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Nichtamtliches.
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt)
. Deutscher Reichstag.
167. Sitzung vom 109. Februar 1922, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger )).)
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Be sprechung der Erklärung der Reichsregierung in Ver—⸗ bindung mit der Beratung des Antrages der Abgg. Hoff⸗ mann (kommunistische Arbeitsgemeinschaftj und Genossen auf Einstellung der Disziplinarverfahren hegen Eisenbahn⸗ beamte und Unterlassung von Einzel⸗ oder Massenentlassungen anläßlich des Eisenbahnerstreiks bei den Reichs- oder Staats⸗ betrieben. . . Sofort nach Eröffnung der Sitzung durch den Präsidenten Löbe nimmt das Wort der
Reichsverkehrsminister Groener: Meine Damen und Herren! Mein Standpunkt zum Beamtenstreik ist allgemein be⸗ kannt. Ich habe ihn bereits vor Jahr und Tag öffentlich kund— getan und niemals den Beamten meiner Verwaltung einen Zweifel darüber gelassen, daß Staatsbeamte, die gegen ihren Be⸗ amteneid verstoßen, indem sie unberechtigt die Arbeit niederlegen, eines schweren Dienstvergehens sich schuldig machen.
Glücklicherweise hat der von der Reichsgewerkschaft ange— zettelte Streik nicht nur Beamte gesehen, die ihre pflichtmäßige Arbeit verließen. Zehntausende sind auf ihrem Posten geblieben. (Gravoh In großer Zahl sind sie je nach ihrem Können und Vermögen an die Stelle der Streikenden getreten. Bei Durch⸗ führung des Notbetriebes haben sie Hervorragendes geleistet und ohne langes Zaudern alle Kräfte angespannt. Diesem staatstreuen Opfermut ist die Technische Nothilfe vollwertig zur Seite getreten. (Bravo! vechts und in der Mitte. Ihre Mitglieder folgten über⸗ all dem Ruf der Führung nach Kopfzahl, Einzel⸗ und Gesamt⸗ leistung mit gleichem Anspruch auf volle Hochachtung und Dank⸗ barkeit. Ihnen gesellten sich die Arbeiter zu, die in richtiger ge⸗ werkschaftlicher und staatspolitischer Erkenntnis von vornherein es abgelehnt hatten, den Streik mitzumachen, einige Punkte Deutschlands ausgenommen.
Dieses dreifache Zusammenwirken hat unser Vaterland vor einer schweren Hunger⸗ und Kohlenkatastrophe, vielleicht vor noch Schlimmerem bewahrt. Darum sage ich wärmsten Dank all den tapferen Nothelfern, Beamten, Angestellten und Arbeitern (leb⸗ hafter Beifall in der Mitte und rechts) für ihre aufopfernde Leistung, und ich dehne diesen Dank ohne Einschränkung aus auf die Eisenbahner in Süddeutschland (bravo!), die ihr gesundes Urteil mit Recht höher eingeschätzt haben als die verhängnisvolle Taktik ihrer Führer in Berlin. (Sehr richtig!)
Den Opfern an Leben und Gesundheit, die in den letzten Stunden des Notbetriebs noch gebracht werden mußten, wendet sich unser aller tiefes Mitempfinden zu. Sie sind gestorben und haben geblutet bei Bewährung häöchster Bürgertugend in selbst⸗ losem Dienste ihrer Mitmenschen. (Bravo! in der Mitte und rechts.) Soweit sie unseren Dank nicht mehr zu vernehmen ver⸗ mögen, wollen wir ihn den Hinterbliebenen abstatten; den Ver— letzten wollen wir zu Hilfe kommen, wo immer ihr Wohl es erheischt. (Bravo!) D .
Meine Damen und Herren! In dem Ultimatum der Reichs—⸗ gewerkschaft wurde verlangt: erstens Zurückziehung des Referenten⸗ entwurfs eines Arbeitszeitgesetzes, da er ein ungerechtfertigtes Ausnahmegesetz für die Eisenbahnbeamten darstelle (sehr richtig! auf der äußersten Linken), zweitens Aufhebung aller Verordnungen und sonstigen Anordnungen, durch die bereits jetzt Einschränkungen der bisherigen Bestimmungen über den Achtstundentag durchzu— führen versucht würden. Dazu habe ich folgendes zu bemerken: Zu Punkt 1. Der Herr Reichskanzler hat schon ausgeführt, daß eine Zurückziehung des Referentenentwurfs mit irgend einer Berechtigung zunächst deshalb nicht beansprucht werden könne, weil die Verhandlungen über den Gegenstand noch nicht ab— geschlossen seien und überdies meine endgültige Entschließung überhaupt noch nicht vorliege.
Ebensowenig aber läßt sich der Standpunkt begründen, daß es sich etwa um ein sachlich ungerechtfertigtes Ausnahmegesetz für Eiesnbahnbeamte handle. (Zuruf auf der äußersten Linken: Doch!) Jeder Arbeiter in der Privatindustrie muß täglich acht Stunden angestrengt arbeiten. Dasselbe gilt nach dem Reichslohntarifvertrag auch für alle Arbeiter der Eisenbahnverwaltung. Im Eisenbahn⸗ betrieb gibt es aber außer der eigentlichen wirklichen Arbeitszeit auch Bereitschaftsdienst, und für Lokomotiv-⸗ und Zugpersonal solche Zeiträume, in, denen das Personal auf fremder Station unbe— schäftigt warten muß, bis für seinen Zug die Zeit zur Rückkehr gekommen ist. Von der Reichsgewerkschaft wird der Standpunkt vertreten, daß solche Zeiten restlos als wirkliche Arbeit zu werten seien (hört, hörth, lediglich deshalb, weil das Personal nicht zu Hause sein kann. Diese Forderung würde dahin führen. daß im Ergebnis solches Personal in seiner Mehrheit täglich nur fünf bis setbs Stunden, einschließlich des Vor- und Abschlußdienstes, wirk⸗ liche Arbeit zu leisten hätte. Der Entwurf des Arbeitszeitgesetzes beabsichtigt nichts anderes, als lediglich dieses offenbare Unrecht zu verhindern und zu beseitigen. Bereitschaftsdienst darf nur zum Teil als wirkliche Arbeitszeit gerechnet werden. (Sehr richtig! in der Mitte) Die Grundsätze des achtstündigen Arbeitstages werden durch den Referentenentwurf des Arbeitszeitgeßsetzes, der in unserem Ministerium aufgestellt ist, in keiner Weise angetastet. Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)
Unrichtig ist auch, daß es sich um ein Ausnahmegesetz für Beamte handelt, da es für die Eisenbahnverwaltung auch auf Arbeiter und Angestellte Anwendung zu finden hat und gleiche Grundsätze in dem vom Reichsarbeitsministerium vorgelegten Ent⸗ wurf eines Arbeitszeitgesetzes für die gewerblichen Betriebe ent⸗
halten sind.
