Und nun fragen Sie: Wie steht es in Oberschlesien ? Sie werden fragen: Hat die Berliner Regierung . getan, um den Gedanken über Oberschlesien in der Welt zu verbreiten? (Zurufe: Nein)
Glauben Sie, daß wir in den letzten Monaten nicht fieber⸗ haft gearbeitet haben? Glauben Sie, aß unsere Hände un⸗ tätig gewesen sind, um in Qberschlesien helfend einzugreifen? Glauben Sie nicht, daß in persönlichen Rücksprachen hundertfältiger Art, allen Vertretern der alliierten Mächte kein Zweifel darüber gelassen ist, daß das Schicksal Oberschlesiens mit dem des Deutschen Reichs auf Gedeih und Verderb verbunden ist? Unsere Botschafter in Rom, Paris und London, alle unsere Vertreter auf dem Erdenrund sind seit Monaten tätig, um den Ge⸗ danken des Rechts für Oherschlesien vor der ganzen Welt aufzurichten. (Beifall.. Nur eins müssen Sie nicht mehr denken: wir können das Schicksal Oberschlesiens im Herzen Europas nicht mit der Waffe in der Hand entscheiden. (Zustimmung.) Das ist unmöglich, aber, meire Damen und Herren, wenn ich diesen Satz ausspreche, so füge ich einen zweiten hinzu, und ich habe ihn in den letzten Tagen manch⸗ mal auch Fremden gegenüber mit Nachdruck betont: So wenig wir daran denken, auf neuen Schlachtfeldern — mit Stab und Stecken kann man dort nicht auftreten — Europa zu beunruhigen, ebenso wenig kann jemand in der Welt annehmen, daß unsere obe Hesif Brüder und wir etwa dastehen sollen, wie es die anderen meinen, um uns ruhig den Hals abschneiden zu lassen. (Lebhafte Zustimmung) Jedes Tier in der Natur und ieder freie 3 ist berechtigt, sich um die Heimat, um Haus und Hof, Weib und Kind zu wehren. Jetzt handelt es sich aber um Oberschlesien, nicht um eine isolierte el die, losgelöst von der ganzen Politik, einer Lösung entgegengeführt werden kann. Nein, das Schicksal Oberschlesiens ist das Schicksal unseres ganzen dentschen Vaterlands. (Sehr richtig) Vor einigen Tagen, als noch er Aufruhr tobte, und darauf in Deutschland manche Faust sich krampfhaft ballte, habe ich in einem Ge— spräch mit den französischen Botschafter in Berlin auf die großen Gefahren hingewiesen, und ich habe aus jenem Munde gehört, daß die Haltung Frankreichs bei einem Angriff der Reichswehr nicht mißzuverstehen sein werde. (Pfui⸗Rufe.) Keine Pfui⸗Rufe, meine Damen und . Mit Pfui⸗Rufen lösen Sie die Probleme der Politik nicht (sehr richtig), sondern, meine Damen und Herren, diese großen Fragen europäischer Politik, sie werden nicht gelöst, indem wir sagen; Ihr in Berlin tut eure Pflicht nicht. Nein, wir müssen die großen Linien unserer Politik einhalten. Diese Linien waren allerdings in der Vergangenheit, wo wir eine Macht dar— stellten, unbekannt im Reiche der Politik.
Jetzt ist es der Gedanke des Willens zur Gerechtigkeit, des Willens zur Freiheit, des Willens zum großen Gedanken der demokratischen Selbstbestimmung Europas, der unserem Volke noch die Freiheit retten kann. Ich weiß nicht, wie man sich beim Zustandekommen des Friedensvertrages von Verfgilles in den allüerten Kreisen den Gedanken des Rechtes vorgestellt hat. Ist das nur leerer Schein gewesen, daß in Oberschlesien ab⸗ gestimmt werden sollte? Hat man nicht gerade polnischen Wünschen willig ein Ohr geliehen, als man gerade dieses Stück zur Abstimmung herausgeschnitten hat? Nein, meine Damen und Herren, solange in Schlesien im kommenden Jahrhundert noch der Gedanke der Freiheit einen Klang hat, nnd er wird ihn immer haben, werden die Alliierten niemals das Ergebnis der Abstimmung, das über⸗ wältigend für Deutschland ausfiel, aus der elt schaffen können. (Bravo) Niemals wird irgendein Voll der Welt über dieses Plebiszit zur Tagesordnung übergehen können. Das ist der Ausdruck des demekratischen Willens gewesen, und wer daran rührt, wer an diesem Selbstbestimmungsrecht Oberschlesiens rührt, der legt die neuen Keime eines neuen großen europäischen Brandes, der setzt den Todeskeim hinein in eine wiederaufblühende europäische Kultur und Zivilisation. Laßt die Finger davon! rufen wir heute den alliierten Machthabern zu, laßt die Finger von dem oberschlesischen Volk und von seiner Freiheit, sorgt fuͤr Ruhe und Ordnung, das ist die Pflicht der alliserten Mächte und der inter alliierten Kommission in Oberschlesien. Sie haben die sroße, die heilige Pflicht vor der ganzen Welt übernommen, Treuhänder dieses deutschen Landes zu sein. Man wird in en europäischen Geschichtsbüchern einstens fragen, ob die interalliierte FTommission ihre Pflicht als Wahrerin und Behüterin des deutschen
techtsgedankens erfüllt hat. Der Gedanke der Selbstbestimmung
ann nicht aus der Welt geschafft werden. Das oberschlesische Volk t gesprochen. Dieser Ruf muß beachtet werden. Diesen Ruf len wir heute, indem wir dem oberschlesischen Volk unsere Hände chen, erweitern zu dem großen Chor der deutschen Volksgemeinschaft, ? . den schweren Schicksalsschlägen wohl gebeugt, aber nicht zweifelt ist.
