1921 / 126 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Jun 1921 18:00:01 GMT) scan diff

(Sehr

zwei Monaten erfreuliche Erfolge erzielt worden sind. (e richtig! bei den Deutschen Demokraten) Ich darf aber auch hinzu⸗ n

setzen, meine Herren, daß der aus gewissen Gründen verständliche langsame Fortgang in der Veranlagung der Besitzsteuern und Ein⸗ a kommensteuern in den Kreisen, deren Steuern vom Lohn und

Gehaltsabzug erhoben worden sind, eine lebhafte Beunruhigung

hervorgerufen hat. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und

im Zentrum) Ich muß den Appell an alle Kreise unseres Volkes

richten, daß die dabei zutage getretene Erregung nicht zu politischen

Unordnungen führen darf. Wir müssen alles tun, um in rascher

Folge die Befitz- und Einkommensteuern auch bei denen zur Durch⸗

führung zu bringen, die über Produktionsmittel verfügen. (Sehr

richtig! bei den Sozialdemokraten, Zurufe von den Vereinigten

Kommunisten.)

Ich komme zu einem anderen Punkt: Eine gewisse Reserve liegt vielleicht auch noch vor bei der Nachlaßsteuer in gewissen Größenstufen und Verwandtschaftsgraden. Die hier etwa gebotenen Möglichkeiten werden zu prüfen sein. Dabei will ich betonen, daß ein Ausbau der Erbanfallsteuer mit den bisher schon vorgesehenen außerordentlich hohen Sätzen bei dieser Frage nicht in Betracht zu ziehen ist.

Daß wir auch um den Ausbau der indirekten Besteuerung nicht herumkommen, ist ja für uns alle klar. Seit längerer Zeit sind eine Reihe von Gesetzentwürfen in Vorbereitung, die nunmehr ab⸗ geschlossen sind. Es handelt sich dabei um eine Erhöhung der Ein⸗ nahmen aus dem Branntwein monopol, aus der Biersteuer, um Beseitigung der bei der Tabaksteuer noch bestehenden Ermãß igungen, um eine höhere Steuer für die Erfassung des Zuckers, einschließlich des Süßstoffs, wobei auch die Frage eines Raff ineriemonopols entschieden wird, Besteuerung der Buchmacherwetten und um Er⸗ höhung einiger kleiner bestehenden indirekten Steuern. Auch die Zölle auf Luxusgüter sind zu erhöhen.

Bei der indirekten Besteuerung wird das Hauptgewicht darauf zu legen sein, daß die Steuern eine Gestalt erhalten, welche einen guten Steuerertrag unter möglichst geringer Steigerung der Ver braucherpreise garantiert. (Lachen auf der äußersten Linken) Dabei werden die meisten Steuern relativ noch nicht so hoch sein, wie sie in der Friedenszeit an Gold gemessen gewesen waren. Man darf eben nicht vergessen, daß die indirekten Steuern, welche auf fixe Sätze gestellt sind, durch die Geldentwertung herabgesetzt worden sind im Verhältnis zu ihrer Friedenshöhe. Diese Steuerreserden müssen natürlich mit herangezogen werden, damit eine Balanzierung des Budgets der Kontributionen Uund des inneren Budgets möglich ist. Ich habe aber auch bereits Verbindung mit den Finanzministern der Länder gesucht, um die Frage zu erörtern, wie es möglich ist,

in kurzer Zeit die alten Ertragssteuern auf Erträge des Grund und Bodens und des Gewerbes in eine moderne Form zu gießen. Hier liegen tatsächlich noch manche nicht beachtete Steuerquellen vor. Ausschöpfung dieser Besitzsteuerquellen wird notwendig, damit die Gesamtfinanzen in Deutschland in Reich, Ländern und Gemeinden der Sanierung entgegengeführt werden können. Die Reichs⸗ regierung ist sich bewußt, daß die Arbeit der Notenpresse den Geld⸗ wert verschlechtert und somit einseitig die breiten Massen der dohn· und Gehaltsempfänger und die Kleinrentner, d. h. alle diejenigen, die keine Produktionsmittel in den Händen haben, trifft. Die dast darf nicht vorzugsweise auf diese Schultern geladen werden. Die Regierung hat das ernste Bestreben, so bald wie möglich sich von diesem ungesunden Mittel der Notenpresse zu befreien. .

Neben der unvermeidlichen Belastung des Verbrauchers müssen weitere Einahmequellen gesucht werden. Dabei denkt die Regierung in erster Linie an den von der Geldentwertung minder betroffenen Besitz an Sachwerten, nämlich die sogenannten Goldwerte, also solche Realwerte oder andere Vermögenswerte, die von der Wert veränderung des Papierwerts nicht getroffen werden (sehr richtig! bei den Regierungsparteien), vielmehr ihren Goldwert mehr oder minder beibehalten haben. (Erneute Zustimmung bei den Regierung parteien) Es handelt sich somit vorwiegend um solche Werte, bei denen Gewinne, sei es aus Konjunkturen, sei es aus der Angleichung en die Weltmarktpreise, entstehen. Unter allen Umständen muß ver⸗ hindert werden, daß zu den Kriegs und Revolutionsgewinnlern sich der Reparationsgewinnler gesellt. (Sehr richtig)

Meine Damen und Herren! Durch diesen nur in seinen großen Grundlinien angedeuteten Finanzplan hoffen wir, die Finanzen des Reiches den Bedürfnissen entsprechend ausgestalten zu können. Dann wäre, wenn der Reichstag dieses Gesetzwerk möglichst rasch vollꝘ bracht hat, der zweite Teil der Sanierung unserer Finanzen erledigt. Dabei setze ich natürlich voraus, daß die Zuschußwirtschaft, welche bisher vom Reiche zur Stützung der Volkswirtschaft in den Ver⸗ kehrsverwaltungen wie auf sonstigen Gebieten betrieben worden ist, möglichst rasch und energisch abgebaut wird. Nur produktive Aus gaben zur Erhöhung unserer Volkswirtschaft kõnnen ohne Bedenken auf Anleihen genommen werden, wenn hinter ihnen steht der ge⸗

affene wirtschaftliche Wert. .