Zu dem zweiten Punkt ist zu bemerken: es ist völlig unzu— treffend, daß durch das Reichsverlehrsministerium oder irgendeine
mwvterstellt Behörde Anordnungen erlassen worden seien, durch die bereits, jetz Einschränkungen der bisherigen Bestimmungen durch⸗ zuführen versucht werden. Richtig ist vielmehr, daß lediglich mit aller Entschiedenheit dahin gestrebt wird, daß die bisher geltenden Vorschriften so durchgeführt werden, wie es nach ihrem Wortlaut
Mit Asnghme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Miniüter. die im Wortlaute wiedergegeben find.
und Sinn zur Hebung der wirkschaftlichen Leistung der Eisenbahnen unerläßlich notwendig ist. Diese Maßnahmen sind erforderlich ge⸗ worden. weil tatsächlich in vielen Bezirken die bisherigen Be⸗ stimmungen in einer Weise angewendet werden, die in offenbarem Widerspruch zu den Borschriften steht., (Hört, hört) Lediglich diese in der Durchführung begriffene richtige Anwendung der bis- herigen Vorschriften hat zu starken Beunruhigungen im Personal geführt, weil unverantwortliche und völlig ungerechtfertigte Ver⸗ günstigungen beseitigt werden mußten.
Die Reichsregierung hat sich bereiterklart, ebenso wie sie dies bereits mit den Großorganisationen der Gisenbahner getan hat, auch mit den Spitzenorganisationen der Arbeiterschaft in eine ein⸗ gehende Beratung aller dieser Fragen einzutreten.
Meine Damen und Herren, es war bei Ausbruch des Streiks notwendig geworden, auf Grund des Art. 48 der Reichsverfassung eine Verordnung des Herrn Reichspräsidenten herbeizuführen. Ueber die Wirkung dieser Verordnung bei der Bekämpfung des Streiks kann ein Urteil erst abgegeben werden, wenn die Berichte von den Eisenbahndirektionen erkennen lassen, in welcher Art und Weise die zuständigen Behörden von der Verordnung Gebrauch gemacht haben. Es kommt eben bei einer solchen Berordnung auf Grund des Art. 48 der Reichsverfassung lediglich auf ihre An—= wendung an. Es könnte nun die Rechtsauffassung vertreten werden, daß mit der Aufhebung der Verordnung auch die Straf⸗ barkeit der während ihrer Geltung begangenen Vergehen entfallen set. Diese Auffassung ist irrig! Nach der feststehenden Recht— sprechung des Reichsgerichts findet der Grundsatz des Strafgesetz⸗ buches, daß bei Wechsel der Strafgesetzgebung stets das mildere Gesetz anzuwenden sei, hier keine Anwendung. Denn es handelt sich um eine Rechtsbestimmung, die von vornherein nur vorüber⸗ gehenden Charakter haben sollte. (Sehr richtigh
Meine Damen und Herren, ich komme zu den Richtlinien, die ja bereits in der Presse bekanntgegeben sind, und nach denen das Disziplinarverfahren von mir gehandhabt werden soll. Diese Richt⸗ linien sind nichts anderes als der selbstverständliche Ausfluß des Neichsbeamtengesetzes, über dessen Absichten und Bestimmungen keine Regierung sich hinwegsetzen kann. Ich würde es mit meinen Auffassungen über das Verhältnis der Beamten zum Staate und mit meiner Verantwortlichkeit als Minister gegenüber diesem hohen Sause nicht vereinbaren können, schwere Dienstvergehen von Beamten nicht zu verfolgen. (Lebhafte Zustimmung rechts, im Zentrum, bei der Bayerischen Volkspartei und den“ Deutschen Demokraten.) Täte ich dies, so würde ich mich selbst eines schweren Dienstvergehens schuldig machen. (Erneute Zustimmung) Auch bin ich verpflichtet, dafür zu sorgen, daß das Ansehen und die Autorität der Eisenbahnbehörden im Lande und gegenüber dem Personal gewahrt bleibt. (Sehr richtig! bei den Dentschen Demo= kraten und im Zentrum.) Was würden die pflichttreu gebliebenen Beamten von mir und der ganzen Regierung halten müssen, wenn alle diese Dienstvergehen, die in den Richtlinien aufgeführt sind, wie mit einem Schwamm weggewischt werden! (Sehr wahr! rechts, im Zentrum, bei der Bayerischen Volkspartei und den Deutschen Demokraten) ö ö
Es handelt sich dabei auch gar nicht etwa um eine Willkür der Verwaltung. Es wird lediglich mach Gesetz und Recht berfahren. Beim Disziplinarverfahren kommt eber vor seinen ordentlichen
Richter und wird im ordentlichen richterlichen Verfahren in zwei
Instanzen Gelegenheit haben, seine Sache zu vertreten. Auch bei den kündbaren Beamten ist das Verfahren mit zwei Berufungs⸗ instanzen durch Verordnung festgelegt und jegliche Willkür aus geschlossen.
Wie der Herr Reichskanzler gestern schon ausgeführt hat, sind die Richtlinien über die Anwendung und Durchführung diszipli⸗ närer Maßnahmen vom Gesamtkabinett einmütig aufgestellt worden. Ich trage im Nachfolgenden diese Richtlinien vor.
