1922 / 80 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Apr 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Da die Wertanmeldung für die Einfuhr erst neu vorgeschrieben wurde, unterliegen die Ergebnisse zum Teil noch der Nachprüfung.

Nichtamtliches. . (Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) Vorläufige Ergebnisse des deutschen Außenhandels im Februar 1922.

Die Werte sind in Papiermark angegeben, sie beruhen in Aus⸗ und Einfuhr auf Anmeldungen.

Warengruppe

Einfuhr

Menger

Februar

Jan. / Febr.

]

Werte in 1000

Ausfuhr

Maß- stab

Mengen Werte in 1000 4A

84 Februar Jan. / Febr.

233

*

8 *

X m/

So br

83 * 4.

EGG r

.

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Erzengnisse der Land

? und Forstwirtschaft und andere tierische und pflanzliche Naturerzengnifse; Nahrungs- und Genn ß⸗ e . Erieugnisse des Acker, Garten- und Wiesenbaues

Erzeugnisse dee ante,

Tiere und tierische Erzeugnissẽ

Erzeugnisse landwirtschaftlicher Nebengewerbe Erzeugnisse der Nahrungs. und Genußmittelgewerbe, abschnitten A bis D nicht inbegriffen..

Mineralische und fossile Rohstoffe; Mineralöle

Erden und Steine J k J Mineralöle und sonstige fossile Rohstoffe«̃̃̃— Steinkohlenteer. Steinkohlentegröle und Skeinkohlenteerstoffte ... Zubereitetes Wachs., feste Fettfäuren, Paraffin und ãhnliche Kerzenstoffe, Lichte, Wachswaren, Seifen und andere unter Verwendung von Fetten, Oelen oder Wachs hergestellte , J K Themische und pharmazeutische Erzeugniffe, Farben und Farb⸗ waren . . Chemische Grundstoffe, Säuren, chemischer Grundstoffe, anderweit nicht genannt k K I Aether. Alkohole, anderweik nicht genannt oder inbegriffen; (ätherische) Oele, künstliche Riechstoffe, Riech- und Schön heitsmittel (Parfümerien und kosmetische Mittel) .... J Künstliche Düngemittel .. . J Sprengstoffe, Schießbedarf und Zündwaren .... Cbemische und pharmazeutische Erzeugnisse, anderweit nicht genannt Bearbeitete tierische und pflanzliche Spinnstoffe und Waren daraus; Menschenhaare; zugerichtete Schmuckfedern; Fächer und

Sal Verbindungen

Sale und sonstige

flüchtige

J d

Seide 6.

Wolle und andere Tierhaare (mit Ausnahme der Pferdehaare aus der

J Baumwolle . k Buchbinderzeugstoffe, Pausleinwand, wasserdichte Gewebe, Gewebe mit auf

getragenen Schleif⸗ oder Poliermitteln; Linoleum und ähnliche St Watte, Filze und nicht genähte Filzwaren Pferdehaare (aus der Mähne oder dem Faren Kleider, Putzwaren und sonstige genähte Gegenstände aus Gespinstwaren

oder Filzen, anderweit nicht genannt.... JJ Künstliche Blumen aus Gespinstwaren, Regen- und Sonnenschirme,

Schuhe aus Gespinstwaren oder Filzen... Menschenhaare und Waren daraus, zugerichtete

und Hüte. w . Abfälle von Gespinstwaren und dergleichen

Leder und Lederwaren, Kürschnerwaren, w J Reder wgre Kürschnerwaren.. Waren aus Därmen ... k

Kautschuk waren J Waren aus weichem Kautschukt ... Hartkautschuk und Hartkautschukwaren V

Geflechte und Flechtwaren ans pflanzlichen

nahme der Gespinstfasern. ö

Schmuckfedern,

Waren aus Därmen

2

Geflechte (mit Ausnahme der S Flechtwaren (mit Ausnahme der. Sparterie und Sparteriewaren Besen, Bürsten, Pinsel und Si Waren ans tierischen oder stoffen Waren aus tierischen ö ( ee; D Waren aus anderen pflanzlichen Schnitzst ile aus anderweitig nicht genannten Formerstoffen. Papier, Paphe und Waren daraus. Bücher, Bilder, Gemälde . Waren aus Steinen oder a Ausnahme der Tonwaren) se Tonwaren e Gilias und Glaswaren J Gdle Metalle und Waren daraus Gold (Gold, Platin und Platinmetalle Metallen, Gold- und Platinwaren) Silber (Silber, Silbergekrätz, Bruchsilber, Unedle Metalle und Waren daraus Eisen und Eisenlegierungen , Aluminium und Aluminiumlegierungen Blei und Bleilegierungen. Zink und Zinklegierungen. Zinn und Zinnlegierungen (einschl. des annia r k . Kupfer und Kupferlegierungen. . w . Waren, nicht unter die Abschnitte A bis & fallend, aus unedlen Metallen oder aus Legierungen unedler Metalle , Maschinen, elektrotechnische Erzengnisse, Fahrzeuge..

