Auf Grund des 8 11 der Bekanntmachung über die An= forderung von Tieren zur Erfüllung des Friedensvertrags vom 2. Dezember 1919 wurden, wie das in der Bekanntmachung vor⸗ geschrieben ist, vom Reichswirtschaftsministexrium unter dem 18. Dezember 1919 die Preise für die Tiere festgesetzt. Der Beginn der Lieferung zog sich jedoch bis ins Frühjahr 1920 hinaus, so daß die im Dezember festgesetzten Preise den dann gültigen Markt⸗ preisen nicht mehr entsprachen. Infsolgedessen hat das Reichs⸗ ernährungsministerium bei Beginn der Lieferungen die Preise ent⸗ sprechend erhöht. Daß diese Preise keineswegs über den Markt preisen lagen, geht daraus hervor, daß die Landwirte sich mit den vom Reich festgesetzten Preisen vielfach nicht begnügt haben, sondern, wie das in der Dezemberverordnung vorgesehen ist, die Entscheidung des Reichswirtschaftsgerichts angerufen haben und daß das Reichswirtschaftsgericht bereits in mehreren hundert Fällen einen höheren Preis als angemessen bezeichnet hat. (Hört! Hört! bei der D. V.)
Für die Lieferung der Tiere im laufenden Jahre wurden die Preise unter dem 23. April 1921 entsprechend den Marktpreisen fest⸗ gesetzt. Die vom Reiche aufgestellten Preise bewegen sich erheblich unter denjenigen Sätzen, die die Landesregierungen als notwendig Bezeichneten. Die hohen Forderungen, die die gegnerischen Ab⸗ nahmekommissionen an die Qualität der Tiere stellen, führen be⸗ reits jetzt wieder zu Schwierigkeiten, indem die Anlieferer er⸗ klären, zu diesen Preisen nicht mehr liefern zu können.
Dies zu der Frage der Viehpreise.
Dann hat der Herr Abgeordnete Dr. Hertz noch kurz darauf Ragewiesen, daß ich bisher noch keinen Anlaß gehabt hätte, der Landwirtschaft einen Dank auszusprechen. Ich benutze gern den Anlaß, um hier anzuerkennen, daß große und weite Teile der Deutschen Landwirtschaft bis in die neueste Zeit ihre Pflicht gegen⸗ über der Allgemeinheit restlos erfüllt haben. (Bravo! im Zentrum Und rechts. — Hörtl Hört! bei den U. S) Wenn das nicht der 6. wäre, dann würden wir zweifellos schon zu einem Zusammen⸗ Fruch der Getreidezwangswirtschaft gekommen sein, der noch nicht däingetreten ist. Ich darf hierbei die Bitte aussprechen, daß bei dtesen Fragen, auch was die Landwirtschaft und ihre Vertretungen angeht, dasjenige Maß von Objektivität und ruhiger Beurteilung angewandt wird, das wir alle brauchen, wenn wir aus dem Elend der Gegenwart herauskommen wollen. (Beifall im Zentrum und
rechts.)
116. Sitzung Vom 17. Juni 1921. Nachtrag. Die Rede, die nach der Begründung der Interpellation der Abgg. Aderhold unabh. Soz.) und Genossen wegen der Ermordung des Mitglieds der unabhängigen sozialdemokratischen
Partei un bayerischen Landtagsabgeordneten Gareis der Reichskanzler Dr. Wirth gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Reichskanzler Dr. Wirth: Geehrte Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Unterleitner hat die Interpellation der Herren Aderhold u. Gen. leidenschaftlich begründet. Ich verstehe manches, was er in seine Rede eingeflochten hat, ich verstehe die große Er⸗ regung, die weite Kreise des deutschen Volkes erfaßt hat, als in der bekannten Nacht zum 10. Juni durch einen feigen, hinterlistigen Mord der Abgeordnete Gareis aus dem Leben geschafft worden ist. (Hört! Hört! b. d. U. Soz.) Meine Damen und Herren! Kein Wort ist zu scharf, um diese Schandtat genügend zu kennzeichnen. Gie muß ihre Sühne finden, und jede Staatsautorität, die den Anspruch erhebt, die Autorität eines Staates wirklich zu stützen, wird und muß sich alle Mühe geben, den Mörder der gerechten Strafe und Sühne entgegenzuführen.
Die Interpellation, die wir heute besprechen, wird in wenigen Tagen im bayerischen Landtag, wo, wie ich unterrichtet wurde, auch eine Interpellation der Unabhängigen Sozialdemokratie eingebracht worden ist, ihre Fortsetzung und ihr Echo finden. Ich möchte päünschen und hoffen, daß die große Erregung, die Deutschland weit⸗ bin durchzittert hat, allmählich durch eine ruhige und klare politische Aussprache ihrem Ende entgegengeführt werden könnte.
Ich unterscheide in dieser Interpellation zwei Dinge, solche Dinge, die der Kompetenz der Reichsregierung unterstehen, und solche, die nur der Kompetenz der bayerischen Staatsregierung unter⸗ stehen. Ich habe den Mord, der in München geschehen ist, genügend gekennzeichnet. Ich bezeichnete ihn als ein feiges, hinterlistiges Ver⸗ brechen.