1. Das förmliche Disziplinarverfahren soll eingeleitet werden gegen Beamte, die
a) Urheber des Streiks waren,
b) Sabotage oder gewaltsame Eingriffe in Verwaltung, Ver— lehr oder Betrieb verübt oder andere Beamte an der Er— füllung ihrer Dienstpflichten durch Gewalt oder Drohung
mit Gewalt gehindert haben. Als Urheber gelten wie im Gesamtkabinett festgesetzt worden ist, nicht nur diejenigen, die an den zentralen Stellen, sondern auch diejenigen, die draußen in den Verwaltungsbezirken zum Aus— bruch oder zur Fortsetzung des Streiks hervorragend gewirkt haben. 2. Soweit im übrigen einzelne Beamte wegen des Streiks zur Verantwortung gezogen werden, soll nur auf Ordnungs strafen erkannt werden, sofern sie alsbald zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten zurückkehren. Geldstrafen sollen nur in besonderen Fällen verhängt werden. Damit wird die Zusage der Reichsregierung, daß Massendisziplinarverfahren und Massenentlassungen nicht erfolgen sollen, erfüllt. Wenn die Regierung darauf verzichtet, die beamtenrechtlichen Folgen der Gesamtvorgänge im großen Maße sich auswirken zu lassen, so tut sie das in der Erkenntnis, daß die übergroße Mehrheit der Streikenden in dem irrigen Vertranen auf die Richtigkeit der Behauptungen und Erwartungen ihrer Führer in den Kampf hineingegangen ist. Immerhin muß die Möglichkeit gewahrt werden, auch bei diesen Beamten im Einzelfall mit Ordnungs⸗ ö vorzugehen, wobei Geldstrafen die Ausnahme bilden ollen.
3. Ueber das Diensteinkommen während der Streiktage gilt
die Bestimmung des 5 14 Abs. 3 des Reichsbeamtengesetzes, wonach für die Streiktage der Beamten die Gehaltszahlung nicht zulässig ist. . 3 4. Soweit Disziplinarverfahren bereits eingeleitet sind, sollen sie im Rahmen der vorgetragenen Grundsätze nach den gesetzlichen Bestimmungen weitergeführt werden, das heißt nur dann, wenn es sich um Urheber des Streiks oder um Sabotage oder ähnliche Falle handelt. . 5. Die kündbaren Beamten sollen nach den gleichen Grund⸗ sätzen behandelt werden. ; Danach find kündbare Beamte, die Urheber des Streiks waren oder Sabotage oder gewaltsame Eingriffe in die Verwaltung oder den Betrieb verübt haben oder andere Beamte durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt an der Erfüllung ihrer Dienstpflichten ge⸗ hindert haben, zu entlassen. Soweit sie schon entlassen sind, werden sie uicht wieder eingestellt. Das persünliche Beschwerderecht bleibt diesen Beamten in vollen Umfang gewahrt. Die übrigen
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kündbaren Beamten werden allgemein zur Beschüftlgung wiede:
zugelassen, auch wenn sie schon entlassen worden sind. .
Nach diesen Richtlinien, meine Damen und Herren, werde ich alle zu meiner Kenntins gelangenden Fälle behandeln, und ich habe meine Präsidenten beauftragt, im Sinne dieser Richtlinken vorgu gehen. Die Entscheidung über die Durchführung aller disgiplinären Maßnahmen liegt nach dem Gesetze und dem Willen der Reicht. regierung in der Hand des dem Reichstag verantwortlichen Ressort. ministers.
Wie notwendig ein entschiedenes Vorgehen jn disziplinärer
Beziehung aus Anlaß des Beamtenstreils ist, zeigen eine Reihe von Einzelfällen, die ich hiermit erwähne, ohne auf weiteres Material eingehen zu wollen. Es sind in einer Reihe von Bezirken bedauerlicherweise erhebliche Sabotageakte vorgekommen. Ez wurde auf Ausstchtsbeamte geschossen, es wurden Handgranaten—= anschläge verübt (lebhafte Ruse: Hört! Hört!), Schienen auf Gleiste gelegt (hört! hörth, Lokomotiven mit Puffern ineinandergefahren, so daß Drehscheiben und Zufahrtsstraßen gesperrt waren hörtl hört! rechts, im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten; Zu- ruf von den Kommunisten: Das haben sie im Kriege gelernth, Hemmschuhe in Hauptgleise eingesetzt, um Personenzüge zur Eni= gleisung zu bringen (Bewegung und lebhafte Rufe: Hört! Hört! Gasschläuche in Lokomotiven durchgeschnitten, Roste ans Lokomo= tiven entfernt, Teile aus Wasserkränen beseitigt und anderes mehr. (Zurufe im Zentrum: Verbrecher! — Zuruf von den Kommunisten. Ihr habt sie dazu gemacht! Sie sind der direlte Urheber des Streils! — Gegenrufe im Zentrum und rechts.) Ich komme nun zu der Einrichtung des Notbetriebes. Meine Damen und Herren! Es ist gelegentlich die Auffassung lant geworden, daß det Einsatz der Technischen Nothilfe nur sehr unvoll⸗ kommen und nicht rechtzeitig gewirkt habe, und daß die Verwaltung sich über den Erfolg der Technischen Nothilfe Täuschungen hin— gegeben habe. (Sehr wahr! bei den Deutschnationalen und bei der Deutschen Volkspartei) Ich brauche wohl nicht besonders darauf hinzuweisen, daß es eine ungeheure Aufgabe ist, in einem völlig stillgelegten Eisenbahnbetrieb von solch bedeutender Ausdehnung, zumal bei den überaus schwierigen Witterungsverhältnissen, mit ganz neuen Kräften den Betrieb wieder in Gang zu bringen. Vor Erlaß der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten war ich durch die bisherigen Grundsätze gehindert, in den eigentlichen Betriebs dienst die Technische Nothilfe einzusetzen. (Hört! Hört! bei den Deutschnationalen und bei der Deutschen Volkspartei Im übrigen aber waren in sehr weitgehendem Umfange alle erforderlichen Vor⸗ bereitungen getroffen n
Um ein anschauliches Bild zu geben, wie wirkungsvoll schon in den ersten Tagen sich die Technische Nothilfe geltend gemacht hat, habe ich mitzuteilen, daß bis zum 5. Februar 12 Uhr nachts, also drei Tage nach Beginn des Streiks, bereits mehr als 500 Nothelfer der Technischen Nothilfe eingesetzt waren. (Zuruf von den Kom— munisten: Gemacht haben sie nichts) Ich will bei die sem Anlaß auch nicht unterlassen, die bedauerliche Tatsache festzustellen, daß däs nichtstreikende Personal in einigen Bezirken das Versprechei⸗ der Durchführung eines Notbetriebes mit eigenem Eisenbahn, personal abgegeben hat, um die Technische Nothilfe auszuschalten, daß diescs Versprechen aber nicht gehalten ist. (Lebhafte Rilfe⸗ Hört! Hört! Hihzu kommtt, deß auch einzelne Landes tegiernn get ich mehrete Tage dagegen gesträubt haben, Techn ische Nofh f einsetzen zu lassen sstürmische Rufe: Hört! Hört! Welche? Namen nennen!), und daß es besonderer Vermittlung bedurfte, um aich dort den Einsatz zu erreichen. Erneute Rufe: Wo war das)) Durch solche Umstände kam es, daß der volle Einsatz der Technischen Nothilfe sich erst am 7. Februar auswirkte. (Hört! Hört!)
