1922 / 24 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Jan 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Preußen. Ministerium für Volkswohlfahrt. In der Woche vom 15. bis X. Januar 1922 auf Grund der Bundesratsverordnung über Wohlfahrtspflege

des Krieges vom 15. Februar 1917 genehmigte öffentliche Sammlungen.

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Name und Wohnort des Unternehmers

Zu fördernder Wohlfahrtszweck

Stelle, an die Zeit und Bezirk,

, , in denen das Unternehmen sollen ausgeführt wird

Kriegsbeschädigtenwerkstätten des Obersten von Diebitsch, Königs⸗ berg O.⸗Pr.

Nationalstiftung für die Hinter⸗ bliebenen der im Kriege Ge— fallenen, Berlin, Alsenstraße 11

der Deutschen

Zentralłkomitee Roten Kreuz,

Vereine vom Berlin W. 35

Deutsche Evangelische Missions⸗ hilfe, Berlin⸗Steglitz, Humbold⸗ straße 141

Studiengesellschaft zur Be⸗ kämpfung der Wohnungsnot, Berlin⸗ Grunewald, Jagow⸗ straße 28

Berlin, den 2. Januar 1922.

huter Brüdergemeinde

gaben

Zugunsten ihrer Bestrebungen auf dem Gebiete der Kriegsbeschädigtenfürsorge

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben

Zur Erfüllung seiner Aufgaben

Zugunsten einer Missionsspende zum 209 jährigen Jubiläum der Herren⸗

Zugunsten ihrer satzungsgemäßen Auf—

Verlängert bis 30 Juni 1922 mit der Beschränkung auf Ostpreußen, Pommern, die Grenzmarken und Brandenburg. Sammlung von Geldspenden durch Werbeschreiben.

30. September 1922 für Preußen und für das Ausland. Sammlung von Geldspenden durch Werbe⸗ schreiben.

Verlängert bis 30. September 1922 für Preußen. Sammlung von Geldspenden und Liebesgaben durch Werbebriese und Aufrufe

15. Juli 1922 für das Ausland. Sammlung von Geldspenden durch Aufrufe. .

30. September 1922 für Preußen. Sammlung von Geldspenden und Werbung von Mitgliedern durch Werbeschreiben.

Kriege beschädigten⸗ werkstätten

Nationalstiftung

Rotes Kreuz

Missionshilfe

Studiengesellschaft

Der Minister für Volkswohlfahrt. J. A.: Bracht.

Nichtamtliches.

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Dentscher Reichstag. 161. Sitzung vom N. Januar 1922, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger).

Präsident Löbe eröffnet die Sitzung mit folgenden Worten:

„Meine Damen und Herren! Auch zu ihren Ohren ist wohl die schmerzliche Kunde gekommen: Frau Abg. Zietz, die gestern an der Stelle ihrer Arbeit in eine schwere Ohnmacht fiel, ist von hier aus auf ihr Totenlager getragen worden. (Die Abgeordneten haben sich von ihren Plätzen erhoben.) Ein Leben voll rastloser, uner⸗ müdlicher, zermürbender Arbeit ist damit erloschen. Frau Zietz war eine dex ersten 2 Frauen, die für die politische Gleich⸗ berechtigung ihres Geschlechts gestritten haben; sie war eine der ersten Frauen, die in die deutschen Parlamente einzogen, und an dem Platz, den sie für die deutschen Frauen mit erkämpft hat, ist sie hin⸗ hingesunken. Wir im Plenum kennen sie als die temperament⸗ volle Streiterin, die dem heftigsten Meinungskampf nicht auswich, die an jeder Fehde sich gern . Wer mit ihr in den Kom⸗ . gearbeitet hat, weiß, wie fleißig sie arbeitete, wie gewissen⸗ haft sie es mit ihren Pflichten nahm, wie pflichtgetreu sie sich in die einzelnen Aufgaben vertiefte. Ihre Parteifreunde verehren in ihr eine glühende Vorkämpferin für ihre Sache. Wer ihr aber per⸗ sönlich näher treten . wie ich in zwei Jahrzehnten, weiß, daß hinter dem Harnisch der Kämpferin und darum für die Welt draußen verborgen, ein mütterlich sorgsames Herz schlug, das ihr durch Härte und Heftigkeit nicht zerstört werden konnte. Ich danke Ihnen, daß Sie zu Ehren der Verstorbenen sich erhoben haben.“

Auf der Tagesordnung steht zuerst eine Anfrage des Abg. Koenen (Komm.) über die Beschlagnahme mehrerer Pakete des Buches von Corvin „Pfaffenspiegel“ durch das Zollamt in Remscheid. Die Sendung war für die „Bergische Volksstimme“ bestimmt, der auf ihre Beschwerde vom Zoll— amt erwidert wurde, daß das Buch zu den unzüchtigen Schriften gehöre, deren Beschlagnahme behördlich angeordnet sei.

In der Antwort der Regierung wird festgestellt, daß der „Pfaffenspiegel“ durch gerichtliche, rechtskräftig gewordene Entscheidung verboten worden ist, so daß das in Betracht kommende Zollamt nur im Rahmen seiner Befugnisse ge⸗ handelt hat, wenn es die Sendung beschlagnahmte.

Das Haus setzt hierauf die Aussprache über die Regierungserklärung fort.

Abg. Müller⸗Franken (Soz): Der Abg. Graf Westarp hat gestern erklärt, der Reichskanzler, der sich in seiner Rede zu einer Politik der Völkerverständigung bekannt hat, habe nur all⸗ gemeine Redewendungen gemacht. Damit hat Graf Westarp in einem 3 subjektiver Wahrheitsliebe zugegeben, daß ihm die wahren christlichen Grundsätze fremd sind. (Zuruf rechts: Sie wissen ja nicht, was Christentum ist. Als das Volk sich im November 1918 erhob und das Junkertum seiner priviligierten Stellung beraubte, da wurde es dem Grafen Westarp schwer, sich im parlamentarischen System zurechtzufinden, wie seine gestrige Rede beweist. Nach dem parlamentarischen System stützt sich die Regierung auf das Parlament und bleibt solange im Amte, als sie das Vertrauen des Parlaments besitzt. Die Klage des Grafen Westarp darüber, daß seine Fraktion zu der Entscheidung nicht herangezogen worden ist, hat nur dann innerliche Berechtigung, wenn die Deutschnationalen mehr Vertrauen zu der Regierung haben, als die Regierung zu ihnen. Wenn die Deutschnationalen wirklich christliche Demut hätten, dann würden sie über die schweren Fehler ihrer Kriegspolitik nachdenken, in sich gehen und bekennend ausrufen: Die Weltgeschichte ist das Weltgericht. (Zwischenrufe von der äußersten Rechten Wer als guter Deut⸗ scher und ehrlicher Christ über die Kriegspolitik und deren Folgen redet, darf niemals vergessen, darauf hinzuweisen, daß Millionen von Arbeitern Gesundheit und Leben hingegeben haben, um Deutschland vor dem Elend zu schützen, das durch die Politik der Deutschnationalen heraufbeschworen worden ist. Das wird Graf Westarp allerdings niemals begreifen, denn er ist und bleibt ein gewöhnlicher preußischer Junker. Graf Westarp hat die Pelitik des Kabinetts Wirth als Selbstmord bezeichnet. Er und seine Freunde wollten das Londoner Ultimatum nicht unterzeichnen

und es auf die Besetzung des Ruhrgebietes ankommen lassen.

