1922 / 140 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Jun 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Richen Miteln an einem untauglichen Objelt sein würde. (Abgeord⸗ neter Rabold: Vorbeugen! Ja gewiß, das ist ganz selbst⸗ verständlich, und ich glaube, durch meine Amtsführung bewiesen zu haben, daß ich mich an jedem Tage bemühe, Preußen und Deutsch⸗ land vor einer solchen Katastrophe zu bewahren. Aber ich glaube weiter, Sie leisten der Republik und der Demokratie und den Ver⸗ teidigern dieser Einrichtungen den allerschlechtesten Dienst, wenn Sie die Tribüne des Parlaments benutzen, um zu wehklagen und wenn nicht die und jene Regimentsfeier, diese oder jene Kontrollversammlung, wie Sie es nennen, verboten wird, die Republik in Gefahr sei. Wenn ich mich ablehnend verhalte, wenn die deutschnationale Presse mit der Veröffentlichung von sogenannten Aufmarschplänen der Roten Armee die Staats⸗ regierung zu neuem Einschreiten veranlassen möchte, so möchte ich auch in diesem Augenblick außerordentliche Maßnahmen nicht in Eine Republik und eine Demokratie, die nur außerordentliche Maßnahmen ergreift, nur den Belagerungszustand verhängen, nur Zeitungen verbieten, nur Vereine auflösen kann, ist Und, meine Herren, ich glaube, die Republik hätte überhaupt keine Existenzberechtigung mehr, die vor dem drohenden Lärm irgendeines Redners, ganz gleich, wo er spricht, ob in Allenstein oder in Königsberg, ins Mauseloch kriecht. Nicht das, was Sie negativ vorkragen, nicht das, was Sie an Schäden auf⸗ zeigen, nicht das, was Sie an den Maßnahmen und der Haltung der Deutschnationalen Volkspartei und überhaupt der rechtsgerich⸗ teten Partien beklagenswert finden, bringt uns bei der Erhaltung der Republik und der demokratischen Einrichtungen vorwärts, sondern nur der engste Zusammenschluß der Republikaner. Dieser positive Zusammenhalt aller Republikaner wird aber nicht dadurch herbeigeführt, daß die eine Gruppe von „Schieberrepublik“ spricht und die andere Gruppe behauptet, daß es heute in der demokrati⸗ schen Republik nicht besser sei als unter dem alten Regime, sondern die Erhaltung der Republik wird dadurch herbeigeführt, daß alle ihren Willen einsetzen, um die Errungenschaften zu verteidigen, die der November des Jahres 1918 dem preußischen und dem deutschen Volke beschieden hat.

Meine Herren, ich bitte Sie dringend, jede Nervosität ob rechts oder links in den nächsten Tagen zu vermeiden, nicht in jeder Regimentsfeier den Beginn eines Kapp⸗Putsches, nicht in jeder kommunistischen Jugendweihe den Anmasch einer Roten Armee zu sehen. Was wir in diesen heißen Tagen heiß in des Wortes verwegendfter Bedeutung brauchen, ist das, klaren Kopf und gute Nerven zu bewahren. (Bravo)

zu lamentieren, daß,

Aussicht stellen.

keine Republik.

149. Sitzung vom 17. Juni 1922, Vormittags 11 Uhr. Gericht des Nachrichlen büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ).)

Der von sämtlichen Fraktionen mit Ausnahme der außersten Linken beantragte Gesetzentwurf über die nächsten Wahlen zur Zahnärztekammer und zu den Apothekerkammern wird ohne Erörterung in allen drei Lesungen verabschiedet und unverändert ange⸗

Dem Gesetzentwurf wegen Erhöhung des Grundkapitals und Neufestsetzung des Ge⸗ schäftsjahres der Preußischen Staatsbank (Seehgandiung) wird ohne Aussprache an den Haupt⸗ ausschuß überwiesen.

Darauf setzt das Haus die zweite Beratung des Haus⸗ halts des Ministeriums des Innern fort und nimmt die Allgemeine Aussprache wieder auf.

Abg. Do mi nic us (Dem): Zum äußeren Zeichen des tiefen Schmerzes über den schweren Verlust, der Preußen durch die Ab⸗ trennung des größten Teils von Oberschlesien am heutigen Tage trifft, ist auf Anordnung unseres Präsidenten die Fahne auf dem Landtagsgebäude auf Halbmast gehißt. Ich darf annehmen, daß das Haus mit dieser äußerlichen Kundgebung unserer Trauer ein⸗ ist. (Zustimmung.) Auf Grund der bisherigen Ge⸗ meindeverfassungen haben die preußischen Städte ein Kulturwerk ersten Ranges geleistet, um das uns die Städte im Auslande be⸗ neiden. Wenn jetzt an die Reform der Gemeindeverfassungen her⸗ n wird, so wird man den Abänderungsvorschläge rste Vorsicht walten lassen müssen. Aus diesem politischen Antipathien gegen die Bürgermeistereiverfassung, die in letzter Zeit zutage getreten sind. Gewiß ist auch die Gemeindeverfassung reformbedürftig, aber das t in der Hauptsache auf ihre Finanzen zu. Wir haben dieser assung im Hauptausschuß dadurch Ausdruck gegeben, daß wir beantragten, die Behebung der finanziellen Notlage der Gemeinden und Gemeindeverbände als die wichtigste Aufgabe auf dem Ge⸗ biet der kommunalen Reform zu betrachten und demgemäß dem Ministerium des Innern die Federführung in der Bearbeitung diesr Frage zu wahren. Erfreulicherweise hat dieser Antrag die Zu⸗ des Hauptausschusses gefunden. Mit dem Verlust der Steuerhoheit haben die Gemeinden fast ihr Rückgrat verloren; die Gewerhesteuer, die jetzt die Einkommensteuer mit ersetzen muß und die schon an sich eine Doppelbesteuerung ist, hat nachgerade Formen angenommen, die nahezu an Konfiskation des Eigentums grenzen, und nur in unendlich mühevoller Arbeit gelingt es den Gemeinden hie und da, neue Steuern ausfindig zu machen, deren Genehmigung durch die Ressortminister sich oft endlos hinzieht, um zuletzt mit einem Fehlschlag zu enden. bruck, daß zwischen den beiden beteiligten Ressorts, dem Finanz⸗ ministerium und dem Innenministerium auf diesem so ungeheuer wichtigen Gebiete nicht die Uebereinstimmung besteht, die eine schnelle und sachgemäße Erledgung garantiert; es treten mongte⸗ lang dauernde Schriftwwechsel ein, es werden geradezu diplomatische Nolen zwischen den beiden Ressorts volle Arbeitskräfte dafür in Anspru und Zeit vergeudet, o

verstanden

bedauern wir die teilweise

Wir haben den Ein⸗

ewechselt, es werden wert⸗ n genommen, es wird Geld ; hne, daß die Gemeinden zu ihrem Recht kommen. Hier Abhilfe zu schaffen, ist der zweite Teil unseres An= trages bestimmt. Ueber die Schutzpolizei ist im Hauptausschuß gehende Unterhaltung gepflogen worden, in bezug auf Zustände sind wir nicht ohne Sorge, wenn wir die luktuation in ihrem Mitgliederbestande betrachten, wie sie den heutigen Tag zu erkennen jist. inister sehr dankbar sein, wenn er di , . Aufnierksamkeit dauernde Bea

