und Sergt, erneukes stürmisches Brabo bei der Mehr⸗ des Hauses.) Der Ernst der gegenwärtigen Situation, dem tuch der Abg. Dr. Strefemann gerecht worden ist, verlangt (3u⸗ ufe des Abg. Hergt: Klarheit! und daß der Reichskanzler redet), unsere Abordnung nach Genua einen Rückhalt bekommt durch ne Fe Mehrheit des Reichstages, der ihrer Position eine göglichst starke Stütze gibt. (Zwischenrufe des Abg. Helfferich, Hegenruf des Abg. Künstler: Schweigen Sie doch, Sie Verbrecher, zuruf des Abg. Adolph Hoffmann: Ich unterschreibe dies. Präsi⸗ ent Löbe erteilt den Abgg. Künstler und Hoffmann einen Ord⸗ ungsruf. Aus den Ausführungen, die darauf hinausgehen, dem Intrage Marx die Bedeutung eines Vertrauensvotums abzu⸗ prechen, spricht der Zweck dieser Ausführungen, nämlich der, daß nicht die Absicht besteht, Klarheit zu schaffen. (Stürmischer Wider⸗ bruch auf der äußersten Rechten, Zustimmung bei der Mehrheit, inruhe.) Ich habe nunmehr den Sinn der Ausführungen derart etennzeichnet, daß die Abstimmung jetzt beginnen kann. Sowohl der Antrag auf namentliche Abstimmung über en Antrag Marz wie der auf namentliche Abstimmung lber die Zusatzanträge wird hinreichend unterstützt, dagegen eicht die Unterstützung für den Abänderungsantrag der Ko m⸗ nunisten zum Antrag Hergt nicht aus, was mit Heiter⸗ lit aufgenommen wird. .
Es folgt die namentliche Abstimmung über den Zusatz⸗ mntrag Hergt zum Antrag Marx. Der deutschnationale Intrag wird mit 312 gegen 60 Stimmen abgelehnt, ebenso ei 10 Stimmenthaltungen mit 302 gegen 60 Stimmen der ventualantrag Hergt, im Antrag Marx die Schlußworte Tund billigt daher die von der Reichsregierung abgegebene erklärung zu streichen.
Hierauf wird über den Antrag Marx namentlich ab⸗ kstimmt. Für den Antrag stimmen 248, dagegen S1 Ab⸗ ordnete. Der Stimme enthalten haben sich 43 Mitglieder. Nit „Nein“ stimmten die Deutschnationalen und die Kom⸗ nunisten. Die Unabhängigen einschließlich der Mitglieder der rüheren Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft enthielten sich er Abstimmung. Die Annahme des Antrags wurde von der Nehrheit mit Beifall begrüßt. ö
Der ursprüngliche Mißtrauensantrag der Deutschnatio⸗ alen wird durch die Abstimmungen für erledigt erklärt.
In zweiter und dritter Beratung wird der Notetat ür 1925, der durch die verspätete Fertigstellung des Eiats totwendig geworden ist, ohne Erörterung genehmigt.
In der zweiten Beratung der sechsten Ergänzung zes Be soldungsgesetz es begründet f
Abg. Degler? (D. Nat. einen Abänderungsantrag seiner zartei zu der Ausschußfassung; danach soll der Teuerungszuschlag dem Grundgehalte, den Diäten und dem Ortszuschlage, soweit iese Bezüge den Betrag von insgesamt 10 900 Mark nicht über⸗ eigen, 0 R, im übrigen 35 und zu den Kinderzuschlägen I5 R etragen. Redner wendet sich u. a. gegen die Eingriffe der Gewerk⸗ haftsführer; diese seien nicht die Volksvertreter, sondern der keichstag. Der Reichstag sei nicht eine bloße Bejahungsmaschine. die Beamten müßten schon in der untersten Gruppe das wirkliche xistenzminimum erhalten. Viele Beamte hätten noch nicht ein⸗ zal dem Werte nach die Hälfte ihres Friedenseinkommens. Das frauengeld sei in der Vorlage nicht hoch genug, leider sei eine rhohnng nicht erreichbar gewesen. Das Streikrecht der Beamten abe die Regierung mit Recht abgelehnt, deshalb müßten die zeamten so bezahlt werden, daß ihnen eine angemessene Lebens⸗ altung möglich sei.
Reichsfinanzminister Dr. Hermes: Ich bitte, den Antrag ibzulehnen. Nach der Verständigung mit den Spitzenorgani⸗ ationen, die ich für sehr wertwoll halte und ausbauen werde, be⸗ aufen sich nach der Regierungsvorlage die Kosten der Besoldungs⸗ höhung für die Beamten, Angestellten und Arbeiter des Reiches, er Länder und Gemeinden auf insgesamt 30 Milliarden. Nach en Ausschußbeschlüssen stellen sich die Mehrkosten auf 9,8 Milliarden, so daß sich der Gesamtaufwand der Besoldungs⸗ rhöhung auf rund 50 Milliarden beziffert. Bei Annahme des Intrages der Deutschnationalen würden Mehrkosten in Höhe von 5 Milliarden entstehen, wodurch der Gesamtaufwand sich auf E Milliarden belaufen würde. Ich glaube Ihrer Zustimmung icher zu sein, wenn ich sage, daß unter den gegebenen Verhält⸗ nissen eine solche Belastung nicht tragbar ist. Ich bitte dringend, s bei den Ausschußbeschlüssen zu belassen, da wir so am besten den Bünschen der Beamten nach möglichst schneller Auszahlung Rech⸗ iung tragen können. Ich werde der weiteren Entwicklung der Teuerung größte Aufmerksamkeit zuwenden und das Ziel, ke⸗ echtigte Wünsche der Beamten nach Möglichkeit zu erfüllen, nicht ms dem Auge verlieren.