Nach Meldungen des „Wolffschen Telegraphenbüros“ sind die aus Anlaß ber Vorgänge in Beuthen, in deren Verlauf der französische Major Montalsgre zu Tode gekommen ist, seit einigen Tagen in Haft gehaltenen Geiseln gestern von den Engländern aus der Haft entlassen worden, bis auf den Ersten Bürgermeister, Dr. Stephan, dem mitgeteilt wurde, daß er aus dem Abstimmungsgebiet ausge⸗ wiesen werde. Es ist bezeichnend, daß man von den Geiseln vor der Entlassung die Unterzeichnung einer Er⸗ klärung verlangt hat, daß sie während der Haft human be— handelt worden seien. Ein Teil der Geiseln hat die Unter— zeichnung dieser Erklärung grundsätzlich abgelehnt. Der Magistrat der Stadt Beuthen hat auf die Ergreifung des Täters, der den Major Montalogre erschossen hat oder auf die Veibringung von Angaben, die geeignet sind, eine restlose Auf⸗ klärnng des Vorfalls herbeizuführen, eine Belohnung von 15 000 M ausgesetzt.
Württemberg.
Die Konferenz der Ernährungt-⸗ und Landwirt⸗ scasltsminister der Länder, die gestern in Stuttgart unter den Vorsitz des Reichsministers Dr. Hermes zusammentrat,
lte den Stand der Kunstdüngerversorgung und aßnahmen, die zur Hebung der Produktion zu er— ind. In sachlicher Aussprache wurde die erhöhte Ver⸗
g von Kunstdünger für landwirschaftliche Zwecke als der ersten und wichtigsten Mittel zur Förderung der land⸗ aftlichen Erzeugnisse von allen Seiten anerkannt. Die nahme der Konferenz wurde laut Bericht des, Wolffschen
Telegraphenbüros“ in folgenden Leitsätz en festgelegt, denen alle Teilnehmer zustimmten:
Die Konferenz ist übereinstimmend der Anschauung, daß die ver⸗ mehrte Kunstdüngerverwendung das wichtigste Mittel zur Förderung der landwirtschafstlichen Erzeugung ist. Es sollen deshalb in enger Zusammenarbeit von Reich und Ländern, von Landwirtschaft, Industrie und Handel alle Wege, die zu diesem Ziele führen, be— schritten werden! In erster Linie ist der Weg fortdauernder Auf⸗ klärung zu beschreiten, wobei Veranstaltungen von landwirt- schaftlichen Versuchen, die alle Kunstdüngerarten berücksichtigen, in möglichst weitem Umfange in Frage kommen. Ferner ist der Weg der Anlage von Beispielswirtschaften zu wählen, die neben der Anwendung von Kunstdünger die Vorteile einer rationellen Bewirtschaftung überhaupt (bessere Bodenbearbeitung, Anwendung von ausgewähltem Saatgut) vor Augen führen. Dazu sollen vom Reich im Benehmen mit den Ländern einheitliche Richtlinien aufgestellt werden, während die Aufklärungsarbeit selbst an Hand dieser Richtlinien von den einzelnen Ländern zu leisten und den verschiedenen Verhältnissen 7 Landwirtschaft an⸗ zupassen wäre. Wegen der Ausführung der Versuche in den einzelnen Ländern scheint eine Regelung in dem Sinne zweckmäßig, daß den Hochschulen die Bearbeitung der wissenschaftlichen Grundlagen vor⸗ behalten wird. Daneben sollen die etwa vorhandenen probinziellen Forschungsinstitute alle praktischen Wirkungen feststellen, vornehmlich jedoch die landwirtschaftlichen Schulen und landwirtschaftlichen Be= rater die Durchführung der Maßnahmen übernehmen. Die dem Reich zur Verfügung stehenden Mittel sollen an die Länder nach einem Maßabe vertellt werden, der den Bedürfnissen der Aufklärung in den einzelnen Ländern eutspricht und möglichst allen den Erfolg sichert.
Die Konferenz hat weiter einen Beschluß angenommen, daß die zurzeit . bestehende Regelung für den Verkehr mit Kaffeeersatzmitteln mit dem 1. August d. J. außer Kraft treten soll, und mit überwiegender . den Vorschlägen des Reichswirtschaftsministeriums und des Reichsernährungs⸗ ministeriums über die Aufhe bung der Verordnung über den Handel mit Lebens- und Futtermitteln vom 74. Juni 1916, über den Handel mit Tabak vom 8. Juni 1517 und mit Wein vom 31. August 1917 zu⸗ gestimmt. Der Erlaß einer entsprechenden Verordnung wird demnächst erfolgen. Der Großhandel mit Lebens- und Futtermitteln, mit Tabak und Wein wird damit von den Vorschriften befreit, die den Beginn des Groß— handels von einer behördlichen Genehmigung ab— hängig machen.
Auf Anregung der württembergischen Regierung gab der Präsident der Reichsgetreidestelle eine Uebersicht über die grundsätzlichen Aenderungen im Verkehr mit Getreide. Die Umlage von 25 Millionen Tonnen, das heißt der achte Teil nach dem Durch⸗ schnitt der Ernteergebnisse der letzten fünfzehn Jahre, der sechste Teil der Ernte des Vorjahres und nur zwei Drittel der im vorigen Jahre von der , d, erfaßten Getreidemengen bedeute eine Abkehr von der bisherigen Für die Ablieferung hafte der Erzeuger, Kom⸗ munalverband und das Land. An der Reisebrotmarke müsse festgehalten werden. Die Brotversorgung für die Uebergangszeit sei durch Einfuhr sichergestellt. Eine Erhöhung der Kochmehlration könne augenblicklich nicht in Frage kommen.
Regelung.
Grosvbbritannien und Irland.