Grund dafür liegt ja gewiß in dem immer noch fehlenden Ver⸗ dessen baldigste Vorlegung das Staatsministerium aft betreiben sollte. Der Entwurf dafür lag ja schon Wir kennen ja die großen Schwierig⸗ keiten, die zumal vom Reiche her der Erledigung gemacht worden

Umorganisierung der Schutzpolizei en uns bewußt sein, daß jedes Ent⸗

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würden dem em Umstande mit be⸗ chenken würde.

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im vorigen Oktober vor.

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beamten in der Richtung aufgetreten sind, daß die infolge der Umorganisation erforderlich werdenden Entlassungen nach anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten erfolgen könnten, kann der Minister vielleicht zur Beruhigung der beteiligten Kreise durch eine Erklärung zerstreuen. Die Schlagfertigkeit der Schutzpolizei muß erhalten werden. Wenn die Schutzpolizei gegebenenfalls in Aktion zu treten hat, damit die Reichswehr nicht in Anspruch genommen zu werden braucht, so muß die Schupobeamtenschaft, wenn sie wirksam eingreifen soll, auch in der Lage sein, ihre Macht⸗ mittel technisch zu beherrschen. Unter denselben Gesichtspunkten halten wir 96 die Beibehaltung und sogar den Ausbau der Technischen Nothilfe für geboten. Was die Regimentsfeiern und ähnliche Veranstaltungen anbetrifft, so verstehen wir vollkommen, wenn Kriegskameraden bestrebt sind, ihren Zusammenhang zu er⸗ halten und die Erinnerungen an die Kraft und. Stärke ihrer Nation zu cen; bedenklich aber werden diese Feiern, wenn man vaterlänbische Erinnerungen einseitig parteipolitisch ausnutzt. Es wäre ja unrichtig, den Schützenvereinen, die seit langen Jahren ihr Königsschießen und derartige Schießübungen veranstalten, daran u hindern; ein Einbruch in solche alten Traditionen würde die erh r, nur erbittern. Auf der andern Seite aber muß doch mit Bedauern konstatiert werden, daß dabei manche Rede gehalten worden ist, die in ihrer Großmäuligkeit an ge⸗ wisse typische Vorgänge von 1914 erinnerte, daß dabei manche Renommisterei unterlaufen ist, auch von nahe be⸗ vorstehender Revanche usw, daß man sich wundern muß, wie ein erfahrener Militär so töricht sein kann, so etwas zu sagen ganz abgesehen davon, daß man von jedem Staatsbürger erwarten muß, daß er in heutiger Zeit die mühevollen Bestre⸗ bungen der Regierung zur Aufklärung der öffentlichen Meinung im Auslande nicht stört. (Lebhafte Zustimmung) Besonders bedauerlich ist eine derartige rednerische Entgleisung in Breslau gewesen. Wir erwarten, daß der moderne Staat Meinungsfreiheit gibt, aber auch, daß diese Meinungsfreiheit von allen Seiten, auch bon den politischen Gegnern geachtet wird. Die verfassungsmäßig garantierte Versammlungsfreiheit darf nicht gefährdet oder beeinträchtigt werden. Zu dem Besuche Hinden⸗ burgs in Ostpreußen habe ich zu erklären, daß wir für seinen Besuch einer Provinz, die durch ihn vom Feinde befreit worden ist, volles Verständnis haben und daß wir in dieser Beziehung durchaus ab⸗ lehnen, die etwas hämische Kritik des Abg. RNabold mitzumachen. Wir bedauern aber ebensosehr, daß die Veranstaltung von ge⸗ wisser Seite ihres Charakters als einer einmütigen Kundgebung der Bevölkerung entkleidet worden ist. Bei den Vorbereitungen hat es an der notwendigen Zusammenarbeit des Militärs mit dem Oberpräsidenten leider gefehlt. In der Frage der Beteiligung der Schupo und der Reichswehr an den bedauerlichen Vorkommnissen in Königsberg darf nicht ein einseitiges Urteil gefällt werden, es muß auch die andere Seite gehört werden. Nach der Mitteilung des Abg. Hauschild soll der Polizeipräsident Lübbring von. den Maßnahmen des Militärs überrascht worden sein, die Militär⸗ behörde behauptet das Gegenteil, auch dieser Punkt bedarf also der Aufklärung. Jedenfalls fanden die Veranstaltungen auf beiden Seiten in fo nahem örtlichen und zeitlichen Zusammen⸗ hange statt, daß die Gefahr eines Zu sammenstoßes außerordent⸗ lich nahelag (große Unruhe rechts und links). Der Reichswehr minister wird jedenfalls nach seiner Rückkehr sich um die Auf⸗ klärung rein objektiv bemühen. Wieder einmal haben uns die Verhandlungen gezeigt, wie noch von einem gegenseitigen Ver⸗ stehen der Parteien auf der Rechten und, auf der Linken gar keine Rere ist, wie ihre Mentalität sich allmählich so fundamental ent= gegengesetzt eingestellt hat, daß dadurch die Besorgnis einer schweren Gefährdung von Ruhe und Ordnung leider nicht abzu⸗ weisen ist. Umsomehr freuen wir uns, daß wir in Preußen eine Regierung haben, die über eine starke Mehrheit im Landtag ver⸗ fügt. Diesem Zustande der politischen Zerklüftung darf ich zum Schluß das Bild einer Aktion entgegenftellen, wo absolut Einig⸗ leil besteht. Auf unsern Antrag hat der Hauptausschuß die Auf⸗ forderung an den Minister des Innern beschlossen, er möge bei ber Reichsregierung unabläfsig mik größter Energie dahin streben, die französische Regierung endlich zur Räumung der im Nai 1921 besetzten rheinischen Städte zu veranlassen., das Material über die durch die Besetzung verursachte schwere Bedrückung der Bevölte⸗ rung systematisch zu sammeln und den Regierungen des Aus⸗ landes sowie der Oeffentlichkeit zu unterbreiten. Diese Fest⸗ stellungen sind nötig, um einerseits dem Inlande zu zeigen, wie das Ministerium des Innern die Interessen der rheinischen Be⸗ völkerung wahrnimmt, und um andererseits dahin zu arbeiten. daß allmählich auch im Auslande eine Aufklärung über die Wir⸗ kung dieser Besetzung erfolgt. (Beifall bei den Demokraten.)