r Former

Schnitzstoffen.

Metalle * 5 9 9 * 2

ö Elektrotechnische Erzeugnisse ... I .

Feuerwaffen, Uhren, Tonwerkzeuge, Kinderspielzeng I 1 k . . Kinderspielzeug ..

.

Schweife) und Waren daraus

8 835 939 585 193 5 575988 2217193 129173

24 387

1028 684 818 781 520

46443 5602 8210 472

204

452 304 1 564

3031 3709 4

955

25 135 o

9 7Ai8 778

862 4591161 25370 725

583 50? 3394361 295 537 3141454

224 634

730 983 16089 645 5 851 136 962 755 63 891

2832 327 304

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25 888 386 381

219 049

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101 830

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14558 2158 426

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36 4 12

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10 894 10590 304

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840 z5 zh 29

*

16 664

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527 521

609 520 12 539

382 156

166

14 136 236 052 70 329

6276

180 240

2528 * 235

157

70

572

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711468 5 149 080

1 129 o32

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2955 *18 3252 512

630 162

S858 592 1615 582 89 295

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6 751

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13 316 20 831

9055 35 853 19 635

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26 355 45 581 23 885 289

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720 139

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1241353 153. 152 899 671 603 55 4366 153 337 344

2 802 930 1 308

132 040 1321491

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1335 677 2 881 gz

385 753 166 018 266 966 414949

20 080 47181 111991 9 818630 21 551 604 692 097 1989787 1335 086 86 152 128 029 12099 2395 7 514 808 0h 413 1128 48 23 549 13 705 29 4697 162 457 132 670

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Unvollständig ange nie ld ete Waren

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außerdem:

1 2 Wasserfahrzeuge .

Davon: reiner Warenverkehr... Edelmetalle: . ( . Feingold, legiertes Gold, Barren aus Biuchgold, zoldmünz gold, Goldasche, gekrätz (hei der Ausfuhr unter Silber) Feinfilber, legiertes Silber, Bruchsilber, auch in B J Zusammen Cdelmetalle

Berlin, den 30. 1922.

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17 472 823 37 744076

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Statistisches Reichsamt.

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01 Sitzung vom 3. April 1922, Nachmittags 2 Uhr.

. (Bericht des Nachrichten büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *))

Der Gesetzentwurf über die Aenderung der Unfallversicherung wird ohne Aussprache dem sozialpolitischen Ausschuß über⸗ wiesen. J

Es folgt die dritte Beratung des von Abgeordneten Parteien eingebrachten G esetzent wurfes zur Aenderung des Gesehes über die Aus⸗ bildung von Kriegsteilnehmern zum Richteramt. Während der ursprüngliche Antrag all⸗ gemein bestimmte, daß Referendaren, die am Kriege teil⸗ genommen haben, 6 Monate Vorbereitungszeit zu erlassen sind, hat der Ausschuß keine feste Bestimmung angenommen, sondern die Regelung den einzelnen Justizverwaltungen überlassen der Kommissionsbeschluß war am Sonnabend in zweiter Lesung angenommen worden.

Nunmehr ist wiederum ein Antreg Rosenfeld (n. Soz.) eingegangen, die ursprüngliche Fassung wieder her⸗ zustellen.

In der allgemeinen Besprechung bemerkt

Abg. Dr. Herzfeld Komm.): Der Kommissionsbeschluß ist eine Verbesserung nur für diejenigen Kriegsteilnehmer, denen bereits ein Teil der Universitätsausbildung erlassen worden ist, aber für alle anderen ist es eine Verschlechterung. Auf das Wohl⸗ wollen der Verwaltungen allein darf man sich nicht verlassen, denn das Wohlwollen wird sich lediglich auf die Persönlichkeit beziehen, vomit der Willkür Tür und Tor geöffnet wird. Es ist der alte Obrigkeitsstandpunkt, wenn man alles den Regierungen überlassen will. Stellen Sie den ursprünglichen Antrag wieder ker!“

Abg. Leutheuser (D. V.): Es handelt sich um ein Er⸗ mächtigungsgesetz, in das wir keine zwingenden Vorschriften hinein⸗ bringen können. Von diesem Standpunkt ist. der Ausschuß aus⸗ gegangen, und die Regierungsvertreter haben ja versichert, daß die Sache mit Wohlwollen behandelt werden würde. .

