3 2 den
Postscheckordnung wurde dahin abgeändert, daß als Höchst⸗ betrag einer Einzahlung 199 900 6 festgesetzt wurde und als Höchstbetrag für telegraphische Aufträge 10 009 M. Die Regierung hatte nur 20 06090 und 5000 M vorgeschlagen, der Reichsrat jedoch beschloß mit Rücksicht auf die heutigen Geld⸗ verhältnisse gleich ganze Arbeit zu machen, womit die Post⸗ verwaltung sich einverstanden erklärte.
Mit der Ausprägung von weiteren 20 Millionen, Mark in Zehnpfennigstücken r en ch der Reichsrat einverstanden. Da Hink inzwischen erheblich im Werte ge⸗ stiegen ist, soll zur Ausprägung nur Eisen benutzt werden.
Angenommen wurde ein Gesetzentwurf über die Aus⸗ gabe und Einlösung von Notgeld. Der Verkehr soll endlich von dem Notgeld zahlreicher Gemeinden und Privat⸗ ,, . gereinigt werden, nachdem der Bedarf an Kleingeld durch die Neuprägungen im allgemeinen als gedeckt zu betrachten ist. Die Mehrheit der Niue g fe des Reichsrat war der Meinung, daß man um eine ier. e Regelung der Sache nicht herumkomme, weil sonst bei der streitigen rechtlichen Natur des Notgeldes allerhand Schwierigkeiten bei der Cin⸗ sösung entstehen würden. Die Vorlage setzt fest eine Ver= pflichtung des Ausstellers, Nennwerts einzulösen. Die Neuausgabe von Notgeld wird verboten. Der Finanzminister ist ermächtigt, Ausnahmen zuzulassen, falls die Verkehrsbedürfnisse es erfordern, Endlich werben noch Bestimmungen getroffen über die Vernichtung des eingelösten Geldes und über das erfahren bei der Einreichung beschädigter Stücke, auch Strafbestimmungen enthält, die Vor= lage. Der Reichsrat änderte den Entwurf noch dahin ab, daß die Frist der Einlösung auf drei Monate nach Inkrafttreten des Gefetzes verlängert werden sollte. Außerdem soll auf An⸗ trag einer Landesregierung Amnestie gewährt werden für Ver⸗ gehen, welche bei der Ausgabe von Notgeld gegen das Bank⸗ gesetz und das Strafgesetzbuch begangen worden sind.
Die Geltungsdauer des Gesetz es über vorübergehende Herabsetzung oder Aufhebung von Zöllen wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Ferner wurde eine Verlängerung der jetzt nur bis zum 365. September dieses Jahres geltenden Abweichung vom Biersteuergesetz beschlossen derart, daß aus wirtschaftlichen Gründen die Verwendung von Reisabfall und von geschältem und entkeimtem Mais zur Bierhereitung auch über den genannten Termin hinaus zugelassen wird.
Angensmmen wurde eine Verordnung, die die Gebühren der Rechksnniwälte abermals erhöht. Für Schreibgebühren, Schreiblöhne, Materialkosten, Porti usw. erfährt der Pauschsatz einen Teuerungszuschlag von 300 vH. Teu g zu den Gebühren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten werden für Streitgegenstände über io0 M auf 75 vH, 100 vH. und bei Beträgen über 20 009 A auf 150 v erhöht. Die Tage⸗ elder werden auf M0 A und die Uebernachtungsgelder auf 00 M erhöht. : ;
Mit dem Gesetzentwurf zur Neuregelung der in 5 68, 8 74a und 5 756 des Handelsgesetzbuchs sowie in 8 133 der Gewerbeordnung vorgesehenen Gehaltsgrenzen erklãrte sich der Reichsrat einverstanden. Es handelt sich hierbei um die Gehaltsgrenzen für die Beschränkung der Vertragsfreiheit bezüglich der Kündigungsfrist und bezüglich der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots. Im ersteren Fall wird die Gehaltsgrenze . 30 000 Sc, im anderen Fall 50 000 Æ und 120 000 M etragen.
Zum Schluß überreichte Geheimer Legationsrat v. Eck ardt vom Auswärtigen Amt noch fünf neue Abkommen mit . mit der dringenden Bitte, sie womöglich noch in der
eutigen Plengrsitzung zu erledigen. Es handelt sich um vier Abkommen über Oberschlesien und um ein Abkommen, das ganz Polen betrifft. Durch letzteres Abkommen soll der Grenzverkehr erleichtert werden, indem durch bloßen Ausweis ohne Sichtvermerk der Grenzübertritt für Grenzbewohner his zu 16 Em gestattet wird. Auch sollen im Interesse der deutschen Grenz⸗ bepölkerung Erleichterungen im Zollwesen und bei den Einfuhr⸗ und Aus fuhrbeschrän kungen gewährt werden. Die Polen sind bereit, dieses Abkommen noch vor dem 1. Juli zu ratifizieren. Als Staats⸗ sekretär Göhre bezweifelte, daß ber Reichsrat schon heute zu biesem Abkommen Stellung nehmen könne, teilte Geh. Legationsrat v. Eckardt noch mit, daß es sich bel den anderen vier Ab⸗ kommen um Zusatzanträge zum Genfer Abkommen handle. Die Räumung Bberschlesiens fei ursprünglich an die Ratifizierung dieser Abkommen geknüpft worden und es könnte eventuell die Räumung sistiert werden. Eine Verantwortung dafür könne er
*
nicht übernehmen. Die Abkommen konnten unmöglich früher
vorgelegt werden. — Die Abkommen werden nunmehr wahr⸗ scheinlich auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung am Montag gesetzt werden. ; .
Die vereinigten Ausschüsse des Reichsrats für Volkg⸗ wirtschaft und für Haushalt und Rechnungswesen sowie die vereinigten Ausschüsse für n,. des Friedengvertrags, für Volkswirtschaft, für Verkehrswesen, für. Haushalt und Rechnungswesen und für Rechtspflege hielten heute Sitzungen.
er
Dentscher Reichstag. Nachtrag. 231. Sitzung vom 21. Juni 1922.