Abg. Limbertz (Soz): Wenn die soꝛialistischen Parteien nach der Revolution einig gewesen wären, dann wären wir über die formale Demokratie hinausgekommen So ist aber die Demokratisierung der Staats berwaltung außerordentlich schwierig geworden. Der Zustan darf nicht bleiben, daß der einzig ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht der alte preußische Geheimrat ist. (ustimmung links.) Wenn eine deutschnationale Rede gehalten wird, dann zieht immer fiber daz Gesicht jedes Beamten ein Zeichen freudiger fir nnn, Wenn die Koalitionsarbeit in Preußen fruchtbar sein soll, dann muß . gesorgt werden, daß die unverschämten Angriffe gegen die anbern Koalitionsparteien draußen im Lande aufhören. Stegerwald hat neulich eine Rede gehalten, die deutschnationale Anschauungen durchblicken ließ. Ein Austritt unserer Partei aus der Regierung würbe den Bürgerkrieg bedeuten. Da die Soziglisten noch nicht die Mehrheit haben, müssen wir versuchen, die Gegensätze in der Koalition zu überbrücken. Das Versorgungsgesetz für die Schutzpolizei muß möglichst bald verabschiedet und den Organisationen der Schutzpolizei mehr Entgegenkommen gezeigl werden. Der Minister möge doch einmal der deutschngtionalen Propaganda in der Schupo nachgehen. Die Mehrzahl der Ostiuden sind gewerblich oder als Arbeiter tätig und nützen so unserer Wirtschaft. Die Organisationen der Ostjuden bemühen sich auch um eine Abwanderung ihrer Stammesgenossen. Der Regierungspräsident in Düsseldorf hat auf Grund lügenhafter Berichte eines Regierungsrats eine scharfe Verfügung gegen die Ost— juden erlassen. Dieser Regierungsrat, der seinen Vorgesetzten also be⸗ logen hat, ist immer noch im Amte (lebhaftes Hört! Hört! links). Der Einbürgerung ostjüdischer Arbeiter darf man nicht so viel Schwierig⸗ keiten entgegensetzen. Von einer üherragenden Einwanderung ost⸗ jüdischer Arbeiter kann nach den statistischen Erhebungen keine Rede sein. Die, Technische Nothilfe hetrachten wir als ein notwendiges Uebel. Wir wünschen aber nicht, daß sie weiter ausgebaut wird. Die Regierung muß in dieser Frage mit den Gewerkschaften zu einer Ver⸗ ständigung kommen. Der Boden für die Hetze, aus der die Attentate wie das auf Scheidemann entspringen, wird. erst durch die Blätter der rechtsbolschewistischen Presse geschaffen. Eine solche Art und Weise ann man nicht billigen, wenn geschrieben wird; „Der Mord mit der Klistierspritze! oder Der Oberbürgermeister als Revolverheld“. Es gibt keinen parlamentarischen Ausdruck, um die niedrige Kampfes- weise dieser rechtsstehenden Blätter zu kennzeichnen (Zustimmung links). Bei einer solchen Schreibweise darf man sich nicht wundern, wenn die Bevölkerung einmal die Geduld verliert und Gegen⸗ demonstrationen veranstaltet. Es ist geradezu unverschämt, wenn Reichswehrangehörige, die von der Republik bezahlt werden, sich mit schwarzweiß⸗roten Fahnen an reaktionären Kundgebungen beteiligen. Der Reichswehrminister darf derartige Schweinereien nicht dulden und muß solche Leute hinauswerfen. Diese Provokation von rechts werden systematisch betrieben (3ustimmung links. Die außenpolitische Wirkung derselben kann sich ein jeder denken. Was die Köniagzberger Vorgänge angeht, so muß einmal im Reichstag ein ganz ernsthaftes Wort über die Reichswehr gesprochen werden (Beifall links. Nach Königsberg sind anläßlich des Hindenburgbesuches 15 Minensuchhoote aus Pillau k Das hat in Material mindestens 200 909 Mark

ekostet. Wir müssen dem Herrn Hindenburg den guten Rat geben, , . der Politik fernzuhalten (lebhaftes Sehr wahr! links). Die 2 en g n, eines e, 7 i . a, ihn a,

r war vollständig das gutmütige Werkzeu endorffs. n weiteren Fel. der hl und z

i. Taten Hindenburgs wörd der Redner wiederholt bon Zwöschenrufen der Rechten unterbrochen) Was

der Friedensberkrag jebem einzelnen Deutschen zusbürdet, das ist während des Krieges von jedem Alldeutschen viel ne, , , . worden (lebhafte Zustimmung links). enn das Unglück von 1914 don Ihnen (nach rechts) ö. veranlaßt wäre, dann leßten heute noch Millionen von Toten (3 ufe rechts, lärmender Beifall links und Rufe; Raus!, zwischen Abgeordneten der Rechten und der Sozial⸗ demokraten kommt es zu elner erregten Auseinandersetzung vor der Rednertribüne). Redner richtet weiterhin heftige Angriffe gegen die Rechte, die im einzelnen durch die Zwischenxufe der Re ten ud den Beifall der Linken ,, bleihen und fordert zum Schluß, daß die Regierung auf das Reich einwirken möge, daß der Sandal mit der Reichswehr endlich aufhöre. (Stürmischer Beifall bei den sozialistischen Parteien.)

