11000 Zentner Lartoffeln nach Belgien abzuschieben versucht haben. Weitere Fälle der Art werden aus Achen und Köln ge— meldet. All die positiven Angaben mußten die Bevölkerung aufs neue in der Auffassung bestärken, daß auch an den Gerüchten über Getreideverschiebungen etwas sei, denn man sagt sich, wenn jo, etwas möglich ist bei der Kartoffel, dann muß es auch möglich sein beim Getreide. (Sehr richtig! Wir nehmen ohne weiteres an, daß die Regierung diesem Gerücht nachgegangen ist, wir können ihr aber den Vorwurf nicht ersparen, daß sie der Presse über diese Gerüchte nicht genügend Aufklärung gegeben hat. So haben wir e. erleben müssen, daß alle diese Gerüchte immer nur ganz einseitig zu den heftigsten Angriffen gegen die Landwirtschaft aus—= gewertet worden sind. Durch das Geher e fe dieser Gerüchte ist in der Bevölkerung große Unruhe und die Befürchtung er⸗ wect worden, daß unser Vorrat an Lebensmitteln, speziell an Brotgetreide, für die nn, unserer - Bevölkerung nicht aus⸗ reichen und daß infolge dieser Verschiebungen auch die Preise in die Höhe geschraubt worden seien. Diese Beunruhigung ist um so gefährlicher als jetzt sowieso schon in der . eine Wie Nervosität vorhanden ist. (Sehr wahr!) Aus dieser Situation heraus haben wir unsere Interpellation eingebracht. Dir. fragen also: Was ist wahr an diesen Gerüchten, und welche Maßnahmen gedenkt die Regierung ge en die Vexschiebung von Getreide nach dem Auslande zu . insbesondere bezüglich der Kontrolle des Eisenbahn⸗ und Schiff sverkehrs, der Absender und Empfänger. solcher Sendungen, des damit verbundenen Ketten⸗ handels, des wilden Aufkaufs von Getreide und Kartoffeln. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß für derartige Schieber und Ver⸗ brecher an dem Volke die schwerste Zuchthausstrafe noch zu mild ist. (Beifall und Zustimmung.) Erst wenn die Regierung rest⸗ lose Aufklärung über diese Fragen gibt, wird es möglich sein, die Nervosität, die jetzt in der Bevölkerung herrscht, zu beseitigen. (Sehr richtig) Die Regiexung ist diese Aufklärung aber auch der Landwirtschaft gegenüber schuldig. Erst, wenn der Bauer weiß, daß das, was er produziert, auch restlos der Ernährung des eigenen Volkes zugute kommt, wird bei ihm die alte Arbeitslust n) Arbeitsfreudigkeit wieder einziehen, wird es möglich sein, das
Mißtrauen, das jetzt in so krasser Form zwischen Erzeügern und
Kon umenten herrscht, zu mildern im Interesse der Erhaltun des Friedens im Innern des eigenen Landes. (Lebhafter . ; Zur Begründung der Interpellation Müller⸗ Franken und Gen. (Soz) erhält das Wort
Abg. Krätzig (Soz): Der Reichskanzler hat vor einiger Zeit in einer Versammlung in Karlsruhe gesagt, daß eine neue Welle des Wuchers über unser Volk hereinzubrechen drohe und daß diesem Wucher aufs schärfste begegnet werden müsse. Wir werden ihn bei einem solchen Kampfe auf das tatkräftigste unterstützen; handelt es sich doch nicht bloß um eine Welle des Wuchers, sondern um eine Hochflut des Wuchers, die über uns hereingebrochen ist. Das deutsche Volk befindet sich gewissermaßen auf einem Hügel, der von allen Seiten von der Sturmflut des Wuchers umspült wird, und in jeder neuen Welle, die höher ist als die vorhergehende, versinken Tausende von Familien. Bei diesen Verhältnissen ist es erklärlich, daß die Erregung im Volke immer größer wird und zu befürchten ist, daß diese Exregung schließlich in Empörung üher⸗ geht. Es ist bezeichnend, daß die Rufe nach Regierungshilfe jetzt auc von denen ausgestoßen werden, die seinerzeit mitgeholfen Zaben, die Dämme gegen die Preistreiberei einzureißen. Mit den Teutschnationalen haben auch die übrigen bürgerlichen Parteien Jewetteifert, die Bestimmungen zum Schutze der Konsumenten zu beseitigen und das Umlageverfahren zu vereiteln. Wir verlangen von der Regierung, daß sie mit einer Vorlage zum Schutze des Reallohnes sommt, die aber die Koalitionsfreiheit nicht beschränken darf. Angesichts der herrschenden Kartoffelnot und des Kartoffel⸗ wuchers unterschreibe ich die Worte des Abg. Gronowski, der in seiner Rede am 19. Oktober im Abgeordnetenhause darauf hinge—⸗ wiesen hat, daß die gegenwärtige Ruhe im Lande nur die Ruhe vor deni Sturm ist. Die Regierung muß sich dessen bewußt sein, daß sie hier sofort tatkräftig eingreifen muß, um böfe Folgen zu tz rhindern. An der Kartoffelnot haben zweifellbs die hdöhen Cr⸗ zköügerpreise schuld. Der eine schiebt die Schuld an diesen Zuständen dem anderen zu. Nicht die zu große Nachfrage ist die Ursache des Kgrioffekmangels, sondern das ungenügende Angebot. Die Kar⸗ toffeln, werden absichtlich zurückgehalten, um die Preise in die Höhe zu treiben. An Stelle der Zwangswirtschaft der Reichskartoffel⸗ telle haben wir jetzt die Zwangswirtschaft des Reichslandbundes, der gergdezu ein Monopol besitzt. Auf die Behauptungen, daß große Mengen von Kartoffeln und Zucker nach dem Auslande ver— schoben worden sind — ob mit oder ohne Genehmigung der Regie⸗ rung, bleibe dahingestellt — wird die Regierung eine klipp und klare Antwort geben müssen. Wenn Kartoffeln und Zucker