ö ö e. Zeit wird es dann vorbehalten bleiben, das grobe

Problem der Währungsfrage in Angriff zu nehmen. Heute scheint

mir die Zeit und unsere Volkswirtschaft in ihrem labilen und schwan⸗

kenden Justand dazu noch nicht reif. (Sehr richtigh

liche Maßnahmen. (Sehr richtig) Das ist auch von der Gegenseite

gierung wieder die Verfügungsgewalt über ihre Zollgrenzen geben, damit sie dort Ordnung halten und auch auf diese Weise auf Er- füllung der übernommenen pflichten hinwirken kann. Es darf kein neues Loch im Westen geschaffen werden. (Sehr wahrh

werden. Infolge des Wegfalls wichtiger landwirtschaftlicher Gebiete ist dies doppelt schwer, aber auch doppelt notwendig Das kann nur gelingen, wenn die ganze Landwirtschaft sich mit all der zähen Energie, die ihr eigen ist, an die Aufgabe heranmacht. Kultur befindlichen Böden durch rationell ste Bodenpflege, entsprechende Kulturarten und rationellstes ö in höchste Nutzung

ingen. Die hierfür etwa aufgewendeten . er, . eine außerordentlich produktive An⸗ lage. (Sehr wahr! bei den Regierungsparteien.)

Motoren an Stelle der Zugtiere; auch dadurch wird viel Bodenfläche frei werden für die menschliche Ernährung h den Deutschnationalen) Die agrarische Bodenfläche muß aber auch noch vermehrt werden, indem ; *

. rasch und zweckmäßig kultiviert werden. Die Beschãftigung von Arbeitslosen wird dadurch produktiv. Auch wird die Industrie Aufträge erhalten für entsprechende Das bedeutet eine Stärkung der Inland

zügig weiter entwickelt werden. Kurz, unsere ganze , ,,

gegenüber der Landwirtschaft muß abgestellt sein auf das Ziel größt⸗

möglicher n

ir e verbessern, werden wir wieder . was schon mit Rücksicht auf unsere Vo

. , ee Inlandsmarkt für Industrieprodukte ganz be⸗

dentend weiten, mehr vielleicht als größten Ar auf weltwirtschaftlichem Gebiete in kurzer Zeit möglich ist.

was er nur herzugeben vermag.

Die Einfuhr Luruswaren im weitesten Sinne muß soweit ur irgend möglich beschränkt werden durch zollpolitische oder steuer⸗

nerkannt worden. Man muß aber dann auch der deutschen Re⸗

Die Landwirtschaft muß auf höchstmögliche Produktion eingestellt

Es gilt zunächst, die in

Ausgaben sind nicht

Ein weiteres Mittel ist eine möglichst weitgehende Nutzung von (Lachen und Zurufe bei

alle geeigneten Oedlandereien und Moore

Maschinen und Gerätschaften. grundlage unserer Wirtschaft.

Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen muß rasch und groß⸗

Dadurch werden wir unsere Er⸗ gig von der Auslands⸗

Valuta notwendig ũist,

Produktionssteigerung.

durch die größten Anstrengungen

dem heimischen Boden herauszuholen, Wir müssen hinabsteigen in ö. ̃ Salz und Erzkammern, die in unserem Boden liegen, un ö. . Sparreserven in der heutigen Zeit . . Beträge herausholen. Wir k. . Forstbestände jehen zu möglichst umfangreicher Aufbauarbeit. . 6 ,, im Innern des Landes muß ausgebaut ö. den unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher und e, , leistung. Ich denke dabei sowohl an den ö . 6 als auch an die Ausführung von Kanalbauten. ir ö . nötigen Vorlagen verabschiedet und die Zustimmung, wenn ö . recht erinnere, des ganzen Hauses damals gefunden. Guruf .

Sie haben es ja selbst genehmigt.

Woher denn das Geld nehmen?) Sie h ee, . i ü unsere Erwerbslosen unter allen um

k en eine Beschäftigung zu⸗

duktiv beschäftigen und müssen ihnen . . 3 die ganze Volkswirtschaft erhöhte Leistung . Das Bau⸗ und Siedlungswesen muß trotz der Opfer, ie . fordert, gefördert werden. Unsere gesamte Industrie e, ne,. e. werden auf Höchstleistung n ,,, ö (ee. mehr der Qualität. Die Strömungen , i werden dabei eine wichtige Rolle spielen. . Di ge ne n er der Industrie außerordentlicht gesteigerte

werden.

Auch sonst heißt es, aus

dingte Voraussetzung, wenn wir a

e . ; t. ̃ wollen in die J 5 den Absatz draußen auch dann wieder

derartikel werden wir un r , . die Valutaprämie nachläßt. Alles, was die . tätsarbeit fördern kann, ist vom Standpunkt der Wirtschaftspoli

aus zu fördern und zu stützen. Vor allem ist auch eine J des Werkbundgedankens, der am Vorabend des 3. 9 ö len sprechende Forischritte gemacht hatte, von grõßter Wichtig ei ö. ö. industriellen Fortschritt und den gesunden Wettstreit 6

leistung.