Abg. Dr. Ro sen feld begründet seinen Antrag auf An⸗ nahme des ursprünglichen Gesetzentwurfes: Für eine Kürzung des Torbereitungsdienstes haben sich im vorigen Jahre auch der volksparteiliche Abg. Graf Donath ausgesprochen, und zwar, wie er damals ausdrücklich betonte, in lebereinstimmung mit seiner Fraktion. Je länger die Vorbereitungszeit sei, um so mehr müßten die Referendare Nebenbeschäftigung annehmen, wodurch natur gemäß die Ausbildung beeinträchtigt werde. Der Redner be⸗ mängelt auch die Durchführung der Assessorenprüfungen, die sich in sehr vielen Fällen weniger auf die praktische Rechtsanwendung erstrecken, als auf Formelkrant . .

Abg. Dr. Düringer tritt für die Ausschußvorlage ein, die ebenfalls eine Wohltat für die in Betracht kommenden Referendare bedeute. Die von der Regierung gegen die ursprüngliche Vorlage geltend gemachten Bedenken seien nicht von der Hand zu weisen. Der Ausschuß sei zu seinem Beschluß gekommen auf Grund dieser Bedenken und auf Grund der von der Regierung gemachten Zusage einer wohlwollenden Behandlung jedes einzelnen Falles.

Staatssekretär Joel vom Reichsjustizamt: Die Be⸗ denken der Reichsjustizberwaltung gegen eine Verkürzung der dreijährigen Vorbereitungszeit gründen sich auf die bei den Prüfungen gemachten Erfahrungen. In der. letzten Zeit haben das Referendarexamen bis zu 3495 der Prüflinge nicht bestanden, bei der Assessorenprüfung sind sogar bis zu 33 Referendare durchgefallen. Ich bezweifle auch, daß eine Kürzung des Vor bereitungsdienstes wirklich eine Wohltat für die Betroffenen be⸗ deuten würde. Wenn ein Referendar das Assessorenexamen bei der ersten Prüfung nicht besteht, so ist das für ihn ein erheb⸗ licher Nachteil auch für den Fall, daß er die Prüfung beim zweiten Male besteht, denn ein Assessor, der die Prüfung erst beim zweiten Male bestanden hat, wird gemeinhin in der amtlichen Laufbahn nicht so bewertet, wie ein Kollege, der das Examen bei der ersten Prüfung bestanden hat. Ueberdies ist das juxistische Studium in mehreren Ländern, namentlich in Süddeutschland, länger als in Preußen, so daß die gleichmäßige Kürzung des Vorbereitungs dienstes die süddeutschen Rechtsbeflissenen benachteiligen würde. Die Reichsjustizverwaltung wird, wie sie schon einmal erklärt hat, mit Nachdruck bei den Ländern darauf hinwirken, daß die Gesetzes vorschriften möglichst gleichmäßig angewendet werden, und daß den Kriegsteilnehmern weitgehendstes Wohlwollen zuteil wird.

Abg. Dr. ꝗRo senfeld (U. Soz.): Der Grund für das von der Regierung mitgeteilte ungünstige Prüfungsergebnis ist gerade der Umstand, daß die Referendare sich in wirtschaftlicher Notlage befinden, und daher gezwungen sind, Nebenbeschäftigung aus⸗ zuüben. Stellt man die Regelung dem Ermessen der Regierung anheim, so wird damit nur eine neue Unständigkeit in der Hand⸗ habung der Bestimmungen hervorgerufen.

Der Antrag Dr. Rosenfeld wird abgelehnt, Gesetzentwurf in der Ausschußfassung angenommen.

In Fortsetzung der zweiten Beratung des Reichs⸗ haushalts für 1922 sollte heute zunächst der Etat Auswärtigen Amtes beraten werden; dies wird jedoch hinausgeschoben, weil der Minister des Auswärtigen heute dringend verhindert ist, und es beginnt Beratung des Etats des Ministeriums des Innern.