nach dem Auslande ausgeführt worden sein solltn, um die Valuta zu stärken, so würde das bei den breiten Massen natürlich böses Blut machen. Aufgabe der Regierung ist es, die Schwierigkeiten des sesellschaftlichen Zusammenlebens zu beseitigen. Tut sie das nicht, dann muß Bevölkerung zur Selbsthilfe greifen. Ih richte die dringende Mahnung an den Reichsernährungs⸗ minister, es nicht bel leeren Versprechungen Fewenden zu lassen. Der Redner kommt dann auf die schwierige Kartoffelversorgung in Bayern zu sprechen und stellt fest, daß es angesichts des Umstandes, daß es Aufkäufer der Genossenschaft des Dr. Heim gewesen sind, die die hohen Kartoffelpreise in Bayern verursacht haben, geradezu den Gipfelpunkt politischer Unmoral bedeute, wenn man in Bayern die Kartoffelnot auf jüdische Aufkäufer habe zurückführen wollen. Es ist Pflicht der Regierung, den Hundertausenden von Familien, die von der Hand in den Mund leben, den Kartoffelbezug zu er⸗ schwinglichen Preisen zu sichern. Wie das geschehen soll, darüber wird sich der volkswirtschaftliche Ausschuß in allerkürzester Zeit klarzuwerden haben. Aus den angeführten Gründen stimmen wir gegen die Aufhebung der Lebensmittelbewirtschaftung. Die Regierung möge zeigen, daß sie sich ihrer Aufgabe den Schwierig⸗ keiten gegenüber bewußt ist. Auch die Getreideversorgung ißt unhaltbar. Wenn der Preis des Umlagegetreides das ausmacht, was der Landwirt erhakten muß, warum dann noch die kolossale Pxeissteigerung darüber hinaus? Die Regierung muß die Land⸗ wirte zwingen, das Umlagegetreide bis zum 31. Dezember voll⸗ kommen abzuliefern. Wir stimmen dem Antrag zu, die Umlage⸗ menge auf 314 Millionen Tonnen zu erhöhen. Die Beamten er⸗ halten jetzt den 14fachen Friedenslohn, wir haben aber vierzigfache Preise. Das ist schon zum Verhungern, wo aber bleiben die Invalidenrentner und die Kriegsbeschädigten? Solche Verhältnisse eißen, die Volkskraft zu vernichten. In der Arbeiterschaft ist eine ungeheure Not vorhanden, aber nicht in der Landwirtschaft. Der „Berliner Lokal⸗Anzeiger“ schrieb vor längerer Zeit, daß die Land⸗ wirtschaft sich jeden Luxus erlauben könne. Wir verlangen, daß die arbeitenden Massen von der Landwirtschaft ihre Lebensbedürf⸗— nisse zu erträglichen Preisen erhalten. Das einzige Aktivum, das wir aus dem Zusammenbruch gerettet haben, unsere Arbeitskraft, wird durch den Wucher ruiniert. Wir verlangen gesetzliche Maß⸗ nahmen zum Abbau der Wucherpreise. Unsere Läger sind durch Angstkäuse geleert, die ärmere Bevöllerung kann nichts mehr kausen, da die Preise dadurch unerschwinglich geworden sind. In den letzten zwei Monaten sind die Preise der Textilwaren um 1560 v5 gestiegen. Wir verkaufen um 40 bis 50 vH billiger an das Ausland, als die Waren im Ausland zu bekommen sind. Eine der Hauptursachen der Preistreiberei ist aber auch die Preispolitik der Kartelle, die an Stelle der Kriegsgesellschaften eine andere Zwangswirtschaft eingeführt haben. Die Kartelle zwingen die Be⸗ triebe zum Anschluß an sich, denn sie bedrohen ihre Abnehmer mit Konventionalstrafen, wenn sie anderswoher beziehen. Die Be⸗ triebskalkulation wird beiseite geschoben und die Verbandskalku⸗
die
lation an die Stelle gesetzt, die so hemessen ist, daß auch der rück⸗ st noige Betrieb noch ein gutes Geschäft macht und die rationeller
91 den Betriebe glänzende Gewinne einheimsen. So steht es z der Kalfulation der Garnspinnereien, die die Preise der 1 ufgeheuer gesteigert hat. Die Gerichte versagen total gegen der dem Preiswucher. Es geht dicht an, daß angesichts des Warenmangels im Innern Waren in so großem Umfange nach dem Ausland gehen. So sollen Militärstiefel nach dem . verlauft werden. Eine Firmg hat an einem Posten solcher Schuhe
feiert.
vom Deutschen Gewerkschaftsbund bestimmt werden.
—
einen Vermittlergewinn von nicht weniger als 210000900 M ver⸗ dient. Die Außenhandelsstellen müssen aus Erzeugern und Ver⸗ brauchern zusammengesetzt werden, bei der Ain r eln nn muß vor allem auf die Bedürfnisse der i, e,. Rücksicht genommen werden. Niemals hat die kapitalistische Wirtschaft auf Kosten unseres aus tausend Wunden blutenden Volkes solche Orgien ge⸗ Wir sind bereit, die Regierung im Kampfe ee den Wucher tatkräftig zu unterstützen, wir erwarten, daß die Regierung unverzüglich wirksame Maßnahmen ergreift. (Beifall bei den Soz la ldemokraten Mit der Beratung werden noch folgende Anträge ver⸗ bunden: Die Unabhängigen beantragen die Erhöhung der täglichen Mehlration auf 2560 Gramm, sowie ferner die Erhöhung der Getreideumlage auf 3“ Millionen Tonnen. Die Mehrheitssozialdemokraten beantragen zum Gesetz über
den Getreideverkehr die Aenderung, daß im Direktorium der
Geschäftsabteilung die beiden Arbeitervertreter vom Allge⸗ meinen Deutschen Gewerkschaftsbund und je ein Arbeit⸗ nehmervertreter vom Allgemeinen Freien Angestelltenbund, vom Deutschen Beamtenbund, vom Gewerkschaftsring und
Die Abgs. Emminger (Bayer. Vp.) und
v. Gusrard (Zentr) und Genossen beantragen, Genehmigungspflicht für den Aufkauf von Getreide Kartoffeln beim Erzeuger festzusetzen.