Die in der Sitzung vom 21. d. M. zur Beantwortung der e, ,. der Unabhängigen Sozialdemokraten über die erhandlungen mit der Re parations kom mission gehaltene Rede des Reichsfinanzministers Dr.
teten Ei 8 . i, eg ullr een 2 lautet folgendermahen:
das Notgeld gegen Zahlung seines
Die Teuerungszuschläge
Hermes, die des Stenogramms nicht
inanzen Dr. Hermes: Meine Damen
; ion Crispien und Genossen beehre
ch namens der Reichsregierung wie solgt zu beantworten. Möeparationskommisston hatte in ihrer Note dom 21. März
Reichs tagsdrucksache 811 — die Gewährung des von der deutschen Reglerung beantragten Zahlungsaufschubs für das Kalenderjahr He2z von einer Reihe Bedingungen abhängig ge⸗ macht und als Termin für die Prüfung, ob die deutsche Regierung diesen Bedingungen Genüge geleistet habe, den 31. Mai 1922 fest⸗ festgesetzt. Das Ergebnis dieser Prüfung sollte entweder in einer Bestätigung des provisorischen Aufschubs oder in einer Un
wirksamkeitserklärrung desselben zum Ausdruck kommen. Im letzten Falle war angedroht, die Zahlung der vorläufig gestundeten
Beträge innerhalb 14 Tagen bei Vermeidung des im 5 17 der Anlage 1I zu Teil VIII des Friedensvertrages vorgesehenen Ver— fahrens zu verlangen.
Da ein Notenwechsel die Lage nicht vollständig zu klären ver⸗ mochte, fanden Mitte Mai dieses Jahres in Paris Besprechungen zwischen den Mitgliedern der Reparationskommission und mir statt. Hierbei hat es sich lediglich um die Erörterung der schwe⸗ benden Fragen gehandelt mit dem Ziel, eine Grundlage für eine Verständigung zu finden. Die Abmachungen selbst sind aus—⸗ schließlich in den Noten der Reichsregierung und der Reparations⸗ kommission enthalten, die ihrem vollen Inhalt nach dem Reichs⸗ tage mitgeteilt worden sind. 8.
Mit der Note vom 28. Mai 1922 hat die deutsche Regierung
zu den Bedingungen der Reparationskommission vom 21. März Stellung genommen. Diese Note gliedert sich in sechs Teile:
; 1. Plan über Einnahmen und Ausgaben,
2. schwebende Schuld, 3. Nachprüfungen, 4. Kapitalflucht, 5. Autonomie der Reichsbank, s. Statistit.
Es ist der Reparationskommission ein Plan über die Ein⸗ nahmen und Ausgaben des Reiches im Rechnungsjahr 1922 nach den letzten Schätzungen vorgelegt und darauf hingewiesen worden, daß bei dem gewaltigen Fehlbetrage im Haushalt das Anwachsen
der schwebenden Schuld nur verhindert werden könne, wenn
Deutschland eine ausreichende Unterstützung binnen angemessener Frist im Wege einer äußeren Anleihe erhalten würde. Unter dieser Voraussetzung hat die deutsche Regierung die in der Note vom 28. Mai 1922 zur Verhinderung des Anwachsens der schwe⸗ benden Schuld formulierten Vorschläge gemacht.
Danach würde zunächst von dem Betrage der schwebenden
Schuld die Summe abzuziehen sein, welche zur Beschaffung aus⸗
ländischer Zahlungsmittel verwendet worden ist. Der dann ver⸗ bleibende Mehrbetrag gegenüber dem Stande vom 31. März 1922 sollte in einer anderen Kreditform als durch Diskontierung von Schatzwechseln bei der Reichsbank, welche die Inflation vermehren, beschafft werden. eventuell ein Ausbau des Steuersystems in Betracht gezogen werden, aber gerade diese Maßnahme war davon abhängig ge⸗ macht, daß in angemessener Frist eine ausreichende Unterstützung durch eine auswärtige Anleihe erfolgen würde, (Sehr richtig! bei den DD.) Vie Anleiheverhandlungen sind, wie bekannt, vertagt worden. Ich kann nur die Hoffnung aussprechen, daß sie bald wie ber aufgenommen werden. Irgendwelche Abmächungen über einzelne Steuern sind nicht getroffen; auch häben sich die
Besprechungen in Paris in keiner Weise darauf erstreckt. J Ich möchte hier zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten
Dr. Levi noch das eine hinzufügen, daß diese Besprechungen sich auch in keiner Weise auf die Fragen erstreckt haben, die in Punkt 3 der Interpellation Crispien und Genossen erwähnt sind, daß also mit keinem Wort die Fragen der sozialen Fürsorge, des Abbaus dieser Fürsorge, der Erwerbslosenfürsorge und die Frage des Acht⸗ stundentages erörtert worden sind.
Unter den gegenwärtigen Umständen, d. h. nach der Ver⸗ tagung der Anleiheverhandlungen, hat die Reichsregierung eine Entschließung darüber noch nicht gefaßt, welche Maßnahmen etwa zu treffen sein würden, wenn die sämtlichen erwähn ten Voraus⸗ setzungen sich verwirklichen sollten. ö
Bezüglich der Nachprüfungen, der Kapitalflucht und der Statistik sollen weitere Verhandlungen mit dem Garantiekomitee
stattfinden.
Soweit es sich um die Nachprürfungen handelt, ist erklärt worden, daß sie die Souveränität Deutschlands nicht antasten, den geregelten Gang der Verwaltung nicht stöven und in die durch das Steuergeheimnis geschützten Vermögensverhältnisse und An⸗ gelegenheiten der einzelnen Steuerpflichtißen nicht eindringen dürfen.
gie Autonomie der Reichsbank ist durch das Reichsgesetz vom 265. Mai dieses Jahres geregelt. Ueber die Forderungen, die in dieser Frage durch die bereits veröffentlichte Note der Reparationskommission vom 14. Juni 1922 erhoben worden sind, werden weitere Verhandlungen zu führen sein.
Auf die Note der deutschen Regierung vom 28. Mai 1922 hat die Reparationskommission mit Schreiben vom 31. Mai 1922 geantwortet.
Es kann somit festgestellt werden:
1. Die Reparationskommission hat anerkannt, daß die in der Note der deutschen Regierung vom 25. Mai mitgeteilten Maß⸗ nahmen zur Ordnung der Reichsfinanzen eine ernstliche An⸗ strengung bedeuten, die zur endgültigen Gewährung des Zahlungs⸗ aufschubs für 1922 geführt haben. .
2. Etwaige Zwangsmaßnahmen der Alliierten gemäß 5 17 der Anlage II zu Teil VIII des Friedensvertrages sind abge⸗ wendet worden.
232. Sitzung vom 22. Juni 10622, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *)) Vor Eintritt in die Tagesordnung erhält das Wort zur
Geschãftz ordnung der pien (a. Soz): Meine Fraktion hat einen An-
4 mn n trag elngebracht, die Regierung aufzufordern, dem Reichstag
schleunigst den Plan einer allgemeinen Finanzreform nach be⸗
stimmten Leitsätzen vorzulegen. Ich möchte namens meiner
Fraktion beantragen, diesem Antrag die Dringlichkeit zuzuerkennen.