Nun kommt die Frage nach den Motiven dieses Mordes. Ich bitte Sie alle, die Sie bisher in Schärfe mit uns jeden derartigen Mord verurteilt haben, sich nicht zu voreiligen Schlüssen hinreißen u lassen. (Sehr richtig) Die letzten Motive dieses Mordes bedürfen der Aufklärung, und wie wir es immer als eine pesondere Ehre angesehen haben, in schwebende Verfahren nicht einzugreifen, so müssen wir uns auch im Hinblick auf die Ermordung des Abg. Gareis vor voreiligen endgültigen Schlüssen zurückhalten. Die bayerische Staatsregierung hat der Presse und auch uns eine amtliche Mitteilung zugehen lassen über den bisherigen Gang der Untersuchung. Ich darf daraus einiges mitteilen:
Die Untersuchung in Sachen des Abg. Gareis wird mit dem größten Eifer weitergeführt. Leider sind alle Bemühungen, eine einiger⸗ maßen verlässige Spur des Mörders zu finden, bis jetzt ergebnislos geblieben. Es existiert nur ein direkter Tatzeuge, der Begleiter des Abg. Gareis, der U.S. P. Genosse Seraing, der bis heute keinerlei Ungaben über den Mörder zu machen wußte, welche die Nach⸗ forschungen der Polizei nach dem Täter sachdienlich unterstützen fönnten. Er könne keine bestimmten äußeren Kennzeichen des Mörderg nennen. Dle einzige Angabe über die Kleidung, ob der Täter Wickelgamaschen oder Strümpfe getragen hat, sind ebenfalls unbestimmt. Das später zum Tatort eilende Dienstmädchen kann wiederum nur die Angabe machen, daß unmittelbar nach den Schüssen ein Mann über die Straße zum Hause Freystraße gelaufen sei. Fest steht also bloß, daß Seraing sich nach jener Freidenker⸗ versammlung im Hofe des Mathäser sich dem Abg. Gerreis vor⸗ gestellt und sich zur Begleitung angeboten hat. Fest steht ferner, dag die Schüsse auf Gareis aus nächster Nähe mit einer Mehr— ladepiftole 7, 65 abgegeben worden sind, daß der Begleiter Seraing aber keine besonderen Merkmale und Kennzeichen an dem Mörder bemerkt hat. Die Tat geschah kurz nach 12 Uhr in dunkler nenschenleerer Straße, 42 Schritte von der nächsten brennenden
Laterne entfernt. Sie war in wenigen Augenblicken geschehen und
der Mörder verschwunden. Die Polizei greift jeden, auch den
n. Soz) Aber die unvollständigen Angaben des Begleiters
Seraing, sowie des Dienstmädchens bilden das einzige Material,
mit dem die Polizei zurzeit arbeiten muß. Staatsregierung,
Polizei und politische Parteien haben das gemeinsame gleiche Inter⸗
esse an der restlosen Aufklärung der Tat und ihrer Motive. (Lachen
a. d. äußersten Linken) Unmittelbar am Morgen nach der Tat
sind von der Staatsregierung 10 000 4 Belohnung für die Er⸗
mittlung des Täters ausgesetzt worden.
Ich habe vorhin in einer Zeitung gelesen, daß die Belohnung heute
auf 30 000 Mark erhöht worden ist. Das ist das mir zugãnglich
gewordene amtliche Material.
Meine Damen und Herren! Wir haben das unglückliche Opfer
ebenfalls mit ehrenden Worten zu behandeln, wie das unten in Bayern von allen politischen Parteien geschehen ist, die dort den Ge⸗
danken der Staatsautorität hochhalten. Dieses Mitgefühl mit seiner Familie und das Beileid für seine Freunde bringe ich auch hier im Namen der Reichsregierung zum Ausdruck.
Aber, meine Damen und Herren, mit dem Bedauern allein und
mit dem Mitleid ist für ein solches Verbrechen eine Sühne noch nicht gegeben. (Sehr wahr! b. d. U. Soz. und den Ver. Kom. Dieser Mord — mag er auch geschehen sein aus irgendwelchen Motiven — ist ein Zeichen, daß wir in der innerpolitischen Ent⸗ wicklung Deutschlands wieder an einem Krisenpunkt angelangt sind. Möge auch äußerlich da und dort in deutschen Landen die Erregung zurückgetreten sein — darüber bin ich mir klar, daß in weitesten Kreisen der Arbeiterschaft Deutschlands und über die Grenzen hinaus eine Erregung außergewöhnlicher Art sich eingestellt hat. Diese Ver⸗ wilderung der Sitten, die in diesem Mord zum Ausdruck gekommen ist, ist der Ausdruck dafür, daß unsere wirtschaftlichen und politischen Zustände noch durchaus krankhaft genannt werden müssen. (Sehr richtig! bei den Demokraten.) Ich begreife die Erregung, wie sie von den Sozialisten zum Ausdruck gekommen ist. Es ist in einem solchen Mord und in der Verherrlichung, die er da und dort gefunden hat, das zum Ausdruck gekommen, was niemals Leitstern unserer Politik sein kann, nämlich die Verherrlichung der brutalen Gewalt. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Dieser Kultus der Gewalt, wie er da und dort gepflegt worden ist und gepflegt wird, wäre geeignet, unserem Vaterlande den letzten, den Todesstoß zu versetzen. (Sehr wahr! b. d. Soz. — Ruf b. d. Ver. Komm.: Sie he Mittelmann! Für die Reichsregierung, für alle Mitglieder der Reichsregierung ist diese Tat, die da geschehen ist, eine Mahnung, alle unsere Kräfte daran zu setzen, daß wir zu Zuständen gelangen, die frei von barba—⸗ rischen Zwischenfällen sind. Die Untaten, die in München begangen worden sind, bedeuten die denkbar größte Gefährdung unserer kommenden politischen Entwicklung, die wir nur unter einer friedlichen Demokratie für gesichert erachten.
Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat sehr leb⸗ hafte Angriffe auf die bayerische Staatsregierung und die dort führenden Männer gerichtet. Ich kann ihm auf dieser Bahn nicht folgen. Ich bin selbst aus einem süddeutschen Lande und habe in Baden anderthalb Jahre lang ein Ministerium geführt. Ich weiß, wie vorsichtig an diesem Platze von einem Reichsminister gesprochen werden muß, wie vorsichtig der Charakter der Selbständigkeit des Landes gewahrt werden muß, wenn man nicht das Entgegen⸗ gesetzte von dem erreichen will (Abg. Dr. Heim: sehr richtigh, was eine Interpellation eigentlich beabsichtigt. Ich werde mich des— halb mit größter Vorsicht nach dieser Richtung hin äußern. Ich will mich aber über die Auffassung der Reichsregierung und auch über meine eigene Auffassung durchaus nicht etwa zurückhaltend äußern Ich werde offen sprechen.