(Zuruf bei den Deutschnationalen; Die , kommt ja doch! Unruhe links Zuruf des Abg. Ledebour: Sie wünschen die Besetzung also. Es ist eine Schande, daß so etwas im Deutschen Reichstag gesagt werden darf) Es gibt vielleicht Hausknechte des deutschen Kapikalismus, die die Besetzung des Ruhrgebiets herbei⸗ wünschen. Eine solche Politik kann aber nicht als staatserhaltend bezeichnet werden. Schon vor Unterzeichnung des Friedens⸗ vertrages in Versailles haben wir erklärt, daß das, was uns an Lasten zugemutet wird, nicht erfüllbar ist. Nur um schlimmeres zu . haben wir die Politik des Versuches der Vertrags⸗ erfüllung gutgeheißen. Nur aus dem Gedanken heraus, i. wir nach dem verlorenen . wieder gut machen müssen, soweit das in unscren Kräften steht, haben wir schon im Sommer 1919

*) Mit Ausnahme der dur Sperrdruck hervorgehobenen Reden

der Herren Minister, die im Wortlante wiedergegeben sind.

verlangt, daß der Wiederaufbau der verwüsteten französischen Gebiete durch deutsche Arbeiter und deutsche Sachleistungen er⸗ folgen soll. Wenn bisher nach dieser Richtung nichts geschehen ist, so trägt nicht Deutschland die Schuld daran, sondern die fran⸗ zösische Regierung, die sich auf französische Kapitalisten stützt, die den deutschen ebenbürtig sind. Deshalb hat sich bisher das Werk der Versöhnung nicht vollzogen. Die deutschen Arbeiter haben sich für die Wiedergutmachung stets bemüht, und wir hoffen, daß die geschädigten französischen Bewohner, die sich jetzt organisiert haben, eine Sinnesänderung der französischen Regierung herhei⸗ führen werden. Wenn dem deutschen Volke auch durch den Versailler Vertrag und das Londoner Ultimatum unlösbare Auf⸗ gaben gestellt werden, so sind wir doch gezwungen, zu erfüllen, was überhaupt zu erfüllen möglich ist. Wenn Lloyd Georges kürzlich in London gesagt hat, Deutschland solle zahlen, weil es zahlen könne, so heißt das nur, Deutschland müsse zahlen, soviel es irgend zahlen könne. Cannes war ein Erfolg, den wir nicht überschätzen, aber noch weniger unterschätzen dürfen. Das Wirken Rathenaus hat dazu beigetragen, eine bessere europäische Atmosphäre für die Reparationsverhandlungen zu schaffen. (Sehr wahr! links) Das vermag das erhärmliche . deutsch⸗ nationaler Radauantisemiten nicht, und diese Herrschaften haben Rathenau während seiner schwersten Unterhandlungen in Cannes zu Hause herabgesetzt. (Sehr gut! links. Das muß an den Pranger gestellt werden. Die deutschnationale Presse und Partei wollten während des Krieges dem Erzbecken von Briey und Longwy das Schicksal von Bromberg bereiten. Dieselben Leute predigen auch Revanchepolitik, aber die deutschen Arbeitermassen werden diese Politik unmöglich machen. Und wenn den nationa⸗ listisch verhetzten Volksmassen vorgegaukelt wird, daß auf den 9g. November wieder ein 18. Januar folgen werde, so⸗ werden sie darauf wieder einen g. November erleben. (Sehr wahr! links; erregte Zwischenrufe zwischen rechts und links) Das Repa⸗ rationsthema wird von der Tagesordnung der europäischen Politik nicht mehr verschwinden. Wenn die Franzosen dieses Thema in Genug nicht behandeln wollen, so wäre das das Un⸗ glücklichste, was geschehen könnte, denn der Wiederaufbau Europas ist von der deutschen Reparationsfrage nicht zu trennen. Akademische Erörterungen in Genua könnten nichts nützen. Man verlangt von uns die Ordnung des deutschen Budgets und die Regelung des Papierumlaufs. Wir als Vertreter der breiten Massen haben selbst daran das größte Interesse, denn niemand leidet unter der Geldentwertung mehr als die breite Masse. Wir

müssen uns mit den äußersten Anstrengungen vor dem österreichi⸗

schen Schicksal bewahren daß die deutsche Mart heute schon mehr als fünfzig österreichische Kronen bedeutet. Die neuen Steuern werden unseren ordentlichen Haushalt in Ordnung bringen, aber es muß endlich auch die Veranlagung für 1920/21 restlos durch⸗ geführt werden, damit neben den Lohn- und Gehaltsempfängern auch die anderen Steuerzahler herangezogen werden, und auch die Umsatzsteuer wird besser erfaßt werden als bisher. Sodann müssen die Verkehrsanstalten in Ordnung gebracht werden. Es geht nicht an, daß aus den Gehaltsabzügen der Gehaltsempfänger Zuschüsse geleistet werden. Unser außerordentlicher Haushalt ist wegen der