Es liegt uns fern, irgendeine Fraktion überrumpeln zu wollen. ) Mit Ausnahme der 3 Eperrdruch gervorpe hobenen
der Gerren Minister. die im Wortlaute wiebergegeben sinb.
Erst wenn dies nicht gelingen würde, sollte
Wir 3 damit zue daß der Antrag der Steuer⸗ kommisston überwiesen wird. Leitsätze besagen im wesentlichen: Alle ö „der Kör — 6 unterliegen, haben bis 31. Dezember ige? ihre Kapitalanteile um ein Drittel zu er⸗ und dem Reich abzutreten. Unternehmungen im gewerbe,
el und Verkehr mit 986 als 100 beschäftigten Personen oder mehr als einer Million Änlagekapital bezw. Betriebskapital sind zur Körperschafts bildung verpfichtet. Für alle übrigen kauf⸗ männischen, gewerblichen und Verkehrsbetriebe werden vom Finanzministerium einheitliche Richtlinien für die 6 n e, Auf jedes inländische Grundvermögen in tzzu⸗ etzender Höhe wird zugunsten des Reiches an erster Stelle eine Grundschuld in Höhe eines Viertels des angegebenen Wertes ein⸗ getragen. Das Reich kann unter gewissen Modalitäten . K. Vermögen Übernehmen; anderenfalls hat deeses ermögen seine Einschätzung um mindestens 20 R erhöhen. Alle übrigen Vermögen sind mit einer 26 prozentigen Vermögens abgabe heranzuziehen. Vom Erbrecht sollen die Verwandten der dritten und solge nden Ordnungen ausgeschlossen sein; für den Reichsfiskus wird ein gesetzliches Erbrecht eingeführt. Bei Erb⸗ 82 über 1900 0090 Goldmark erhält das Reich einen Erb⸗
anspruch auf den Ueberschuß. ;
Widerspruch gegen den Antrag der Unabhängigen, betreffend die Dringlichkeit, wird nicht erhoben. Der An⸗ trag wird ohne weitere Erörterung der Steuerkommission übevwiesen. x
Reparationssach⸗
einbarungen über die J nterpellation Arn⸗
1 In Verbindung mit der J
tadt
rotokolle ohne en ng des Reichstages, terpellationen
gebiet, Dr. Lauscher (Zentr.) über die Note der Botschafter⸗
konferenz, betr. Einstellung oder Zerstörung von Eisenbahn⸗
bauten im besetzten rheinischen Gebiet, der Interpellation Dr.
Stresemann (D. Vp. ), betr. Neutralisierung der Rheinlande durch England und Frankreich, und der Interpellation Crispien (d. Soz.), betr. das Ergebnis der Verhandlungen der Reichsregierung mit der Reparationskommission.
Abg. Stampfer ; legenhest vorübergehen lassen, um vermittels ihrer internationalen Beziehungen das Ausland über die Unhaltbarkeit der uns auf⸗ gebürdeten Leistungen aufzuklären, die von den französischen Sozia⸗ listen und der englischen Arbeiterpartei und darüber hinaus von weiten Kreisen der Bevölkerung der ganzen Welt anerkannt wird. Wir sind der Ueberzeugung, daß der Fortschritt zu einer Gesin⸗ nung der Gerechtigleit im Einvernehmen mit unseren englischen und französischen Freunden imstande sein wird, das schamlos gebeugte Recht wieder herzustellen. (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten. In diesem Sinne billigen meine Freunde die gestern von der Regierung abgegebenen Erklärungen. Bezüglich der Rhein⸗ lande sind wir nicht geneigt, die Gefahr einer Loslösung für über⸗
die sich im Rheinland im Zusammenhang mit dem Kampfe um die Getreideumlage zu entwickeln drohen. Nach mir zugegangenen n, ,, Nachrichten gibt es dort Leute, die sich hinter die ohe Kommission stecken wollen für den Fall, daß die Entscheidung der deutschen Volksvertretung anders ausfallen sollte, als sie . wünschen. (Lebhaftes Hört, hört! links. Man darf die atsache nicht außer acht lassen, daß der rheinische Bauernverein eine öffentliche Kundgebung des Inhalts erlassen hat, die Land⸗
lich ist die Mehrnn t solcher verbrecherischen Aufforderung zu berufzegolstischen Interessen vor direktem Landes vvmerrat nicht zurück⸗ schrecken. Halten Sie es für möglich, daß ein Ihnen allen, be⸗
am 12. April 1915 unter dem furchtbarsten Druck der englischen Blockade an einen preußischen Minister einen Brief geschrieben hat, dessen Hauptstellen ich mir, wie folgt, zu verlesen erlaube; „Im
mit den Gütern los zu. sein. Es ist jetzt auf dem Lande unerträg⸗ lich mit den täglich wechselnden Verordnungen. Ich bestelle 50 Morgen überhaupt nicht mehr, nud so machen es viele, (Leh⸗ hafte Rufe; Hört, hört! und Ruf: Das ist der Deutschkurs!) Weiter heißt es in dem Brief: Das Vertrauen zur Hbersten Kriegsleitung schwindet in allen Kreisen mehr und mehr.“ (Hört, hörtf links) Dieser Brief ist an den Minister des Innern, Herrn von Loebell, gerichtet. Ich weiß leider nicht, was dieser darauf ver⸗ anlaßt hat. Ünterschrieben ist der Brief von Ihrem (na rechts) Freunde Elard von Lldenburg. (Bewegung links und Zurufe, große Ünruhe rechts. — Abg. Mumm ruft: Der ist nicht deutschnatio nal! Dieser Herr Elard von Oldenburg hat vor Jahren an deiselben Stelle gestanden wie ich heute und den berühmten Satz ge⸗