Abg. Frau Wurm (U. Soz.) begründet die Anträge ihrer Partei. Nicht die Bauern haben sich über eine unwürdige Be⸗ handlung zu beklagen gehabt, sondern die armen Frauen, die auf das Land gehen und um ein paar Kartoffeln und sonstige Lebens⸗ mittel betteln mußten. . Antrag, die tägliche Mehlration vom 1. November ab auf 260 Gramm zu erhöhen, ist bescheiden Lnug. Angesichts der guten Weltgetreideernte bestehen keine Schwierigkeiten hinsichtlich seiner Erfüllung. Seit Herr Hermes
und
die deutsche Ernährungspolitik leitet, ist der Dornenweg des dent⸗
schen Volkes noch dornenvoller geworden. Bei den Kartoffeln haben wir dasselbe erlebt wie bei allen anderen Lebensmitteln, man scheut sich, gegen die Landwirte energisch vorzugehen. Wir fragen den Herrn Reichskanzler Dr. Wirth und den Herrn Minister für Unterernährung, was sie getan haben, um ihr Versprechen, dem Wucher zu Leibe zugehen, zu erfüllen? Herr Dominicus hat wenigstens einen Erlaß gegen die Preistreiberei herausgehen lassen, wirklich geschehen ist aber auch nichts. Ob das bayerische Ministexium mehr tun wird, muß abgewartet werden. Vielleicht hilft der Hinweis des Herrn Oberpräsidenten Hörsing auf die Putschgefahr mehr als die Regierungserlasse. Der Karto felwucher übersteigt bei weitem alles, was wir bisher an Preistreibereien ewöhnt gewesen sind. Wir verlangen daher , . des Um⸗ ageverfahrens auch auf Kartoffeln, über dessen Einzelheiten im Ausschuß . werden kann. Größte Eile tut aber not. Gegen⸗ über der Erklärung der Regierung, daß Ausfuhrgenehmigungen für Kartoffeln nach dem Auslande nicht erteilt worden seien, aus⸗ genommen für die nach dem Friedensvertrag zu liefernden Saat⸗ kartoffeln an Frankreich und Belgien, weise ich auf eine Meldung Chemnitzer Blätter hin, wonach in Halle vom Betriebsrat der Eisenbahner eine nach Herbesthal bestimmte Kartoffelsendung, zirka 100 000 Zentner aufgehalten worden ist. (Hört, hört! links.) Es liegen zahlreiche Eingaben von gewerkschaftlichen Organisatignen, auch solch der Partei des , ,, ters vor, die Maß. nahmen gegen den Kartoffellpucher fordern. Der Zuckermangel ist darauf zurückzuführen, daß die Schokoladenfabriken große Mengen aufkaufen und Zucker nach dem Auslande geht. Ebenso steht es mit dem Kakao. Das Unerhörteste an Preistreibereien aber erleben wir bei der Milch. Was nützen alle Tinderwohlfahrtseinrichtungen, wenn das hauptsüchlichste Kinderernährungsmittel fehlt. An⸗ gesichts der Verhältnisse muß man sich über die Ruhe der Regie⸗ rung wundern, die aber sehr schnell dabei sein wird, Maschinen⸗ gewehre auffahren zu lassen, wenn es infolge der herzschenden wirtschaftlichen Rot ziwa zu Unruhe kömnien sollte. In den Geschäften gibt es schon fast keine Waren mehr zu kaufen. Dabei werden ,, , , zurückgehalten oder die Preise für schon früher eingekaufte Waren grundlos erhöht. Auf dem Häute und Ledermarkt herrscht derselbe Wucher wie auf dem Textilmarkt. Und trotzdem hat die Regierung erst vor kurzem erklären lassen, daß sie die Absicht, ein Häute nionopol einzuführen, endgülti hat fallen lassen. Kann die Regierung sich nicht entschießen, gin anderes System einzuführen, dann muß sie sich auf schärfsten Kampfe ge⸗ faßt machen. Sie zur Rechten) tun bewußt nichts, um die wirt⸗ schaftliche Lage zu mildern, in der Absicht, die deutsche Republik zu diskreditieren. Will die Regierung nicht endlich eingreifen, dann trifft Sie die Verantwortung für alles, was eine verhungernde Bevölkexung in der Verzweiflung etzwa unternimmt. Wenn es dann zum Entscheidungskampf zwischen Bürgertum und Pxole⸗ tariat kommt, möge daun der Reichskanzler Tr. Wirth sein Wort wahrmachen und sich auf die Seite der Arbeiter stellen. (Beifall links.) .
Hierauf nimmt der Reichsminister der Finanzen Dr. Herimes das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Ein⸗ gangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaut wiedergegeben werden wird.
Abg. Schlack (Zentr) schildert zunächst die katastrophale Wirkung der Entwertung der deutschen Mark auf dem Inlands⸗ markt. Eine Aenderung dieser Verhältnisse wird erst möglich sein, wenn es gelingt, das ÜUltimatum abzuändern. Dem Wucher muß mit den schärfsten Mitteln zu Leibe gegangen werden. Die Wucher⸗ gesetzgebung muß mit aller Schärfe angewendet werden. (Sehr wahr! im Zentrum.) Notwendig ist auch, daß die Regierung eine scharfe Kontrolle über die Preiskonvpentionen und Kartelle ausübt, denn an Stelle der staatlichen Zwangswirtschaft haben wir jetzt vielfach eine durch diese Kartelle und Pxeiskonventionen ge⸗ schaffene Zwangswirtschaft. In der Teigmehlfabrikation, in der Mühlenfabrikation und in anderen Betriebszweigen haben sich Kartelle gebildet, die die Preise willkürlich festsetzen. Deshalb tut der Erlaß eines Kartellgesetzes dringend not, das die Regierung und die Verbraucher an der Festsetzung der Preise durch die Kartelle beteiligt. Die Hoffnung, daß mit Aufhebung der Zwangs⸗ wirtschaft der Kartoffeln eine Preissenkung eintreten würde, ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Die Preise, die jetzt gefordert werden, übersteigen zum Teil jedes vernünftige Maß. Ein Mittel zur Abhilfe sehe ich in der Feststellung von Richtpreisen für die einzelnen Kartoffelbezirke. Werden diese Richtpreise überschritten, so muß die Staatsanwaltschaft fest zupacken. (Beifall Weiter müßte, um dem Unwesen der wilden Aufkäufe ein Ende zu
machen, eine Konzessionierung des Handels mit Kartoffeln ein⸗
geführt werden. Anderseits müßten aber die Konsumenten auch so vernünftig sein, mit ihren Angstkäufen aufzuhören. Unsere ganze Ernährung und Entwicklung schreitet einer Katastrophe ent⸗ gegen, wenn es nicht gelingt, zum mindesten eine Stundung der Reparationsforderungen durchzusetzen. Sollten die jetzigen hohen Mehlpreise weiter andauern, so müßte der Frage einer Erhöhung der Mehl⸗ bzw. Brotration nähergetreten werden. Die vo
Minister angekündigte Verordnung müßte auch auf den Ankauf von Getreide ausgedehnt werden. Die Lage im besetzten Gebiet ist geradezu katastrophal, wir dürfen die Brüder des besetzten Gebietes nicht leiden lassen. Die Industrie im Westen sollte ihre Kartoffeln nicht in Ostpreußen, sondern in Holland einkaufen. Die zur Erzielung von Wucherpreisen zurückgehaltenen Kartoffel⸗ vorräte ien beshlagnahmt werden. Die landwirtschaftlichen Genossenschaften haben versagt, aus Egoismus versorgen sie lieber die Aufkäufer als die Verbrauchergenossenschaften. Wenn die land irtschaftli en Genossensaften ihre Pflicht Kimt erfüllen, muß das Reich eine Z an sorganis'tion zur Versoraung der Verbragu n ergenossenschasten schassen. Dann muß auch ein erkrig⸗ licher Preis festgesetzt werden. Ferner muß alles gegen die En]. wertung der Mark getan werden. An Stelle des Profits muß die christliche Nächstenliebe ein Gebot für das ganze Volk sein. Einmütig muß das Volk zusammenstehen in dem Protest gegen
eine
war sie lam gennyg. Lafür, daß es der Stimmung breiter Kreise unseres Volles damalt
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die gen . Kulturvolles wie des deutschen durch die Entente. (Beifall im Zentrum.) — Darauf wird die weitere Beratung vertagt. Vizepräsident Rieß er verliest folgendes, von dem Zentral- betriebsrat der Deutschen Werke in Spandau eingegangenes Telegramm: Mit Befremden haben der Zentralbetriebsrat und die , , ,. Betriebsräte der Deutschen Werke in Spandau eingegangenes Telegamm n hal t . und dig Vorsitzenden der Betriebsräte der Deutschen Werke von den Ausführungen des Abg. Malzahn in der gestrigen Sitzung) Kenntnis genommen. Der Zentralhetriebsrat und die Vorsitze nden der Betriebsräte 6. einschließlich der Kom⸗ muniften Heiterkeit rechts; fest, daß die Alus führungen des Abg. Malzahn über die Umstellung der Deutschen Werke in keiner Weise den Tatsachen entsprechen. In dem Werke werden weder Kriegswaffen noch Kriegsmunition angefertigt. Der Zentralbetriebsrat und die Vorsitzenden der Betriebsräte . , . gegen die entstellende und die Arbeiter ädigende Darstellung. 9 ö . nomm erklärt, daß der Abg. Malzahn nicht diese Behauptung aufgestellt habe, sondern angeführt habe, was die Interalliterte Militärkommission angenommen habe. Er habe auch nicht von Spandau, sondern von anderen Abteilungen der Deutschen Werke gesprochen, aus denen. Mitteilungen von Arbeitern gekommen seien. Der Betriebsrat in Spandau scheine
das Spfer falscher Berichterstattung geworden zu sein.