Abg. Dr. Heß (Zentr.): Was die innere Verwaltung be⸗

eine fachliche Vorbildung der betreffenden Anwärter bestehen bleiben muß, daß darüber hinaus sogenannte Außenseiter als Ausnahmen nicht nur zugelassen, sondern nicht entbehrt werden fönnen, wobei vorauszufetzen ist, daß bei diesen statt der fehlenden fachlichen Vorbildung eine bestimmte fachliche und persönliche Eig⸗ nung borhanden sein muß; darüber hinaus muß systematisch und gründlich Schluß gemacht werden mit dem uralten Shstem, be⸗ stimmte konfessionelle ober parteipolitische Volksschichten bei der Besetzung von Staatsämtern auszuschließen. Wer die fachliche oder an ihrer Stelle die persönliche Eignung besitzt, wer den be⸗ stehenden Staat ehrlich und anständig bejaht, hat Anspruch, ein Staatsamt, auch das höchste, bekleiden zu können. Das Zentrum erwartet, daß endlich das alte an den Katholiken Preußens be⸗ gangene historische Unrecht wieder gutgemacht wird. Im parla⸗ nentarischen System trägt eine bestimmte Gruppe von Parteien die Verantwortung für die Legislative; daraus ergibt sich, daß

sichert werden muß. Tatsächlich aber ist dieser Einfluß der b

treffenden Parteien geradezu lächerlich gering, ganz besonders in der Zentralinstanz. Es gibt ganze Ministerien, in denen ent⸗= weder das Zentrum oder die Demokraten oder die Sozʒialdemo⸗ kraten oder auch alle drei überhaupt nicht vertreten sind. (Hört! hörth. Es gibt einige Ministerien, wo diese Parteien einige Ver⸗ treter besitzen, man muß aber wissen, wie es denen dann dort ergeht, welchen Rankünen vom Nadelstich bis zur gröbsten Unver⸗ schämtheit sie ausgesetzt sind (Hört! hörth, es gibt kein einziges Ministerium, wo eine dieser drei Parteien auch nur annähernd in dem Maße vertreten wäre, wie es ihrer politischen Bedeutung ent spricht. Auch von der Deutschen Volkspartei wird die ser An spruch mit vollem Recht erhoben. Ich behaupte, daß die drei alten Koa⸗ litionsparteien in sämtlichen Ministerien zusammen genommen noch nicht 5 vH der höheren Beamtenstellen innehaben. Der Kampf der Katholiken um die Gleichberechtigung in Preußen ist jahr⸗ zehntelang ebenso zäh wie erfolglos geführt worden. Wir. lassen in diesem Kampf nicht nach. Wir haben die Provokation in der Artikelserie im „Schwarzen! Tag nur zu wohl verstanden, Wenn in dem ersten dieser Artikel dem Minister Severing der Ausspruch nachgesagt wird, den er im Hauptausschuß getan haben soll, daß die Aemter unter den Parteien verteilt würden und daß ihm

sachen, er hat diese Bemerkung nicht gemacht. Wie wenig man uns zu unserm Recht kommen lassen will, dafür bieten diese sen⸗ sationellen Artikel einen Beleg, wie wir ihn in dieser brutalen Kraßheit noch nicht erlebt haben; es ist eine Provokation schlimmster Art, in erster Linie gegen die Katholiken gerichtet, die von Spott, Verhöhnung, persönlichen. Beleidigungen, Indiskre⸗ tionen strotzt und von einem abgrundtiefen Ungerechtigkeitsgefühl zeugt. Es ist eine geradezu schamlose Sensation. Von den ge⸗ mäßigten, anständigen, vornehmen Formen der Diskusston. die gestern der Minister an Herrn v. d. Osten. rühmte, ist in dieser Probe aus dem deutschnationalen „Tag“ keine Spur zu finden und diese Artikel sind von einem deutschnationalen Landtags⸗ abgeordneten geschrieben. Ueber die darin begangenen Indis⸗ krelionen wird gesagt, es werde von diesen Dingen . sprochen; es handelt sich hier tatsächlich um eine Koterie von nisterialdirektoren, Ministerialräten und einigen anderen Leuten, die dazu gehören (Ruf links: Freiwillige vor! Große Heiterkeit. In den Artikeln wird hauptsächlich das Zentrum behandelt, die Sozialdemokratie wird mit einer Handbewegung abgetan, ihr wird die erforderliche Minimalbegabung abgesprochen (Heiterkeit). Der Finanzminister v. Richter wird als ein guter alter Mann hin⸗ gestellt, der Kultusminister Dr. Boelitz stehe unter dem Pantoffel des Staatssekretärs Becker. 80 vꝗ aller Angriffe gehen gegen das Zentrum und die Katholiken. Besonders peinlich muß einem Menschen mit Herzensbildung die Art und Weise berühren, wie der Artikelschreiber mit einem Mann auf einem eme gierten uh. posten umspringt, der Katholik und Zentrumsangehöriger ist. Wie stimmt das Verlangen des Herrn v. d. Osten, ni t das Trennende, fondern das Einigende zu betonen, zu diesen Artikeln? Wenn Herr v. Drhander vor Bauern spricht, befolgt er auch nicht den guten Rat des Herrn v. 8. Osten. Große Heiterkeit. Die Zeitverhältnisse legen uns doch wahrhaftig etwas Anderes nahe, als in dieser ebenso beklagenswerten wie n, e,. Weise der Welt erneut dieses Schauspiel innerer Zerrissenheit zu bieten. (Stürmische Zustimmung.) Nach diesen Proben haben wir den letzten Rest von Hoffnung verloren, daß die Katholiten und das Zentrum in Preußen von den Deutschnationalen jemals auch nur das mindeste Verständnis erwarten dürfen. Diese Ar⸗ tikel haben uns einen überraschenden tiefen Einblick in die wahre Gesinnung dieser Partei den Katholiken gegenüber gewährt. In den katholischen Kreisen im Westen und im Osten hat man sie darüber sehr lebhaft unterhalten, und die Wirkung dürfte dem⸗ entsprechend sein. (Zuruf des Abgeordneten Dr. Ritter.) Die Katholiken, Herr Dr. Ritter, haben diese vier Artikel im „Tag als einen geradezu beispiellosen Affront aufgefaßt. Im ersten Artikel wirb mit lauter alten Ladenhütern versucht, den systemari= schen Ausschluß der Katholiken von den Staatsämtern zu moti⸗ vieren. Durchaus mit Unrecht wird behauptet, daß das Angebot aus katholischen Kreisen zu gering sei. Wenn man mit solchen Artikeln zum Wiederaufbau beizutragen glaubt, so wird man gerade das Gegenteil erreichen. Der Artikelschreiber bekommt es