um den Reichstag auseinanderzujagen!“ (Große Unruhe rechts. — Abg. Graef⸗Thüringen ruft: gehört?! Dieser Herr von nn,, das Eiserne Kreuz erster Klasffe. Ich frage Sie, welchen Wert eine solche Auszeich, nung noch haben kann, wenn sie solchen Männern verliehen wird? Ich wollte also sagen, daß es Schurken in jedem Stande gibt. und weil es solche gibt, darum warne ich die rheinischen Land⸗ wirte, ihren Ein lüsterungen zu folgen, und ich vertraue darauf, daß hie rheinischen Landwirte ihre Berufsinteressen niemals so⸗ weit vertreten werden, daß sie, wie jener Elard von Aldenburg, zum Landesverrat drängen. Gestern ist hier . alle Regeln das Satyrspiel dem Drama vorangegangen. Wir haben uns ge⸗ fragt, warum denn Herr Helfferich nicht gesprochen hat. (Zuxufe rechts: Der steht noch auf der Rednerlistel) Welche Folgen würde die bon Herrn Helfferich gewünschte Ablehnung der Sachliefexungẽ⸗ verträge haben? Sie würde nichts anderez bedeuten, als das nkrafttreten der Finanzkontrolle. . Helfferich hat mir gegen⸗ Über gesagt: „Das andere wird sich dann eben entwickeln. Als ich das hörte, war es mir, als wenn der Geifst des alten Regimes spräche. So war es auch schon bei früheren Verwicklungen. Seiner⸗ zeit wurde gesagt, Oesterreich brauche bloß in den Sandschak ein. zumarschieren, dann sei der Klamauk fertig. Sie (nach vecht' verstehen eben nichts anderes, „als den Klameut fertigzumachen“. (Große Unruhe und Zurufe rechts.) Wir beteili⸗ en ans an der Erleichterung der Lasten des Volles, während Sie Demagogie treiben. Große . rechts.) Verständigungen und Vereinbarungen sind., immer besser als das nacte Distat. Wir begrüßen das Wiesbadener Abkommen, weil es dem Wieder⸗ aufbau der zerstörten Gebiete dient, insbesondere aber auch der, halb, weil wir ein Abkommen zwischen Deutschland und Frant⸗ reich lieber sehen, als irgendeine Vereinbarung mit irgendeinem anderen Lande. Wir betrachten nämlich das deni c. nh n, Problem als das Zentralproblem der ganzen Kulturwelt. Auch bir halten die Aboͤnderungen deg Wiesbadener Ablomment nich durchweg für erfreulich; besonders bedauern wir, daß die zuerst vorgesehene Kollektiworganisatien durch das sogenannte freie Ver⸗ fahren abgelöst worden i Wir werden aber die Verträge an, nehmen, weil sie in der Richtung der von uns verfolgten olitit en Der Abg. Reichert hat in seiner gestrigen Rebe von un 9 Ein Parteiredner sollte sich aber korrekt ausdrücken. Im völker⸗ rechtlichen Sinns gibt (s teine Feinde mehr, da der Krieg ia beendet ist. Stürmische e n. rechts. 6 er damit etwa sagen wollen, deß wer von diefen Feinden Geld nimmt, Landes berrat begehi? Dann sollte er sich mit dem ehemaligen saiser.
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Beratung des Gesetzentwurfes, betr. die Ver⸗
D. Nat. ), betr. die Ratifizierung der Wiesbadener ferner den
arx (Zentr,), betr. die Zustände im Saar⸗
(Soz ): Meine Partei wird keine Ge⸗
trieben groß zu halten, aber wir müssen doch allen bedrohlichen Anzeichen nachgehen. Ich möchte auf einen Punkt hinweisen, der bisher noch nicht zur Sprache gekommen ist, auf gewisse Gefahren,
wirtschaft solle dem neuen Gesetz jeden Widerstand leisten, um- feine Durchführung zu verhindern. (Hört, hört! links. Hoffentz
6 6 rheinischen Landwirte nicht geneigt, u folgen. Leider gibt es aber Schurken in jedem Berufsstand, die in der Wahrung ihrer
sonders Ihnen da drüben (zur Rechten) sehr wohl bekannter Mann
Begriff, nach Polen zurückzukehren, danke ich Gott, die Schererei
sprochen: „Zehn Soldaten, vom Kaiser geschickt, müssen genügen,
aren Sie dabei, haben Sie das
eren chemaligen Gegnern immer als von Feinben gesprochen.
mit dem früheren Kronprinzen und mit Ludendorff auseinander⸗ . (Unruhe und ern ute Zwischenrufe 387 Weiß Herr
eichert n,, was ein Feind ist, 37 er vor dem ,. Posten gestanden? Wir, die wir den Krieg draußen mikerlebt haben, wir wollen niemals wieder Volk gegen Volt gehen, wir wollen nie wieder Krieg. (Beifall links, Zuruf rechts: Donner⸗ wetter) Unsere Feinde sind diejenigen, die den Gedanken der Völkerversöhnung mit Knüppeln, Reholber und Blausäure be lãmpfen. ir hassen den Geist der Poincars und den Geist des nationalen Blocks. In der Innenpolitik stehen wichtige Fragen i Entscheidung. Rommt es zum Kampf, der nicht uh en
rutalen Mitteln der Gewalt, sondern nur mit geistigen Waffen
ausgefochten werden soll, dann werden wir mit brennender 3 6 , e f. Volk kann nach au J erden, so lange es nicht gelungen ist, Sie (zur . . . . *** k
echten) kennen ja keine andere Politik als Katastrophenpolitik, und Sie wollen es auch jetzt wieder auf eine w. 6 ankommen lassen. Aber hüten Sie sich, es gibt eine Grenze. Millionen und aber Millionen sind bereit, zu uns zu eilen, wenn wir zum Kampfe aufrufen. (Stürmischer Beifall bei den Sozial⸗ demokraten, ironische Zurufe rechts.) ;
Abg. Geh ein' (Dem.): Tage, an denen für das deutsche Volk so wichtige Dinge besprochen werden, sollten Tage der nationalen Einheit sein. Der Abg Dr. Reichert hat aber in seiner gestrigen Rede die erforderliche Würde nicht gewahrt. (Lebhafte Zwischenrufe rechts. Zuruf: n, . Wer eine lange einwandfreie parlamentarische Vergangenheit hat wie ich, hat auch mal das Recht, einem jungen Parlamentarier einen Rat zu geben. Der Abg. Dr. Reichert trägt die Schuld daran, daß die Debatte hier einen Verlauf zu nehmen droht, wie wir ihn nicht wünschen dürfen. (Abermalige stürmische Zurufe rechts. Erneuter Zwischen⸗ ruf: Schulmeister!l? Wir verschmähen es, Demagogie zu treihen. Sie Gzur Rechten) sind aber immer sehr empfindlich, Sie haben eben die Nerven verloren, in einer Weise wie Ludendorff beim . Darüber, ob das Wiesbadener Abkommen vom
