Zusammenstellung fũr
x ——— — — Steuerwert der im J. bis 4. Viertel des Rechnungsjahrs 1920 verkauften Tabaksteuerzeichen
und Steuerzeichenvordrucke
das Rechnungsjahr 1920.
J hingebende Arbeit Volksgesundheit, Boltssittlicheit und Bohr.
Aus dem Steuerwerte der verkauften
Zu den vollen Steuer⸗
für sãtzen 10090 Mark
Steuerzeichen berechnete Menge der tabak⸗ steuerpflichtigen Erzeugnisse
Nach Abzug der Steuerermãßigung
1000 Mark
,, J eingeschnittenen Rauchtabak. Pfeisentabak.. .
,, Schnupftabak . Zigarettenhüllen.
546 905 1890701 1 64205 150 679 10 853 4733 11 907
Stüc Kilogramm Stück
Zusammen 1 bis 7 5765 559
Anmerkung.
RGBl. S. 1667), ferner Verordnung vom 16. März 1929 über weitere machung des Reichsfinanzministers vom 6. August 1920 Reichszoll⸗Bl. S. 41
Statistisches Reichs amt. Delbrück.
Berlin, den 2. Dezember 1921.
2679 983
Wegen der Steuersätze und Steuerermäßigungen vergl. Tabaksteuergesetz vom 12. September 1919, 55 y und 86 i smen der Tabaksteuer (RGBl. S. 326) und Bekannt⸗
Preußischer Landtag. 765. Sitzung vom 29. November 1921. Nachtrag.
Die Rede, die bei Beginn der Beratung über den Haus⸗ halt des Ministeriums für Volks wohlfahrt der Minister für Volkswohlfahrt Hirtsiefer gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut: .
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei meinem Amtsantritt als preußischer Minister für Volkswohlfahrt bin ich mir keinen Augenblick im Zweifel darüber gewesen, daß es kein Leichtes ist, ein Ministerium zu übernehmen, das von einem Manne von der staatspolitischen Klugheit und allseitigen Beliebt⸗ heit, wie Stegerwald es ist, mit unendlicher Mühe aufgebaut und seit seiner Gründung bis zu meiner Ernennung geführt worden ist.
Bevor ich dazu übergehe, zu den einzelnen Fragen meines Ressorts zu sprechen und Ihnen die besonderen Aufgaben darzu⸗ legen, die in der nächsten Zeit von meinem Ministerium durch⸗ geführt werden müssen, möchte ich aus innerster Ueberzeugung folgende drei Gesichtspunkte nachdrücklichst hervorheben, die in diesem Augenblick und an dieser Stelle zu betonen mir unab⸗ weisbare Pflicht erscheint.
Erstens. In aufrichtiger Dankbarkeit gedenke ich der Ver⸗ dienste meines Herrn Amtsvorgängers. Die Schwierigkeiten, die bei dem organisatorischen Aufbau des Ministeriums für Volks⸗ wohlfahrt überwunden werden mußten, waren übergroß. Sie sind der Oeffentlichkeit nur zum Teil bekannt geworden. Sie lagen einmal auf materiellem Gebiete — ich darf da auch an die Unterbringungsfrage erinnern — zum anderen Teil waren sie formeller Art. Heute sind die Zuständigkeiten zwischen dem Reich und den Ländern einerseits, innerhalb Preußens zwischen dem jüngsten Ministerium und den übrigen Ressortsministerien anderer⸗ seits im wesentlichen fest umgrenzt. Das ist die Grundvoraus⸗ setzung für jedes Ministerium, in doppeltem Maße aber für ein Ministerium, das nach der gesamten Entwicklung der Wohlfahrts- pflege die engsten und von gegenseitigem Vertrauen getragenen Beziehungen zu den Organen der praktischen Kleinarbeit draußen im Lande zu unterhalten hat. Zweitens. Ich bin willens, die Geschäfte des Ministeriums in dem gleichen Geiste fortzuführen, in dem mein Herr Amts⸗ vorgänger sie fast drei Jahre hindurch geführt hat. (Bravo!) Das Wesen der Volkswohlfahrtspflege ist nicht etwa nur Heilung und Beseitigung der vorhandenen Leiden und Nöte, an denen unser hartgeprüftes Volk zentnerschwer zu tragen hat; Aufgabe der Wohlfahrtspflege — und diese ist zum Besten der körper⸗ lichen, geistigen und wirtschaftlichen Ertüchtigung unseres Volkes zwingendes Gebot — muß sein: zielbewußte und planmäßige Vorbeugungsarbeit. (Sehr richtig Wie die auf die großen Volksbedürfnisse der gegenwärtigen Tage eingestellte Kleinarbeit der Wohlfahrtspflege sich nicht in der Bekämpfung gelegentlich in die Erscheinung tretender Schäden erschöpfen darf, sondern durch eine wohlorganisierte Familienfürsorge den Ursachen und
Quellen der Armut, der Krankheit und Jugendverwahrlosung nachgehen muß, um die Keime der Uebel zu vernichten, so muß auch die gesetzgeberische und verwaltungsmäßige Initiative der Zentralinstanz die Herde der Volksnot zu erfassen suchen. Sehr richtig! Vorbeugen und verhüten ist hoffnungsreicher, wertvoller, ersprießlicher und letzten Endes vom Standpunkt der Staats- finanzen auch wirtschaftlicher und klüger als die Beseitigung und Heilung der ausgebrochenen und um sich wuchernden sozialen und gesundheitlichen Schäden. (Sehr richtigh
Drittens: Der staatliche Wohlfahrtsgedanke muß sich paaren mit dem Geiste sozialer Ge⸗ sinnung. Denn alle sozialen Gesetze und alle sozialen Ver- waltungsmaßnahmen bleiben ohne soziale Gesinnung Papier. Soziale Gesinnung erfordert gegenseitige Rücksichtnahme. Sie ist gleichbedeutend mit praltischer Menschenliebe und wechselseitiger Hilfsbereitschaft. Kaum eine Maßnahme staatlicher Wohlfahrts⸗ arbeit kann sich durchgreifend so auswirken, wie sie gedacht und geplant ist, wenn nicht in der Exekutive bei den ausführenden Organen das Berständnis für den Gedanken der Hilfsbereitschaft und der Menschenliebe lebendig ist. (Sehr richtig Solche Ge⸗ sinnung kann nicht und soll auch nicht mechanisch von oben nach unten den Einzelgliedern unseres Volkes und den großen Menschen⸗ organisationen aufgeprägt werden. Wir brauchen vielmehr all⸗ überall draußen im Lande Männer und Frauen, die in führender Stelle als soziale Charaktere und warmherzige Menschen die Ge⸗
erste Pferdefuß!) Wenn Sie das einen Pferdefuß nennen, kann ich Ihnen nur den Rat geben, einmal festzustellen, wo der Pferde⸗ fuß steckt! (Erneuer Zuruf des Abg. Katz) Seien Sie froh, daß ich Siesnicht ansehe! — Daher soll die Pflege der mit unendlicher Aufopferung und in lautloser Entsagung durchgeführten Liebes⸗ arbeit der privaten Wohlfahrtspflege mir heiligste Aufgabe sein.
