besonders aber über die Lage im Orient. In der Sitzung am Nachmittag, an der der italienische Botschafter in Faris Graf Bonin Longare teilnahm, wurden, nachdem man sich zunächst mit dem oberschlesischen Problem befaßt hatte, die Beratungen über die Orientfragen wieder aufgenommen. Von dem französischen, englischen und italienischen Gesandten wird ein Kollektivschritt bei der hellenischen Regierung unter⸗ nommen, um die Regierung zu ersuchen, die Vermittlung der alliierten Mächte anzunehmen, bevor sie die Offensive gegen die Türken beginnt. Lord Curzon kehrt heute nach London zurück.
— Die Kammer hat am Freitag den Gesetzentwurf über die Errichtung eines Bergamtes im Saargebiet gemäß dem Antrag der Regierung angenommen.
Belgien.
Der Kriegsminister hat beschlossen, einen Teil der mo⸗ bilisierten Truppen, die für die Besetzung des Ruhrgebiets bestimmt waren, zu entlassen. Nur noch Unverheiratete und Reserveoffiziere werden im Rheinland verbleiben.
— Der Hauptausschuß der Kammer hat den so⸗ zialistischen Antrag, die militärische Dienstzeit auf sechs Monate herabzusetzen, mit 4 gegen 2 Stimmen abgelehnt.
Schweiz.
Der Völkerbundsrat genehmigte vorgestern in ersten Sitzung den Voranschlag für 1922, der sich 23 768 5816 Goldfranken beläuft. Der Rat beschloß, der nächsten Vollsitzung zwei Berichte zu unterbreiten, die auf Wunsch der ersten Bundesversammlung von den geschaffenen heiden Kommissionen, der Untersuchungskommission zum Studium der Organisation des Völkerbundsrats und des Internationglen ArbestsamtLß und der Kommission für die Verteilung der Auf⸗ gaben unter die Mitgliedstaaten ausgearbeitet worden sind. Weiter wurde ein Beschluß gefaßt bezüglich des Beitritts gesuchs, das dem Generalsekretariat von Ungarn zugegangen ist und das der nächsten Völkerbundssitzung unterbreitet werden wird. Die ständige Beratungskommisston für Militär, Marine und Luft⸗ schiffahrtsfragen, welche nächsten Dienstag in Genf zusammen⸗ tritt, wurde eingeladen, ihre Ansicht zu äußern über die Militär- und Luftstreitkräfte, über welche Ungarn künftig ver— fügen darf. Ein weiterer Beschluß bezieht sich auf die Oeffent— lichkeit der Verhandlungen des Völkerbundsrats.
Der Völkerbundsrat beschäftigte sich in der vorgestrigen Sitzung ferner mit der Danziger Frage. =
1. Artike! 9 des am 9. November 1920 zwischen der Freien Stadt Danzig und Polen getroffenen Abkommens bestimmt, daß alle Streitigkeiten, die bei der. Ausführung des Vertrags über die beiderseitigen Beziehungen oder in militärischen Angelegenheiten entstehen, dem Kommissar unterbreitet werden müssen, der darüber zu entscheiden hat. Wenn dieser es für nötig erachtet, kann er die Angelegenheit an, den Völkerbundsrat, weiterleiten. Den beiden Parteien selbst steht es frei, sich, an den Rölkerbundsrat zu wenden. Der Oberkommissar des Völkerbundes, General Haking, verlangte, daß der polnischen und der Danziger Regierung eine Frist gesetzt werde, innerhalb welcher sie den Völker—⸗ bunbsrat anrufen können. Die Mitglieder des Völkerbundsrats und die Vertreter der beiden interessierten Parteien erkannten einstimmig die Notwendigkeit an, die Bestimmungen des Artikels 39 in diesem Punkte genauer auszuführen. Der Völkerbundsrat wird später eine Berufungsfrist festsetzen. . . e, . Der Völkerbundsrat hatte am 17. November 1920 beschlossen, die Berfasfung der Freien Stadt unter seinen Schutz zu nehmen. Er hatte aber gleichzeitig einige Abänderungen im Ver⸗ faffungstext verlangt. Diese Abänderungen wurden vorgen gin men, kön6nnen aber erst in Kraft treten, wenn sie von dem Völkerbund genehmigt sind. Der Völkerhundsrat beschloß, diese Genehmigung zu erteilen, unter Vorbehalt der Verfassungsbestimmungen über den Senat. Der Präsident des Senats. und sieben weitere Senatoren werden auf 12 Jahre gewählt und sind gesetzlich verpflichtet, zu demissionieren, sobald die Volkspversammlung ihre Politik nicht billigt. Der Völkerbundsrat hehandelte diese Frage am Sonnabend von neuem. Er zog zu den Beratungen außer dem General Saking den Professor Attolico hinzu, Direktor der Sekretariatsabteilung für Transit und Verkehr, der vor Haking Oberkommissar von Danzig war und als folcher die Aufmerksamkeit des Völkerbundsrats auf den Wahlmodus der Senatoren der Stadt Danzig gelenkt hatte. Der Völkerbundsrat sprach die Ansicht aus, die Verfassung Danzigs bedürfe in diesem Punkte einer Abänderung. Es sei durchaus nötig, die Amts⸗ dauer der Senatoren zu verkürzen. Ferner soll der Volksversammlung die Möglichkeit gegeben werden, bei den Erneuerungswahlen ihre Unsscht über die Bom Senat geforderte Politik auszudrücken. Diese Beschlüsse werden von einem kleinen zu diesem Zwecke ernannten 5 redigiert und sodann dem Rate zur Genehmigung unter—
reitet.