Man hat über die Weimarer Verfassung manchmal ein abfälliges Urteil darüber gesprochen als ob sie den föderalistischen Charakter des Reichs verwischt hätte. Ich glaube das nicht. Im Rahmen der Weimarer Verfassung ist ein selbständiges Leben der Länder möglich, Im Rahmen des Reichs, im Rahmen der Einheit des Reichs ist es möglich. Weil wir an eine Mannigfaltigkeit in einer festen Einheit glauben, die nötig ist, um die Geschäfte führen zu können, werden wir uns aber auch hüten, nun irgendwie in die Selbständigkeit der inneren Verwaltung eines Landes einzugreifen. Die Verfassung von Weimar muß uns davor hüten, in eine rechtmäßige Regierungs— autorität in einem Lande einzugreifen, die so lange verfassungsmäßig ist, als sie von der Mehrheit des Landtages getragen ist. Ich bitte Sie also, es uns nachzufühlen, wenn wir uns, was die Kritik der Politik einer Landesregierung angeht, nur äußerst vorsichtig und zu⸗ rückhaltend äußern. (Ironische Zustimmung b. d. U. Soz.) ;
Ich darf aber eines hinzufügen. In allen Kreisen Bayerns soll man sich darüber klar sein, daß das, was in den letzten Wochen und Monaten an einigen Plätzen geschehen ist, geeignet ist, die Einheit des Reichs zu gefährden. (Sehr richtig! links und bei den Demokraten.) Meine Herren, ich will von den persönlichen Verunglimpfungen ab— sehen, die in einzelnen süddeutschen Organen in den letzten Monaten zum Ausdruck gekommen sind. Ich bedaure, sagen zu müssen: nicht allein in Bayern, sondern auch in anderen süddeutschen Ländern, haben sich einige Hetzorgane aufgemacht, die zweifellos mit diesen unwürdigen Hetzereien nach größeren politischen Zielen streben, als allein, damit führende Männer in der heutigen Reichsregierung mit Schmutz zu bewerfen. Das ist doch nur ein Mittel. Ich habe es aus manchem Munde schon gehört, was damit erstrebt werden soll: den Süden vom Norden zu trennen (lebhafte Rufe: Hört! Hört! links; Unruhe rechts: und in einem politischen Wirrwarr hernach von Süden her der Reaktion in Deutschland zum Sieg zu verhelfen. (Sehr richtig! links. — Rufe rechts) Oha — Meine Herren, wundern Sie sich nicht! (Zuruf von den Dnat.: Doch, wir wundern uns) — Herr Kollege Schiele, ich kann Ihnen Beispiele aus den letzten Tagen aus Ihnen nahestehenden Zeitungen
zeigen. Nehmen Sie nur die Zeitung, die in Stuttgart die Interessen der Deutschnationalen vertritt! Es spottet jeglicher Beschreibung, was da geleistet worden ist an schamlosester Beschimpfung von Männern, die in Stunden der Not an diesen Platz getreten sind. Ich will aber von persönlichen Dingen absehen. Es ist nicht so, wie es in der Süddeutschen Zeitung geheißen hat als ob wir uns hierhergestellt hätten, um für uns fette Pfründe zu erwerben. (Sehr richtig! bei den Soz, den Demokraten und im Zentrum) Nein, die Männer der heutigen Regierung haben sich hierhergestellt, um unser Vater⸗ land, um unsere Freiheit retten zu helfen. (Bravo bei den Regierungs⸗ parteien.) —;
Es ist auch nicht richtig, wenn behauptet wird, wie von Herrn Düringer in Freiburg, daß ich irgendeiner Partei den christlichen Charakter absprechen wollte.
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in seinerzeit in Süddeutschland in Versammlungen tätig gewesen, 2 6 hat mir ein sehr ruhiger Mann ein Flugblatt aus der deutschnationalen Süddeutschen Zeitung in die Hand gedrückt. ein Pamphlet der niedrigsten Art gegen einen Mann, dem Sie selbst die Hochachtung nicht versagen können. (Hört! Hört! — Große Unruhe rechts) — Warten Sie nur! 9. 9. . — — ¶Andauernde Unruhe rechts. — Glocke des Präsidenten. k Dr. Bell: Ich bitte um Ruhe! (Zurufe rechts: Was hat denn das allen mit Gareis zu tun?) . Dr. Wirth, Reichskanzler: — Warum haben Sie denn den Zwischenruf gemacht? Zuruf rechts: Weil Sie so gesprochen haben! — Andauernde Unruhe. — Glocke des Präsidenten.) ö . Vizepräsident Dr. Bell: Ich bitte doch, den Herrn Reichs- ö zu lassen. Die weitere Aussprache wird ja allen Herren Gelegenheit geben, dann zu seinen Worten Stellung zu nehmen; aber es entspricht nicht der Sachlage, wenn jetzt der Her Reichskanzler ständig durch Zwischenrufe gestõrt wird. (Zurufe rechts. Dr. Wirth, Reichskanzler: Meine Damen und Herren! Ih nehme an — — Zuruf rechts: Sie müssen obiektip sprechen ) — ich werde mich der größten Objektivität befleißigen, Derr Abgeordneter Helfferich! — Ich habe nur darauf hingewiesen, daß in Süddeutsch⸗ land, nicht nur in Bayern, von einzelnen Preßorganen aus bestimmten Stellen dauernd Männer, die sich hier in die politische Verantwortunz begeben, persönlich verunglimpft werden in einem Naße, für das mir hier jeder parlamentarische Augdruck fehlt (hört! hört! und sehr wahr! links), und ich habe darauf hingewiesen, daß selbst Organe, die Ihnen (zu den Deutschnationalen) parteipolitisch nahestehen, die die Träger Ihrer Bewegung sind, sich von derartigen Dingen nicht fernhalten und daß diese Bearbeitung der Oeffentlichkeit, um einzelne Per. sonen herunterzureißen, seit Jahren fortgeführt — wird in einer Weise, die es in der Zukunft geradezu als eine Gefahr e· scheinen lassen muß, für jeden, der hier die politische Tribüne in exponierter Stellung betritt. Er läuft Gefahr, am ersten Tage, wo er hier verantwortlich auftritt, in den Nittelpunkt eines Kesseleeibens gestellt zu werden. (Lebhafte Zustimmung b. d. Soy) Wenn Sie (ju den Deutschnationalen) sich dagegen entrüsten, bin ich Ihnen sehr dankbar. (Sehr gut! links) Entrüsten wir uns aber bitte, meine Herren, gegen jedes Treiben, daß der politische Kampf zu einem Kampf des Hasses gegen . werden darf. (Erneute immung links und im Zentrum. , und Herren! Ich wollte sagen: ich habe selbst Beispiele erlebt, wo die Person — und das muß ich an dieser Stelle einmal sagen —, die den Reichsprãsidentenposten be⸗ kleidet, in einem Maße verunglimpft wird, das jeder Staatẽ autorität abträglich sein muß. (Sehr richtig b. d. So).) Es können ja Zeiten eintreten in der Geschichte jedes Volkes, wo der Reichs präsident jeweils, je nach dem