1922 / 155 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Jul 1922 18:00:01 GMT) scan diff

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gemacht hat. Ein Fortschritt kann hier mur gemacht werden, wenn mit den Repräsentanten dieses alten Geistes in der höheren Ver⸗ waltung aufgeräumt wird. Wenn wir wirklich vorwärts kommen wollen, muß das Gesetz so aussehen, daß ein deutschnationaler Führer micht mehr Un rehublitanischen Preußen Sitaqtssekretär der Justig fein kann. (Lebhafter Belfall links) Das Amnestie⸗ geseß verliert sehr an Wert durch die Ausnahmen, . die Be⸗ 66 benachteiligt werden, die man erst künstlich durch die Art

der Verurteilung (auf Grund des Dynamitgesetzes 33 zu ge⸗ meinen Verbrechern gestempelt hat. Auf die Amnestie rung der k legen wir im Einklang mit den Gewerkschaften den

allergrößten Wert; der Groenererlaß wan keineswegs juristisch einwandfrei, und jede Rachepolitik sollte sich von selhst verbieten. Hier bei diesen Gesetzen kommt es gar nicht auf den Inhalt, sondern auf, die Ausführung an, und die liegt ja eben in den Händen derselben Beamten, gegen die sich die Gesetze zum Teil richten. Der Ausschuß it hier eine Entschließung vor, die der Regierung die Möglichkeit geben soll, die höheren Beamten⸗ stellen mit zuverlässigen Republikanern zu besetzen. Wir billigen das, aber zunächst sollte man in der Regierung selbst mit den . Ministern aufräumen, sonst macht man in der Unterrichtsberwaltung und anderswo geradezu den Bock zum Gärtner.

Abg. Dahlem (Komm): Der Demokrat Preuß hat gesagt, daß die Gesetze zum Schutze der Republik auch gegen links an⸗ gewendet werden. (Hört, hört! links) Antworten Sie, Herr Minister Severing, ob Herr Preuß darin recht hat? Die Demo⸗ kvaten sind Zweckmäßigkeits republikaner, Den Loslösungs⸗ bestrebungen des Rheinlandes gegenüber hat das Zentrum nie⸗ mals eine klare Stellung eingenommen. Die Deutsche Volks⸗ partei und die Deutschnakionalen arbeiten Hand in Hand. Die

. sind alle verpufft. Auf Herrn Gbert können sich

die Arbeiter nicht verlassen. Die Sozialdemokraten haben das

Amnestiege se erheblich eingeschränkt. Nicht einmal aus den

Eigenen ÄÜmnksräumen der Republik sollen die alten 6

bese ligt werden. Die Arbeiter aller Parteien müssen sich gegen ließen und ihre Forderungen zum Schutz Beifall links.)

Abg. Bie ster (D. Hann.): Der Redner der Sozialdemo⸗ kraten hat genau das Gegenteil gesagt von dem, was Bebel einst iber Äusnahmegesetze meinte. Der deutschnationale Redner hatte aber kein Recht gehabt, daran zu erinnern. Die einseitige Verherrlichung der Hohenzollern muß ein Ende haben, man sollte in der Schule Kulturgeschichte treiben. Die Vorlagen sind zu kautschukartig. Wir sind grundsätzlich Gegner jeder Ausnahme⸗ gesetzgebung.

Abg. Dr. Deerberg (D. Nat.: Meine Partei steht ge schlossen da, weil sie das Gefühl hat, daß ihr weder direkt noch direkt der Mord an Rathenau zur Last gol werden kann. (Lätgzm links. Rufe: Wulle) Verbrecherischer Fanatismus hat diesen Mord hervorgerufen. (Stürmische Zurufe links) Wir verurteilen aufs schärfste dies . des politischen Kampfes. Die Nachforschungen nach den Tätern sind ein Beweis, wie das Beamtentum für den Staat arbeitet. Ein Beamter hat die Pflicht, in sachlicher Form seine Tätigkeit auszuüben. Das Recht seiner politischen Ueberzeugung darf ihm nicht genommen werden. Gegen die Aenderung des Difziplingrrechts haben wir Bedenken. Wir achten die schwarz-rot⸗goldene Fahne, weil sie der Mehrheit des Volkes entspricht, aber die schwarz-weiß⸗rote Fahne (Sirm Ünks. Rufe: Mörderfahne! Die letzten Worte bleiben unverständlich) Entspricht das, was Sie jetzt kun, dem Geiste des Toten (Stürmische Zurufe links. Bei weiteren Ausführungen des Redners ertönen von der ganzen Linken andauernde laute Schlußrufe. Der Präsident schwingt die Glocke vergeblich. Der Redner verläßt die Rednertribüne unter großer Unruhe des Hau es.)

Minister des Innern Severing: Meine Damen und Herren! Die vom Hause vorbereiteten Anträge fallen nicht aus⸗ schließlich in mein Ressort, und ich bin deswegen nicht in der Lage, namens des Staatsministeriums dazu Stellung zu nehmen. Die Abänderung des Gesetzentwurfs, betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten, begrüße ich aufs wärmste (Bravol bei den Sozialdemokraten), und ich möchte nur dem Wunsche Aus⸗ druck geben, daß der Entwurf unverändert nach den Beschlüssen der Kommission vom Hause verabschiedet wird. Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)

Ich habe mich aber nicht zum Worte gemeldet, um diese meine Auffassung zum Ausdruck zu bringen, sondern um eine Berichtigung an den Ausführungen meines Herrn Vorredners vorzunehmen. Wenn es wirklich so wäre, daß wir uns nur gegen Unbesonnen⸗ heiten, gegen Tollheiten einiger fanatisierter junger Leute zu wehren hätten (sehr gut! bei den Sozialdemokraten), dann könnte man in der Tat der Meinung sein, daß man dazu die Gesetz⸗ gebungsmaschinerie nicht besonders in Bewegung zu setzen brauchte. (Sehr richtig!! Aber es handelt sich nicht um einige junge Leute. allen Gegenden Deutschlands festgesetzt haben, und die systematisch die Morde organisieren und die Mordbuben bezahlen. (Lebhafte Rufe links: Hört! hört! Meine Damen und Herren, ich bin aus naheliegenden Gründen nicht in der Lage, Ihnen heute schon ein wie soll ich es nennen? Weißbuch, das sähe zu unschuldig aus Ihnen einen Denkschrift darüber vorzulegen, welche Orga⸗ nisationen der rechtsgerichteten Kreise Deutschlands die Mörder gedungen haben. Hört! Hörth Ich würde die Untersuchung gefährden, wenn ich Ihnen heute Einzelheiten über die bisherigen Ergebnisse und Ermittlungen übergeben wollte. Aber das kann ich Ihnen schon sagen, daß die beiden Mordbuben, die auf den Schriftsteller Maximilian Harden gehetzt waren, schon einen Teil ihres Mordsoldes erhalten haben (lebhafte Rufe links: Hört! hörth, daß ihnen noch ein anderer Teil in Aussicht gestellt ist hört! hörth und daß der Mann, der die Vermittlung und Bezahlung an diese Leute besorgte, seine Direktiven aus einer großen nichtpreußischen Stadt bekam. Wir haben diesen Mann, der den Mordversuch auf Maximilian Harden angestiftet hat, und wir haben festgestellt, daß er Mitglied mehrerer rechts gerichteter Organisationen ist. (Lebhafte Rufe links: Hört! hört )