Auf der vorgestrigen Sitzung der Reichskonferenz wurde Blättermeldungen zufolge die Haltung des britischen Reiches gegenüber den eüropäischen Angelegenheiten erörtert. Besonders kam die Frage der französisch⸗englischen Beziehungen ausführlich zur Sprache. Der „Daily Telegraph“ teilt mit, daß die bisherigen Sitzungen der Reichskonferenz zu einem allgemeinen Einversländnis bezüglich der Reichspolitik ge⸗ führt hätten. Ueber die allgemeinen Richtlinien der im Stillen Ozean und im Fernen Ssten zu befolgenden Politik sei eine Einigung erfolgt. Große Hoffnung werde bezüglich der offiziellen Erörterungen zwischen den Mächten des Stillen Ozeans ge⸗ hegt. Die Auffassung der Reichskonferenz sei, daß die be⸗ sondere Freundschaft mit Japan mit der freien Entwicklung Chinas und mit der engen Zusammenarbeit mit den Ver— einigten Staaten in Einklang gebracht werden müsse. Zum englisch-japanischen Vertrage verlaute, daß er ent⸗ sprechend den Völkerbundssatzungen abgeändert werde. Ueber die Frage der Reichsverteidigung seien sehr wichtige Be⸗ sprechungen abgehalten worden. Ferner habe sich die Reichs⸗ konferenz mit der allgemeinen Politik der Regierung im nahen Osten hinsichtlich Mesopotamiens und Palästinas einver⸗ standen erklärt. Die Premierminister würdigten vollauf die Schwierigkeiten der Regierung bezüglich Europas und billigten den Geist, in dem diese Schwierigkeiten behandelt wurden. Bei der Erörterung der auswärtigen Politik wurden von seiten der englischen Regierung ausführliche Erklärungen über Oberschlesien, über die Frage der deutschen Garantien und des besetzten Gebietes sowie über den griechisch-türkischen Konflikt abgegeben. Wegen der Einwanderungsfrage und der Ausschlußgesetze in den Dominions seien Schwierigkeiten nicht entstanden, da sowohl Indien als auch Japan das Recht der Dominions anerkannt haben, über den Charakter ihrer eigenen Bevölkerung zu ent— scheiden. Schließlich kam die Frage der Reichsverbin⸗ dungswege zur Sprache, die einem besonderen Ausschuß unter dem Vorsitz Churchills überwiesen wurde. Man erwartet, daß die Konferenz noch etwa zwei Wochen tagen wird.
Nach einem amtlichen Bericht hat die Reichskonferenz heute die Besprechung über den Völkerbund wieder auf— genommen. Auch Lloyd George und Lord Curzon haben an den Besprechungen teilgenommen. Weiter heißt es in dem Bericht, sämtliche Redner hätten einstimmig den hohen Wert des Völkerbundes anerkannt und zugegeben, daß er berechtigt sei, die vollständige Unterstützung des britischen Reichs zu genießen. Man sehe in dem Völkerbund einen wirklichen Fort⸗ schritt für die Negelung der internationalen Angelegenheiten.
— Die Beratungen der irischen Konferenz wurden gestern vormittag fortgesetzt. Ueber die Verhandlungen wird e en Schweigen beobachtet. Nach einer amtlichen Reuter— meldung ist vereinbart worden, daß die Feindseligkeiten in Irland am Montag eingestellt werden sollen.
— Im Unterhause w , die Frage des Re⸗ gierungszuschusses von 10 Millionen Pfund Ster— ling für die Bergleute erörtert. Hierbei kam es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Lloyd George und Robert Cecil. Letzterer kritisierte die „heftige und unkluge Rede“, die der Premierminister Ende März gegen die Arbeiterpartei ge⸗ halten habe. Lloyd George erwiderte, er habe nur die Arbeiter⸗ partei, nicht aber die Arbeitertlasse angegriffen. In der Arbeiter⸗ partei hätten extreme Elemente, die sich im Hintergrunde auf— hielten, die Vorherrschaft.
Frankreich.
Die Reparationskommission hat gestern das letzt Protokoll der Restitutiansangelegenheit, das sich auf die Rü erstattung der Flußfahrzenge bezieht, fertiggestellt liegen jetzt die Protokolle zur Restitution in nachstehender nl? ge vor: 1. Allgemelnes Protokoll über die Grundlage der Restitutionen. 2. Restitution von Tieren. 3. Restitution von Industrie⸗ und Eisenbahnmaterial. 4. Restitution von Möbeln umd Gegenständen, Geld und Wertpapieren. 5. Rest= tution von Flußfahrzeugen.
— Gestern brachte der Finanzminister Doumer in der Kammer das Budget für 1922 ein. Laut Mitteilung dez „Wolff'schen Telegraphenbüros“ sind die außerordentlichen Ausgaben zum ersten Male seit dem Kriege unterdrückt. Ez bleiben neben dem ordentlichen Budget nur noch die Ausgaben für ben Wiederaufbau, die gedeckt werden sollen entweder durch kommunale Anleihen oder durch Vorschüsse des Credit National oder schließlich durch den Verkauf deutscher Obi gationen in neutralen Ländern. Das Budget für 159 schließt in den Ausgaben mit 25 426 00 900. res. ab. An Einnahmen weist der Entwurf 26 514 000 090 Fres., also einen Ueberschuß auf. Die Einnahmen sollen bestritken werden aus direkten und indirekten Steuern in Höhe von 19420 0900096 Francs. 7 Deckung des Restes von 6 Milliarden Francs dilen die Cinnahmen aus den Verkäufen der Kriegsvorraͤte der verbündeten Armee und die Einnahmen aus der Kriegsgewinn= abgabe dienen.
— Der Fingnzausschuß der Kamm er verhandelt estern mit dem Kriegsminister Barthou über die Kredite, 7. für die französischen Besetzungstt uppen in der Levante verlangt werden, und über die finanziellen Folgen der Militärgesetzen twürfe, die jüngst von der Reglerung angenommen wurden, . seiner Ansicht sind Kredite im Betrage von 5 Milliarden für den Effektivstand von 660 000 Mann notwendig, den das neue Militärgesetz vor⸗ sehe. Der Ausschuß setzte einen Unterausschuß ein, der ale in n Fragen prüfen soll, die die nationale Verteidigung etreffen.
Schweden.
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitt—⸗ büros erörterte vorgestern die Verbindung, die zwischen den internationalen Arheilsorganisationen und dem Völkerhund ge f; werden soll. Die Arbeitgebergruppe übergab eine Ent⸗ schließung, in welcher dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zu⸗ folge erklärt wird, daß die Bildung anderer offizieller Ver⸗ kin, als solcher, die im Friedensvertrag ausdrücklich vorgesehen sind, gegen den Vertrag sei. Der Direktor des Arbeitsbüros wurde ermächtigt, an den Sitzungen des Völkerbundes teilzunehmen, um die Gesichtspunkte dez Verwaltungsrats in den Erörterungen, über die internationalen Arbeitsorganisationen zu verteidigen. Ferner wurde beschlossen, in das Programm der Generalkonferenz im Jahre 1922 Fragen über die Auswanderung aufzunehmen und einen internationalen Autschuß für die , , . frage nach Genf auf den 2. August einzuberufen. Schließlich wurde ö. Antrag Englands beschlossen, daß das Büro die Systeme der gesetzlichen Lohnregelung, die in den ver— ,. Ländern , . sind, besonders mit Bezug auf
ie nicht oder nur unbedeutend organisierten Industrie- und Gewerbezweige, untersuchen soll. Die nächste Sitzung dez Rats findet am 19. Oktober in Genf statt.