Ergebnis der Wahlen. einmal nach links, dann nach rechts oder nach der Mitte hin orientiert sein kann. Das müßte in Deutschland eine heillge Sitte werden, daß 9 Reichsprãsident außerhalb des politischen Fampfes steht (sehr richtig bei den Regierungsparteien), daß er geschont wird, sofern er seine Pflicht tut. Und, meine Damen und Herren, ich glaube, der heutige Reichspräsident kann nicht Gegenstand bei der Debatte sein; dat eine aber wird man in ganz Deutschland dem derrn Neichẽpri sidenten Ebert sagen können, daß er vom ersten Tage seiner Amtsführung an seine Pflicht in einem Maße wahrgenommen hat, die ihm den Dank des ganzen deutschen Volkes für sein Leben und, darüber hinaus sichert. (Lebhaftes Bravo! bei den Regierungtsparteien. — Zuruf bei den Dnat.: Was hat das mit Gareis zu tun? — Unruhe und Zurufe links — Soll ich Ihnen (nach rechts) das Pamphlet zeigen, was in Süd⸗ deutschland verbreitet worden ist? Sie haben nur den Zusammenang nicht erkannt — — (Zurufe rechts: Nein, den können wir wirklich nicht begreifen, Herr Reichskanzler) Ich habe vorhin ja erwähnt, was in Freiburg bor einigen Tagen gesprochen worden ist. Lesen Sie das bitte nach. Herr Kollege Dr. Düringer hat mich auf dem ,, Parteitag in einer Art behandelt, die ich als gerecht empfinde. 5 ) bin dort aber auch ungerecht behandelt worden. Ich habe Vorwürfe hören müssen, als ob ich mir in bezug auf meine Auffassung von dem christlichen Charakter einer Partei irgendein Unrecht hätte , ,. kommen lassen. Diese Vorwürfe sind nicht gerechtfertigt. Ich habe in diesem Zusammenhang gesagt, daß schon vor Jahren ö glimpfungen von Personen in einem Pamphlet stattgefunden haben, das von rechts kam und in dem der Herr Reichs präsident nach dem berühmten Muster von Auerbachs Keller von einem andern Politiker mit „Doppelschwein“ bezeichnet worden ist. Pfui! und ört Hört! b. 26 Diese Verwilderung durchtobt Deutschland jetzt seit zwei Jahren un
einer Atmosphäre führen kann, die zu Entladungen führen muß . wahr! b. ö. I. S.); ob die Herren in Süddeutschland das . sprünglich beabsichtigt haben, weiß ich nicht. (Große Unruhe 9 erregte Zurufe b. d. Dnat: Unerhört! Wahlrede! — Abg. Dr. He lffer ch: Waz soll das im Zusammenhang mit Gareis?) — Haben Sie . Geduld, meine Damen und Herren! (Erneute Zurufe rechts. — Glocke des Präsidenten.) f
ö Dr. Bell: Meine Damen und Herren! Ich bitte wiederholt, Ihre (nach rechts) Gegenäußerungen gegenüber den Dar legungen des Herrn Reichskanzlers nicht in Form von Zwischenrufen, sondern nachher bei der Aussprache zu machen.
Reichskanzler Dr. Wirth: Meine Herren! Sie fragen mich; ich will darauf gern antworten, um in ruhiger, leidschafteloser Weise fortzufahren. (Lautes Lachen b. d. Dnat) — Sind Sie denn a so klug, daß Sie das, was ich jetzt erst sagen will, schon wissen Heiterkeit i. d. Mitte u. Üinks) Ich begreife die HSetten ven kechts nicht. Ic meine, daß eine Krill dieser Ausntä Ihnen mindestens so wüuͤnschenswert erscheinen kömtte wie den übrigen Parteien. (Zustimmung b. d. Soßj. — Zurufe rechte] — Was das mit Gareis zu tun hat, will ich Ihnen erläutern. Ich sehe in der Atmosphäre, wie sie in Süddeutschland von einzelnen Siganen allmählich herbeigeführt worden ist und die in München u Grzessen geführt hat, eine Gefahr für die Cinheit des Rrichs. Un dieser Gefahr zu begegnen, wende ich mich mit Schärfe gegen . Auewüchse, und wenn wir die politische Atmosphäre in ert alu einer Gesundung entgegenführen wollen, so dürfen wir den e. der da unten geschehen ist, nicht jetzt hier behandeln vom Standyun der Frage der Schuld und der politischen Motive, sondern wir müssen die politische Atmosphäre kennzeichnen, die mancherorts bisher e handen ist und in die der Mord von neuem Aufregungen gebracht hat. (Sehr gut links).
Seit einem Jahre oder seit zwei Jahren geht nun eine schamlose
leifeften Verdacht auf, um den Spuren nachzugehen. (Lachen b. d.
Verunglimpfung einzelner Persenen durch die deutschen Lande. Ich
Die Hauptfrage aber, die in diesem Zusammenhange die 6 ellation an mich stellt, ist wohl die nach der Entwaffnungaktion
r nächsten Zeit von sinnlosen Torheiten unbedingt frei bleiben. zh kam mit nicht denken, wie Deutschland gerettet werden soll, wie
önnen, wenn unser Vaterland innerlich bon neuen politischen Wirr⸗ ssen heimgesucht werden sollte. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Ich
Pwherischen Volkspartei: Schon lange! — Zuruf v. d. U. Soz.:—
erleben wir es, daß diese Verhetzung sich gesteigert hat und schließlich
ie in Wirklichkeit nichts anderes als Unterwühler des Staats⸗
gatem Meine Damen und Herren! Ich weiß das Opfer, das führende aher reije mit der Entwaffnung haben bringen müssen, wohl zu wür⸗ an. Ich habe seinerzeit hier meiner Auffassung offen Ausdruck gegeben. 4 nat ein Opfer, ein politisches Opfer, und ich freue mich, Ihnen utttelen ii können, daß nach den mir vorliegenden Zahlen die Ent— uftungealtion in Bayern durchaus günstig fortgeschritten ist (Lachen *. gurufe b. d. Ver. Kom.) und daß das, was in einigen Kreisen phrchtet worden ist, als ob nun die Waffenabgabe abgeschlossen sein ute, nic iutrifft sondern daß die Waffenabgabe glücklicherweise ulscheitet wie wir es in Erfüllung des Ultimatums versprochen
. komme ich auf die zweite wichtige große Frage, die Frage n Uufhebung des Ausnahmezustandes, zu sprechen. Ich will mit niir persönlichen Auffassung nicht zurückhalten: ich werde dem In nit aller Kraft zustreben, wo die letzte Spur des Aus—⸗ ulmenustands in Deutschland verschwunden ist. (Sehr gut! t) Ich bitte nur um eines: nicht alles mit einemmal und änem Tage erstreben zu wollen. Wir haben drei Dinge n EGiden zu vollenden: die Entwaffnung, die Auflösung gewisser Ynenisationen, hernach die politische Frage des Ausnahmezustandes I altdigen. In zwei Fragen hoffen wir, glücklich zu einem guten ne ju kommen; es ist zurzeit nicht möglich, was Bayern angeht, e huttte Frage heute zu einem definitiven Abschluß zu bringen. sbäctl Hört! b. d. Soz) .
