244 ie mir von diesen . erzãhlt ö rudt: Ihre eigenen Erlasse beweisen esh — Meine Erlasse beweisen, daß die Ver⸗ bände in der Tat, durch den Konkurrenzkampf veranlaßt, im Baue der Zeit sich Rechte angemaßt haben, dis ihnen nicht zu⸗ stenden. (Hört, hört bei den D. Nat) In ben Dienstbetrie hat sich keine Beamte norganifation einzumischen. (Sehr richtig! bei den D. Nat) Sie dürfen überzeugt sein, meine Herren, soweit die preußische Schutzpolizei in Frage kommt, gibt es darüber kein Verhandeln. Der Dienst ist Sache der Dienststellen, und die . Belange der Schutzpolizei beamten s ist die Arbeitstei ie stri er, ij Arbeitsteilung, die strikte Und nun die Tätigteit des Schrader Verbandes. die sich inz⸗ besoꝝn de re beim Streik so schãdlich gezeigt haben soll. Der Schrader⸗ Verband hat sich bei seinen sogenann ten Weisungen und Erlassen auf Beschlüsse des alten Reichsverbandes der Polizeibeamten ge— stũtzt. Als der Schrader⸗Verband einige Tage vor dem Streik merkte, daß ich den Schutzpolizeibeamten ein Streikrecht nicht ktonzedie ven könne, als ich ihm erklärte, daß, wenn die Schutz
polizeibeamten das Streikrecht für sich in Anspruch nähmen, ich das Recht der Entlassung für mich in Anspruch nehmen müsse, da
hat Herr Schrader und fein Verband die Haltung eingenommen, die ich nur als loyal und klar bezeichnen kann: er hat in letzter Stunde seinen Mitgliedern gesagt, daß von einer Beteiligung ann Streik keine Rede sein könne, daß auch Neu twalitãt nicht am Platze sei und man mur den Weisungen der Dienststellen nachlommen dürfe. Diese Haltung konnte ich durchaus wünschen, denn sie ent⸗ spricht durchaus den Interessen des Staates. (Zuruf von den D. Nat) — Die Geldsammlungen! Meine Herren, man macht zwar die Schuld einer Beamtenkategorie nicht dadurch kleiner, daß
man auf die Verfehlungen anderer hinweist. Wenn Sie sich aber
so ganz besonders auf die 36zzo Mark festgebissen haben, die bei
den sogenannten Sammlungen der Schutz polizel herausgekommen sind, so weise ich darauf hin, daß bei anderen Beamtenkategorien (Zurufe von den D. Nat.: Leider! Hier ist es besonders gefährlich) — Aber bei den Gefängnis— Heamten, den Gerichtsvollziehern ist in gewissen Augenblicken ein Baktieren mit Streikenden auch gefährlich. Ich bin mir durchaus; darüber im klaren, daß, wenn die Schutzpolizei in gefahrvollen
auch gesammelt worden ist.
Situationen versagt, wir dann überhaupt aufgeworfen sind. Ich bitte Sie aber im übrigen, von diesen 350 Mark nicht allxudiel Aufheben zu machen. Dag ist nämlich die ganze Summe, die bei den Sammlungen der preußischen Schutzpolizei herausgelommen ist. Als die vorgesetzte Dienststelle die Absicht gemerkt hat, daß gesammelt werden sollte, ist sie rücksichtslos eingeschritten, und es ist nirgends mehr eine Liste in Umlauf gesetzt worden. Kein Beamter hat es mehr gewagt, Gelder für die Streikenden * jammeln.
Sie machen es den Schutzpolizeibeamten zum Vorwurf, daß sie mit den Streikenden sympathisiert hätten. Ueber Gefühle kann man nicht streiten. Gefühle lassen sich auch nicht kommandieren. (;irruf von den D. Nat.: Unierdrücken! — Erregte Rufe links)
Daß die Schutzpolizeibeamten dieses Gefühl der Sympathie gehabt
haben, meine Herren, das verstehe ich durchaus, das ist mir ganz erklärlich. Die Schutzpolizei drängt, und besonders angereizt durch die deutschnationalen Flugblätter — (Rufe rechts: Oho! Wo sind die Flugblätter?! — Wenn Sie so liebenswürdig gewesen wären, Verr Abgeordneter Berndt, mir vorher zu sagen, daß Sie diese Attacke auf die Schutzpolizei veiten würden,
keine Kenntnis bekommen —, dann hätte ich Ihnen das Material unterbreitet. Diese Flugblätter waren übrigens Gegenstand ein⸗ gehendster Erörterungen im Hauptausschuß des preußischen Ab- geordnetenhauses. Ihre Herren Dr. v. Dryander und v. d. Osten sind allerdings von den Flugblättern weit abge rückt; das ändert aber nichts an der Tatsache, daß sie vom Schriftenverlag der Deutschnationalen Partei herausgegeben worden sind. (Hört, hört! links.)