3. Der Völkerbundsrat prüfte ferner das zwischen Deutsch⸗ land einerseits, Polen und der Freien Stadt anderer⸗ seits getroffene Transitabkom men. Dieses steht nach der Auf⸗ faffung des Rats nicht in Widerspruch zu den in bezug auf die Freie Stadt bestehenden Verträgen, Konventionen und sonstigen Ueberein⸗ fünften. Es besteht daher kein Grund für den Oberkommissar, sein Vetorecht auszuüben.
Der spanische Botschafter in Paris Quinones de Leon erstattete dem Völkerbundsrat Bericht über die Arbeit der internationalen Verkehrs- und Transitkonferenz, die im März und April in Barcelona getagt hatte. Die in Barcelona abgeschlossenen Konventionen wurden in Ueberein— stimmung mit dem Pakte befunden. Der Rat beschloß, sie . den Regierungen zur Unterzeichnung und Ratifikation zu⸗ zustellen.
der auf
Niederlande.
Wie das „Haager Korrespondenzbüro“ erfährt, hat die Königin zu dem am 16. Juni eingereichten Rücktritts— gesuche der Kabinettsmitglieder erklärt, daß sie die Gesuche in Erwägung ziehen wolle, und zugleich die Minister gebeten, vorläufig die laufenden Geschäfte weiter zu führen.
Lettland.
Die Bildung des neuen Kabinetts ist dem Memeler Dampfboot“ zufolge vollzogen worden. Ministerprãsident wird Meiero wicz, der 9 das Portefeuille des Aeußern über⸗ nimmt. Sein Gehilfe für Auswärtiges wird Samuel, das Ministerium des Innern übernimmt Kweesis, das Finanz— ministerium Kalnimsch und das Justizministerium Ho lz⸗ mann (Soz.).
Norwegen.
Im Storthing fand am Freitag die Abstimmung über die Bewilligung bezüglich der Schulkommission statt, die von der Linken als Basis für ihre Offensive gewählt wurde, um die Demission der Regierung zu erzwingen. Infolge einer Vereinigung der Linken mit den Sozialisten wurde der von der Regierung abgelehnte Verschlag mit 67 gegen 58 Stimmen angenommen. Das M inisterium reichte darauf seine
Demission ein.
Amerika.
Einem Kabeltelegramm der „Chicago Tribune“ zufolge hat die Regierung der Vereinigten Staaten wegen der Einreihung von in Amerika naturglisierten Griechen in die kleinasiatische Armee inoffizielle Vorstel lungen bei Griechenland erhoben.
Asien. Nach einem Kabeltelegramm der „Chicago Tribune! aus Tokio haben japanische Streitkräfte die Stadt Nikolajewsk und andere Punkte in Ostsibirien besetzt.
Parlamentarische Nachrichten.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes über Aenderungen der Reichsversicherungsordnung ist auch der. Entwurf eines Gesetzes über Aenderung des Versicherungs gesetz es für Angestellte nebst Begründung dem Reichstage zu⸗ gegangen. ö .
Zwei leitende Gedanken ziehen sich durch die Vorschriften des Entwurfs hindurch. Einerseits bedarf eine Reihe grundlegender Vor⸗ schriften des Versicherungsgesetzes für Angestellte einer sofortigen Anpasfung an die Geldentwertung. Dahin gehört die Herauf⸗ setzung der bisherigen Grenze für die Versicherungöpflicht über 15 0090 4Æ hinaus — auf 28 000 A Jahresarbeits⸗ verdienst —, ferner eine Erhöhung der Versicherungs leistungen und eine entsprechende Heraufsetzung der Beiträge. Die neue Berechnung der Leistungen soll nach einem ein⸗ heitlichen Grundbetrag und nach Steigerungssätzen erfolgen. Diese Berechnungsart hat sich in der Indaliden⸗ und, Hinterbliebenen versicherung der Reichsversicherungs ordnung bereits bewährt; sie hat den Vorteil, daß die Rentenleistungen für die nach kurzer Ver⸗ sicherungsdauer erwerbsunfähig gewordenen oder verstorbenen Ver⸗ sicherten wirtschaftlich wertvoller werden als bei der Berechnung der Rente lediglich nach Steigerungssätzen. Auf der anderen. Seite be—⸗ zwecken die Vorschriften des Entwurfs eine. durchgreifende Nu⸗ gestaltung des Beitragsverfahrens. Sie sehen die Beitraggentrichtung burch Verwendung von Marken vor, ein Verfahren, das sich in der Invaliden und Hinterbliebenenversicherung in langsähriger Uebung bewährt hat. Außer diesen beiden ,. Gruppen von Vor⸗ schriften enthält der Entwurf noch die Regelung einiger besonders dringlicher Einzelfragen.
Die wichtigsten der grundlegenden Bestimmungen des Ver⸗ sicherungsgesetzes für Angestellte sollen in Anpassung an die Geld⸗ entwertung die nachstehende Fassung erhalten:
§ 16. Nach der Höhe des Jahresarbeitsverdienstes werden für die BVersicherten folgende Gehaltsklassen gehildet:
J .
II von mehr als 1500 .
7fJ , .
M , .
. 5 000 .
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. 2 2 n 10 909 th. 1 15 000 2 LX 156 Ooh .
3 50. Die Anwartschaft lebt unbeschadet des 5 20h wieder auf, wenn der Versicherte die rückständigen freiwilligen Beiträge innerhalb des Kalenderjahrs nachzahlt, das dem Kalenderjahr der Fälligkeit der Beiträge oder der Anerkennungsgebühr folgt.
