1922 / 76 p. 14 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Mar 1922 18:00:01 GMT) scan diff

liche Tatsache, daß wir durch den Friedensvertrag wertvolle landwirt- liche Ueberschußgebiete, die in hoher Kultur standen, verloren haben, und daß die Dichtigkeit der Bevölkerung jetzt nach Kriegsschluß in dem verkleinerten Staatsgebiete unverhältnismäßig gewachsen ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine Steigerung der Erzeugung über den Umfang der Friedenserzeugung zu erreichen. Aus diesen wenigen Ausführungen wird sich ohne weiteres ergeben, daß wir nicht allein mit der Erhöhung der Intensität, nicht allein mit der Grweiterung der Anbauflächen mindestrns bis zum früheren Zustand das Ziel werden erreichen können, daß sich auch dieses hohe Haus gesteckt hat, sondern daß es notwendig sein wird, Neuland der landwirtschaftlichen Kultur zu er⸗ schließen und Moor und Oedländereien in weitem Umfange zu kulti⸗ vieren und der landwirtschaftlichen Benutzung zuzuführen.

Im Zusammenhang hiermit möchte ich meinen Dank dafür aus⸗ sprechen, daß das Haus in der Erkenntnis der Notwendigkeit bereit gewesen ist, nicht nur das Bodenverbesserungsgesetz anzunehmen, sondern auch die ursprünglich geforderte Summe von 100 Millionen Mark auf 300 Millionen Mark heraufzusetzen und damit einerseits der Bedeutung der Aufgabe gerecht zu werden und andererseits dem gesunlenen Geldwert Rechnung zu tragen. Ich darf weiterhin der Erwartung Ausdruck geben, daß der weitere Gesetzentwurf, der 100 Millionen Mark zur Restkultivierung der staatlichen Moore in Hannover fordern wird, gleichfalls die Zustimmung dieses hohen Hauses finden wird.

Ich begrüße es auch in diesem Zusammenhang, daß die preußisch⸗ deutsche Landwirtschaft entschlossen ist, aus sich heraus an das Hilfs⸗ werk heranzugehen, das kein anderes Ziel verfolgt als die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung sowohl auf dem schon vorhandenen Kulturland als auch vor allen Dingen durch Erschließung neuen Kulturlandes. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß dieses Hilfs⸗ werk demnächst aus dem Zustand der Vorbereitung heraustreten kann und in die Wirklichkeit wird übergeführt werden können. Tat⸗ sächlich ist hier jeder Tag Verlust ein Verlust für die Gesamt⸗ beit des Volkes. Die Eigentümer von landwirtschaftlichem Grund und Boden haben in diesen Besitzungen ein sehr wertvolles Pfand, um sich dadurch die gewaltigen Kredite zu sichern, die sie zur Durch⸗ führung des Hilfswerks zweifellos nötig haben.

Habe ich so mit wenigen Worten darauf hingewiesen, daß das Ziel, das wir erreichen wollen, noch fern ist, und daß es gewaltiger Anstrengungen bedarf, um ihm näher zu kommen, so kann ich auf der anderen Seite erfreulicherweise feststellen, daß der Anfang zu einem Aufstieg in der landwirtschaftlichen Erzeugung gemacht ist, und daß die statistischen Angaben über das letzte Jahr diesen Aufstieg deutlich erkennen lassen. Das geht allein schon aus den Zahlen über den Viehbestand hervor, die die Zählung vom 1. Dezember 1921 ergeben hat, auf die schon der Herr Berichterstatter und, wenn ich nicht irre, auch einer der Herren Abgeordneten hin gewiesen hat. Ein wachsender Viehbestand ist die Grundlage auch der intensiven Ackerkultur, und insofern ist die Zunahme des Viehbestandes ein erfreuliches Zeichen dafür, daß die Steigerung der landwirtschaft⸗ lichen Erzeugung ihren Anfang genommen hat.

Ich will Ihnen nur einige wenige Zahlen vorführen, um zu zeigen, daß der Viehstand wenigstens im Jahre 1921 gegenüber dem Bestande am 1. Dezember 1920 erheblich zugenommen hat, daß er aber andererseits, wie auch nicht anders zu erwarten ist, hinter dem Viehstand des Jahres 1913 nach der Zählung vom 1. Dezember des erwähnten Jahres noch zurückbleibt. Die Zahl der Pferde betrug am 1. Dezember 1921 rund 3 680 000; das bedeutet gegenüber dem Vor⸗ jahre eine Zunahme von mehr als 95 000 Stück oder 2.665 vo, gegenüber dem Pferdebestande am 1. Dezember 1913 allerdings noch eine Abnahme um 152 550 Stück oder 3,17 v́H.

Die Zahl des Rindviehs betrug am 1. Dezember 1921 16 840 000; das sind 32 768 Stück mehr als am 1. Dezember 1920; die Zunahme betrug hier allerdings nur 0,19 vo. Gegenüber der Viehzählung vom 1. Dezember 1913 haben wir 1731 000 Stück weniger, was gegenüber dem Friedensbestande eine Abnahme von 9,32 vH bedeutet.

Die Zahl der Schafe hat am 1. Dezember 1921 gegenüber dem Friedensbestande vom 1. Dezember 1913 nahezu um 900 000 Stück zugenommen, was einer Vermehrung von annähernd 18 v entspricht. Sie hat im letzten Jahre eine Abminderung um 267 500 Stück erfahren, entsprechend einem Hundertsatz von 4335. Das ist ein mittelbarer Beweis dafür, daß die Ackerkultur wieder zunimmt, da das Schaf gewissermaßen vor der intensiveren Ackerausnutzung zurück= weicht.

Was die Zahl der Schweine angeht, so hat sie im letzten Jahre eine Zunahme von annähernd 1700 000 Stück erfahren, was einem Wachstum von beinahe 12 vH entspricht. Allerdings ist gegenüber dem Friedenestande noch eine Abnahme von nahezu 30 vy zu ver zeichnen, indem die Gesamtzahl beinahe 6 8So0 000 Stäck geringer war als im Jahre 1913.