Schluß 8iz Uhr.
Nächste Sitzung: Donnerstag, den 17. November, 1 Uhr. (Interpellation der Deutschnationalen wegen Ratifizierung der . Protokolle ohne Anhörung des Reichstags; Interpellation der Deutschnationalen wegen Erlaß eines Ge⸗ setzes zur Bekämpfung von Schund und Schmutz in der Literatitr und wegen Schutzes der Jugend; Interpellation der Deutschnationaken wegen Besserung der wirtschaftlichen Tage Ostpreußens durch Frachtenausgleich; kleinere Vorlagen; Interpellation der Kommunisten wegen Verbots des Landens
russischer Schiffe in Stettin.)
ö 9
Preunßischer Landtag.
65. Sitzung vom 11. November 1921, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger?) BVeizepräsident Dr. Garnich eröffnet die Sitzung gegen 11 Uhr.
Das Haus letz die Besprechung Ministerpräsidenten Braun fort. . Von der Fraktion der Deutschnationalen Volkspartei — folgender Antrag eingegangen:
„Der Landtag wolle beschließen: Der Landtag versagt dem Staatsministerium, das in seiner Zusammensetzung den natio— nalen Interessen des Landes nicht entspricht und den staatlichen und wirtschaftichen Wiederaufbau Preußens gefährdet, das zu seiner Amtsführung erforderliche Vertrauen.“
Abg. Winckler (D. Nat.): Bei der Besprechung der Er⸗ klärung des neuen Kabinetts ist es ein Gebot der Stunde, des jetzt zurückgetretenen Ministeriums zu gedenken. Als wir im April Herrn Stegerwald hei der Wahl zum Ministerpräsidenten auch unsere Stimmen gaben, wußten wir, daß er in seiner Person gegen den bis dahin vorhandenen Zustand einen Fortschritt dar⸗ 661 würde. Wir begrüßten die Möglichkeit, an Stelle eines Sozialdemokraten einen bürgerlichen Ministerpräsidenten zu haben. In der Zeit der Amtsführung des Ministeriums Stegerwald sind manche unserer Erwartungen, nicht erfüllt worden. Wir hatten insbesondere gehofft, däß die senigen Personen, die ohne die er— forderliche 6 nur aus pärteipolitischen Gründen an ver; antwortungs volle Posten gebrächt waren, aus diesen entfernt werden würden, soweit sie sich nicht als befähigt erwiesen haben sollten. Diese Erwartung ist nicht in Erfüllung gegangen. Wir haben aber Herrn 6 in der Zeit seiner Ministerpräsident⸗ schaft als ehrlichen Mann und guten Deutschen kennengelernt, und wir haben uns versichert halten können, daß wir in natio⸗
der Erklärung des
nalen Dingen und in Fragen der christlichen gemeinsamen Ueber⸗
Fugung mit ihm übereinstimmten. (Lebhafte Zustimmung rechts) Weiter haben wir ihm gegenüber anerkannt und müssen auch heute noch anerkennen, daß er und sein Ministerium bemüht gewesen sind, in die preußische Verwaltung den Geist der Sachlichkeit wieder einzuführen, an den wir aus früherer Zeit in Preußen gewohnt waren. (Zuruf links: Ex war auch danach!! In diesem Zusammenhange möchte ich nicht versäumen, auch diejenigen beiden Minister zu nennen, die ohne politische Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei in das Ministerium aufgenommen waren, den Finanzminister Sämisch und den Landwirtschaftsminister Warmbold. Wir haben Herrn Sämisch das Zeugin zu geben, daß er bemüht gewesen ist, nach rein sachlichen Gesichtspunkten dieses für die Fortentwicklung unseres Staates so unendlich wichtige Ressort zu verwalten, und was Herrn Warmbold betri'ft, so sage ich wohl nicht zupiel, wenn ich behaupte, daß seine Er⸗ nennung in den Kreisen der Landwirte als eine Erlösung emp- funden wurde (sehr wahr! rechts), daß an der Spitze däser Ver⸗ waltung wieder ein Mann stand, der ein vollendeter Kenner des landwirtschaftlichen Berufsstandes und seiner Bedürfnisse war und lediglich von 3. Gesichtspunkten aus sein Amt verwaltete. Ich möchte aber auch nicht versäumen, den beiden demokratischen, jetz abgetretenen Ministern einige Worte zu sagen. Herr Fischbeck ist lange Zeit in den verschiedenen Kabinetten Handelsminister ge⸗ wesen, und , . seine politische Paxteistellung nicht ver⸗ leugnet hat, so hat män doch die Empfindung gehabt, daß er als Minister bemüht gewesen ist, sachlich seine Verwaltung zu führen, Zustimmung rechts Ich möchte auch Herrn Dominicus (Ruf bei den Kommunisten: Ah!) auf die Gefahr hin, ihm damit zu schaden, ein Wort widmen. Ich sagte schon, dag unsere Ex= wartung getäuscht worden ist, daß selbst zu Unre ht in wichtige Stellen im Staatsdienst gelommene Herren in ihren Aemtern verblieben sind und jetzt von Herrn Severing wieder vorgefunden werden, der sie in diese Aemter hineingebracht hat. Aber ich kann doch nicht umhin, zu konsta⸗ tieren, daß wir von seiner Amtsführung die Ueberzengung ge— habt haben, daß er bemüht . ist, zuerst Staatsmann und dann erst Parteimann zu sein. Unruhe links. Ich muß nun noch, da es bisher an Gelegenheit dazu gefehlt hat, auf, die Sitzung vom 21. Ohtober eingehen, in der der damalige Minister= a Stegerwald namens des Staatsministeriums in einer ormulierten Erklärung Stellung genommen hat zu dem Unglück, das damals über n, Vaterland U, durch die Ent— scheidung unserer Feinde über Oberschlesien. Damals wurde es durch die äußerste Linke unmöglich gemacht, die Verhandlung fortzuführen, so daß es auch uns unnföglich war, Stellung zu nehmen. Im Gegensatz zu den Stimmen, die damals laut wurden, namentlich von dem Vertreter der So ialdemokrgtie, Herrn Braun, er meinte, es dürfe dem Reiche nicht vorgegriffen ,, waren un ö
es Tages war, unsere preußische Regierung, wo es sich um preußisches Land Jandelte, das losgerissen . Stellung nehmen mußte. (Cebhafter Beifall rechts) Die Erfahrungen der nächsten Tage konnten uns in dieser Auffassung nur bestärken, denn ein Tag nach dem andern verging, ohne daß im Reiche dur die Regierung Stellung genommen wurde, und als daz geschah, Vir danken dem abgetretenen Min ssterium
Ausdruck zu geben versuchi hat. Das Verhalten der äußersten
Mit Ausnahme der durch Sperrdruck herborgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlautz wiedergegeben sind
„Mit Befremden haben der Zentral— 3
ir durchaus der ö daß es ein Gebot
P * * .