leidigungen sind, den Katholiken Mangel an deutscher Bildung vorzuwerfen. Dieser Vorwurf ist ebenso schamlos wie unverschämt. Die national gefährdeten Gebiete im Osten und Westen sind über⸗ wiegend katholisch, folglich sollte man meinen, müßten dort die Katholiken besonders pfleglich behandelt werden. Das geschieht auch, besonders bei Interpellationen, da hagelt Es min so Sympathie⸗ kundgebungen; aber wenn etwa ein ü nannt werden soll, denn bäumt sich das deutschnationale Gewissen dagegen auf, dann soll darin eine Entwürdigung des Christentums liegen. Wir haben uns niemals in die inneren Angelegenheiten der Evangelischen gemischt. Sie stehen doch auf dem Boden des

zunahe treten, wenn Sie den Katholiken, die einen Katholiken als Beamten haben wollen, nachsagen, sie entwürdigten das Christen⸗

ungeniert aufgetreten wie in Oberschlesien; bis in die neueste Zeit hat ein bestimmter Herr aus der Zentralinstanz dort seinen Unfug getrieben; so sind auch die evangelischen Landräte in den dortigen fatholischen Kreisen zu erklären. Die ganze Misere der politischen Zustände in Oberschlesten lommt auf das Konto der Politik, welche die Vorgänger der heutigen Deutschnationalen getrieben haben, einer Politit, deren Schaden jetzt das Vaterland besieht .

Fortsetzung in ber Zweilen Beilage,

W

trifft, so sind wir mit Dr. Leidig der Auffassung, daß als Regel

diesen Parteien ein wesentlicher Finfluß auch auf die Exekutive 9e

. Aemterschacher über sei, so entspricht das nicht den Tat⸗

sogar fertig, anscheinend ohne zu ahnen, wie massiv seine Be⸗

Landrat er

positiven Christentums, haben Sie kein Gefühl dafür, wie Sie uns

tum? Von jeher ist nirgendwo die preußische Rücksichtslosigkeit so

zum Den tschen Neichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger A922

Mr. 140.

Zweite Beitage

Berlin, Montag, den 19. Juni

Dr, Fortsetzung aus der Ersten Beilage)

Da sage auch ich mit dem Artikelschreiber: Armes Preuß 3 solchen Händen anvertraut 2, ist!“ Im . 2 in der Zentralinstanz sind in der gesamten Verwaltung Leute, die das parlamentarische System mit tiefster Ab⸗ neigung betrachten. Besäßen diese alten Beamten soviel Takt, dem neuen Staat in neutraler vornehmer Weise gegen⸗ überzutreten, so wäre das erträglich; absolut unerträglich aber ist es, daß sie gegen den neuen Staat frondieren. Der Minister darf sich das unter keinen Umständen gefallen lafsen; das nackte Staatsinteresse verlangt, daß er sich die Kreise, die einer derartigen Gesinnung huldigen, unter keinen Umständen über den Kopf wachsen lassen darf. Diese vier Artikel sind ein warnendes Zeichen dafür, daß diese Kreise, nach dieser Kampfansage zur ur— teilen, immer ungenierter werden. Nach diesen Artikeln müssen wir unter dem Eindruck stehen, daß die Katholiken Preußens von den Deutschnationalen nichts als absolute Verständnislosigkeit und Ungerechtigkeit zu erwarten haben. Wir werden uns darauf ein⸗ zurichten verstehen. (Lebhafter Beifall im Zentrum.)

Abg. Lüdicke (D. Nat.): Ich frage Herrn Heß, ob er die Be—⸗ amten aus den Aemtern herausdrängen will, die bereit sind, auf dem Boden der Verfassung zu arbeiten. Was die Aeußerung des Herrn Ministers Severing anlangt, so sind zuviel Zeugen dabei gewesen, die die Worte gehört. haben: Der Aemterschacher unter den Parteien ist ekelerregend. Einen deutschnationalen Landrat, der sich grober Ver⸗ fehlungen schuldig gemacht hat, sind wir nicht gewillt, zu decken. Daß wir mehr Anfragen an die Regierung stellen als andere Parteien, kann ich mir nicht denken. Wenn es aber der Fall wäre, dann sollte der Minister doch bedenken, daß wir Oppesitionspartei sind. (Leb⸗ haftes Sehr wahr! rechts) Im Oktober 1921, als die Sozial— demokratie noch nicht wieder in der Koalition war, hat Herr Severing in Breslau eine viel stärkere Opposition angekündigt. Wir haben an den langen Beratungen auch kein Interesse und wünschten, daß der Regierung mehr Zeit zur Arbeit gelassen würde. Ich glaube, daß wir nicht gegen irgendeine Tradition verstoßen, wenn wir die Staate. regierung als Oppositionspartei bekämpfen, ohne daß wir der Staats- autorität selbst irgendwie zu nahe gehen. Wenn die Städteordnung im Herbst noch nicht fertig und ein Notgesetz mit Neuwahlen heraus⸗ ommen sollte, dann sollten diese Neuwahlen gleich die ersten Wahlen der neuen Städteordnung sein. Die Gehälter der Kommunalbeamten müssen auch tatsächlich denen der Staatsbeamten gleichgestellt werden. Die Zwangswirtschaft auf dem Wohnungggebiete ist die Quelle der schlimmsten Korruption, die Kommunalaufsicht über Beamte des Woh— nungsamtes muß mit größerer Energie ausgeübt werden. Was die Königeberger Vorgänge anlangt, so erkennen wir guch an, daß die Schutzpolizei voll ihre Pflicht kat und der Polizeipräsident selbst per sönlichen Mut besaß. Wir müssen aber Herrn Lübbring den Vorwurf machen, daß er die Gegendemonstration zugelassen hat. Die Tatsachen haben bewiesen, daß es eine zu große Aengstlichkeit des Ministers war, wenn er die Teilnahme der Kinder an der Veranstaltung bemängelte. Jene Kinder werden es nie vergessen, daß sie mit eigenen Augen den Befreier Ostpreußens gesehen haben. Die Urteile über Hindenburg, die von der Linken angeführt sind, fußen nicht auf Sachkenntnis. Wir haben aber wieder einmal gesehen, daß der Deutsche nur zu sehr geneigt ist, sein eigenes Nest zu beschmutzen. (Lebhafter Bei⸗ fall rechts) Gewiß soll man, wie der Minister sagte, das Maul nicht zu weit aufreißen. Es liegt aber ebensowenig im Interesse des deutschen Volkes, wenn die Reichsregierung vor dem Feinde auf dem Bauch liegt (lebhafter Beifall rechts).