Die Anwartschaft lebt auch dann wieder auf, wenn der Versicherte von neuem eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt und dafür Pflichtbeiträge, falls vor dem Erlöschen der Anwartschaft die Wartezeit erfüllt war, für mindestens zwei volle Jahre, andernfalls für mindestens vier volle Jahre entrichtet hat, .
Ist eine Anwartschaft während der Wartezeit erloschen, so kann die Reichsversicherungsanstalt auf Antrag die rückständigen Beiträge stunden. Der Antrag muß vor Ablauf. der im Abs. ] bezeichneten Frist gestellt werden. Spätere Pflichtbeiträge können, soweit sie nicht gemäß z 49 erforderlich sind, auf die gestundeten Beiträge angerechnet werden. Durch die Anrechnung lebt die Anwartschaft wieder auf.
§z 55. Das jährliche Ruhegeld besteht aus einem für alle Ge⸗ haltsklassen gleichen Grundbetrage von 360 „M und aus Steigerungs⸗ sätzen. Der Steigerungssatz beträgt für jeden entrichteten vollen Monatsbeitrag
in Gehaltsklasse J.... . 1,50 4 n . 3 , , D ,, (. ,, , ,,,
des Ruhegeldes an die Veränderungen in der allgemeinen Wirtschaftslage wird ein Teuerungszuschlag gewährt. Er wird stets, auch in den Fällen des 8 390 im vollen Betrag und nur für volle Kalendermonate gezahlt. Der Teuerungszuschlag fällt weg, wenn das Ruhegeld zum vollen Betrage ruht. Bis zum 31. De⸗ zember 1926 beträgt der Teuerungszuschlag monatlich fünfzig Mark.
; 56. Hat der e he ( e gde, unter achtzehn Jahren, so erhöht sich das Ruhegeld, und zwar für das erste Kind, um jährlich zweiunddreißig Hundertstel, für das zweite Kind um jährlich viexund⸗ zwanzig Hunderkstel und für jedes weitere Kind um jährlich sechzehn Dundertsfel des Grundbetrags. Elternlose Enkel unter achtzehn Fahren, deren Unterhalt der Empfänger des Ruhegeldes ganz oder Wberwiegend bestreitet, werden den Kindern unter achtzehn Jahren e .
§ 57. Die Witwenrente und die Witwerrente beträgt zwei Fünftel des im 5b Abs. 1, 8 56 bezeichneten Ruhegeldes, das der Ernährer zur Zeit seines Todes bezog oder bei Berufsun fähigkeit be⸗ zogen hätte. Für die Teuerungszuschläge zu der Witwen- und Witwer⸗ rente gilt 5 55 Abs. 2 Satz Ü bis 3 entsprechend. Der Teuerunge⸗ zuschlag beträgt bis zum 31. Dezember 1926 monatlich vierzig Mark-
Waisen erhalten je zwei Fünftel, Doppelwaisen je zwei Drittel des Betrags der im Abs. 1 Satz! 1! bezeichneten Witwen⸗ oder Witwer⸗ rente. Für die Teuerungszuschläge zu den Waisenrenten gilt, s 35 Abf. 2 Satz 1 bis 3 entsprechend. Der Teuerungszuschlag beträgt bis zum 31. Dezember 1926 monatlich zwanzig Mark.
5 172. Der monatliche Beitrag beträgt bis auf weiteres
in Gehaltsklasse J..... 15,60 4A, ö — 24,60 30, 60 37,20 43,20 520 68, 40
M).
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2 II 2 8 * 6 = ,,, ,,, ö J, L. . ö , NR 98, 40,
Die Anerkennungsgebühr zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft beträgt jährlich 5) K und kann in einer Summe oder in zwei Teilbetrãgen entrichtet werden.
6 Beschäftigen mehrere Arbeitgeber den Versicherten während des Kalendermonats oder findet die Beschäftigung nicht den vollen Kalendermonat hindurch statt, so hat jeder Arbeitgeber. Beiträge für diejenige Zeit zu entrichten, während deren der Versicherte bei ihm beschäftigt ist. Als Beitrag hat er zu leisten bei einer im Kalender⸗ monate bei ihm stattfindenden Gesamtdauer der Beschäftigung bis zu einer Woche ein Viertel, von mehr als einer Woche bis zu zwei Wochen die Hälfte, von mehr als zwei bis drei Wochen drei Viertel und darüber hinguz, den vollen Betrag des Monatsheitrags, Als Jahresarbeitsverdienst für die Bestimmung der Gehaltzsklasse gilt das
Dreihundertfache des Durchschnitteverdienstes aus der einzelnen e,
schäftigung für den vollen Arbeitstag.
Beitragsfrei ist eine Beschäftigun g. 9.
a) wenn sie von solchen Perfonen, die in einem regelmäßigen, R; Versicherungspflicht begründenden hauptberuflichen j schästigungsverhältnisse zu einem bestimmten Arbeitgeber steß⸗
ohne Unterbrechung dieses Beschäftigungsverhältnisses anderen Arbeitgebern nebenher,
sei es nur gelegentlich 2 Aushilfe, sei es regelmäßig, ausgeübt wird, oder in wenn sie von Perfonen, die sonst herufsmäßige der Angestelten verficherungspflicht unterliegende Tätigkeit ausüben, währen vorübergehender Arbeitslosigkeit nur gelegentlich, insbesonde zur gelegentlichen Aushilfe, ausgeführt wird und auf höchsten drei Arbeitstage entweder nach der Natur der, Sache beschtinn zu sein pflegt oder im voraus durch den Arbeits vertrin be
ränkt ist. ; ; leren ge, die regelmäßig bei mehreren Arbeitgebern d Kalendermonat hindurch wechselnd beschäftigt sind, haben selbst h Pflichten der Arbeitgeber zu erfüllen. Als Beitrag sind dolle Monatz⸗ beiträge in derjenigen Gehaltsklasse zu entrichten, deren Jahrezatbeit verdienst dem zwölffachen Betrage des Gesamtentgelts für zen Kalendermonat entspricht. Sie sind berechtigt, bei der Gehaltszahlun von jedem Arbeitgeber einen verhältnismäßigen. Anteil der Arbei. geberhälfte des Beitrags als dessen Beitragsanteil zu verlangen.