unübersehbaren Lasten durch Steuern nicht in Ordnung zu bringen,

dazu bedarf es vielmehr der Erleichterung der Reparationslasten. Die Notenpresse darf nicht weiter in Bewegung gesetzt werden, um Umlaufmittel zu erhalten, wir müssen mit der Politik brechen, die die schwebenden Schulden fortwährend vermehrt. Dann bedarf Deutschland der Atempause. Ohne ein reiches Maß von Geduld kommen wir nicht vorwärts. Wir verlangen seit Monaten, daß der Besitz ein außerordentliches Opfer bringt. Er kann und muß es bringen. Die Auslandsguthaben des deutschen Handels und der Industrie müssen durch eidesstattliche Erklärung festgestellt werden, damit wir dem Ausland beweiskräftig nachweisen können, daß es die deutsche Kapitalkraft wirklich überschätzt. Industrie, Handel und Landwirtschaft müssen bis auf den letzten Pfennig ihrer Steuer⸗ pflicht genügen, insbesondere auch die Landwirtschaft, der der Ueber⸗ gang zur freien Wirtschaft ungeheure Riesengewinne in den Schoß geworfen hat. Dazu kommt noch die Erhöhung des Brotpreises. Große Parteien dieses Hauses scheinen gar keine Vorstellungen zu haben von der maßlosen Erbitterung in großen Kreisen der Be⸗ amten, Arbeiter und Angestellten über eine Ernährungspolitik, für die unsere Partei nicht verantwortlich ist. Auch die Arbeiter haben das größte Interesse an einer stabilen Währung. Für die Belastung der Sachwerte hat sich in diesem Hause leider noch keine Mehrheit gefunden, aber die Entwicklung wird zwangsläufig dazu führen. zeil wir keine Mehrheit dafür finden konnten, waren wir gezwungen, nach einem Ersatz zu suchen. Gerade weil die Konferenz in Genua bereits Anfang März tagen soll, konnte der Reichskanzler nicht in dieser Frage einen Volksappell versuchen. Wäre er aber zur Auflösung geschritten mit der Parole: „Die rechte Steuerverteilung“, dann hätte die Mehrzahl der Arbeiter, Angestellten und Beamten einen Reichstag gewählt, der ein ge⸗ rechteres Kompromiß gemacht hätte. (Widerspruch bei den Unab— hängigen) Herr Crispien, ich weiß nicht, aus welchem Grunde gerade Sie so nach der Auflösung des Reichstages schreien. Wir haben die Ueberzeugung, daß wir in den allerschwierigsten Ver⸗ handlungen das Maximum für die Arbeiterklasse herausgeholt haben, was in diesem Reichstag herauszuholen war. Damit müssen wir uns zufrieden geben. Wir haben in dem Kompromiß auch in die Erhöhung einiger Verbrauchsabgaben und indirekter Steuern willigen müssen. Das muß geschehen infolge des Vertrages von Versailles. Das haben wir bei jeder e, n,. den Arbeitern gesagt, und ich für meine Person habe den Arbeitern immer klar gemacht, daß es heute mit den indirekten Steuern eine andere Sache ist als vor Jahrzehnten. Gerade die unabhängige Partei hat ja auch immer betont, daß die Erfüllung des Vertrages von Ver⸗

sailles die einzig mögliche Politik ist. Dann můssen wir an Steuern haben in derselben Höhe wie in den Ententeländern. (Widerspruch hei den Unabhängigen) Erkundigen Sie sich doch bei der französischen Botschaft, Sie haben den Weg dahin ja auch früher schon gefunden. (Unruhe bei den Unabhängigen und Zuruf; Unverschaͤmt 5 Das ist keine Unverschämtheit. In der National. versammlung machte der Abg. Cohn Mitteilung von Dokumenten, die er nach seiner eigenen Aussage von der fräͤnzösischen Botschaft bekommen hatte. Wenn wir uns Mühe gegeben haben, diese; Kompromiß zustande zu bringen, so waren in erster Linie Gründe der Außenpolitik maßgebend. Die Zwangs anleihe wird keineswegs dazu führen, deutsche Vermögens substanz dem Ausland auszuliefern. Es wird ernstlich nachzuprüfen sein, ob nicht der neulich beschlossene Einkommensteuer⸗ tarif für die höheren Einkommen schleunigst wieder revibiert werden muß. In Frankreich ist ein Ministerium der schärfsten Tonart ans Ruder gekommen. Und das muß für unz ein Anlaß sein, alles zu vermeiden, was Wasser auf. die Mühle der Gewaltpolitik treibt. Zweifellos werden die Bemühungen der Franzosen scheitern, das Saargebiet und die Rheinlande uns ab⸗ wendig zu machen. Ich habe manchmal den Eindruck, als ob es der dentschnationalen Partei viel mehr darauf ankommt, die schwarze Schmach agitatorisch auszunutzen, als eine verstandige Volitit n treiben, die zur Abkürzung der Frist der Rheinlandkbesgtzunz führen kann. In der englischen Denkschrift für Cannes heißt ausdrücklich, daß Frankreich gewisse Garantien haben müsse England ist zu dieser Auffassung doch nur gekommen, weil fran= zössche Politiker den Engländern zu suggerie yen verstanden daß Frankreich wieder mit einem deutschen Angriff zu rechnen dãtti Wir aber wissen genau, daß eine deutsche Regierung. Hie 63 versuchen wollte, Revanchepolitik zu treiben, sofort den Rürger krieg im Lande entfesseln würde, denn die deutsche Arbeiter schaft wird sich zu einer solchen Politik, nicht, hergeben, Lebhafte Zustimmung bei den Soz.) Es muß alles beiseitege stell werden, was den Haß immer wieder entzündet, und dazu e ch, wir auch die Frage der Bestrafung der Kriegsverbrecher. Die Aß⸗ urteilung durch Richter eines fremden Landes schmeckt immer nicht nach Justiz, sondern nach Rache. Der betreffende Artikel is übrigens auf englischen Wunsch in den Versailler Vertrag hinein. gekommen. Aber auch die Engländer würden, wenn. der RKaistt ihnen wirklich in die Hände gefallen wäre, ihn nicht gehängt haben. Er wäre doch immer als Enkel der Viktoria betrachtet worden. Mir ist glaubhaft versichert worden, daß maßgebende französische Generale kein Interesse an die sem Artikel hätten. Hört, hört!! Die Militärs glauben ja, daß es ohne Krieg. in der Welt nicht geht, und man kann ja nicht wissen, wie ein tunstiger Krieg ausgeht. Wir hoffen, daß endlich diese Sache ausge räumt wird und nicht mehr zur Vergiftung der europäischen. Atmosphär benutzt werden kann. Wir sind durchaus damit einverstanden, ß der Reichskanzler keine große Offensive gegen die sogenannt