Abg. Bender (Soz) verliest eine Zuschrift der gewerkschaft⸗ lichen Spitzenverbände und der ihnen angeschlossenen Beamten⸗ rganisationen, in der diese sich darüber beschweren, daß die Regie⸗ ung vor ihrer endgültigen ö sich nicht noch einmal zit ihnen ins Benehmen gesetzt habe. Wenn die Regierung den deamten das Streikrecht streitig macht, muß sie ihnen wenigstens uf dem Verhandlungswege möglichst weit entgegenkommen. Die zeiten, da die Beamten ch einfach mit dem abzufinden hatten, bas Regierung und Reichstag ihnen zubilligten, sind ein- für alle⸗ nal vorbei. Wir hätten gern eine Erhöhung der Teuerungs⸗ uschläge gesehen. Nachdem die Regierung aber erklärt hat, über
as, was sie angeboten hat, nicht hinausgehen zu können, und da.
deiter durch etwaige Beschlüsse in dieser Richtung die Verah⸗ Hhiedung der Vorlage um Wochen verzögert werden könnte, so limmen wir der Vorlage zu, weil die Beamten Geld brauchen. Bir geben der Erwartung Ausdruck, daß die Regierung in nächster zeit neue Verhandlungen mit den Spitze werbänden in die Wege ktitet, und daß es dann gelingen wird, der Not der Beamten zu ue rn.
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md das er Beomten.
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u . pi lber die nee,, , i ine Erhöhung der Ueberteuerungszuschläge einzutreten. Abg. Schuldt (Dem) stimmt der Ausschußvorlage zu, wohl sie den berechtigten Forderungen der Beamten nicht voll ntspreche und äußert verschiedene Wünsche. Er verlangt vor
m, daß die Kann⸗Vorschrift über die Gewährung eines Frauen⸗ Ee e , , e ben, e,,
die Härten, die sich bei der Gewährung von n . ö r Berufs⸗
Kinder im Alter von mehr als 21 Jahren, die noch in ausbildung begriffen sind, ergeben haben. Weiter fordert er eine bessere Gestaltung der Wirtschaftsbeihilfen und eine automatische Anpassung der Besoldung an die Teuerungsverhältnisse sowie , . eines besonderen Ausschusses zur Prüfung dieser Frage. bg. Seide mann (Komm): Bis jetzt ist jede Ergänzungs⸗ vorlage nichts weiter gewesen als die Konstatierung der Tatsache, daß das tatsächliche Einkommen der Beamten von Vierteljahr zu Vierteljahr geringer geworden ist. Die paar tausend Mark, die den Begmten nach den Ausschußbeschlüssen mehr bewilligt werden sollen, sind schon um das Vierfache durch die wahnwitzige Steige⸗ rung der Teuerung überholt worden. Aber von dieser Regierung ist gar nichts besseres zu erwarten, denn sie ist nichts weiter als der Arbeitsausschuß des Kapitals. (Gelächter und Zurufe.) Lassen Sie doch Ihre dummen Redensarten und Ihr Gelächter, denn es ist nur das Gelächter der Verlegenheit und der Verzweiflung einer bankrotten Gesellschaft, die am Ende ihres Lateins angekommen ist. Den Beamten hhieibt nichts weiter übrig, als zu hungern und zugrunde zu gehen oder mit der Arbeiterschaft den Kampf um ihre Existenz zu führen. (Beifall bei den Kommunisten) Der Minister Rathenau habe gestern aus dem Hunger der Massen politi Geschäfte zu machen gesucht In dem Klassenstaat sehe es wie Hohn aus, wie man in den letzten Tagen nach einer Einheitsfront gegen die Reparationsnote gesucht habe. Das Streikrecht müsse ein Palladium auch für die Beamten sein. Die neuen Steuern verschlängen ein Arbeitseinkommen von Monaten; dazu ständen die Aufbesserungen der Beamten in keinem Verhältnis. Die elende Rechtspresse wolle das Volk mit Fusel besoffen machen. Tod, Fluch, Verachtung und Untergang dieser elenden bürgerlichen Freffẽ⸗ (Redner wird vielfach vom Gelächter der Rechten unter⸗ brochen; er ruft dieser zu: Lerne zu lachen, ohne zu grinsen. — (Stürmische Heiterkeit. Der Reichstag degradiere sich zu einer Stelle, wo Komödie pie werde, und zwar Regierungskomödie. Aber nach einem französischen Sprichwort töte die Lächerlichkeit. Lebhafte Zustimmung rechts. — Bräsident Löbe ruft den Redner schon zum zweitenmal zur Sache.) Redner expwidert darauf, die kompakte Mehrheit des Hauses wolle die Redner seiner Jam brutal vergewaltigen. Von dem Kuhhandel unter den Parteien sei nichts für die Beamten zu erwarten. Die Beamten müßten vielmehr einig zusammenstehen gegen den Skandal des Klassen⸗ unrechts. . . . ;
Abg. Alle kotte (Zentr.) erklärt, mit Rücksicht auf die eifrige und gründliche Mitarbeit seiner Fraktion an den Aus schußberatungen und auf die vorgeschrittene Zeit auf weitere Aus⸗ führungen verzichten zu wollen.
Unter Ablehnung aller Abänderungsanträge wird die Ausschußvorlage in zweiter und dritter Lesung angenommen. Annahme finden auch die Ausschußentschließungen, in denen die Reichsregierung ersucht wird, bei künftiger Erhöhung der Beamtenbezilge dem Familienstande mehr als bisher Rech⸗ nung zu tragen, die Wirtschaftsbeihilfe für die Beamten in Zukunft nach den Verhältnissen in den einzelnen Wirtschafts⸗ gebieten zu gewähren und schleunigst Anordnung zu treffen, daß im besetzten Gebiet die sogenannten Ueberteuerungs⸗ zuschüsse ohne Rücksicht auf die Besetzungszulage neben dieser Wirtschaftsbeihilfe gezahlt werden. Zustimmung findet ferner die vom Abg. Bäuermann befürwortete interfraktionelle Ent⸗ schlie ßung. ;
Abgelehnt wird dagegen die Entschließung der Unab⸗ hangigen . .
Ohne Aussprache in zweiter Lesung angenommen wird der Gesetzent wurf zur Abänderung des Pen⸗ sionsergänzungsgesetzes und des Wehr machtversorgungsgesetzes.