Nach diesen einleitendend Vorbemerkungen möchte ich zu Einzelfragen meines Ressorts folgendes sagen:
Unsere beste Arbeit gilt unserer Jugend. Wir sind zwar arm an Geld und äußeren Gütern geworden. Viele kostbare innere Werte haben wir verloren, doch e in Schatz ist uns geblieben, aus dessen sorgsamer Betreuung uns wertvolle Früchte für eine bessere Zukunft erwachsen können: das ist unsere Jugend. (Sehr gut!) Darum liegt mir gleich meinem Herrn Amtsvorgänger die Förderung der Jugendpflege und Jugendbewegung besonders am Herzen. (Bravo!) Daher werde ich die bisher bewährten Bahnen weiter verfolgen. Das Bild unserer Jugend ist gewiß nicht frei von trüben Stellen und einzelnen tiefen Schatten. Darum wollen wir aber nicht die Jugend, keinesfalls die Jugend allein schelten. Einen wesentlichen Teil der Schuld tragen die Zeitverhältnisse und das schlechte Bei⸗ spiel vieler Erwachsenen. Sehr richtig! Darum gilt es, die Jugend vor Schädigung durch die Umwelt, vor Schädigung durch den Schmutz in Wort und Bild und durch ähnliche üble Dinge nach Möglichkeit zu schützen. (Bravo!) Vor allem aber kommt es darauf an, aufbauend zu wirken durch eine umsichtige und kraft⸗ volle Pflege und Führung sowie namentlich auch durch eine wirk⸗ same, dabei aber taktvolle Förderung des frischen, mehr und mehr wachsenden Strebens in der Jugend selbst, das darauf gerichtet ist, durch eigene Arbeit an sich zu leiblich gesunden und starken, sittlich reinen und tüchtigen, von Gemeinsinn und Vaterlandsliebe erfüllten Menschen sich zu entwickeln. Zur Lösung dieser ebenso dringenden wie schwierigen Aufgaben bedarf ich gerade auch bei der Jugendpflege der opferwilligen Mitwirkung weitester Volks⸗ kreise. Aber nur diejenige Mitwirkung verspricht wirklichen Segen, die nicht das Ihre sucht, sondern getragen ist von der Liebe zur Jugend und von der Liebe und Treue zu unserem Volke und unserem Vaterlande. (Bravo!) Vor allem aber bedarf ich auch der Hilfe des hohen Hauses. Ich bitte Sie, das bisherige tat⸗ kräftige Wohlwollen, das Sie der Jugendpflege bewiesen haben, ihr auch weiterhin zu erhalten. Ich bitte Sie besonders, mit mir auch dahin wirken zu helfen, daß die Jugendpflege dazu beiträgt, die uns bitter nötige Einheit wieder herzustellen und zu festigen. (Bravo!) Auf dem Gebiete der Jugendfürsorge liegen dem Ministerium große Aufgaben ob. Die fast zweijährige Beratung des Ent⸗ wurfs eines Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes geht ihrem Abschluß entgegen. Die erste Lesung im 29. Reichstags⸗ ausschuß ist vor einigen Tagen beendet. Die zweite steht unmittel⸗ bar bevor. Die Annahme des Gesetzes kann nach Ueberwindung von mancherlei Schwierigkeiten nunmehr als gesichert gelten. Der Schwerpunkt der Ausführung des Gesetzes liegt bei der Selbstver⸗ waltung. In Preußen ist die Entwicklung in vielen Beziehungen dem Gesetz vorausgeeilt. Die großen Städte sind mit der Grün⸗ dung von Jugendämtern vorangegangen. Hand in Hand damit ging auf dem Lande die Errichtung von Kreiswohlfahrtsämtern. Aber auch in den Städten hat sich nach und nach die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß eine völlige organisatorische Trennung der Jugendwohlfahrt von der allgemeinen Wohlfahrt nicht durchführ⸗· bar ist. Das zeigte sich vor allem auf dem Gebiete der Gesund⸗ heitsfürsorge, deren Aufgaben nicht ohne weiteres nach dem Lebensalter der Betreuten unterschieden werden können. Neben den Jugendämtern entstanden Gesundheitsämter, und statt der er⸗ strebten BVereinheitlichung drohte eine Zersplitterung der Jugend⸗ fürsorge in einen pädagogischen und in einen hygienischen Teil. Dieser Gefahr kann nur durch Zusammenlegung der Wohlfahrts⸗ aufgaben unter einheitlicher Leitung vorgebeugt werden. So zeigt sich auch in den Städten neuerdings die Neigung zur Bildung von Wohlfahrtsämtern. Diesem Bestreben werden wir bei der Aus⸗ führung des Jugendwohlfahrtsgesetzes Rechnung zu tragen haben. Zur Durchführung des Gesetzes ist ein jährlicher Reichs zuschuß von 100 Millionen Mark zu erwarten, von dem auf Preußen etwa 60 Millionen Mark entfallen werden. Das ist nicht viel; der Zu⸗ schuß wird aber immerhin den leistungsschwächeren Verbänden die Erfüllung ihrer Aufgaben erleichtern. ;