zinken an jenem Tage veranlaßt mich, an das Wort aus 1er
strigen ig, dipl dualismnmus
ach, der bei uns
utschen, auch it selbst, auch an den Parteien und an den Parlamenten. iel. an, daß er damit die e n me enn . Selbstzucht emeint hat, Sehr wahr! rechts)
e nschen gilt, gilt auch für jede Gemeinschaft und auch für das arlament. Wir würden es dankbar begrüßen, wenn die Jetzige söalition nach der Richtung etwas tun möchte, daß die Würde
unseres Hauses für die Zukunft, besser bewahrt wird, als das
ute möglich 4. Zustimmung rechts) In den letzten Tagen . durch d resse , e, mn des 2 — Rinisterpräsidenten. Steggrwalds,. verbreitet worden. Manche nron würden nicht zum Widerspruch reizen, eine aber möchte ich hervorheben, der man durchaus wird zustimmen können, nämlich,
it Parlamentsmehrheiten allein läßt. Wir stehen ja jetzt vor einer Mehrheit, die gestern z eine Zweidrittelmehrheit bezeichnet worden ist. Ich meine, uz man diesem Wort durchaus in dem Sinne beipflichten kann, un es die Zahl der Parteien und Abgeordneten, die sich zu⸗ samengefunden haben, nicht macht; Politik kann nur auf die aner mit Sicherheit getrieben werden, wenn man die nötige
nahen
Fihlung mit der Stimmung im Lande hat, und da möchte ich
ĩ a, . ö ö lerdings fragen, welches Schauspiel unser Parlamen⸗ mim in der letzten Zeit dem Lande geboten hat. Die Kritik, die draußen im Lande am Parlamentarismus und an et gteichs politil geübt worden ist, war sehr ungünstig. (Wider⸗ sruch links) Ich glaube, daß die Erfahrungen der letzten Monate hionders dazu angetan waren, eine recht scharfe Kritik im Lande puszulösen. Die alles be errschende rh der letzten Monate par die: Was wird aus Oberschlesien? s war das Gebot der
unde für die Reichsregierung, eine Einheitsfront zu schaffen endeiner Weise zu
id alles zu vermeiden, was das Bolt in ir rflüften geeignet war. Was aber ist geschehen? Weniger als ichs. Wäre nichts geschehen, wäre es immer besser gewesen, als ä, was, getan worden ist. Was ist nun geschehen? ze Möglichkeit einer Einheitsfront zu vernichten. ehts) Das Wichtigste für die ö in jener Zeit war r Kampf gegen rechts, in dem jedes Mittel ausgenutzt wurde. Fustimmung auf der Rechten) Nichts aber ist unsersr Partei B gut belommen wie . . Kampf. h cis) Als die Enischeidung über Oberschlesien fiel, hat man
utbillig noch den Kampf mit Bayern vom . gebrochen.
Wderspruch links) In politischen Dingen sind die schwersten inden aber die wN . Lande draußen steht ns Urteil fest, daß die Politik der Reichsregierung schuld daran k. daß. Deutschland, daß Preußen Oberschlesien . Lehr richtig! rechts. Unruhe auf der Linken.
Man hat dem Auslande mit dem
it, wie das läßt. E er haben die Beamten das Recht, außerhalb ihres Amtes ihre „nung frei zu äußern, oder nicht. Dieser Passus der Rede be⸗ tet einen Bruch der VBerfassung. Ich bitte die Regierung, jeden mrisel in dieser Beziehung aufzuklären. (Zustimmung rechts.) scheint nach der Regierungserklärung, als ob bei der Auswahl Beamten zunächst die en n, , ,. geprüft werden l und dann erst die fachliche Eignung. Auch hier verlangen wir, die Regierung klipp und klar sagt, wie dieser Passus gemeint Daß die Regierungserklärung gegen jede Absplitterung von ßen Stellung nimnit, begrüßen wir. Wenn es in der Re⸗ nungserklärung. zum Schluß heißt, daß eine Einheitsfront aller n notwendig ist, die in dem Chaos ö Zeit sich den Glauben en Viederaufftieg unseres Volkes bewahrt hahen, so erklären wir, ö zuch wir diesen Glauben nicht verloren haben. (Zustimmung 61 Aber diese Einheitsfront ist nicht möglich auf dem Boden en ntianaler Denkungzart und nicht auf dem Boden des Parla⸗ särienus der zum Internationalismus hinneigt. Zu denen, en Glauben an die Zukunft unseres Volkes vor allem hoch m gerört in erster Linie die Jugend, die Zukunft uitseres Lie im nationalen Lager steht. ; n den vier Koalitionsparteien ist folzender Antrag n, Der Landtag billigt die Erklärung der Regierung
licht ihr das Vertrauen aus. ö
KRübräsident Gaknich teilt mit, daß nach der Verfassung 6a mung über das deutschnationgle Mißtrauensvotum erst 9 . nach seiner Besprechung stattfinden kann, und daß des⸗ i nur die Abstimmung über den Bertrguensantrag der ln arteien, die namentlich sein muß, stattfinden kann. n. Teser (Dem): Wir sind der Ueberzeugung, daß wir ö. davon durchdringen lassen müssen, daß ein Zusammen⸗ er rifte wie es geschehen ist, notwendig ist. Die Rede n Abg. Dr. v. Krause hat uns Richtlinien gezeigt, denen nen von denen wir aber auch voraussetzen, daß es die er Partei sind. Durch die Bildung dieser Regierung e von nationaler Bedeutung geschaffen worden. Der , ä iernngsbildung hat allerding seine Gefahren und Be— saanmé smn, Min ssterpräsidenten muß eine gewisse Freiheit, eine ienstellung seines Kabinetts gegeben werden. darf nicht.