eichstag zu or r f. ist oder nicht, kann man verschiedener Meinung sein. Praktisch hat die Frage keinerlei Bedeutung mehr, nachdem uns das Abkommen zur Beschlußfassung vorgelegt worden ist. Auch mir hat das Abkommen nicht gefallen. Alle die Ver⸗ träge, die uns heute vorliegen, bedeuten zweifellos eine schwere Belastung für das deutsche Volk, und wenn wir in unseren Ent⸗ schließungen frei wären, würde niemand die Verträge annehmen. Aber wir müssen uns die Frage vorlegen, ob die Verträge eine Verschlechterung oder eine Verbesserung des Zustandes bedeuten, der ohne diese Verträge Platz greifen würde. Herr Reichert machte dem Minister einen Vorwurf daraus, daß er der Reyarations⸗ kommission die Wahrnehmung der deutschen Interessen gegenüber dem Abkommen von Wiesbaden überläßt. Daraus kann nur ein Anfänger in der Diplomatie einen Vorwurf machen. Es ist ge⸗ rade eine geschickte Diplomatie, den Kontrahenten in eine Situation zu hringen, die ihn zwingt, auf gewisse Vorteile des Ah⸗ lommens zu verzichten. Eine solche Situation zu schaffen, ist immer ein schlauer Zug der Diplomatie. Wir haben jetzt erreicht, daß schließlich die neutrale Anleihe kommission der beste Anwalt der deutschen Interessen gegenüber der Entente ist. Logischer Weise müßte Herr Dr. Reichert auch daraus einen schweren Vorwurf machen. Unser Anwalt ist jetzt eine neutrale Instanz. Den Fort⸗ schritt ds Bemelmans⸗Abkommens hat selbst Herr Helfferich an⸗ erkannt. Früher hat man gerade den Vorwurf erhoben, daß der freie Handel ausgeschlossen sei; jetzt ist er zugelassen und hat volle Freiheit, ein Geschäft abzulehnen, das ihm nicht paßt. Gewisse Pflichten und Nachteile erwachsen uns natürlich auch, aber das war im Londoner Abkommen noch viel mehr der Fall. Man soll doch auch die Bedeutung der ganzen Abkommen nicht überschätzen. Die Franzosen werden gar nicht alle Sachleistungen abnehmen, weil sie sie nicht verbauen können. Im ganzen ist ein stãndiger Fortschritt in unserer auswärtigen Lage erzielt. Das zu leugnen heißt, die Geschichte nicht zu erkennen und nicht erkennen zu wollen. Das so geschickt abgefaßte Aktenstück des Anleihe kom itees ist nichts anderes, als ein Verdikt, gegen die französische Politik und gegen die Politik der Reparations⸗ kommission. Mit dieser Entscheidung des Anleihekomitees können wir einen Fortschritt buchen. Ia vérits est en marché. Frankreich braucht selber die Anleihe. Die Anleihe verlangt alserdings eine „aünstige Atmosyhäre“. Das Anleihekomitee hat erklärt, daß die günstige Atmosphäre durch die Ablehnung Frank⸗ reiz gestört ist. Heute sieht man in Frankreich diesen schweren Fehler ein und möchte das Anleihekomitee so rasch wie möglich nieder zurückbaben. Glaubt Herr Reichert, daß er mit seiner Rede eine günstige Atmosnhäre für die Anleihe geschaffen hat? Die Reparationslasten müssen von allen am Kriege Schuldigen zusammen getragen werden. (Zuruf des Abg. Levi.) Sie können mir doch nicht vorwerfen, daß ich die Schuld am Krieg hätte. Ach habe das Unglück kommen sehen aus der Verfeindung mit Engfand und oft genug gewarnt. Wir sind auch leine Steuer⸗ drückeberger, aber Sie. Herr Levi, proklamieren die Drückebergerei des Proletariats. Meinen Sie, daß die Entente mit ein vaar direrten Steuern zufrieden sein würde? Es ist eine lãcherliche Issusion, anzunehmen, die Reichen allein könnten die Reparation erfüllen. Ein absoluter Irrtum ist es, durch Weasteuern des Kapitals die Erfüllung gewährleisten zu wollen. Dann können wir nicht mehr arbeiten, und ich meine, das Experiment in Rußland sei lehrreich genug. (Sehr richtig! bei den Demokraten) Serr bedenklich itt der RückAang in der Kohlenförderung, und dabei kann man sich nicht einmal mit einer Verschlechterung der Ernährung entschuldigen. Ueber Hamburg sind in einem halben Monat mehr enalische Kohlen eingeführt worden als sonst in einem Tahre. Im Ruhrrevier betrug die Arbeitsleistung 1921 noch 58 2 Prozent der Leistung von 1913. jetzt sind es nur noch 56 Prozent. Der Wille zur Arbeit ist nicht mehr so stark wie früber. Das Akkordsystem ist mangelhaft. Wir gehen. wenn sich das nicht ändert, an Kohlenmangel zugrunde. Die Regierung müßte auch schlennigst Schritte tun zur Aenderung des Kohlen⸗ abkommens in Sya. sich die Regierung klar darüber, daß die Tenerungswelle, die uns überschwemmt, durch die fort⸗ wärrenden Tarifsteigerungen der Verkehrsnerwaltung herbei⸗ geführt ist? Diese Erhöhungen sind eine Spraube ohne Ende, sie gehen über alles Maß hinaus, und der Reichstag sollte nicht stistfcweigend derade an dieser Sache vorübergehen. Die Entente proklamiert Rußland gegenüber das Prinzip des Privateigentunis. Tas dentsche Privateigentum aber haben die Ententestaaten be⸗ schlaangahmt. und damit dasselbe getan wie Sowjetrußland. Man soll das dentsche Privateigentum im Auslande freigeben. dann wird Deutschland auch leichter eine Anleihe bekommen. Bezüglich des Saargebiets bat. der Völkerbund das Unrecht leider sonktioniert, Im Rheinlande wird das Recht schnöde gebeugt. Die Pazifisten aller Länder sollten sich gegen dieses Unrecht ver⸗ einigen. Die Reichsregierung aber soll nicht locker lassen in dem Bemsthen, die Welt von unserem guten Recht zu überzeugen.