Die Viehhaltung liefert den Stalldünger für den Acker, und je mehr sie zunimmt, um so größer ist die Menge der Nährstoffe, die dem Acker durch den Stalldünger zugeführt werden, und es läßt sich annähernd berechnen, wie die Steigerung des Viehbestands sich in dieser Beziehung auswirkt. Ich möchte Ihnen hierzu einige kurze Zahlen geben. Es standen an Stalldünger für die Ernte 1913 zur Verfügung in 1000 t berechnet 450 Stickstoffdünger, gegenüber einer Menge von nur 190 im Jahre 1921, während die Phosphor⸗ säure gleichfalls einen Rückgang aufweisen muß, und zwar von hi0 in 1913 gegenüber 310 in 1921, was einer Abnahme von 40 pH ent⸗— spricht, während die Stickstoffdüngung aus Stalldünger gegenüber den Stalldüngermengen aus Friedenszeiten einen Rückgang um 500 vH aufweist. nicht in der dog, die Vergleichszahlen zwischen 1900 und 1921 nach dieser Richtung zu geben, aber sie werden zweifellos eine gewisse Besserung entsprechend der Zunahme des Viehbestandes aufweisen müssen. Auf der anderen Seite aber ist die Zufuhr von künstlichen Düngemitteln in erfreulicher Zunahme gewesen. Es standen an Stickstoffdünger zur Verfügung in 100 t gerechnet für die Ernte 1913 185. dagegen 1921 212, was einer Zunahme von 27 vH entspricht. Un— günstiger liegen, wie Ihnen allen bekannt ist, die Verhältnisse auf dem Gebiete der Phosphorsäureversorgung, denn dort standen für 1913 550, im Jahre 1921 268 zur Verfügung, was eine Verminde⸗ rung um mehr als die Hälfte bedeutet.

Wag die allerneuesten Zahlen über die Düngungeversorgung anlangt, so zeigt sich darin eine weitere Aufwärtsbewegung der zur Verfügung stehenden Stickstoffm! und Kalidängermengen, und diese Zahlen lassen auch erkennen, daß eine gewisse Besserung in der

Zufuhr von Phosphorsäure sich bemerklich macht. Ich möchte nach der Richtung nur einige wenige Zahlen geben. Es liegt jetzt vor die Belieferung der Landwirtschaft auf 9 Monate, vom 1. Mai 1921 bis 31. Januar 1922, die ich in Beziehung setzen möchte zu dem entsprechenden Zeitraum in den Jahren 1920 und 1913. Es wurden geliefert vom 1. Mai 1921 bis zum 31. Januar 1922 an Stickstoff 199 500 t, während der gleichen Zeit im Vorjahre 123 000 t, und in der Zeit vom 1. Mai 1913 bis 31. Januar 1914 141 000 t, also eine Zunahme von 58 500 t.

Die Phosphorsäurebelieferung weist folgende Zahlen auf: Bis zum Jahre 1922 225 000 t, in dem entsprechenden Zeitraum des Jahres 1921 158 000 t gegenüber einer Phosphorsäurebelieferung in den neun Monaten der Jahre 1913 bis 1914 von 445 000 t, also ein erheblicher Rückgang aus den Ihnen bekannten Ursachen, immerhin gegenüber dem Vorjahre wie auch vor allen Dingen den schlechten Jahren 1919 und 1920 eine nicht unerhebliche Zunahme des zur Verfügung stehenden Phosphors. Das Bedürfnis der Landwirtschaft an Phosphorsäure wird aber dadurch nicht entfernt gedeckt. Wir sind in dieser Beziehung leider auf Einfuhr an⸗ gewiesen, was uns wieder schwere Deyisemerpflichtungen auferlegt. Es ist insofern eine gewisse Verbesserung der Lage eingetreten, als das bestehende Ausfuhrverbot von Thomasmehl aus Frankreich aufgehoben ist und diese Mengen der deutschen Landwirtschaft zugeführt werden können.

Was die Zahlen hinsichtlich der Kalibelieferung anlangt, so betrug die zur Verfügung stehende und gelieferte Menge in der Zeit vom 1. Mai 1921 biz 31. Januar 1922 567 0900 t, in dem entsprechenden Zeitraum vorher 393 000 w und in den neun Monaten vom 1. Mai 1913 bis 31. Januar 1914 480 00 t, also auch hier eine stärkere Belieferung als in den Friedensjahren.

Das Stickstoffbedürfnis ist trotz der nicht unerheblichen Steigerung, die aus den vergleichenden Zahlen sich ergibt, nicht gedeckt worden. Die Landwirtschaft verlangt weitere Stickstoffmengen und hat sogar dazu gegriffen, Salpeter aus dem Freihafengebiet von Hamburg zu beziehen. Es ist hier ein Abschluß über 20 000 t trotz des außerordentlich hohen Preises gemacht. Natronsalpeter kostete in Kilogrammprozenten damals 36 4, das Prozent in Chili⸗ salpeter zur gleichen Zeit genau das Doppelte, nämlich 72 A. Aber gerade die neueren Forschungen haben gezeigt, daß über das, was man früher als zweckinäßig und rentabel ansah, eine Zufuhr von Stickstoff⸗ dünger auch noch eine erhebliche Steigerung der Erträge wird nach sich ziehen können.

Herr Kollege Milberg hat im Zusammenhang hiermit gefragt, ob es zutreffend wäre, daß erhebliche Düngermengen sich noch auf den Werken befinden und nicht zur Nieferung gelangen. Das trifft nicht zu. Ich darf da folgende Zahlen mitteilen. Infolge der starken Veriadungen im Januar bei den Syndikatswerken mit 44 000 t Stick⸗ stoff oder rund 220 000 6 Ware sind die Lagerbestände von 178000 Dünger am 1. Januar 1922 auf 75 0001 Ware am 1. Februar 1922 zurückgegangen. Die weitere Ablieferung hat glatt stattgefunden. Aller⸗ dings ist, wie bekannt, eine erhebliche Stockung in der Belieferung durch den unverantwortlichen Eisenbahnerstreik eingetreten. Es ist bereits von dem Herren Abg. Grafen Stolberg die Zahl der dadurch zum Ausfall gelangten und nicht bewegten Düngemittelmengen genannt worden. Es handelt sich um 48 8090 Wagen zu je 156 300 Zentner Düngemittel, die nicht befördert werden konnten, d. h. ungefähr der Ausfall eines Monats hinsichtlich der Belieferung (hört, hört!) und das zu einer Zeit, wo die Landwirtschaft den größten Wert darauf legen mußte, in den Besitz der Düngemittel zu gelangen, um sie bei der Frühjahrsbestellung und der Wintersaat zur Anwendung zu bringen. (Sehr richtig Die Zahl der Wagen verteilt sich auf die verschiedenen Düngemittel folgendermaßen: es sind nicht zur Abgabe gelangt 30 000 Wagen für Kalisalz, 3500 Wagen für Stickstoff, 3000 Wagen für Thomasmehl, 2700 Wagen für Superphosphat. Also gerade in den phosphorhaltigen Düngemitteln ist ein erheblicher Rückstand zu verzeichnen. An Kalkdünger sind rund 9600 Wagen nicht rechtzeitig zur Beförderung gelangt.