Meine Damen und Herren! Wenn es so steht, daß im Norden und Süden, im Westen und im Osten Deutschlands Mordorgani⸗ sationen bestehen, die die Aufgabe haben, die bekanntesten Träger unseres Wirtschaftslebens, die hervorragendsten Vertreter der deutschen Publizistik, vor allem aber unbequeme Staatsmänner aus dem Wege zu räumen, dann haben wir die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß diesen Organisationen das Handwerk gelegt wird. (Lebhafte Zustimmung) Und das kann nur durch die gesetzgeberischen Vorlagen geschehen, die dem hohen Hause und dem Reichstag unterbreitet find. (3uruf des Abgeordneten Scholem.) Ich gratuliere Preußen, daß die Exekutive nicht Ihnen anver⸗

traut it. (Schr guth Die Dinge stehen einfach so, daß, wenn wir uns in den nächsten Tagen nicht zu einem energischen Ein schreiten gegen biese Mordbanden aufraffen können, wir den ersten Schritt zum Selbstmord begehen. (Sehr wahr) Wir

mechen den nächten Winter alg Voll und als Land, das immerhin

sondern es handelt sich um Mordbanden ssehr richtig!, die sich in

doch sein Wirtschaftsleben in diesen trüben Jahren aufrechterhalten hat, nicht überstehen, wenn wir die gesetzgeberischen Vorlagen in den nächsten Tagen nicht unter Dach und Fach bringen. (Zuruf.) Angst? Gott, meine Kollegen und ich bekommen jeden Tag ein paar Drohbriefe mit den unflätigsten Bemerkungen: von der einen Gruppe sollen wir gevierteilt werden; die andere Gruppe will uns den Revolver direkt vor den Mund halten Angst haben wir nicht. So lange wir aber an der Stelle stehen und ge⸗ halten sind, die Interessen des Staates wahrzunehmen, so lange haben wir die Verpflichtung, den Volksvertretern das zu sagen, was in ernster Stunde gesagt werden muß. (Sehr gut!) Es ist in der Tat Selbstmord, wenn wir noch einen Tag zögern. Mit der größten Beschleunigung müssen die Gesetze verabschiedet werden, wie sie Ihnen vorgelegt sind. (Lebhaftes Bravo!)

Abg. Dr. Meyer⸗Ostpreußen (Komm.): Wir haben schon lange auf die Mordorganisationen aufmerksam gemacht; die Mit⸗ teilungen und Warnungen der Arbeiter sind nie gehört worden. Das Zentrum hat im Reichstag erklärt, daß das Gesetz zum Schutze der Republik auch gegen die Kommunisten angewendet werden darf. (Hört, hört! links.) Alle Beruhigungsmittel für die Arbeiter werden nichts nützen. Nur die geeinte Arbeiterschaft kann Durchgreifendes tun. (Beifall links.)

Abg. Kuttner (Soz.): Abg. Deerberg hätte die große Moralpredigt, die er beim Justizetat hielt, lieber an seine eigenen Leute halten sollen. (Beifall links.) Seine politische Dickfälligkeit . in auffallendem Gegensatz zu seiner damaligen Gefühlsselig⸗ eit. Herr Deerberg spwach immer von Unschuld. Bezieht sich das Gefühl der Unschuld auch auf Ihren Kollegen, den Reichs⸗ tagsabgeordneten Hennig? Ich habe nicht weniger als drei Fälle anzuführen, wo Herr Reichstagsabgeordne ter Hennig Angehörige von Mordorganisationen mit Geld unterstützte. (Stürmisches Hört, hört! links) Ein 2, . Hörnlein aus Osnabrück, der der dringenden Mittäterschaft am Morde Erzbergers verdächtig ist, ist mit Hilfe der deutschnationalen Partei⸗Organisation flüchtig geworden. (Hört, hört! links) Haben Sie noch das Gefühl der Ünschuld, wenn ich an die unzähligen Zeitungsartikel erinnere, die zum Mord aufreizten? Die Mittelparteien erinnere ich aber an das, was sie gedacht haben, als sie die Nachricht von der Er⸗ mordung Rathenaus erhielten. Wenn sie das, was sie sich damals selber geschworen haben, nicht bald in die Tet umsetzen, dann werden sie wahrscheinlich bald wieder an der Leiche eines Er⸗ mordeten stehen. (Beifall links.)

Zu einer persönlichen Bemerkung wird das Wort dem Abg. Herrmann⸗Friedersdorf (D. Nat.) gegeben. Als dieser zur Rednertribüne crete, erhebt sich auf der linken Seite des Hauses ein ungeheuver Sturm der Entrüstung, offenbar wegen einer in den letzten Tagen erschienenen Zeitungsnotiz, wonach der Abg. Herrmann Angehörige einer Mordorganisation mit Geldmitteln unterstützt haben soll. Abgeordnete der Linken, Meier⸗Berlin an der Spitze, eilen auf die Rednertribüne zu. Deutschnationale Ab⸗ geordnete kommen unter Führung des Ilbg. Rippel zum Schutze bes Redners herbei. Die Linke ruft andauernd „Schluß, Schluß!“, während der Präsident sich bemüht, mit der Glocke Ruhe zu schaffen. Unter der unbeschreiblichen Erregung des Hauses und ben lauten Schlußrufen der Linken verliest, der Abg. Herrmann eine Erklärung, die fich anscheinend auf obige Zeitungsnotiz be⸗ zieht, im einzelnen jedoch auf der Bexichterstattertribüne nicht zu verstehen ist. Die Abgeordneten der Linken dringen immer heftiger auf den Redner ein und versuchen, die ihn beschützenden Deutschnationalen abzudrängen. Der Abg. Meier⸗Berlin ergreift ein auf dem Tisch des Hauses liegendes Aktenstück und wirft es dem Redner an den Kopf. Die Schlußrufe dauern an, der Präsident schwinht weiter vergeblich die Glocke. Der Tumult steigert sich ins Ünbeschreibliche, als auch von der rechten Seite des Hauses aus die unabhängigen sozi alistischen Abgeordneten Jürgensen und Klaußner auf den Redner einzudringen versuchen. ie deutschnationglen Abgeordneten verwehren den beiden un⸗ abhängigen Sozialisten den Durchgang. Hierbei kommt es zu einem Sandgemenge, zu dem dann der kommunistische Abgeordnete Knoth, auf der Brüstung der Rednertribüne entlanggehend, hin⸗ zueilt. Einige Momente lang sieht man nur ein sich sroßen des. dran gendes, wüstes Knäuel von Abgeordneten. Der Abgeordnete Herrmann