In dritter Lesung ohne Aussprache erledigt wird der Gesetzent wurf über die Kohlen steu er. Die Abstimmung soll morgen erfolgen.
Nunmehr vertagt sich das Haus auf Freitag, 1 Uhr (Anfragen, kleine Vorlagen, dritte Lesung der Steuergesetze).
Schluß 11 Uhr.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Dem Reichsgesundheitsamt ist der Ausbruch und das Erlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche von den Schlachtviehhöfen in Nürnberg und Zwickau am 28. März 1922 gemeldet worden.
Statistik und Volkswirtschaft.
neber den Arbeitsmarkt in Deutschland im Monat Februar 1922 . das „Reichsarbeitsblatt;! auf Grund der statistischen Er⸗ ebungen:
Die erste Hälfte des Berichtsmonats stand unter dem Zeichen der Arbeitgeinstellung der Arbeiter⸗ und Beamtenschaft der Reichseisenbahn. Die Wirkungen machten sich in Form von Stockungen der Roh⸗ und Brennstoffzufuhr sowie im Warenabsatze geltend und hatten vielfach Betriebseinschränkungen zur Folge. Nach der raschen Beilegung und und nach Eintritt milderer Witterung besserte sich die J, n, e. insbesondere auch für die im Freien arbeitenden Berufe, so daß eine Verschlechterung der Arbeitsmarktlage im ganzen nicht mehr sestgestellt werden kann und die Anzeichen in Richtung steigenden Beschäftigungs⸗ grades weisen. ö
Die Krankenkassenstatistik ergab für den Berichts- monat eine Steigerung der Gesamtzahl der Be⸗ schäftigten bezw. Versicherungspflichtigen. Bei den 5958 Kassen, von denen Meldungen vorlagen, stieg die Mitgliederzahl von 12101 730 am 1. Februar auf 12 304 8366 am 1. März 1922, also um 203 1966 oder 1.7 vH.
Die Arbeitslosigkeit in den Arbeiterorgani⸗ sationen hat nach dem Anschwellen in den Vormonaten wieder einen Rückgang aufzuweisen, zu dem in der Hauptsache das Wiederaufleben der Bautätigkeit den Anstoß gegeben hat. Von 6159 261 am Stichtage durch die Erhebung erfaßten organisierten Arbeitnehmern waren 168 575 oder 27 vH ohne Arbeit (im Vor- monat 33 vn). Unter den Männern waren 3.1 vH (im Vormonat 353 vH), unter den Frauen 1, vy (im Vormonat ebenfalls 1, v5) ohne Beschãftigung.
Die Staätistik der unterstützten Erwerbslosen zeigt ein Nachlassen der raschen Zunghme an, die in den Vormonaten in den Zahlen der unterstützten Vollerwerbslosen ein⸗ getreten war. Am J. März empfingen Unterstützung im ganzen B09 293 Vollerwerbslose, darunter 178 717 Männer und 30 576 . das bedeutet gegenüber dem Stande vom 1J. Februar eine
unahme um 4e vH (im Vormonat 4 20,0 v9).
Die Statistik der öffentlichen Arbeitsnachweise zeigt für den Februar bei einer im ganzen etwa auf der Höhe des Vormonats bleibenden Inanspruchnahme Anzeichen einer gewis sen Besserung der Lage, vor allem auf dem Arbeitsmarkt für männliche Personen. Die 79 der Arbeitsgesuche belief sich auf 367 583 (im Vormonat 879 II 3), die der Stellenangebote auf 5g 755 (im Vormonat 587 102), die der Vermittlungen auf 410 944 (im Vormanat 413 296); das bedeutet demnach bei den Gesuchen eine ge⸗ ringe Abnahme ( I, vH), bei den offenen Stellen eine Zunahme 4 2s vh), bei den Vermittlungen eine verschwindende Äbnahme — Oer vo). Auf je 109 offene Stellen kamen 145 Arbeitsgefuche
im Vormonat 150) und 68, ,, . (im Vormonat W,). Von je 190 Arbeitsgesuchen fanden 47 (im Vormonat 47) Erledi⸗ gung durch Vermittlung von Arbeit.
— — 4
werke Chorzow und
LI rdbeitssteeitiakeiten. Gestern mittag waren die Arbeiter der Elekirizitäis. Zaborze in den Aus stand getreten, weil der Arbeitgebewerband angeordnet hatte, daß die Zahlung der fälligen Gehälter nicht wie bisher am 31., sondern erst am kommenden Sonnabend stattfinden soll. Nach kurzer Besprechung mit den Beleg— schaften wurde eine Einigung erzielt. Die Zahlung der Gehälter . die , ufer erfolgt bereits heute. Damit ist der Streik een det.
Der Prager Bohemia“ zufolge ist den Arbeitern der chemischen Indu strie für das Ende dieses Monats gekündigt worden. Eine Weiterführnng der Betriebe ist nur bei Herabsetzung der Loöhne um 30 vH in Aussicht gestellt worden.
Der Kohlenarbeiterstreik, der in den gesamten Ver⸗ einigten Staaten von Amerika morgen beginnen soll, hat in den Bergwerken von Ohio und Illinois, wie W. T. B.“ meldet, bereits seinen Anfang genommen.
Theater und Mu sik.
Im Oypernhansle wird morgen Madame Butterfly“, mit den Damen Marherr⸗Wagner, von Scheele⸗Müller und den Herren Talen, Ziegler, Lücke, Philipp, Stock, Tüttbernd und Krasa besetzt 83 Musikalische Leitung: Kapellmeister Ehrenberg. Anfang * .
Im Schau sptelhau ße geht morgen. Lumpazi⸗Vagabundus mit Fritz Hirsch, Otto Laubinger und Max Pohl, erstmalig als Schuster Kmeriem, in Szene. Anfang 75 Uhr.