Also die Schutzpolizeibeamten sind zum Teil, angeregt burch Ihre Artikel im „Tag“, in der „Deutschen Tageszeitung“, angeregt durch die Behauptungen in den Flugblättern, zu der Auffassung ge—= kommen, daß sie nicht genügend besoldet sind. Sie wünschen eine andere Eingruppierung, und das Kampfziel des Steeiks der Reicht gewerkschaft war doch eine Aenderung der Besoldungsordnung. Und wemmn die Schutzpolizeibeamten zu diesem Streik Stellung nahmen, das heißt jeder einzelne für sich und in seinem Herzen, jo kann ich es mir sehr wohl erklären, daß jeder die Streikenden als eine Art Preisfechter betrachtet hat, und danach hat sich sein Gefühl eingestellt. Aber Gefühl und amtliche Tätigkeit ift ein Unterschied. Das Befähl hat in dieser Situzatien zu schweigen sehr richtig! rechts), und Sie (nach vechts) hätten nur dann ein Recht zur Kritik, wenn Sie den Nachweis dafür erbringen könnten, daß durch diese Gefühle der einzelnen Schutzpolizeibeamten Hand- lungen entstanden sind, die sich mit den Aufgaben eines staatlichen Beamten nicht in Einklang bringen lassen. (Abgeordneter Berndt: Das habe ich bewiesen — Das haben Sie bewiesen — ja was denn? (Abgeordneter Berndt: Ich könnte noch viel mehr be⸗ weisen) — Ich weiß es nicht, ich habe von meinen Freunden, die Ihrer Rede galauscht haben, eine Einzelheit nicht notiert be⸗ kommen. (Abgeordneter Berndt: Die Beamten haben die Not⸗ helfer beschimpft und nrißhandelt! — Herr Abgeordneter Berndt, vielleicht sind Sie so liebenswürdig und geben mir diese Materialien zur Nachprüfung. (Abgeordneter Berndt: Sie sind bei Ihnen schon nachgeprüft, Sie müssen über Ihren Dienstbetrieb unterrichtet sein! — Zurufe links) — Das muß ich selbstverst ind= lich sein und bilde mir ein, es zu sein. Aber der Unterschied zwischen einem Minister, der für alle seine Handlungen im öffentlichen Leben verantwortlich ist, und einem Abgeordneten, der lediglich Kritik übt — aus welchen Gründen, will ich nicht untersuchen —, besteht darin, daß der Minister die Pflicht hat, Tatsachen vor⸗ zubringen und der Abgeordnete das Recht, Beschwerde zu erheben und unbewiesene Behauptungen aufzustellen. (Zuruf recht. — Gegenrufe links)
Also, meine Herren, es wurde von Verfehlungen der Schutz⸗ polizei gesprochen. Ich habe nach dem Streit der Eisenbahnbeamten an alle Dienststellen einen Erlaß gerichtet, mir unverzüglich die erwiesenen Berfehlungen der Schutz polizeibeamten zur Kenntnis n brinnen. Dr Krpebwise stnd erferuicherwesse sehr sragen, gn
— (Abg. Berndt: Das habe ich im Hauptausschuß angekündigt!) — ich habe leider davon
Frankfurt a. M. haben in der Tat zwei oder drei Beamte mit den Streikenden gemein same Sache gemacht. (Höri, hört! rechts. — Zuruf links) Sie sind entlassen worden. Aber, meine Herren, ich habe aus den Darlegungen bei der Interpellation über die Saltung der Reicht regierung zum Eisenbahnerstreik manchmal den Eindruck Fwonnen, als ob man meine, daß die Schutzpolizei in jenen Tagen nicht scharf genug gewesen sei, und da muß ich Ihnen schon sagen: Die Art, wie die Schutzpolizei in solchen Situationen ein gesetzt wird, müssen Sie dem verantwortlichen Minister überlassen. Der Minister verdiente mit Schimpf und Schande aus dem Amte gejagt zu werden, der jich in solchen Situationen übernähme, der der Meinung wäre, daß man mit etwa S0 0 Mann eine streikende Arbeiterschaft in ganz Preußen zur Räson bringen könnte. (Suruf rechts) Es lam in diesen Tagen darauf an, die vernünftige, ruhig denkende Arbeiterschaft nicht gegen die Schutz polizei einzunehmen, sondern sie für die Schutzpolizei und ihren Dienst zu gewinnen (sehr richtig! links), und ich glaube, das ist erreicht worden. Sie wissen ja eigentlich gar nicht, was in jenen Tagen auf dem Spiele gestanden hat! (Zuruf rechts: Sehr genau! Hatten wir nur den Eisenbahnerstreil? Sie wissen, Herr Abgeordneter Berndt, daß hier in Berlin ungefähr 55 000 Gemeindearbeiter auf dem Pflaster standen, daß im Waldenburger Kohlenrevier einige 10 090 Berg⸗ arbeiter in einer Lohnbewegung standem, die zu einem Streik zu führen drohte, daß im mitteldentschen Braunkohlengebzt ebenfalls eine gleiche Anzahl von Kohlenarbeitern in einer Verhandlung stand, die ebenfalls diesen Ausgang zu nehmen drohte. Da ist es sehr leicht, daben zu sprechen, daß die Schutzpolizei nicht alle Bahn⸗ anlagen besetzt hat, da läßt sich leicht davon sprechen, daß die Tech= nische Nothilfe nicht vor feder Belästigung des Publikums geschützt worden ist.
Es ist eine underantwortlicht Uebertreibung, von einer Hetze gegen die Technische Nothilfe durch Beamte der Schutzpolizei zu sptechen. Als einmal ein unfreundliches Wort beim Essenholen
von seiten eines neuen Schutzbeamten gegen die Technische Nothilfe
gefallen ist, ist sofort gegen diesen Beamten das nötige veranlaßt worden.
Aber ich möchte nnn einmal den Minister sehen, den Sie (nach vechts) aus Ihren Reihen stellen könnten, der in einer solchen Situation zu gar keinen Ausstellungen Veranlassung gäbe. (utuf links: Ausgezeichneth
wiederholt aus — die Fluktugtion in der Schutzpolizei ist heute in der Tat so, daß wir wenigstens bei einzelnen Formationen
manchmal sehr besorgt sind, die besten unserer Leute zu verlieren. (Hört, hört! vechts Aber wir find gar nicht in der Lage, das
mit einem Federstrich zu ändern. Solange unsere Wirtschaft unter dem Zeichen der Hochkonjunktur steht, solange unsere industriellen Unternehmungen, Handel und Verkehr höhere Löhne zahlen können, so lange wird man nicht in der Lage sein, zu ver⸗ hindern, daß Schutzvolizeibeamte den gefahrvollen und ver— hältnismäßig niedrig entlohnten Dienst eines Schutz pol izei⸗ beamten mit dem sehr viel besser bezahlten Posten eines Industrie⸗ arbeiters oder Industrieangestellten im Handel and Gewerhe ver—
; tauschen.