reicht seine geschriebene Erklärung dem Präsidenten herüber und

ersucht ihn anscheinend. dieselbe vorzulesen. Kommunistische Ab⸗

geordnete, die in der Nähe des Präsidiums stehen, entreißen dem Praͤsiden ien das Manustript und zerfetzen es. Zwischen dem Ab= georbneten Jürgensen und den Deutschnationalen ist es inzwischen zu Tätlichkeiten gekommen. Alle weiteren Bemühungen des Prä⸗ denten, Ruhe zu schaffen, scheitern an der ungeheuren Erregung

bes Hauses. Der Präsident Leinert verläßt 5 Minuten nach

53 Ühr das Präsidium. Das Handgemenge zwischen dem Ab⸗ geordneten Jürgensen und den Deutschnatio nalen löst bei den bürgerlichen Parteien stürmische Pfui⸗Kufe aus. Nachdem der Präfident das Präsidium verlassen hat, hören die Handgreiflich⸗ keiten auf. Die ungeheure Erregung dauert jedoch an und setzt sich in lebhaften Diskussionen fort. Nur ganz allmählich glätten sich die Wogen der Erregung. Nach 5 Minuten erscheint der Prä⸗ sident Le inert und verkündet, daß die Vorgänge der Sitzung dem Aeltestenrat überwiesen seien und dort zur Behandlung kämen.

Um 6is, Uhr ertönen die Klingelzeichen zum Sitzungs⸗ beginn. Das Haus ist sehr stark besucht.

Präsident Leinert erscheint alsbald und gibt unter auf⸗ fallender Ruhe des Hauses folgende Erklärung ab: Der Aeltesten⸗ rat hat sich mit den Vorfällen, die sich am Beginn der Unter⸗ brechung bieser Sitzung abspielten, beschäftigt. Der Aeltestenrat ist der Meinung, 2 wenn nicht alle Parteien und alle Mitglieder des Landtags dafür sorgen, daß die Autorität des Präsidenten, ganz gleichgültig, welcher amtzert, gestärkt und seinen Anordnungen . geleiftet wird, es unmöglich ist, die parlamentarische Tätig⸗ eit weiterzuführen. (Lebhaftes Sehr richtig!“ rechts.) Infolge⸗ dessen ist an die Parteien das Ersuchen gerichtet, bei ihren Mit⸗ gliedern darauf einzuwirken, daß geordnete Verhandlungen im Bandtag möglich sind. Der Aeltestenvat schlägt Ihnen vor, sich jetzt zu vertagen.

Abgeordneter Dr. Meye r⸗Ostpreußen (Komm) bean⸗ tragk namens seiner Fraktion, die Sitzung aus den schon im Aelteftenrat angegebenen Gründen fortzuführen.

Der Vertagungsantrag des Aeltestenrats wird gegen die Stimmen der drei sozialistischen Parteien angenommen.

Nächste Sitzung Freitag, 11 Uhr: Weiterberatung. Schluß gegen 6es. Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Im Rechtsausschuß des Reichstags wurde am 11. Jull der Gesetzentwurf über die Pflichten der Beamten zum Schutze der Republik beraten.

Der Abg. Dr. Schol; (D. Vp) hielt es laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins Deutscher Zeitungsverleger, für un⸗ bedingt notwendig, daß bei einem Gesetz, das in so einschneidender Weise die Grundrechte des Beamtentums antaste und das zu⸗

estandenermaßen in., drei oder vier Bestimmungen verfassungs⸗ Inbernben Charakter haf, erst die zuständlgen Organisgtionen gehört werben müßten, che im Reichstag irgendwelche Entschlässe gefaßt werden dürften,

Reichsminister des Innern Dr. st er bedauerte ebenfalls, daß die allgemeine politische Lage es notwendig mache, diesen wichtigen Gesetzeniwurf mit besonderer Eile zu behandeln. Aber mit derselben

unigung babe auch der Neichsrat bei diesem Gesetzentwurf

arbeiten müssen und der Reichsrat habe auch in Erkenntnis der post⸗ tischen Notwendigkeit dankenswerter Weise guf seine geschäftsordnungs, mäßigen Fristen verzichtet, Unter dem allgemeinen politischen Druck habe alfo nicht nur der Reichstag, sondern auch das Kabinett und der Reichsrat zu leiden; die letzteren hätten fich der eisernen. Not. wendigkelt eben nicht verschließen können. Mit den einschlägigen Beam tenorganisationen haben felbstverstãndlich bereits Verhandlungen stattgefunden, allerdings der Eibedürftigkeit entsprechend nicht n er üblichen ganz. ausführlichen, und erschöpfenden Axt. Im (Übrigen fei der Gesetzentwurf, wie (* jetzt in der Re gierungsvorlage sich darstelle, kein verfassungdändernder Ent⸗ wurf. Die in dem preußischen Antrag an den Reichsrat be⸗ findlichen Bestimmungen, die man als verfassungsändern? an⸗ sprechen könnte, seien im Reichsrat abgebogen worden. Natürlich teile auch er (der Minister) die Meinung, daß der Chgrakter des Gesetzes in die bisherigen Rechte der Beamten einschneide. Aber er könne nicht zugeben, daß diese einschneidenden Bestimmungen in solchem Grade im Gesetzentwurf vorhanden seien, wie sie der Abg. Scholz V.) darstellte. Er mache beispielsweise kauf aufmmerkfam, daß die erste Hälfte, det Artikels 1 lediglich den Versuch einer genauen Interpretation des § 10 des Reichs beamtengesetzes bedeute. Was die Beschränkung der ver⸗ faffungsmäßigen Rechte der Beamten betreffe, so beschrãnkten sich alle diesbezüglichen Bestimmungen auf das außherste Minimum. Zu den Artikeln Ii. III und IX bemerkte der Minister, die Reichs⸗ regierung sei zu diesen Vorschlägen gekommen, um den starken Wünschen von seiten der Länder, ingbesondere Preußens zu entsprechen. So sei Art. HI aus einer preußischen Anregung, im eichsrat ent⸗ fsanden. Die Reichsregierung habe den Artlkel so gestaltet, daß er sowohl die Erfüllung der preußischen Wünsche bedeute, aber auch das enthalte, wa das Reich von feinem Standpunkt aus für notwendi halte. Zum Schluß erfuchte der Minister den Ausschuß, zunächst unbedingt in eine kursorische Beratung eintreten zu wollen.

Der Vorfitzende Abg. Dr. Spahn wies darauf hin, daß der § 3 des Gesetzentwurfs lediglich eine Bestimmung in neuer Fassung bringe, die seilher stets genau so befolgt worden sei.

Ein Regierungs vertreter beflätigte diese Auffassung. Prinzipiell enthalte der 3 3 nichts anderes als was schon geltendes Fenk fei, Neu sei lediglich an 8 3, daß, für den Fall der Ver⸗ weigerung des Diensteides, nicht ein Disʒiplinarverfahren einge⸗ leitet werde, sondern, daß bei Nichtleistung des Eides das Rechts⸗ verhältnis des Reichsbeamten zum Reiche nichtig geworden sei.