— Ferner hat das Auswärtige Amt dem Reichstag ze Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Peutsch— chinesischen Vereinbarungen über die Wieder herstellung des Friedenszustandes, nebst einem Al druck dieser Vereinbarungen und einer erläuternden Denlschtit zu möglichst baldiger Beschlußfassung vorgelegt.
— Dem preußischen Landtag ist der Entwutf eines Gesetzes über die Vereinigung, van Stein— kohlenfeldern im Oberbergamtsbezirke Dortmund nebst Begründung zugegangen. ;
Die zurzeit herrschende Kohlennotz drängt dazu, auch solche Por kommen zur Deckung des Brennstoffbedarfe heranzuziehen, die in besseren Zeiten geringere Beachtung gefunden haben und finden konnten, Aufgabe der Gesetzgebung ist es, einzugreifen, wo der Aufschliefm bon Kohlenfeldern rechtliche, aus veralteten Bergrechtszustnden ha. rührende Hindernisse entgegenstehen. Dies krifft zu auf den sidlichn Teil des Ruhrbezirks, das unmittelbar an die Ruhr angrenzend Gebiet, wo der älteste westsälische Steinkohlenbergbau umgegangen it wo aber jetzt, hauptsächlich aus dem, Grunde, weil Fort unter dn Geltung der alten Bergordnungen. Längenfelder (x. h. Feldet, de nicht an der Tagesoberfläche abgemessen, sondern durch die natürlichen nicht von vornherein übersehbaren Grenzen der Lagerstätte bestimn werden) und für die heutigen Verhältnisse unzureichende Geviertfelde verliehen worden sind, ein nutzbringender Betrieb in größerem Maß stabe sich nicht entwickeln kann. Nach einem sach verständigen Gutachtn sollen dort noch 800 Millignen Tonnen Steinkohlen in unverrtztn Feldern anftehen. Es bestehen, noch, Ag0 bis, 6ob0 dangenfelden die gewisfermaßen einen Pfahl im Fleisch der sie umgebenden Hy piertfelder darflellen und einen einheitlichen Betrieb hindern. Gin Vereinigung durch freie Entschließung der Bergwerkseigentümer it nur in? wenigen Fällen zustandege kommen. Wegen der langen set der Verleihung verstrichenen Zeit ist der Kuxenbesitz durch mehrfach Vererbung und durch seine Teilbarkeit außerordentlich zersplittet, Vielfach find die Cigentümer, der Kure ausgewandert und überhaut nicht mehr feststellbar. Es ist oft unmöglich, eine verfügungoͤfihig Mehrheit von Gewerken zusammenzubekommen..
Eine Aenderung dieser unhaltbaren Zustände ist nur durch Jem einigung der Felder im Zwangswege herbeizuführen. Die Recht⸗ grundlage hierfür soll der vorliegende Gesetzentwurf schaffen, der auf Grund von Vorschlägen des Vereins zur Schiff barmachung der Ruht nach Verhandlung mit Vertretern dieses Vereins im Einverständniz mit dem Reichsköhlenraf aufgestellt worden ist. Der erstrebte zwa kann ohne Eingriff in die Rechte der Bergwerktzeigentümer und der an den Bergwerken dinglich Berechtigten — solche sind übrigens m ausnahmswelse vorhanden — nicht erreicht werden. Indessen techl⸗ fertigt sich dieser Eingriff durch die hohe gemeinwirtschaftliche Ve deutüng der Angelegenheit; auch wird für die Absindung in aut reichendem Maße und unter ausreichenden Sicherheiten Vorsorh getroffen.
Nr. 49 des „Zentralblatts der Bauverwaltung herausgegeben im preußischen Finanzministerium am 18. Juni h hat folgenden Inhalt; Amtliches: Dienstnachrichten. Ait amtliches: Das Modell des , ,, zur Kuppel von St, Pelet in Rom. — Buddhistische Tempelanlagen in Siam. (Schluß) = Ueberbelastung einer Cisenbetondecke. — Vermischtes: Ver kihung dr Würde eines Doktor⸗Ingenieurs ehrenhalber. — Jünfʒigfahᷣig Bestehen des Akademischen Ingenieurvereins an der Technischen hoh schule München. — Wettbewerbe für Entwürfe zum Bau eint Krankenhauses in Velbert und für ein Kriegerehrenmal und Fight, grabsteine auf dem Sennefriedhof in Bielefeld. Ausstellun „Wärmewirtschaft:! in München. — Reichs hochbaunormung. Materialprüfungsamt in Berlin⸗Dahlem. — Wünschelrute im physikalische Messungen. — . in den norddeutschen Ser, gebieten im Mai 1951. — Fahrbarer Doppelauslegerkran. Blichet⸗
schau.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
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Theater.
dpernhaus. (Unter den Linden.) Dienstag: 151. Dauer bezugsvorstellung. Die Walküre. Anfang h Uhr. ; Mittwoch: Violetta. (La Traviata.) Anfang J ht.
Echauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Dienstag: ib. dar bezugsborstellung. König Richard der Dritte. Anfang lib Mittwoch: Nathan der Weise. Anfang 7 Uhr.