daß d n Vt h he von der deutschen Kriegsschuld unternommen hat. Mit dem, was der Reichskanzler über den Wiederaufbau. Rußland: gesagt hat, sind wir ebenfalls einverstanden. ; Hoffen lich erfülh sich die auf Genua gesetzten Hoffnungen. Aber nach den. Et. fahrungen mit Cannes ist es nicht ausgeschlossen, daß ein günstisn Ergebnis der Konferenz durch Wirkungen, die sich nachher be⸗ merkbar machen, sabotiert wird. Solche Einflüsse haben sich vor allem in den Parlamenten bemerkbar gemacht. Es ersche int mir daher zweckmäßig, wenn ein den. Wiederauftau. Europas b treffendes Konferenzergebnis den Völkern zur Ratifikation unter breitet würde. Auch wir glauben, daß bei Neuwahlen ein für den Wiederaufbau Deutschlands und Europas günstiger zu sammer gesetzter Reichstag zustande käme. Was läge näher, als in Gent zu vereinbaren, die Völker selbst zu befragen, ob sie n, Frieden wollen, und an einem Sonntage in allen in Betroh kommenden Ländern Neuwahlen stattfinden zu lassen? Es ist ein elende natio nalistische Lüge, zu behaupten. daß es auch nur eh Volk gibt, das sich nicht don Herzen nach einem wahren Frie sehnt. . Abg. Marx (GSentr): Wir haben schon wiederholt erlsit däß wir geschlossen hinter dem Programm des Reichs kan sn Wirth stehen und entschlossen jind, die Politik mit allen ni ur zu unterstützen, die auf die Erreichung der gestern vom Reih kanzler gekennzeichneten Ziele gerichtet ist. Von allgememR Redensarten, wie der Abgeordnete Graf Westarp gestern die Ahh führungen des Reichskanzlers bezeichnet hat, kann keine Rede in bei einem Reichskanzler, der sich für seine Ziele in den ie, Monaten konsequent eingesetzt und auch Erfolge erzielt he C ist einfach nicht zu bestreiten, daß die Politik des Kabinett Wirth tatsächlich Erfolge hatte. Ich bin so vermessen, der Vermtung Ausdruck zu geben, daß Graf Westarp gestern nur deshalb p be⸗ weglich darüber geklagt hat, nicht zu den Beratungen über da Steuerkompromiß hinzugezogen worden zu sein, weil auch et in Innersten zu der Ueberzeugung gekommen ist, daß mit ren negativer Politik nichts getan ist, und daß es nicht angeht, Mi Vaterland in höchster Not nur durch Kritik retten zu wollen sondern daß es gilt, tatkräftig die Hand anzulegen. Es ist aug ein Erfolg des Kabinetts Wirth, daß sich fünf Parteien zu sammen⸗ gefunden haben, um die schwierige und delikate Frage der Auf bringung der neuen Steuern gemeinsam zu lösen. Und ein st , Erfolg des Kabinetts Wirth macht sich auch in der außenpoliti Lage bemerkbar. Wir dürfen uns zwar keinem Optimismus hin geben, müssen aber mit jedem Schritt zufrieden sein, der . führt, daß wir in das Konzert der Völker wieder einrücken ; als gleichberechtigt anerkannt werden. Unsere Einlabung nan Genug ist ein nicht von der Hand zu weisender Erfolg unsereh

Es war notwendig, eine gemeinsame Basis michl re

Volk sich l. bracht

des Umstandes, daß uns die jeder Versuch einer Verständigung da großer Entschiedenheit muß ich es zurü r des Kabinetts Wirth als Selb stmord anspricht. de, lh die positiven Vorschläge des Herrn Grafen Westarp, die e nn ö. mörderische Vorgehen zu verhindern? Wenn wir die ö. eh Grafen RWestarp befolgt hätten. dann wäre jetzt das 8 . bereits zusammengebrochen. Man sollte sich hüten, so er en, em zu gebrauchen gegen Männer, die sich mit ihrer ganzen 2 setzen, das Volk aus seiner Not zu retten. Ob dieses 3 weiß der Herrgott allein, aber wehe dem, der nicht m . legt, um dieses Ziel erreichen zu helfen! Nach . ; Westarp über das Steuerkompromiß gesagt hat. , niht ganz gut zu sein, daß er zu den Kompromißberhan n, n hinzugezogen worden ist, denn dann wäre das Komp n gef, zustandege kommen. Von unserer Politik erhoffen wir neff hf rung unserer Zustände und in absehbarer Zeit he, nr wenn lichen Aufschwung. Mit Freunden würden wir es ien, gcfunhen ziesänf Karte., die sich in der Stengrfrage zusanimeh nnen, haben, auch weiterhin sich zusammenschlie ßen. wo te irt ber ven dann ein weiterer Erfolg der Politik des ,,,, V . semn segensreichen Folgen für das ganze dentsche Vo , . müßte. (Lebhafter Beifall im Zentrum) die Außen Abg. Dr. Breiticheid (ü. Soz): Wir haben Nie mög ich

politit es Tabletts Wirth untersftutz, weil fie die einzig neg.

der Erfüllung, sondern die Politit des ernstesten Erfüllungswillens Sehr richtig! links.) Man deutet mehr oder weniger verschämt an, wir ständen im französischen Solde, aber unsere Partei wird sich niemals auch nur im geringsten von irgendeinen Stelle Frankreichs beeinflussen lassen. Wir müssen alles tun, was in unseren Kräften 6 J . die r azis die Unniöglichteit des uns ĩ tepgrationsplanes Die inter⸗ nationale Arbeite rschaft in e lr hat ir e, , g fir den Higberguflgu Eurdhas gemacht, als bas ittne der Citen. z tut. Ueber die Ehrlichkeit der Politit streite ich mit dem Grafen WVestarp nicht. Was hat er denn für Vorschläge gemacht, um aus der Situation herauszukommen? Der Abg. Budjuhn rief dem Abg. Müller vorhin zu, die Besetzung des Ruhrreviers kame ja doch. Herr Budjuhn ist ein enfant terrible der Deutschnationalen und solche Kinder plaudern aus, was die Erwachsenen denken. Viel⸗ leicht ist den Herren sogar der Einmarsch mn das Ruhrrevier erwünscht, um die Politik Wirth zu diskreditieren. Hätten wir uns auf einen Zug gesetzt, wo Graf Westarp Zugführer und Herr Helfferich Heizer war, wir wären nicht nach' Eannes gekommen Cannes und Genug sind für meine Partei eine Genugtuung sie nähern sich den Gedanken der Amsterdamer Internationalen Kon⸗ serenz Nur eine vernünftige Politik des Erfüllungswillen? in Deutschland konnte den Umschwung der Stimmung in England bewirken. Würden heute in Frankreich Neuwahlen stattfinden so wäre es mit der nationalistischen Kammermehrheit vorbei. Mit der finanzpolitischen Fundamentierung der deutschen Reparations⸗ politik können wir uns aber nicht einverstanden erklären. Wir ver— werfen das Kompromiß, weil wir wollen, daß der Besitz seine Pflicht voll erfüllt. Redner verliest eine die ablehnende Stellung seiner Partei gegenüber dem Kompromiß begründende Resolution, in der betont wird, daß das Kompromiß nicht den Forderungen der Arbeiterschaft entspreche, wohl aber den Besitz schone. Redner schließt mit einer lebhaften Polemik gegen die Mehrheitssozialisten. Wir sind, so bemerkt er, gar nicht gefragt worden, ob wir mitgehen wollten, wir beschweren uns nicht darüber, wie Graf Westarp, son—⸗ dern stellen einfach fest, daß man uns nicht gefragt hat, und erst an uns herangekommen ist, als alles so gut wie sertig war, und man uns sagte: Friß Vogel oder stirb. Die Mehrheitssozial⸗ demokratie begibt sich in die Koalition mit der Deutschen Volts⸗ partei. Wir aber wollen das Interesse der Arbeiterschaft nicht opfern, um das Kabinet Wirth zu halten. Sie zur Mehrheits⸗ sozialdemokratie befinden sich jetzt mit der Deutschen Volkspartei auf der Hochzeitsreise nach Genua. (Heiterkeit) Wenn Ihnen auch die Braut nicht gefällt, so bringt sie doch eine gewisse Mitgift mit. Nur eine Warnung möchte ich Ihnen zurufen: Fürchten Sie nicht, daß mit einem solchen Bündnis mit der Deutschen Volkspartei sowohl innere wie außerpolitische schwere Gefahren für das deutsche Volk verbunden sind? Sie können die Republik nicht mit den Herren Stresemann und Stinnes stützen, und außenpolitisch können Sie nicht den guten Eindruck der bisherigen auswärtigen Politik aufrechterhalten, wenn Stinnes, der die deutschen Eisenbahnen an England und Frankreich verkaufen wollte, mit in der Koalition ist. Wir wahren die Interessen der Arbeiterschaft und werden auf der Hut sein. Es gilt zu kämpfen, zu wachen und zu arbeiten. GBeifall bei den U.⸗Soz.)