Beifall bei den Demokraten.) . gb 8 ger (Baper. Vp): Die Einigkeit in der Beurkei⸗
lung der in den Antervellationen angeschnittenen Fragen, soweit
sie das besetzte Gebiet betreffen, spiegelt sich im ganzen Reiche wieder. Der Reichsregierung danken wir für ihre entschiedene und mannhafte Erklärung und die Zusicherung, daß sie alles tun wilt, um den berechtigten Beschwerden der Bevölkerung in den besetzten Gebieten Rechnung zu tragen. Wir sind auch einher⸗ standen mit ber Regierung, daß die Rheinlande unter feinen Um— ständen preisgegeben werben dürfen und nichts zugelassen werden darf, was den Bestand des besetzten Gebietes gefährdet, Tem Prolest gegen die sinn lofe Zerstörung der Gisenkbahnen schließen wir uns an und hoffen, daß es der Regierung gelingen wind, die Gegenseite von diesem Plane abzubringen. Möge der Protest gegen die Zustände in den besetzien Gebieten in der Welt ein Echo finden. Wir haben bisher Erfüllungspolitik mit allen n betrieben, aber der Ton in den Noten der Gegenseite ist
er verleKzender geworden. Kaum jemals ist das Ehrgefühl
, , . Sie zur
atastrophe
brot und Peitsche maralische vir gn n. wahrli
der Unterdrückten so mit Füßen getreten worden, wie in den Ententenoten der letzten Zeit. (Sehr wahr!) Bei diesen trüben Betrachtungen bleibt uns nur der eine Trost, daß die Bebösterung der besetzten Gebiete die Leiden mit einem Opfermute trägt, der uns nicht nur Bewunderung abnötigt, sondern uns auch zeigt, daß wir alle Peitschenhiebe nur in nationaler Gesinnung ertragen kännen. In der Einheitsfront der Bevöllerung der besetzten Ge⸗ biete liegt auch die Hoffnung, daß die Gefahren für die Reicha⸗ einheit abgeschlagen werden können. Die uns vorgelegten Ab- kommen sind nur erträglich, wenn sie auch von der r nen, lohal ausgeführt werden. In der Frage, ob das Wiesbadener Abkommen vom Reichstage hätte ratifiziert werden müssen, könnte man vom rein formalen Standpunkte aus die Ansicht der Regierung billigen. Vom Standpunkt der politischen Verantwortlichkeit aus aber hätte das Abkommen dem Reichstage sofort vorgelegt werden müssen. Trotz vieler Bedenken im einzelnen werden wir den Ver⸗ trägen zustimmen, weil sie einen Abbau des Londoner Ultimatums bedeuten. Für die Regierung ergibt sich aber die Pflicht, von dem ihr zustehenden Kündigungsrecht Gehrauch zu machen, sobald die Wirkung der Abkommen dies in unserem Interesse er⸗ heischt. Die Regierung hat weiter die Pflicht, das Reparations⸗ problem auf eine neue Grundlage zu stellen. Hat die Reichs⸗ regierung dem Garantiekomitee über den Zusammenhang der Abkommen mit der Vermehrung der Inflation klaren Wein ein⸗ geschenkt? Und wie lange gedenkt der Herr Reichskanzler eigent⸗ lich noch weiter zu erfüllen? Nach allem, was wir bisher erreicht haben, liegen uns noch ebenso katastrophale Verpflichtungen ob wie auf Grund des Londoner Ultimatums. Es kommt mir vor, als wenn man uns im Londoner Ultimatum den ganzen Kop abschneiden wollte, und daß man uns jetzt, nachdem wir angebli
mancherlei erreicht haben, nur noch den halben Kopf abhacken will. Es erfüllt sich jetzt an uns eine Katastrophe sondergleichen. Auf dem Leipziger Gewerkschaftskongreß hat der Reichswirtschafts⸗ minister sich gegen den Vorwurf verwahrt, daß die Re gierung irgendeine Schuld an der Preissteigerung treffe. Aber nachweislich ist die Preissteigerung dem Steigen des Dollar⸗ kurses immer in gewissem Abstande gefolgt. Zur Steigerung des Dollarkur ses aber tragen die Reparationsberpflichtungen in Gold bei. Hat der Reichskanzler sich einen genauen. Plan gemacht, wierzeit er mit dem Ankauf von Devisen gehen will? Will er auch kaufen,
wenn der Dollar auf 500 steht, oder ist es richtig, daß er, wie es heißt, mit dem Garantiekomitee darüber verhandeln will, daß es von der Goldzahlung absieht, und dafür Sachliefexungen annimmt, a der Dollar auf einer gewissen Höhe — man spricht von 269 —
teht? Hat die Reichsregierung überhaupt einen bestimmten Plan por Augen, oder soll weiter gewurschtelt werden? In etwa einem halben Jahre werden wir, wenn es so weiter geht, zu öster= reichijchen Zuständen kommen. Ueber die Folgen dieser Zustände möge sich die Reichsregierung von ihrem Botschafter in Wien unterrichten lassen. Es muß alles geschehen, um der Preis- steigerung Einhalt zu gebieten. Bei den Verhandlungen in Paris hat die Regierung zugesagt, der Notenpresse Einhalt zu gebieten, wenn ihr eine Anleihe bewilligt wird. Theoretisch ist das ganz einwandfrei und zu begrüßen. Ich frage aber die Reichsregierung: Wenn die Reichsbank die Dizskontierung von Reichsschatzwechseln ablehnen muß, und wenn die Reichsbank mit ihrer Notendruckerei nicht mehr zur Verfügung steht, was gedenkt die Regierung dann zu tun, um die Bedürfnisse des Reiches für die Beamtenge hälter usw. zu decken? Solange nicht unsere Reparationsberpflichtungen berabgesetzt werden, werden wir keinen Auzweg aus den jetzigen Schwierigkeiten finden. Amerika wird vielleicht die Anleihe geben, wenn Frankreich nachgibt. Aber e, ist . noch nicht soweit vorbereitet. Also können no ahre darüber ver⸗ gehen, und inzwischen erfüllt sich unser Geschick. Wir brauchen mehr Kohle, wir brauchen Brot. Ich will keine Wahlrede halten wie Herr Stampfer. Es handelt sich nicht um die Frage der Ver- teilung, sondern der Steigerung der Produktion in Industrie und Landwirtschaft. Die Verteilung ist leicht, wenn alles da ist. Der Versuch, zu erfüllen, hat den Bewess erbracht, daß diese Erfüllung unmöglich ist. Soll es so weiter gehen? Schließlich werden die Gegner den zuckenden und blutenden Leib des dentschen Volkes sehen, und man wird ihnen sagen hier habt ihr Vivisektion ge⸗ trieben. Die Regierung müßte schließlich den Gegner klarmachen; es geht nicht mehr! 51 hoffe, daß sich auch hier eine Einheitsfront des deutschen Volkes bilden wird, an der nicht . Helfferich, sondern die Regierung die Führung übernimmt. (Beifall bei der bayerischen Volkspartei, Fa e er ger auf den Tribünen.)
Präsident Löbe bemerkt, daß Beifallstundgebungen auf den Tribünen unzulässig seien und er im Wiederholungsfalle mit Aus⸗ weisung vorgehen müsse.