Ein Orchesterkonzert moderner Frauen kompo⸗ nisten mit Werken von Johanna Müller⸗Herrmann, Gisella Selden⸗Goth, Julie Weißmann⸗Kerr, Elisabeth Kirchner, Ma Wurm findet am 29. April im Großen Schauspielhaut unter Leitung von Klaus Pringsheim statt. Die interessierten Qrganisationen erhalten vor Beginn des öffentlichen Verkaufs auf Subskription bis zum 5. April Karten zu wesentlich ermäßigten Preisen in der Geschäftsstelle des Stadtverbandes der Groß Berliner Frauenvereine, W. 30. Luitpoldstraße , und der Geschästsstelle der Musikgruppe E. V., Pallasstraße 13.
Mannigfaltiges.
In der gestrigen Stadtverordneten sitzung wurde die Erhöhung des Elektrizitätspreises auf 6 K sowie die Er— höhung der drei Gewerhesteuertlassen um 3060, 200 bejm. 109 * beschlossen. Die Erhöhung des Gaspreises und des Straßenbahntarifs wurde dagegen abgelehnt. Gegen diese Erhöhungen stimmten die Sozialdemokraten, Kommunisten, Wirt⸗ schaftsparteiler und Deutschnationalen. In der den Abstimmungen vorausgehenden Debatte richtete der Stadtverordnete Dr. Weyl heftige Angriffe gegen den Magistrat, bei deren Abwehr es zu Lärm- szenen kam, so daß der Vorsteher die Sitzung unterbrechen mußte.
Maßnabmen zur Hebung des Koblenbergbanes. Die für die nächsten Tage angesetzte Vollversammlung des Sach verständigenausschusses für Kohlenbergbau des Reichskohlenrates ver— spricht manches, für unseren Bergbau wichtiges. zu bringen, Fragen der Sicherheit (J. B. Schachtstörungemesser, Koblen säureausbrüche, Schlagwetteran zeiger) sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Kohlen, und Kolggualität. Ferner wird aus berufenstem Munde ein Vortrag über Wege und Ziele der Schulung bergbaulicher Be⸗ triebsbeamter mit anschließender Aussprache stattfinden.
Essen, 30. März. (W. T. B.) nNeber die Verhaftung von Beamten der Schutz volizei in bherbausen wird mitgeteilt: Oberhausen gehört an sich nicht zum besetzten Gebiet. Sein weftlicher Stadtteil fällt aber in die sogenannte Bewegung zone, die durch belgische Sicherheitspatrouillen begangen wird und für die die gleichen Bestimmungen wie für das besetzte Gebiet gelten. Die Schutzpolizei versieht ihren Dienst in diesen Teilen der Stadt nur mit den von der Entente vorgeschriebenen Armbinden und Autweisen. Am 28. März erschien gegen 6 Uhr Nachmittags vor der mit vier Schupobeamten hesetzten Polizeiwache in Alstaden eine 80 bis 100 Mann starke Abteilung , . Soldaten, von der ein Offizier und zebn Mann die Wachstube betraten nud den Beamten mit vorgehaltener Pistole unter der Aufforderung „Hände hoch!“ erklärten, sie hätten Befehl, sie zu verhaften und mitzunehmen, da sie weder Augweise noch Armbinden hätten. Als die Beamten nach— wiesen, daß dies doch der Fall sei, schien der Offizier zumriedengestellt und verließ die Wache. Am 29. März wurde der Wachlastfraft⸗ wagen, der jeden Mittag die Ablösung sämtiicher Oberhausener Polizeibeamten besorgt, bei seiner Rundfahrt durch die Be⸗= wegungszone von einer belgischen Kompagnie angehalten. Die auf dem Wagen und auf der Wache in Alstaden angetroffenen Beamten, insgesamt 29, wurden verhaftet und sie sowie der Kraft⸗ wagen und die auf der Wache befindlichen Ausrüstungestücke, wie Wacht bücher, Handgranaten usw,, mit nach Duisburg genommen. Der den Belgiern auf die Nachricht von der Verhaftung sofort nachgesandte Hundertschafts führer versuchte vergeblich die Freilassung seiner Leute zu erlangen. Der die belgische Kompagnie befehligende Oberleutnant er⸗ klärte, er habe von dem Kommandierenden General des Brückenkopfes Duisburg den strengen Befebl, die im besetzten Stadtteil angetroffenen Schutzpolizeibeamten abzufangen und nach Duisburg zu führen, gleich⸗ viel, ob sie Armbinden hätten oder nicht. Der Polizeipräsident in Essen hat sich sofort mit dem belgischen General in Duisburg wegen Freilassung zer Begmten in Verbindung gesetzt und angeordnet, daß die Oberhausener Schutzpolizei ibren Dienst im besetzien Stadtteil einstelle. Inzwischen sind von den verhafteten Beamten drei, die zur Wache Alstaden gehören und eine Armbinde hatten, freigelassen worden. Die übrigen hatten keine Armbinden, da sie zum Dienst auf den anderen Wachen bestimmt waren und daher das besetzte Gebiet nur vorübergebend bei der Durchfahrt des Wagens berührten, ein Verfahren, das seit Monaten geübt und bisher von den Belgiern nicht beanstandet worden ist.
Ma dr id. 2. Mär. (W. T. B) Der Süderpreßing Lissabon — Paris stieß bei Salamanca mit einem Per⸗ sonenzug zu samm en. Drei Personen wurden getötet, zebn verwundet.
Belgrad, 30. März. (W. T. B.). Die hiesige Erdbeben⸗ warte verzeichnete von gestern früh ?7 Uhr bis 7 Uhr 53 Min. Gr d⸗ beben st öße, darunter zwei starke.
Lissaben, 30. März (W. T. B.) Gin Passagier⸗ flugzeug ist heute nach Rie de Janeiro abgeflogen. Es hat heute nachmittag in Las Palmas eine Zwischenlandung vor⸗ genommen.
