die vorhandenen Werke unbekümmert um die Konkurrenz mit dent Kleingewerbe ausgenutzt werden. Von einer Konkurrenz des Hand⸗ werks kann keine Rede sein; die Allgemeininteressen, die auf dem Spiele stehen, sind groß.
Abg. Simon⸗Franken (M. Soz): Abg. Ersing hat bemängelt, daß die Belleidungsämter nur 6 2. Zinsen auf das vom Reich dor⸗
eschossene Kapital bezahlen, Private müßten 8 . geben. Da ließe ch Aenderung schaffen. Die tatsächliche Kenntnis der Dinge geht bem Abg. Ersing ab. Wo bekommt man heute ein Paar Stiefel zu 159 4, das Rohmaterial kostet mehr. Die Betriebe dürfen nicht eingeschränkt werden.
Abg. Dr. Ober fohren (D. Nat.) wendet sich gegen eine Ent⸗ schließung des d, . der sich ee, die Auflösung des Reichs⸗ bekleidungsamtes Wilhelmshaven⸗Rüstringen ausspricht, dieses Amt , durchaus rentabel.
bg. Burlage (8entr.) wünscht die Auflösung des Amtes Wilhelmshaven, da da ganz besondere Verhältnisse vorliegen. Abg. Hoch (Soz): Es ist nicht möglich, in irgendeiner Stadt aus persönlichen Gründen ein Bekleidungsamt zu beseitigen und sagen; Hebt es auf, die an anderen Orten laßt bestehen. Was ilhelmshaven gilt, muß üherall gelten.
Bei der Abstimmung wird der s 1 ialdemokra⸗ tische Antrag auf unbeschränktes Weiterbestehen der Neichsbekleidungsamter abgelehnt. Der Antrag der Deu tschnatio nalen, aus der Entschließung, die das Fortbestehen der Reichsbekleidungsämter für Zwecke der Reichswehr, der Schutzpolizei und der Gemeindeverwal- tungen fordert, die Gemeindeverwaltungen zu streichen, wird im Wege des Hammelsprungs mit 159 gegen 118 Stimmen angenommen, und damit die 8e Entschließung des n hn fen Die Eutschließung auf Beibehaltung dez Reichs bekleidungsamtes Wilhelmshaven⸗Rüstringen wird gleichfalls angenommen.
für
n Weimar als Bedingung angeführt, hd es im — in o
der Allgemeinheit liegt und soweit der Lage sind, genau
Der Antrag Giebel, daß die Belleidunggämter nich