Nicht minder Bedeutung kommt der Gestaltung der ö tion unseres Wirtschaftslebens zu. In der Industrie haben sich . por dem Kriege, besonders aber während des Krieges und nach

ĩ ̃ ücklichste ijege Entwicklungsformen herausgebildet, die auf das nachdrü 4 werden müssen hinsichtlich 6. . . ö wi (Zurufe von den Vereinigten ; , was den natione nie cha ien, . tionseffekt steigert, muß planmähig vom Reiche 5 . was die Reibungsflächen in der Wirtschaftsmaschinerie ö. . . was ihren flotten Gang gefährdet, muß mit , i. . beseitigt werden. Ueberflüssige Wege in der Volkswirischaft, das Endprodukt verteuern, mũssen beseitigt werden. a n Hin und wieder hört man: Deutschland muß zum 36. ö zurückkehren. Das ist vollkommen unmöglich. (Sehr . . . Deutschen Demokraten. Nicht Agrarstaat oder Induf 3. ö ö. heißt die Problemstellung, sondern ¶Agrarstaat und Indust ö. a . (Sehr richtigl bei den Deuischen Demokraten) Es muß eben ei

m engsten Zusammenhang mit dem finanziellen Programm steht das k Es ist eine selbstverständliche Tatsache, daß die Summen, welche wir an das Ausland zahlen müssen, nur aus dem Neberschuß der Wirtschaft auf die Dauer gewonnen werden können. Darum muß sich unsere Volkswirtschaft einrichten auf höhere Produktion und auf nationalwirtschaftliche Eparsamkeit. ö

Die Richtung, welche unsere Wirtschaftẽpolitil nehmen muß, ist

durch die Kontributionsverpflichtung und ihre technische Ausgestaltung n Teil bedingt. .

9 de. wir die Reparationsleistungen aufbringen wollen, so mũssen

wir nicht nur im Inlande höhere Werte erzeugen, sondern auch unsere

Einfuhr einschränken, soweit dies im Rahmen ver wirtschaftlichen

Notwendigkeiten möglich ist.

Geldwertes befindet.

Daraus folgt wieder mit eiserner Konsequenz: möglichster Aus⸗

imatgrundlage, unferer Vollawirtichest; Den 6 der Rettung unseres Vaterlandes und der Ueberwindung 3 . können, müssen wir nach aller er r,, ,, ge. ö e, er e ern ah erteien, im .

Wir müssen alle aktiven . der

hlungsbilanz, die es neben der Warenausfuhr ibt, mög · e, . und die passiven Posten der Zahlungabilanr die sich außerhalb der Reparation ergeben, möglichst niedrig halten. Das ist die zwingende Logik der ganzen Lage, in welcher sich Deutschland in⸗ folge der Reparation, aber auch infolge der Verschlechterung seines

R rialisierung der Landwirtschaft erfolgen Eachen und Zurufe ö im . einer stark gesteigerten Produklionstechnit; niemals aber darf ein Zurückagleiten auf eine überwundene Wirtschaftẽstuse in Frage kommen. Nur durch Fortschreiten zu einer höheren Wirt⸗ schaftsform, die durch selbständiges Wachsen und durch zielbewußte Förderung der naturgemãßen Entwicklung angestrebt werden muß, können wir die Not der Zeit überwinden. dandwirtschaft und In⸗ dustrie dürfen sich nicht gegenũberstehen als Feinde Gustimmung),

Schaffung eines neuen, wenn auch bescheidenen deutschen Volksgemeinschaft.

seele gewinnen.

Hader zerreiben. Wir müssen unseren Blick vorwärts richten auf da

sondern als Brüder, die sich bewußt sind, daß jeder seinen Teil bei⸗

rte ars der wirtschaftlichen Not und die krogen muß für die Ueberwindung Wohlstandes der

Gin gewaltiges Arbeitsfeld ist schon mit diesen kurzen Hin⸗ weisen und f en. Es ist ein Programm auf lange Sicht. Wir werden die großen Aufgaben nur mit Erfolg bewältigen können, wenn 6. auch die richtige soziale und ethische Einstellung der deutschen Volks Das ist ein Problem des sittlichen Wiederaufbaues unserer Nation. Wir müssen die inneren Gegensãte mõglichst zurück stellen und dürfen nicht unsere besten Kräfte in nutzlosem inneren

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Lachen. Die allgemeine Opferbẽreitschaft im Volke muß wieder wachsen und endlich Zurufe von den Vereinigten Kommunisten: Amnestie! Glocke des

allen Schieber⸗ und Wuchergeist (wiederholte

Präsidenten), der das Bild der deutschen Volksseele in den letzten fünf

Jahren so sehr verdunkelt hat, aus innerer Kraft überwinden. An

die Stelle der Mutlosigkeit und Verzagtheit muß wieder das Be⸗ wußtsein treten, daß ein Volk von der geschichtlichen Vergangenheit (Rufe rechts: Ahah und den wirtschaftlichen Leistungen des deutschen Volkes auch harte Notzeiten überwinden kann und imstande ist, bei

Zusammenfassung aller seiner immanenten Kraft trotz harter Lasten

sein Schicksal zu meistern. Dazu ist auch notwendig, daß in allen Kreisen unseres Volkes jener soziale, friedfertige Geist einkehrt,

welcher unbedingt notwendig ist, um den sozialen Frieden zu erhalten

und die Arbeitsfreudigkeit zu vermehren. Ueberbrückung der sozialen Gegensätze wird besonders von denen gefordert werden müssen, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen. (Andauernde Zurufe von den Vereinigten Kommunisten. Gegenrufe: Ruhe! Unruhe. Glocke des Präsidenten.])

Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen und Tagen ist unser aller Blick nach Südosten gerichtet gewesen. wo unsere oberschlesischen Brüder unter dem Druck Korfantyscher Banden Unerträgliches zu erdulden haben. Als die Abstimmung den Polen nicht den erhofften Sieg brachte, als die überwiegende Mehrheit des oberschlesischen Volkes in allen seinen Schichten sich für Deutschland entschied, hat Korfanty den Versuch unternommen, mit Waffengewalt chört! hört! in der Mitte und rechts) sich in den Besitz des Landes zu setzen. (Pfui⸗Rufe.) Die deutsche Regierung hatte dies kommen sehen und es an Warnungen nicht fehlen lassen. (Lebhafte Hört! Hört!⸗Rufe.) Trotzdem kamen Kampfmittel in gewaltigem Umfange über die polnische Grenze (erneute Rufe: Hört! Hörth, trotzdem wurden S0 000 Polen von diesseits und jenseits der Grenze bewaffnet. (Hört! Hört!) Der Aufstand war bis ins einzelne vorbereitet und brach auf ein Losungswort Korfantys aus. (Wiederholte Rufe: Hört! Hörth Nicht um eine spontane Volksbewegung handelt es sich hierbei, sondern um eine künstlich entfachte und von außen gestützte Rebellion. (Sehr richtig) Und was ist die Folge? Terror, Ver⸗ wüstungen, Plünderungen der polnischen Insurgenten und Ein⸗ dringlinge spotten jeder Beschreibung. (Zuruf von den V. R) Unermeßlicher Schaden ist angerichtet. Die Landwirtschaft liegt darnieder; die Ernte ist aufs schwerste gefährdet Gruben und Hüttenbetriebe stehen vor dem Zusammenbruch. Schon macht sich in den von Oberschlesten belieferten Gebieten der stãrkste Kohlen⸗

mangel bemerkbar.

So sieht das Land aus, das im Februar vorigen Jahres im Zustand des Friedens und Gedeihens der Interalliierten Kom⸗ mission zu treuen Händen übergeben worden ist! (Lebhafte Rufe: Hört! Hört)

Die verlassene oberschlesische Bevölkerung hat zur Selbsthilfe greifen müssen, um Haus und Hof, Weib und Kind zu schützen. In äußerster Notwehr hat ste den oberschlesischen Selbstschutz ge⸗ bildet, um das Land vor weiterer Vergewaltigung zu bewahren. (Sehr wahr! in der Mitte und rechts.) Ihrer Selbstbeherrschnan/ die sie hierbei bewahrt hat, bringen wir die höchste Bewunderung entgegen. (Bravo!) ö

Meine Damen und Herren! Was hente in Oberschlesten vor⸗ geht, muß um so verdammenswerter dem erscheinen, der die Ge⸗ schichte des Landes kennt, die ich Ihnen hier nicht zu wiederholen brauche. Insurrektion kann nie Recht schaffen. Sie kann nie zu polnischem Gebiet ein Sand machen, das seit 700 Jahren keinem polnischen Staatsgebilde angehört. und in dem es sogar nach dem Zeugnis hervorragender Polenfũhrer nie ein polnisches National⸗ empfinden gegeben hat, bis es jetzt künstlich durch landfremde Polen entfacht ist. Noch zwei Jahre vor dem Kriege hat die Reichstagswahl von 1912 den deutschen Charakter des Landes gezeigt, in dem 70 Prozent der Wählerschaft für große deutsche Parteien und nicht etwa für die polnische Partei im Reichstag stimmten. Wie wenig die mit den gröbsten Mitteln arbeitende polnische Agitation hieran etwas ändern konnte, hat jetzt die große Ab⸗ stimmung erwiesen. Das Ergebnis dieser Abstimmung hat die Polen und ihre Freunde bitter enttänscht. Sie hofften, daß ihnen die Abstimmung die Legitimierung ihrer Wünsche bringen würde. Um dieses Ergebnis für sie noch sicherer zu machen, waren sie es, die Polen, die die Emigranten abstimmung forderten. (Gdört Hörth Sie haben sich aber getäuscht: die Tatsachen find gegen die Polen ausgeschlagen, und jetzt möchte man die Stimmen der Emigranten und die Abstimmung überhaupt nicht gelten lassen. Aha⸗Rufe.) Ich frage: War die Abstimmung so gemeint, daß sie nur dann die Entscheidung bringen sollte, wenn sie zugunsten Polens aus⸗ schlug?ꝰ (Sehr gut) Die Abstimmung hat uns eine Mehrheit pon einer Viertelmillion Stimmen gebracht. Das Ergebnis wäre noch viel günstiger gewesen, wenn nicht alle erst nach 1904 Zu⸗ gezogenen von der Abstimmung ausgeschlossen worden wären. (Zustimmung) Die polnische Seite beziffert den hierdurch für Deutschland entstandenen Ausfall auf wenigstens 120 00 Stimmen. men. (Hört, hört!)

Schon aus der Abstimmung ergibt sich Deutschlands Recht auf Oberschlesien. Auch geographische und wirtschaftliche Gesichts⸗ punkte weisen nach derselben Richtung. Jede Teilung Ober⸗ schlesiens würde bei der Kompliziertheit der wirtschaftlichen Organi⸗ sation den Ruin der abgetrennten Teile nach sich ziehen (lebhafte Zustimmung), die nur in engster Verbindung mit dem Deutschen Reiche bestehen können. (Erneute Zustimmung.)

Selbst von den Freunden der Polen ist doch in der letzten Zeit die Unfähigkeit dieses Volkes, ein so hochentwickeltes und so kompliziertes wirtschaftliches Gebilde zu verwalten, zugegeben worden. Auch die Annahme, daß Polen etwa durch Oberschlesien wirtschaftlich genesen könnte, oder daß es möglich sein könnte, Ober schlesien vor dem polnischen wirtschaftlichen Chaos zu bewahren, ist irrig. Würden Teile Oberschlesiens polnisch, so würden sie auf den Tiefstand des polnischen Wirtschaftslebens herabgedrückt werden. (Lebhafte Zustimmung) Polen übrigens und das ist

ein sehr wesenklicher Punkt hat Oberschlesien gar nicht nötig; denn es verfügt selbst über reiche Kohlen und Erzvorräte, die es nur zu entwickeln braucht (sehr wahr!, 3 fremder hochorganisierter Industrie auszustrecken. (Sehr gut) Zudem hat die deutsche Regierung sich bereits in ihrer Note vom 1. April 1921 bereit erklärt, an Polen unter Vorzugsbedingungen

im Jnlande selbst herstellen. (Sehr richter! ,. r ö e. den Sozialdemokraten.