Samiliennachrichten. =
Gestorben: Hr. Generalleutnant a. D. Alfred von Stn
gg , Major a. D. und Ritter aft ain tt .
GYraf Lon Bredow⸗Görne (Görnej. — Hr. Graf Aung Eulenburg (Berlin).
—
Verantwortlicher Schriftleiter: J. V: Weber in Beil.
gftesel⸗ Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschãftẽ echnungsrat Mengering in Berlin.
Verlag der Geschäftestelle (Mengering) in Berlin
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagtanstalt Berlin, 3 32.
Fünf Beilagen leinschließlich Börsenbeilage)
und Erste, Zweite, Dritte und Vierte e rel Handelereriste Fel
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Erste Beilage
zun Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger
Verlin, Montag, den 20. Juni
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Nr. 141.
Deutscher Reichstag. 115. Sitzung vom 16. Juni 1921. Nachtrag.
Die Rede, die bei der Fortsetzung der zweiten . des Gesetzentwurfs über die Regelung des beer n mit Getreide in Erwiderung auf Ausführungen des . r. fen er n f d . K der
eichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Her mes gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut: f d
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, zu den Aus— führungen des Herrn Abgeordneten Heim gleich Stellung zu nehmen, und auch auf die übrigen bisher in der Debatte ge— machten Ausführungen kurz einzugehen.
Der Herr Abgeordnete Heim hat mit vollem Recht in den Vordergrund seiner Ausführungen den produktionsfeindlichen Charakter der Zwangswirtschaft gestellt. Ich stimme darin grundsätzlich durchaus mit ihm überein, habe aus dieser Auf⸗ fassung nie einen Hehl gemacht und aus dieser Auffassung auch praktisch im letzten Jahr die Konsequenzen gezogen. (Sehr richtig bei der B. V.) Wenn man aber daran nun die Forde⸗ rung knüpfen wollte, daß man, um diesem Grundsatze zu ge— nügen, jetzt auch in der Getreidebewirtschaftung sofort den Schritt in die freie Wirtschaft tun müsse, so kann ich in dieser Auf⸗ fassung allerdings dem Herrn Abgeordneten Heim nicht folgen. Denn dann hätte diese gleiche Folgerung ja für das gesamte Gebiet der Zwangswirtschaft gelten müssen; denn die Zwangs⸗ wirtschaft war nicht nur produktionshemmend auf dem Gebiete der Getreidewirtschaft, ebenso auf dem Gebiete der Kartoffelwirt⸗ schaft, des Fleisches usn. Wenn ich nun im vorigen Jahre aus der Erkenntnis heraus, die der Herr Abgeordnete Heim hier betont hat, mit einem Male die ganze Zwangswirtschaft hätte aufheben wollen, nur weil sie produktionsfeindlich wäre, dann wären wir in Situationen hineingekommen, die schlechterdings unerträglich gewesen wären. Das hätte eine Erschütterung unseres Wirtschaftslebens gegeben, die niemand hätte verantworten können. Deshalb, meine ich, kann man nicht diese Folgerung daraus ziehen, die der Herr Abgeordnete Heim hier gezogen hat, daß man nun sofort zur völlig freien Wirtschaft auf dem Gebiete des Fetreides übergehen müßte. Ich bin der Meinung, es handelt sich nicht nur darum, dem Gesichtspunkte, den ich voll begrüße, Rechnung zu tragen, die Produktion zu fördern, sondern wir müssen auch mit dieser Tendenz die andere verbinden, die Be⸗ lastung der Verbraucherschaft nicht unerträglich werden zu lassen. Wir kommen nicht darüber hinweg, daß diese beiden Gesichts⸗ punkte miteinander verbunden werden müssen, und wir können auf dem Gebiete der Getreidewirtschaft keinen andern Weg gehen.
Wenn der Herr Abgeordnete Heim auf die behördliche Niedrig⸗ haltung der Getreidepreise hingewiesen hat, so darf ich darauf auf⸗ merksam machen, daß meine Tendenz immer dahin ging — und ich bin dieserhalb ja sehr viel angegriffen worden —, gerade in der Preisfrage den berechtigten Forderungen der Landwirtschaft so weit als möglich entgegenzukommen. Aber meine Vorschläge im vorigen Jahre, gerade in bezug auf die Festsetzung der Getreidepreise, haben besonders in Kreisen der bayerischen Landwirtschaft einen Wider⸗ stand gefunden, unter dessen Wirkungen nachher die Landwirtschaft in anderen Teilen Deutschlands beeinträchtigt worden ist. Ich glaube, auch in dieser Frage muß man die Dinge objektiv und nüchtern betrachten.
Für mich handelt es sich schließlich nur um eine Tempofrage. Wir müssen den Uebergang in die freie Wirtschaft nach meiner Ueberzeugung in einem Tempo durchführen, daß die Bevölkerung nicht in eine unerträgliche und unmögliche Situation hinein⸗ kommt. (Zuruf von den Soz.: Wie wollen Sie das machen?) — Bisher ist es uns gelungen, den Abbau ruhig durchzuführen. Gerade auf dem Gebiete der Brotversorgung haben sich die Zu⸗ stände gebessert und werden sich, wie ich glaube, in der Zukunft noch weiter verbessern.
Wenn der Herr Abgeordnete Heim gemeint hat, daß durch die Umlage ebensoviel erfaßt werden solle, wie im laufenden Jahre bon der Reichsgetreidestelle und den Kommunalverbänden erfaßt worden ist, so trifft das nicht zu. Die Gesamterfassung betrug 3 bis 315 Millionen Tonnen. Wenn nun die Vorlage in der Form Heset wird, daß 235 Millionen Tonnen erfaßt werden sollen, so würde das doch eine wesentliche Verminderung gegenüber dem bis⸗ herigen Quantum sein.