danken und Anordnungen der staatlichen Fürsorgearbeit bewußt zu fördern bereit sind. (Sehr richtig) Diese Mitarbeit wird manche Reibungsflächen zu beseitigen vermögen. An die Stelle rer rücksichtslosen Ellenbogenpolitit im täg⸗ lichen Leben muß gegenseitiger Verständnis⸗ wille treten. (Sehr richtig) Nach der ganzen Ver⸗ gangenheit und den bisherigen glänzenden Leistungen der freien Liebestätigkeit sind die in der privaten Wohlfahrtspflege schlum⸗ mernden Triebkräfte vorzüglich berufen, jene Gesinnung, die ich an⸗ deutete, und damit gleichzeitig auch die staatliche Wohlfahrtspflege zum kraftwollen Erstarken zu bringen. (Abg. Katz: Das ist der
Wichtiger als der Verwaltungsaufbau ist für die Durch⸗ führung des Gesetzes die Auswahl der richtigen Persönlich⸗ keiten, vor allem in der Familienfürsorge: aller derjenigen Personen, welche in der Front der Wohlfahrtsarbeit im Kampfe gegen menschliches Elend stehen. Von ihrer Geschicklichkeit, ihrer Herzenswärme und ihrem Sachverständnis hängt der Erfolg des Gesetzes ab. Hier liegt ein Hauptarbeitsgebiet für die Frau. Ueberhaupt gewinnt die Ausbildungsfrage der Wohlfahrts⸗ pflegerin eine immer größere Bedeutung. Deshalb sind die Wohl⸗ fahrtsschulen in jeder Weise zu fördern. Durch Gewährung von Stipendien wird es in Zukunft möglich sein, aus allen Kreisen
wirtschaft wieder aufbauen. Denn das Zukunftsschaffen mird weniger in großen organisatorischen Taten bestehen, als in der treuen, kleinen, unermüdlichen Arbeit aller einsichtsvollen Menschen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Künftig wird aber auch mehr als früher die soziale Ausbildung der Männer nach neuen Wegen suchen müssen, damit keine Kraft vergeudet wird. Unser Vaterland braucht Männer und Frauen, die mit sozialer Bildung jene Gesinnung verbinden, die erst die Befähigung gibt, dem Volke durch die berufliche Wohlfahrtsarbeit zu dienen.
Den Stand der Fürsorgeerziehung in Preußen ent⸗ nehmen Sie, bitte, den Ihnen vorgelegten Druckbericht. Leider hat der darin zum Ausdruck gebrachte Rückgang der Zöglingszahl nicht angehalten; die Gesamtzahl hat wieder den Stand von 1918 erreicht. Die Zahlen der in Anstalten und Familien Unterge⸗ brachten halten sich die Wage; die erstmalige Unterbringung er⸗ folgt vorwiegend in Anstalten. Der in Vorbereitung befindliche Ausbau ärztlicher Untersuchung wird aber die frühzeitige und richtige Auswahl der Unterbringungsstelle erleichtern. Ich behalte mir vor, hierauf bei der Einzelberatung des Antrags auf Schaffung von Beobachtungsscheinen noch einzugehen.
Ein anderer, aus Ihrer Mitte gestellter Antrag, der Antrag Christinann, berührt die schwierige Frage der disziplina⸗ rischen Strafen in den Anstalten, insbesondere die körperliche Züchtigung. Die Erörterung dieser Frage ist erst kürzlich in meinem Ministerium wieder aufgenommen, und es ist erfreulicherweise dabei festgestellt worden, daß die An⸗ wendung der Körperstrafen mehr und mehr zurückgeht. Es ist das Bestreben der meisten Anstaltsleiter, soweit irgend möglich, ohne solche auszukommen, und die Beschwerden, die in früherer Zeit häufig an dieser Stelle über Mißhandlung von Fürsorgezöglingen vorgebracht wurden, sind in den letzten Jahren in der Hauptsache verstummt. (Zuruf) Anderseits bestehen bei nahezu allen be⸗ fragten Stellen noch eruste Bedenken dagegen, die Androhung jenes äußersten Strafmittels zu beseitigen, da viele rohe Gemüter dadurch in Schranken gehalten werden können. (Hört! Hört! links.) Bei der demnächst zu fassenden Entschließung wird daher der Leitsatz ausschlaggebend sein: körperliche Strafen müssen so selten sein, daß sie mehr aus der Ferne gefürchtet als vollzogen werden. (Sehr gut!) Ich beabsichtige deshalb, durch besondere Verwaltungsvorschriften die Anwendung der Züchtigung, insbe⸗ sondere gegenüber schulentlaͤssenen Zöglingen einzuschränken. Der Schwerpunkt aber wird auch hier wie auf dem gesamten Gebiet der Wohlfahrt auf die richtige Auswahl und die Vorbildung solcher Erzieher zu legen sein, die es verstehen, ohne Prügelstrafe
Zöglinge zu wirken. (Sehr richtig!)