Das ist aber keine spezifische Er sche inung bei der Schutz holz, sondern das können wir in ande ven Beamtenkörpern auch wahr
nehmen. Ich glaube, wir würden die entgegengesetzte Tendenz
recht bald beobachten können, wenn sich diese Hochlonjunktur ändert, in den Zustand einer wirtschaftlichen Depression. Da würden wir einen folchen Zulauf zum Schutzbeamtentitm be⸗ kommen, daß wir uns der Mannschaften gar nicht erwehren könnten.
So weit wir in der Lage sind, durch Herstellung guter Unter⸗ bringungsmöglichkeiten, durch eine Verbesserung der Ver⸗ pflegung, durch eine Erleichterung des Dienstes der Fluktuation entgegenzutreten, wird das geschehen. So lange aber dies Miß⸗ derhältnis zwischen der Entlohnung in der Industrie und den Sätzen der Beamttenbesoldung besteht, glaube ich, daß Sie (nach vechts) auch kein Allheilmittel gegen diese Erscheinungen haben.
Androhung der Gefängniastrafe soll auch tach Auffassung
des Herrn Abg. Berndt ein ungeeignetes Mittel sein, um der Fluktuation entgegenzutreten. Ich möchte dabei zur Ehren⸗ rettung des Herrn Dr. Abegg, um eine guůnstigere Berurteilung seiner Tätigkeit bei Ihnen zu erzielen, sagen, daß gerade er die se Inregnng zu einem Referentenentwurf im Reichsministerinn des Innern gegeben hat, während ich mich mit dieser Anregung durchaus nicht identifizkeren möchte. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß Cesängnisstrafe gegen die Fluktuation das schlechtestẽ Mittel ist. Wenn man einen Beamten durch Appell an seim Pllich thefüht, durch Aussicht auf eine längere Beschäftigung in der Schutz polizei, durch eine Erleichterung seiner Dienstobliegen⸗ heiten nicht bei der Stange halten kann, wird die Androhung don Gefangnisstrafen auch nicht bewirken, daß wir eine größere Stabilität bekommen. Sie haben dann von dem Ehrgefühl der Polizei gesprochen, das durch diese Art Erlasse verletzt werbe. Ich danke Ihnen für diese Sorge um unsere Schutzpolizeibeamten. Aber ich bitte Sie, Herr 6 Berndt, sorgen Sie auch dafür, daß der Unmut in Ihren Reihen gegen meine Amtsführung verschwinde, wenn ich Oberbeamte der Schutzpolizei aus ihren Aemtern entferne, wenn sie und weil sie dem Ehrgefühl der unteren Beamten zu nahe getreten sind. (Sehr wahr! links) Wir müssen heute leider feststellen, daß manche Ober⸗ beamte in der Schuhpolizei ihren Beruf durchaus verwechseln. Ein Teil der alten Armeroffiziere sind leider heute noch der Meinung, daß sie bei der Ausbildung nicht Poligeibenmte auf ihren künftigen Dienst vorzubereiten haben, sondera Rekruten brillen sollen (sehr üichtigt linke), und da gibt es Schimpfworte und Entgleisungen aller Art, die nieinand verteibigen wird. Wenn ich dann in einigen Fällen die notwendige Remedur habe eintreten lassen, dann erhob sich in ben Reihen der Herren von der Deutschnationalen Volkspartei ein Sturm der Enttüstung darüber, daß ich es gewagt habe, derartige Entlassungen vorzunehmen.
Nun noch ein Wort zun den Jivilkommissaren. Ich habe in meiner Tätigkeit im öffentlichen Leben schon recht oft die Erfahrung gesammelt, daß man in der Politik ein recht kurzes Gedärm hat. Auch der Herr Kollege Berndt, der so tapfer gegen die Zivillommissare zu Felde gezogen ist, scheint den Ursprung dieser Einrichtung gar nicht zu kennen. (Widerspruch von den Deutschnatio nalen) Es ist in den Ausführungen des Abgeorbneten Herrn Dr. Maretzky an den Kapp Putsch erinnert worben, aud obgleich Zivilkommissare umd
gyn Hutsch scheinbar in einem mfechlichen Rrjammenhange Lichen,
Und nun die Fluktuation autz der Schutzpolizei! Es ist richtig, meine Herren, — ich führe das
ist dieser Zusammenhang dech gegeben. Wir hätten kein. Zidis. kommissare, wenn es keinen Kapp⸗Putsch gegeben hätte. (dört, horn links. Zurufe rechts: Der ist doch lange vorbei) Das kam so: Il. in der Abwehr des Kappschen Unternehmens die Groß Berliner Arbeiterschaft zurn Generalstreik griff, ist dieser Generalstreit Vermittlung der politischen Parteien, der Koalitionsparteien den damals, auf Grund der sogenannten acht Punkte beendet worden Zu diesen acht Punkten gehörte auch die Forderung der Gewerkschafte und Angestellten kerbände, bei der Neuaufstellung der Formationen 6 Reicht wehr und der Polizei die Mitglieder der Angestellten. ind und Arbeitergewerkschaften zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage wurde der Friede geschlossen. Diese Abmachung war für die Reichs regierung und für die preußische Staatsregierung bindend. Ich hahe mich wenigstens, als ich einige Tage darauf mein Amt antrat, an diese Abmachungen gebunden erachtet. Aber es kam dann recht basd eine Noie der Alliierten, die zunächst von der Reichsregierung und dann von den Einzelregierungen die Auflösung aller Orts. und Arheiterwehren verlangte. Dadurch wurde ich veranlaßt, die Ein⸗ wohnerwehren, die Ortswehren und die Arbeiterwehren aufzulõsen. Nun mußte aber dem berechtigten Verlangen der Arbeiter. und Angestelltenverbände Rechnung getragen werden, daß mehrere ihrer Mitglieder in die Körper der Reichswehr und der Schutzpolizei gelangten. Das Mißtrauen der Arbeiterschaft wäre aufg neue an gefacht worden, wenn speziell dieser Punkt vollständig ignoriert worden wäre. Deswegen habe ich damals im Einverständnis mit den Vertretern der Koalitionsparteien die Männer eingesetzt, die bei der Einstellung neuer Beamten in die Schutzpolizei eine gewisse Mit⸗ wirkung haben sollten. Es waren ihrer nicht so viel, daß der große Lärm darum gerechtfertigt wäre, der in der Oeffentlichkeit und hier im Reichstage darüber erhoben wird. In ganz Preußen sind vier Zivilkommissare beschäftigt (Heiterkeit links), davon drei in Berlin, einer in Schleswig Holstein. (Juruf rechts: Wir meinen ja auch Sachsen) Die Zivilkommissare in Berlin haben in diesen letzten zwei Jahren eine so nätzliche Tätigkeit verrichtet, daß ich sie als Wegbereiter des sozialen Friedentz bei großen wirtschaftlichen Lohn⸗ kämpfen nicht missen möchte.