Zurufe von den Vereinigten Kommunisten: Und die Amnestie?

die für seine Wirtschaft erforderliche Kohle und sonstige Erzeugnisse

anstatt seine Hand nach

Yten.

tmaß der Abwehr gegriffen.

r hat.

nisten.)

Ne Frage muß ich doch an die Gegenseite richten. Wie an sich in Frankreich die Lösung der von Briand angeregten der demokratische Geist muß sich in Deutschland entwickeln? etwa die Sanktionen der letzten Zeit, die Rheinzollgrenze,

2nmktzung weiteren deutschen Gebietes und deutscher Städte,

Fraternisieren französischer Truppen mit den Aufständischen

Oberschlesien, sollen etwa diese Erscheinungen den demokratischen st in Deutschland stärken können? (Sehr gut! bei den D. Dem.) ht man denn nicht ein, daß das ewige Drohen mit dem wert und neuen Sanktionen das Gegenteil von demokratischem

t ist? (Sehr richtig! bei den D. Dem.)

Wo ist zunächst abgesehen von dem fairen Spiel, das Eng⸗ d und Italien bezüglich Oberschlesien wirklich getrieben haben in Frankreich ein Zeichen dafür, daß das neue demokratische tschland nicht in seinen Uranfängen erdrosselt werden soll? Sieger von gestern, die mit Hilfe der ganzen Welt das aus⸗ ingerte deutsche Volk schließlich niedergeworfen haben, haben es t, unter Pochen auf die Macht Polirik zu treiben. (Sehr ig! im Zentrum und bei den D. Dem.) Aber ich will gar bon Großmut reden liegt es denn wirklich im Interesse Welt, dem geschlagenen und entwaffneten Deutschland ewig Drohungen entgegenzutreten, die uns nicht zu ruhiger Arbeit Leistung kommen lassen? Legt doch endlich die Flinten weg den Vereinigten Kommunisten: In Ern), nachdem in Deutschland selbst kaum das Notdürftigste

en und Zurufe bei

anden ist, um unser Leben zu schützen. Briand spricht mit etwas Spott von der

richtig im Zentrum und bei den D. Dem.)

unisten: Amnestie zu geben), der ung zu tragen (wiederholte Zurufe unisten: Amnestie! Glocke des Präsidenten),

im für die Demokratie in Europa legen. tutschen Demokraten.)

e Regierung hat ihrerseits ihre Haltung durch die Not⸗ eit bestimmen lassen müssen, alles hintanzuhalten, was Gegnern Gelegenheit geboten hätte, unsere gerechte Sache dunkeln und das eigene Unrecht zu beschönigen. bei den D. Dem. und im Zentrum) Die Regierung hat enze nach Oberschlesien gesperrt; die polnische Grenze nach östimmungsgebiet ist noch offen. (Hört, hört!) ß das deutsche Volk mit leidenschaftlichem Herzen an Oberschlesien hängt, haben viele Kundgebungen der letzten eindringlichsten die des Sonntags im Berliner Lustgarten

n. hat das deutsche Volk in voller Einmütigkeit eine Selbst⸗ hung entfaltet, wie sie sich wohl selten finden mag. nun verlangen wir auch, daß dieses alte deutsche Land dem verbleibt, der durch Geschichte und Leistung, durch hung und Recht vollen Anspruch darauf hat, (lebhafte Zu⸗ ng) und daß gesetzlosen Missetätern vom 3. Mai die nach⸗ he Lehre erteilt wird, daß es nicht genügt, d sogenannte vollendete Tatsachen zu schaffen, um einen von Dauer und des Rechtes herbeizuführen. e Demokratie hat ihren Ausdruck gefunden im Plebiszit. llebiszit in Oberschlesien kann nicht umgangen werden, be⸗ nicht von Mächten, deren Verfassung demokratischen (Lebhafte Zustimmung bei den D. Dem.) Der sel in Oberschlesien muß in Ordnung gebracht werden krechter Würdigung und Wahrung des Plebiszits; sonst 1s Oberschlesien ein neuer Brandherd erwachsen, der aufs neue in Flammen setzen kann. (Sehr richtigh gen in den französischen gesetzgebenden Körperschaften sind Spannung gefolgt. An Worten hat es dort drüben nicht Zuruf rechts: Daran fehlt es bei uns auch nicht! Heiter⸗ hts) An Worten fehlt es überhaupt nicht auf der Welt! Heiterkeit und Zurufe rechts und bei den Vereinigten

erung“ in Deutschland. Er denkt dabei wohl an die Kurz⸗ keit unserer Regierungen. (Heiterkeit rechts) Es ist das Ziel wahren Patrioten bei uns, endlich eine Regierung zu haben, h auf eine breite parlamentarische Basis und Mehrheit stützt.

iese Regierung wird nicht geschaffen und nicht gefunden Erörterung von Personenfragen; sie wird nur entstehen sachliche Politik (sehr richtig! bei den D. Dem), die alle die, uten Willens sind, um ein sachliches Programm im Laufe sichsten Wochen sammelt. (Sehr gut! bei den D. Dem) Gewiß eine solche Regierung, die sich auf eine breite parlamentarische stüͤtzen kann, auch ein politisches Ideal zu vertreten haben. sche dieses Ideal in der Verwirklichung einer friedlichen ökratie (Brabo links, die dem deutschen Volk zunächst das rettet und die am Wiederaufbau des Vaterlandes arbeites, mit gleichzeitig die europäische Wirtschaft und die Weltwirt⸗ wieder in Gang zu bringen. Will man in England und reich dasselbe Ziel wie wir und das müßte eigentlich das ‚ller demokratischen Länder sein, die die gesamte Welt neuer ahrt entgegenführen wollen so hat man auch die Ver— ung, die feierliche Verpflichtung (Zuruf von den Vereinigten demokratischen von den Vereinigten