Ih lan den Herren aber versichern, daß nach meiner ersten Er—= irn im Reichstag wir die Verbindung mit den Ländern auf— gaommen haben, um den Abbau des Ausnahmezustandes nicht nur um nur mit Worten vor Ihnen vorzuführen, sondern auch tatsächlich uhuffhten. (Bravo! linkßz.)
Die Verbindung mit Preußen hat zu dem Ergebnis geführt, p im Cinbernehmen mit der preußischen Staatsregierung im rahten Teil der Provinz Sachsen der Belagerungszustand gert aufgehoben werden soll. Die Erörterungen über Auf⸗ Eimg des Belagerungejustandes in. Ostpreußen sind im Bange, und ich hoffe, daß nach kurzer Zeit der Ausnahmezustand in herzen derschwunden sein wird. Nach dieser Richtung hin wird die Ihe Reichtregierung durchaus eine demokratisch positive Politik Häten, um aus diesem Zustand des Ausnabmezustandes herauszu— Lmnen. Sehr gut! links)
Wir hoffen, daß selbstverständlich in der Zeit, wo diese Be⸗ kalungen im Gange sind, unsere Beratungen mit den Ländern nicht Inch sinnlose Aktionen von irgendeiner Seite gestört werden. Solche smlosen Aktionen standen in bedrohlicher Nähe — — (Zuruf bei en Ver. Kom. Beim Auffahren der Panzerautos bei der Beerdi⸗ ung von Gareis) — Habe ich gehört! Daß man ste bat uffühten lassen, war kein glücklicher Gedanke. Wir müssen mach stteben — und ich bitte alle Mitglieder dieses hohen buset, die Reichsregierung darin zu unterstützen — daß wir in
bt eine Polltkk der Erfüllung des Ultimatums beginnen, die glück⸗ sHherweise vorhandene internationale Entspannung weiterführen
laube, unsere Arbeit war nicht vergeblich, Lund ich bitte alle, die ten Willens sind, uns in diesem Bemühen — es mag schmerzliche hfer kosten, gewiß! — ich bitte alle, die guten Willens sind, uns diesen Bemühungen zu unterstützen. Ich hoffe aber, daß in den utschen Lindern, in denen politische Spannungen vorhanden waren, us inneren Kräften eine gewisse Gesundung herbeigeführt wird.
Ich glaube, die Politik, die wir seit Wochen betrieben haben, lbesondere Bayern gegenüber, war auf dem Grundsatz aufgebaut, Haus inneren politischen Kräften Bayerns heraus selbst eine Be—⸗ migung der politischen Atmosphäre erfolgen muß. (Sehr richtig! d Soß) Und das ist in gewissem Sinne geglückt. Lesen Ie bitte, die Stimmen, die heute aus Bayern zu uns gekommen 1d. Lesen Sie die neusten Stimmen der Bayerischen Volkspartei gen den dort zutage tretenden Rechtsradikalismus und Sie werden st zustimmen, daß doch eine Wendung eingetreten ist, die im Inter⸗ se der Einheit des Reichs nur zu begrüßen ist. (Zurufe aus der
se Erfahrungen sind sehr teuer erkauft) — Erfahrungen sind mmer schmerzlich. Aber Sie wissen, in der politischen Welt ist mit⸗ irt erst eine Umkehr nach sehr bitteren Erfahrungen möglich. Sonst. fen Kriege in einem Maße, wie sie die Welt heimgesucht haben, nals wirklich geworden. (Sehr gut! b. d. Soz.)
ͤ Ich lese aber heute in der „Bayerischen Volksparteilichen Kor⸗ fenden“ Ausführungen, die mir doch tatsächlich zeigen, vor welchen shrnissen wir in den letzten Wochen gestanden haben. (Sehr wahr! k. Soß) Ich darf nur zwei oder drei Sätze daraus anführen.
K eibt leider sogennante Anhänger einer starken Staatsautorität,
ufbau sind. ditt! Hört! b. d. 1. Soz) 6 darf nicht verkannt werden, daß tatsächlich Richtungen und Cliguen bestehen, 9 Bayern nämlich! — nenen die Entwicklung zu langsam geht und die mit verfassungs— wihigen Gewaltmisteln die Aufrichtung einer starken Staats— nutoritit erzwingen wollen. bartl Hört! b. d. U. Soz)
Ih derf noch einen Satz hinzufügen: daß eine Regierung und Parteien, deren oberstes Prinzip der krile Staatsgedanke ist, diese illegalen Strömungen von rechts nt alletztößter Aufmerksamkeit betrachten und, wenn nötig, ihnen nt denselben energischen Mitteln entgegentreten müssen, wie es uh linz geschieht, ist selbstverständlich. ᷣ „Men Damen und Herren, Sie sehen aus diesen Aus— ngen, die doch parteiamtlichen Charakter tragen, ganz deutlich, 1 m den Kreisen der Bayerischen Volkspartei selbst mit Nöglichtit von Gewaltputschen von rechts in Bahern nt worden ist. (Hört! Hört! b. d. J. Soz) Wenn ich . zesagt hätte ohne Bezugnahme auf die eben genannte f banen wäre vielleicht Anlaß zu großer Erregung vorhanden at Ih freue mich aber über diese Entwicklung zum legalen mah mnlen, der sich doch jetzt auf breiter Front in ganz Süd— j und bemerkbar macht. (quruf v. d. Dnat.: Das brauchen 9 us niht zu predigenh Und wenn diese Entwicklung von uns atett werden kann — und wir werden sie mit allen Kräften för⸗
gebannt, der wir in den letzten Monaten so oft sorgenvoll entgegen⸗ geschaut haben.