Im ganzen sind von der Technischen Nothilfe bis zu diest m Tage eingesetzt worden rund 12000 Hilfskräfte, und zwar 1200 Lokomotivführer, 2000 Lokomotivheizer, 1000 im Stellwerke dienst, 3060 im übrigen Eisenbahnbetriebs- und Verkehrdienst und als Arbeiter. .
Die Erfahrungen, die aus diesem Rotbetrieb gezogen werden können, werden uns wichtige Richtlinien für die Zukunft geben. (Sehr richtig! rechts) Ehe wir darüber aber ein Urteil abgeben können, ist es notwendig, die Berichte der Eisenbahndirektionen über den ganzen Verlauf der Bewegung abzuwarten. *
Was die Wiederaufnahme des Betriebes anlangt, so ist diese
abhängig in erster Linie von der Kohlenversorgung der Eisenbahn
selbst und dann von der Beseitigung der Lokomotivschäden und der Frostschäden an Signal⸗ und Weichenanlagen. Die gesttig Betriebslage betrug rund 30 33, in einzelnen Bezirken auch mehr, Berlin⸗Ost, Breslan und Stettin bis zu 40 . Bei günstiger Entwicklung und beim Nachlaß der Kälte wird in etwa acht Tagen mit einer vollen Betriebsleistung wieder gerechnet werden können.
Meine Damen und Herten! Bei der Beurteilung der Ereignisse ist es ganz selbstverständlich, daß die psychologischen Momente bon mir durchaus gewertet werden. Für die Zukunft aber ist es er⸗ forderlich, daß die gesamte Beamtenschaft sich einig fühlt in dem Gefühl der engsten Verbundenheit mit dem Staate (sehr richtigh und in dem Gedanken, daß die Reichsbahn nur zu der alten Blüte emporgebracht werden lann, wenn Pflichttreue und freudige Hin⸗ gabe an die schwierigen Aufgaben des Betriebes wieder selbl⸗ verständliche Eigenschaften jedes Eisenbahners geworden sint (Beifall bei den Deutschnationalen und im Zentrum. — Unruhe und Zurufe von den Kommunisten) .
„Bräsident Löbe teilt mit, daß der Abg. Ledebour ein Mö, trauensvotum beantragt hat, das damit motsviert wird, daß duch die Ausnahmeverordnung des. Reichs präfidenten unter Veranh wortlichkeit der Reichsregierung ein Streikverbot für Beamte er⸗ lassen und dadurch das Streikrecht der Begmten Aufgehoben ei, daß ferner die Reichsregierung den Achistundentag an taste
erhandlungen mit den Streikenden abgelehnt habe ünd Maß regelungen von Streikenden vornehmen wolle. .
„Ferner macht Präsident Löbe davon Mitteilung, deß folgender Antrag Adolf Ho ffm ann und Bartz eingegangen =
„Der Reichstag wolle beschließen: 1. etwa beschlagnahm Streit. und, Gemerkschafts gelder sind sosort freizugeben. Cahen rechts); 2. die vorgenommenen Verhaftungen sind, somweit die Bun, e en noch nicht auf , Fuß sind, sofart aufzuheben; 6. di Reichsregierung wird ersucht, bei ber preußischen Landesregierum 3 zu eh, da . e, . Magistrat ö aus An eis, Streils erfolgten Maßregelungen wieder rückgängig m (Lachen rechts.) , e nn .
Abg. Wels (Soz): Ich bedaure nichts stärker, als baß b
egen alle rg g Regeln ö . , , Notstandsarbeiten dem Verkehrsntinister Gelegenheit geben ⸗ ein Loblied auf die Technische Not ilfe , , wm. Ich stehe nil an, zu erklären, daß wir die Technische
othilse als einen Fat .