Die Geldmittelnot der gesamten Wohlfahrtspflege ist außer⸗ ordentlich groß. Bei Beschaffung der erforderlichen Geldmittel sind aber vielfach unerfreuliche Dinge in die Erscheinung getreten. Diese haben meinem Amtsvorgänger Anlaß gegeben, die Frage der Berechtigung von Wohltätigkeitsfesten in der heutigen Zeit näher zu prüfen. Seit langem bilden Wohltätigkeits⸗ veranstaltungen auch festlicher Art einen Weg, um für ernsthafte Wohlfahrtszwecke Mittel zu schaffen. Solange sich diese Ver⸗ anstaltungen in einem würdigen Rahmen halten, werden Bedenken gegen sie nicht zu erheben sein. Die Entwicklung unserer wirt⸗
daß heute bei Wohltätigkeitsveranstaltungen oft der vorgeschobene Wohlfahrtszweck in schroffem Widerspruch steht zu der lärmenden
(Sehr richtig) Mein Amtsvorgänger hat deshalb im Anschluß an einen früheren Erlaß des Hern Reichspräsidenten die Ober⸗ präsidenten und Regierungspräsidenten darauf hingewiesen, daß es notwendig ist, allen Auswüchsen, die sich bei solchen Wohl⸗ tätigkeitsfesten gezeigt haben, zu steuern, und diese Feste dem Ernst der Zeit anzupassen. Er hat dabei vor allem darauf hingewiesen, daß die Annahme falsch ist, derartige Feste trügen in nennens⸗ wertem Maße zur Linderung von Notständen bei. (Sehr richtig!) Solche Feste dienen vielfach nicht nur der Genußsucht, sondern in noch höherem Maße der Gewinnsucht geschäftlich interessierter Persönlichkeiten, und nur zum kleinsten Teil kommen oft dabei die umgesetzten Summen dem Zwecke zugute, der als Aushängeschild für diese Veranstaltungen vorgeschoben wird. (Sehr richtig!! Es hat sich gezeigt, daß unmittelbar persönliche Werbung von Mitteln für Wohlfahrtszwecke nach wie vor nicht nur die würdigste, sondern auch die wirksamste Art der Mittelbeschaffung ist. Der große Erfolg großzügiger Vollssammlungen wie der deutschen Kinder⸗ hilfe, die mit einem Ergebnis von etwa 67 Millionen Mark ab⸗ geschlossen worden ist, bestätigt diese Auffassung. Mein Amts⸗ vorgänger hat in seinem Erlaß die Hoffnung ausgesprochen, 8 ; es gelingen wird, durch Ausbau derartiger Werbetätigkeit die Gebefreude für Wohlfahrtszwecke wachzuhalten, und daß damit der beschämende Zustand beseitigt werden kann, der darin besteht, daß die Fürsorge für bedürftige Volkskreise, z. B. für hungernde Kinder, durch Steigerung von Wohlleben und Ueppigkeit und durch lär⸗ mende Feste erkauft werden soll. An diesen Grundsätzen bin ich willens, festzuhalten. Ich weiß, daß ich in diesem Punkte die Zu⸗ stimmung aller der Kreise finde, die ernstlich in der Wohlfahrts⸗ pflege arbeiten. (Sehr richtig!)
Auf dem Gebiete der Armenpflege ist eine Erhöhung der den Provinzen zur Bestreitung der Armenlasten vom Staate zu⸗ fließenden Dotationen auf die Dauer unerläßlich. Die Ver⸗ schuldung der Armenverbände hat auch die Durchführung des Krũppelfürsorgegesetzes erschwert. Die Landesversamm⸗ lung hatte zwar beschlossen, daß spätestens am 1. Oktober 1923 der Volksvertretung eine Vorlage über die Gewährung staatlicher Mittel vorzulegen sei, welche den Landarmenverbänden sowie den Stadt⸗ und Landkreisen die aus dem Krüppelfürsorgegesetz erwachsenden Kosten abbürden sollen. Die Notlage der Armen⸗ verbände hat jedoch auch aus Ihrer Mitte den Wunsch gezeitigt, alsbald staatliche Mittel für die Durchführung des Gesetzes bereit⸗ zustellen.
In großer Not befinden sich auch die Sozialrentner, die Kleinkapitalisten und diejenigen Armen, die aus Ab neigung gegen das mit der Feststellung ihrer Armut verbundene Ermittlungsverfahren keinen Antrag auf Armenunterstützung stellen. Sehr richtig Für die Invaliden⸗ und un fall⸗ rentner sind in den neuen Reichsgesetzen Unterstützungsmaß⸗ nahmen vorgesehen. Die Ausführungsvorschriften werden von meinem Ministerium erlassen werden. Zur Finanzierung der Für⸗
unseres Volles Wohlfahrtspflegerinnen heranzubilden, die durch
sorge für die äeinkapitalisten beabsichtigt das Reich, soweit mir
6 Millionen
auszukommen und durch die Macht ihrer Persönlichkeit auf die
schaftlichen und sittlichen Verhältnisse hat es aber mit sich gebracht,
und prunkvollen Art, in der solche Feste veranstaltet werden.
in dem Nachtragshaushalt einen größeren Betrag zur ügung zu stellen. ; . .
6. meiner Freude darf ich Ihnen mitteilen, daß sich auch der
ö r preußische Finanzminister bereit erklärt hat, sich an dem ge⸗
, Hilfswerk für die Kleinrentner mit preußischen Staats⸗
eln entsprechend zu beteiligen. (Bravo! bei den Koalitions—
helannt ist,
parteien.) ö. — 286 ' — * ö . . Auch wird mein Ministerium weiterhin für die Begünsti⸗
gung der Kleinreutner bei der Steuergesetz⸗ eebung des Reiches eintreten.