Allerdings, ich gebe Ihnen recht, Zivilkommissare, Kommissare überhaupt, sollten wir nach Möglichkeit abschaffen, soweit das Prinzip in Frage kommt, sind wir also ganz einig. Ich habe in meiner Tätigkeit als Reichs- und Staatskommissar im Rheinland und West⸗ falen erfahren, was es heißt, eine Art Fremdkörper im Behörden- organismus zu sein. (Zuruf rechts: Das waren Sie allerdings) — Aber doch sicher zu ihrer Freube, Herr Dr. Quaatz, oder haben Sie ihre Auffassung geändert? Ich erinnere mich einer Zeit, da waren Sie sogar um mein Apancement besorgt. (Große Heiterkeit links) Ich hatte damals gar nicht so ehrgeizige Pläne, wie Sie sie mit mir
verfolgten? (Wiederholter Zuruf rechts) — Nein, er wollte mich nicht
fortloben, ich wäre in seiner Heimat geblieben. Ich glaube aber, selbst wenn Sie Kommissar gewesen wären, Herr Kollege Quaatz, Abg. Dr. Quaatz: Den Ehrgeiz habe ich nie gehabt) Sie brauchten ihn auch wirklich gar nicht zu haben, — aber selbst wenn Sie es gewesen wären, Sie wären sicherlich zu Zusammenstößen mit den ordentlichen Behörden gekommen, vorausgesetzt, daß Sie aus Ihrem Amte ebwas machen wollten, daß Sie bie Erwartungen hätten erfüllen wollen, die Reichs und Staatsregierung in Sie gesetzt hätten. Deswegen bin
*
ich zu der Auffassimg gelangt: Sobald wir in Reich und Slaat zu einigermaßen normalen Verhältnissen zurückgekehrt sind, können alle Tommissare verschwinden. Ich sehne den Tag herbei, wo wir alle Kommissare abbauen können, wo wir alle Persönlichkeiten, die wir für die Interessen des Reiches und des Staates in Aemter berufen, in den ordentlichen Beamtenapparat eingliedern können. So werde ich die vier Kommissare recht bald zu ordentlichen Beamten der Schuk⸗ polizei machen, allerdings mit den besonderen Funktionen, die sie in Berlin und Schleswig⸗Holstein haben.
Nun noch ein paar Worte zu den Ausführungen der Herrn Kollegen Dr. Maretzlh! Herr Dr. Maretzkt) hat sich im Namen seiner politischen Freunde mit wesentlichen Ausführungen des Herrn Abgeordneten Berndt identifiziert. Das bedaure ich außerordentlich. In einigen Punkten ist er allerdings von der Beurteilung des Herrn Abgeordneten Berndt abgewichen. Er hat hervorgehoben, daß n och Manneszucht, noch Disziplin in einigen Truppen der Schutzpolizei vorhanden sei. (Zuruf bei den Deutschnationalen: Das sagen wir auch) Ich glaube, es gibt wenige Männer, die über das Werden der Schutzpolizei, besonders in Preußen, so unterrichtet sind wie ich. Ich kenne die Schutzpolizei von ihrer Geburtsstunde an bis heute. Da muß ich schon sagen, daß die Dinge in der Schutzpolizei nicht schlechter, sondern besser geworden sind, und daß man nicht von einem Noch
sprechen kann, sondern hon einem „Schon. Wir haben heute einen
Stand der Disziplin in der Schutzpolizei, der wesentlich abweicht won der Disziplin im Jahte 1929. Waren das disziplinierte Schutz= polizeibeamte, die am 13. und 14. März mit fliegenden Fahnen zu Kapp übergingen? (Sehr wahr! links) Waren das disziplinierte Schutzpolizeibeamte, die sich bei der Verhaftung von rheinisch⸗west⸗ fälischen Arbeitern die allergrößten Grausamkeiten zuschulden kommen ließen? Gewiß, es gibt heute auch noch Uebergriffe einzelner Schutz polizeibeamter. Im allgemeinen aber kann man feststellen, daß die Disziplin nicht schlechter, son dern besser geworden ist.