Die größte Gefahr erblickt der Herr Abgeordnete Heim darin, daß es in Zukunft freies Getreide neben gebundenem Getreide peben würde. Ich muß zugeben, daß dieses Bedenken nicht von der Hand zu weisen ist. Aber es ist doch nicht zu leugnen, daß wir bißher schon neben dem gebundenen Getreide auch freies Getreide in der Form der Schleichhandelsware zu verzeichnen haben. Es wird gerade dem Herr Abgeordneten Heim aus den Verhältnissen der süddeutschen Landwirtschaft belannt sein, daß dort in dieser gin sic doch manche Schwierigkeiten aufgetaucht sind. Also die Verführung des Bauern hat schon immer bestanden; sie würde jetzt nut gewissermaßen in einer anderen Form auftauchen. Aber einen grundsätzlichen Unterschied kann ich darin nicht erblicken.
Venn die baherischen Genossenschaften ihre Bedenken dagegen ausge sprochen haben, an der Erfassung des Umlagegetreides mitzu⸗ dirten, so kann ich das vom Standpunkte der genossenschaftlichen Feschäft tätigkeit durchaus verstehen. Aber gerade hier wäre eine
ufgabe für die gemeinnützig aufgebauten Genossenschaften ge⸗ geben, in einer Weise zur ruhigen Fortführung ber Brotver⸗ soirgung und zu einem organischen Uebergang in die freie Wirt⸗ shaft beizutragen, die gerade dem gemeinnützigen Charakter an⸗ gepaßt wäre. Es wäre eine sehr wertvolle Aufgabe für die Ge⸗ . sich rückhaltlos in den Dienst dieses Gedankens zu
Den Hinweis des Herr Abgeordneten Heim auf die Nachteile khährend der Krleggwirtschaft und auf die Maigwirthschaft darf ich
41921
kurz dahin beantworten, daß der Nachteil hinsichtlich der Mais⸗ wirtschaft nur für Bayern gilt, weil Bayern eine Sonderregelung getroffen hat, während in allen übrigen Teilen des Deutschen Reiches eine gleichmäßige Behandlung in dieser Maisaktion besteht.
Was die landwirtschaftliche Kopfrate angeht, die der Herr Abg. Heim mit Recht beanstandet hat, so darf ich darauf hin⸗ weisen, daß ja bei dem neuen Verfahren diese Regelung weg⸗ fallen würde. Die Marktlage für Weltgetreide ist günstig, worauf auch der Herr Abg. Heim hingewiesen hat. Ich möchte mir hier Einzelheiten ersparen. Aber das ist für uns nicht die ent⸗ scheidende Frage. Die entscheidende Frage ist vielmehr die: inwieweit sind wir in der Lage, aus dieser günstigen Weltgetreide⸗ lage nun wirklich Nutzen zu ziehen? (Sehr richtig! im Zentrum.) Das ist für uns das Entscheidende, Maßnahmen zu treffen, die im Einklang mit unserer Finanzkraft und unserer Finanzlage stehen, und auf die grundlegende Frage ist uns auch der Herr Abg. Heim meines Erachtens die Antwort schuldig geblieben: wie können wir es erreichen, nochmals unserer versorgungsberechtigten Bevölkerung eine gewisse Mehl⸗ und Brotration zu einem erträg⸗ lichen Preise zu gewährleisten? Das ist die Kapitalfrage, und keiner der Herren Redner, die bisher gegen das Umlageverfahren gesprochen haben, hat bisher eigentlich dieses Moment nachhaltig in die Erörterung gezogen. Ich habe bisher jedenfalls eine be⸗ srledigende Antwort auf diese entscheidende Frage nicht erhalten. Wenn der Herr Abg. Heim meinte, es genüge, einen Ausschnitt der Bevölkerung — er hat auf die kleinen Rentner usw. hinge⸗ wiesen — heranzuziehen, so halte ich diesen Weg praktisch für ungangbar. Sobald man etwas näher an die praktischen Details herangeht, ergeben sich Schwierigkeiten, deren man unmöglich Herr werden kann, und ich sehe keine andere Möglichkeit, die ruhige Fogtführung der Brotversorgung in der organisierten Wirtschaft noch einmal für eine Uebergangsperiode sicherzustellen, als daß wir das im Rahmen der bisher versorgungsberechtigten Bevöllerung tun. Alle Versuche, den Steuerzettel oder andere Dinge, die Wohnungsmiete oder dergleichen als Grundlage zu benutzen, schlagen fehl, sobald man die Dinge in die Praxis zu übertragen versucht. (Sehr richtig! im Zentrum.)
Unser Vorschlag bezweckt auch nur, noch einmal eine bestimmte Menge aus der deutschen Landwirtschaft herauszuholen, und wenn man sich das Bild ganz ruhig und objektiv vor Augen hält, wenn man auch den Fortschritt in der landwirtschaftlichen Produktion — und wir haben einen gewissen Fortschritt in der landwirtschaftlichen Produktion in diesem Jahre zu verzeichnen — vor Augen hält, so meine ich, ist das eine Forderung gegenüber der deutschen Land⸗ wirtschaft, die sie, den guten Willen vorausgesetzt, durchaus aus⸗ zuführen in der Lage ist. (Z3ustimmung b. d. D. D. und im Zentrum.) .