Meine Damen und Herren, ich habe es als selbstverständliche Pflicht erachtet, wie früher so auch in diesem Falle bei dem Herrn Reichsverkehrsministet darauf einzuwirken, der Düngemittelbelieferung der Landwirtschaft die größte Sorgfalt angedeihen zu lassen und, soweit es irgend durchführbar ist, die angeforderten Waggons zur Verfügung zu stellen. Die Wagengestellung für die verschiedenen Düngemittel hat betragen: im Januar 1922 23 597 Stück, während 7845 Wagen ausgefallen sind. In der Zeit vom 1. bis 25. Februar d. J. wurden 11844 Wagen gestellt, und der Ausfall betrug 3957 Wagen. Der Herr Reichsverkehrsminister hat mir auf das dringende Ersuchen, daß an ihn gerichtet war, unter dem 21. Februar d. J. geanwortet:

Die Eisenbahndirektionen sind bereits bei Beendigung des Eisenbahnerstreiks angewiesen worden, mit Räcksicht auf die er⸗ höhte Eilbedürftigkeit der Düngemittelversorgung der Landwirtschaft Wagen für Düngemittel in erster Linie zu stellen und für be⸗ schleunigte Durchführung der Transporte zu sorgen.

Notwendig wird es aber sein, in dieser Beziehung wird auch die Landwirtschaft noch etwas umlernen müssen, den Transport der Düngemittel möglichst über das ganze Jahr zu verteilen und die Düngemittelversorgung seitens der Landwirtschaft zu anderen Zeiten als gerade im Frühslahr und im Herbst vorzunehmen, weil anderen⸗

falls die Belieferung mit diesen außerordentlich ansteigenden Mengen

des Bedarfs tatsächlich nicht mehr rechtzeitig zu bewirken ist. (Zuruf rechts) Ich gebe zu, daß das nicht unerhebliche geldliche Zubußen bedeutet, namentlich in Form von Zintverlusten, aber auf der anderen Seite ist der nicht oder zu spät eingetroffene Tünger zweifellos eine noch viel größere Schädigung für die Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren, was nun die Anbauflächen, auf die bereits der Herr Berichterstattet mit einigen Zahlen einge gangen ist, anbelangt, so darf ich nach dieser Richtung hin feststellen, daß hinsichtlich der Kartoffeln und Zuckerrüben im Jahre 1921, verglicher mit 1920, eine nicht unerhebliche erfreuliche Eiweiterung sich ergeben hat, daß hinsichtlich des Futtergetreides eine Abnahme zu verzeichnen ist und Mdaß die mit Brotgetreide angebaute Fläche fast unverändert ge⸗ blieben ist. Es beirug, in 1000 ba, die Anbaufläche von Brotgetreide im Jahre 1920 5819, im Jahre 1921 5866, es ergibt sich also eine Zunahme von nur O63 vH, die gewissermaßen innerhalb der Fehler quelle liegt. An Futtergetreide wurden angebaut im Jahre 1920 4407, im Jahre 1921 4299, also weniger 1068 000 ha = 2,45 vH. Dagegen erfuhren die Kartoffeln eine Vermehrung der Anbaufläche um 225 000 ha, nämlich von 2 422 000 auf 2 647 000 oder 9, 28 vH, die Zuckerrüben eine Zunahme von 64 000, nämlich von 326 000 auf

der ehemals

389 000, was eine Vermehrung von 19.59 vH bedeutet. Allerding? hinsichtlich der Anbaufläche im Jahre 1913 bedeutet auch die ver— mehrte Anbaufläche des Jahres 1921 noch einen gewaltigen Rück- stand. Es wurden ich will nur wenige Zahlen angeben an Brotgetreide im Jahre 1921 weniger angebaut 1 352 000 ha, das be—⸗ deutet einen Ausfall von 18,75 vH; an Futtergetreide weniger etwas über eine Million, entsprechend einem Hundertsatz von 18,97; an Kartoffeln 155 000 ha, entsprechend einer Minderanbaufläche von 5.53 vH; endlich an Zuckerrüben weniger 78 000 ha, entsprechend einem Minderanbau von 16,70 vH.

Nun noch einige Worte auch über den Ernteertrag, au den ich schon eingangs hingewiesen habe, der hinsichtlich des Brot⸗ getreides, wie Ihnen bekannt ist, im letzten Jahre einen erfreulichen Aufstieg gegenüber der Ernte des Jahres 1920 bedeutet. Es betrug der Ernteerlrag je Hektar im Jahre 1920 an Brotgetreide 1,26 t, im Jahre 1921 1,70 t, mehr 044 t, also je Hektar eine Steigerung von 34,92 oder rund 35 vo. Das Futtergetreide wies einen Mehr⸗ ertrag je Hektar von 0, 11 t auf, entsprechend einer Steigerung von 7,33 vo, während die Kartoffeln infolge der Witterungeverhältnisse einen Rückgang je Hektar von 1,3 t aufweisen, entsprechend einem Minderertrage gegenüber dem Jahre 1920 von 1416 vo. Die Zuckerrüben zeigen aus der gleichen Ursache einen Rückgang des Ernte— ertrags je Hektar von 24,36 auf 2049 also von 387 t, entsprechend einem Minderertrage von 15,88 vo.