Meine Damen und Herren! Ich will es mir gern zur ganz be— sonderen Aufgabe machen, die Verbindungen mit den Ländern zu möglichst freundschaftlichen zu gestalten. Mir liegt es fern, den Län⸗ dern diktieren zu wollen. Ich glaube, die Länder haben Anlaß, sich in den nächsten Monaten und Jahren mit dem Reich zusammen— zusetzen — denken Sie nur an die finanzpolitischen Gebiete — und zu beraten, wie man für Retch und Länder — und ich will auch ein⸗ schließen: für die Gemeinden; ich habe eben eine Besprechung mit Oberbürgermeistern gehabt — in freundschaftlichem, frledlichem Geist die großen zu lösenden Probleme meistern kann. Denn wir alle haben allen Anlaß, in einer friedlichen demokratischen Entwicklung den wirtschaftlichen Zufammenbruch unseres Vaterlands und seiner Zellen, der Gemeinden und der Länder, zu vermeiden. (Bravo) In diesem Sinne reiche ich allen, die guten Willens sind, aus Süden und Norden freundlich die Hand und will über das weggehen, was persönlich über uns ergangen ist. Auch mir liegen die Zeitungen vor, die solche ungeheuerlichen Beschimpfungen gerade nach Norden dauernd richten. Ich weiß nicht, wer diese Pamphlete jede Woche in gewissen süddeutschen Zeitungen verfaßt. (Zuruf links: Thoma! — Wider⸗ spruch bei der Bayer. Volksp.) — Das wird bestritten. Ich würde jeden Literaten Deutschlands, jeden Künstler aufs tiefste bedauern, wenn er seine Feder zu einem derartigen Henkerswerk mißbrauchen wollte, Volksgenossen gegen einander aufzuhetzen, die im Dienste des Vaterlandes ihre Kräfte verzehren. Verzeihen und Vergessen, das ist die Parole, der ich auf diesem Gebiete folgen will. (Rufe von den Dnat.) — Sie sagen: davon hat man nichts gehört. Ich darf Ihnen sagen: ich habe bisher nicht in einer Form auf alle diese Dinge geantwortet. Ich habe in den letzten Wochen Briefe mit Unter⸗ schriften voll des schmutzigsten Inhalts erhalten. (Hört! Hört! links.) Ich reagiere darauf nicht. Ich kann sie Ihnen vorlesen. (Zurufe von den Dnat.: Kriegen wir auch! Papierkorb) — Mit Unterschrift! Gui, lassen wir das. Ich bin Ihnen dankbar — — Gurufe bei den Dnat.! Anonym! — Die anonymen, dafür habe ich einen guten Papierkorb, die nehme ich überhaupt nicht zur Kenntnis. — Ich sage, ich bin Ihnen dankbar von rechts wie von links, wenn Sie uns helfen, aus diesem Sumpf des gehässigen politischen Kampfes herauszukommen. Das Reich braucht alle seine Kräfte, es braucht alle Söhne aus Süden und Norden, wenn wir die Einheit des Reichs, unser Volk und unser Vaterland überhaupt retten wollen. (Anhaltender lebhafter Beifall im Zentrum, bei den Dem. und Soz. — Zischen bei den Dnat.)
117. Sitzung vom 18. Juni 1921, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger?) )
Ein Gesetzent wurf, betreffend das Ab⸗ kommen zwischen Deutschland, Polen und der freien Stadt Sanzig über den freien Durch⸗ gangsverkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutschland, sowie ein Gesetz, betref⸗ tend den Ergänzungsvertrag zum deutsch⸗ polnischen Vertrageüber die Entlassung fest⸗ gehaltener Personen und die Gewährung von Straffreiheit (deutsch-polnischer Amnestie⸗ vertrag), werden ohne Aussprache dem Ausschuß für aus⸗ wärtige Angelegenheiten überwiesen.
Sodann wird die Besprechung der Interpella⸗ tion der Unabhängigen Sozialdemokraten, betreffend die Ermordung des bayerischen Landtagsabgeordneten Gareis, fortgesetzt.
Abg. Gruber⸗München (Soz.): Der Reichskanzler hat mit seiner gestrigen Rede zweifellos einen außerordentlichen Eindruck auf das ganze Haus hervorgerufen. Ein Blick in die Presse der rechtsstehenden Parteien zeigt, daß die Berliner deutschnationale Presse in erfolgreiche Konkurrenz kö ist mit dem Sauherden⸗ kon des „Miesbacher Anzeigers. Ver traurige Fall, der der Inter⸗ pellation zugrunde liegt, beleuchtet die ate ws in der Ordnungs⸗ zelle Bayern taghell. Bayern ist an ich ein Zustand geworden, der gefährlich zu werden droht in gan Deutschland und für die deutsche Einheit, ein Zustand, an dem ein wahrer Freund des Vaterlandes und des deutschen Volkes sicher keine Freude haben kann, . Dr. Helfferich und seine Freunde. Ich unter⸗ schreibe alles Wort für Wort, was der Reichskanzler zur Ver⸗ urteilung des gemeinen Verbrechens gesagt hat. ö unterschreibe auch, was er gegenüber der unverantwortlichen Hetze in Bayern gesagt hat, die von der sogenannten Mittelpartei, dem bayerischen ÄÜbleger der deutschnationalen Volkspartei, getrieben wird. Die Korrumpierung der öffentlichen i n, jr auf diese stinnesierte Presse . Es ist höchste Zeit, die Entgiftung der Atmosphäre berbeizufü ren. Die deutschnationale Sumpfpflanze, die in Bayern bis dahin ein unbekanntes Gewächs gewesen ist, verbreitet einen verderblichen, pestartigen Geruch, der die ganze politische Luft vergiftet. Diese deutschnationale Sump plange in Bayern auszurotten, ist höchste Zeit, und ich hoffe auch, . die Kräfte . Aufgabe gewachsen sind. Von dem guten illen des Reichskanzlers, die in der Interpellation gestellten . sich in vollem Umfange zu eigen zu machen, bin i 2 1. Wir verlangen aber . die entschiedene Durchführung dieser ö Der Abbau des Ausnahmezustandes ist uns in Aussicht gestellt worden, nun muß er aber auch in Erfüllung gehen. Die allgemeine Volksentrechtung hat im ganzen Reich zu großer Mißstimmung und Erbitterung beigetragen, und diese Ent⸗ rechtung gerade des arbeitenden Volkes führt zuch dazu, daß wir 69 in der Lage sind, der Vergiftung der ,,, tmosphäre durch die rechte Seite und ihre Presse wirksam entgegentreten zu können. Zu den Widerständen, die in Bayern gegen die h t , des Ausnahmezustandes ich geltend machen, en gn sich solche auch in Preußen, wo noch der alte militärische . zu herrschen scheint, der muß endgültig endlich ausgerottet werden. (Zuxufe rechts: Hörsing). Dann erst ist an n n Deutschland zu denken. Der Kanzler hat mitgeteilt, daß die Waffenabgabe in