Rede des . Dr. v. Krause anzuknüpfen, der von, * vidu pr bei en Parteien, herrsche, und von der ß der Arbeit an gefügtes, auggezeichnetes Programm v ĩ
f en 39 Prog orgelegt
3 von dem einzelnen
sich noch keine Politik
Alles, um (Sehr richtig!
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( Sachwerten zu sichern sucht, sollte man doch bemüht anlagesuchenden Gelder auf einen großzügigen ,, u hin⸗ zulenken. Die besten Sachwarte sind Beis
inner⸗ und außenpolitische Situation?
Versailles mit Füßen getreten worden ist.
udern Auftrage handeln als in dem unserer Wähler. Wir si
au H keineswegs von der Eoglalber go stabss 1 e e n drangt worden, sondern er ersolgte aus reiner politischer Logik. Ministerpräsident Stegerwald hatte uns ein een nl tes, fest⸗ Damals haben Stellung genommen, daß solle eine Politit treiben,
wir zu inett Stegerwald dahin i , * ee , Stege rwald
lo ißt als ob damals die große Koalition zustande gekommen wäre. kr haben uns n erb ef k verb dle r,, zurückzurufen, wenn der Verlauf uns die Veranlassung dazu gibt. Nun war der Zeitpunkt gekommen, zu prüfen, was von dem Pro⸗ e, er, n, worden ist. Da mf wir sagen, daß die großen
ufgaben. liegen bleiben mußten, weil eine der allergrößten Par⸗ teien dem Kabinett Stegerwa von Anfang an schärfste Spposition i g hatte. it doch unerhört, daß Ende des Jahres es noch nicht einmal möglich gewesen ist, auf verfassungsmäßigem Wege den Haushalt zustandezubringen. Der alte Haushalt 9. noch nicht derabschiedet, und der neue muß erledigt werden. Durch die r fe gen des Hauses war die Regierung zur Inaktivität verurteilt. Eine Veränderung der Zusammensetzung des Kabinetts Stege rwalds erwies sich nicht aĩs möglich. So blieb uns kein anderes politisches Mittel, um eine tragfähige von einer aus⸗ reichenden Mehrheit unterstützte Regierung zu bilden, als die Zürückziehung unserer Vertreter aus dem n Steger⸗ wald. Wir waren uns klar, daß bei einer Reubildung des Ministeriums wir als eine kleine Partei die Leidtragenden sein würden, daß wir ein Opfer bringen müßten, in dem wir uns mit einem Sitz in dem neuen Ministerium begnügten. Wir haben das aus politischer Einsicht getan, um eine Regierung zuftande zu bringen, die wirklich regieren kann. Wir haben das getan, obgleich wir mit der Tätigleit unserer beiden Minister durchaus zufrieden waten. (Beifall bei den Demokraten) Wir hoffen, daß die Arbeit des neuen Ministeriums fruchtbar sein möge. Es entspricht durch⸗ aus der Lage, in der wir uns befinden, wenn heute keine großen lockenden Versprechungen gemacht werden. Wir . nicht mehr in der Lage, eine Polit der Freiheit zu führen. Die Ausführungen des Herrn Ministerprãäsiden en sind eindeutig und klar. Es ist ge⸗ fährlich und lebensvernichtend für einen Staat, wenn der gesetz= gebende Teil in Widerspruch zu dem ausführenden Teil kommt, wenn angesichts der Souveränität des Volkes die Gesetzgebung eine bestimmte Richtung einschlägt, die Verwaltung aber nicht mitgeht. Wir appellieren an die Beamtenschaft, daß sie der Aufgaben ein⸗ gedenk sei, die ihr zufallen, und freiwillig das auf sich zu nehmen,
was in jedem Staat Pflicht der Beamtenschaft ist, nämlich nicht
gen den Staat zu arbeiten, und auch nicht in einer hämischen Art und Weise gegen die Repräsentanten des neuen Staates öffent⸗ lich aufzutreten. Sehr richtig.) Es ist eine Pflicht des Anstandes und des Taktes, daß man von den Beamten verlangen muß, daß n dem Staate unbeschadet ihrer politischen Auffassung dienen.
ir werden die Wirksamkeit des neuen Herrn Kultusministers danach beurteilen, wie es ihm gelingt, die Interessen unseres Volks⸗ staates in der Schule zu vertreten. Der Herr Abg. Winckler wird doch nicht in Abrede stellen, daß Minister Dr. Wendorff ein
achmann ist, der Jahrzehnte lang praktischer Landwirt war. In der Siedlungsfrage wird er hoffentlich mit allem Nachdruck tätig sein. Die hiermit in engem Zusammenhang bestehende Wohnungsfrage ist mit den bisher angewandten Mitteln nicht zu lösen; die Rationierung der Bezuschussung der Wohnungen schädigt die Wohnungsproduktion.
burg sind 21 900 Industxiearbeiter vorhanden, wovon nicht weniger als 18000 ö an ihrer Arbeitsstätte wohnen, sondern tagtäglich
in vollgepfropften Zügen bis zu vier Stunden zur Arbeitsstätte
ri gen haben, so daß dem Achtstundentag auch noch eine
lchtstundenfahrt zugefügt werden muß. Ohne eine großzügige Lösung der Wohnugsfrage ist eine dauernde Besiedlung Mittel⸗ dentschlands ausgeschlosen. In weit größerem Umfange müssen hier Mittel bereitgestellt werden; vielleicht muß das Beispiel des Ruhrgebiets als Vorbild dienen. In der heutigen Zeit, wo jeder einzelne sich den ihm noch verbliebenen Besitz durch .