Höher aber ist und darauf habe ich mir in meinen ein— führenden Worten hinzuweisen erlaubt der Ernteausfall, wenn wir den Ertrag von 1921 mit dem Ernteertrag von 1913 vergleichen. Sie wollen mir gestatten, Ihnen auch diese Zahlen zum Vergleich mitteilen zu dürfen. Die Gesamternte betrug, in Millionen Tonnen berechnet, im Jahre 1913 an Brotgetreide 1451, im Jahre 1921 9.94, also weniger 4,67 Millionen Tonnen. Das bedeutet immerhin fast 32 vo. Minderertrag im Jahre 1921 gegenüber 1913, trotz der guten Ernte, der wir uns in diesen Früchten zu erfreuen hatten. In Futtergetreide sind die entsprechenden Zahlen für 1913 11,66 Millionen Tonnen, für 1921 694 Mil lionen, das entspricht einem Minderertrag von 4,72 Millionen oder 40 458 vo. Was die Kartoffelernte anlangt, so wurden im Jahre 1913 44 Millionen Tonnen geerntet, im Jahre 1921 26,15 Millionen, also einen Minderertiag von 17.85 Millionen, ent— sprechend einem Hundertsatz von 40,6. Endlich haben die Zucker— rüben einen Minderertrag aufgewiesen von 6 Millionen Tonnen, da im Jahre 1913 die Ernte 14 Millionen Tonnen, im Jahre 1921 nicht ganz 8 Millionen Tonnen ergab, was einen Rückgang von 43 vy bedeutet.

Sie sehen daraus, daß ich wohl mit Recht auf die Größe der Aufgabe hingewiesen habe, an deren Lösung wir her— anzugehen entschlossen sind, bei der es sich darum handelt, zunächst einmal die Erträge der Gegenwart auf diejenigen der Vorkriegszeit zu steigern und dann gleichzeitig vor allen Dingen auch durch Neukultivierung die Anbauflächen zu vermehren und ein Mehr gegenüber der Friedensernte zu verzeichnen.

Meine Damen und Herren, einen weiten Raum in der Aus— sprache im Hauptausschuß wie auch gestern hier in der Vollversamm⸗ lung des hohen Hauses hat die Frage des Um lageverfahrens ein— genommen. Meine Stellung dazu habe ich bereits im Ausschuß, glaube ich, in nicht mißzuverstehender Klarheit zum Ausdruck gebracht. Ich möchte aber nicht unterlassen, das hier noch einmal zu wieder— holen. Vom Standpunkt des Landwirtschaftsministers, dem, wie ich schon hervorgehoben habe und wie es auch selbstverständlich ist, die Förderung der Erjeugung, die Steigerung der Erträge in erster Reihe am Herzen liegt, betrachte ich das Umlage⸗ verfahren als etwas nicht Günstiges, als die Produktion Hinderndes, jedenfalls als etwas der Produktion nicht Förderndes (sehr richtig! rechts. Die Gründe dafür sind von einigen meiner Herren Vorredner am gestrigen Tage bereits aus— führlich hervorgehoben worden. Ich erkenne die meisten, die hier vorgetragen sind, als zutreffend an. Auch aus den Ziffern, die ich mir eben aus der Statistik zu geben erlaubte, ergibt sich ohne weiteres, daß eine Zunahme der Anbauflächen im letzten Jahre gegen— über dem Vorjahre sich für diejenigen Früchte ergibt, die der Zwangs— bewirtschaftung nicht mehr unterlegen haben. (Hört, hört! rechts) Gerade die Kartoffelanbaufläche ist um 928 vH gegenüber 1920 ge— stiegen, die der Zuckerrüben um annähernd 10 vH. Das liegt auch durchaus nahe; denn die Landwirtschaft wird denjenigen Früchten die außerordentlich teuren künstlichen Düngemittel zuführen, über die sie frei verfügen kann, die geeignet sind, den Ertrag zu steigern, die einen höheren Ertrag abwerfen. Ich möchte auch die Herren von der Linken bitten, die einen so entscheidenden Wert auf die Beibehaltung oder die Neueinrichtung des Umlage— verfahrens auch für das neue Erntejahr legen, seine Bedeutung für die Verbraucher selbst nicht zu überschätzen (sehr richtig! rechts), denn, meine Damen und Herren, es ist doch nicht zu leugnen, daß, trotzdem wir das Umlageverfahren zurzeit noch haben, eine außer— ordentliche, gewiß sehr bedauerlich Steigerung des Brot⸗ getreidepreises eingetreten ist. Sie ist nicht dadurch eingetreten und ich nehme gern Veranlassung, das hier in der Oeffentlichkeit auszusprechen daß die Landwirtschaft auch nur einen Pfennig von der Preissleigerung erhalten hat (hört, hört!), sondern sie ist dadurch eingetreten, daß die Reichsregierung auf Anordnung feindlichen Mächte gezwungen gewesen ist, ihre Zuschüsse für die Verbilligung des Brotgetreides einzustellen (Sehr wahr) Es ist, wenn ich nicht irre, nach dieser Richtung hin ein Antiag eingegangen, der darauf hinausläuft, die Reichsregierung zu ersuchen, wieder derartig verbilligende Zuschüsse zu gewähren. Das wird sich als durchaus unmöglich erweisen. Es wird dem Antrag nicht entsprochen werden können. Aber auch, wenn man be— rücksichtigt, welcher Anteil der Brotverbilligung auf die Spanne zwischen dem Umlagegetreidepreise einerseits und dem Preis des im freien Handel erworbenen Getreides entfällt, so kommt man zu dem

Ergebnis, daß diese Spanuung einen ganz verhältnismäßig geringen

Anteil an der Brotpreiesteigerung ausmacht. Der Kollege Graf Stol⸗ berg⸗Wernigerede hat dies berests gestern ziffernmäßig nachgewiesen. Auch ich komme zu ganz ähnlichen Ergebnissen, wenn ich annehme, daß die Verteuerung, die im laufenden Erntejahr eingetreten ist, 6 allerhöchstens 10 Milliarden Mark ausmacht. Ich komme dann zu Zahlen, die etwa 3 bis äußerstens 5 4 je Woche und Kopf der Bevölkerung betragen, entsprechend ungefähr den Zahlen, wie ich sie aus dem Vortrage des Herrn Abg. Grafen Stolberg im Gedãchtnis babe.