ayern ginsti fortschreitet. Wir haben alle Ursache, die Kund⸗ gebungen der baherischen Regierung mit dem größten Mißtrauen aufzunehmen. Der Kanzler muß uns genaue Mittelungen über die Zahl der abgelieferten e, en, machen. Nach Tirol sollen nicht weniger als 12 90900 Gewehre und 123 900 Maschinengewehre verschoben sein. Hört!) Die Auflösung der Einwohnerwehren und der Orgeschorganisationen muß mit größter Beschleunigung erfolgen, und die bayerische Regierung ift verpflichtet, an den Maßnahmen zur Erfüllung des Ultimatum mitzuwirken. Da hören wir aber, daß der Landeshauptman Escherisch erklärt hat, er werde sich niemals dazu hergeben, in der Entwaffnungsfrage irgend etwas zu tun, und es sind Stimmen laut geworden, die die Auffassung vertreten: Lieber das Ruhrgebiet preisgeben als die Einwohnerwehr entwaffnen!! Es heißt, die Wehren jelen auf⸗ gefordert, sich freiwillig der Waffen zu entledigen. Tatsächlich ver⸗ anstalten die Einwohnerwehren noch heute Fahnenweihen und Festzüge. Die Regierung Kahr rührt sich nicht. Man gibt sogar zum Teil die abgelieferten Waffen den Wehren wieder zurück! An⸗ scheinend wird sozusagen mobil gemacht. Diese Wahrnehmungen
nun. glaube ich ist die Gefahr für die Gmheit des Reichs
* Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden .
sozialistischen Parteien na r n gene
passen zu dem Optimismus des Reichskanzlers sehr lecht Was an Tatsachen aus den Niederungen der ir g. de e vom Interpellanten überreich beigebracht worden ist, genägt voll⸗ kommen, um die Mord⸗ und Totschlagatmosphäre begreiflich zu machen, die sich in Bayern so ausgebreitet hat. Man braucht sich über die Ergüsse einer solchen Hetzpresse nicht zu wundern, wenn man bedenkt, daß ein Führer wie Dr. Heim stets öffentlich in Bayern nur vom Berliner , . spricht und immer wieder betont, Bayern müsse an der Reichsverfassung noch zugrunde ö Herr Dr. Heim hat jedenfalls trefflich vorgearbeitet; er ist zeschäftsmann durch und durch, er witzelt gern über die Juden, sitzt aber in Aufsichtsräten mit jüdischen Rechtsanwälten zusammen. Aus diesem Boden ist die Geistesrichtung herausgeboren, die zu der Ermordung von Gareis geführt hat. Es handelt sich um einen Mord aus politischen Gründen. Die bayerische Regierung läßt durchblicken, es werde eine Ueberraschung geben. Da wird gesagt, Seraing sei der n,, der zuletzt dabei war, von einem poli⸗ tischen Mord sei keine Rede, der Täter sei in der Nähe von Gareis zu fuchen. Zu wessen Nutzen geschieht das? Die bayerische Regie⸗ tung ist ein Produkt des Kapp⸗Putsches. Ehe Herr von Kahr k wurde, hat er gegen die damalige Regierung 2 riert und sich das Vertrauen . Dr. Heim erworben, ob⸗ wohl er Protestant ist. Der jeg e bayerische Justizminister Roth ist ein Mann nach dem Herzen bes Herrn? — 5 er hat sich der Nalzschieber angenommen, die von ihrem Millionengewinn nur einiges an die Staatskasse abgeben sollten, womit dann alles ab⸗ emacht sein sollte. Wir. Sozialdemokraten haben das vexeitelt. Der Münchener Polizeipräsident von Pöhner ist Kappist, Er be⸗ absichtigt, bürgerliche Redakteure zu verhaften, die den Kappisten nicht genehme Nachrichten brachten. Herr von Kahr hängt aber ganz von der Gnade des Herrn Escherich ab. Die Füße derer, die ihn hinaustragen werden, stehen schon vor der Tür. Wie lange ge⸗ denken noch die sogenannten Demokraten in Bayern und der Bauernbund jenes System zu stützen? Jede Zeitung wird unter⸗ drückt, die verrn von Pöhner nicht . ist. Ist es ein Wunder, wenn die gesamte Arbeiterschaft sich über den an einem Arbeiter⸗ führer verlibten Mord so aufgeregt hat? Der Mörder wird ja auch wieder nicht entdeckt werden wie in so manchen anderen ällen, weil die Polizei ihn eben nicht finden will. Bei ver⸗ chiedenen Mordtaten, die in der letzten Zeit verübt wurden, hieß es nachher einfach: Ach, die Kommunisten haben den Mord be⸗ gangen. Es ist ein Unglück, wenn Generäle und Offiziere Politik machen, die im Krieg Gewalttätigkeiten und Mißachtung von Menschenleben gelernt haben. Der Fall Gareis ö ein Mord aus n, . Gründen, der Schuß galt dem Vorkämpfer der Arbeiter⸗ chaft und dem Vorkämpfer des Reichs gedankens und der Republik. Von dem Schuß ist die deutsche Republik getroffen. Die ungeheuren Schwierigkeiten, unter denen die bayerische Regierung, wie der Reichskanzler sagt, steht, sind von dieser selbst geschessen worden. Man hat ie. den Gefallen tun und zeigen wollen, daß es auch ohne Sozialdemokraten geht, aber es geht eben nicht ohne die Sozialdemokraten. Von dem Proteststreik gegen die , , die Mordwirtschaft und die erf lber e hat sich bie christlich⸗ wel e, aft in einem Anfall von Gelbsucht ferngehalten, aber die klassenbewußte Arbeiterschaft ist dem Rufe gefolgt und hat der Regierung Kahr eine Warnung erteilt. Die bayerische Volks⸗ artei und die Demokraten halten aus Angst vor Putschen zu⸗ ammen. Das Ultimatum kann nicht erfüllt werden, wenn große eile des Volkes der Regierung mit Mißtrauen gegenüberstehen, ohne oder gegen die ere te gan kann nicht regiert werden. Es enügt nicht, daß die bayerische Volkspartei sich von den Herren Escherich und Kanzler iu hat, sondern sie muß sich auch von den Deutschnationalen lossagen. ie jetzige bayerische Politik adi das Reich und besonders die Ink h ffen des Rheinlands, weil dieses zuerst unter den Sanktionen leidet. Deshalb hängt die Politik Bayerns mit dem Bestand des Reiches 6 Wenn wir das Ultimatum . und die Republik erhalten wollen, müssen alle Kräfte zusammenwirken. Dann würde nicht nur
Bayern, sondern dem ganzen deutschen Volk ein Dienst erwiesen.