Reichsminister des Innern Dr. Köst er: Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich dem Ihnen vorliegenden Etat des Reichsministeriums des Innern einige begleitende Worte mit auf den Weg gebe. Dieser Etat schließt, wie Sie aus dem Haus⸗ haltsplan ersehen, ab mit einer Summe 2 380 041 338 Mark. Ich

der

. möchte Sie bitten, zunächst bei diesem Etat wie bei allen anderen

zu fragen und genau zu sondern, was in diesem Etat als direkte oder indirekte Kriegsfolge zu bezeichnen ist, und was danach übrig bleibt für freie Verwaltung bzw. Kulturausgaben. Für Schutz⸗ polizei nach dem Versailler Friedensvertrag und der Note von Boulogne, für Reichswasserschutz und für Technische Nothilfe be— tragen die Summen in diesem Etat 1 946 2904 000 Mark, so daß nach Abzug dieser Summe noch 433 837 099 Mark übrigbleiben. Ich bitte Sie aber auch, von diesem Reste noch zu beachten, daß für Zwecke, die ich wie folgt aufzähle: Abteilung für die besetzten rheinischen Gebiete, Abteilung für Elsaß⸗Lothringen, Ausgestaltung der ehemaligen Kadettenanstalten, Kriegergräberfürsorge, Personen⸗ schäden, Reichskomissariat für die besetzten rheinischen Gebiete, Zentralnachweiseamt, Reichspensionsamt, Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, Bekämpfung der Säuglings sterblichkeit,

Fürsorge für deutsche Wehrmänner uswe, eine Summe von Il Millionen in Betracht kommt, die als direkte, respektive

indirekte Kriegsfolgen zu bezeichnen sind, so daß von dieser Summe als Ausgabe für reine Verwaltungs-, respektive für Kulturaus— gaben, die nicht mit dem Krieg in direkter Folge stehen, die

Summe von 15 Millionen Mart bleibt.

Wenn wir bei allen anderen Etats, so auch bei diesem, die Rechnung anstellen, dann werden unsere Ueberlegungen und unsere Forderungen, was Sparsamkeit und Vereinfachung anbetrifft,

ö Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren . die im Wortlaute wiedergegeben sind

die nötigen Folgerungen zu ziehen.

von vornherein auf das senige

möglich ist. ö. . Meine Damen und Herren! Ich bedaure mit manchem Ab⸗ geordneten dieses Hauses, daß der Etat, den wir Ihnen vorlegen, so ungeheure Summen für Polizeizwecke, für die Zwecke der Auf⸗ rechterhaltung der Ordnung aufweist. Ich würde mich freuen, wenn das Verhältnis zwischen Polizei⸗ und Kulturausgaben um⸗ gekehrt wäre Solange aber unser Volk unter diesem wictschaft⸗ lichen Druck steht wie heute, solange unsere Volksgemeinschaft so wenig konsolidiert ist wie heute, solange wird keine Regierung

und ich setze hinzu: leider darauf verzichten können, diese

B 5

Ausgaben vom Parlament anzufordern. Meine Damen und Herren! Was die Wünsche und Forde⸗ rungen angeht, die im Laufe der nächsten Tage aus diesem Hause auch dieses Mal wie immer an das Ministerium kommen, so möchte ich Sie bitten, von vornherein zwei Gesichtspunkte nicht außer acht zu lassen.

Der erste Gesichtspunkt ist der, daß das Reich wenig Geld hat, daß das Reich gezwungen ist, auf allen Gebieten, in allen Verwaltungen, in allen Gehaltsstufen oben und unten rücksichtslos Sparsamkeit zu üben, und daß auch in Aufgaben, deren Not⸗ wendigkeit und Dringlichkeit wir genau wie unsere Kritiker an erkennen, unsere schwierige finanzielle Lage uns zu äußerster Beschränkung zwingt.