Vas diejenigen Armen anlangt, welche sich scheuen, die öffent⸗
liche Armenunterstützung anzurufen, so bin ich mit den maß⸗ gebenden Stellen des Reiches in Verbindung getreten, um die schon
sangst als notwendig erkannte R ef orm der Armengesetz⸗ bung zur Durchführung zu bringen. Sehr guth
Auf dem Gebiete der Kriegsbeschädigten⸗ und griegshinterbliebenenfürsorge ist Preußen in finan⸗ eller hinsicht insosern beteiligt, als ein Zehntel der Kosten der sczialen Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürsorge zu nagen hat. In den Haushaltsplan sind 26 Millionen eingestellt. urch den Antrag der Herren Abgeordneten Braun, Marcke, Gumer und Genossen vom 19. Oktober 1921 ist beantragt, „an Stelle der vorgesehenen 86 Millionen Mark den nach der vom steich für die soziale Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinterbliebenen- ürsorge zur Verfügung gestellten Gesamtsumme von 500 Millionen zart auf Preußen entfallenden Betrag von 2s 5o0 00 M einzu- setzmn . Ein dahingehender Beschluß des Landtages ist jedoch vom giandpunkt der Interessen der Kriegsbeschädigten und Kriegs⸗ hinterbliebenen nicht erforderlich; der eingesetzte Kostenanteil von 3. Nillionen entspricht den voraussichtlichen Gesamtausgaben des Jleichßs. Wenn die Reichsausgaben höher werden, so tritt eine ent⸗ sprechende Erhöhung des preußischen Kostenanteils über die hinaus ein ohne Rücksicht darauf, welche Summe im Haushalt meines Ministeriums steht. fFinstchtlih der Unterbringung der Schwer⸗ beschädigten müssen die öffentlichen Körperschaften bei Be⸗ setzing von Stellen in ihren Verwaltungen und Betrieben in einer für die privaten Arbeitgeber vorbildlichen Weise den durch das Reichsgesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter hom 6. April 1920 begründeten Einstellungsverpflichtungen nach⸗ sommen. (Sehr richtig! Im März d. J. sind die sämtlichen nach⸗ geordneten Behörden mit entsprechender Anweisung versehen vorden. Es wird auch mein Bestreben sein, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln darauf hinzuwirken, daß die Schwerbeschädigten in möglichst weitem Umfange im Erwerbsleben wieder unter⸗ gebracht werden. Im Wohlfahrtsministerium ist man mit gutem Beispiel vorangegangen. Unter 47] Amtsgehilfen befinden sich pier Schwerbeschädigte. (Bravo)
Die Erwerbslosenfürsorge erfordert in Preußen im laufenden Rechnungsjahr einen Betrag von 500 Millionen Mark. Die Ausgaben sind ständig gewachsen, da die Unterstützungssätze bon Zeit zu Zeit erhöht worden sind und die Erwerbslosen wieder⸗ holt auch außerordentliche Zuwendungen erhalten haben. Die Be⸗ sostung mit den Ausgaben der Erwerbslosenfürsorge würde somit immer größer werden, wenn nicht der Rückgang der Erwerbslosig⸗ leit eine Verminderung mit sich gebracht hätte, wie es glücklicher⸗ wesse in letzter Zeit der Fall gewesen ist. Gegenwärtig werden nur noch 151 000 Erwerbslose vom Reich unterstützt. Es ist indessen ungewiß, wie lange diese günstige Lage des Arbeitsmarktes dauern wird.
Die produktive Erwerbslofenfürsorge hat in der Zeit vom 1. April 1920 bis zum 15. November d. J. rund ooh Maßnahmen gefördert, bei denen rund 250 000 Erwerbslose wechselnd Beschäftigung, und zwar durchschnittlich je 4 bis z Monate, gefunden haben. Es ist gelungen, etwa 40 Prozent aller Erwerbslosen bei Notstandsarbeiten zu beschäftigen. Bei einem Gesamtkostenaufwande von rund 23 Milliarden belaufen sich die nach Maßgabe der geleisteten Erwerbslosentagewerke zahlbaren Gesamtzuschüsse auf rund 645 Millionen, von denen ein Drittel gleich rund 21 Millionen auf Preußen entfallen. Das nicht un= erhebliche Sinken der Erwerbslosenziffer gibt die Möglichkeit, die produktive Erwerbslosenfürsorge vorübergehend einzuschränken, doch ist Vorgsatsotroffen, daß ausführungsreife Maßnahmen für die Zeit größerer Erwerbslosigkeit zurückgestellt und darüber hinaus Notstandsarbeiten rechtzeitig in angemessenem Umfange bereit⸗ gestellt werden.
Die Anwendung der produktiven Erwerbslofen⸗ fürsorge wird weiterhin ausgebaut und verfeinert. Ins— besondere treten nunmehr Maßnahmen von nur bedingtem volls⸗ wirtschaftlichen Wert fast gänzlich zurück gegenüber solchen, die mittelbar und unmittelbar dem Aufban des Wirtschaftslebens dienen. Neben der Förderung von Hochbauten, Bahnanlagen und Elektrizitätsunternehmen stehen neuerdings Umschulungen oder Ausbildungsmaßnahmen an Erwerbslosen für andere Berufe, die eine bessere Beschäftigungsmöglichkeit sichern, im Vordergrund. Derartige aufnahmefähige Berufe sind zurzeit die Bauarbeiter und genisse Zweige der Metallbearbeitung. Vor allen Dingen aber lietet das Land noch für viele Hände Arbeit. Sehr richtigh Eine geeignete Umschulung großstädtischer Erwerbsloser für länd— liche oder gar landwirtschaftliche Tätigkeit ermöglichen die Neliorationen. In erheblichem Ausmaße werden Meliora⸗ tionen in weitestem Umfange des Begriffs gefördert, die in den ver⸗ schiedensten Formen als Oedlandkultivierung, Durchforstung zwecks Gewinnung von Ackerland, Landgewinnungsarbeiten, Boden⸗ lkultiwie rungen, Vorflutverbesserungen, Eindeichungen, Anlegen von Schrebergärten usw., gleichzeitig die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion bezwecken. So haben bisher in Preußen über 1209 Maßnahmen dieser Art mit rund 125 Millionen Mark Gesamt⸗ zuschuß gefördert werden können. . .