Gen f, 30. März. (W. T. B.) In der Vollversammlung des Generalrats der Liga der Roten Kreuz⸗Ver⸗ einigungen waren etwa hundert Delegierte als Vertreter von mehr als dreißig Ländern, ferner Delegierte des Völkerbunds, des Internationalen Arbeitzamis und andere mehr anwesend. Senator Depage vom belgischen Roten Kreuß wurde zum Präsidenten des Generalrat, de Resselhurys vom niederländischen Roten Kreuy zum Vizepräsidenten gewählt. Die Konferenz nahm
Berichte entgegen über die . it des Sekretariats und des inter⸗
nationalen Roten Kreuz⸗Komltees und genehmigte Tag Arbeit programm. Um Mißverständnissen ie,, . teilt die Schweizerische
, , ,. mit, daß es sich bei der Roten Kreuz⸗Organijation,
a riß verlegt, um die während des Kri
die ibren Sitz nach nternationale des socistss
entstandene Ligue Croir Rouge handelt.
es
e Das Comits International de la Croir Rouge behält hingegen seinen Sitz weiter in Genf.
3weite Beilage
m Deutschen Neichsanzeiger und Preuhischen Staatsanzeiger
Nr. 77.
Berlin, Freitag, den 31. März
1922
Nichtamtliches.
(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.
Preußischer Landtag. 123. Sitzung vom 30. März 1922 Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ))
( Die Gesetzentwürfe über Aenderung des Volks schullehrer⸗ und des . ö. die nste in kom men ge se zes werden* mit ragen wegen Aufbesserung des Diensteinkommens der evangelischen und der katholischen Geistlichen an den Aus⸗ schuß für Beamtenfragen überwiesen.
Das Haus setzt die zweite Beratung des Haushalts der lLandwirtschaftlichen Verwaktumg' und zwar zunächst die allgemeine Besprechung fort.
Abg. We st erm ann (Dem tritt den Angriffen des kommu⸗ nistischen Abg. Schulz ⸗Neukolln ö Landwirtschaft und die ger r fg . Man kann für einen einzelnen
ĩ die Gesamtheit ebensowenig verant— e ne. ich machen, wie man für ein Bergehen eines Kommunisten ohne weiteres die kommunistische Partei verantwortlich machen darf. Es gibt unter den Landwirten viel mehr anständige Leute als Arbeiterschinder. Die Landwirtschaft ist sich ihrer Pflicht für die Bolksernährung zu sorgen, voll bewußt. Die bei der jetzigen Umlage gezahlten Preise waren wirklich nicht zeitgemãß. . wollen kein Ausnahmegesetz gegen die Landwirtschaft, wir wollen nicht, daß man sie in eine Zwangsjacke steckt. Aber wir gehen noch nicht so weit, wie die brandenburgischen Reichslandbündler, die mit dem Lieferstreit und mit dem Boykott drohen. Wir sind iiberhaupt nicht Freunde des Streiks. (Jurufe bei den Komm) Wer vom Staate das Existenzminimum garantiert verlangt, muß auch die Verpflichtung einer gewissen Arbeitsleistung übernehmen. Wir wünschen, daß auch der mittlere und kleine Landwirt in dem Bestreben nach Aus- und Durchbildung für seinen Beruf mit aller Kraft gefördert wird. Darum sind die Winterschulen und überhaupt die Bildungsanstalten für die Landwirte auszubauen und auszudehnen. In Hannover, so um Hildesheim herum, wirt⸗ schaftet der kleine und Mittelbesitz reichlich so viel heraus wie der Großgrundbesitz. In der Siedlungsfrage und in der Frage der Urbarmachung von Oedländereien erhoffen und erwarten wir von 1 Minister ein besonders energisches Vorgehen. Dann wird schließlich der deutsche Boden auch den deutschen Bedarf an Lebenz— mitteln ganz oder bis auf einen geringen Bruchteil selbst erzeugen. Für die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse der Candarbeiter muß, zumal auf den Domänen, getan werden, was im Rahmen des Budgets nur immer möglich ist. Unmögliche Forderungen, wie sie die Kommunisten leichthin erheben, lehnen wir ab. Der Arbeiter auf dem Lande muß eine menschenwürdige Wohnung haben. — Den Ausschußanträgen stimmen wir zu, aber den“ jenigen, der die Ueberweisung von Staatsmitteln zur Prämien⸗ gewährung ig. Landwirte verlangt, die direkt oder über eine landwirtschaftliche Genossenschaft an die Verbrauchergenossenschaften liefern, können wir nicht annehmen. Wir lehnen auch den kommu— nistischen Antrag auf Beseitigung der Wettrennen ab, um nicht die Quelle zu verstopfen, aus der die Förderung der Pferdezucht gespeist wird. Desgleichen sind wir gegen die Anträge, die die „Technische Nothilfe“ ausschalten wollen. Wann wollen Sie (zu den Kommu⸗ nisten) sie denn einsetzen, wenn nicht bei Streiks? (Zurufe bei den Kommunisten: Ueberhaupt nicht! Wir Landwirte wollen ernsthaft arbeiten, nicht nur für unsere Existenz, sondern auch am Fiederaufbau des gesamten Vaterlandes! (Beifall bei den Demo⸗ kraten.)