Zum Schrader⸗Verband hat Herr Dr. Maretzky die Entdeckung gemacht, daß, wenn irgendwo etwas los ist und Schutzpolizei in größerem Umfang eingesetzt werden muß, dann die Formationen herangezogen werden, in denen der Schrader⸗Verband nicht vertreten ist. Ich bitte Hetrn Dr. Maretzky, sich von biesem Irrtum grũndlich loszusagen. (Abg. Dr. Maretzth: Welche Formationen haben Sie in Mitteldeutschland sonst eingesetzt? — Ich will Ihnen das augeinander⸗ setzen, seien Sie nicht zu voreiligt Als die Notwendigkeit an mich heran trat, die Schutzpolizei der Provinz Sachsen zur Belãmpfung der Unrnhen in Mitteldeutschland vorübergehend zu verstärken, habe ich in erster Linie Berliner Schutzpolizei nach Mitteldeutschland ent⸗ sandt, und in der Berliner Schutzpolizei ist der Schrader⸗Verband am meisten vertreten. Zeitlich mit der Entsendung größerer Formationen oder zahlreicher Formationen nach Mitteldeutschland fiel zusammen die Durchführung der Sanktionen im Düsseldorfer Bezirke, die Be⸗ setzung jener Städte, in denen Schußhpolizei in größerem Umfang stationiert war. Auf Geheiß der Enten tevertreter mußten die For⸗ mationen, die in diesem Bezirk vorhanden waren, auswandern, sie wurden entwaffnet und zunächst von uns vorübergehend ins Munster⸗ lager gebracht. Als sie sich dann beschäftigungslos im Lager aufhielten⸗ und sich herausstellte, daß in Mitteldeutschland auch die Berlin
gerte bem in ber Zenn Sella .
. . Zweite Beilage im Deutschen Reichs anzeiger und Preuß ischen Staatsanzeiger
Berlin, Sonnabend, den 8. April
1922
a n,
(GFortsetzung aus der Ersten Beilage)
r,
Verstärkung nicht ausreichte, sind diese Formationen nach Mittel-
deutschland gebracht. Mit einer Berücksichtigung des Umstandes, ob
der Schrader · Verband oder der Reichsverband hervorragend beteiligt sei, hatte diese Disposition, diese tein geschäftliche Maßnahme gar
nichts u tun. (Abg. Dr. Maretzky: Ich gebe das zu; aber es waren
jedenfalls Leute des Schrader⸗Verbandes) — Ich habe doch gesagt, daß die Beamten der Berliner Formationen, die herausgekommen sind, in großer Zahl dem Schrader⸗Verband angehõrt haben, daß allerdings hei der westfälischen Gruppe das Verhältnis vielleicht ein wenig anders gewesen ist. Dieser Umstand hat dabei aber gar keine Rolle
gespielt.
Zukunft der Schutzpolizei Wert darauf legen müssen, daß wir nicht sofort alle festen Formationen abbauen. Ich weiß nicht, ob es ppportun ist, hier von der Tribüne des Reichstags Einzelheiten der neuen Organisation zu besprechen. Ich möchte es nicht tun, wie ich im allgemeinen diese Schutzpolizeidebatte bedaure. tichtig! links und bei den Deutschen Demokraten.) Es wäre sehr
viel besser gewesen, wir hätten uns darüber in einem engeren
Kreise einmal unterhalten. Schließlich will ich aber sagen: mir sind die Nöte des be⸗
setzten Gebietes und vor allen Dingen auch die Nöte der 50⸗Kilo⸗ meterzone bekannt, und Sie dürfen überzeugt sein, daß wie die
Reichsregierung so auch die preußische Regierung entschlossen ist, den Bewohnern der 50⸗Kilometerzone und den großen industriellen Unternehmungen den Schutz angedeihen zu lassen, den gerade dieses Gebiet erfordert. (Beifall links und bei den Deutschen Demokraten.)
Abg. Dr Koch⸗Weser (Dem): Ich muß leider feststellen,
aß die Reden hier im Hause sich nicht durch besondere Objektivität
auszeichnen. (Zuruf des Abg. Höllein: Jetzt kommt die Objel⸗ Udität!) Es ist unbedingt notwendig und unvermeidlich, daß die Reichsregierung einen gewissen Einfluß auf die Angelegenheiten der Schutzpolizei haben muß. Der Reichsrat hat nun allerdings einmütig beschlossen, diesen Einfluß der Reichsregierung völlig auszumerzen, indem der Zuschuß des Neiches zu den Kosten der Schutzpolizei in der bisherigen Form aufhören und dafür der An⸗ teil der Länder an den Erträgnissen der Einkommensteuer ent⸗ sprechend erhöht werden soll. Wie steht die Reichsregierung zu biesem En * Nach wie vor stehen wir auf dem Standpunkt,
daß die Technische Nothilfe noch notwendig ist und daher aufrecht⸗ erhalten werden muß. Mit der Ersparnistendenz im Widerspruch
stehen würde die , der Wasserpolizei. Ich bitte den Herrn Minister, darauf Bedacht zu nehmen, daß diejenigen gut⸗ ausgebildeten W Wasserpolizeibeamten, die in ihrer bisherigen Stellung überflüssig werden, in die Schutzpolizei eingereiht werden. Hierüber muß unbedingt eine Verständigung zwischen dem Reichs⸗ ministerium des Aeußeren und dem Preußischen Ministerium her⸗ beigeführt werden. Im übrigen bedauere auch ich es, age der Schutzpolizei gerade im gegenwärtigen Augenblick so ehandelt worden ist. Wir müssen zu der alten guten Gepflogen⸗ heit zurücklehren, wichtige staatspolitische Belange in objektiver eise zu erörtern.
Reichsminister des Innern, Dr. Köste r: Meine Damen und Herren! Ich antworte zunächst auf einige Fragen, die der Herr Kollege Koch an mich gerichtet hat. Es ist richtig: der Weg vom Reichsministerium des Innern zum preußischen Ministerium des Innern ist heute noch genau so kurz wie zu der Zeit als der Derr Kollege Koch mein Vorgänger war. (Abg. Koch 1Weser]: Dann ist er sehr lang! — Heiterkeit Wir sind diesen Weg ge⸗ gangen, und ich darf den Herrn Kollegen Koch beruhigen, daß über die Zukunft der Wasserpolizisten, die ausgeschieden sind, nicht nur mit Preußen, sondern auch mit den anderen Ländern ein Ein⸗ vernehmen erzielt worden ist.