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. (üleihin auf seilen der Verbraucher daräber lar sein müssen. daß bei der Fortsetzung des Umlageverfahrens für as neue Ernteiahr die Preise, die der Landwirtschaft zuzubilligen snd, ganz erheblich heraufgesetzt werden müssen gegenüber den jetzt siltigen Umlagepreisen, und zwar in dem Sinne des auch von den Vertretern der linken Parteien erstrebten Ziels der Produkftions⸗ siegerung. Es ist nicht möglich, daß die Landwirtschaft mit Unterschüssen arbeiten soll und andererseits in der Lage wäre, zie stetig erheblich wachsenden Betriebskosten in die Landwirtschaft hineinzustecken, wenn sie nicht anderseits die entsprechenden Erträge für findet. Es ist also ohne weiteres anzunehmen, daß für ein neues Umlageverfahren die Preisfe gewaltig höher eingesetzt werden müssen, und weiterhin daran sestiubalten, daß es ausgeschlossen ist, für das ganze Jahr einen einheitlichen Umlagepreis sestzusetzen; wenigstens ist das meine Auf, fassung von der Sache. Ich stimme in dieser Beziehung den durchaus schlüssigen Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Schreiber zu, der nit Recht derauf hingewiesen hat, daß die Landwirtschaft jedenfalls hinsichtlich der Haudtmengen ihrer Erzeugnisse auf einen einmaligen Umschlag im Jahre angewiesen ist, daß sie deshalb bei diesen einen verbältnismäßig höheren Nutzen haben muß, wenn sie die fortdauernd steigenden Betriebsausqaben und diese Steigerung läuft von einer Ernte zur andern, von Tag zu Tag weiter außbringen soll. Es ist durchaus zutreffend von Herrn Kollegen Dr. Schreiber ausgeführt worden, daß nicht der Erzeugerpreis für die gegen— wättige Ernte maßgebend sein kann, sondern der Er⸗ jeugerpreis für die kommende Ernte, weil die Landwirtschaft anderenfalls nicht in der Lage ist, die nötigen Mittel aufzuwenden.

Meine Damen und Herren, was nun den gegenwärtigen Stand dieser Frage anlangt, so ist eine reichsgesetzliche Vorlage nach dieser Richtung hin bither noch nicht ergangen. Es hat aber, wie bereits gestern zutreffend hervorgehoben worden ist, eine Be⸗ sprechung der Ernährungsminister aller deutschen Länder in ver— gangener Woche hier in Berlin siattgefunden, und diese Versamm— lung hat sich für die Beibehaltung oder Neueinführung wie man es nennen will des Umlageverfahrens zunächst für Getreide auch für das neue Erntejahr ausgesprochen. An dieser Besprechung hat der für Preußen zuständige Staatskommissar für Volksernährung teil⸗ genommen und hat dort, entsprechend einem Beschlusse des preußischen Staatsministeriums, sich auch seinerseits grundsätzlich für die Beibehaltung des Umlageverfahrens erklärt, wobei die Frage der Ausgestaltung die ses Umlageverfahrens noch offen ge⸗ lassen ist. Man wird abzuwarten haben, wie der neue Reichs⸗ ernährungsminister, der gestern oder vorgestern ernannt worden ist, sich dieser Frage gegeüber stellen wird. Meine Stellungnahme glaube ich in der wünschenswerten Deutlichkeit hier dem hohen Hause zur Kenntnis gebracht zu haben.

Die Frage der Beibehaltung des Umlageverfahrens soll aber auch andererseits von der Landwirtschaft nicht in ihren Folgerungen überschätzt und übertrieben werden. Ich erkenne ohne weiteres die erheblichen Bedenken und Nach— feile an, die ich eben berührt habe, aber ich glaube, es ist doch nicht angängig, in der Weise, wie es leider von einzelnen Seiten, auch führenden Persönlichkeiten geschehen ist, gegen die Umlage anzurennen, wie es tatsächlich der Fall ist. Es ist hier bereits von meinem Herrn Vorredner der Name des Herrn von Natzmer genannt worden, der dem Brandenburgischen Landbund angehört und in der zweiten Märznummer dieses Jahres einen Artikel veröffentlicht hat, der außerordentlich geeignet ist, Bedenken zu erregen. Er hat zunächst darauf hingewiesen, daß die Landwirtschaft entschlossen sein müsse, ihrerseits, wenn es sein müsse, die stärksten Waffen anzu— wenden, und er schreibt in diesem Zusammenhang:

Ich halte nicht den Lieferstreik für die schärfste Waffe des Land— bundes, sondern den organisierten Boykott. Der Boykott wäre anzuwenden besonders auf die Gesetze, die zum Schaden des Vater⸗ landes gegeben werden.

Die Entscheidung darüber, welcke Gesetze zum Schaden des Vater⸗ landes ergehen, wird sich der Verfasser selbst zumessen und wird auch ein etwa ergehendes Reichsgesetz über die Beibehaltung des Umlage— berfahrens für ein derartiges Gesetz ansehen. Er schreibt weiter: Wir Landwirte müssen von uns aus infolgedessen immer daran

arbeiten, daß, solange sich die außenpolitische Lage nicht ändert,

wir alle kennen die außerordentlich schweren, schier unüberwindlich

scheinenden Hindernisse, die sich einer baldigen Aenderung der außen⸗

politischen Lage entgegenstellen jede Regierung ein vom gesamten Volk verlassener Popanz als Büttel der Entente bleibt.

Von einer solchen Regierung verlangen im selben Atemzuge die gleichen

Personen die Stärkung der Autorität. Wie sich das miteinander ver—

trägt, muß ich dem Urteil dieser Herrschaften überlassen. Ich bedaure

aber auch, wenn der Vorstand des Reichslandbundes mit der Unter⸗ schrift des volksparteilichen Reichstagsabgeordneten Hepp und des dentichnationalen Reichstagkabgeordneten Dr. Roesicke unter dem

2. März an mich folgende Depesche richtet: . Trotzdem der Landwirtschaft für das kommende Erntejahr die völlige Aufhebung der Zwangswirtschaft in Aussicht gestellt war, haben sich in der letzten Ernährungs konferenz die Vertreter der Länder für Getreide- und Kartoffelbewirtschaftung ausgesprochen. Die Landwirtschaft fühlt sich hierdurch aufs schwerste getäuscht und ist aufs höchste erregt. Sie ist einmütig willens, sich der erneuten Einführung der Zwangswirtschaft geschlossen und mit allen Mitteln