(Beifall b. d. Soz.
Abg. Schwarzer (Bayer. Volksp.): Während Herr Unter⸗ leitner bon der Verwilderung in Bayern spricht, spielen sich Dinge im Reichstag, ab die die Verwilderung drastisch barstellen. Unruhe links.) Es hestehen keine besonderen Verhältnisse in Bayern. Kachen links) Alle Vorkommnisse, die man als Spezialität Bayerns anführt, kommen in allen Ländern des Reiches täglich vor. Es hat den die ien als ob das ganze Kesseltreiben der äußersten Linken den Zwe . den Fremdenverkehr nach Bayern zu unker⸗ binden. (Großes elächter Jedenfalls kann dies die e! der ee sein. (Erregte, Zwischenrufe des Abgeordneten Lede⸗ bour. Damit schädigt man die Arbeiter in der Fremden⸗ industrie. (Abgeordneter Ledebgur sehr erregt: Es ist eine Er⸗ bärmlichkeit, die Arbeiterschaft so zu verdächtigen! — Präsident Löbe ruft 34 wegen des Ausdrucks Erbärmlichkeit zur Ord⸗ nung. Der Abgeordnete Le debour fährt mit längeren er⸗ regten Zwischenrufen fort) Seien Sie doch nicht so nervös. (Der Abgeordnete Ledebour spricht rte en, dazwischen, es ent⸗ . längere geo Unruhe, die der PFräsident mit Mühe urch die Glocke zu dämpfen sucht.) ie Linke mutet uns zu, ihre Vorwürfe und Verdächtigungen stundenlang anzuhören (sehr wahr! rechts), aber sie ist zu feige, um anzuhören, was wir zu gen haben. (Sehr wahr! chf Die Linke hat den Mut, uns Vorwürfe 7 machen. ee, en. Ledebour: Ich bin ien alle Mörder, von welcher Partei sie auch sein mögen! ärm und andere lebhafte Zwi . Wer nach Bayern kommt, kann ̃ aß der Vorwurf der Verwilderung, der Unfreiheit und Verfolgung nicht zutrifft (Abgeordneter Kuhnt U. Soz.): Sie sind der Beweis dafür. gran nt Löbe ruft den
bgeordneten Kuhnt zur Ordnung.) Wir hätten viel mehr Ur⸗ ar. uns über den Terror durch die Arbeiter zu beklagen. Wir berwahren uns dagegen, daß aus einer noch völlig ungeklärten Mordtat und einzelnen, auch für uns unerfreulichen Er⸗ , ein Haberfeldtreiben gegen Bayern gemacht wird. Die
ordtat hat große Erregung hervorgerufen, aber eine Mordtat wird eben von jedem anständigen Menschen verurteilt. Die Kommunisten und die e, en treiben mit dem Mord Agitation, suchen aus dieser verrückten Tat Kapital zu schlagen. (Unruhe links.) 35 kann mir nicht vorstellen, wie aus dieser vereinzelten Tat wierigkeiten entstehen könnten, wie sie der Kanzler andeutete, die zur Entfremdung oder Trennung des Südens vom Norden Deutschlands führen könnten. So lange die Mordtat e, nicht aufgeklärt und der Täter nicht ermittelt ist, at überhaupt kein Mensch das . von einem politischen ord zu reden. (Stürmischer Wide r, Der Mord ist bis zur Stunde nicht aufgeklärt. In München gehen auch unter den sozialistischen Arbeitern darüber die sonderbarsten Ge⸗ rüchte. Was Unterleitner und Gruber als Motive für die Mord⸗ tat hingestellt haben, sind ausschließlich Kombinationen. Mit Be- dauern stelle ich gelt. daß auch der Reichskanzler in dieser Be—⸗ ziehung die für ihn gebotene ö in gewissem Grade äberschritten hat. (Sehr richtig! rechts) Für die ganze Inter⸗ . besteht zurzeit noch gar kein Anlaß. bgeordne ter edebour: Es 3 noch nicht genug gemordetl) Die Unter⸗ er örden und der bayerische Landtag sind die einzig zu⸗ tändigen Stellen. (Zuruf links: Das könnte Ihnen so ger Wie wollen Sie denn zu Ihrem Recht kommen, wenn Sie die Stellen, die mit der Ermittlung des Täters 15 e . schon im vorhinein derart verdächtigen? Sie haben also gar keinen Grund, von einer Verschleierung zu sprechen. Das fanhe Verhalten der h dem Morde ist mir unbegreiflich. Es gibt in rn keine einzige maßgebende Stelle, die nicht un⸗ mittelbar nach dem Morde (Ruf links: Krokodilstränen geweint hättel) den beteiligten Kreisen, den Verwandten und der Partei volle ann n, geleistet hätte. Das bayerische Kabinett hat sofort na r Tat seinen Abscheu und die schärfste Verurteilung über den Mord ausgesprochen, ebenso der ö des Landtags, dem sich alle Parteien und die ganze Oeffent
ichkeit anges en haben. Auf die 1 — s Mörders ist von der 13 eru ine Belohnung vom 10 . von S4 00 Mart ausges