Abg. Beuermann (D. V.) verlangte eine genaue Aus⸗ kunft über die Stellungnahme der Beamtenorganisationen zu dem Gesetzentwurf. . .

Abg. Steinkopf (Soz,) erklärte, daß einzig und allein der deutscheß Bcamtenbund den Gesetzeniwurf rundweg abgelehnt habe, eine Haltung, die in krassem Widerspruch zu den Erklärungen dieser DOrganisation stehe, wonach sie sich bereit erklärt habe, die Republik zu stützen.

Abg. Dr. Höfle (3) sprach sein Bedauern darüber aus, daß den Beamtenorganisationen nicht genügend Gelegenheit gegeben worden sei, zu diesem Gesetzentwurf, der zweifellos die Lebensinteressen der Beamten berühre, mit entsprechender Sorgfalt Stellung zu nehmen. Die ihm nahestehenden Verbände hätten lebhafte Bedenken gegen das Gesetz.

Abg. De ermann (Bayer. V.) erhob Einspruch gegen die Politik auf Termine, der unerhörten Beschleunigung dieser Gesetze auf den Druck der Straße hin. Seit Herbst sei dieses Gesetz in Vorbereitung und trotzdem habe man die Spitzenverbände zum Teil oder gar nicht oder nur 20 Minuten gehött. Sowest die Beftimmungen des Gesetzentwurss nur eine Interpretation des bisherigen Beamtengesetzes obne eine sach⸗ siche Grweiterung bedeuten und von den Beamten im Dienst ein loyales Verhalten gegen dig bestebenge Verfassung verlangen, unterstützten seine Freunde die Vorlage. Aber die uner⸗ hörten? Beschneidungen der staatsbürgerlichen Rechte der Beamten außerhalb des Dienstes, die parteiische Gestaltung des Disziplinar⸗ beüjahrens, die Willkür in der Ausdehnung der Nerordnungsgewalt und inn der Strafbemessung lehne er mit aller Entschiedenheit ab. Das Gesetz trage Metternichschen Geist, es züchte n und Gesinnungslosigkeit. Beamtenmitglieder der bayerischen Volkspartei könnten nicht mehr als Kandidaten aufgestellt werden.

Abg. Dr. Haas (Dem.) befürwortete den Gesetzentwurf. Ein Staat könne seben und gedeihen, wenn seine Beamten monarchisch seien, es könne ihm ebenso gut ergehen, wenn seine Beamten republikanisch seien, aber es ginge unmöglich., daß die Spitze der Beamtenschaft republikanisch sei, die Mitte und ein Teil des unteren Beamtenkörpers aber die Monarchie verherrliche. Dann müsse der Staat zugrunde gehen. Es sei notwendig, hiergegen geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Zustände gesünder zu machen.

Abg. Hoffmann - Kaiserslautern (Soz.) hielt das zur Dis— kussion ftehende Gesetz für nicht aus der Notwendigkeit des Augen⸗ blicks geboren, vielmehr sei es schon seit drei Jahren notwendig ge⸗ wesen. Wenn die Beamtenschaft sich zur Republik so gestellt hätte, wie sie es der Monarchie gegenüber getan habe, so wäre das Gesetz eben nicht notwendig geworden.

Abg. Dr. Barth (D. Nat.) sprach sich entschieden gegen den Gesetzentwurf aus, der die verfassungsmäßigen Rechte der Beamten auf das einschneidendste verletze.

Reichsminister des Innern Dr. Köster wies nechmals darauf hin, daß der Gesetzentwurf prinzipiell für die Beamtenschaft nichts Neues bedeute, und zitierte zur Begründung seiner Ansicht ein Urteil des Reichsdisziplinarhofs vom 5. Dezember 1221 über das Recht der freien Meinungsäußerung der Beamten. Es heißt in diesem Urteil: „Das Recht der freien Meinungsäußerung unterliege jedoch bei den Beamten einer stärkeren Beschränkung als bei den Nichtbeamten. Er habe sich bei dessen Ausübung nicht nur wie jeder andere Staatsbürger innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze zu halten, sondern dabei auch den besonderen Pflichten Rechnung zu tragen, welche sich aus feiner Beamteneigenschaft ergeben und welche für die Reichsbeamten in 5 16 des Reichsbeamtengesetzeg festgelegt eien. Dadurch, daß der Gesetzgeber den Beamten hier neben der gewissenhasten, der , . und den Gesetzen ent⸗ sprechenden Wahrnehmung des Amts ein würdiges Verhalten in und außer dem Amte vorschreibe, bringe er zum Ausdruck, daß der Pflichtenkteis der Beamten über die Verwaltung des Amts hinausgreife, und daß er auch außerhalb des Dienstes, ins⸗ befondere alfo auch bei politischen Kundgebungen, auf die staatlichen Interessen, denen er in seinem Amte zu dienen habe, gebührende Rücksicht nehmen müsse.“

Auf. Anregung der Deutschen Volkspartei erklärt sich alsdann die Reichsregierung bereit, für heute nachmittag die Vertreter der Beamten organisatlonen zu einer Besprechung einzuladen, an der auch die Mitglieder des Rechtsausschusses teilnehmen sollen.

Abg. Dr. Levi (U. Sor) verwies darauf, daß nicht die Beamteninteressen, sondern die Interessen der Republik den Gegen. stand dieser Beratung in erster Reihe bilden sollten, und daß man sich darauf einstellen müsse, bei a, . der Interessen der Republik mit denen eines einzelnen Standes bei möglichster Schonung dieses Standes der Republik den Vorrang zu laseen.

Abg. Beuermann (D. Vp.) erklärte, daß in den letzten Jahren das Beamtentum leider proletarisiert worden sei, jetzt solle es durch das Gesetz auch noch eunuchisiert werden.

Reichsminister Dr. Köst er erwiderte hierauf, daß nach den bis- berigen Bestimmungen bereits alle höheren politischen Beamten vom preußischen Landrat aufwärts denselben Vorschriften und Beschrän. kungen unterliegen, wie sie in dem neuen Gesetzentwurf für einige 6 zu bestimmende andere Beamtengruppen vorgesehen seien. ö estehe also gar keine Veranlassung, von Eunuchisierung zu reden, da doch unmöglich der Vorredner alle bisherigen höheren politischen Be⸗ amten als Eunuchen bezeichnen wollte.

Abg. Deglerk . Nat.) sprach sich entschieden gegen daz 83 aus. Der Mohr, der jahrelang seine Schuldigkeit auch im Hienste der Republik pflichttren getan habe, solle nun gehen; die große Stunde der Ablösung habe nach Ansicht der Linken geschlagen. Damit könne sich seine Fraktion keinesfalls einverstanden erklären.

Redner zitierte dann noch die Worte des Abg. Löbe in der National⸗

versammlung vom 31. Jult 1919, der die Verfassung als papierne Dindernisse bezeichnet habe, über die die Entwicklung hinweg— schreiten werde.