Besondere Bedeutung gewinnen ferner diese meist von Genossen⸗ schaften ausgeführten Meliorationen im Hinblick auf die notwendige Entlastung der Großstädte, in denen sich die erwerbslosen Massen zusammendräugen. So hat Groß Berlin zurzeit durchschnittlich 66 Prozent aller Erwerbslosen Preußens oder 49 Prozent aller Erwerbslosen des Deutschen Reichs. (Hört, hört) Bei der Fülle baureifer Meliorationen muß es aber noch mehr als bisher ge⸗ lingen, der bei der Ueberwindung der finanziellen Schwierigkeiten sowie bei der Abneigung ländlicher Bezirke gegen die Verwendung namentlich großstädtischer Erwerbsloser bestehenden erheblichen
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größerem Umfange großftädtische Erwerbslose, über deren Bewäh⸗
rung bei sachgemäßer Betreuung erfreuliche Ergebnisse vorliegen,
in ländliche Arbeit gebracht werden.
Um die dauernde Ueberführung großstädtischer Erwerbsloser
in ein ländliches Arbeitsverhältnis zu ermöglichen, ist der Bau von
Landarbeiter wohnungen, die ausschließlich für deutsche
Landarbeiter bestimmt sind, in größtem Ausmaß erforderlich. Das
Reich hat zur Förderung derartiger Wohnungsbauten 200 Millionen
Mark aus Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge bereit⸗
gestellt; zu dieser Summe treten noch die Landesmittel und — falls
Erwerbslose bei der Ausführung der Bauten beschäftigt werden —
auch Mittel der Gemeinden entsprechend der Reichsverordnung
über Erwerbslosenfürsorge hinzu.
Bevorzugt gefördert wird ferner aus Mitteln der produktiven Er⸗
werbslosenfürsorge die Errichtung von Siedlungen, die als
Kulturgürtel um die übervölkerten Großstädte gelegt werden und neben
einer Milderung der Wohnungsnot durch die Erträgnisse der zu jeder Wohnung gehörenden Landzulage eine Steigerung der land⸗ wirtschaftlichen Erzeugung herbeiführen. Gleichzeitig wird durch den Siedlungsbau und die mit ihm untrennbar verknüpfte Her⸗ stellung von Straßen, Be⸗ und Entwässerungsanlagen, Licht⸗ leitungen usw. nicht nur Beschäftigungsmöglichkeit für das Bau⸗ gewerbe und zahlreicher Baustoffindustrien geschaffen, sondern mittelbar auch allen anderen Berufen Arbeit zugeführt.
Was das Wohnungs- und Siedlungswesen betrifft, so war die Politik meines Herrn Amtsvorgängers in der Hauptsache von zwei leitenden Gedanken bestimmt. Er hat sich einmal eingesetzt für die Festhaltung und den Ausbau des Mieter⸗ schutzes, ein Ziel, das in der vielfach angefeindeten preußischen Höchstmietenanordnung beredten Ausdruck gefunden hat; er ist gleichzeitig im Interesse tatkräftiger Förderung des Wohnungs⸗ baus beim Reich für die Bereitstellung von Mitteln zur Gewäh⸗ rung von Bau kostenzuschüssen eingetreten.
An diesen Grundlinien der Wohnungspolitik beabsichtige auch ich festzuhalten. Es wird demnach meine Aufgabe sein, darauf hinzuwirken, daß ständig die Mieterschutzbestimmungen den jeweiligen Bedürfnissen angepaßt werden. (Abg. Katz: Was heißt das?) — Das werden Sie schon früh genug erfahren!
Anderseits werde ich mich mit allen Kräften der Förderung der Neubautätigkeit widmen. Denn eine wirksame Be⸗ kämpfung der Wohnungsnot kann auch nach meiner Auffassung nur durch Vermehrung der Neubauten, durch Erhöhung des An⸗ gebotes erreicht werden. Um die Neubautätigkeit anzuregen und einen Ausgleich der infolge der gestiegenen Baukosten heute herr⸗ schenden Ueberteuerung zu schaffen, sind auch weiterhin in erheb⸗ lichem Umfange Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln erforderlich.
Ein Abweichen von diesen Grundlinien der Wohnungspolitik etwa im Sinne einer sofortigen Aufhebung der Zwangswirtschaft im Wohnungswesen halte ich nicht für möglich, und zwar schon des⸗ halb nicht, weil die Aufhebung des Mieterschutzes eine so gewaltige Erhöhung der Mietpreise zur Folge haben müßte, daß sie von weiten Kreisen des arbeitenden Volkes nicht mehr getragen werden könnte. (Sehr richtig!) Auch die oft gehörte Anschauung, daß durch die Bestimmungen des Mieterschutzes, insbesondere durch die preußische Höchstmietenanordnung und durch die Gewährung von Baukostenzuschüssen die Bautätigkeit mehr gehemmt als gefördert würde, vermag ich mir nicht zu eigen zu machen. Ich kann mich der Auffassung derer nicht anschließen, die da meinen, daß die private Bautätigkeit sofort wieder einsetzen werde, sobald das freie Spiel der Kräfte hergestellt sei, und man dann die Mieten in den
hohen Baukosten bei den neuen Häusern entspricht. (Sehr richtig! An diese sofortige Wiederaufnahme der privaten Bautätigkeit nach Wiederherstellung der freien Wirtschaft glaube ich nicht. Es ist im Gegenteil für mich nicht zweifelhaft, daß die private Bautätigkeit auch dann kaum in erhöhtem Maße einsetzen würde, wenn der Mieterschutz tatsächlich aufgehoben wäre. (Sehr richtig Denn auch in diesem Falle gäbe es zwingende Gründe, die das Unter⸗ nehmertum zur Vorsicht und Zurückhaltung veranlassen würden. (Sehr richtig Es ist kaum anzunehmen, daß selbst bei freier Mietpreisbildung das Privatunternehmertum das Risiko des Bauens übernehmen wird, denn es läßt sich durchaus nicht sagen, ob die jetzt infolge der günstigen Konjunktur zu erwartenden hohen Mietssätze auf die Dauer gehalten werden können ssehr richtig), ob sie auf der jetzigen Höhe bleiben werden, wenn eine umfassende Arbeits⸗ losigkeit und damit auch für die Hausbesitzer ein Umschwung der jetzigen Hochkonjunktur in Industrieorten eintritt.