chen, der zur Beruhigung der Arbeitermaß ü lte Arbeiterkreise in dem Streik die wird der Gewerkschaften Kin die Ii * zen . * 4 9 * . . . r Spannun e der Beamtenschaft und dem Start mehr beigetragen 4 — er den Ausdruck Beamtenrevolte' nicht gewählt hätte, obwohl ich glauhe, nach seinen früheren n ngen. daß diefes Wort in dem Sinne gemeint wär, daß es sich um den Anfang einer Be⸗ wegung Hndelle, bei der möglicherwelse aus der Beahntentevofie eine epo suttonäre emegung herauswachsen lönnie. Unzwejsel. haft 2 tet der Streik ein großes materielles und morasisches Unglück für Deutschland, darüber önnen wir wohl alle einig sein. ber darum ist es auch unumgänglich notwendi die Ursachen die ser ewegun kennen zu lernen und ihre Sie, zu verstopfen. 8e ist nicht zu Lerlennen, daß in der, Bejoldungsordörang in n= kunft sozia lere Gesichtspunkte zur Geltung kommen in er nach der Meinung der gesamten unteren und mittleren Beamtenschaft, und zwar gegen den Widerstand der höheren Veamten, benen man nachsagt, daß sie nach dem Worte handen: Wer das Krenz hat, der segnet sich . Dazu kommt auch die Art der Verhand⸗ lungen mit den Vertretungen der Beamten und AÄrbelter Wenn ich auch zugestehen will, daß die Beamtenschaft ein voll gerütteltes Maß zür Klage hat, so bin ich doch nicht in der Lage, die Art zu billigen, wie sie in den Kampf eingetreten ist und wie sie ihn geführt hat, insbesondere nicht, wie die Streilleitung sich an⸗ geblich auftlärend an das Volt gewendet hat. Ich erinnere nun an das Extrablatt vom 56. Februar, worin 3. 8. gesagt ist, daß die Regierung unter Bersickstchtigung der Geldentwertung an den Deamtengeldern bi AM Milliarden spare. (Heiterielt Das ist Niotit. Die Valutafrage kann nur international geregelt werden. Wir Sozialdemokraten sind durchaus dafür, daß die Ge⸗ hälter sich der wachsenden oder sinkenden Kaufkraft des Geldes anzuschließen haben. Wir wehren uns auch gegen jeden Versuch, den Achtstundentag, eine der wichtigsten Errun nschaften der Revolution (gachen rechts), zu zertrümmern. Ich freue mich, daß der Verkehrsminister auch an dem Achtstundentag der n, nicht rütteln will. Auch die Streikteitung erklärte ihr Ber— ständnis . eine Differenzierung der Arbeits leistung und Arbeits⸗ reitschaft, und sie hat der Reglerung Vorschläge vorgelegt. Nach unseren Grundsätzen, die schon zu Zeiten des Sozialistengesetzes Grillenberger dargelegt hat, soll ein Streik niemals stattfinden, um zu provozieren und Unzufriedenheit zu erregen, sondern nur, Denn die Arbeiterschaft allgemeines Verständnis dafür hat Dieser Streik fand keine Sympathie bei der Arbeiterschaft, und trotz ihres Kampfes gegen die Technische Nothilfe fuhren' auch Kommunisten in Zügen, die vsn der Technischen Nothilfe geführt wurden, und gebrauchten das Wasser, das die Technische Nothilfe in die Wohnungen brachte. (Heiterkeit Die Arbeiterklasse hat die Wirkung dieses Streiks viel mehr empfunden als die Bürger⸗ lichen. In Berlin litt der vornehme Westen weit weniger darunter, als die Arbeiterviertel im Norden und Osten litten. Andererseits glaubte man auf der Gegenseite, daß mit Gewalt alles zu erreichen sei. Der politische Radikalismus findet sich letzs auch in den Rechtsparteien, der erste Verhaftete war ein deutschnationaler Stadtverordneter. Die Revolution sollte niemals zu einer bloßen Lohnbewegung werden, die Eisenbahnbeamten haben aber den Staat überrumpelt. Die Arbeiterkreise be⸗ ürchteten, daß unverantwortliche gegenrebolutionäre Elemente den Streik schürten, und es hieß sogar, daß FTapp und Oberst Bauer wieder im Lande wären. Das die Verordnung des Reichspräsidenten angeht, so wäre die Regierung von der Rechten und auch den Mittelparteien aufs heftigste angegriffen worden, wenn ste diese nutzlose Verordnung nicht erlassen hätte. Für die Zukunft müssen wir daraus lernen, daß man mit solchen Maßnahmen der Autorität vielleicht mehr shaädet ols nützt, In dem schwierigen Problem des Streitrechtz der Beem ten hesteht zwischen dem Standpunkt der Deutschnationalen and dem der russischen Sowsetregierung vollkommene Ueber⸗ einslimmung. Ein russischer Eisenbahner, der seine Kameraden zum Streih auffordern würde, hätte wahrhaftig nichts zu lachen. Zurufe linls.. In einer Verordnung des Arbeiter⸗ und Soldaten⸗ raies vom Jahre 1918 wurde der Streik in lebenswichtigen Be⸗ trieben verboten. Ist es vielleicht ein Unterschied, wenn eine Dpposttionspartei das Beamtenstreikrecht billigt, während Mit⸗ Lieder derselben Partei, die in anderen Staaten Minister sind, ein Streikrecht der Beamten aufs schärfste bekämpfen? (Redner zititert den unabhängigen Minister Lipinski) und ah. fort: Der Vorwärts sagt zu der Stellung des unabhängigen? inisters: Wir möchten doch nicht ganz so weit gehen wie der Minister Lipinski. Ich laube aber, daß es in diesem Hause keine Partei gibt, die den Veamten unter allen Umstinden das Streikrecht zubilligen will. Noch niemals ist eine Regierung bereit gewesen, ihren Begmten unbeschränktes Streikrecht zu gewähren. Unbeschränktes Streik⸗ zecht wäre das Recht, das Maß der Bezüge sowie das Maß der Leistungen sich selber zu bestimmen. Für den Arbeiter ist der Streit ein Kampf um Sein oder Nichtsein, der streikende Beamte riskiert nichts, wenn der Staat nicht auch die Rechte gegen ihn gebrauchen kann, die jeder Privatunternehmer gegenüber dem Arbeiter hat. Dem Streikrecht der Arbeiter steht das Aussperrungsrecht der Unternehmer gegenüber. Hier würde der Staat hinter den Privat⸗ unternehmer zurückgestellt werden. Ich glaube nicht, daß die Beamtenschaft solche Vorrechte gegenüber der Arbeiterschaft be⸗ anspruchen will. Der Gesetzgeber wird hier vieles nachzuprüfen haben. Ein letztes Notwehrmittel darf allerdings leinem arbeiten den Menschen versagt bleiben. Im besetzten Gebiet hat es auch Beamtenstreiks gegeben. Zwischen dem Streik vom Mär 1826 und dem vom Februar 1922 ist ein großer Unterschied. Das zu lösende schwierige Problem ist festzustellen, wo das Notwehrrecht des arbeitenden Menschen anfängt. Die a ,,,, daß nach der Weimarer Verfassung den Beamten ein Streikrecht zust inde, ist irrtümlich. Die Durchführung der angekündigten Richtlinien muß von jeder Schikane frei sein. Das Wort Lenins: „Arbeit und Disziplin können uns nur retten“ gilt auch für Deutschland. Wir wollen kämpfen für unsere große Idee: Hingebung an das allgemeine Wohl, sozialen Sinn, d. h. sozialistische Gemeinschaft, dann wird über bas . des Arbeiters und des Beamten nach dieser dunklen Zeit die Sonne wieder heller scheinen.