Staatssekretär Dr. Freund vom preußischen Innenministe rium begegnete der irrtümlichen Auffassung, als handle es sich bei diesem Gesetz um die Förderung irgendeiner Partei. Lediglich der Schutz der Republik sei die Aufgabe dieses Gesetzes. Aber es müsse ein. gestanden werden, daß der Schutz der Republik zurzeit nicht überall so wahrgengmmen worden sei, wie er hätte wahrgenommen werden müssen. Das habe seine Ursache in der unbestreitbaren Einseitigkeit der früheren Zeit bei der damaligen Auswahl der Be⸗ amten. Hier wurzele das ganze Elend, das die Republik mit einem Teile ihres Beamtentums erlebe. Nun solle man nicht etwa in den entgegengesetzten Fehler verfallen. Aber dieses Gesetz wolle die Ecken und Kanten abschleifen, die sich jetzt störend im Beamten⸗ apparate bemerkbar machten. Die Organe, denen der Schutz der Republik anvertraut sei, müßten doch selbstverständlich auch diese Republik anerkennen.

Abg. Allekotte (tr) hielt zum Schutz der Republik die geltenden Bestimmungen der S5 1e, 11. 13 u. a. des Reichsbeamten⸗ gesetzes für völlig ausreichend, wenn der Kreis der politischen Beamten etwas erweitert werde. Das Gesetz könne den Beamten in seinem äußeren Verhalten ändern, ihn in seiner Auffassung und Gesinnung aber nicht festlegen. Redner hat deshalb ernsteste Bedenken gegen den Inhalt des Entwurfs, insbesondere wegen des Gesinnungszwangs und Der Befürchtung der Entwicklung einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Denunziation und Gesinnungsschnüffelei und Entwurzelung des Berufsbeamtentums.

Abg. Frau Schroeder (Soz.) bemerkte, daß noch im Jahre 1921 in einem deutschen Lande ein Lehrer entlassen worden sei, weil er sich antimonarchisch geäußert habe.

Auf eine Anfrage des Abg. Dr. De erm ann (Bayr. Volky) erklärte der Reichsminister Dr. Köster, daß beispielsweise ein Beamter, welcher der Bayerischen Volkspartei angehören würde, die als eine ibrer Aufgaben die verfassungsmäßige Aenderung der Weimarer Verfaffung aufgestellt habe, sich auch außerhalb sesneß Amtes jeder tätigen Teilnahme an Bestrebungen zur Aenderung der verfassungsmäßigen republikanischen Staats⸗ form zu enthalten habe, wenn er in leitender, berichten der oder aus⸗ führender Stellung (8 10 und Abschnitt UI, Beamte von Gruppe 12 aufwärts) mit dem Schutz der Revublik besonders betraut sei. Auf. weitere Anfrage des Abg. Dr. De gr m nn (B. Vp.), ob auch schon die Beitragszahlung an die Bayerische Volkspartei als tätige Teilnahme angesehen werde, erwiderte der Minister, dies sei nicht der Fall.

Nach weiterer Diskussion, an der sich noch die Abgg. Seut⸗ heusßer (D. Vp.) . Steinkopf (Ser), Dr. De erm ann (B. Vp 5, Sr Scholz (D. Vp) und Morath (D. Vp.) be⸗ teiligen, vertagte sich der Ausschuß.

Auf Einladung der Reichsregierung hatten sich am Nachmittag im Reichstag die Vertreter der Spitzen⸗ organifationen der Beamten versammelt, um in An⸗ wesenheit der Mitglieder des Rechtsausschusses des Reichstags zu dem Gesetzentwurf über die Pflichten der Beamten zum Schutze der Republik Stellung zu nehmen. Ein Vertreter der Reichs⸗ regierung brachte den Gesetzentwurf zum Vortrag und ent— wickelte seine Bestimmungen im einzelnen.

Der Vertreter des Allgemeinen deutschen Be⸗ amtenbundes billigte grundsätzlich den Gesetzentwurf in seiner Tendenz. Allerdings äußerte er gewisse sachliche Vorbehalte und Be⸗ denken beispielsweise betreffs der Erweiterung der Beamtenkateg orien, die im Interesse der Festigung der republikanischen Staatsform einst— weilen in den Rubestand versetzt werden können. Er war aber der Ansicht, daß selbst solche Erweiterungen hingenommen werden müßten, wenn sie von der Reichsregierung aus allgemein politischen Gründen zum Schutze der Revublik für notwendig angesehen würden.

Der Deutsche Beam tenbund nahm dem Gesetz gegen⸗ über eine ablehnende Haltung an. Der Vertreter dieses Bundes war der Ansicht, daß das jetzt geltende Reichsbeamtengesetz bei richtiger Anwendung volllommen genüge, um den Schutz der Republik zu er⸗ füllen. Es habe ja auch in früheren Zeiten genügt um gerade ent⸗ 4egengesetzt gerichteten Regierungen wie der heutigen die Beamten⸗ schaft fest in die Hand zu geben, und gerade ältere Beamte, die in einem gewissen politischen Gegensatz zu, der früheren kaiserlichen Regierung standen, wüßten davon ein Lied zu singen, wie das Be⸗ amtenrecht gegen sie ausgemünzt werden konnte. Aus diesem Grunde sei es nach Ansicht des Deutscken Beamtenbundes nicht notwendig, noch ein neues Instrument zu schaffen, das wohlerworbene Rechte der Besanten antaste und vermindere.

Der Vertreter des Gesamtverbandes Deutscher Beamten⸗ und Staatsangestellten⸗* Gewerk⸗ fchaften äußerte ebenfalls starke Bedenken gegen den Gesetz⸗ entwuri. Vor allem könnten gewisse Bestimmungen dem Denun⸗ jantentum Tür und Tor öffnen. In Uebereinstimmung mit dem Vorredner sah der Vertreter des Gesamtverbandes einzelne Artikel als verfassungsändernd an.

Der Vertreter deg Gewerkschaftsrinas stellte sich auf den Boden der Verfassung und erklärte sich bereit, die Regierung in allen Maßnahmen zu unterstützen, die den Schutz der Republik betreffen. Eine verbindliche Erklärung jedoch zu dem Gesetz⸗ entwurf könnte er zurzeit noch nicht abgeben, da seine Organisation den Entwurf zu spät erhalten hätte.

Der Vertreter des Reichsbundes der höheren Beamten wies mit ernstem Nachdruck darauf hin, daß sich in den Freisen der Beamtenschaft, aus denen sich die Mitglieder seiner Organisation rekrutierten, tiefgehende Eriegung über den Gesetz⸗ entwurf zeigten. In ausführlicher Darlegung betonte er einzelne fachliche Bedenken und lehnte im allgemeinen den Gesetzentwurf als nicht tragbar für die höhere Beamtenschaft ab.