Wenn der Herr Abgeordnete Heim gemeint hat, das Ueber⸗ gangsverfahren, wie er es vorschlüge, verdiene den Vorzug, so kann ich mich dem nicht anschließen. Er hat gemeint, man solle erst einmal vielleicht im Rahmen der alten Zwangswirtschaft ein oder zwei Millionen aus der Landwirtschaft herausholen und dann alles freigeben, dann würde der Nachteil des gleichzeitigen Ver⸗ kehrs von freiem und gebundenem Getreide vermieden werden. Ja, zu welchen praktisch unmöglichen Verhältnissen würden wir dann aber kommen? Jemand, der seine Pflicht sehr zeitig erfüllt, würde mit der Verwertung seines freien Getreides auf dem In⸗ landmarkt warten müssen, bis diese 2 Millionen Tonnen nun in die Hand der öffentlichen Stellen gekommen sind. Es ergeben sich, sobald man auch hier in die Praxis der Dinge hineingeht, ganz unüberbrückbare Schwierigkeiten. (Sehr richtig! im Zentrum.) So sehr ich bereit wäre, hier jeder anderen möglichen Form näher⸗ zutreten, — dieser Ausweg erscheint mir unmöglich.
Ich bedaure, daß in der Landwirtschaft gerade in den letzten Monaten eine so außerordentlich heftige Kritik an dem Umlage⸗ verfahren geübt worden ist, die zweifellos zu einer sehr starken Beunruhigung und zu einer vielfach unzutreffenden Beurteilung der ganzen Sachlage geführt hat. Wenn die Vorlage Gesetz wird, wird es eine dringende Forderung sein, mit allem Nachdruck und in aller Ruhe die landwirtschaftliche Bevölkerung über die Dinge aufzuklären und ihr wirklich klarzumachen, daß es sich dabei um eine Last handelt, die sie ohne große Schwierigkeiten tragen kann.
Nun noch ein kurzes Wort zu den Ausführungen einiger anderer Herren in der Debatte. Der Herr Abgeordnete von Braun hat gemeint, ich hätte verlangt, daß die freie Wirtschaft erst dann eingeführt werden solle, wenn unsere einheimische Getreide⸗ erzeugung wieder auf den Friedensstand gehoben sei. Dabei hat er aber den Nachsatz übersehen, den ich angefügt habe, daß ent— weder diese Forderung erfüllt werden muß, daß also unsere Ge⸗
treideproduktion wieder auf den Friedensstand gehoben ist, oder
daß die Einfuhr der gegenüber dem Bedarf sich ergebenden Fehl—⸗ mengen an Getreide sichergestellt ist, — und das ist das Ent⸗ scheidende! Ich bin eben der Meinung, daß diese ausländische Zu⸗ fuhr in dem notwendigen Umfange, wie er sich bei der freien Wirtschaft ergeben würde, nicht sichergestellt ist. Daß ich nicht so naiv bin zu fordern, mit der freien Wirtschaft so lange zu warten,
bis die landwirtschaftliche Produktion wieder auf den Friedensstand, sächlich die finanzielle Lage der Kommunen, die sich mit Hülsen⸗
gehoben ist, wird mir, glaube ich, wohl niemand zumuten.
Wenn der Herr Abgeordnete von Braun auf den Zerfall der Zwangswirtschaft in den letzten Monaten hingewiesen hat und gemeint hat, daß die Situation sich grundlegend geändert hat, so glaube ich, daß hier gerade die Agitation einen sehr wesentlichen Anteil hat. Ich sehe eigentlich keine wesentlichen sachlichen Momente, die in den letzten Monaten abändernd hinzugekommen sind, und bin der Meinung, daß dieses Moment nicht ausschlag⸗ gebend sein kann.
Was die Kostenfrage bei der Brotgetreidebewirtschaftung an= geht, die auch der Herr Abgeordnete Heim angeschnitten hat, so liegen die Dinge so: Es wird immer von 5. Milliarden gesprochen. Es ist das eine der üblichen Ziffern, die nun in der Welt und in ber Deffentlichlett herumschwtrren, die irgendjemand genannt!
hat, die aber, sobald man ihnen eingehend nachgeht, jeder realen Grundlage entbehren. Die Kosten der Reichsgetreidestelle stellten sich im letzten Jahre auf rund 85 Millionen Mark. Wenn man diese Ziffern — die Kosten der Reichsgetreidestelle — an dem hier genannten Gesamtbetrage von 5 Milliarden mißt, so wird man ohne weiteres einsehen, daß starke Zweifel gegenüber dieser Ziffer berechtigt sind.
Ich darf dann noch mit einem kurzen Wort auf die Aus—⸗ führungen des Herrn Abgeordneten Dr. Hertz zurückkommen. Herr Dr. Hertz hat gestern unter anderem ausgeführt, daß mit Zu⸗ stimmung des Reichsernährungsministeriums ganz erhebliche Mengen von Getreide, von Hülsenfrüchten usw. ins Ausland ge⸗ wandert seien. Ich war gestern leider nicht in der Lage, zu diesen Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Hertz Stellung zu nehmen, weil mir das Material fehlte. Ich habe es jetzt bei⸗ sammen und darf kurz folgendes erklären.