Die Frage der Subventionierung der Schutzpolizei und die Frage, ob diese Subventionierung etwa in einer anderen Art und Weise erfolgen kann, schwebt augenblicklich in Besprechungen zwischen uns und dem Reichsfinanzministerium. Das Reichs⸗ ministerium des Innern vertritt grundsätzlich den Standpunkt, daß an der jetzigen Methode nichts geändert werden sollte. Mehr darüber zu sagen, bin ich augenblicklich nicht in der Lage.
Ueber die Schutzpolizei und die allgemeinen Fragen, die hier erörtert worden sind, in eine größere Debatte einzutreten, ist, glaube ich, überflüssig. Ich möchte die Frage der Zivillommissare nur noch einmal von dem Gesichtspunkt aufwerfen, ob ich als Neichsminister des Innern verpflichtet war, diese Einrichtung der Zibilkommissare von mir aus abzuschaffen oder ihre Abschaffung anzuregen. Dazu war ich nicht verpflichtet, dazu hatte ich, glaube ich, kein Recht. Ich habe in einem Briefwechsel mit dem sächsischen Minister des Innern betont, daß das Geld für diese Ziviltommissare, die eben Ländersache, nicht Reichssache sind, nicht aus Mitteln gegeben werden kann, mit denen das Reich die Landespolizei subventioniert. Darüber hinaus aber der sachsischen kandespolizei oder auch der preußischen Landespolizei Vorschristen machen zu wollen, mit welchen Methoden die Minister dort die Ruhe und Ordnung in ihrem Lande aufrechterhalten zu müssen glauben, muß ich ablehnen, jumal ich mit diesen Zivilkommissaren in meiner früheren Tätigkeit durchaus gute Erfahrungen gemacht habe. Ich darf vielleicht auch den Herrn Kollegen Koch daran erinnern, daß bei der Beratung in der sächsischen Kammer der große Wert dieser Zivilkommissare auch von den Parteifreunden des Herrn Abgeordneten Koch, nämlich von dem Demokraten Dr. Dehne, ausdrücklich anerkannt worden ist, und daß die Demo⸗ kraten für diese Zivillommissare gestimmt haben. (Zuruf von den Deutschen Demokraten) Ich erinnere mich an Ihre Aus führungen im Hauptausschuß und zweitens daran, daß vorhin gerade auf Ihre Stellung gegenüber den Kommissaren, die Sie vor einem Jahre, als Sie Minister waren, eingenommen haben, eremplifiziert worden ist. .
Was das Reichs rahmengesetz für die Schutzpolizei anbetrifft, das die Grundlage geben soll für die Bestimmungen der Länder, bo darf ich mittellen, daß diesen Reichsrahmengesetz fertig ist, und
Ich bin mit dem Herrn Kollegen Dr. Maretzlh darin ganz einig, daß wir in den Verhandlungen mit der Entente über die
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Aufhäuser und gewisser Weise auch mir, auch Minister Lipinski einen Vorwurf daraus gemacht, daß wir hier
daß die
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daß es noch diese Woche ins Kabinett kommen könnte, wenn die
augenblickliche politische Lage das erlaubt.
Ich halte es nicht für einen Vorteil, hier über die Note, die J wir auf die Forderung des Generals Nollet abgeschickt haben, in Ich bedauere auch manches Wort, das in dieser Sache heute gesprochen worden ist. Es ist von uns eine größere Aktivität, eine größere Propaganda gefordert worden. Jawohl! Auch ich bin für diese größere Aktivität; aber ich möchte doch dem Herrn Kollegen Berndt oder, wenn er nicht da ist, seinen Freunden sagen, daß man mit so allgemeinen Redensarten, wie „Bruch des Versailler Friedensvertrages“, „Bruch des Boulogner
eine Debatte einzutreten.
Abkommens“, gar nicht weiter kommt. Damit machen wir in lande keinen Eindruck, worauf es uns doch ankommen soll. Die große, schwierige Frage, vor der wir Frage der Auslegung des Abko]mmens von Boulogne: wie das
Abkommen von Boulogne gedeutet werden kann, wie weit dieses
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Abkommen eine zentralisierte Polizei erlaubt, und was in dem Ab—
kommen von Boulogne regionale und kommunale Polizei bedeutet.
Darum handelt es sich, und solche Fragen werden nicht mit großen Redensarten entschie Gründen das Ausland zu überzeugen versuchen. Der Herr Abgeordnete Maretzty hat dem Herrn Kollegen r dem sächsischen in Reden, in Angriffen und Abwehr auf Waffenfunde, auf ge⸗ heime Organisationen überhaupt hingewiesen haben. Er hat so getan, als ob wir damit der Entente, unse ren ehemaligen Gegnern, Material in die Hände zu spielen, wenn nicht beabsichtigt, aber doch tatsächlich fertiggebracht hätten. Er hat gesagt, daß diese Aeußerungen — und es ist ihm von seinen Bänken aus bestätigt worden — gewissermaßen an Landesverrat grenzten. (Abg. Dr. Maretzty: Das habe ich nicht gesagt! — Das ist von Ihren Bänken zugerufen worden. Wenn wir schon diese Dinge unter- suchen, Herr Kollege Maretzky, dann sollten wir doch ganz auf den Grund gehen, und dann glaube ich, daß diese Verbände, die sich gegen das Gesetz zusammenschließen, daß diese Vereine, die sich militärisch nach außen aufmachen (Zuruf von der D. Vp.: Nach außen?), daß die Zeitungen, die Artikel schreiben, wie sie von
diese Dinge aufmerksam zu machen. Meine Damen und Herren, ich kann nicht finden, daß die
Debatte über die Schutzpolizei, soweit sie sich auf außenpolitische —
Dinge erstreckt hat, hier sehr fruchtbar war. Daß sie innerpolitisch nicht sehr fruchtbar war, darin stimme überein. Ich beschränke mich darauf,
Technische Nothitfe zu sagen.