Nachdem im Rechtsausschuß des Reichs tags in der Sitzung am 12. Juli ein Regierungsvertreter über die Zu⸗

sammenkunft der Reichsregierung mit den Ver⸗ retern der Spitzenorganisatignen bezüglich des Gesetz= entwurfs über 3 Pflichten der Beamten zum Schutze der Republik berichtet hatte, ersuchte der Reichsminister des Innern Dr. Köster die Mitglieder des Rechtsausschusses, dessen ein⸗ gedenk zu sein, daß sie hier als Reichs tags abgeordnete zu ent⸗ scheiden hätten, nicht als Vertreter eines einzelnen Standes, daß alfo in erster Linie für ihre Entscheidungen der allgemeine politische Gesichts punkt maßgebend sein müsse.

Der Ausschuß trat dann in die Einzelberatung des Gesetz⸗ entwurfs ein. .

Angenommen wurde die von der Reichsregierung vorgeschlagene Aenderung der Fassung des 5 3 des Reiche beamtengesetzes, sodaß dieser

„h jetzt folgendermaßen lautet: , g r fi auf die Reichsverfassung (Art. 176)

und auf die gewissenbafte Erfüllung aller Obliegenheiten des ihm übertragenen n eidlich zu verpflichten. Die Eidegleistung soll bei der Aushändigung der Bestallung oder dem Dienstantritt, spätestens in unmittelbarem Anschluß an den Dienstantritt statt⸗ finden. Wird sie verweigert, so ist die Ernennung des Beamten in seinem Rechtsverhältnis zum Reiche nichtig. Ueber den Ersatz der Eidesleistung durch eine andere feierliche Erklärung bei Ange⸗ hörigen einer Religionsgemeinschaft, denen die Eidesleistung aus religiösen Gründen n ist, bestimmt der Reichsminister des nnern im einzelnen Falle. ö Sig en die ir bnne diefer Fassung stimmten die Unabhängigen, die Mehrheitssonlaldemokraten, die Demokraten und das Zentrum. Rach ausführlicher Diskussion, die zu einigen Abänderungen und usätzen im Text der Regierungs vorlage führte, wurde auch der in 5 deichsbeamtengesetz neu einzufügende 5 10a angenommen; er lautet:

für die verfaffungsmäßige republikanische Staatsgewalt einzutreten. Ir hat alles zu unterlasfen, was mit seiner Stellung als Beamter der Republik nicht zu vereinen ist. Insbesondere ist ihm untersagt:

1. sein Amt ober die ihm kraft seiner Stellung zugãnglichen

Ginrichtungen für Bestrebungen zur Aenderung der verfassungs⸗, mäßigen republikanischen Staatsform zu miß rauchen; bei Ruzübung der Amtstäligkeit oder unter Mißbrauch seiner amtlichen Stellung über die verfassungs mäßige republikanische Staatsform, die Reichsflagge oder über die derfassungsmäßigen Regierungen des Reichs oder eines Landes zur Bekundung der Mißachtung Aeußerungen zu tun, die geeignet sind, sie in der öffentlichen Meinung herabzusetzen; .

bei Ausübung der Amtstätigkeit oder unter Mißbrauch seiner amtlichen Stellung auf die ihm unterstellten oder zugewiesenen Beamten, Angestellten und Arbeiter, Zöglinge. oder Schüler im Sinne einer Herabsetzung der verfassungsmäßigen republi⸗ nischen Staatsform oder der verfassungsmäßigen Regierungen des Reichs oder eines Landes einzuwirken;

4 folche Handlungen nach Nr. 1 bis 3 der vorgedachten Art bei

dienstlich unterstellten Personen zu dulden.

Die Abstimmung erfolgte abschnittweise ; die Annahme der einzelnen Abschnitte erfolgte mit wechselnder Mehrheit. Im ganzen betrachtet, kam die Annahme des 5 10a auch mit Zustimmung der Deutschen Volkspartei zustande. Die Abstimmung über den neu in das Reichsbeamtengesetz einzufügenden 5 106 wurde nach längerer Debatte ausgesetzt.

Angenommen wurde der Absatz O der Regierungsvorlage, wonach dem 5 75 des Reichsbeamtengesetzes als Absatz 2 folgendes an⸗ gefügt wird:

In den Fällen des 5 1022 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und des § 106 Abs. 2 ist auf Dienstentlassung gemäß ö 75 Nr. 2 zu erkennen. In leichteren Fällen kann von der Dlenstentlassung Abstand ge⸗ nommen und auf die übrigen Disziplinarstrafen erkannt werden, wenn anzunehmen ist, daß der Reichsbeamte seine Pflichten zum Schutze der Republik in Zukunft gewissenhaft erfüllen wird. Wenn ein Rückfall vorliegt, muß auf Dienstentlassung erkannt werden.

Auf Antrag der Mehrheitssozialdemokraten und der Unabhängigen wurde daun als Nr. H dem 5 10a Abs. 2 noch folgende Bestimmung eingefügt:

; Es ist den Reichsbeamten untersagt, in der Oeffentlichkeit gehässige oder aufreizende Bestrebungen zu fördern, die auf Wieder berstellung der Monarchie oder gegen den Bestand der Republik gerichtet sind oder solche Bestrebungen durch Verleumdung, Be⸗ schimpfung oder Verächtlichmachung der Republik oder von Mit⸗ gliedern der im Amt befindlichen oder einer früheren republikanisch⸗ parlamentarischen Regierung des Neichs zu unterstützen.

Hierauf vertagte sich der Ausschuß.

In der am 13. Juli abgehaltenen Sitzung des Rechts⸗ aus fchusses wurde die erste Lesung des Gesetzes zu Ende geführt. U

Der Antrag, der bei den Beratungen des Unterausschusses bezüg⸗ lich der Fassung des 5 106 zustande gekommen war, wurde abgelehnt. Dieser nun wieder verworfene Kompromißvorschlag des Unter⸗ ausschusses wollte den 5 106 so fassen, das Reichsbeamte, die mit dem Schutze der Republik besonders betraut seien, auch außerhalb ihrer amtlichen Tätigkeit die perfassungsmäßige republikanische Staatsgewalt zu unterstützen und zu fördern hätten. Diese Beamten⸗ ssellungen sollten in einem besonderen Verzeichnis aufgeführt werden. Die Reichsregierung babe das Recht, das Verzeichnis unter Mit⸗ wirkung eines Ausschusses des Reichstags zu ändern.