Türkei.
Blättermeldungen zufolge hat Mustapha Kemal Pascha den englischen Befehlshaber vor eiaigen Tagen um eine dDirelte Unterredung über die zwischen ihm und den Alliierten schwebenden Fragen ersucht. Der General Haxxrington er— widerte, er sel bereit, mit Mustapha Kemal Pascha in jedem beliebigen Hafen des Schwarzen Meeres zusammenzutreffen. Eine Antwort auf diesen Vorschlag ist noch nicht eingetroffen.
— Der amtliche türkische Bericht vom 8. d. M. ag daß die Türken die Griechen im Süden von Sundburg ) angegriffen und gezwungen haben, sich zurückzuziehen. Ismldabschnitt haben die Türken die Verfolgung der Griechen fortgesetzt, die sich nach Westen zurückziehen.
Asien.
Nach einer Meldung des „New York Herald“ hat die
japanische Re gierung, entgegen dem Wortlaut ihres Mandats,
auf den ehemals deutschen Marianen⸗-In seln und auf
den Bonin⸗-Inseln große Befestigungsarbeiten be gonnen.
Preußischer Landtag. 37. Sitzung vom 8. Juli 1921, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher geitungeverleger')
Den Vorsitz führt Vizepräsident Garnich.
Auf der . stehen zunächst vier kleine An; fragen. Eine Anfrage der Deu tschen Volkspartei bringt zur Sprache, daß von dem Betrage von 2. Millionen Mart, um welchen im Haushalt des Ministeriums sir , Kunst und Poltsbildung die Dienstaufwant. entschädigungen für Kreisschulräte durch Beschluß der Preußi⸗ schen , , n,, ,. erhöht worden sind, das Finan; ministerium nur eine Million angewiesen hat und sih weigert, die zweite Million zu zahlen. .
Geh. Rat Kaestner: Durch den Stgatshaushaltsplan sin 1920 waren für den Dienstaufwand der Kreisschulräte im Ordinarium 705 296 M, im Extraordinarium 668 000 MS bereitgestellt. Da i diese Beträge bei der Steigerung aller Kosten, wie bei den anderen Staagtẽbeamten, auch hier als unzulänglich erwwiesen, sind durch den Nachtragsetat 20 Millionen für alle beteiligten Beamten nach⸗ geforderk und bewilligt worden. Hiervon hat der Finanzminister der Unterrichtsverwaltung eine Million für Kreisschulräte zur Ver⸗ fügung gestellt. Dieser Betrag entspricht nicht nur dem erhält. nis . den übrigen . Beamten, sondern er ist schon mi Rücksicht auf die von den Kreisschulräten übernommenen Geschüfte der Srtsschulinspektion über den Verhältnissatz erhöht. Außerdem hat sich der Finanzminister bereiterklärt, in dem Staatshaushalt. plan für 1971 dem Antrag des Ministers für J en scheft Kun und Volksbildung ö. end, einen Betrag von durch hnittli S000 c als Dienstaufwandsentschädigung für jede Kreisschulrats⸗ stelle einzustellen. Unter diesen Umständen hat sich die Unter, richtsverwaltung damit einverstanden erklärt, daß die nachtrãgliche Verstärkung der erwähnten Fonds für das Jahr 1920 mit einer Million Mark als ausreichend bezeichnet wurde.
) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind;.⸗“
Abg. Biester (D⸗Hann) fragt an, ob dem Staatsministe⸗ rium bekannt ist, daß eine Anzahl von Kreistagen die Wahl zu der m ohne Rücksicht auf sachliche einzig na parteipolitischen Gesichtspunkten durch⸗ at. Ein solches Vorgehen, wie es u. a. im Kreise Linden Landkreise Hannover beliebt worden ist, lasse eine För⸗
rung der Viehzucht nicht erwarten.
Der Kegierungsvertreter erwidert, daß die Staats⸗ regierung Veranlassung genommen hat, durch den Regierungs⸗ äsiden len auf Remedrr hinwirken zu lassen. ;
Auf eine kleine Anfrage der De utschen Voltspartei, die auf die steigende Unsicherheit auf dem Lande, insbesondere in Jassau und im Kreise Wetzlar Bezug nimmt, wird von dem Ver⸗ reter des Staatsministeriums erwidert, daß Maßnahmen in der Durchführung begriffen sind, einen weitergehenden Schutz der n, , n nt gegen Raubüberfälle und dergleichen zu
ährleisten. bench Ez ialdemotrgtische Partei hat den Umstand, daß nach verbürgten Nachrichten aus dem Kreise Westprignitz der ziczierungspräsident Schleusener dem Landrat Willigmann in kerleh et untersagt haben soll, an politischen Versammlungen und Feranstaltungen teilzunehmen, zum Gegenstand einer kleinen An⸗ rage gemacht.
Die Staatsregierung läßt erklären: Es ist nicht richtig, daß der Regierungspräsident Schleusener dem Landrat Rilligmann die Teilnahme untersagt hat. Göeiterkeit rechts.)
Der Entwurf eines Gesetzes über Aende⸗ rung a der Verordnung, betreffend ein verein⸗ fach kes i , vom 11. Sep⸗ ember 1914, b) des Gesetzes, betreffend die Be⸗ kanntmachung landesherrlicher Erlasse durch die Amtsblätter vom 10. April 1872 geht nach einer kurzen, vom Vertreter des Handelsministers gegebenen BFegründung ohne weitere Erörterung an den Rechtsausschuß.
Der Gesetzentwurf über den Staatsver⸗ trag, betreffend den Uebergang der Wasser⸗ ttraßen von den Ländern auf das Reich, wird abermals an den Hauptausschuß zu erneuter Serichterstattung jurückperwiesen.