Die Sparsamkeitspolitik und ihre Notwendigkeit ist vor einigen Tagen hier vom Herrn Reichskanzler in großen Zügen behandelt und in das richtige Licht dieser Zeit, dieses Augenblicks unserer politischen und wirtschaftlichen Lage, gerückt worden. Nur wenige Worte über diese Sparsamkeitspolitik, die zu vertreten und zu der in der gesamten Reichsverwaltung anzuregen und anzutreiben immer das Bestreben des Reichsministeriums des Innern gewesen ist und bleiben wird. Ich schließe mich dem Herrn Reichskanzler an, wenn ich hier sage: echte, schöpferische Sparsamkeitspolitik, Sparsamkeitspolitik auf die Dauer besteht nicht in dem Streichen von Stellen, in dem Abstreichen von Summen, sondern die Frage der wirklichen Sparsamkeit, der wirklichen Vereinfachung der Ver waltung, ist eine Frage des organischen Aufbaues dieser waltung und hängt davon ab, wie man den Betrieb von innen heraus reformiert, reinigt und vereinfacht. Es gibt meiner Meinung nach keinen anderen Weg der Sparsamkeitspolitik. Kein Sparsamkeitsdiktator, der von außen an oder über ein Ministerium gesetzt wird, kann auf die Dauer Erfolge haben. Die Sparsam⸗ keitspolitik wird nur Erfolg haben, wenn sie aus dem Ministerium herauskommt, getragen von den verantwortlichen Ministern. Da es möglich ist, ohne die Beschlüsse von Kommissionen, ohne den Druck des Reichstages oder Reichsrates Sparsamkeitspolitik zu üben, das hat, glaube ich, das Reichsministerium des Innern dadurch bewiesen, daß, von ganz geringen Ausnahmen abgesehen alle Streichungen, die der Reichstag empfohlen hat, vorher von uns selber vorgenommen worden sind, und zwar an Stellen, wo die Verwaltung sie vertragen kann. Ich glaube, daß eine Spar samkeitspolitik auf die Dauer und in der Zukunft nur so laufen kann, daß in jedem Amte eine Stelle vorhanden ist, von der aus diese Sparsamkeitspolitit getragen wird, daß aber die Zentrale dieser Sparsamkeitspolitik in demjenigen Amte ruhen muß, das die Betreuung dieser Verwaltungsaufgaben immer als seine Spezialität betrachtet hat, nmlich im Reichsministerium des Innern.

Meine Damen und Herren! Als zweiten Gesichts punkt für Ihre Wünsche und Forderungen möchte ich Ihnen den folgenden raten: Die Reichsregierung hat nicht nur weniger Geld, sondern auch weniger Macht, als manche Wünsche, Forderungen und Klagen aus diesem Hause voraussetzen. Die Weimarer Ver fassung hat dem Reiche auf einer ganzen Reihe von Gebieten mehr Kompetenzen gegeben, als das alte Reich sie hatte. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß in anderer Beziehung die ganze Stellung des Reiches und der Reichsregierung anders ich möchte sagen schwächer geworden ist als sie früher war. Diese Schwäche ist in die Stellung der Reichsregierung durch den Weg⸗ fall der im kaiserlichen Deutschland vorhanden gewesenen enger Personalverbindung zwischen Preußen und Deutschland hinein gekommen. Preußen ist ein Land geworden wie alle anderen. Diese Tatsache braucht man nur durchzudenken, um zu erkennen, daß dadurch das Reich in viel tieferem Sinne eine Konstruktion, ein Rahmen um die Länder geworden ist, ohne die Macht, die jene Personalunion zwischen Preußen und Deutschland vor der Weimaraner Verfassung von vornherein allen Plänen und allen Gesetzen, die das Reich machte, gab. Ich kann Ihnen, meine Damen und Hexren, kein Rezept vorlegen, wie man diese Span⸗ nung, die wir alle kennen, von heute auf morgen lösen kann. Ich halte es aber für wichtig, Ihre Aufmerksamkeit auf diesen Punkt zu lenken und Ihnen ins Bewußtsein zurückzurufen, daß die Kraft der Reichsregierung trotz der Erweiterung, die der Reichsmacht in vieler Beziehung durch die Weimaraner Verfassung gegeben worden ist, schwächer geworden ist als sie vorher war. Ich glaube, daß, wenn Sie diese beiden Gesichtspunkte beachten, eine ganze Reihe von Forderungen und Kritiken, die Sie mit Recht an uns üben, von vornherein auf das richtige Maß zurück⸗ geführt werden.