ein, die
; ö sind Häuser; auf jede e muß er Anreiz zum Belebung des Baugeschäfts gegeben werden. — Was
unsere Stellung zum Reiche betrifft, so wünschen wir keineswegs
Konflilte mit dem Reich, sondern erkennen an, daß wir uns auf dem Wege zum Einheitsstaat befinden. Wir können aber auch nicht blind dafür sein, daß in anderen deutschen Ländern jener Beschluß der Preußischen Landesversammlung zum Teil in schroffster Form zurückgewiesen worden ist. Wir wollen in Preußen eine Politik, welche auch den Aufgaben Preußens gerecht wird. Zu unserer Zustimmung zu der großen Koalition hat uns auch die Rücksicht auf das Reich bestimmt. Wir wünschen, daß auch im Reiche eine Regierung auf breiter Basis errichtet wird, und zwar je schneller, desto bessex für das Reich und die von ihm zu leisten en unendlich viel größeren Aufgaben. Der Abg. Winkler hat in einem Vordersatz hier die einheitliche Linie vertreten, sie
aber in einem Rachsatz vollkommen zrschlagen. (Sehr richtig!
links) Er hat dem Reichskanzler Dr. Wirth die Schuld an dem Verlust Oberschlesiens zugeschoben. Das ist ein unerhört schwerer Vorwurf, den ich vorzutragen Bedenken haben würde, auch wenn er im Ausland erhoben wäre und auch wenn er richtig wäre. (Zu⸗ stimung in der Mitte und links.) * Das ist ein typisches Beispiel für die auf der rechten Seite herrschende falsche Auffassung der Einheitlichkeit und und auch für die grundfalsche Einstellung in der Politik überhaupt. Woher stammt denn unsexe furchtbare Ist sie nicht eine Folge des Krieges, der Niederlage, der Stellungnahme unserer Feinde und des Vertrages von Versailles? Auch Herr Winkler würde als Kanzler in jener schweren Zeit Entscheidungen, die außerhalb Deutschlands fielen, nicht haben meistern können. Die Folgen des von uns abgelehnten Vertrages, der Verlust ahr Landesteile, die Auslieferung von Eisenbahnmaterxial, die Ablieferung großer
Kohlenmengen und anderer Materialien, das Ultimatum von
London, das Loch im Westen und im Ssten, alles Dinge, mit
denen unsere wirischaftliche und finanzielle Kraft dahinfließt und
nach dem Willen der Feinde dahinfließen soll, sind im wesentlichen von dem Willen irgeneiner verflossenen oder gegenwärtigen Re⸗
gierung unabhängig. Ist es national, ist es politisch logisch, den Kampf unter den Parteien bis zur Gerfleischeng u treiben, jede
Regierung herunterzureißen und sie als allein schuldig zu er⸗
klären, anstatt die nationale Einheitsfront herzustellen, alle Kräfte im nationalen Willen gegen den äußeren Feind zusammenzufassen und den Friedensvertrag von Versailles mit allen Mitteln zu bekämpfen? Aber wir Deutsche, unpolitisch, wie wir sind, kämpfen den kleinen Kampf der Parteien und lassen den großen Kampf liegen! In Versailles hat man Wilson das Friedensprogramm seiner vierzehn Punkte in Fetzen gerissen und auf unsere Kosten ihm vor die Füße ,, Wäre damals der Völkerfrieden und der Völkerbund ehrlich geschlossen worden, wie anders stände heute die Welt vor uns, welche anderen wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten würde fie bieten! Auch die augenblickliche Blüte der Konjunktur bei uns beruht auf einer papierenen Basis, die immer höher anwächst, und hinter der der Ausverkauf Deutschlands als drohendes Gespenst steht. Auch im Lager der Feinde aber haben wir starke Bundesgenossen der wirtschaftlichen Vernunft, die in l Ich würde das Ge⸗ lingen der Herstellung einer nationalen Einheitsfront gegen unsere Unterdrückung mit Freuden begrüßen, dann aber muß nicht von nationalen Dingen geredet, sondern es muß gehandelt werden, dann dürfen wir uns die Schuldfrage nicht wie einen Fangball gegenseitig zuwerfen, dann müssen wir ausgehen von dem, was ist, dann müssen wir das Ausland von der Verfehltheit des Frieden vertrages überzeugen, und dann kommen wir auf die Linie, die Dr. Wirth gezogen hat, daß wir nämlich durch das Experiment beweisen, was Deutschland tragen und was es nicht e. kann. Vir überzeugen die Feinde nicht durch Worte, sondern nur durch den Beweis. Nach unferer Auffassung verdient Dr. Wirih unseren Dank, daß er als erster bürgerlicher 3
s än Latsache gestellt werden. Ich betone, daß wir in keinem. ! lanzler mit Hingabe für den demokratischen und republitanischen
Im Regierungsbezirk Merse⸗
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Gedanken eingetreten ist und weite Kreise des deutschen Bolts dafür gewonnen hat, so daß heute der Freistagt Deutschland fester gegründet . als noch vor kurz an. Beifall) Die Koalitions⸗ parteien müssen den Willen haben, diese Koalition durchzuführen. denn auf den Willen kommt alles an. Gewiß ist es eine Arbeits n . t, ein Zweckverband mit ganz konkreten Aufgaben.
ir sind bereit, mitzutun, und 4 bereit, der neuen Regierun unser Vertrauen auszusprechen. (Beifall bei den Demokraten! Abg. Leid , , Alle bisherigen Regierungen haben für die Hebung der Arbeiterklassen nichts Rennens wertes geleiftet. Das Bedauern über den Rücktritt des Kabinetts Stegerkoald können wir nicht teilen; es war eins der unfruchtbarsten Kabinette. Die , der Regierungen, für die Arbeiterklasse etwas Posttives u schaffen, zeigt uns, wie überflüssig die ag Einzelstaaterei ist. Jede Regierung ist das Spiegelbild der Machtverhaltnißse. Big⸗ weilen wird da Widerstrebendes gewaltsam zusammenge fügt, und das ist auch diesmal der Fall. In dem Regierungsprogramm sind Richtlinien gegeben, heren Inhalt sehr mager ißt. ir werden die Taten abzuwaschen haben, machen aber schon heute ein großes Fragezeichen. Die Regierung für den Verlust Oberschlesiens ver⸗ antwortlich u machen, ist ein auf Täuschung berechnetes Kunst⸗ . Die Schuld daran tragen die Ari geg; auf der Rechten. die man in einem Ministerium, dem guch Volksparteiler ange⸗ hören, gegen die Bewucherung des Volkes zu . ziehen will, ist uns ein Rätsel. Die Befürworter der freien Wirtschaft haben doch den Weg zur ungehinderten Ausraubung der breiten Massen ge⸗ ebnet. Wir verlangen eine Reihe von Maßnahmen, von deren Erfüllung wir unsre Stellung zu der neuen Regierung abhängig machen werden. Ueber die Frage der Beschlagnahme des Ber⸗ 2 der Hohenzollern la sich vielleicht der Herr Minister⸗ räsident noch näher aus. og in der Landtags sitzung vont 1. April d. J. hat das jetzige Kabinettsmitglied Siering erklärt, daß für die Sozialdemokratie nur eine Regierung erträglich sei, wenn sie mit beiden Beinen auf dem Boden der . und Demolratie stehe. Und er hat weiter hinzugefügt, daß es ihm un⸗ möglich erscheine, eine Koalition mit der Deutschen Volkspartei vor dem arbeitenden Volke zu verantworten, weil die Partei des Herrn Stinnes der Sozialisierung feindlich gegenüberstehe und selbst den bisherigen bescheidenen Anfängen elner Sozialisierun Widerstand entgegengesetzt habe. Weil das richtig ist, mutet 1 grotesk an, zu sehen, daß der Mann, der diefe Worte sprach, jetzt in das Zimmer des Handelsministers eintritt, vor dessen Tür ein Vertreter der Deutschen Volkspartei als Staatssekretär steht. Wie das Gespann sich ausnehmen wird, darauf bin ich neugierig. Daz Experiment kann gar nicht gelingen, wenn man sich der Konse= quenzen bewußt ist. Der neue Kultusminister Dr. Boelitz ist ein Träger des alten Preußentums, der von den Verdienften des Hohenzollernhauses überzeugt ist, und er ist auch ein Anhänger dez alten Militarismus. Ich würde es ihm durchaus nicht verübeln, wenn er seiner Ueberzeugung gemäß, der er wiederholt Ausdruck geben hat, das preußische Schulwesen zu beeinflussen versuchte. Das schlimmste ist, daß eine Partei eine solche En wicklung be—⸗ rigen will, die ein Gegner dieser Erziehungsmethode sein muß.