Abg. Dr. Becker⸗Hessen (D. Vp): An dem Steuer— lompromiß, das richtiger als Finanzkompromiß zu bezeichnen wäre, haben wir lediglich deshalb mitgearbeitet, weil wir der Ueberzeugung sind, daß alle, die die nötige Einsicht in die Notlage unseres Volkes und den Willen zu ihrer Beseitigung haben, sich zusammentun

Fesundung zu

müssen, um zu dem Anfang einer finanziellen lommen. Von unserer Beurteilung der bisherigen Politik des

Kabinetts Wirth weichen wir deshalb nicht um Haaresbreite ab

und von unserer Kritik der Regierung haben wir kein Wort zurückzunehmen, Eine gewisse Besserung in der Beurteilung unserer age und der Weltlage ist zweifellos eingetreten, aber die se Wand⸗ lung ist nicht ein Verdienst einiger Persönlichkeiten, sondern eine Folge der natürlichen Entwicklung, wenn wir auch die günstige e nfluffung der für die Weltpolitik maßgebenden Männer aner⸗ khwnen. Manche Rede, die hier in diesem Hause gehalten worden itz at unsere Stellung im Auslande nicht gestärkt und wäre besser unterblieben. (Sehr richtigl rechts. So haben Sie ja, Herr grispien, erst kürzlich erklärt, daß Sie Deutschland nicht als ihr Vaterland betrachten. Wir danken dem Reichskanzler dafür, daß er erklärt hat, es würde keine Regierung sich finden, die sich zur Auslieferung sogenannter Kriegsverbrecher hergibt, und auch dafür, daß er so entschieden für die Unabhängigkeit des Reichsgerichts sich eingesetzt hat und den Behauptungen Poincarss entgegengetreten ist Wir bedauern aber, daß der Reichskanzler die Be⸗ hauptungen Briands in seiner Rede in Washington über deutschen Kriegseinrichtungen und ferner, daß er die Aus⸗ führungen Poincarés, die Räumungsfristen hätten noch nicht zu laufen begonnen, unbeantwortet gelassen hat. Ich glaube wohl in Uebereinstimmung mit der Reichsregierung sagen zu dürfen, daß diese Auffassung Poincarss im Friedensvertrage leinerlei Stütze findet. Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit hätte deutscherseits auf die Unrichtigkeit einer solchen Auffassung hingewiesen werden müssen. Die Sanktionen, die Poincars mit uns vor hat, würden wiederum ein Bruch des Friedensvertrages sein, wie es seinerzeit die Besetzung der Ruhrhäfen gewesen ist. Weitere Sanktionen müßten noch schärfer verurteilt werden. Was die Androhung der Sanktionen bedeutet, sehen wir im besetzten Gebiet. Dort überwachen die Franzosen unsere Schulen, ob unsere Kinder auch im Geiste der Völkerversöhnung nach der Weimarer Verfassung gelehrt werden, andererseits drohen sie mit neuen Sanktionen, die gewiß nicht versöhnend auf den Geist der Kinder wirken können. Die Regierung sollte ernstlich die Propaganda für die Schuld der anderen am Kriege in die Hand nehmen (Sehr richtig! rechts) und dabei auch der Mitarbeit des Herrn Poincarés am Ausbruch des Krieges gedenken. (Sehr gut! rechts.) Unsere eziehungen zu Frankreich könnten dadurch nicht verschlechtert werden. Auch über die Abrüstung hat Poincars eigentümliche Anstchten geäußert. Ein kräftiges Wörtlein des Reichskanzlers darüber würde wirken, während unsere Reden verhallen. Die eichsregierung würde über den Verdacht jedes Chauvenismus erhaben sein. Wir freuen uns über den sogengnnten Erfolg in Cannes, schlagen ihn aber nicht übermäßig groß an. Wir haben von vornherein den Friedensvertrag für unerfüllbar erklärt, denn so leistungsstark ist die deutsche Wirtschaft nach dem derlorenen Kriege nicht. Den früheren Ausführungen des Reichs⸗ lanzlers konnte man entnehmen, wir könnten erfüllen, wenn wir nur wollten; ich sage nicht, daß dieser Ausdruck wörtlich gefallen ist. (Ruf rechts: Doch!) Aber man konnte es herauslesen, daß vir erfüllen könnten, wenn man nur die Leistungen aus dem Volle ,, , wollte. Jetzt ist die richtige Auffassung zum Lusdruck gekommen. Vom Steuerkompromiß behaupten die Un⸗ nbhängigen, die Industrie und Landwirtschaft habe dabei glänzend abgeschnitten. Graf Westarp dagegen legte dar, wie gut die Linke abgeschnitten habe; danach wird wohl das Kompromiß beiden Teilen gerecht geworden sein. Bedroht ist dadurch jedenfalls die Industrse und Fandwirtschaft nicht. Wir haben wochenlang schwer mit den Sozialdemokraten und der ganzen Linken darüber ge⸗ ngen und auch manches gesichert, was der Rechten dienen kann. Dafür hätten wir eher ein Wort des Dankes von den Deutsch⸗ tionalen hören müssen. Statt dessen macht man uns die hittersten äoFbürfe. Die Zwangsanleihe ist jedenfalls gegenüber dem Nachznofopfer von zwei Hebeln das kleinere. Gewiß ist auch, die Fhangzankeihe ein schweres Spfer, aber doch erträglich. Die Linke at z.B. verlangt, daß die Firmen, die die Sachleistungen über⸗ Rehmen, diese dem Stcat zum Spfer bringen sollen. Zwischenrußf: ns hat Georg Bernhard vorgeschlagen) Nein, das hat die Linke meren Kompromißverhandlungen verlangt. Die Zwangs⸗ nleihe ist ein schweres Opfer des Besitzes in einer Zeit, wo smaustrie und Landwirtschaft vor großen. Aufgaben stehen. Dir n wirtichaft hat die große Aktion der Förderung der Produ ttion