Verpflichtung, der demokratischen Idee Rechnung zu tragen

r Entscheidung über Oberschlesien, wo der Wille der Be⸗

ng nach demokratischen Grundsätzen zum Ausdruck ge⸗ nist. Sehr richtig) Oberschlesien wird der Prüfstein da⸗ ne ob es den siegreichen Mächten in der Welt wirklich ernst

der Verwirklichung der Demokratie in Europa.

s Schicksal der demokratischen Entwicklung der Welt liegt

den Händen der Siegerstaaten. Ein Sieg irgendeiner Diktatur,

eines übertriebenen Militarismus in irgendeinem Land, sei

Sieg des phantastischen Diktators Oberschlesiens, wird den

berschlesien zu liefern (hört, hörth, solange das polnische sigebiet noch nicht erschlossen ist Hört, hörth, und ferner bende Hilfe bei der Erschließung der polnischen Bodenschätze

tstitzt auf unser gutes Recht aus dem Abstimmungsergebnis f die zwingende Logik der wirtschaftlichen Tatsachen, hat das berschlesiens und ganz Deutschlands allen Herausforde⸗ an denen es auch schon vor dem Aufstande nicht gefehlt he und Besonnenheit entgegengesetzt. (Gravo! im Zentrum den D. Dem) Erst als durch den Aufstand Leben und um der deutschgesinnten Bevölkerung des Abstimmungs⸗ unmittelbar bedroht war, hat sie zu dem unerläßlichen

(Sehr

durch bewaffneten

Den

„augenblicklichen

Idee

so hat man die

(Sehr gut! bei

Wenn ich im übrigen noch ein paar Worte zur inneren Positit sage, so muß ich voranfügen, daß die äußere und innere Politik für Deutschland in einer Weise verknüpft sind, wie das nie zuvor der Fall war. (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten) Ich betrachte es als einen Zweck und als ein Ergebnis der Annahme des Ultimatums, daß sie unsere Freiheit im Innern erhalten hat. Aber ich will darüber jetzt mit niemandem streiten. Es fragt sich, wie wir die Freiheit, die wir haben, gebrauchen wollen. Richt⸗ schnur ist uns die Reichsverfassung, an deren Durchführung wir ehrlich (Zuruf von den Vereinigten Kommunisten: Schwindeln Sie doch nicht!) und aufrichtig arbeiten wollen. (Glocke des Prä⸗ sidenten.)

Leitgedanke ist der Dienst am Volke in der demokratischen Republik. (Zurufe von den Vereinigten Kommunisten: Egxistiert ig gar nicht nach der Reichsberfassung! Wir wollen doch den Schwindel hier nicht machen! Zuruf aus dem Zentrum zu den Vereinigten Kommunisten: Zahl' zuerst deine Alimente! Heiter— keit) Eine fruchtbare Entwicklung ist nur möglich, wenn jedem Versuch eines gewaltsamen Angriffs auf die Verfassung, möge er kommen woher er wolle, rechtzeitig entgegengetreten wird. Das wird die Reichsregierung tun.

Sie wird dabei so lange wie irgend möglich sich der Mittel bedienen, die ihr die öffentlichen Gesetze in die Hand geben, und von Ausnahmevorschriften absehen. In einigen deutschen Gebieten bestehen zurzeit noch Ausnahmevorschriften. Der Ausnahmezu⸗ stand in Groß Hamburg wird im Einvernehmen mit den Ham⸗ burger Behörden sofort aufgehoben werden. Die Reichsregierung beabsichtigt aber auch im übrigen, den Ausnahmezustand möglichst schnell, wo er besteht, abzubauen, und ist hierüber in Verhand⸗ lungen mit den Landesregierungen eingetreten. (Zurufe von den Vereinigten Kommunisten: Was heißt möglichst schnell? Die neuen Presseverbote illustrieren Ihre Worte!)

Die Ernährungslage der deutschen Bevölkerung, von der letzten Endes die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes abhängt, hat sich während des laufenden Wirtschaftsjahres, wie auch die Statistik der Sterblichkeit und der Krankenbewegung beweist, wieder etwas gebessert. Die der Bevölkerung zur Verfügung stehenden Nahrungs⸗ mittel haben sich infolge der freieren Gestaltung der Innenwirt⸗ schaft und der Einfuhr aus dem Auslande, sowohl der Menge als der Beschaffenheit nach, wesentlich gehoben. Allerdings läßt sich nicht verkennen, daß der schrittweise Abbau der Zwangswirtschaft vielfach zunächst eine Preissteigerung zur Folge hat, die eine vor⸗ übergehende stärkere Belastung für einen großen Teil unserer Be⸗ völkerung bedeutet. Die Reichsregierung betrachtet es deshalb als ihre wichtigste Aufgabe, nunmehr mit allen Mitteln die land⸗ wirtschaftliche Produktion, wie ich schon ausgeführt habe, zu heben, um so rasch als möglich ein günstiges Verhältnis zwischen An⸗ gebot und Nachfrage das einzige Rittel, um den Schiebergeist zu unterdrücken! lsehr richtig) auf dem Nahrungsmittelmarkte herzustellen und auf diesem Wege, der wirtschaftlich allein auf die Dauer einen Erfolg verspricht, eine Preissenkung zu erreichen. Die Förderung unserer heimischen Nahrungsmittelerzeugung ist um so dringender, als die Erfüllung des Ultimatums uns zwingen wird, den Abbau der bisherigen Zuschußwirtschaft des Reichs in der Lebensmittelversorgung in die Wege zu leiten. (Sehr richtig! im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten. Hört, hört! bei den Vereinigten Kommunisten) Zweifellos wird diese Maßnahme in Verbindung mit allen weiteren Belastungen, die uns das Ulti⸗ matum bringt, dazu führen müssen, die Preise der Lebenshaltung auf der einen, die Löhne und Gehälter auf der andern Seite im Rahmen der gesamten volkswirtschaftlichen Belange in das rechte Verhältnis zu bringen. (Zurufe von den Vereinigten Kommunisten: Proletarier, zieh' den Riemen enger!)