Die Reichsregierung legte ein Verzeichnis der Beamten vor, die mit dem Schutze der Revublik besonders betraut sind. Dazu gehören die Staatẽsekrefäre, die Ministerialdirektoren, die Ministerialdirigenten, die Abteilungschefs der Reichskanzlei, des Reichsministeriums des Innern und des Reichs wehrministeriums, der Reichskommissar für die öffentliche Ordnung, die planmäßigen und außerplanmäßigen Referenten der Reichskanzlei, der Abteilungen für Politik und Ver⸗ fafsung und für öffentliche Ordnung jm Reichsministerium des Innern, der Pressestelle der Reichsregierung, des Reichswehrministeriums, des Reichskommissariats für die öffentliche Ordnung, die Ministerial⸗ bürodirektoren der Reichskanzlei, des Reichsministeriums des Innern und des Reichswehrministeriums, die Vorsteher der Büros der Ab⸗ teilungen für Politik und Verfassung und für öffentliche Ordnung im Reichsministerium des Innern, des Reichskommissariats für öffentliche Ordnung und die planmäßigen Ministerialamtmänner der Reichs⸗ kanzlei.

glngenommen wurde ein Antrag des Zentrums, der den 5 10 Abs. 2 folgendermaßen faßt:

Reichabeamte, die mit dem Schutze der Republik besonders betraut sind, haben sich auch außerhalb shrer amtlichen Tätigkeit jeder tätigen Anteilnahme an Bestrehungen zur Aenderung der ver⸗ fassungs mäßigen revublikanifchen Staatsform zu enthalten. Diese Reamtenstellungen sind in dem anliegenden Verzeichnis aufgeführt. Die Reichzregierung kann das Verzeichnis unter Mitwirkung eines Ausschusses des Reichstags ändern.

Angenommen wurde ferner der Tert der Regierunggvorlage, der für 5 89 des Reichsbeamtengesetzes folgende Fassung festsetzt:

Jede Disziplinarkammer besteht aus 11 Mitgliedern. Der Präsident und wenigstens fünf andere Mitglieder müssen in richter⸗ sicher Stellung in einem Lande sein. Für den Präsidenten und sedes Ritglied sind Stellvertreter zu ernennen. Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinarsachen erfolgt durch fünf Mitalieder, Der Vorsitzende und wenigstens zwei Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören. Auf das Verfahren sind die Gerichtsferien der ordentlichen Gerichte ohne Einfluß.

Zu 8 93 wurde ein Zusatz angenommen, wonach die Amtsdauer der Jegenwärtigen Mitglieder der Disziplinarkammern und des Bisziplinarhofs mit dem 31. August. 1922 ihr Ende findet.

Eine sehr ausführliche Aussprache, entspann sich über diejenigen Vorschriften der Reglerungsvorlage, die als neue Paragraphen 1012 und 1651 b in das Reichsbeamtengesetz eingefügt werden follen. Danach kann die oberste Reichsbehörde, wenn ein Reichebeamter durch das sjhm zur Last gelegte Dienstvergehen nach der Ansicht der obersten Reichsbehörde die ihm obliegenden Pflichten zum Schutze der Republik verletzt hat, und wenn dies wegen der Schwere oder der grund⸗ sätzlichen Bedeutung des Falles angezeigt erscheint, anordnen, daß die Sache statt an die Disziplinarkammer an einen für das ganze Reich gebildeten Disziplinarfenat zu verweisen ist. Dieser Senat soll in erster Instanz als kleiner Senat in, der Besetzung von drei Mitgliedern entscheiden, von denen eins ein Mitglied des Reichs⸗ gerichts fein muß, in zweiter Instanz als großer Senat in einer Be⸗ setzung von sieben Mitgliedern, Hon denen drei Mitglie der des Reichegerichts fein müßten. Die Mitglieder werden vom RNeichtz⸗ prästdenten ernannt. Die nicht aus den,. Mitgliedern des Reichs⸗· erichts ernannten Mitglieder des Disziplinarsenats müssen Reichs er. sein, sie brauchen nicht die Befähigung zum Richteramt zu haben. Für die ordentlichen Mitglieder sind Stellvertreter zu ernennen. Die Ernennung der Mitglieder und ihrer Ste] vertreter erfolgt auf die Dauer des von ihnen bekleideten Hauptamts. Auf das Verfahren vor dem Disziplinarsenat sollen die für das Ver⸗ fahren vor den entscheidenden Disziplinarbehörden gegebenen Be⸗ stimmungen des Reichs beamtengesetzes entsprechende Anwendung finden. Die notwendigen ergänzenden Anordnungen soll der Reichs minister des Innern mit Zustimmung des Reichs rats treffen.

Von deutschnationaler Seite wurde dieser neu zu schaffende Disziplinarsengt als typisches Revolutionstribunal für die Ausmerzung der ber Republik unbequemen Beamtenschast bezeichnet.

Ministerialdirektor Dr. F al!k erwiderte, daß lediglich sachliche Gründe für den Vorschlag zur Schaffung des Disziplinarsengtz maß⸗ gebend gewesen seien. Durch die Zusammenfassung der besonders schwerwiegenden und grundsätzlichen Fälle bei einem einzigen Senat soll in der Disziplinarrecht sprechung eine gewisse Stetigkeit und ene r Angleichung geschaffen werden, die von großem Nutzen

ür die Jurisdiktion sei.

Der Reichsbeamte ist verpflichtet, in seiner amtlichen Tätigkeit

nichts ändern könnte. Sobald eg 1 .. *

In der Abftimmung wurde die Schaffung eines Disripvlinar⸗ sen ats abgelehnt, nachdem von seiten des Zentrums erklärt worden war, daß bei der zweiten Lesung im Einverständnis mit den Demokraten und den Parteien der Linken bezüglich der Zusammen setzung des Sisziplinarhofs eine Rehision versucht werden solle.

Angenommen wurden alsdann die Art. ILund IM der Re⸗ gierung g vorlag e. Döiese bestimmen, daß die in der Ne⸗ gierungs vorlage enthaltenen Vorschriften sinngemãß auch für Soldaten gelten, ohne daß hierdurch die weitergehenden Vorschriften des Wehr⸗ gefetzes vom 23. März 1921, insbesondere die Vorschriften des 5 36 über das Verbot politischer Betätigung, berührt werden. Durch Reichs oder Landesgesetz kann über die bestebenden Vorschriften hinaus bestimmt werden, daß im Interesse, der Festigung der verfassungsmãßigen republikanischen Staatsform nicht richterlich Beamte, die den jetzigen Besoldungsgruppen von Tf an aufwärts angehören, und die entweder ssich in leitender Stellung oder in der y Stellvertretern leitender Beamten befinden oder politische Entscheidungen zu treffen haben oder mit Aufgaben zum Schutze der Republik besonders betraut sind, jederzeit durch die vorgesetzte oberste Reichsbehörde mit Gewährung des gesetz⸗ lichen Wartegeldes einstweilen in den Ruhestand persetzt werden können. Dabei foll es unerheblich sein, oh die betroffenen Beamten por oder nach dem Inkrafttreten der Reichsverfassung angestellt worden sind. Im wesentlichen Wortlaut der Regierungs vorlage wurden auch die Ärt. IV. V und VI in erster Lesung angenommen.

Ferner wurde eine Entschließung der Sozialdemokraten und der Unabhängigen angenommen, wonach die ersonalreferate in allen Zweigen der Reichsverwaltung nur solchen Beamten übertragen Derden sollen, die sachkundig und unbedingt zuverlässige Republikaner sind. Vie Bestellung von Beamten zu Personalreferenten bei den nachgeordneten Behörden soll der Bestätigung durch den zustãndigen Min ster bedürfen. Damit war die erste Lesung des Gesetzes erledigt, und der Ausschuß vertagte sich.