I 6 ö We r 8⸗ ( e nnr ins Auge gefaßt, sondern ist auf dem Wege der Aus⸗

n un

ng, aber dazu bedarf sie allein 26 Milliarden Mark, um den

Boden durch künstliche Düngemittel ertragreicher

. 3 h u machen. Di Preise der Düngemittel ) . vr

er ĩ steigen von Tag zu Tag mehr. Für die Industrie sind die Zeiten längst i. . e. . vermehrung zur Erweiterung des Betriebes dienen sollte; heute will man dadurch nur Betriebsmittel heranbekommen. Die Arbeiterlöhne sind auf das Dreizehnfache in die Höhe gegangen, aber die Dividenden sind, in Gold umgerechnet, lange nicht so ge— stiegen. Wir müssen versuchen, unseren Reichsetat in Srdnung zu bringen, und dazu müssen die Befitzfteuern wie die Verbrauchs steuern bis zur ãußersten Grenze belastet werden. Reicht das aber nicht aus und wir wissen, daß es nicht ausreicht dann gibt es nur noch zwei Mittel: entweder die Notenpresse arbeitet mit all den verhängnisvollen Folgen, die wir schon erlebt haben, weiter, oder wir greifen zum äußersten Mittel einer Anleihe, denn schließlich ist ja die Zwangsanleihe auch nichts anderes als eine Anleihe, und sie unterscheidet sich von der freien Anleihe nur dadurch, daß sie nach dem Vermögen verteilt wird, während man sonst auf die Freiwilligkeit angewiesen ist, und das in einer Zeit, wo man 40 Milliarden Mark braucht, nicht gerade sehr aussichts⸗ reich, also, an sich ist das Opfer, das mit der Zwangsanleihe ver⸗ langt werden muß, schwer, aber es gibt keinen anderen Weg, wenn wir aus der entsetzlichen Luderwirtschaft, die wir zurzeit haben herauskommen wollen, und von den beiden Möglichkeiten, der Fortsetzung der Inflation durch das Westerarbeiten der Noten— presse oder der Zwangsanleihe, ist die Zwangsanleihe zweifellos das lleinere Uebel. Die Klagen des Grafen Westarp über die Art und Weise, wie die Verhandlungen geführt worden seien, sind völlig unbegründet. Wir haben dem Vertreter der Deutschnationalen soweit es überhaupt möglich war, dauernd auf dem Laufenden ge⸗ halten, wie wir annehmen, daß auch die Mehrheitssozialdemokratie die Derren von der äußersten Linken fortgesetzt über den Gang der Dinge unterrichtet hat. Wir haben dem Kompromiß und wir haben speziell der Zwangs anleihe zugestimmt, weil wir durch die Vertreter der wirtschaftlichen Kreise, die in unseren Reihen sitzen darauf aufmerksam gemacht worden sind, daß nach der Theorie des kleineren Uebels die Zwangsanleihe, wenn sie auch ein schweres Opfer darstellt, das kleinere Uebel ist; die Herren von der deutschnationalen Fraktion schätzen ja sonst das Urteil dieser Sach⸗ verständigen so hoch ein, warum wollen sie es in dieser Frage einfach beiseiteschieben? Wir haben dem Kompromiß ferner zu⸗ gestimmt. weil es uns bei der gegenwärtigen außenpolitischen Lage zweckmäßig nicht nur, sondern notwendig erschien, zu erkennen zu geben, daß der größte Teil des ganzen deutschen Volkes noch einmal bereit ist, zu zeigen, wie ernst es ihm darum zu tun ist, die Finanzen des Reiches in Ordnung zu bringen. (Beifall.; In der Situatign, in der wir uns heute befinden, einen Wahlkampf heraufzubeschwören, der schwere Erschütterungen, ja manchen Teilen des. Reiches geradezu einen Zufammenbruch der Wirtschaft hätte herbeiführen können, haben wir nicht verantworten zu können geglaubt. Und ich bin fest überzeugt, wenn die Herren von der deutschnationalen Fraktion an den Kompromißverhand⸗ lungen beteiligt gewesen wären, so hätten sie vielleicht in dem einen oder anderen Punkte mit ihrer Geschicklichkeit noch mehr heraus— geholt, aber am Ende würden sie doch auch die Verantwortung abgelehnt haben, die Verhandlungen zum Scheitern zu bringen Im übrigen sind wir bei den Kompromißberhandlungen don folgenden Erwägungen ausgegangen: Die neuen Steuern, vor allem aber die Zwangsanleihe, bedeuten eine n,, Last für die deutsche Wirtschaft. Wir haben in den seithe rigen Verhandlungen mit aller Klarheit und Schärfe erklärt, daß wir diesem ganzen Kompromiß nur zustimmen können, wenn wir die Gewähr dafür haben, daß die Erträgnisse der zu beschließenden Maßnahmen sorgfältig verwaltet und einer wirklichen Sanierung der Wirtschaft im Reiche zue n hn werden. Wir haben deshalb unsere Zustimmung an die Bedingung geknüpft, daß uns persön⸗ liche und sachliche Gewähr für die richtige Verwendung der Reichs⸗ einnahmen und für eine Gesundung der Reichswirtschaft, insbe⸗ sondere der Betriebsverwaltungen, gegeben wird. Ich habe von meiner Fraktion den ausdrücklichen Auftrag, nochmals mit aller Schärfe zu erklären, daß wir diese Bedingungen unserer Zustim⸗ mung zum Kompromiß für so wesentlich halten, daß wir bei der Verabschiedung der Steuergesetze sowie des Gesetzes über die Zwangsanleihe nur dann für diese Verabschiedung eintreten werden, wenn uns bis dahin ausreichende Gewähr für die Schaffung geeigneter Sicherheiten gegeben sein wird. Sollte das nicht der Fall sein, oder sollten gar inzwischen Maßnahmen ge— troffen werden, die den zu fassenden Entschlie gungen vorgreifen oder sie erschweren, so werden wir für einen so schwerwiegenden