enn also in dieser Weise der alte Preußengeist züchtet wird, wenn Generationen in diesem Geiste herangezogen werden, dann kann auch der tüchtigste sozialdemokratische Innenminister nichts tun, muß er versagen und schließlich zum allgemeinen Gespött werden. Der Minister des Innern wird zum Hausknecht der Stinnesleute, die ihn zum Schutz gegen die Ärbeiterklasse alsbald aufrufen werde. Und die Mehrsozialdemokratie macht sich zum Schleppenträger des Kapitalismus. Die Arbeiterklasse, Cuch die aus dem Lager der Mehrheitssozialdemokraten, kann zu dieser kapi⸗ alistischen Regierung kein Vertrauen haben.
Abg. Meyer⸗Bülkau (D. Hann.) gibt namens seiner Partei eine Erklärung ab, in der er der Regierung den Vorwurf macht, rein zentralistisch zu sein, der föderalistische Gedanke werde eines Tages vom Staatsministerium sein Recht verlangen.
Ministerpräsident Braun: Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Ahg. Dr Meyer über meine Rede geben
mir wenig Veranlassung zur Erwiderung. Er hat jedoch gemeint,
daß das Programm — er sprach von einem Programm, obwohl ich hier keins verkündet habe —, daß das Programm, das ich nach seiner Auffassung hier in meiner Rede dargelegt hätte, von allen kapitalistischen Parteien genehmigt werden könnte. Ich habe bereits in meiner Rede gesagt: es kommt nicht so sehr auf Worte wie auf Taten an. (Zuruf bei den Konintunisten) Ich würde Sie bitten, nur einen Blick nach Ihrer Hauptzentrale Moskau zu richten. Da werden Sie sehen, daß das Programm rein sozia⸗ listisch ist, ja gewissermaßen die Inkarnation von Sozialismuß darstellt, und gleichwohl die Praxis jetzt wirtschaftlich rein kapita⸗ listisch und politisch rein überzaristisch ist. (-Sehr gut! bei den Sozialdemokraten, im Zentrum und rechts) Sie sehen also, es kommt nicht so sehr auf die Programme und Richtlinien an wie auf die Taten einer Regierung.
Wenn Herr Abg. Dr. Meyer meinte, was ich über Ober⸗
schlesien und insbesondere über die Tätigkeit der Deutschen dort
gesagt habe, sei eine Unwahrheit, so weiß ich nicht, ob Herr Meyer jemals schon in Oherschlesten war. Wenn er schon einmal da war, dann möchte ich ihn bitten, noch einmal hinzu⸗ gehen und zu versuchen, bei Mislowitz oder sonst einem Orte über die Grenze zu gehen und sich anzusehen, was drüben im polnischen Industriegebiet, das an Naturschätzen viel reicher ist als das auf deutscher Seite geschehen ist, auf welcher Höhe dort die wirt⸗ schaftliche Kultur steht Und wie es auf deutscher Seite aussieht. Dann wird er, glaube ich, auch dort erkennen können, daß das,
was diesseits der Grenze in bezug auf die Höhe unserer wirtschaft⸗
lichen Kultur geschaffen ist, deutscher Intelligenz und deutscher Arbeit zu verdanken ist. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten, im Zentrum und rechts) Wäre es polnischer Arbeit zu verdanken,
. müßte es auf der andern Seite annähernd so oder ebenso aussehen.
Er meinte weiter, er sei eigentlich recht neugierig, zu erfahren, wie die sozialistischen Minister mit den monarchistischen zusammen⸗ arbeiten würden. Es gibt gewisse Verhältnisse nicht nur im bürger⸗ lichen, sondern auch im politischen Leben, wo Männer mit ver⸗ schiedenen politischen Anschauungen zur Erreichung eines ihnen gemeinsamen Zieles zusammenarbeiten müssen und auch zusammen⸗ arbeiten können. Herr Dr. Meyer darf nur seine Parteigenossen, die als kommunistische Stadträte in einigen Magistraten mit bürger⸗ lichen Stadträten zusammenarbeiten, fragen, wie sie das machen, dann wird er seine Frage sofort beantwortet sehen. (Sehr gut! bei den Koalitionsparteien) Soviel über die Ausführungen des Herrn Dr. Meyer.
Ich wende mich nun zu den Ausführungen des Herrn Ab- geordneten Winckler. Ich möchte da vorerst meiner freudigen Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß jetzt, wenn auch etwas verspätet, von deutschnationaler Seite anerkannt wird, daß ich sach= lich und verständig seinerzeit im Landwirtschaftsministerium gewirkt habe. (Zuruf rechts) Sie können den Irrtum nachdem aufklären; ich ziehe diesen Schluß aus den Ausführungen des Herrn Abg. Winckler. (Erneuter Zuruf rechts) Wie ich es auffasse, ja. Denn er hat gesagt, daß erst mit dem Ginzzuge det Herrn Warnibold dort eime sachliche, ständige Förderung der Landwirtschaft in die VBege ge leitet worden sei. Ja, meine Herren, Herr Warmbold ist vor
langer Zeit, als ich nach im Landwirtschaftsministerium wer, wan