Der Herr Abgeodrnete Aufhäuser hat die Technische Nothilfe meiner Meinung nach ganz richtig gekennzeichnet als eine Hilfs- Auch ich sehe die Technische Nothilfe als eine Hilfs⸗
konstruktion. konstruktion an, herausgehend aus unserer heutigen Uebergangszeit,
bestimmt, Schäden, Notstände, die aus dieser Uebergangszeit resul⸗ tieren, zu reparieren, uns über diese Schäden hinwegzuhelfen. Die
Nothilfe ist ein Instrument, das es für den größten Erfolg ansieht —, so steht es in den Richtlinien der Nothilfe auf Seite 14 —, wenn es ihr gelingt, auf die Arbeiterschaft so einzuwirken, daß diese im Streik⸗ fall die Notstandsarbeiten und die Notstandsversorgung in aus⸗ reichendem Umfange selbst durchführt. Die Nothilfe ist also kein Selbstzweck, sondern es ist der Sinn der Nothilfe — und die Nothilfe ist damit zufrieden — wenn sie überall, wo möglich, und so schnell wie möglich sich selbst überflüssig macht. Das schicke ich voraus.
Die Technische Nothilfe soll ihrem Wesen nach nur da und nur dann eingesetzt werden, wenn es sich um einen wirklichen Notstand handelt, dann aber auch wirklich, dann aber auch schnell. Gibt es solche Notstandsfragen? Das ist von Herrn Kollegen Aufhäuser, wenn auch nicht ganz aber doch durch die Blume bestritten worden. (Zurufe von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Ziemlich deutlich) Herr Kollege Aufhäuser, ich erinnere Sie an die leßten Stunden und Tage hier in Berlin, wo wir mit Ihren Franktionsgenossen, die seit zwei Tagen, glaube ich, aus Ihrer Partei heraus sind, wo wir ins besondere mit Ihrem Parteigenossen Brühl hier im Reichstag saßen (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Er ist nicht mehr bei uns) — seit zwei Tagen, glaube ich, Herr Kollege Dißmann, ist er weg — (erneute Zurufe von den Unabhängigen Sozialdemokraten) und uns fragten, was wir zu tun haben. Sie wissen, was für eine Stellung der Kollege Brühl in der Frage der Einsetzung der Nothilfe ein⸗ genommen hat. Ich erinnere Sie an die Stellung — der Herr Kollege Maretzky hat schon daran erinnert — die Herr Fellisch in dem unabhängig⸗sozialdemokratischen Ministerium in Sachsen mit Billigung seiner unabhängigen Ministerkollegen eingenommen hat, Herr Fellisch, der innerhalb der Sozialdemokratie durchaus nicht immer auf dem rechten Flügel gestanden hat.
Gibt es wirklich Notstand? Es ist Ihnen, Herr Kollege Aufhäuser, die Tatsache in Erinnerung gerufen worden, daß wir während des letzten Berliner Streiks in den Krankenhäusern heftige Schädigungen der Kranken und heftige Schädigungen der Berliner Bevölkerung durch mangelndes Wasser, durch mangelndes Gas, durch mangelnde Elektrizität zu verzeichnen gehabt haben, und Sie haben gesagt, Sie kämen auf diese Dinge noch zurück. Sie sind in Ihrer Rede nicht darauf zurückgekommen, und Sie müssen mir erlauben, daß ich auf Feststellungen zurückkomme, die vom preußischen Wohlfahrts- ministerium nach Beendigung des letzten Streiks getroffen worden sind.
Bei diesen Besprechungen wurde festgestellt,
daß durch die Erschwerung der Entlassung und die Notwendigkeit der Abweisung Schwerkranker der Betrieb in den Krankenhäusern nach außen erheblich gestört, zeitweise lahmgelegt wurde. (Lebhafte Rufe rechts und bei den Deutschen Demokraten: Hört, hörth Leider wurden durch Unterbindung des Bezugs von Wasser, Gas, Elektrizität in vielen Krankenanstallen sehr bedenkliche Mißstände
stehen, ist ja gerade die e lebhafte Rufe rechts im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten:
den; sondern in diese Fragen werden wir nur Klarheit hineinbringen, wenn wir allmählich und mit rein sachlichen
ich mit dem Herrn Koch einige Worte über die
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berworherenfen. Das an 4. Februar aintretede plötzliche Aufhören der Belieferung mit Wasser derursachte sofort erhebliche Strun ; der Zentralheizungen und der gerade während der herrschenden . dringend notwendigen Erwärmung der Krankenrãume Die Zu⸗ bereitung des Essens mit Dampfkochapparaten wurde unmöglich Die Spülung der Klosetts, die Reinigung der Nachtgeschirre . einwandfreie Beseitigung sonstiger Abfälle der Rranken hire ö
11 8351 3419 Hört, hört h
anf Vielleicht noch schlimmer war das Fehlen von Wasser für die not— wendige Händerein igung der Aerzte bei Operationen sowie Reini⸗ gung und Desinfektion der Instrumente, Verbandsstoffe usw
. 2 * . ö. . , ö GSGört, hört! Deutschland leinen Eindruck, damit machen wir erst recht im Aus. ee, ?
zul, 8 z 6 3 ; Viele Operationen mußten daher ohne die im Interesse der Kranken unentbehrliche Desinfektionen erfolgen
Hört, hörth, andere lebenswichtige Operationen ganz unterbleiben. Schwere Nißstande entstanden weiter durch das plätzliche Versagen von Elektrizitãt und Gas. Selbst da, wo Wasser vorhanden, konnten Instrumente vielfach nicht desinfiziert werden, weil die benötigten Gasapparate nicht arbeiteten. Behandlungen mit Instrumenten, die nur unter Benutzung von Elektrizitãt durchführbar sind, Unter⸗ suchungen mit dem Röntgen apparat waren tagelang unmöglich. Auch aus diesen Gründen mußten dringende Operationen unaus— geführt bleiben. Usw. (Hört, hört! rechts — Zuruf links: Sie nehmen das alles fũr bare Münze) Dag ist festgestellt, Herr Kollege Dißmann, in einer Be—⸗ sprechung im preußischen Wohlfahrtsministerium unter Vorsitz des Ministerialdirektors Gottstein. (Abg. Dr Loewenstein: Der Magistrat von Berlin hat offiziell dementiert, daß das vorgekommen isty Ich frage Sie, Hert Kollege Dr. Loewenstein, ob der Berliner Magistrat dementiert hat, was in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift“ unter Anführung der einzelnen Namen und Krankheiten von dem praktischen Arzt Professor Schlayer, dem dirigierenden Arzt der Innenabteilung im Augustahbospital in Berlin, angeführt wird: Frau T. Nierenentzündung, Erkältung infolge Ausfalls der Heizung und schwerer Verfall, Anstieg des Eiweißgehalts von 9 auf 20 B.