11.1

entgegenzustellen. Was heißt mit allen Mitteln? als auch mit den Mitteln des Streiks; sewerlschaftliche Mittel, das angewandt werden kann. Das sagen dieselben mit Recht den Eisenbahnerstreik ver— nrteilt haben, den ich mit ihnen ebenso lebhaft verurteile. Ich möchte doch die dringende Warnung an die Vertreter der dand⸗ wirtschaft richten, nicht in solcher Weise mit dem Feuer zu spielen; denn datůber besteht bei mir jedenfalls kein Zweifel, daß die Antwort eserstreik oder einen organsierten Boykott, wie man ihn 4 anderes sein kann wie der Generalstreit, edeutet, das brauche ich diesem bohen Rue nicht darzulegen heißt nicht nur wirtschaftlicher Still. zusammenbruch, das heißt das Ende unseres Vater⸗· lindeg in der schwersten Stunde der Gefahr. (Sehr wahr! bei den ö berzengt, daß, wie auch hier im Haufe

kraten.) Ich bin ü , . . . un Ffachli 15 fe Frage die Vellreter der Landwirtschaft durchaus sachlich und ruhig die Frag

Letzten Endes doch nichts anderes denn das ist das letzte

Herren, die

aul einen kennen will, kaum etwas und was der Generalstreik b ñ Das

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is hulagebersahrens behandelt haben, die dandwirtschaft rauhen bereit

sein wird, wenn es sein muß und ein derartiges Gesetz von der Mehrheit der deutschen Volksvertretung verabschiedet sein wird, auch ihrerseits daran zu gehen, dieses Gesetz zu erfüllen und sich der schweren Verpflichtung bewußt zu sein, die der Landwirtschaft dadurch auferlegt ist, daß ihr der Grund und Boden anvertraut ist, das wertvollste Gut, das wir heute noch im Vaterlande haben (Zustimmung links), der Ver⸗ pflichtung, nun alles zu tun, was in ihren Kräften steht, für die Er⸗ nährung des Volkes zu sorgen. (Erneute Zustimmung bei den Dem. und links.) Ich darf also hoffen, daß die Herren Kollegen und die landwirtschaftlichen Berufsgenossen aus diesem Hause ihren Einfluß auf die landwirtschaftlichen Organisationen und Berufsgenossen draußen im Lande so betätigen werden, wie es hier gestern geschehen ist. Ich bin überzeugt, daß angesichts des Ernstes der Lage die Landwirt⸗ schaft, wenn es gefordert wird, dann auch bereit sein wird, Opfer zu bringen denn darum handelt es sich zweifellos auch bei entsprechender Bemessung des Ablieferungspreises. Allerdings geht meine persönliche Auffassung dahin, daß die Landwirtschaft bei dem Umlageverfahren nicht etwa lediglich als Objekt dienen soll, sondern daß sie berufen sein wird, bei Bemessung und Erhebung der Umlage in der geeigneten Form ihre sachliche und örtliche Kenntnis, die ich in dieser Richtung sicher nicht geringer einschätze als das Wissen der Bütokratie, in den Dienst der guten Sache zu stellen.

Meine Damen und Herren, Sie wollen mir jetzt noch gestatten, kurz auf einige Einzelfragen einzugehen, die hier gestern und heute behandelt worden sind.

Da komme ich zunächst auf die Pachtschutzordnung, auf die Herr Kollege Milberg gestern eingegangen ist, und über die ich mich im Ausschuß schon bei der Besprechung des Domänenhaushalts kurz ausgelassen habe. Es liegt hierüber ein Erlaß des Reichs⸗ arbeitsministers vom 17. Januar d. J. vor, der eine veränderte Stellung gegenüber der früher von ihm beobachteten Haltung ein⸗ nimmt. Während der Reichsarbeitsminister früher die Berücksichtigung der veränderten Geldwertverhältnisse bei der Prüfung der Frage der Billigkeit oder Unbilligkeit des Pachtverhältnisses als nicht angängig erklärt hatte, führt er darüber in dem neuen Erlaß folgendes aus:

Inzwischen ist die Aufhebung der Zwangswirtschaft in land⸗ wirtschaftlichen Erzeugnissen fast vollständig durchgeführt. . .. Infolgedessen ist in den Pachtverhästnissen eine neue Verschiebung eingetreten, die bei Erlaß der Pachtschutzordnung noch nicht voraus⸗ gesehen werden konnte. Die Wirkung dieser Verschiebung ist außer⸗ ordentlich verstärkt worden durch die große Teuerungswelle, die im Herbst 1921 Deutschland erfaßte und die auch bei Abfassung des Erlasses vom 29. Juli 1921 in ihrer vollen Tragweite nicht übersehbar war. Sie hat insbesondere zu einer erheblichen Erhöhung der Auf⸗ wendungen der Verpächter geführt, deren volle Ausgleichung un⸗ bedingt einem Gebote der Billigkeit entspricht. Diese Entwickelung der Verhältnisse muß zu einer anderen Auffassung führen. Es ist zwar an dem Grundsatz festzuhalten, daß eine inhaltliche Abände⸗ rung der Leistungen aus laufenden Verträgen und insbesondere eine Erhöhung des Pachtzinses nur gerechtfertigt ist, wenn die Nach⸗ prüfung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles das Vor⸗ liegen einer der Voraussetzungen aus 51 Abs. 2 der Pachtschutz⸗ ordnung, insbesondere einer „offenbaren schweren Unbilligkeit“ ergibt. Aber die Veränderung der Verhältnisse hat dazu geführt, daß jetzt bei zahlreichen laufenden Pachtverträgen derartige besondere Ver⸗ hältnisse vorliegen, die zum Zwecke der Beseitigung einer offen⸗

baren schweren Unbilligkeit eine inhaltliche Abänderung des Ver⸗

trags, und zwar in dem Sinne einer Erhöhung des Pachtzinses, rechtfertigen.

rat vorliegt, sieht keine wesentlichen Aenderungen der bisherigen Ordnung vor. Entscheidend ist nur die Heraufsetzung des Grund und Bodens von 2,5 ha auf 10 ha. Im übrigen sind die grundsätzlichen Bestimmungen auch hinsichtlich der Aufhebung der Pachtschutzordnung im wesentlichen unverändert geblieben.