Abg. ten Hompel (Zentr): Die Sachlieferungen sind zu
, . aber das Reparationsproblem wird damit noch nicht gelöst. Hauptsache . die Mehrarbeit des deutschen Volkes, ohne Steigerung der Produktion ist eine Reparation unmöglich. Die Anhänger der Erfüllungspolitik glauben, daß damit das deutsche Volk den Gegnern am besten die Unerfüllbarkeit der Reparations⸗ forderungen beweisen wird. Sie sind nicht etwa der Meinung gewesen, daß die Forderungen erfüllbar seien. Aber wir wollten wenigstens den guten Willen zeigen. Die Einsicht in der ganzen Welt, selbst in Frankreich, beginnt auch schon zu wachsen, daß das Londoner Ultimatum unerfüllbar ist. Bei der Haltung der französischen Regierung wäre ein Widerstand Deutschlands gegen das Ultimatum von schweren Folgen für uns begleitet gewesen. In der inneren Politik stehen wir vor dem bedeutungsvollen und chweren Problem der Frage der Volksernährung; wir müssen abei eine mittlere Linie zu finden suchen, die einerseits den Interessen der Erzeuger und andererseits den Interessen der Konsumenten gerecht wird. In dieser schweren Zeit dürfen wir nicht das Trennende erörtern, sondern das Einigende, und ich schließ mich deshalb dem Appell des Vorredners zur Bildung einer Einheitsfront vollkommen an. (Beifall im Zentrum.)
Abg. Dr. Breitscheid (U. Soz,): Mit den Darlegungen der Interpellanten über die Zustände am Rhein und der Saar stimmen wir in weitem Umfange überein, auch mit der Antwort des Ministers Rathenau und mit den gen Protesten gegen die dortigen Mißbräuche an die französische Regierung und an den Völkerbund. Wir bedauern lebhaft die Uebergriffe durch die Be⸗ satzungsbehörden wie die Tatsache dieser Besatzung überhaupt. Ich wünschte soviel Gerechtigkeitsgefühl und nher Verstand bei der Entente, daß sie selbst die Besatzungs armee zurückzieht. Zu einem besonderen Dank an die rheinische Bevölkerung jst allerdings keine Beranlassung, denn es ist eine einfache und nackte Selbstverständlichkeit, daß sie an ihrem Deutschtum festhält. Wir protestieren gegen die Versuche, aus dem Rheinland ein neutrales Staatswesen zu machen. Ob die Rheinlande Autonomie erhalten sollen, ist eine rein innere Frage der deutschen Republik. Wir lehnen irgendwelche Unterstützung von außen für die Autonomie⸗ bestrebungen ab. Es beweist elnen Mangel an Geschmack und 6 Augenmaß, wenn die französischen Militärbehörden
ersonen wie Dorten und Smeets unter ihren besonderen Schutz stellen. Die französische Politik im Rheinlande ist nicht nur ver⸗ werflich, sondern überaus töricht. Vor einem Menschenalter be⸗ standen im Rheinland Sympathien für das französische Wesen, aber seit der Zeit, wo der bekannte Bankier Schaaffhausen 3. „Jesus, Maria und Joseph, wir hben in eine arme Famil hineingeheirater“, haben der preußische Offizier, der vreußische
Polizist und der ostelbische Beamte es nicht verstanden, dem
rheinischen Voll befonderes Wohlwollen für Preußen einzuflößen:; man sprgch dort verächtlich von Stockpreußen und preußischen Hungerleidern. 6 Sympathien im Rheinland entstanden erst, als das Reich sich wirtschaftlich entwickelte und besonders die sozialistische Arbeiterbewegung den rheinischen Arbeitern ein neues Ideal gab, das die Möglichkeit bor, das Preußentum zu belämpfen, ohne sich an die Franzosen anzuschließen. Das größte Verdienst in dieser Richtung hat die französische Besatzung, die . nicht gema vmpathien im Rheinland che
hat. So haben die französischen
nachgelassen.
Im Wege einer Vollsabstimmung wird es niemals gn en, die rheinische Bevölkerung von Deutschland loszulösen. Die Zitate des Abg. Moldenhauer über die Absicht der Franzosen. das Rheinland zu annektieren, sind nicht beweiskräftig, auch nicht das Wort des Generals Foch, daß aus militärischen Notwendig⸗ keiten Frankreich bis zum Rhein vordringen müsse. Ro
ist eine militäriche Autorität, hat aber nicht den politischen Einfluß wie etwa Ludendorff in Deutschland. Ein Miljtarismus, der über die bürgerlichen Gewalten herrscht, besteht in Frankreich überhaupt nicht. Den Unterschied zwichen Frankreich und Deutschland illustriert am besten die Tatsache, daß der fran zösis he Lammerprästdent auf dem Wege zum Parlament immer von wei Offizieren begleitet wird, zum Zeichen dafür, daß die Militär⸗ gewalt der Zivilgewalt untergeordnet ist, während die Präsidenten der deutschen Parlamente sich in ihre militärischen Unisormen. lleideten, wenn sie zu Hofe gingen,. (Zuruf rechts; Aeu ßerlich⸗ keiten) Außerlichkeiten, die aber ihre Bedeutung haben. Wir protestieren gegen den französischen Annexzionismus. Wir haben dazu ein größeres Recht als die Herren der Rechten, die immer Vertreter des deutschen Annexionismus waren. (Unruhe rechts.) Wir protestieren ich auf das energischste gegen die Unter⸗ drückungspolitik im Saargebiet, wo das französische Kapital die schlimmsten Orgien feiert. Das Selhstbestimmungsrecht, für das die Entente angeblich gekämpft hat, besteht für Deutsch⸗Oesterreich nicht einmal auf dem Papier. Wir bedauern, daß wir infolge der Friedensschlüsse gehindert werden, den Anschlußwillen Oester⸗ reichs zu erfüllen. Wir fordern aber von der Regierung, daß wenigstens auf wirtschaftlichem Gebiet alles geschieht, um das schwer leidende und heroisch kämpfende österreichische Volk zu unterstützen. An den Minister Rathenau richte ich die Frage, ob nicht auch für die deutsche Saarbevölkerung die Tage gebessert werden könnte, wenn Deutschland als gie h berechtigtes Mitglied in den Völkerbund einträte? Trotz aller Hindernisse erstreben wir mit aller Kraft die deutsch⸗ französische Verständigung als Grundlage für den Wiederaufbau Europas. Darum stimmen wir auch trotz