Abg. Metzenthin (D. Vp. : Der Herr Abgeordnete Rabold hat sich gestern mit den Breslauer Vorgängen und meiner Person g. eingehend beschäftigt, daß ich darauf zurückkommen muß. Drei voll⸗ kommen unpolitische Vereine haben die Skagerrakfeier veranstaltet. Gen. links). Erst sollten keine aktiv im politischen Leben stehen den eute sprechen. Von diesen Bedenken wurde dann abgesehen und so habe ich dort auch im Zirkus geredet. Die vom Abgeordneten Rabold angeführte Stelle lautet: Der 9. November war der Tag, an dem die Matrosen, diese Schweinehunde v Erregte Zurufe von der Linken: Schweinehund! Sie sind ein ganz unverschämter Provo⸗ kateur! Der Mann gehört ins Zuchthaus! Schämen Sie sich, daß Sie sich da hingestellt haben! Runter mit dem Schweinehund! Glocke des Präsidenten.) Ich gebe zu, daß der Ausdruck Schweine⸗ hund scharf ist. Wie sprechen Sie aber in Ihren Versammlungen von den Männern, die für Deutschland gestorben sind? Qärm links.) Kehren Sie doch vor Ihrer eigenen Türe. Die Versammlung ist ohne den geringsten Zwischenfall verlaufen. Demokratische Breslauer Zeitungen schrieben von einer „erhebenden Feier“. Die Berichte der sozialdemokratischen Blätter jedoch waren vollkommen entstellt, Von Monarchie und Republik ist gar keine Rede gewesen. Beschimpft worden sind lediglich die Matrosen, die damals zum Aufruhr auf⸗ forderten (Rufe links. Was ich gesagt habe, bedaure ich in der Form, sachlich halte ich es aufrecht. Glauben Sie, daß jeder von der äußerften Linken, der Unglück her unser Polk bringt, ein Held ist? (Lärm links) Noske verurteilt in seinem Buche auch die Revolution und spricht davon, daß er die meuternden Matrosen zur Ordnung bringen mußte. Die dem Kapitän Luckner unterstellten Behauptungen sind völlig aus der Luft gegriffen. Die Mehrheitssozigldemokratie hat es jedoch für notwendig gehalten, die Volksseele mit allen Mitteln zum Kochen zu bringen. Trotz mancher Bedenken, die wir der Schupo gegenüber haben, erkennen wir an, daß sie sich im ganzen bewährt hat. Bei den Berhandlungen mit der Entente über die Schutzpolizei könnte die Regierung aber mehr Zähigkeit zeigen. Wir wollen hoffen, daß jetzt die Regierung stand hält und nicht hinter der Severinglinie eine Mrecklinie und dann eine Schraderlinie steht. Den Schutzpolizei⸗ verbänden stehen wir an sich neutral gegenüber. Derjenige, der für Disziplin und Ordnung sorgt, hat unser Wohlwollen. Wir hoffen, daß, wenn wir im nächsten Jahr über die Schupo zu sprechen haben, nicht viel über sie zu sagen sein wird und die vielen durch Schlagworte und Persinlichkeiten hineingetragenen Differenzen beseitigt sind und

daß die Schupo sich zu einer festen Stütze für Ruhe und Ordnung ent⸗ wickelt. (Lebhafter Beifall rechts.)

Die Rede des Ministers des Innern Severing kann wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst morgen

im Wortlaut veröffentlicht werden.

Abg. Mertins (U. Soz.): Wie kann man nur die Augen vor der Gefahr verschließen, die der Republik von rechts droht? Merkt man denn in seiner Bequemlichkeit gar nicht, wie die Fäden immer weiter gesponnen werdens Die Rede don Limbertz war in der Thegrie ausgezeichnet, in der Prgxis aber bekunden die Mehrheitssozalisten eine große Liebe zu den RechtsPartelen und wenden die Schärfe ihrer Angriffe gegen links. Wie, Severing als alter Gewerkschafter sich für die Technische Nothilfe einsetzen kann, verstehe ich nicht, Die war niemals nötig, man hätte sich längst mit, den Gewerkschaften ver= ständigen können, wenn man es wollte. Die Gemeinden müssen größere Bewegungsfreiheit haben, das Einspruchsrecht der Behörden muß he= schränkt werden. Noch heute führen die Geheimraäte in den Amts stuben und Ministerien die Geschäfte über die Köpfe der Minister hin— veg ganz wie im alten Obrigkeitsstaag. Mit dem Wucher würde man schon fertig werden, wenn man wirklich Energie aufbringen wollte. Die agrarischen Kreise sind es, die mit dem Wucher beginnen; daß er sich hemmungslos ausleben kann, daran ist die Nachlässiakeit und die

Gleichgültigkeit der Behörden schuld. Den Befreier Ostpreußens,

Preußen von Truppen entblößt war, die Russen kamen bis nach Königsberg ohne einen Schuß abgegeben zu haben. Dann kamen die ungeheuer übertriebenen Nachrichten von den engeblichen Russen⸗ greueln. An den belgischen Greueln gemessen, die unsere Truppen deribt haben. waren die Russengreuel das reine Kinderspiel. In Tilsit, Lyck, Wehlau ist es der Bevölkerung während der Russen⸗ besetzung zum Teil 3. gegangen als später. Die „Errettung“ Ost⸗ preußens bon den russischen „Barbaren“ wäre vielleicht ganz anders verlaufen, wenn nicht Rennenkampf mit seiner Armee untätig beiseite . hätte. Wie soll man verstehen, daß sich die Deutschnationalen

, zum Schutzpatron erwählen, der doch dazu beigetragen hat, daß das Reich Bismarcks in Stücke geschlagen wurde? Das wird mir verständlich, wenn man sich sagt, daß sie diesen schwachsinnigen Greis, der pon Politik nichts versteht, gerade deshalb erkoren haben, um mit diesem willenlosen Werkzeug politische Geschäfte zu machen und die große Masse zu täuschen. In nächster Zeit werden wir vielleicht hören, daß Hindenburg als Kandidat für einen hervor— ragenden Posten aufgestellt wird. In Marienburg und Elbing und auch in Pillau ist von einer. Begeisterung für Hindenburg gar nichts zu spüren gewesen, nach Königsberg aber hatte man zusammengezogen, was in ganz Ostpreußen irgendwie natignalistisch und reoktionar war. An das Verbot des Fackelzuges der Studenten durch den Polizei- präsidenten hat man sich nicht gekehrt. Was wird aus dem Landes hauptmann, der dieses Verbot ignorierte, was wird aus dem General, der die Truppen gegen das Verbot hinausgeschickt hat, was wird mit dem, der das Blut eines bürgerlichen Demonstranten auf der Seite der Nationalisten vergossen hat? (Andauernder Lärm und Zurufe rechts.) Das dort vergossene Blut kommt auf Sie!