Wenn Herr Abg. Milberg weiter darauf hingewiesen hat, daß die Anwendung der Bundesratsverordnung vom 15. März 1913 hinsichtlich der Genehmigung des Erwerbes land⸗ wirtschaftlicher Grundstücke nicht überall den berechtigten landwirtschaft⸗ lichen Belangen entsprochen habe, vor allen Dingen insofern, als seiner Meinung nach nicht in allen Fällen die landwirtschaftliche Eignung des Bewerbers hinreichend geprüft worden sei, so darf ich bemerken, daß auch diese Verordnung umgearbeitet werden und in ein Reichs⸗ gesetz übergeführt werden soll. In diesem neuen Gesetz⸗ entwurf ist gerade eine Verschärfung der Bestimmungen vorgesehen, die der Herr Kollege Milberg hier als notwendig bezeichnet hat, und die auch ich als unerläßlich betrachte.

Weiter hat dann der Herr Abg. Milberg die Frage der Lagerei⸗Aktiengesellschaft gestreift. Diese Frage ist noch nicht zum Abschluß gekommen, hat aber im Verlaufe der Entwicklung eine erfreulichere Gestaltung angenommen, als sie bisher gehaht hat. Die Regelung ist noch nicht endgültig, da das Gesetz noch der Zustimmung des Reichstags bedarf. Es ist aber die vollkommene Ausschaltung einer geldlichen Beteiligung der Nationalbank für Deutschland vorgesehen, und es ist in Aussicht genommen, das Aktienkapital nach folgendem Schlüssel zu verteilen. 40 vH der Aktien sollen die landwirtschaft⸗ lichen und die Konsumgenossenschaften erhalten, während 35 vo dem Reiche und 25 pH dem legitimen Handel vorbehalten sein sollen, den auch Sie, wie ich annehme, an einer solchen Gesellschaft beteiligen wollen. Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß letzten Endes diese für unser Wirtschaftsleben ganz gewiß nicht zu unterschätzende Gesellschaft ein Gesicht erhält, das den berechtigten Belangen der Landwirtschaft zu entsprechen geeignet sein wird. (Zuruf rechts: Ist das schon unteischrieben, Herr Minister) Nein, ich erlaubte mir schon darauf hinzuweisen, daß das noch nicht fertig ist; ich nehme aber nicht an, daß eine Verschlechterung in Ihrem Sinne ein⸗ treten kann.

Dann hat mein Herr Vorredner vom heutigen Tage, der Herr Abg. Brandenburg, erneut die Klage vorgetragen, die schon der Herr Abg. Wende im Ausschuß vorgetragen hat, nämlich die Klage über mangelhafte Durchführung des Betriebsräte, gesetzes. Wenn er besonders bemängelt hat, daß die Wahl der Betriebsräte nicht überall vorgenommen sei, so bedauere ich, daß er das von mir vorgebrachte Material nicht als zutreffend anzuerkennen scheint. Ich bin nicht in der Lage, andere Unterlagen beizubringen. (Abg. Brandenburg: Besonders die Gründe) Also, die Zahlen nehmen Sie als richtig an? (Abg. Brandenburg: Jah Wenn Herr Abg. Brandenburg die Gründe nicht anerkennt, so kann ich nicht umhin, meinem Erslaunen darüber Ausdruck zu geben, daß

Herr Abg. Brandenburg die Bestimmungen des Betriebsrätegesetzes

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nicht voll beherrscht. Er sollte wissen, daß der landwirtschaft lichen Verwaltung ein Einfluß auf die Wahl der Betriebs rãte nicht zusteht, ebensowenig wie der Arbeitgeber einen solchen Einfluß ausüben kann, da er nur den Wahlvorstand zu bestimmen hat. Dann vollzieht sich die Wahl der Betriebsräte auf Grund des Betriebsrãtegesetzes.

Wenn Herr Abg. Brandenburg weiter ausgeführt hat, daß die Gründe, die ich neulich dem amtlichen Material entnommen hatte, nicht zutreffend wären, daß nämlich die Wahlen nicht voll⸗ zogen werden könnten oder vollzogen würden, weil Maß⸗ regelungen befürchtet würden (Abg. Brandenburg: Sehr richtig) gegenüber den Personen, die zu Betriebsräten gewählt werden, so darf ich auch in dieser Beziehung auf die Be⸗ stimmungen des Gesetzes hinweisen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Auf die man in Pommern pfeift) Verehrter Herr, das ist eine sehr billige Behauptung. (Zurufe links: Das sind Tatsachen ) Dann verstehe ich nur nicht, daß Sie sich diese offenbaren Gesetzes⸗ verletzungen, wenn sie sich so vollziehen, gefallen lassen. (Zuruf links: Sie lassen sie sich auch gefallen) Ich habe schon erklärt, daß das ganze Verfahren der Regelung durch das Betriebsrätegesetz unterliegt und sich meiner verwaltungsmäßigen Beeinflussung entzieht. Ich kann höchstens das ist auch von mir aus geschehen —, darauf dringen, daß die Wahlvorstände bestellt werden. Dann ist für mich die Möglichkeit des Eingreifens erledigt.

Wenn Arbeiter ihrer Meinung nach aus solchen unzureichenden Gründen entlassen werden so muß man eben das Schiedsgericht an⸗ rufen, und das wird zu entscheiden haben, ob ein berechtigter Grund zur Entlassung vorgelegen hat oder nicht. Die Einzelfälle sind in den S5 84 und 96 des Betriebsrätegesetzes aufgeführt, und ich nehme an, daß auch die Landarbeitervertreter in diesem Gesetz hinreichend bewandert sind, um sich nicht offenbare Verletzungen des Gesetzes zu⸗ ungunsten der Landarbeiterschaft gefallen zu lassen. Wird der Ent⸗ lassungsgrund als nicht stichhaltig anerkannt, so muß entweder die Wiedereinstellung des Arbeiters erfolgen oder, wo das nicht geschieht, ist gesetzlich die Entschädigungspflicht des Arbeitgebers bis zur Hälfte der Jahresbezüge festgelegt. Also auch nach dieser Richtung hin sind die Belange der Arbeiterschaft gewahrt. Ich begrüße das und halte das für notwendig.