Der zweite Grund, aus dem nach meiner Meinung auch bei einer freien Wohnungswirtschaft eine erhebliche Belebung der Bautätigkeit ausbleiben würde, ist das Fehlen ausreichender Be⸗ leihungsmöglichkeiten. Es würden sich meines Erachtens kaum Hypothekenbanken oder Geldverleiher bereit finden, die gegenwärtig sehr hohen Baukosten zu beleihen. Aus eigenen Mitteln vermag aber auch ein Privatunternehmer heute keine nennenswerte Bau⸗ tätigkeit zu entfalten. (Sehr richtig! Die Aufhebung des Mieter⸗ schutzes würde also kaum zu einer Belebung der Bautätigleit führen, sie würde aber auf der andern Seite eine gewaltige Steigerung der Mieten und damit für weite Kreise eine kata⸗ strophale Wirkung in wirtschaftlicher Beziehung herbeiführen. (Sehr richtig) Wird aber die Förderung der Neubautãtigkeit als einzig wirksames Mittel zur Behebung der Wohnungsnot er⸗ kannt, so ist schon aus den eben angeführten Grüũnden auch künftig an der Gewährung von Baukostenzuschüssen fest⸗ zuhalten. Die Mittel für diese Zuschüsse sollen, wie bekannt, durch die Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaues gewonnen werden, durch die sogenannte Mietsteuer. Diese Abgabe soll nach den Bestimmungen des Gesetzes 5 v. S. des Mietswertes für den Staat und mindestens ebensoviel für die Gemeinde betragen. Die für Zuschußzwecke erforderlichen Mittel sind aber im Hinblick auf die ständig steigenden Baukosten so groß, daß die Erhöhung dieser Sätze sich zweifellos schon jetzt als notwendig erwiesen hat. (Hört, hört! Nur durch eine Steigerung dieser Mietabgabe wird es auf die Dauer möglich sein, den dringendsten Zuschußanforderungen gerecht zu werden und die finanziellen Schwierigkeiten des Wohnungsbaues in etwas zu erleichtern. Diese Erhöhung der Ab⸗ gabe wird zwar eine allgemeine Steigerung der Mieten zur Folge haben, damit wird aber zugleich auch ein wesentlicher Schritt getan zu dem wünschenswerten Ausgleich zwischen den Mieten in den alten und in den neuen Häusern. Die Wohnungsfrage ist
alten Häusern auf die Höhe steigen ließe, die der Verzinsung der
dern sie ist inzwischen ebensosehr auch zu einer Bauarbeiterfrage geworden. Die Bautätigkeit hat sich in den letzten Monaten er⸗ freulicherweise so gesteigert, daß sich ein Mangel an Facharbeitern
bemerkbar zu machen beginnt. Dieser Bauarbeitermangel droht
die Durchführung einer verstärkten Wohnungsbautätigkeit zu be⸗
einträchtigen, wenn nicht alsbald und mit allen Mitteln für Ab⸗=
hilfe gesorgt wird.
Der bedauerliche Mangel an Bauarbeitern hat drei Gründe. Die Bauarbeiter gehörten während des Krieges, als die gesamte Bautätigkeit stillgelegt war, nicht zu den Berufen, deren Mit⸗ glieder von der Einziehung befreit waren. Sie haben infolge⸗ dessen in ihren Reihen besonders starke Kriegsverluste gehabt- Außerdem hat bereits während des Krieges, da es an ausreichenden Aufträgen für das Baugewerbe fehlte, eine starke Abwanderung der Bauarbeiter in andere dauernd beschäftigte Berufe eingesetzt. Drittens hat dem Baugewerbe seit etwa sieben Jahren der aus⸗ reichende Nachwuchs an Lehrlingen gefehlt. Eine meiner nächsten Aufgaben wird es daher sein, in engster Verbindung mit den zuständigen Reichsbehörden und Gewerkschaften auf die alsbaldige Milderung dieser Mißstände hinzuwirken. Vor allem wird für einen ausreichenden Lehrlingsnachwuchs Sorge zu tragen sein. Ob eine Zurückführung der abgewanderten Bauarbeiter gelingen wird, nachdem sie in anderen Berufen erst einmal festen Fuß gefaßt haben, lasse ich dahingestellt. Zweifellos sind hier starke Widerstände vorhanden. Schließlich wird man im Interesse einer Vermehrung der gelernten Bauarbeiter auch versuchen müssen, aus den Reihen der Arbeitslosen möglichst viele Kräfte für das Baugewerbe und vor allem für die Förderung des Wohnungs⸗ baues nutzbar zu machen.