Das deutsche Volk hat manchmal im Laufe seiner Geschichte auf Stimmen aus dem Auslande gehört, ja sogar solchen Stimmen Vertrauen geschenkt. (Zuruf rechts: Leider! Das Vertrauen ist leider oft schmählich betrogen worden. (Lebhafte Zurufe rechts.) Trotzdem läßt das deutsche Volk die Hoffnung nicht sinken, daß in der Welt der Sinn für Recht und Gerechtigkeit auch für unser Volk nicht immer erloschen ist. Lloyd George hat neulich erklärt Zuruf von den Vereinigten Kommunisten: Der Fuchs predigt den Gänsenh Wer sind denn die Gänse? (Heiterkeit) Lloyd George hat erklärt, die Alliierten werden fäir play gelten lassen gegenüber Deutschland. Warum will man nicht noch in der Welt einen Schritt weiter gehen? Hat das demokratische Deutschland durch die Annahme des Ultimatums nicht eine ungeheure Last auf sich genommen, um endlich eine Entspannung der europäischen Lage und eine europäische Wiederaufbaupolitik herbeizuführen? Ich erwarte, daß England und seine Führer uns auch das geben, was man eine „fair chance“ nennt. Die Alliierten sollten endlich ein⸗ sehen, daß das deutsche Volk weiß, daß der ihm vorgeschriebene Wiederaufstieg unvermeidlich durch den schweren Gang der Leistung und Erfüllung führen muß und wird, und daß das deutsche Volk ihn auch gehen wird. Auf diesem Wege sollten die Alliierten in ritterlicher Weise (lautes Lachen rechts). Meine Herren, lachen Sie darüber nicht, betrachten Sie die Psyche des deutschen Volkes, wie der Gedanke des Eintretens für das Recht in Oberschlesien dazu geführt hat, daß man dort den tapferen Soldaten und Offi⸗ zieren der Alliierten, die für das Recht in Europa gefallen sind, ihre Särge mit Blumen überschüttet und bekränzt hat. (Lebhafte Zustimmung links und im Zentrum.) Nicht lachen, wenn man

etwas derartiges erwähnt.

Auf diesem Wege sollten die Alliierten in ritterlicher Weise

einem Volke, das so Unmenschliches geleistet hat wie das deutsche

Volk, auch fair chance geben und nicht wegen jeder Schwierigkeit,

die kommen kann und kommen muß, die Schwierigkeiten ver⸗

größern und dadurch die Voraussetzung aller Leistungen und

darauf kommt es mir an —, die Hoffnung, ersticken. Die sieg⸗

reichen Völker sollten doch nicht ohne weiteres den Gedanken von

sich werfen, wie es ihnen zu Mute wäre, wenn sie nach der un⸗

geheuren menschlichen Leistung des Krieges noch den Leidensweg

gehen müßten, den das deutsche Volk gehen muß. Vir gehen den

Weg schweren, doch festen Herzens.

Der Spott, als ob der Optimismus falsch wäre, ist wirk⸗

lich billig.

Welche wirtschatflichen und finanziellen Reformen und Um⸗

gestaltungen notwendig sein werden, läßt sich in allen Einzelheiten

in dieser Stunde noch nicht sagen.

Eine Reform fällt nicht vom Himmel, sie muß mit eisernem

4. Januar 1529 bei einer Betrachtung über die damalige Zen gesagt: „Ist ein wirkliches Bedürfnis zu einer Reform in einem Volke vorhanden, so ist Gott mit ihm, und sie gelingt.“

Diese Reform kann natürlich nicht damit beginnen, daß wir etwa den nationalen Sinn im deutschen Volke, wie man mir das schnöderweise vorgeworfen hat, ersticken will. Der Begriff der „Nation“ erlaubt eine ethische Deutung dieses viel mißbrauchten Wortes. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Jede Nation in Europa hat eine Bedeutung für die europäische Kultur und trägt Menschheitsgedanken als heilige Verpflichtung durch alle Jahrhunderte fort. Die Unterdrückung irgendeiner Nation hemmt die Geschichte der Welt und ihrer Kultur und führt zur Zerstörung großer Menschheitsgedanken, die bei freier Entfaltung alle Nationen das gesamte Menschengeschlecht höheren Zielen ent⸗ gegenführen kann.

Der nationale Gedanke in diesem ethischen Sinne kann sich aber meines Erachtens nur entwickeln auf einer wirklichen Basis, die sich loslöst von dem reinen Machtprinzip, die die Macht gewiß nicht verachtet, denn ein Staat ohne Macht ist ein Widerspruch in sich (Rufe von den Vereinigten Kommunisten: Amnestie! Unruhe. Glocke des Präsidenten), die aber die Macht nicht miß⸗ braucht, um sich durch die Macht allein in der Welt oder im eigenen Vaterland Geltung zu verschaffen. (Zurufe von den Vereinigten Kommunisten.) In der großen Entwicklung Europas und der Welt werden die großen geistigen, ethischen und wirtschaftlichen Fragen mindestens eine ebenso große Rolle spielen, wie eine zeitweilige übergroße Machtentfaltung.

Zum Schluß rufe ich Sie alle ohne Unterschied der Partei auf (Rufe von den Vereinigten Kommunisten: Amnestie!), uns bei dem Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten inneren und äußeren Werte zu unterstützen. (Rufe von den Vereinigten Kom⸗ munisten: Amnestie!)