Meine Damen und Herren! Im Anschluß daran einige Worte über das Positive der Aufgaben meines Ministeriums, über die Grundlinien der Arbeit, in der dieses Ministerium arbeitet und arbeiten wird. Wenn wir als die große Aufgabe, die auf der Reichsregierung und diesem Hause lastet, den Wiederauf⸗ bau des deutschen Volkes bezeichnen, so betrachte ich es für mein Ministerium als eine wichtigste Aufgabe, etwas, wovon nicht genug geredet werden kann, den rein physischen, den körperlichen Wiederaufbau des deutschen Volkes mehr als bisher zu fördern und zu betreuen. Der Herr Außenminister hat in seiner Rede in der vorigen Woche daran erinnert, daß dieser deutsche Volkskörper auch heute noch krank ist. Er hat Ihnen anheimgestellt, daraus d Meine Damen und Herren, wir haben nicht nur während des Krieges 800 009 Menschen durch die Blockade verloren, nicht nur im ersten Nachtriegsjahr noch 200 009 dazu, sondern die Krankheiten, die der Krieg gebracht hat, sitzen noch heute in den Kindern, den Jünglingen und Mädchen unsevyes Volkes, und es werden Jahrzehnte vergehen, ehe wir diese schwerwiegenden Kriegsfolgen aus dem deutsche Volkskörper herausgebracht haben.

Um so wichtiger ist die Aufgabe, die das Reich in dieser

Beniehung hat. Ich verstehe durchaus, daß, wie im vorigen Jahre,

ist. diese große sozialhygsenische Aufgabe des t

aufbaues des deutschen Volles auf ein eigenes Reichs ge sur ministerium zu übertragen. Ich habe im Ausschuß schon r

daß ich der Ueberzeugung bin, daß wir zu einem solchen Reichs gesundheitsministerium kommen. Ich habe aber auch erklärt. daß nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch aus dem Genn. weil die Gesundheitspflege heute noch zwischen Ländern und Reich verteilt ist, an eine sofortige Inangriffnahme dieser Aufgabe nicht zu denken ist. Ich habe im Ausschuß äitgeteilt, daß die Frage einer Reorganisierung des Reichsgesundheitsamts, einer 21 rung seiner Aufgabe, einer Modernisierung, wenn es sie wirklich nötig hat, von mir in Angriff genommen wird und daß ich bis zum nächsten Jahre dem hohen Hause eine Denkschrift vorlegen werde, in der die Bereinheitlichung der heute noch auf eine Reihe von Ministerien aufgeteilten Stellen, in denen die Gesundheits⸗ fragen des Reiches behandelt werden, vorgeschlagen werden soll. . Ich mache Sie in dieser Beziehung auf eine weitere große Gefahr aufmerksam, die dem deutschen Volkskörper gesundheitlich aus dem Osten droht, von den Tausenden und aber Tausenden von Flüchtlingen, die über unsere Grenzen hereinströmen, ob wir das wollen oder nicht, und von denen zahllose mit Krankheiten behaftet sind, die den deutschen Volkskörper bedrohen. Wir haben auch in diesem Ftat von Ihnen Mittel verlangt, die die Seuchenbekãmpfung aus dem Osten mehr als bisher ermöglichen gemäß dem immer breiter werdenden Strome von solchen kranken Flüchtlingen, mit denen wir rechnen müssen

Meine Damen und Herren! In das Kapitel dieses körperlichen Aufbaues rechne ich auch die Arbeir, die durch Spiel, Turnen und im deutschen Volke geleistet wir ssehr wahr! und erfreu⸗ licherweise von Jahr zu Jahr von uns mehr beachtet wird. Ich erachte diesen körperlichen Wiederaufbau durch den Sport für so wichtig, daß ich dieser körperlichen Ertüchtigung ein großes Maß auch für die moralische und geistige Wiedergeburt unseres Volkes beimesse. (Sehr richtig Wir müssen uns klar darüber werden, daß der Sport, wie er vom deutschen Volke heute getrieben wird, ia nicht mehr Sport im früheren Sinn ist, weder nach seiner spiele⸗

Seite hin, noch nach der Seite all jener Uebertreibungen hin, die ja in diesem Hause erst vor kurzem gegeißelt worden sind. Das deutsche Volk wird geistig, moralisch und auch palitisch nicht genesen, wenn es nicht zuvor körperlich genest, wenn es nicht zuvor körperlich diszipliniert wird.