Der Förderung und Steigerung der Neubautätigkeit aber, das wiederhole ich hier nochmals, werden auch weiterhin meine un⸗ geteilten Anstrengungen gelten, nicht nur weil die Bautätigkeit das einzig wirksame Mittel zur Linderung der Wohnungsnot bildet, sondern weil mit der Belebung des Baugewerbes zugleich auch eine Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verbunden ist und weil sie mittelbar auch zur Belebung unserer Gesamtwirtschaft wesentlich beiträgt. Mein Herr Amtsvorgänger hat, wie Ihnen bekannt, sich bemüht, dem Baugewerbe jedwede Erleichterung zu verschaffen. Ich darf daran erinnern, daß für Neubauten die Bestimmungen über Zwangseinquartierung und Beschlagnahme aufgehoben worden sind, daß sie ferner auch den Bestimmungen der Höchstmietenordnung nicht unterliegen und daß vor kurzem wieder nach erneuter tech—⸗ nischer Prüfung weitere Erleichterungen in den Bauordnungs⸗ vorschriften bekanntgegeben worden sind. Ich verweise in diesem Zusammenhange auch auf die Steuervergünstigungen, die nach der Novelle des Einkommensteuergesetzes beziehungsweise des Körperschaftssteuergesetzes für Aufwendungen zugunsten des Klein⸗ wohnungsbaues gewährt werden. Bestimmungen, die namentlich der Industrie und der Landwirtschaft einen Anreiz zum vermehrten Bau von Kleinwohnungen geben können.
e Auf diese kurzen Angaben über die Grundlinien der Wohnungspolitik will ich mich beschränken. Es hat sich inzwischen gezeigt, daß sich ähnliche Grundlinien mit geringen Abweichungen auch in den übrigen europäischen Staaten, und zwar unabhängig voneinander, herausgebildet haben. Dabei ist aber hervorzuheben, daß Deutschland heute nach dem Verlust des Krieges und nach den Beschränkungen, die durch den Versailler Vertrag einer In⸗ dustrie auferlegt sind, mehr als andere eu ropãische Staaten auf eine verstärkte Binnenwirtschaft und damit auf eine Umsiedlung seiner Bevölkerung von der Stadt auf das Land angewiesen ist. Die ländliche Siedlung ist ein wesentliches Mittel, die Ertrags⸗ fähigkeit des deutschen Bodens zu steigern und uns damit vom Bezug fremdländischer Lebensmittel unabhängiger zu machen.! Sehr richtig! im Zentrum) Die ländliche Siedlung aber bindet auch überschüssige Arbeitskräfte, sie steuert der Arbeitslosigleit und der Auswanderungsgefahr, sie entlastet zugleich die Großstädte und trägt damit unmittelbar, wenn auch nur in beschränkten Grenzen, zur Linderung der städtischen Wohnungsnot bei. Sehr richtig! im Zentrum.)
Wenn ich in meinen Ausführungen jetzt noch besonders zu den Fragen des öffentlichen Gesundheitswesens Stellung nehme, so bot das einen doppelten Grund. Ich weiß sehr wohl, daß heute mehr als je die Verbreitung und Schwere der wichtigsten Volkskrank⸗ heiten von der gesamten wirtschaftlichen Lage bedingt und durch deren Verschlechterung ungünstig beeinflußt wird. Die Aufgabe, diese Volkskrankheiten zu bekämpfen, kann also gar nicht losgelõst von anderen allgemeinen politischen Aufgaben behandelt werden. Aber umgekehrt gibt es nichts, was in so hohem Grade das Schicksal des einzelnen bedroht und das Wohl der Gesamtheit in Gegenwart und Zukunft auch wirtschaftlich so schwer schädigt, wie das weit verbreitete schwere Volkserkrankungen tun. Während die Erkrankung des einzelnen durch Uebertragung oder durch andere Folgen seine Umgebung gefährdet. ist der einzelne für die Aufnahme des Kampfes gegen eine solche Gefahr machtlos und muß den Schutz der Gesellschaft fordern. Diese Erkenntnis zwingt mich auch, auf den Kampf gegen die Volkskrankheiten eine be⸗ sondere Sorgfalt zu verwenden. Die gesteigerte Aufmerksamkeit der letzten Jahre, hat die Berichterstattung auf diesem Gebiete erweitert und ausgebaut. Wir sind dadurch in die Lage versetzt, auf Grund verbesserter Kenntnisse diejenigen Folgerungen zu ziehen und diejenigen Maßnahmen für die Zukunft zu treffen, welche auch nach der Erfahrung als wirksam gelten dürfen. Von vornherein muß ich erklären, daß das Ergebnis der Erhebungen über die gesundheitliche Tage unserer Bevölkerung nicht als günstig angesehen werden kann. Ich muß daher die Aufgabe, die meinem Ministerium zufällt, als schwer bezeichnen. Auch, falls meinem ernsten Willen Erfolg beschieden sein follte, können die Früchte der Arbeit auf diesem Gebiete erst später veifen. Sehr richtig! im Zentrum) Gewiß ist augenblicklich hier manches Schlimme nicht mehr so augenfällig wie noch vor zwei Jahren. Manche Erkrankung, die als direktes Sungerleiden zu verzeichnen war, ist geschwunden. (Widerspruch bei den Unabhängigen) In manchen Gegenden hat sich der Ernährungszustand der Jugend etwas gebessert, einzelne vorher stark verbreitete Krankheiten zeigen einen kleinen Rückgang. Aber kein Verantwortlicher darf sich durch diese Teilerscheinungen von der Hauptsache ablenken lassen, daß noch immer weit verbreitete und tief wirkende Schäden der gesundheitlichen Konstitution unseres Volkskörpers wahrnehm⸗ bar find, deren Folgen, wenn nicht zur rechten Zeit eingegriffen
demmungen Herr zu werden. Nur auf diese Weise können in noch
heute aber nicht mehr allein eine Frage der Finanzierung, son⸗
wird, erst in der Zukunft zur vollen Geltung kommen wmũffen.