Der Rechtsausschuß des Reichstags erledigte in seiner Sitzung am 14. Juli den Gesetzentwurf über die Pflichten der Beamten zum Schutze der Republik in zweiter Lesung.

GEGin Antrag des, Zentrums, den Ausdruck „Herabsetzung der Republik Turch' Mißachtung“ zu ersetzen, wurde mit 14 gegen 13 Stimmen angenommen.

Der Abg. Se gkerk (D. Nat.) beantragte, iu bestimmen, daß Reichstags oder Landtagsabgeordnete sowie Kandidaten hierfür wegen ihrer außeramtlichen Belätigung nicht auf Grund des Gesetzes zur Verantwortung gezogen werden können, Reichs minister des Innern Sr. ster wandte sich gegen den Antrag. Die Immunität der Abgeordneten sei schon in Art. Z36 der Reichsperfassung ausgesprochen. Abg. Barth (D. Nat.) bestritt dies, da sich der Schutz Immunität nur auf die Tätigkeit der Abgeordneten im Parlament erstrecke. Abg. Dr. , wandte sich gegen den Antrag. Ein Beamter müßte sich in seiner Tätigkeit als Abgeordneter eine gewisse Reserve auferlegen. Abg. Beue rm ann (D. Vy.) empfahl, eine Trennung des Äntrages nach Abgeordneten und Fändidaten borzunehmen. Abg. De glerk (D. Nat.) bat um Annahme des Antrages, da seine Ablehnung in Verbindung mit den angenommenen Bestimmungen einen unerträglichen Maulkorbzwang bedeuten würde. Abg. Dr. Höfle (Sentr.) wies darauf hin, daß dieser Antrag doch nur für die wenigen in der Liste ausdrücklich auf⸗ geführten Beamten in Frage komme. Abg. De glerk (D. Nat.) beantragte weiter, daß den Beamten verboten sein soll: 1. politische Agitation im Amt zu treiben, 2. zu einem Streik aufzurufen, 3. sich an einem Streik zu beteiligen. Reichsminister des Innern Dr. Köster wandte sich gegen den Antrag, da die bisherigen Be⸗ flünmungen gegen den Mißbrauch der amtlichen Stellung genügten. Nach langer Aussprache über die politische Propaganda in den Behörden, an der sich die Abg. Dr. De erm ann (D. Vp.) Morathk (D. Bp), von Gusrard entr), Dr. Spahn

Zentr.), Dr. Da as (Dem.) und Deglerk (D. Nat) beteiligten, nirrden“ die Anträge abgelehnt. Dagegen wurde eine Ent⸗ schließ ung eingebracht, welche die Regierung ersucht, dafür zu sorgen, daß im Döienste bei den Behsrden keinerlei parteipolitische Propaganda betrieben wird.

Hierauf wurde ein Ant rag Dr. Höfle (tr) angenommen, die Bestimmungen, welche den Richter in der Bemessung der Strafe einengten, zu streichen.

Ein Antrag von Gusrard (tr) wolltet den von der Regierung vorgeschlagenen kleinen und großen Strafsenat durch Difziplinarkam mern von fünf Mitgliedern, darunter Prei fschterliche Beamte, und einen Disziplinarh of von sieben Mit⸗ gliedern, darunter drei Reichsgerichtsräte und zwei Reichsratsbevoll⸗ mächtigte, ersetzen. Reichsminister des Innern Dr. st er tonte demgegenüber, daß der Kernpunkt der Regierunge⸗ vorlage sei, daß in den Senaten das Laienelement üÜüberwiege. Diesem Kernpunkt müsse auch der Antrag von Gusrard Rechnung tragen. Abg. Höfle (3.) änderte diesen Antrag dahin. daß die Dißziplinarkammern aus fleben Mitgliedern, darunter zwei richterlichen Beamten (Vorsitzender und ein Beisitzer) und der Disziplinarhof aus eif Mitgliedern bestehen sollen. Abg. Delius (Dem.) beantragte, die Zahl der richterlichen Mitglieder in beiden Fällen auf ein Mitglied herabzusetzen Und den Disziplinarsenat auf neun Mit- glieder zu erhöhen. Reichsminister des Innern Dr. Köter wandte 'ich dagegen, daß im Antrage von Gusrard (3) eine Anbörung der Beamtenorganisationen bei der Ernennung der Beamtenbeisitzer vorgesehen ist; diese Frage müsse beim Beamtenrätegefetz erledigt werden. Darauf wurde dieser Teil des Antrages zurückgezogen und die Zusammensetzung der Diszivlinar⸗ kammern und des Disziplinarhofs nach dem geänderten Antrage Gusrard angenommen.

Das Verzeichnis der mit dem Schutze der Republik besonders betrauten Beamten ist im Kabinett genehmigt und auf die Beamten des Büros des Reicht prãsidenten ausgedehnt worden; gestrichen sind die Ministerialamt. männer in der Reichskanzlei. In dieser Fassung wurde das Ver zeichnis vom Ausschuß angenommen. Damit war die zweite Lesung der Vorlage beendet.

Der Haushalts augschuß des Reichstags behandelte am 14 Juli einge Denkschrift über die Erhöhung der Reichs⸗ uschüsse für die 3. Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegs⸗ interb lieben en ürsorge im Rechnungsjahre 19722. Für die sächlichen Ausgaben, für die 400 Millionen vorgesehen sind, werden voraus sichklich 00 Millionen Reichszuschüsse nötig sein, für Verwaltungsgusgaben (Etatsansatz 100 Millionen) über 300 Millionen Mark. u den Aufwendungen haben die Länder und Gemeinden ein Fünftel beizutragen. ¶Berichterstatter Abg. . (Soz.) wies darauf hin, Raf die sächlichen Ausgaben ziemlich klar zu übersehen seien, daß aber bel den persönlichen Ausgaben eine größere Klarheit und r,, erforderlich wäre es wäre eine angeme ssene Pauschalentschädigung, die vorher festzustellen wäre, vorzujlehen. Im übrigen . der Berichterstatter eim gigen Ciatsnberschreitungen mn sustimmen, Misterial. direktor Ritter (Reichsarbeitsministerium) erklärte, daß die Frage der Pauschalentschädigung ernstlich geprüft werde. Abg. Er sing (Zentr.) wünschte eine Vereinfachung des Verwaltungtapparatz. ö Bu diu hn (D. Nat) schloß si dem an und betonte, daß 3. B. im Ver forgungswesen auf jeden Heamten angeblich durchschnittlich nur vier erledigte Fälle im Monat kämen, „Karsten (U. Soz.) wies auf die Cen Schwierigkeiten der Erledigung der hin, hielt a auch, eine Vereinfachung des Verwastungtz⸗˖ apparats für erforderlich. Abg. Quaatz (D Vp) 8 . eine Erklaͤrung der Regierung, wie der große Verwaltungs arparat abgebaut werden könne, Ministerialdirektor Ritter erklärte, daß die Behörden des Versorgungswesens zurzeit äberlastet selen, daß man an der . augenbli

würde achung unbedingt eintreten milssen. In Deutschland