Den Ausführungen des Abgeordneten Dr. Hertz über die Ausfuhr von Erbsen, Peluschken, Haferflocken, Bohnen, Mais und Erzeugnissen hieraus aus Ostpreußen nach dem Auslande liegen zwei getrennte Verfügungen des Reichsministeriums für Er⸗ nährung und Landwirtschaft zugrunde. Die eine Berfügung, die bereits am 6. Dezember 1920 erging und später Ergänzungen erfuhr durch Verfügungen vom 10. Februar 1921 und vom 6. April 1921, hatte in erster Linie die Regelung des nachbar⸗ lichen Grenzverkehrs zwischen Ostpreußen und den durch den Friedensvertrag abgetrennten Gebietsteilen des Deutscher Reiches, nämlich Memel und Danzig, zum Gegenstande. Durch diese Verfügung wurde der Delegierte des Reichs kommissars für Aus⸗ und Einfuhrbewilligung in Königsberg probeweise er⸗ mächtigt, Ein⸗ und Ausfuhrbewilligungen für kleine Mengen landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu erteilen und zugleich den Uebernahmeverzicht der Reichsgetreidestelle auszusprechen. Außer⸗ dem wurde durch diese Verfügung mit Rücksicht auf die seit altersher bestehenden Beziehungen der Grenzverkehr mit Litauen im Rahmen der nachbarlichen Landnutzung und unter der Vor⸗ aussetzung der Gegenseitigkeit entsprechend geregelt.
Durch die zweite Verfügung vom 15. April 1921 wurde der Reichskommissar für Aus⸗ und Einfuhrbewilligung ermächtigt, die Ausfuhr von Saatgut, von Hülsenfrüchten für die beschrãntte Zeit bis zum 31. Mai 1921 zu genehmigen, soweit einwandfrei — erforderlichenfalls durch Gutachten der Vereinigung der Samenhändler des Deutschen Reiches — feststand, daß es sich um Saatgut handelte. Diese Ermächtigung wurde erteilt, da der Saatgutbedarf an Hülsenfrüchten im Inlande gedeckt war und bei Unterbindung des früheren Saatgutverkehrs mit dem Ausland zu befürchten stand, daß der ausländische Abf kt für deutsches Saatgut an Hülsenfrüchten Deutschland verloren gehen und damit unsere heimische volkewirtschaftlich volle Saatgutzüchtung geschädigt werden würde. ö.
Ueber die Ausfuhr, die auf Grund dieser beiden Verfügungen erfolgt ist, und für den nachbarlichen Grenzverkehr noch genehmigt wird, erhält das Reichsministerium fortlaufend Uebersichten, aus denen die ausgeführten Mengen und Werte hervorgehen. Nach der Uebersicht vom Monat Mai, die offenbar Herrn Dr. Hertz vor⸗ lag, sind im Monat Mai auf Grund der beiden Verfügungen im ganzen 835.10 Tonnen Erbsen, Peluschken und Haferflocken, also nicht 835 210 Tonnen, eine Menge, die voraussichtlich weit mehr als das Doppelte der noch nicht feststehenden deutschen Gesamt⸗ ernte an Hülsenfrüchten im Jahre 1920 beträgt, ausgeführt worden. (Lebhafte Rufe Hört! Hört! rechts und im Zentrum.) Asso es ist von dem, was der Herr Abg. Hertz behauptet hat, nur der tausendste Teil ausgeführt worden. (Heiterkeit, Hört! Hört! und Sehr gut! rechts und im Zentrum.) Hiervon treffen auf Saatgut an Hülsenfrüchten 678,510 Tonnen, die hauptsächlich nach den skandi⸗ navischen Ländern, und zu einem ganz geringen Teil nach Litauen und Memel gegangen sind. Der Rest von 156700 Tonnen besteht aus Haferflocken, Mais, Maismehl und Futterbohnen und ist aus⸗ schließlich im nachbarlichen Grenzverkehr nach den ehemalig deut⸗ schen Gebieten Memel und Danzig gegangen.
Im übrigen stelle ich fest, daß das von dem Abg. Tr. Hertz zitierte Schreiben der Geschäftsabteilung der Reichsgetreidestelle vom 14. Juni dieses Jahres überhaupt noch nicht bon der Geschäfts⸗ abteilung abgesandt worden ist (lebhaftes Hört! Hört! rechts und im Zentrum), sondern von dem zuständigen Prokuristen noch zurück⸗ gehalten worden ist. Es handelt sich also um eine völlig unzu⸗ treffende Behauptung! Ich meine, es würde der Sache mehr gedient haben, wenn Herr Abg. Dr. Hertz diese Mitteilung direkt an das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft gerichtet hätte, als von der Tribüne des Hohen Hauses aus Beunruhigung und Verwirrung in die deutsche Oeffentlichkeit hineinzutragen. (Lebhafte Zustimmung rechts und im Zentrum. — Zuruf bei der D. V.: Das war ja der Zweck der Uebung!)
Im übrigen aber mache ich auch kein Hehl daraus, daß ich die Ausfuhr von Hülsenfrüchten, auch wenn es sich nicht um Saat⸗ gut handelt, nicht so beurteile, wie es Herr Dr. Hertz tut. Ich bin der Meinung — und eine ganze Reihe von Fällen hat uns darin recht gegeben —ů daß Umstände vorliegen können, wo tat⸗
früchten übereingedeckt hatten, es sehr wohl notwendig macht, in bescheidenem Umfange gewisse Kanäle auch nach dem Auslande zu ziehen. (Sehr richtig! rechts) Ich darf hierzu bemerken, daß ich das z. B. auch für die Stadt Berlin getan habe, nachdem gerade Herren, die hinsichtlich der Varteizugehörigkeit wohl dert Herrn Abg. Dr. Hertz nahestehen, bei mir in dieser Hinsicht dringend vorstellig geworden sind. (Hört! Hört! bei der D. V.)
Dann hat der Herr Abgeordnete Dr. Hertz noch kurz darauf hingewiesen, daß bayerische Organisationen an das Reich das Ver⸗ langen gestellt hätten, die Preise für die an die Entente abzu⸗ liefernden Tiere höher als die gültigen Marktpreise festzusetzen, und daß diese Forderung vom Reichsernährungsminister bewilligt worden sei. Ich habe hierzu folgendes zu erklären.