. . . SHört, hört rechts) Ihnen kommen, viel mehr Ursache sind und der Entente viel mehr Material liefern als eine Regierung, die es für ihre Pflicht hält, aus innerpolitischen Gründen, aus staatspolitischen Gründen auf
Frau W. Darmtuberkulose, Erkältung infolge Ausfalls der Heizung. Auftreten schwerer das Leben direkt bedrohender Durch · fälle, während vorher nur ein Stuhlgang am Tage bestand.
Frau C. Eitrige Gallenblasenentzündung, Lungenentzũndung, Auftreten hohen Fiebers, infolge Erkältung wegen Ausfalls der Heizung und der Unmöglichkeit, heiße Umschläge zu machen. Vorher war die Kranke beschwerde⸗ und fieberfrei
Frau P. Gelenkrheumatismus, infolge Ausfalls der Heizung joher Fieberanstieg, während früher die Kranke fieberfrei war.
Ich will Ihnen die zehn Namen nicht weiter anführen. Ich will hnen nur sagen, daß es sich bei dieser Liste nur um Patienten handelt, die unzweifelhaft erheblich geschädigt wurden und die ins= gesamt der dritten Verpflegungsklasse angehörten. (Hört, hört! rechts. — Zuruf bei den U. Soz.: Was tun Sie bei den Hunderttausenden, die an Unterernährung zugrunde gehen) — Darüber will ich mich mit Ihnen bei einem anderen Titel unterhalten. Es handelt sich hier um die Frage: gibt es einen Notstand und gibt es Momente, wo nicht jede Regierung — sie mag zusammengesetzt sein wie sie will — die Aufgabe hat, für diese Menschen zu sorgen? (Lebhafte Zustimmung rechts und aus der Mitte) Es hat keine Regierung gegeben — und es hat auch Regierungen gegeben, in der die Unabhängigen saßen — die das nicht getan hätte. Und bei dem Verantwortungsgefühl (zu den Unabhängigen Sozialdemokraten), das auch Sie haben, hätten Sie — davon bin ich fest überzeugt — nicht daran vorbeigehen können, für diese Menschen die Nothilfe einzusetzen. (Erneuter Zuruf bei den U. Soz.: Aus einem Einzelfall protegieren Sie eine Streikbrecher⸗ garde) Wir kommen auf die Streikbrechergarde zurück. Wir können die Dinge betrachten, von welchem Gesichtspunkt wir wollen. Und wir wollen sie ruhig und ohne Erregung betrachten. Denn auch ich bin mit Ihnen überzeugt, daß in der Technischen Nothilfe Gefahren nach dieser Richtung liegen. Darauf komme ich noch zu sprechen. Aber wir müssen davon ausgehen, daß es Notstände gibt. Es hat soundso viel Gelegenheiten gegeben, wo die Arbeiter nicht imstande waren, ja, wo es die Arbeiter abgelehnt haben, diese Notstandsarbeiten zu verrichten. Kennen Sie nicht den Brief, den der Polizeiprãsident Richter und der Oberbürgermeister Boeß bei diesem letzten Streik bekommen hat, in dem es schwarz auf weiß steht, die Streikleitung lehne die Verrichtung dieser Arbeiten ab — sie könne nicht dafür garantieren? Also es gibt Notstände. Und über diese Notstände müssen wir die Bevölkerung hinwegbringen. Ich sagte vorhin schon; es kommt darauf an, daß die Technische Nothilfe nur in solchen wirk⸗ lichen Notfällen eingesetzt wird. (Zuruf bei den U. Soz.: Das haben Sie nicht in der Hand) — Wo sie irgend etwas tut, was darüber hinausgeht, und wo ich davon erfahre, wird das — des können Sie versichert sein — solange ich an dieser Stelle stehe, abgebunden werden. Als vor 14 Tagen bei dem Müllkutscherstreik die Gefahr bestand, daß die Technische Nothilfe durch das Einstellen von Arbeitslosen wirklich die Gefahr heraufbeschwor, daß sie in der praktischen Auswirkung ihrer Arbeit zu dem wurde, was Sie als Streikbrechergarde be - zeichnet haben, da haben wir uns, der preußische Minister Severing, ber Polizeipräsident von Berlin und ich, zusammengesetzt, und Sie wissen, wie die Dinge beim Müllkutscherstreik gegangen sind. Als vor 14 Tagen in Schwerin die Technischen Nothelfer ohne Auftrag der Leitung der Technischen Nothilfe gegen den Willen der Leitung Streikbrecherarbeiten verrichteten, haben wir zwischen diesen Not- helfern und der Technischen Nothilfe sofort einen dicken Strich gemacht. Wir sind jetzt daran, die Verhältnisse in Dettingen bei Aschaffenburg zu untersuchen. Es wird ein Kollege von Ihnen, dom Verband und ein Vertreter der Technischen Nothilfe hinunterreisen, um die Dinge an Ort und Stelle zu besichtigen. Aber so viel haben wir gestern in einer Besprechung, an der auch Kollege Aufbäuser teil · genommen hat, schon gehört, daß auch da die Notstandaarbeiten u