Abg. Jürgensen (n. Soz): Für die agrarischen Kreise ist die Frage der Steigerung der Produktion eine Preissteigerungs⸗ frage. Ueber die Kartoffelfrage ist hier und im Reichstag viel ge⸗ redet worden und die Bevölkerung hat doch keine Kartoffeln er⸗ halten. Nicht der Handel, sondern die agrarischen Produzenten sind in erster Linie dafür verantwortlich zu machen. Redner kommt auf die von den Landwirten geforderte Aufhebung des Umlage⸗ verfahrens zu sprechen und bezeichnet es als eine Unverschämtheit und Demagogie, wenn die Rechtsparteien in den Gemeinden Be⸗ reitstellung öffentlicher Mittel zur Brotverbilligung forderten, nach⸗ dem sich die Agrarier die Taschen gefüllt hätten. Die Haltung der beiben Zentrumsredner sei eine Zwitterstellung gewesen, um die Wähler zu täuschen. Interessant sei auch, daß die Demokraten die Lebensmittel als Handelsobjekt betrachtet wissen wollen. Redner spricht sodann über die Tätigkeit des Landbundes und behauptet, daß durch wirtschaftliche Knebelung dessen Organisationen partei⸗ politische Ziele verfolgten, letzten Endes die Abschaffung der jetzigen Staatsform. Ausländische Landarbeiter würden nur als Aus⸗ beutungsobjekte betrachtet. Erst müßten die deutschen Arbeiter be⸗ schäftigt werden, unter Gewährung der Rechte, auf die sie als Menschen Anspruch hätten. Auf Grund der Demobilmachungsver⸗ ordnung würden die Landarbeiter jeder Willkür ausgeliefert. Die Ueberschüsse und Riesengewinne der Landwirte werden in Pracht⸗ schlössern und Maschinen angelegt, wobei man letztere noch gar nicht braucht. Redner schließt mit einem Appell an die Landarbeiter zum Kampf um ihre Menschenrechte. . ö
Abg. Sartwig (Soz) hält das Hilfswerk der Landwirtschaft nur für ein Mittel zur Aufhebung der Zwangswirtschaft und für einen Weg zur Steuerfreiheit. Diese Behauptung belegt Redner mit Aeußerungen von Führern der Landbundbewegung. Selbst v. Wangenheim habe zugegeben, daß in der Landwirtschaft Wucher getrieben werde. Zwischen dem Landbund und der Deutschnatio⸗ nalen Partei gäbe es keinen Unterschied. Die Sekretäre des Pom⸗ merschen Landbundes seien nichts anderes als die abgerichte ten Klappermühlen der Deutschnationalen. Die Methode des Sand⸗ bunbes sei die des Zuckerbrotes und der Peitsche. Die Herren Landbündler und Deutschnationalen sollten es nur so weiter machen. Die Geschichte der Gewerkschafts bewegung zeige, daß eine solche Methode die Arbeiterschaft in Massen zur Organisierung führe, Die kommunistische Methode auf Zersetzung der Landarbeiterschaft sei zu verwerfen. Die vom Landbund und den Deutschnationalen propa—= gierten Maßnahmen des Boykotts und des Lieferstreiks werde sich die Arbeiterschaft nicht gefallen lassen. Sollten sie mit Gewalt ver. sucht werden, dann käme, was im Interesse des Volksganzen nicht kt wünschen sei, der Generalstreik. (Beifall bei den Sozial⸗ emokraten. ; .
Abg. FReaw. Menstein (Zentr.): Wir halten das jetzige Umlageverfahren für ungerecht. Im Ausschuß ist ein positiver Beschluß in diesem Punkte nicht zustande gekommen. Die Voll. ernährung muß unter allen Umständen sichergestellt werden. Die bittere Not des Volkes wird durch die Teuerungswelle aufs höchste gesteigert. Da kann man ö Volkes nur warnend zurufen: Friede ernährt, Unfriede verzehrt! ; 36 ; 89 M e ern ieiefel (D. Nat.): Der dandmnirtschait⸗ minister hat gestern den Reichslandbund scharf angegriffen. Die
. . = 5 6 Reden ) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck heworgehobenen Re der Herten Minister, die in Wortlaute wiedergegeben find.
ö
Mittelschul⸗
Fraktion bedauert tief, daß in dieser krisenhaften Zeit der Minister des größten Bundesstaates unter Adoplierung sozialdemokratischer Schlagworte gegen eine so bedeutende Organisation Stellung genommen hat, die nur pflichtgemäß die Regierung über die Er= regung der landwirtschaftlichen Kreise gegen die jetzige Wirtschafts⸗ politił unterrichtet hat Die ganze Agitation der Linken geht nur darauf aus. der Landwirtschaft das große Hilfswerk zu verekeln. Landwirte sitzen nicht nur unter den Deutschnationalen, sondern auch in allen anderen Parteien. — Redner polemisiert als Vertreter des Zentralverbandes der Landarbeiter gegen die Kommunisten und Demokraten und tritt für praktische Arbeit und für Verständigung zwischen Stadt und Land ein.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Wen“ dor ff: Der Herr Vorredner hat am Anfange seiner Ausführungen die Behauptung aufgestellt, daß ich gestern scharfe Angriffe gegen die Landwirtschaft und unberechtigte Vorwürfe gegen die Vertreter des Landbundes erhoben habe, und zwar hat er diese Erklärung, wie mir
eben zugerufen wird, sogar namens und im Auftrage der deutsch⸗
nationalen Fraktion dieses hohen Hauses abgegeben. Ich muß diese Behauptung als den Tatsachen nicht entsprechend zurückweisen. Zu meinem Bedauern ist es mir im Augenblick nicht möglich, den Wort—⸗ laut der Rede vorzulesen, da dieselbe sich im Druck befindet. Ich stelle aber fest, daß, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, ich ausdrücklich das bemerkens⸗ und dankenswerte Bestreben der Landwirtschaft anerkannt habe, durch die Be— tätigung des Hilfswerks an ihrem Teil in großzügiger Weise beitragen zu wollen, die Produktion auf landwirtschaftlihem Gebiet zu heben, und habe weiterhin — und das möchte ich gerade der deutschnationalen Fraktion dieses hohen Hauses sagen — ausdrücklich anerkannt, daß die Behandlung und die Ausführungen der Herren von der deutschnationalen Partei zu der Frage des Umlageverfahrens sich in durchaus sachlichen und ruhigen Bahnen bewegt haben. Ich habe daran den Wunsch geknüpft, daß sie mit gleichen Mitteln auch auf ihre Berufsgenossen und Organisationen im Lande einwirken möchten.