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzent⸗ wurfs, durch den die Bewilligung weiterer Staatsmittel im Betrage von 168 Millionen Nark für die Erweiterung und Einschleu⸗ ung des Fischereihafens Geestemünde ange⸗ fordert worden ist. Der Hauptausschuß hat die Vor⸗ lage angenommen und die Bewilligung empfohlen.
Berichterstatter Abg. Dr. Rose (D. Vp.) legt in ausführ⸗ lichem Vortrage die Notwendigkeit dieser Bewilligung dar,
Das Gesetz wird in zweiter und sofort auch in dritter desung angenommen.
Die Besprechung der großen Anfrage der Sozial⸗ demokraten über die Kündigungen von Heuer⸗ lingspachtverträgen in Westfalen und im Re⸗ gierungsbezirk Osnabrück wird fortgesetzt.
Abg. Neyer⸗Rheine (Soz.): Die Heuerlinge sind nichts anderes als landwirtschaftliche Arbeiter, wenn auch besonderer Art. Die Pacht spielt bei den Verträgen keine große Rolle, sondern die Leute werden zur Arbeit angenommen. Sie schreien täglich nach einer Pachtschutzordnung, denn die großen Landbesitzer, wie die Herzöge von Croy und die Fürsten Salm⸗Horstmar und Salm⸗ Salm, nehmen ihnen unerhört hohe Pachtpreise ab; sie begründen das damit, daß die Fürsten so viel Steuern und das Reichsnot⸗ ohfer zu tragen haben, dabei werden aber die Realsteuern von den Pächtern geleistet. Einem Pächter, der seit 1740 in seiner
Pacht saß, ist jetzt gekündigt worden, und Seine Fürstl. Durch⸗
laucht hat ihm als Gnade eine andere ganz verfallene Stelle ge⸗ geben. Die Antwort der Regierung befriedigt uns nicht: wenn auch eine Novelle zur Pachtschutzordnung in Aussicht gestellt ist, so muß sich doch der Landwirtschaftliche Ausschüß mit dieser Frage eingehend befassen; und ich beantrage, unsere Anfrage dem Landwirtschaftlichen Ausschuß zu überweisen. In vielen Fällen ist die Kündigung aus politischen Gründen erfolgt, und dabei hat der Heuerlingderband bei den Wahlen das Zentrum, die Demokraten und die Sozialdemokraten, also die Koalition, empfohlen. Wir müssen die Leute gegen den Wucher und die Drangsalierungen durch die großen Landbesitzer schützen. Wenn Sie unseren Antrag ab⸗ lehnen, so beweisen Sie, daß es nur die sozialistischen Parteien sind, die auch diesen Proletariern zu ihrem Recht verhelfen wollen.
Abg. Schulz⸗Neukölln (Komm.): Herr Kaufhold möchte die alte Gesindeordnung von 1838 wieder gelten lassen, wonach das Hesinde mit Zwang und unter Strafandrohung wieder zur Arbeit zurücgeholt werden kann. Das ist die reine Sklaverei. Nach dieser Gesindeordnung kann der Dienstbote seinen Dienst nur derlassen, wenn er von der Herrschaft „ungebührlich mißhandelt“, allo halbtot geschlagen worden ist. Das ist das Ideal der Rechten. Widerspruch des Abg. Kaufhold. Ich erinnere daran, wie der Hohenzollernlump Friedrich Wilhelm 1I. (Pfui! rechts) ja, ich sage auch Pfui!l er war ein Lump! — das Auspeitschen des Gesindes mit ledernen Peitschen empfohlen jat. Das ist Ihre Junkterkultur. Dadurch ist der preußische Staat in den Ruf gekommen, der unbkulti⸗ bierteste Staat der Welt zu sein. Mit diesem verkommenen un verrufenen Staat wollen Sie das Proletariat wieder beglücken. Ver Abgeordnete v. Papen hat das Vorgehen der Kirchengemeinde gegen den Küster verteidigt. Herr v. Papen scheint auf dem Stand⸗ punkte derer zu stehen, die die Schwängerung von Mädchen für ein Vorrecht der Junker erklären, die das Recht der ersten Nacht für sich in Anspruch nahmen und bei Nichtausübung desselben ein Bettgeld von 4 bis 8 Talern erhoben. Wer das billigt, ist alles andere eher als ein Ehrenmann, diese ganze Pfaffenbagage mit Einschluß des Papen und dergleichen Gesindels sind in meinen
ugen ehrlos. (Sturm der Entrüstung auf der Rechten: immer gie derh oe Rufe: Unverschämtheit!“ Lümmel! Vizeyräsident gr nä ch: Ich nehme an, daß Sie mit dem Ausdruck Papen⸗ gesindel kein Mitglied des Hauses gemeint haben, ich müßte sonst andere Maßnahmen ergreifen) Ich nenne alle, die es gut heißen, aß man einen Mann wie diesen Fischer aus Amt und Würden gehracht hat auch den Herrn v. Papen, ehrloses Gesindel! (Stür⸗ mische Pfuirnfe rechts, und nun können Sie, Herr Präsident, hem etwenen Ihre anderen Maßnahmen ergreifen. (Vizepräsident zarnich: Sie, haben guch den Abgeordneten v. Vayen unter den . esriff „ehrsoses Gesindel“ mitagenannt: ich rufe Sie dafür zur Ordnung. Ruf links: Der Abgeordnete Kanfßold hat Lümmel Eren, Vizevräsident Garnich ruft den Abg. Dr. Kaufhold fal zur Ordnung) Ein Mann wie Dr. Kaufhold kann mich ht beleidigen, so einen Mann tun wir mit Verachtung ab. . Taufhold sprach von dem idealen Verhältnis zwischen Ver⸗ hahtzrn und Heuerlingen. Im 5 7 des neuen Vertrages erklärt . bächter, im Falle von Brandschaden eine Verpflichtung , bdach und Unterkunft des Vächters zu übernehmen. Darin m, ja anscheinend das allerchristlichste Mitgefühl der Zentrums⸗ te zum Ausdruck, zu denen ja wohl auch Herr v. Papen gehört. ier Paragraph 7 charakterisiert die ganze Heuchelei der bürger⸗
ien Lumpen. Nicht die Sozialisten, sondern die kapitalistischen n itgeier à la Stinnes sind es, die den Proletarisierungsprozeß idem. Die Erklärung der Regierung genügt nicht. Das din resse der Besitzlosen ist der Regierung offenbar schnuppe. Die a ng der Regierung ist ein Skandal und eine Unverschämt— it, die sich der Landtag 'nicht gefallen lassen sollte (Zurufe rechts). 9 eine Unyerschämtheit habe ich keine Schmeicheleien, sondern . eine grobe Antwort. (Vizepräsident Garnich; Sie dürfen herßernngen der Regierung nicht als Unverschämtheiten bezeich⸗ , das entspricht nicht der Würde des Parlaments, ich bitte Sie, ich zu mäßigen) Dann begreift aber der Herr Präsident hoffent⸗