Abg. Dr. Höf le (Zentr); Mit Recht hat der Ahg. Ersing bei der , , ben de r . Streik der Reichsgewerkschaft als ein Verbrechen bezeichnet. Ich kann dem Abg. Delius in der Auffassung nur zustimmen, daß das Vorgehen des Vorstandes der Feichsgewerkschaft, die ohne Urabstimmung den Streik proklamiert atz ein glatter Satzungsbruch war. (Sehr richtig) . und besonders bemerkenswert ist, daß die Reichsgewerkschaft nach Praklamierung des Ausstandes die übrigen Srganisationen, die ie von dem beabsichtigten Streik nicht verständigt hat, um Unter⸗ stützungen angegangen ist. Die Haltung des Deutschen Beamten⸗ bundes war leider wankeimütig. Eine klare Haltung des fenen Beamtenbundes hätte ihre günstige Wirkun nicht verfehlt. m Dank des Reichskanzlers und des Eisenbahnministers an die Irganijsationen, bie fich gegen den Streik gewendet haben, kann ich mich nur anschlie ßen. Dieser erste große Beamtenstreik wirft vor allem die Frage nach dem Streikrecht der Beamten auf. Der err Reichskanzler hat seinerzeit den Beamtenstreil als mit dem Degmtencharakter unvereinbar bezeichnet. Ich persönlich sehe in biesen Auzführungen des Reichskanzlers mir die praktische Kon, Heinen einer stets zum Ausdruck gebrachten Auffassung über das Verufsbeamtentum. Namen meiner Fraktjon habe sch offiziell zu erflären, daß diese Auffaffung des Reichslanzlerz in der Frage Veamtenstreikrechts sich vollkontmen mit der Auffassung der trumgfraktion deckt. (Zustimmung im Zentrum) Zwischen nem bedingten und einem ,,. Streikrecht eine Grenze gehen zu wollen, erscheint nicht möglich. Wir haben immer schon n Standpunkt vertreten, daß die Beamten das Streikrecht für iich in Anspruch nehmen dürfen. In dieser Beziehung ist
die genckrumsfraftion auch vrogrammatisch festgelegt Es fragt sich nun ob eine . des Beamtenrechts notwendig * um diese Frage nicht eine für allemal klarzustellen. Die Be— amtenorganisationen jelbst sind sich über die Frage des Strein⸗= ö nicht einig. Darüber, daß die Beamten dag Vereinigungs⸗ echt und Vereinigungsfreiheit haben, kann kein Zweifel bestehen. Nach den allgemeinen Ve sriffen würde sich das Streikrecht mit Foglitionsrecht decken, Aber Artikel 159 der Reichsversassung spricht nur von der Verzinigungsfreiheit der Beamten, nicht aber von einer Koglitionsfreiheit der Beamten. Seinerzeit hat der sozialdemokratische Berichterstatter in Weimar ausdrücklich erklärt, daß aus piesen Bestimmungen der Reichsvoerfassung nicht ein Streikrecht für die Beamten herausgelesen werden könne. Dem Einwurf der Beamtenschaft gegenüber, sie sei ohne Streikrecht dem Parlament völlig ausgeliefert, ist auf die Praxis zu verweisen, daß, die Regierung sich bei alen grundsätzlichen Beamtenfragen vorher mit den ,,, der Beamten in Verbindung gesetzt hat, und daß daz Parlament an den Wünschen der Be= amtenorganisationen nicht vorübergegangen ist. Vielleicht ist es aber zweckmäßig eine . zu schaffen, die berufen „etwaige zwischen Regierung und Beamtenschaft fich ergebende differenzen zu schlichten. Der Vergleich des ei en Streiks mit den Vor⸗ Inn beim Kapp⸗utsch ist abweglg. em Kapp⸗Putsch handelte es sich nicht um einen Streik der Beamten, sondern lediglich darum, daß damals die Beamtenschaft einer verfassungswidrigen e n , die ien n, verweigerte. Der Beamte hat aber nach der Verfassung und auf Grund seines Diensteides die Verpflichtung, die bestehende Verfassun a schützen er Vorwurf gegen die Regierung, daß sie zu J app gewesen sei und zu viel Kon⸗ ze , gemacht habe, ist . . unzutreffend. Von Kon⸗ ö ionen auf materiellem Gebiel ist gar keine Rede. Daß die Besoldungsordnung reformbedürftig ist, und 9 namentlich die Grundgehälter einer Revision bedürfen, habe ich hier schon im November namens meiner Fraktion betont. Die Notlage der Beamtenschaft ist allgemein anerkannt. Es hätte wahrhaftig eines Ultimatum bedurft, um den Gedanken der Reform= bedürftigkeit der Besoldung zum Ausdruck zu bringen. Wir dürfen nicht einer fleinen Gruppe entgegenkommen, die jeder— zeit bereit ist, die Hand an die Gurgel des Staates zu legen. Dem Antrag Hoffmann auf vollständige Amnestie für die Streikenden, können wir uns nicht anschließen. ir stehen auf dem Boden der vom Kabinett beschlossenen Richtlinien. Un⸗ berechtigt ist es auch, wenn man dem Reichskanzler einen Vorwurf daraus macht, in die Rechte des Verkehrsministers eingegriffen zu haben. Der Streit lief ins politische Fahrwasser hinein, und es ist dem Reichskanzler gelungen, ihn rechtzeitig zu beenden, bevor weitere Gefahren entstanden. Nach der Verfassung bestimmt der Reichskanzler die Linien der Politik und trägt dem Reichstag gegenüber die Verantwortung. In dem Augenblick, wo eine politische Gefahr vorlag, war es also Pflicht des Reichskanzlers, einzugreifen. In demselben Augenblick, wo wir uns bemühen, die Entente von dem Ultimatum abzubringen und auf den Weg nüchterner wirtschaftlicher Verhandlungen zu führen, müssen wir es erleben, daß Beamte der Regierung ein Ultimatum stellen und damit unsere ganze auswärtige Lage gefährden. Der Reichskanzler hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Entente nur mit einem arbeitsfreudigen und ordnungsliebenden Deutschland verhandeln wird. An der Gesundung der Eisenbahnen hat auch gerade die Beamtenschaft das größte Interesse. Gewisse Kreise haben die Staatsform der Republik für den Streik verantwortlich gemacht. 55 meine aber, daß alle Parteien, ganz gleichgülti ob sie in der
egierung sitzen oder außerhalb stehen, die Verp lichtung haben. die Staatsautorität unter allen Um ständen * stützen. (Leb⸗ hafte Zustimmung, im Zentrum) Das Verständnis dafür ist ja auf der äußersten Linken leider nicht allzu groß ich bedaure aber, daß auch ein Teil der rechtsstehenden Presse, wie z. B. die. „Süddeutsche Zeitung“, die Gelegen⸗ heit benutzt hat, um sich erneut an der Republik zu reiben.