Im Anschluß daran habe ich die Depesche des Reichsland= bundes, welche im Wortlaut mir leider im Augenblick nicht vorliegt, verlesen und es zurückgewiesen, wenn in der Depesche ausgeführt ist, daß die Landwirtschaft — der Reichs landbund spricht häufig im Namen der gesamten Landwirt⸗ schaft — mit allen Mitteln sich gegen die Einführung oder Aufrechterhaltung des Umlageverfahrens einsetzen werde, und habe daraus die meines Erachtens durchaus naheliegende und logische Folgerung gezogen, daß zu allen Mitteln letzten Endes auch das Mittel des Streiks gehört. (Rufe rechts: Unerhört! Dann müssen Sie nicht solche Depeschen loslassen. (Erneute stürmische Zuruse rechts) Ich stelle gern fest, daß es Ihnen unangenehm ist, daß die Herren eine solche Depesche abgesandt haben. (Wiederholte Zurufe Dr. Roesicke und Herr Dr. Hepp so wenig sich der Bedeutung ihrer Worte bewußt zu sein scheinen, wie sie es jetzt darzustellen belieben. Ich glaube, daß sie den Vorsitzenden des Reichslandbundes damit einen
annehme, daß die Landwirtschaft hinter einer solchen Drohung steht, sondern daß ich überzeugt bin, daß die preußisch⸗deutsche Landwirt⸗ schaft bereit ist, ihre nationale Pflicht in vollem Maße zu erfüllen, und daß sie, wenn Gesetze erlassen werden, die ihr Opfer auferlegen, wie ich das gestern schon anerkannt habe, trotzdem bereit sein wird, alles daran zu setzen, die Ernährung des Volkes von sich aus sicher⸗ zustellen (Bravo! bei den Dem. und links. — Erregte Rufe zwischen techts und links.)
Abg. Schmit t Molsberg (Zentr.) erklärt, daß das Zentrum stets bereit eren, sei, die Städte mit Nahrungsmitteln zu ver⸗ sorgen und für einen Ausgleich zwischen Stadt und Land einzu⸗ treten. Das beste Mittel zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion jei die freie Wirtschaft. Der Achtstundentag dürfe nicht schematisch in der Landwirtschaft angewendet werden. Die Land wirtschaft werde stets bereit sein, fur Förderung der Produktion zu wirken. .
Abg. Beise (D. Vp.): Jeder wird wünschen, daß die Land⸗ arbeiter gut wohnen und gut entlohnt werden. Wenn in diesem Susammenhange Graf Stolberg angegriffen wird, so verdienen diese Angriffe entschiedenste Zurückweisung. Wir haben keineswegs die unbedingte Verhinderung einer Erneuerung des Umlage⸗ verfahrens gefordert. Wir verlangen nur, daß die Ungerechtig⸗ keiten des jetzigen Umlagevefahrens, die gerade den mittleren und kleineren Besitzer bedrücken, abgestellt werden. — Die Ausschuß⸗ anträge wegen Ausbaues der landwirtschaftlichen Hochschule und der Prüfungsanstalten für landwirtschaftliche Maschinen sowie für die Errichtung von landwirtschaftlichen Maschinenschulen und wegen Anpassung der Grundsätze für die Staatszuschüsse an Land⸗ wirtschaftsschulen, die die Städte unterhalten, an die Teuerungs⸗ verhältnisse, legen wir dem Hause ganz besonders ans Herz. Ba⸗ gegen können wir dem Ausschußantrage, der den Handel im Ver⸗ lehr zwischen den landwirtschaftlichen und Verbrauchergenossen⸗ schaften ausschalten will, nicht zustimmen. Unsere Anträge auf möglichst umgehende Lösung der Frage des Befähigungsna weises für landwirtschaftliche Gutsbeamte und auf Leistung erhöhter Bau= kostenzuschüsse für Werkswohnungen auf Besitzgrößen unter 105 ha empfehlen wir dringend. .
Damit schließt die allgemeine Besprechung.
Es folgt die Besprechung über die Wasserbau⸗— verwaltung und das Landeswasseramt.
Abg. Kohl (Soz.) verbreitet sich über die unhaltbar ewordenen Verhältnisse auf den Nordseeinseln. Man hat für den in Aussicht genommenen festen Damm von der Insel Sylt zum Festlande eine viel zu geringe Summe veranschlagt. Ungeheure Schäden sind auch an der Insel Borkum angerichtet worden ebenso bedürfen Föhr und Amrum einer besseren neuen Ver! binduns mit dem Festlande, seidem das eigentliche Zugangs gebiet in dänischen Besitz übergegangen ist. Man sollte eine Kommission nach den Nordseeinseln schicken, die die nötigen Feststellungen trifft. Für die Bauten selbst stehen im Dithmarschen allein Tausenbe don Arbeitslosen zur Verfügung. Zu befürchten ist leider, 9 die Wucherpolitik der Syndikate die Bauten ungemein verteuern wird. Der Umbau der Wilster⸗Schleuse ist dringend notwendig. Der Ausbau des Kangls von Hamm bis Lippstadt ist bei der Reichs regierung zu befürworten und die schleunige Vollendung der
rechts) Ich bedauere, daß so hervorragende Parlamentarier wie Herr
Bärendienst erwiesen haben, denn ich glaube, die Herren wissen ganz
Minister für Landwirtschaft, Domãnen und Horsten Dr. Wen dorff: Nachdem der Wortlaut meiner gestrigen Ausführungen aus der Druckerei zurückgekommen ist, möchte ich nicht unterlassen, ihn noch einmal zu verlesen, um den Beweis zu unterstützen, den ich be⸗ reits vorher angetreten habe, daß nämlich die Angriffe, die die deutsch⸗ nationale Fraktion und der Herr Abg Meyer (Bielefeld) gegen mich gerichtet haben, durchaus der Grundlage entbehren. Ich habe also folgendes gesagt:
Die Frage der Beibehaltung des Umlageverfahrens soll aber auch andererseits von der Landwirtschaft nicht in ihren Folgerungen überschätzt und übertrieben werden. Ich erkenne ohne weiteres die erheblichen Bedenken und Nachteile an, die ich eben berührt babe, aber ich glaube, es ist doch nicht angängig, in der Weise, wie es leider von einzelnen Seiten, auch führenden Persönlichkeiten ge schehen ist, gegen die Umlage anzurennen, wie es tatsächlich der Fall ist.