lich auch, daß er der Würde des Hauses nicht entspricht, solche Ant⸗ worten von dem Regierungstisch entgegenzunehmen. (Erneute Zu⸗ rufe rechts Die Würde des Parlaments ist bei den Parteien der Rechten schlecht aufgehoben, aber ich streite darüber mit Ihnen nicht, denn ich will nicht Perlen vor die Säue werfen. Nicht ein ausgezeichnetes Verhältnis, wie Herr v. Papen meinte, nicht ein ideales, wie Dr. Kaufhold es nannte, sondern ein niederträchtiges Ausbeuterverhältnis besteht zwischen Verpächtern und Heuer⸗ lingen, das zu beseitigen die Aufgabe des roten Heuerlingsverban⸗ des ist. Die bürgerliche Gesellschaft einschließlich der aufrechten Demokraten mit dem Männertrotz in der zottigen Männerbrust fühlt sich heute noch als Fürstenknechte. Nur das gesamte Prole⸗ tariat wird die Aufgabe lösen, die Räuber endlich aus ihrem Be⸗ sitz hinauszutreiben. Blicken Sie nach Leipzig hin. (Vizepräsident Garnich: Es steht hier der Heuerlingsvertrag und nicht das Reichs⸗ gericht in Leipzig zur Verhandlung) Sie haben Recht, Herr Prä⸗ sident, das . steht unter jeder Besprechung. Es hat die Verachtung aller anständigen Menschen auf sich geladen. (Stür⸗ mische, langandauernde Unterbrechung und Unruhe.) Das Drei⸗ männerkollegium v. Pape, Stendel, Kaufhold hat sich heraus⸗ genommen, von sozialdemokratischer Verhetzung zu reden. Wie arbeiten denn die Agrarier? Die Profite, die sie durch die Arbeiter haben zu verjubeln, das ist ihre Arbeit. Herr Escherich hat mit der ihm eigenen Offenheit erklärt: Wir haben die Leute erst in ,,, en zu überzeugen gesucht und dann nech einmal in Versammlungen zu überzeugen gesucht, und wenn das nicht geholfen hat, haben wir sie verdroschen. Aber diese Methode der Escheriche und Drescheriche, der Kaufholde und Saufbolde wird nicht immer vorhalten. Nieder mit solchen Leuten, mit den Aus⸗ beutern, mit solchen Burschen wie Kaufhold, Papen und Stendel! (Beifall bei den Kommunisten. . . Abg. Bubert 96 Der Hauptstoß unserer Anfrage rich⸗ tete sich nicht gegen die Regierung Stegerwald, sondern gegen die Pachtschutzordnung, die dringend der Aenderung bedarf, Eine ganze Anzahl Heüerlinge müssen am 1. Oktober ihre Pacht ver⸗ lassen, ohne eine neue Existenz ö zu können. Herr. Kauf⸗ hold hat in niederträchtiger Weife eine sozilistische Schrift über die letzten Wahlen, worin auf die Versprechungen einer Landauf⸗ teilung in Ostpreußen hingewiesen war, falsch zitiert, und ich frage, ob Herr Kaufhold noch der anständige Parlamentarier ist, der anderen Vorwürfe machen darf. Der Fürst v. Bentheim hat so wenig soziales Verständnis, daß er seinen Arbeitern ihren Lohn vorenthalten hat. Alle diese Dinge müssen wir im landwirt⸗ schaftlichen Ausschuß besprechen. Die Bauern gehen daxauf aus, die Heuerlinge us ihrer Pacht zu bringen, weil sie selbst deren Land bewirtschaften möchten. Die ganze Bewegung zur Kündigung der Heuerlingsverträge geht von dem Reichstagsabgeordneten der Deutschen Volkspartel Harte aus,. Ich fordere die Herren Kaufhold, Papen und Stendel auf, einmal in eine , , , kommen. Sofort in den nächsten Tagen muß der landwirtschaftli Ausschuß zur Revision der Pachtschutzodnung zusammentreten. 3 den Pachtéinigungsämtern müssen die Organisationen der Pächter hinzugezogen werden. Wir haben jetzt keine Bachtschutz⸗ ordnung für die Pächter, sondern für die. Herren. Abg. Logemann (D. Nat.): Diese Debatte zeigt, wohin wir mst dem Parlamentarismus gekommen sind; wir sollten uns über diefe Frage zu einigen suchen. Im hannoberschen Land herrscht durchaus ein patriarchalisches Verhältnis zwischen Bauern und Häuslingen. Das verdanken wir dem Bund der, Landwirte. Wir wären mit der Seßhaftmachung der Landarbeiter schon weiter, wenn die Sozialdemokraten früher dafür zu haben . wären. Schon viel früher haben die Herren v. Riepenhausen und v. Bodelschwingh das Heinistättenwesen betrieben, aber erst jetzt haben sich die Sozialdemokraten zur eimstättengesetzgebun bekehrt. In einem Streitfall zwischen Großgrundbesitzern und Bächtern, in dem der Landrat und der Vorsitzende des Schiedsgerichts zu⸗ gunsten der letzten entschieden hatte, entschied auf Anrufen der Pächter der frühere Landwirtschaftminister Braun; die Groß⸗ grundbesitzer haben das Land. e ern Die Gesindeordnung von 1838 kennt kein Hannoverscher Bauer. Wenn er davon Gebrauch machte, so bekäme er keinen Dienstboten. Denn heute läßt sich doch kein Arbeiter mit der Peitsche behandeln. ach der Revolution wurde große Unzufriedenheit in die Arbeiterkreise . man sprach vom Achtstundentag und hohen Löhnen, Wenn die Arbeitervertreter den Arbeitern die Wahrheit gesagt hätten, so hätten sie sagen müssen: Wir haben den Krieg ver⸗ oren und sind ein armes Volk geworden, deswegen müssen wir mehr arbeiten. Die Arbeiter sind aufs Land zurückgekommen, weil ste trotz der hohen Löhne in der Stadt nicht leben können. Bei uns können sich die Landwirte auf die Häuslinge verlassen, diefe sind mit dem Hofe verwachsen. Wir hatten früher Häuslinge, die 25 000 Mark bar Geld hatten. Wenn der Bauer sich bewußt ist, . er den Häusling gut halten muß, dann ist der Häusling kolossal viel wert; umgekehrt wissen die . den sie nur vorwärtskommen, wenn der Bauer gut gedeiht. Das Verhältnis zwischen beiden ist bei uns sehr gesund, und die Häuslinge wollen ihr Verhältnis gar nicht in ein Pachtverhältnis umgewandelt haben. Herr Schulz sprach unter Hinweis auf meine arische . von Ozenstierna. Wenn wir Arier nicht solche
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dioten wären, dann hätten wir Sie (nach links) längst aus dem ande heraus. (Heiterkeit) Wir werden das gute Verhältnis wischen den Bauern und den Häuslingen aufrechterhalten. (Lebh. Den rechts.) .