Nicht verkennen will ich, daß auch bei der Regierung sich gewisse
Mängel gezeigt haben. Es darf nicht fernerhin eine Organisation nicht als vollwertig angesehen werden, die sich doch durchaus guf die Seite der Stagtsautorität stellt. Die Technische Nothilfe hat sich durchaus bewährt und sie muß weiter bestehen bleiben nach den Erfahrungen in Berlin, wo Kinder und Kranke dem Terror ausgesetzt worden sind und unglaubliche fa ing in den Kranken⸗ häusern einrissen. Auch müssen die fa chen Vorstellungen über die Technische Nothilfe beseitigt werden, wie sie z. B.. in Rummels⸗ burg dahin geführt haben, daß die Bäcker der Technischen Nothilfe das Brot verweigerten. (Beifallsrufe bei den Kommunisten.) Venn Sie (zu den Jommunisten) dazu Beifall , , so zeigen Sie Ihren wahren Charakter, (Pfuirufe bei den Kommunisten.) Alke Bemühungen werden erfolglss sein. wenn es nicht gelingt, bei der Beamtenschaft das politische und soziale Verantwortlichkeits⸗ gefühl zu stärken. Uns liegt es wahrhaftig fern, das Beamtentum u einem Helotentum herabdrücken zu wollen, auch bei den Beamten soll der Persönlichkeitswert zur Geltung gebracht werden. Aber mit aller Schärfe muß gesagt werden, daß für einen Beamten die Anerkennung der Staatsautorität das entscheidende Prinzip sein muß. Ich spreche die Hoffnung aus, daß dieser Streik die irregeleiteten Beamten wieder zu ihrem Pflichtbewußtsein zurück⸗ ühren wird, und daß wieder Vertrauen zwischen der Beamten⸗ a. und der Regierung eintreten möge. (Beifall im Zentrum.) Abg. Berndt (D. Nat); Im Sinne des weit überwiegenden Teiles der Bevölkerung kann ich sowohl den Streik der Eisenbahn⸗ beamten als auch den der Berliner Gemeindearbeiter als ein freventliches Verbrechen bezeichnen, zumgl der Eisenbahnerstreik in eine Zeit der größten außenpositifchen Nöte Deutschlands gefallen ist. Die schwersten außenpolitischen Gefahren hätten herauf⸗ beschworen werden können, die Kohlensendungen an die Entente hätten ins Stocken geraten und damit den französischen Be⸗ strebungen nach 6 des Ruhrreviers . geben können, und die neuesten Erfüllungsversprechungen der Reichsregierung hätten Schiffbruch gelitten. Im Innern ist eine ungeheure Preis⸗ steigerung auf allen Gebieten der Lebenshaltung und eine Stockung der Lebensmittelversorgung eingetreten. Viele Waren sind auf dem Transport verdorben, von einem Viehtransport nach dem entralpiehhof sind, da die Tiere nicht verpflegt wurden, siebzig tück Großvieh eingegangen. Die Frühjahrsbestellung unserer Landwirtschaft war gefährdet, da die künstlichen Düngemittel nicht herangebracht werden konnten. Selbst die Gewerkschaftskreise fanden, daß für den Berliner Streit kein Streibobjekt vorlag. Nicht einmal die Notstandsarbeiten wurden verrichtet, da fehlt jedes Verantwortungsgefühl. Mit ausgesuchter Niedertracht sind die Kommunisten darauf ausgegangen, die Leiden der Bevölkerung bis aufs äußerste zu steigern. (Verärgerte Zwischenrufe bei den Kom⸗ munisten) Die Aerzte konnten keine lebenrettende Operationen vornehmen, Säuglinge und Kinder waren der Gefahr des Todes , m, Herzzerreißend (Lachen bei den Kemmunisten) waren die Hilferufe sämtlicher Aerztevereine und Hausfrauenvereine, herz= rreißend die Notrufe der Krankenhäuser. besonders des Ra iser⸗ riedrich⸗Kinderkrankenhauses, wegen dieses frivolen verbrecheri⸗ chen Streiks. Aergerliche ne len links. — Ein Kommunist ruft: eißen Sie Ihr freches Maul nicht so weit auf. — Große Unruhe.)
Wir billigen zum Teil die Erklärung des Reichskanzlers in bezug
auf die grundsätzliche Stellung zum Beamtstreik, aber auffallend
die wiederholte Betonung, daß es sich um den ersten Beamten⸗ err gar e worauf ja schon die Linke mit dem Zwischenruf
app-Putsch geantwortei hat. Schon beim Kapp-⸗utsch streikte
die Beamtenschaft. Die wiederholte Betonung des „ersten“ Be⸗ amtenstreiks scheint — ich bitte mir das nicht übel zu nehmen (Heiterkeit) — auf ein schlechtes Gewissen hinzudeuten. Aber die grundsätzliche Erklärung gegen das Streikrecht der Beamten hat uns frendig überrascht, denn das waren deutlich deutschnationale
öne. (Große Heiterkeit. Wir stellen fest, daß die Reichsregierung . Frage des Beamtenstreils ietzt den deutschnationalen Stand⸗ verfahren will.