Um diese Unterstützung auszubauen, ist das Reichskabinett er⸗ gänzt worden durch den Herrn Reichsminister Dr. Rathenau. Die Auswahl des Wiederaufbauministers in der Person des Herrn Dr. Rathenau erfolgte frei von jeder parteipolitischen Erwägung. Der Gedanke, eine organisatorische Kraft zu gewinnen, die im Kriege in Organisationsformen sich bewährt hatte, war das Leit⸗ motiv, diesen Mann für die Reichsregierung zu gewinnen. Er wird Gelegenheit haben, im Laufe der Debatte Ziel und Richtung seiner Arbeit Ihnen vortragen zu können.

Ich darf Sie noch einmal bitten: Helfen Sie uns, daß unser Volk nicht sittlich auf den Stand eines kleinen, von Schiebern und reichen Reisenden ausgebeuteten Ländchens in irgendeinem Winkel Europas herabsinkt. Helfen Sie uns aber auch alle, die großen finanziellen Leistungen zu vollbringen, die wir übernommen haben. Diese Bitte richtet sich auch an diejenigen, die seinerzeit Gegner der Unterzeichnung des Ultimatums waren, die aber uns zuer⸗ kennen werden, daß wir, die wir anderer Meinung waren, ebenso wie sie aus ehrlicher Überzeugung über das Wohl unseres Vater⸗ landes entschieden haben. (Beifall. Rufe von den Vereinigten Kommunisten: Amnestie! Amnestie! Erneuter Beifall.)

Präsident Löbe schlägt auf Wunsch mehrerer Parteien vor, die Aussprache über die Regierungserklärung auf Donnerstag mittag zu vertagen.

Ledebour beantragt, die Erörterung des Ausschußberichts über Aufhebung der Sondergerichte, des Belagerungszu⸗ standes und über Amnestie mit dieser Aussprache zu verbinden, und in der ferner Abg. Simon (U. Soz.) beantragt, den Ausschußbericht über eine einmalige Beihilfe für die Erwerbs⸗ losen, die länger als 26 Wochen erwerbslos sind, vor der Regierungserklärung zu besprechen, wird die Tagesordnung für Donnerstag, 1 Uhr, wie folgt, festgesetzt: Inter⸗ pellationen der Deutschnationalen und der Demokraten, betreffend Oberschlesien, Beihilfe für die Erwerbslosen und Besprechung der Regierungserklärung in Verbindung mit 6 . über eine Amnestie und über die Sonder⸗ gerichte.

Schluß is Uhr.

Literatur.

Handagusgabe der Reichsverfassung vom 11. August 1819. Von Dr. Fritz Poetzsch, Geheimem Legationsrat, sächs. stelln. Mitglied des Reichsrats. Zweite, neu— bearbeitete und stark vermehrte Auflage. 226 Seiten. Berlin, Verlag ven Otto Liebmann. Geh. 17 46. Nachdem die Ende 1919 er⸗ schieneng erste Auflage mit einer zusammenfassenden Darstellung der Vorgeschichte der Reichsverfassung und einem kurz gehaltenen Kommentar dem Bedürfnis weiter Kreise nach einer ersten Einführung in das neue Verfassungsrecht gedient und auch den Weg zur akademischen Jugend gefunden hat, entspricht in der um rund 80 Seiten er weiterten zweiten Auflage die Erläuterung der Reichsberfassung auch weitergehenden praktischen Bedürfnissen. In der Fortführung der geschichtlichen Einleitung wird gezeigt, daß die Verfassungsformen der Ausdruck lebendiger Kräfte sind und diese mehr als jene die Ver⸗ hältnisse bestimmen, in denen wir leben. Jedem Abschnitt, der Ver⸗ fassung sind wieder eine zusammenfassende Uebersicht über seinen Inhalt und Begriffserklärungen vorangeschickt, die ein schnelles Er⸗ fassen des Stoffes ermöglichen. In den Erläuterungen bei den ein—⸗ zelnen Artikeln, die zu den darin behandelten besonderen Fragen die notwendige Ergänzung bringen, findet man die bisher erschienene

und manche bei der Anwendung gemachte Erfahrung berücksichtigt. Das Buch wird jedem gute Dienste leisten, der sich an der Hand dieses Führers durch die Reichsberfassung eingehender über das neue Recht unterrichten will.

Deutsches Gesandtschafts⸗ und Konsularrecht auf der Grundlage des allgemeinen Völkerrechts. Von Geheimem Justizrat Dr. jur. Philiꝑp, Zorn, ordentlichem Professor der Rechte. Handbuch des Völkerrechts, unter Mitwirkung von zahlreichen Gelehrten herausgegeben und mitbearbeitet von Professo Dr Fritz Stier Som lo in Köln a. Rh., zweiter Band, dritte Abteilung. VII und 204 Seiten., Verlag von W. Kohl— hammer, Stuttgart. Preis 18 66 und 30 0, Verlagszuschlag. Die wissenschaftliche Behandlung des Gesandschafts- und Konfular⸗ rechts in der deutschen Rechtsliteratur erfolgte bisher von zwei fehr verschiedenen Gesichtspunken aus. Die Lehr. und Handblcher des Völkerrechts enthalten mehr oder minder wertvolle allgemeine Er— örterungen des Gegenstandes als eines Bestandteils des Völkerrechts ohne söstematische Einarbeitung der einschlägigen deutschen Gesetze und Staatsberträge. Demgegenüber steht die Bearbeitung der deutschen Gesetzgebung über, das Konsularwesen in dem für die Praxis bestimmten und für diese hervorragend brauchbaren Königschen Handbuch und in den Lehr⸗ und Handbüchern des deutschen Staats— rechts, vor allem in dem monumentalen Werke über das alte Reichs⸗ staatsrecht von Laband. Man zerlegte also den Stoff in feinen

Fleiß allmählich durchgeführt werden. Goethe hat einmal am

völkerrechtlichen und seinen staatsrechtlichen Bestandteil. In dem

Literatur über die Verfassung, die Fülle der ausführenden Gesetzgebung

Nach längerer Geschäftsordnungsdebatte, in der Abg. nue

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