Eingriff in das deutsche Wirtschaftsleben, wie ihn vor allem die

Zwangsanleihe unserer , nach darstellt, die Verant⸗ wortung nicht tragen können. (Lebhafter Beifall und Zustimmung bei der Deutschen Volkspartei) Ich darf annehmen, daß der Reichstag und die Reichsregierung sich der Bedeutung dieser Er⸗ klärung in vollem Umfange bewußt sind. (Unruhe links und Zurufe: Vorbehalte) Wir können die Verantwortung für diese schwere Belastung des Wirtschaftslebens nicht tragen, wenn uns die Garantien für die Ordnung unserer Reichswirtschaft, insbeson⸗ dere der Reichsbetriebke, nicht gegeben werden, und wir behalten uns freie Hand bis zur endgültigen Verabschiedung der Gesetzes⸗ vorlagen vor. Im übrigen haben wir uns bei den Verhand— lungen wie immer leiten lassen nur von Rücksichten auf unser eigenes Gewissen und auf das Wohl unseres Vaterlandes. Wenn wir uns nicht einseitig auf den Standpunkt gestellt haben, dieses letzte große Opfer des Besitzes das letzte muß es sein abzu⸗ lehnen, so haben wir uns dabei auch von der Rücksicht auf den zweiten Teil des Namens unserer Partei leiten lassen, und ich möchte hoffen, daß alle Parteien, die sich auch Volkspartei nennen, ebenfalls der Verantwortung sich bewußt sein werden, die in diesem Namen liegt. (Lebhafter Beifall bei der Deutschen Volkspartei.) Abg. Dr. Petersen (Dem.): Ich habe zunächst für meine Fraktion die Erklärung abzugeben, daß wir bereit sind, die Regie⸗ rung bei der Lösung ihrer jetzigen Aufgaben zu unterstützen. Wir verlangen dabei gar keine persönlichen Garantien, sondern bedienen uns nur der Mittel, die uns die Verfassung an die Hand gibt. Das Hauptproblem hat Lloyd George richtig dargestellt, als er sagte, zur Befriedung der Welt bedürfe es Wiederherstellung des Vertrauens. Für das deutsche Volk ist der Weg, der zum Ver⸗ trauen und zur Gesundung der Welt führt, durch die Niederlage und den Frieden von Versailles vorgezeichnet. Soweit ich die frühere konservative und jetzige deutschnationale Partei verfolgt habe, ist sie zur Behandlung einer derartigen Frage nicht geeignet. Gerade was Graf Westarp gestern ausführte bestatigt die Auf⸗ fassung, daß wir mit einem einfachen Nein sagen, ein so schweres Problem nicht zu lösen vermögen. Ich bedaure auch, daß er auf die Politik der Regierung und der Kwoalitionsparteien die Bezeich⸗ nung „unehrlich“ angewendet hat. Er sollte doch wissen, wie ein solches Wort gegenwärtig zu unserem Schaden ausgelegt wird. Es ist aber auch einfach nicht wahr, denn er weiß, daß kein Mit⸗ glied dieses Hauses oder der Nationalversammlung irgendeiner einseitigen Entscheidung oder Bestimmung der Entente in Ver⸗ sailles, Spag oder hegüglich Oberschlesten zugestimmt hat, ohne ein⸗ mütig zu erklären, daß diese einseitig uns auferlegten Bedingungen nicht erfüllt werden können und nur hingenommen werden müssen, weil wir machtlos sind. Zu dem, was Graf Westarp über Wert und Bedeutung einer Persoͤnlichkeit sagte, möchte ich nur bemerken, daß, wie die Geschichte zeigt, auch der bedeutendste Staatsmann nur dann ee gehabt hat, wenn Tatsachen und Voraussetzungen für seinen Erfolg greifbar vorhanden waren und er seine Energie 6 die Auslösung des Erfolges einsetzte. Genau so hat auch ismarck gehandelt., Für die Erklärung, daß wir die Bedin⸗ gungen des BVersailler Friedens nicht erfüllen können, kommt es uf den richtigen bsychslogischen Moment an. Noch vor einem Jahr, würde der Erfolg einer solchen Erklärung ein ganz anderer gewesen sein. Einer unserer größten Erfolge in London ist gewesen, daß nach persönlichen Besprechungen die Bank von Eng⸗ land das höchst wichtige Dokument in die Welt setzte, daß, solan ge diese Rengrationsforderungen an uns gesteslt werden, für das deutsche Volk es keine Möglichteit gibt, irgendwo einen Kredit zu

bekommen. Es lommt also darauf an, wann man solche Er⸗ 4 abgibt. Sie kann, eine Woche oder auch nur einen Tag zu früh abgegeben, gerade das Gegenteil von dem herbeiführen, was sie im richtigen Moment herbeiführt. (Lebh. Zusrimmung.) Mit Recht hat Lloyd George darauf hingewiesen, daß der Krieg vielleicht hätte vermieden werden können, wenn damals eine Konferenz zusammengetreten wäre. Wenn wir seit der Niederlage so viel Schaden gehabt haben, so liegt das auch in den einseitigen Telegrammen und Noten von Ver⸗ sailles und Spaa, an dem Ultimatum und an der Oberschlesischen Entscheidung. Diese einseitigen Noten und Befehle, noch dazu mit Gewaltmaßnahmen zusammen, führen, wofür man sich auf Lloyd George berufen kann, nicht zur Gesundung, zur Erweckung des Vertrauens und zur Befriedigung der Welt. Wir wissen aber auch, daß unsere Lage sich nur bessern kann, wenn die Gewalt ausgeschaltet wird. Wir bedauern lebhaft, daß Frank⸗ reich trotz des Anerkenntnisses der Bank von England behauptet, es läge nicht am Nichtkönnen, sondern am Nichtwollen des deutschen Volkes, daß die Reparation nicht geleistet wird. Die Behauptung des französischen Ministerpräsidenten, daß es sich um eine Aende⸗ rung des Friedensvertrages handele, ist unrichtig, denn gerade nach dem Vertrag von Versailles ist die Herabsetzung der Repa⸗ rationsforderungen auf das, was Deutschland zu leisten möglich iz. ein Recht des deutschen Volkes, und ich sollte denken, es ist kein Verlust von Ansehen für irgendein Volk oder einen Staatsmann, wenn er sagt: Wir haben uns über den Zusammenhang der Dinge geirrt und Bestimmungen getroffen, die nicht durchführbar sind. Gerade ein geistig so hochstehendes Volk wie das franzöfische sollte sich nicht zu schämen brauchen, wenn es anerkennte, daß die seiner⸗ zeit einseitig aufgestellten Forderungen nicht durchführbar sind. (Sehr richtigh Unter den heutigen Verhältnissen muß die Ver⸗ mutung immer stärker werden, daß hinter den Erklärungen der französischen Staatsmänner der Vernichtungswille lauer! ssehr richtig! und durch diese Politik der Zerstörung des Deutschen Reiches werden leider innerhalb Deutschlands die Menschen zahlreicher, die gleichfalls