Zu der Frage der Zulassung von ausländischen Arbeitern und zu der Wohnungsfrage der Land arbeiter darf ich darauf hinweisen, daß die Landesarbeitsämter die Zulassung ausländischer Arbeiter nur genehmigen, wenn gleichzeitig die Arbeitgeber sich verpflichten, in einem gewissen Verhältaissatze für die einheimischen Arbeiter Werkwohnungen zu errichten. Ich begrüße das; denn ich kenne die in zahlreichen Fällen durchaus nicht einwandfreien ländlichen Arbeiterwohnungen und halte jede Förderung des Wohnuugs⸗ wesens auf dem Lande für dringend notwendig.

Ich kann Ihnen dafür einige Zahlen geben, die beweisen, daß man von der Notwendigkeit überzeugt ist, auf diesem Gebiete Maß⸗ nahmen zu treffen. Soweit aus den bisher vorliegenden Unterlagen hat festgestellt werden können, sind in den Provinzen im ganzen 5162 Bauvorhaben für Landarbeiterwohnungen bereits anerkannt. In 13363 Fällen sind Zuschüsse beantragt, die noch nicht alle haben erledigt werden können. Zur Förderung des Baues von Landarbeiter⸗ wohnungen sind im Reich in Aussicht genommen 65 529 400 4, von denen auf Preußen 26 135 698 4A entfallen. Also es wird jedenfalls verfucht, auf diesem Gebiete dem dringenden Notstande möglichst ab⸗ zuhelfen. Ihnen werden selbst die Hindernisse nicht unbekannt sein,

l . ; y 3 die sich einer schnellen Beseitigung der Mängel en stellen. Die Novelle zur Pachtschutzordnung, die gegenwärtig dem Reichs⸗ sich ĩ Beseitiaung der Mängel entgegenstellen

Damit lassen Sie mich zum Schluß kommen. Ich bitte dringend, sich der Gemeinsamkeit der Belange der Verbraucher und der Erzeuger gerade in der Frage der Förderung der ländlichen Erzeugung bewußt zu sein und in der schweren Not der Zeit und bei den unerhörten Forderungen, die dem deutschen Volke angesonnen werden, dem Druck in gemeinsamer Front standzuhalten und das gute alte Wort wahrzumachen: Stadt und Land Hand in Hand!

Beifall.)

Abg. Metzinger (Sentr. erklärt, daß die Behauptung des Abg. Milberg, die Landwirte seien heute Staatsbürger zweiter Klasse im schärfsten Gegensatz zu den Tatsachen stünde. Der Landwirt sei in Deutschland der freieste Mann. Es wäre besser, wenn die Landwirtschaft aus sich heraus die Ernährung sicherstellte. Solange die freiwillige Versorgung nicht möglich ist, werde man nicht verhindern können, daß der finanziell Stärtere dem Aermeren und Schwächeren die Nahrungsmittel wegkauft. Bei solcher Notlage könne eine zügellose Freiheit für einen inzelnen Berufsstand nicht anerkannt werden. Seine Fraktion sei im vorigen Jahre für die Beseitigung der Zwangswirtschast ein⸗ getreten. In keinem Jahre jedoch wäre die Kartoffelnot so groß gewesen wie in diesem. Von den großen Gütern sei nicht ein Zentner Kartoffeln zu erlangen gewesen. (Lebhaftes Hört, hört!) Bei einer Bestellung einer Konsumgenossenschaft seien die Kar⸗ toffeln durch acht gerichtlich eingetragene Firmen gegangen. Während der Bauer 56 4 für den Zentner erhielt, habe die Ge⸗ nossenschaft 90 M bezahlen müssen. Mit anderen landwirtschaftlichen Produkten gehe es ebenso. An einem Waggon Mehl verdienen Spekulanten 60 bis 80 900 . Der Wucher ist also nicht nur in der Landwirtschaft zu suchen. Es sei zu bedauern, daß die zur Bekämpfung des Wuchers eingerichteten Stellen vielfach versagen. Im Oktober habe er der Staatsanwaltschaft einen schweren Fall von Bewucherung angezeigt, in der vorigen Woche sei er zum ersten Mal als Zeuge darüber vernommen worden. Der Inlant s⸗ preis darf auf keinen Fall an den Weltmarktspreis herankommen. In der Beamtenschaft sei zu wünschen, daß die gesunde Vernunft wieder Geltung erringt. Mit großen Sorgen sehe er die Radikali⸗ sierung der Landwirtschaft. Die rechtsstehenden Zeitungen täuschen mit Absicht ihre Leser. Die Auslassungen gewisser Zeitungen über die Erfüllungspolitik der Reichsregierung seien nur Heuchelei oder Demagogie. In einem Organ des Landbundes heißt es: Wir haben die Macht, 14 Millionen Bauern stehen hinter uns. Die unzu⸗ länglichen Machtmittel der Regie rung brauchen wir nicht zu fürchten. Solche Stimmung muß man im Inieresse des Ganzen aufs schärfste verurteilen. (ZSustimmung.) Wenn auf Ihrer Seite (nach rechts) der Eisenbahnerstreik als ein Verbrechen bezeichnet wird, als was müßte dann ein Liefer⸗ shreit bezeichnet werden. (Rufe: Hochverrat) Wenn der Herr Natzmer von Boykott redet, so ist es interessant, daß man ihn nach der Revolution als Arbeiterrat mit der knallroten Binde sah. (Hört, hört! und D. Heiterkeit, Die Partei. die heute die Landwirtschaft radikalisiert, wird einmal dieselbe Enttäuschung er⸗ leben müssen, wie andere Leute sie erlebt haben. (Stüemtische Zustimmung) Wir müssen dahin kommen, daß wir die Spekn⸗ lanten ausschalten. Die Landwirte, die ihr Getreide früh eb⸗ 661 müssen eine n . . 22

erung zeigen, ö der ihnen ge wird. hi x um Schluß befürwortet Redner den Le chf eines Fraktivns⸗ reundes von Papen, daß das Getreide zu bestimmten Terminen zu den jeweiligen Marktpreisen abgeliefert werden müßte. rodultion

Abg. Wenzlaff (D. Rat); Die Steigerung der ist die oberste kla e die and hat.

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