Abg. Dr. Berndt, Stettin (Dem.), kommt auf die staats⸗ rechtliche Stellung des Staatsrats zu sprechen, dessen Rechte in der Verfassung genau festgelegt seien, der aber seine Rechte erweitern wolle. Diese Erweiterung hielten die Demokraten für unzulässig. Die Futterkrippenpolitik, die früher von der Rechten geübt wurde, sei zu verurteilen; der heutige Staat würde sich aber selbst aufgeben, wenn er bei der Aemterbesetzung nicht den politischen Gesichtspunkt berücksichtigte. Die Demokratisserung der Vewaltung sei die wichtigste Aufgabe im Innern. (Zustimmung. Dringend nötig sei die gründliche Umgestaltung des Disziplinarrechts. Mit aller Ent⸗ schiedenheit sei eine wirksame Bekämpfung des Wuchers durch die Regierung zu betreiben; dabei dürfe der reelle Handel nicht schikaniert werden. Die lärmenden Kundgebungen der Regimentsfeiern und dergleichen hätten immer eine gegen den heutigen Staat gerichtete Spitze; die außenpolitischen Folgen davon fielen nachher dem ganzen Volk zur Last. Der nationale Gedanke sollte heute Allgemeingut sein und nicht von den Deutschnationalen allein in Pacht genommen werden. Die demokratische Republik sei heute eine Notwendigkeit, jeder Angriff auf sie ein Verbrechen am deutschen Volk. Auf dem geschichtlich gewordenen Boden des 2. November müsse sich das deutsche Volk zusammenfinden. Stärkung der Staatsautorität sei heute die wichtigste Aufgabe. Den . des reaktionären pommerschen Probinziallandtages, auf die Aemterbesetzung einzu⸗ wirken, müsse ganz energisch entgegengetreten werden. Der deme⸗ kratiscke Staat verfüge auch über die nötigen Machtmittel, er müsse sie nur gebrauchen. (Beifall bei den Demokraten.

Nach 5 Uhr wird die Weiterberatung auf Montag, 11 Uhr, vertagt. Außerdem Haushalt des Staatsministeriums und des Landtags.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstag liegt zurzeit ein Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Anwendung gewisser Abkemmen über die Ausführung der Reparationssachleistungen, vor.

Es handelt sich um drei Verträge: das bekannte Wies ba dener Abkommen Rathenau⸗Loucheur vom 6. Oktober 1921, das Bemelmans⸗Abkommen vom 2. Juni 1922 und das Gillet⸗Abkom men vom 15. März mit einem Zusatz vom 3. Juni 1922. Das erste und dritte Abkommen gelten nur für Frankreich, das zweite ist mit der Reparationskommission ab⸗ geschlossen und wird gegenüber denjenigen Ländern in Kraft treten, die ihm beitreten. Zu dem letzteren wird sicher Belgien gehören; bezüglich der übrigen Staaten besteht noch keine Klarheit,

Sämtliche Abkommen beziehen sich nicht auf die Pflichtlieferungen an Schiffen, Kohle und Kohle⸗Rebenprodukten, Farbstoffen und phar⸗ mazeutischen Artikeln. Die Verpflichtung zu sonstigen Lieferungen, wie sie durch den Friedensvertrag festgesetzt sind, wird durch die Ab⸗ kommen nicht ausgedehnt. Soweit sie den freien Verkehr einführen, wird im Gegenteil jede Lieferungsveryflichtung der Regierung aufgehoben, ohne daß etwa eine Verpflichtung des einzelnen Industriellen oder Kauf⸗ manns zu Reparationssachleistungen an die Stelle trete. Das Wesen des freien Verkehrs besteht gerade darin, daß jedem einzelnen über⸗ lassen bleibt, ob er sich auf Reparationslieferungen einlassen will, und daß, abgesehen von der Bezahlung, was Sache der deutschen Regierung ist, die Geschäfte nach den allgemeinen Handelsbräuchen abgeschlossen und abgewickelt werden.

Zwischen Deut schland und Frankreich wird nach Inkrafttreten der Abkommen folgendes gelten: Der freie Verkehr sst nur zugelassen für Lieferungen zum Zwecke der Verwendung für den Wiederaufbau in. den zerstörten französischen Ge— bieten. Jeder einzelne Abschluß muß eine entsprechende, die Parteien verpflichtende Klausel enthalten. Ausgenommen von dem freien Verkehr sind, auch wenn sie für den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete bestimmt sind, die in einer sogenannten negativen Liste aufgeführten Gegenstände. Für diese gilt das Ver- fahren des Wiesbadener Abkommens, das durch die Einschaltung je einer privatrechtlichen Zentralorganisation auf deutscher und auf französischer Seite gekennzeichnet ist; das Anwendungsgebiet dieses Verfahrens ist daher auf wenige Fälle beschränkt. Falls Frankreich Lieferungen zu beziehen wünscht, die nicht für den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete bestimmt sind, so kann es dies nur in dem durch den Friedensvertrag geregelten Verkehr von Regierung zu Regierung über die Reparationskommission. Nach den bisherigen Erfahrungen kann damit gerechnet werden, daß solche Lieferungen keine irgendwie ins Gewicht fallende Ausdehnung annehmen werden. .

Zwischen Deutschland einerseits und Belgien und den sonstigen Ländern, die dem Bemelmangs , Ab- kommen beitreten, andererseits, wird der freie Sach⸗ lieferung sverke hr allgemein gelten, mit Ausnahme allein der Gegenstände der erwähnten , Liste. Eine d,, . Verwendung auf die zerstörten Gebiete besteht hier nicht. Zugelassen ist vielmehr die Verwendung in dem gesamten Gebiet des beteiligten

alliierten Stagtes, einschließlich seiner Kolonien. Verboten bleibt die

Lieferung nach anderen Ländern und die Wiedergugsfuhr dorthin; zugelassen sind lediglich Lieferungen an Kriegsheschädigte in anderen Ländern zur Wiederherstellung ibrer örtlichen Schäden, Was die Wiederausfuhr von Reparationglieferungen hetrifft, jo haben sich sibrigens die allierten Länder untereinander verpflichtet, sie nicht zuzu⸗ lassen. Zwischen Deutschland und den Ländern, die dem Bemelmang⸗· Abkommen nicht beitreten, sind Reparationslieferungen nur im ge⸗

bundenen Verkehr von Regierung zu Regierung möglich. Das Wiesbadener Verfahren wird, wie schen gesagt