nur in der Gewalt suchen. r wünschen die Abrüstung, wir wünschen im Interesse der Befriedung Europas und der Welt die Herabsetzung der Reparation auf ein verständiges Maß. Wenn dem nicht vom französischen Volk trotz Uebereinstimmung der Welt, kann man jetzt wohl sagen, Rechnung getragen wird, so trägt das französische Volk und seine Staatsmänner die Verantwortung dafür, wenn trotz des in der überwiegenden Mehrheit des deutschen Volkes vorhandenen Verständigungswillens dieser nicht in einem Maße Ausdruck findet, wie es beiderseits zu wünschen wäre. Durch das Kompromiß der letzten Tage ist eins der schwierigsten Pro⸗ bleme gelöst vorden. Unter dem Wunsch, dem deutschen Vaterland zu dienen und über die schwere internationale Lage hinwegzu⸗ kommen, haben sich die Parteien gegenseitig verständigt, und es ist in höchstem Maße erfreulich, daß sich eine große Mehrheit von Parteien zusammengeschlossen hat. Wir wollen nur wünschen, daß diese Politik auch für die Zukunft guten Erfolg haben möge. Wir begrüßen diesen Zusammenschluß der Partelen als einen großen Schritt auf dem Wege der Gesundung der deutschen Par⸗ teien, als eine Steigerung ihres Verantwortlichkeitsgefühls für Volk und Vaterland und sprechen den Wunsch aus, daß diefe ge⸗ meinschaftliche Arbeit in Zukunft weitere Früchte tragen möchte. Die Lösung dieses großen Problems bedeutet auch eine ungeheure Stärkung unserer Staatsautorität. Wir, die wir auf demorratisch republikanischem Boden stehen, wünschen, diese Autorität sollte sich dahin auswirken, daß die Achtung vor dem Recht, vor den Persönlichkeiten, die nach der Verfassung die verantwortliche Regie rung zu führen haben, in ganz anderer Weise hochgehalten wird als bisher (sehr wahr!), und da appelliere ich gerade an die Parteien, die sich von dem Kompromiß ausgeschlossen haben. Es ist eine lächerliche Uebertreibung, wenn der Abg. Dr. Breitscheid, so tut als ob durch das Kompromiß dem Besitz keine Lasten auferlegl werden, und als ob der Besitãz in Deutjchland überhaupt geschont. würde. j Richtig ist nur, daß durch eine komplizierte Gefen gẽbung der Hesitz, aber zum großen Teil ohne scheine Schuld, infolge der Verzögerung der Durchführung der Gesetze vielleicht noch nicht geleistet hat, was er zu leisten hat. Die Belastung durch die Zwangsanleihe wird hoffentlich die Tüchtigkeit, Fahigkeit und Intelligenz der Unternehmer überwinden. Natürlich müssen die Tarife der Steuergesetze entsprechend den veränderten Geldverhält⸗ nissen jeweils revidiert werden. Ganz besonderen Wert legen wir auf die Gesundung unserer Reichsbetriebe. Ein Streit der Beamten wäre nicht das letzte gesetzliche Mittel, sondern das erste ungesetzliche. Die Beamten haben das Koalitionsrecht, aber nicht das Recht auf Vertragsbruch. (Lebhafte Zwischen rufe bei den Unabhängigen, besonders seitens des Abg. Erlspien) Wir er⸗ warten, daß die Regierung rücksichtslos gegen die Beamten vor— geht, die zu einem Streik hetzen. (Lekhaftes Hört, hört! bei den Unabh. Soz. und Komm., Unruhe links.) Ich verkenne die schwierige Lage der Beamten keineswegs und bin der Ansicht, daß die Besoldung nach sozialen Grundsätzen ausgestaltet werden muß. Aber es ist unerträglich, daß unsere Staatsbetriebe von lebens? , . angestellten Beamten unter Vertragsbruch stillgelegt werden. (Lebhafte Zurufe bei den Unabh. Soz.: Zurufe: Unerhörk) Das ist nicht unerhört, sondern diese Ansicht hät auch die Mehr⸗ heitssozialdemokratie in Weimar vertreten. (Hört, hört! bei den Unabh. Soz.) Die Macht in Deutschland geht vom Volke aus aber die einzige Verwalterin dieser Macht ist das Parlament. Bir wünschen, daß der Staat allen Organisationen, mögen sie begründet sein von wem sie wollen, die in die Rechte der Regierung und des Parlaments eingreifen, ganz entschieden entgegentritt. Wenn die Eisenbahnbeamten die Forderung nach der Au frechterhaltung einer bestimmten Betriebsform für die Eifenbahn aufstellen so ist das nicht ihre Sache, sondern lediglich Sache der Regierung und des Parlaments. Ich bitte die Regierung dringend, eiferfüchtig auf die Rechte des Kabinetts und des Parlaments zu achten. Das ist nicht formale Demokrgtie, sondern die notwendige Voraus setzung für die geordnete Führung der Staatsbetriebe uch ich wünsche, daß die beim Steuerkompromiß eingeleitete Politik der Mitte weiter bestehen und gute Früchte tragen möge. (Beifall bei den Demokraten.) ö

Abg. Leicht (Bayer. Vp): Es scheint, daß Frankreich hr und mehr bestrebt ist, die Konferenz n n . n kommen zu lassen, oder doch nur auf ihr politische Dinge ver⸗ handeln zu lassen, nicht wirtschaftliche Fragen. Frankreich scheint immer noch nicht erkannt zu haben, daß die Weltwirtschaft einer Katastrophe entgegengeht, wenn nicht in letzter Stunde noch die Völker und Regierungen sich , um dies zu verhindern. Wir begrüßen es, daß der Reichskanzler nachgewiesen hat, daß Deutschland mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen längst be⸗ onnen hat. Frankreich würde viel mehr Geld zur Verfügung be— ommen, wenn nicht sein Haß und seine Furcht gegenüber Deutsch⸗ land uns immer weitere Lasten aufbürdete, deren Kosten letzten Endes doch auch für Frankreich unprodiktiv sind. Bei dem Steuerkompromiß waren große Schwierigkeiten zu überwinden, da e5. sich um die alten Gegensätze zwischen direkten und indirekten Steuern handelte. Es geht nicht an, zu sagen, der Besitz sei frei⸗ gelassen worden. Es ist auch nicht richtig, zu behaupten, daß von den nenen Produktions programm der Landwirtschaft noch nichts in die Tat umgesetzt sei Bis zum 1. Januar dieses Jahres waren 2 Millionen onnen Umlagegetreide abgeliefert. Berücksichtigt man den Unterschied zwischen dem Ablieserungspreis und den Weltmarktpreis, so bedeutet das ein Milliardenopfer der Landwirt⸗ schaft. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Unabhängigen Sozialdemo⸗ raten) Man könnte vielleicht fragen, ob dies ein freiwilliges Opfer ist. Zum Beweise für die Opferwill igkeit der Landwirtschaft sei 6 daß z. B. die rechtsrheinische bayerische Landwirt⸗ 6 27 8330 Zentner Kartoffeln, 18119 Zentner Getreide, ! 189 Mark Bargeld für die Familienhilfe gespendet hat. Außer⸗ 16 3 8 bayerische Landwirtschaft Milch zu einem Um . 33 dark verbilligten Preise geliefert. (Zurufe bei den Un⸗ abhängigen en, ,, Auch in Ihren Gu den Ünab— hängigen Sozialdemokraten Reihen gibt Leute, deren Ver⸗