Damit schließt die Besprechung und die große Anfrage wird an den landwirtschaftlichen Ausschuß überwiesen.
Von den Sozialisten ist unterm 13. Mai folgende große Anfrage eingereicht worden:
„Namhafte Vertreter der , in Preußen haben seit Jahrzehnten ve ge n, eine tiefgreifende Reform der akademischen , wärter des höheren Justiz' und Verwal⸗ tungsdienstes geforderdt, Eine vor Jahresfrist von der ,. und e, ,,. Fakultät der Universität Halle⸗Wittenberg einberufene nn, n von Delegierten aller deutschen rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultäten hat sich erneut energisch in diesem Sinne gusgesprochen. Ueber eine Er⸗ weiterung und Umgestaltung des Studienplans ist vor allem eine gründliche Revision der veralteten Prüfungsordnung verlangt worden. Sie ist um so dringender, als sich auch die höheren Beamten der inneren Verwaltung und des auswärtigen Dienstes überwiegend aus solchen lückenhaft und einseitig vorgebildeten Juristen rekrutieren. Was gedenkt das Staatsministerium zu tun, um die fachliche Durch bildung der erwähnten Anwärter in einer den neuzeitlichen Bedürfnissen entsprechenden Weise siche ra ste en
Die 1 wird in eingehendem Vortrage von dem Abg. Geh. 6 at Prof. Dr. Waen tig⸗Halle (Soz) begründet, der besonders auf die Bemühungen von Franz v. Liszt und Gold⸗ schmidt um eine Reform in dieser Richtung verweist und die r Nachteile schildert, die dem Volke vor dem Kriege aus dem Verfagen der Diplomatie und im Kriege aus der Unzulänglichkeit der theoretischen und praktischen Durchbildung der Staatsbeamten⸗ schaft erwachsen sind. Die Studienzeit müsse von drei auf vier Jahre verlängert, der Studienplan gründlich umgestaltet werden. Ueber das Wie gingen die Meinungen noch auseinander. Eine baldige Entscheidung der maßgebenden Stellen sei erwünscht, damit an das Reformwerk selbst herangetreten werden könne. Es handle sich hier um eine im eminentesten Sinne nationale Frage, in der auch der Landtag mitzureden habe.
Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Dr. Becker: Meine Damen und Herren! Die Reform der akademi⸗ schen Vorbildung für die Anwärter des höheren Justiz⸗ und Ver⸗ waltungsdienstes wird auch von der Regierung für wichtig und für in hohem Maße dringlich erachtet. Auch für uns handelt es sich hier um eine Frage von der größten nationalen Bedeutung,
und gerade deshalb kann sie natürlich nicht vom Standpunkt eines
einzelnen Ressorts aus und auch nicht im Rahmen einer einzelnen Regierung und eines einzelnen Landes entschieden werden. (Sehr richtig! rechts.)
Diese Reform ist zum letzten Male ausführlich in der Oeffent⸗ lichkeit im Jahre 1910 besprochen worden. Damals stand die Frage der Reform des höheren Justiz⸗ und Verwaltungsdienstes schon einmal im Mittelpunkt der allgemeinen Erörterung. Dann hat vor etwa 194 Jahren das Kultusministerium von sich aus die Frage erneut in Fluß gebracht durch eine Rundfrage an die rechts⸗ und staatswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten. In Verfolg dieser Anregung aus dem Ministerium hat nachher die Konferenz in Halle stattgefunden, die hier in der großen Anfrage erwähnt worden ist, und es ist dann die Frage weiter insbesondere unter der Führung der Hallenser juristischen Fakultät verhandelt worden.
Auch die Regierung ist der Frage weiter nachgegangen und hat sich ihrerseits mit den studentischen Organisationen in Ver⸗ bindung gesetzt, die ja, da es sich jetzt nach dem Kriege um lauter reife Studenten handelt, ein ganz besonders lebhaftes Interesse dieser wichtigen Frage entgegengebracht haben. So ist es dann zu einem ständigen Gedankenaustausch mit allen diesen Stellen, vor allen Dingen mit den Führern der Reformbewegung in der Professorenschaft selbst, gekommen, und ich kann heute sagen, daß die Vorberatungen, wenigstens was das juristische Studium betrifft im wesentlichen abgeschlossen sind. Da aber nur ein einheitliches Vorgehen aller deutschen Hochschulver⸗ waltungen in Frage kommen konnte, so hat die Unterrichtsver⸗ waltung diese Angelegenheit auch auf den regelmäßigen Konfe⸗ renzen der Vertreter der Unterrichtsverwaltungen der Länder zur Sprache gebracht. Es hat vor etwa 14 Tagen eine abschließende Verhandlung auch da stattgefunden, so daß die Sache nunmehr soweit gefördert ist, daß jetzt die einzelnen Staatsministerien in die Erörterung eintreten und daß wir in absehbarer Zeit wirklich zu einem endgültigen Resultat kommen können.