Es ist dann eingegangen auf Herrn von Natzmer, der hier nicht interessiert, und es heißt weiter: Ich bedaure aber, wenn der Vorstand des Reichslandbundes mit der Unterschrift des volksparteilichen Reichstags abgeordneten Depꝝ und des deutschnationalen Reichstagsabgeordneten Dr. Roesicke unte dem 25. März an mich folgende Depesche richtet:
Trotzdem der Landwirtschaft für das kommende Erntejahr die
völlige Aufhebung der Zwangswirtschaft in Aussicht gestellt war,
haben sich in der letzten Ernährungskonferenz die Vertreter der
Länder für Getreide⸗ und Kartoffelbewirtschaftung ausgesprochen.
Die Landwirtschaft fühlt sich hierdurch aufs schwerste getãuscht
und ist aufs höchste erregt. Sie ist einmütig willens, sich der
erneuten Einführung der Zwangswirtschaft geschlossen und mit
allen Mitteln entgegenzustellen. Was heißt mit allen Mitteln? Letzten Endes doch nichts anderes als auch mit den Mitteln des Streiks; denn das ist das letzte gewerkschaftliche Mittel, das angewandt werden kann. Das fagen dieselben Herren, die mit Recht den Eisenbahnerstreik verurteilt haben, den ich mit ihnen ebenso lebhaft verurteile. Ich möchte doch die dringende Warnung an die Vertreter der Landwirtsch et zichten, nicht in solcher Weise mit dem Feuer zu spielen; denn darüber besteht bei mir jedenfalls kein Zweifel, daß die Ant⸗ wort auf einen Lieferstreik oder einen organisierten Boykott, wie man ihn nennen will, kaum etwas anderes sein kann als der Generalstreik, und was der Generalstreik bedeutet, das brauche ich diesem hohen Hause nicht darzulegen. Das heißt nicht nur wirtschaftlicher Still⸗ stand, völliger Zusammenbruch, das heißt das Ende unseres Vater landes in der schwersten Stunde der Gefahr.
(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)
Ich bin überzeugt, daß, wie auch hier im Hause die Vertreter den Landwirtschast durchaus sachlich und ruhig die Frage des Umlage— verfahrens behandelt haben, die Landwirtschaft draußen bereit sein wird, wenn es sein muß und ein derartiges Gesetz von der Mehr⸗ heit der deutschen Volksvertretung verabschiedet sein wird, auch ihrerseits daran zu gehen, dieses Gesetz zu erfüllen und sich der
genau, was sie depeschiert haben, und ich als Vertreter der Landwirtschaft des größten deutschen Landes halte mich für verpflichtet, hier an dieser Stelle zu erklären, wie ich es auch gestern getan habe, daß ich nicht
Strecken Dorsten — Friedrichsfeld dringend zu wünschen.
schweren Verpflichtung bewußt zu sein, die der Landwirtschaft da⸗ durch auferlegt ist, daß ihr der Grund und Boden anvertraut ißt das wertvollste Gut, das wir heute noch im Vaterlande haben,
GSustimmung links)
der Verpflichtung, nun alles zu tun, was in ihren Kräften steht für die Ernährung des Volkes zu sorger ö (Erneute Zustimmung bei den Demokraten und links) Ich darf also hoffen, daß die Herren K ollegen und die landwirt⸗ schaftlichen Berufsgenossen aus diesem Hause ihren Einfluß auf die landwirtschaftlichen Organisationen und Berufesgenossen draußen im Lande so betätigen werden, wie es hier gestern geschehen ist. Ich bin überzeugt, daß angesichts des Ernstes der gage die Land. wirtschaft, wenn es gefordert wird, dann auch bereit sein wird, Opfer zu bringen — denn darum handelt es sich zweifellos auch bei entsprechender Bemessung des Ablieferungspreises. Ich glaube, damit auch wortgemäß den Nachweis geführt zu haben daß die Angriffe, die vorher gegen mich gerichtet sind, jeder Grund⸗ lage entbehren. (Zuruf bei den Komm.) — Das überlasse ich Ihnen. Wenn ich noch mit einigen Worten auf die Ausführungen des Herrn Vorredners eingeben darf, so möchte ich zunächst die Anfrage beantworten, die er am Eingang seiner Ausführungen gestellt an Das Staatsministerium hat bisher leider noch nicht Zeit gefunden, sich mit der Frage der Abmessung der Zu stndigkeiten hin sichtlich der Wasserwirtschaft zu beschäftigen. Das wird morgen nachmittag geschehen. Das hohe Haus wird bon dem . Ergebnis der Beratungen und dem Beschluß des Staats ministeriums in Kenntnis gesetzt. Es kann alsdann die in Auesicht genommene Sitzung des Hauptausschusses stattfinden, in der über die bisher zurückgestellten Anträge in die er Frage abgestimmt werden kann Deshalb möchte ich jetzt nicht sachlich zu der Frage Stellung nebmen. Was die weiteren Aeußerungen meines Herrn Vorredners an⸗ geht, so sind allerdings Mittel zur Beseitigung der letzten leider recht erheblichen Sturm flutschäden die se s Winters in den Haushaltsplan noch nicht eingestellt worden; das konnte auch nicht geschehen, da dieser Haushaltsplan bereits im Sommer des ver. gangenen Jahres aufgestellt werden mußte. Die erforderlichen Mittel werden aber auf dem Wege des außerordentlichen Plans angefordert werden, damit die Arbeiten, deren Durchführung dringend notwendig ist, auch tatsächlich ausgeführt werden können.
Was den Bau des Dammes nach Sylt anlan ⸗ den Bau gt, so wird er durch die Reichseisenbahnverwaltung ausgeführt. In den laufenden Reichs haushalt sind dafür 15 Millionen Mark eingestellt, die Ange⸗ legenheit wird also weiter gefördert.
Hinsichtlich der Schäden bei Borkum ist noch nicht eit. gestellt, ob und inwieweit das Reich allein oder gemeinsam 6 Preußen die Kosten zu tragen haben wird. Aber die notwendigen . 3 jetzt gemeinsam für Rechnung des Reichs und des reußiichen Landes ausgeführt werden und die Verrech darũber wird später erfolgen. . .
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