aller sachlichen Bedenken den Sachlieferungsverträgen zu. Es muß aber verhindert werden, daß die gelieferten Waren uns mit zu niedrigen Preisen rechnet werden. Die Deutschnationalen haben bisher n nicht den kleinsten positiven Vorschlag zum Ersatz der Erfüllungspolitik gemacht. Sie beschränken sich auf die reine Opposition und sagen: erst schlagen wir mal alles kaputt, und dann wird sich alles weitere finden. Hern Helfferichs Parole ist: Spektakel machen und dann sehen, was da rauskommt. Was da rauskommt, sind die schlimmsten , für unser deutsches Volk. Wenn die Deuts nationalen über die traurige Lebenshaltung des deutschen Volkes klagen, so ist das ein Beweis ihrer abgrundtiefen Heuchelei, denn sie selbst wollen durch ihren Kampf gegen die Getreideumlage die Erleichte⸗ rung dieser Lage vereiteln und sie haben mit ihrer Politik das jehige Elend des Volkes nach dem verlorenen Krieg verschuldet. Stürmischer Beifall bei den Sozialdemokraten und Unabhängigen Sozialdemokraten) Die Antwort des Ministers Hermes auf 1nsere Interpellation war unbefriedigend. Der wohlwollende Bescheid der Anleihekommission enthält als Bedingung für eine Anleihe die innere Stabilisierung der deutschen Finanzen. Von größter Wichtigbeit ist deshalb das Verhalten der Regierung zu den neueren Plänen, die sich gegen die Zwangsanleihe richten. Unsere ganze Stellung zur Außenpolitik der Regierung ist aufs engste verknüpft mit der Finanzpolitik der Regierung. Es ist nicht Steuerdrückebergerei, wenn die Arbeiterschaft verlangt, daß die neuen Steuerlasten jetzt in erster Linie den tragfähigeren tern aufgelegt werden. Die Bergarbeiter unter Tage haben die Friedensleistung schon wieder erreicht. Aber sie wandern großen⸗ teils in andere Berufe ab, weil sie dort bessere Löhne erhalten. Die . der deutschen Arbeiter wird am besten dadurch gestärkt, daß man ihnen ein ausreichendes Quantum Lebensmittel liefert, und k man ihre Freude an der Arbei? erhöht. (Beifall bei den Sozialdemokraten) Wir verlangen Antwort auf die Frage, ob man moralische Eroberungen davon erwartet, daß der Kaßpp-Offizier Löwenfeld zum iffs komntan⸗ danten gemacht wird. wenn die Regimentsfeiern, die in Wirklich⸗ keit Appelle für die Monarchisten sind, von der Reichswehr unter⸗ stützt werden. Diese Vorgänge sind Gefahren füt die Republik und die schlimmste Gefahr für die Republik ist der Reichs wehr⸗ minister Geßler. (Lebhafte , . bei den Unabhängigen Sozialdemokraten) Wir glauben an die Möglichkeit einer deutsch= französischen Verständigung und verlangen von der Regierung, daß sie eine Atmosphäre schafft; in der diese Verständigung 36 kann. (Beifall bei den Unabhängigen ae n ,
Abg. Da uch (D. Vp.): Das Erhebendste aus der Interpella= tionsdebatte ist die Feststellung, daß die Bevölkerung 2. . Sehiete allen ,, eschlossen gegenübersteht. Mit dieser Haltung geben uns unsere Landsleute dort ein leuch⸗ tendes Vorbild. Schon mit Rücksicht darauf, daß die Wirkung des Wiesbadener Abkommens sich schwer übersehen läßt. hätte es so⸗ fort dem Reichstag vorgelegt werden müssen. ir protestieren daher gegen die Behandlung des Reichstages durch die Regierung. Das Wiesbadener Abkommen wäre durch die Umwandlung von Goldleistungen in Sachleistungen ein Vorteil, wenn diese Sach⸗ leistungen unserer Wirtschaftskraft angepaßt wären. Das ist aber nicht der Fall. Die Nachteile des Wiesbadener Abkommens bestanden besonders auch in der vorgesehenen Zwangsorganisa⸗ tion. Das Wiesbadener Abkommen bedeutet eine 6rmre für Frankreich auf bestimmte Güter, das verarmte Deutschland muß dazu auf Jahre hinaus den Bankier Frankreichs spielen. Auch das Bemelmans⸗Abkomm men bewegt 1h im Rahmen des Unmög⸗ lichen; wir haben keine Garantie, daß die Waren, die wir liefern, nicht zu anderen Zwecken benutzt werden als zu Reparations⸗ zwecken. Unsere wirtschaftliche Lage ist nicht mehr zu heilen, wenn nicht unsere Belastung beschränkt wird; sonst können viele Industrien überhaupt nicht mehr bestehen. (Sehr richtig! rechts.) Die Zwangsanleihe ist für unsere Volkswirtschaft eine Belastung ohnegleichen. Den Optimismus, dem sich die Regierung hingibt, kann man nicht teilen. Die höchste Instanz in Deutschland ist jezt die Nena= rationskommission, die als Partei entscheidet, ob wir Recht haben. Erst der Waffenstillstand, dann der Versailler Vertrag, weiter London, Qerschlesien, Antastung unserer Souveränität, neue Steuern, Finanzkontrolle und die Reparationskommission als Partei — mit alledem macht Frankreich die schönsten schäfte. Wir werden als die Schwachen durch alle Verträge nur einseitig gebunden — die anderen gehen einfach über unsere Rechte hin⸗ weg. Daß wir allein durch den Krieg die gewaltigsten Lasten bekommen haben, ist ein Irrtum. Kehnes sagt selbst, daß die Revolution Deutschland erst schwach gemacht habe, und der Entente gezeigt habe, daß wir uns nicht mehr wehren können. Die Außen⸗ handelskontrolle wird durch diese Abmachungen verewigt. Aber die Hauptsache ist, woher wir denn die Gelder nehmen sollen, um das alles * bezahlen. Wir dürfen die s bende Schuld nicht erhöhen, aber neue Steuern sind ausgeschlossen, es muß also mehr Papiergeld ausgegeben werden, und dann kommt die weitere Geld entiwwertung mit allen ihren Nachteilen. Es ist bedauerlich, daß diese Fragen benutzt werden, um innerpolitische Gegensötze aus⸗ utragen. Das kommt daher, daß die wenigsten von uns die wirt ö Zusammenhänge erkennen. Was Herr ,
r die Erfassung der Sachwerte 53 hie ße e 2. iel der Entente spielen. Kapital und Arbeit sind aber anis⸗ mus, entweder leben die . miteinander oder sie sterben miteinander, keiner von uns wird den anderen er überleben.
6