Ungeachtet der großen Schwierigkeiten, die auf diesem Gebiete liegen, steht die Staatsregierung doch auf dem Standpunkt, daß es möglich sein wird, zu einer einheitlichen Regelung der Frage zu kommen. Wir müssen hier eine grundsätzliche Verbesserung der Ausbildung unserer jungen Juristen und Staatswissenschaftler einführen. Besonders erkennen wir es als Ziel der Reform an, durch Abbürdung entbehrlichen Unterrichtsstoffes Raum zu schaffen für die Einbeziehung neuer wichtiger Rechtsgebiete in den Unter⸗ richt, um diesen durch stärkere Berücksichtigung der Anforderungen der Praxis, um durch eine zweckentsprechende Neuordnung des Studienganges lebendiger und nützlicher zu gestalten. (Sehr gut! rechts) Dabei soll auf die Zwecke der Verwaltungspraxis ganz besonders Rücksicht genommen werden. (Bravo! rechts.)
In gleicher Weise sind wir mit der Frage der Reform des staatswissenschaftlichen Unterrichts vorgegangen. Auch hier haben wir die Frage bei den Fakultäten in Fluß gebracht, auch hier sind wir an die einzelnen Regierungen herangetreten. Diese Frage ist zwar noch nicht ganz so spruchreif wie die der Vorbildung der Juristen, aber auch hier steht der Abschluß der Verhandlungen nahe bevor.
Bei dieser Sachlage ist es heutigen Tages für die Regierung unmöglich, schon heute mit einem in allen Einzelheiten ausge⸗ arbeiteten Programm vor dieses Haus zu treten. Es ist das schon deshalb unmöglich, weil eine abschließende Stellungnahme zwischen den einzelnen preußischen Ressorts auch im Staatsministerium noch nicht stattgefunden hat.
Die Staatsregierung ist bereit, in einem späteren Stadium der Reformarbeit hier dem Hause darüber Bericht zu erstatten, sobald eine Einigung zwischen den Ressorts stattgefunden hat. Ich kann aber hier nur mit allem Nachdruck die Erklärung abgeben, daß wir diese Reformaufgabe für außerordentlich wichtig und für sehr dringlich halten, und daß ich glaube, in allernächster Zeit oder wenigstens in absehbarer Zeit in der Lage zu sein, hier dem Hause von endgültigen Beschlüssen Kenntnis zu geben. (Bravo!)
Auf Antrag der Soz. wird die Besprechung beschlossen.
Abg. Beyer-⸗Oberschlesien (Zentr.): Wir begrüßen die An⸗ frage sowohl aus den Erwägungen heraus, die die Antragsteller geleitet haben, als auch wegen der uns gewordenen Auskunft, die für jetzt eine ,, , . als nicht angebracht erscheinen läßt. Ueber die Dringlichkeit der Reform ist kein Zweifel.
Abg. Prof. Dr. Kähler⸗Greifswald (D. Nat.): Der Herr Kollege Dr. Waentig hat auch den Landtag als Mitarbeiter an der Vorbereitung der Reform in Anspruch genommen. Das kann aber der Landtag nicht ohne weiteres; dazu gehören besondere Sachverständigenkommissionen. Uebrigens hat gerade am 9. November 1918 der Beamtenkörper den völligen Zusammen bruch des Staates aufgehalten, indem er sich den neuen Macht— habern zur Verfügung stellte. Wir . dem Gedanken dieser Reform durchaus sympathisch gegenüber. Vor allem wird eine Vorfrage zu ie sein, nämlich, ob für die richterliche und die Beamtenqualifikation die gleichen Vorbedingungen nötig sind. Der Interpellant hat auch auf das Zwischenexamen hingedeutet, wie es z. B. England kennt. Für Deutschland erscheint uns eine solche nicht in der Volkssitte verankerte Einrichtung zunächst einiger⸗ maßen fragwürdig; jedenfalls sollten wir alles tun, um uns auf diesem Gebiete vor Enttäuschungen zu bewahren. An der akademischen Vorbildung des Berufsbeamtentums muß nach unserer Auffassung festgehalten werden. Unser Prüfungswesen ist durchaus demokratisch eingerichtet. Der Weg zum höheren Verwaltungsdienst soll durch die Universität bzw. die technischen Hochschulen gehen. Für eine Ausgestaltung des staatswissen⸗ schaftlichen Unterrichts haben wir uns schon früher eingesetzt. Wir bedürfen in Berlin einer außerordentlichen Professur für die Geschichte der Demokratie und des Sozialismus; sie soll keine Professur für Parteigeschichte sein, aber die größte Strömung in der Politik muß auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt werden. Das dient nicht nur der Staatswissenschaft, sondern auch dem juristischen Studium. ür die Prüfungsordnung muß der Ausgangspunkt der Studienplan sein. Was nützt aber der beste Studienplan, wenn sich in der Praxis allerlei Schwierigkeiten er⸗ geben? Es herrscht jetzt eine solche Unrast und innerliche Un⸗ ruhe, daß die Muße zum Studium fehlt und der Gedanke an das Brotstudlum vorwiegt. Wegen der Ueberlastung der juristischen Professoren mit Vorlesungen und Praktiken bedürfen wir der Vermehrung von Lehrstühlen oder der Anstellung von Assistenten, welch letztere für die Bildung einer Pflanzschule wertvoll sind. Die Reform des Studiums darf aber nicht auf dem Papier stehen bleiben, sondern muß auf das praktische Leben Rücksicht nehmen. Was die Trennung des juristischen und des Verwaltungsstudiums betrifft, so wird die Finanzverwaltung speziell eine überragende Bedeutung bekommen, für die wir besonders geschulte. Kräfte brauchen. Die Frage der Trennung während des Studiums ist verschieden zu beantworten, je nachdem das juristische Studtum einen starken Einschlag von Nationalökonomie und Staatswissen⸗ schaft erhält oder allein nach den prozessualen Gesichtspunkten sich richtet. Jedenfalls muß das Verwaltungsstudium auf eine breitere Grundlage gestellt werden. Wenn diese breitere Basis im