punkt einnimmt und danack in Zukunft Einer ausführlichen Stellungnahme über die Frage des Streik⸗ rechts der Beamten sind wir angesichts unserer vollen Ueberein⸗
desawvouiert. Wer 6 handelt, wie die
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Gerade der Umstand, daß in dem größten Teile der Beamitenschaft diese Gesinnung noch lebt, ist die sicherste Gewahr für den Bestand der Republik. (Zustimmung rechts, Gelächter links) Staatsautorität, Pflicht und Gewissen sind in der Re⸗ volution untergegangen. Krasser Egoismus ist an die Stelle der Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit getreten. (Leb. Widerspruch links) Es ist ein Hohn, wenn sich heute die Sozsal⸗ demokraten so seht über den Beamtenstreik entrüsten. Sie haben den allerwenigsten Anspruch darguf, denn sie ernten nur, was sie jahrzehntelang gesät haben. (Lebh. Zustimmung rechts) Der Herr Abgeordnete Wels hat uns heute das Schauspiel geboten. wie man einen Eiertanz aufführt. Er ö. den Beamten ein be⸗ dingtes Streikrecht zugestanden. Das steht doch in Widerspruch zu der Haltung des Vorwärts“. Von den Sozialdemokraten ist früher jahrzehntelang das sogenannte Streikrecht der Beamten gepredigt worden. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Redner kritisie rt in längeren Ausführungen die Haltung der Sozialdemokraten zur Frage, des Beamtenstreikrechts und wird dabei von lebhaften Zwischenrufen der Mehrheitssozialisten unterbrochen. Es ist nicht zus verwundern, wenn sich die Beamten nach dem Streik im Mär 1920 ein Streikrecht onstruiert haben. Der erste Begmtenstreik war nicht der jetzige Eisenbahnerstreik, sondern der im März 1929. Es bleibt dabei, daß die Regierung damals zum Generalstreik aufgerufen hat. (Lärm bei den Mehrheits sozialdemokraten. Die Gründe zum Streik waren für mehr als 80 vH. der Eisenbahner lediglich wirtschaftliche Sorgen. Selbstyerständlich haben hinter einem Teil aber auch politische Drahtzieher gestanden. Die Re⸗ gierung hätte aus eigener Initiative und rechtzeitiger die Be⸗ amtenhesoldung nachprüfen müssen. Die Erbitterung der Loko⸗ motivführer kann man verstehen, wenn diese sehen müssen, daß ein Schlosser erheblich mehr Einkommen hat, und die Regierun immer erst Zulagen dann gewährt, wenn die Aufbesserung 2. die Teuerung längst illusorssch gemacht ist. Der Vorsitzende der Reichsgewerkschaft, Menne, hat zur Erfüllung seiner gewerkschaft⸗ lichen Funktionen ausgedehnten Urlaub erhalten. Nachdem er im Lande umherreiste, hätte die Regierung hellhörig und hellfichktig werden müssen. Aber mit sträflichem Optimismus hat die Re⸗ gierung dem Unheil entgegengesehen, mit einem Optimismus, wie fie ihn zum Schaden unseres Vaterlandes schon öftens be⸗ wiesen hat. Die gegenteiligen Erklärungen des r,, . sind nicht richtig. Die Regierung ist sich zunächst über den Um⸗ fang des Streiks gar nicht klar gewesen. Der Notverkehr war völlig anz ien ich Eine geradezu lächerliche Kühnheit, vom Reichskanzler ist es, zu behaupten, die Regierung sei jederzeit Herr der Situation geiwesen. (Lachen rechts) Bon er . * keit der Regierung, wie sie bei Beginn des Streiks in 1ussicht gestellt wurde, kann nicht die Rede ein. Groß sind die Fälle von Mißhandlungen gegen Nothelfer. Bezeichnend ist es auch, daß manche Landesregierungen sich zunächst weigerten, die . Nothilfe zuzulassen. Leider hat der Minister uns die Namen ber betreffenden Länder nicht genannt. Wäre die Regierung fest ge⸗ blieben, hätten die Beamten ihr Festigkeit zugetraut, dann wäre der Streik zweifellos schneller beendigt gewesen. Die Verordnung des Reichspräsidenten hätte gegen die Hetzereien der Freiheit“ und der „Roten Fahne“ zur Anwendung lommen müsfen. (Zuruf; Hu, hu! auf der äußersten Linken) Ein Polizeibeamtenverband hat zur Sammlung für die Streikenden aufgerufen, (Lebhaftes Bravo! bei den Kommunisten Das zeugt davon, daß ein aller—= dings nur kleiner Teil der Schupobeamten mit den Streikenden sympathisierte, während die große Mehrheit zweifellos verfa ungs⸗ treu und durchaus zuverlässig ist. Die Regierung hätte auch nicht dulden dürfen, daß die von der Streifleitung inspirierten Na 2. richten über die Ausdehnung des Streiks unwidersprochen in die Welt hinausgingen. Von Festigkeit zeugt es auch nicht, daß Streik= führer an einem Tae verhaftet, am anderen aber wieder frei- gelassen wurden. Aus allen diesen Gründen nur hat sich der Streik so lange halten können, insbesondere durch die jahrzehnte⸗ lange Verhetzung der Beamten durch die Sozialdemokratie und die falsche Besoldungspolitik der Regierung. Dle Regierung und die Sozialdemokratie sind mitverantwortlich und schuüldig an diesem Streik, der leider mit einem Kompromiß gee et hat. Entgegen einer früheren Zusage hat die Regierung mit rtretern . Streilleitung direkt verhandelt. Der Reichskanzler Wirth hat durch diese direkte Verhandlung die Minister Gröner und Hermeß e egierung hier gehandelt hat, der bringt sich selbst um jeden Glauben und jedes Vertranen— (Lebh. Zustimmung rechts In einer solchen todernsten Situation ist jedes Kompromiß eine Niederlage. Das Verhängnis volle dieses Streikausgangs wird sich erst zeigen. Gerade mit Rück. sicht darauf, daß dieser Streik von inker Seite in politisches Fahrwasser gezogen werden sollte, hätte die Regierung unter allen Umständen festbleiben müssen. Wir sind auch besorgt hinsichtlich der Durchführung der Disziplinierungen. Der Ge= meindarbeiterstreik in Berlin ist dank der Rest fte des Ober⸗ bürgermeisters Böß zusammengebrochen. Der Technischen Not⸗ ilfe, sprechen guch wir an dieser Stelle unse ven herzlichen Dank aus. Aus den Ereignissen müssen wir die Lehre siehen, daß von einer Regierung, in der der sy ialdemo⸗ kratssche Einfluß maßgebend ist, nie ünd nimmer eine Gefum ung unserer Verhältnisse kommen kann. Der Sozialismus ist an se ner eigenen Lehre ,, ye ,. links Das hat der „Vorwärts. selbst zugegeben. Der Sozialismus hat 3 Recht Regierung und das Staatsleben be
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