Da komme ich gleich auf den anderen Wiederaufbau, der meiner Meinung nach ebenso wichtig ist und mit diesem unlöslich zusammenhängt. Meine Damen und Herren! Jenes alte latei⸗ nische Sprichwort sagt: mens sang in corpore sano. Ich glaube, daß nicht nur ein gesunder Geist durch einen gesunden Körper bedingt wird, sondern ich glaube, daß ein gesunder Körper auch die beste Vorbedingung für das ist, was ich eine saubere Seele nennen möchte. ;

6 port

zenn hier von uns immer wieder gefordert wird, daß wir mit neuen Gesetzesparagraphen vorgehen gegen die moralische Entartung und gegen den moralischen Niederbruch des deutschen Volkes, so will ich über die Gesetze und über ihre Art, wieweit man gehen kann, mit diesen Forderern gern rechnen reden. Aber, daß die rein körperliche Ertüchtigung der erste einer seelischen Säuberung unseres Volles ist, davon bin

fest überzeugt. . Meine Damen und Herren! Dieser moralische Niederhruch, der von niemand bestritten wird, wenngleich seine Uebertreibungen zurückgewiesen werden müssen, ist ja nicht von ungefähr gekommen. Wenn Sie sich die Rede durchlesen, die der Rektor der Universitãt Berlin am letzten 18. Januar gehalten hat, eine Rede, in der Professor Rubner die Wirkungen der Blockade bis in unsere

heutige Zeit mit erschütternden Zahlen und Dokumenten belegt, dann werden Sie auch finden, daß dieser Mann die Anfänge auch unseres moralischen Zusammenbruches hinein⸗ und hinausschiebt in die Kriegszeit mit ihrer Staats- und Zwangswirtschaft, die jede Moral von Grund aus erstickt, die die Staatsautorität von Anfang des Krieges an erschüttert hat. Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, daß dieser sogenannte moralische Nieder⸗ bruch, in dem wir leben, auch heute noch mit unseren wirtschaft⸗ lichen Zuständen eng zusammenhängt. Es ist gänzlich unhistorisch gedacht und wäre eine wunderbare und wundersame Tatsache geradezu, wenn mit einer Zeit, in der die Wirtschaft durch täg- liche Erschütterungen aus ihren alien, soliden Wegen heraus- gedrängt worden ist, wo auch der früher reelle Geschäftsmann einfach in die Spekulation hineingeschleudert wird wenn nicht mit einer solchen Zeit wirtschaftlichen Durcheinanders nicht auch eine moralische Erschütterung des Volkes gegeben wäre.

Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt, über Forde⸗ rungen und über die Frage, ob durch einen Ausbau der Gesetz⸗ gebung diesem moralischen Zusammenbruch mit seinen Begleit erscheinungen und Folgeerscheinungen, über die ich hier nicht weiter zu reden brauche denn wie ich vorhin gehört habe, wird uns ja der Herr Kollege Mumm dem nächst ein reiches Bild dieser Folgeerscheinungen vorweisen beizukommen ist, will ich, will mein Ministerium gern wie bisher weiter mit Ihnen Be- ratungen pflegen. Ich muß sagen, eins scheint mir heute schon klar und entscheidungsreif: daß die deutsche Gesetzgebung, wenn sie nach einer Richtung hin erweitert werden muß, dann erweitert werden muß nach der Richtung hin, wie es schon in der Gesetz gebung anderer Länder der Fall ist, daß nämlich die wirtschaftliche Ausnutzung jugendlicher Neugier oder anderer Triebe ante rer Altersklassen und daß die Gewinnsucht beim Verkauf, beim Am bieten von Schriften, Abbildungen, Gegenständen usw. in der deutschen Gesetzgebung mehr als bisher beachtet werden muß. Ich kann meine prinzipiellen Zweifel freilich auch hier nicht unterdrücken, daß meiner Meinung nach mit Gesetzen, und feien sie noch so scharf, diesem Bolksübel nicht an die Burr gegangen werden kann, und wenn wir das moralische Niveau in ande ren Ländern sehen und die Gesetzgebung in anderen Landern ver · gleichen, die zum Teil viel schärfer ist als die unserige, so werden wir zu dieser Folgerung gezwungen werden, daß scharfe Gesetz gebung und moralisches Nibeau um es so auszudrücken gar nichts miteinander zu tun haben. Ich glaube, daß wir auch in dieser Frage mehr als bisher dem Selbstschutt, der Selbstver- waltung der Jugend Rechnung tragen müssen, und der Tat. sache, daß vor einigen Monaten hier in Tempelhof Hunderte bon Jugendlichen Tausende von schmutzigen Schriften felber verbrann haben und dem Geist, der aus Hr smricht, möchte ich me