Hindenburg, sind Jubelhymnen gesungen worden. Die Russen haben wurde, nur eine untergeordnete Molle spielen. Infolgedessen haben si

bei ihrem Einfall nicht den geringsten W

diderstand gefunden, weil Ost⸗ beide Regierungen freie ond vorbehalten, ob sie die früber in Aussicht

genommenen Organisationen schaffen oder den Verde behördlichen Stellen legen wollen. Der deutscherseits geplante Liefer⸗ verband, der alle interessierten Kreise zusammfassen sollre, wird in⸗ olgedessen voraussichtlich nicht ins Leben gerufen werden. Neber, dyn Verfahrensvorschriften enthält das Wiesbadener Abkormen bekanntlich die Vereinbarung, daß der Gegenwert der Lieferungen zunächst nur zu einem Bruchteil (365 oder 43 rLH) auf Revparationskonto geschrieben wird, während die Gutschrift der Restbeträge erst raten⸗ weise in den Jahren 1925 bis 1936 erfolgen soll. Diese stimmung gilt im Verhältnis von Deutschland und Frankreich für alle Reparationslieferungen zerstörten Gebiete, gleichgültig ob sie im Wiesbadener Verfahren in ; ö. Die Reparations kommission hat die Stundungsvorschriften nur in gewissen Grenzen Nachdem an Stelle des Spstems des Londoner Ulti⸗ matums das Moratorium getreten ist, können diese Vorschriften, so⸗ lange das Moratorium oder das ihm zu Kraft ist, zu keiner Mehrbelastung Deu deutung liegt vielmehr ausschließlich auf dem Gebiete der Verrechnung schen den alliierten Regierungen und läuft dort auf eine Art 4 i. reie Sachlieferungsverkehr unter dem Bemel⸗ mans⸗Abkommen soll sich in den Formen des normalen Ausfuhr⸗ die Reparations⸗ Die einzelnen

hr in die Hände von

des Wiederaufbaus der

freien Verkehr

runde liegende System in

tschlands führen. Ihre Be⸗

Insbesondere unterliegen

der deutschen r, , ( ; er Genehmigun er Reparations⸗ k Die deutsche Regierung kann 9 einer R formulierter Fälle ihre Zustimmung verweigern. Das Gene hinigungs⸗ verfahren muß in bestimmten kurzen Fristen erledigt sein. Genehmigung versagt wird, behalten die Abschlüsse als gewöhnliche Handelsgeschäfte Geltung, sofern die redet haben. In gewissen Grenzen erhält der deutsche Lieferant unmittel- bar Bezahlung in har von dem Besteller, nämlich unter der Voraus- der Besteller kein Kriegsbeschädigter ist, und bis zur ertes der in den Lieferungen enthaltenen ausländischen Rohstoffe. Im übrigen wird der deutsche Lieferant von der deutschen apiermark zum Kurse des Abschl iten des Verfahrens angepaßtes S

kommission. eihe genau

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die prompte Bezahlung. ,, Gillet⸗ Abkommen, das die Anwendung des Wiesbadener und Bemelmans⸗Abkommen im Verhältnis zu Frankreich den hier obwaltenden besonderen Verhältnissen insofern tragen, als es jedes Eingreifen der französischen Regierun freien Sachlieferungsverkehr ausschließt, und damit den einer, mißbräuchlichen Ausnutzung der Reparationzslieferungen zu politischen Zwecken, insbesondere in den besetzten Gebieten, vorbeugt.

Im Rechtsausschuß des Reichstags wurde v der Gesetzentwurf zur Ausführung des Artikels 18 der Reichsve Ein Antrag der Deutschnationalen, die Ausübung zur Anordnung von Ab-

weiter beraten. des Initiativrechts der Reichsreg ierun stimmungen an die Zustimmung des Reichsrats zu binden, wurde il dan des grundsätzlich angenommenen Initiativrechts der Reichsregiernng erblickt wurde. Die weitere Aussprache drehte sich um den 5 2, Eintragungsverfahren, eigentlichen

Abschwãchung namentlich

r z Zulassungs verfahren stimmung liegende Zwischenstadium öffentlich oder geheim zu ge⸗ (Dem.) wies auf die große auf die Verwirklichung des

Seine Anregungen fanden

Der Abg. Schüũckin Bedeutung dieser Frage mit Rücksi Selbstbestimmungsrechts der Völker hin. mehrfach Beifall, namentlich bei dem Abg. Dr. Lauscher Gtr.). Es wurde angeregt, das Verlangen eines Drittels der Bevölkerung durch. Beschlüsse der kommunalen Vertretung körper (Kreistage, Provinziallandtage) oder durch eine geheime Vorabstimmung zu n Ins hesondere wurde auch darauf hingewiesen, daß beim öffentlichen Eintragungsverfahren das volle

Preußischen

stalten ist.

verwirklichen.

bůũrgerrecht : rer Staatsregierung wurde die Frage gerichtet, ob ein politischer Beamter an einem in seinem Ziele eußen gerichteten Cintragungsverfahren sich beteiligen könne, aßregelung oder Nachteile für seine Beamtenlaufbahn be⸗ Ministerialdirektor Dr. Mei st er bejahte dies, bemerkte aber, daß ein politischer Beamter immerhin bedenken müsse, daß er eine besondere Stellung einnehme. Abg., Ko ch⸗Weser (Dem.) eheimen Eintragungsverfahren zu, mmunaler Vertretu

fürchten zu müssen.

neigte sich dem Gedanken des lehnte es aber ab, die Beschlüsse schlaggebend sein zu lassen, weil die Kommunalpolitih tischen Fragen freihalten sollte. Hierauf vertagte sich der Ausschuß.

Sskörper aus. ch von voli⸗

Der Reichstagsausschuß für Kriegsbeschädigten⸗ fragen beendete vorgestern die erste Lesun die Teuerung semaßnahmen f Antrag André (3tr)⸗Ziegler⸗Westfalen (Dem) sah folgende ; Teuerungszuschuß vor: für einen Schwerbeschädigten bei einer Minderung der Erwerbs=

fähigkeit um 50 bis 86 vH monatlich 500. 4 bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mehr als

des Gesetzentwurfs über ilitärrentner. E

Sätze für den

0 vd für einen Schwerbeschädigten, der nur auf die Rente an gewiesen und nachweislich einen Erwerb nicht aus⸗

für eine Witwe

für eine nur auf Rente angewiesene und nachweislich erwerbsunfähige Witwe...

für eine vaterlose Waise ...

für eine elternlose Waise

für einen Elternteil

rzungen der Teuerunggzu e eintreten,