1922 / 157 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Jul 1922 18:00:01 GMT) scan diff

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Reichswirtschaftsminister Schmidt: Meine Herren, es könnte aus der Debatte der Eindruck erweckt werden, als ob das Reichswirtschaftsministerium der Förderung der hier vorliegenden Vorlage nicht die genügende Unterstützung hätte zuteil werden lassen. Die Vorlage ist, wenn sich die Herren Abgeordneten sie einmal näher ansehen, vom Reichsfinanzministerium eingebracht, und sie hat im Reichswirtschaftsministerium die lebhafteste Unter⸗ stützung gefunden. Es ist ganz richtig, daß alle Bestrebungen unsever Seestädte, ihren Verkehr freier zu gestalten, auf der Grund⸗ lage eines freien Handelsverkehrs die nötigen Einrichtungen zu schaffen, von dem Wirtschaftsministerium ungeteilte Unterstützung finden. Ich darf das an dieser Stelle feststellen. Die von iegende Vorlage ist durchaus in richtiger Erkenntnis ihrer wirtschaftlichen Bedeutung gewürdigt. Wenn weitere Wünsche von anderen See⸗ hafenstädten gestellt werden und die Voraussetzungen dafür und die Möglichkeit vorhanden ist, unter Berücksichtigung olltechnischer An⸗ fordevungen ähnliche Einrichtungen zu schaffen wie für Kiel, so kann ich die Versicherung abgeben, daß sie auch von unserer Seite Förderung finden werden. (Bravo!)

Der Gesetzentwurf wird in allen drei Lesungen angenommen.

Es folgt die Beratung des Einspruchs des Reichsrats gegen die Beschlüsse des Reichs⸗ tags über Teuerungsmaß nahmen ü r Mklitärrentner. Der Einspruch des Reichsrats richtet 6 dagegen, daß die Einkommensgrenze, bei deren Ueber⸗ chreiten der e ene , ganz wegfällt, auf den drei⸗ fachen Betrag der Erwerbslosenunterstützung festgesetzt ist.

Der Ausschuß, für den 34 Streiter (D. Vp.) berichtet, hat die Berechnung auf der Gr losenunterstützungssätze beseltigt. Die Abstimmung wird, da sie mit der verfassungs mäßigen Mehrheit erfolgen muß, ö

in von den Abgeordneten Müller⸗Franken (Soz.), Marx (Zentr.), Dr. Petersen (Dem.) und Genossen ein⸗ gebrachter Gesetzent wurf, betreffend Erklärung bes 11. Au gu st, des Tages der Annahme, der Reichs⸗ verfassuöng, zum deutschen Nationalfeiertag, wird dem Rechtsausschuß überwiesen.

Der Gesetzenkwurf über Maßnahmen

egen die wirtschaftliche Notlage der er f, wird ohne Erörterung an den volkswirtschaftlichen Ausschuß verwiesen.

Es folgt die erste Beratung des Entwurfs eines Disziplinargesetzes für die Wehrmacht, der die Errichtung von , Disziplinarkammern für be⸗ stimmte militärische Vergehen vorsieht, durch die eine Be⸗ schleunigung in der Erledigung dieser Fälle herbeigeführt werden soll.

Abg. Hühnlich (Soz): Wir haben gegen den vorlie genden Entwurf große Bedenken. Der Reichswehrminister hat die Not⸗ wendigkeit eines derartigen Gesetzes damit begründet, daß bei ver⸗ schiedenen Straffällen eine schleunigere Erledigung dringend not⸗ wendig sei, als fie jetzt bei der Zuständigkeit der überlafteten Zivilgerichte Platz greifen kann. Wir erkenn die Notwendigkeit einer chneüleren Erledigung der Verfahren an, sind aber der Meinung, zu diesem Zwecke auf eine Beschleunigung der Verfahren vor den ordentlichen Gerichten gedrungen werden muß. Bei gutem Willen läßt sich eine solche Beschleunigung auch sehr wohl erzielen. Bird der Entwurf Gesetz, so wird das Bestreben der Militärs =. auf einen Ausbau der Zivilgerichtsbarkeit gerichtet se in, fonbern sich in steigendem Maße darauf konzentrieren, die durch das Gesetz dann geschaffene Grundlage einer neuen Militargerichts⸗ barkeit nach Möglichkeit zu erweitern. Nach der Vorlage sollen der Zivilgerichts barkeit alle h. Dinge entzogen werden, in die sich die Militärs nicht gern hineinsehen lassen. Besonders bedenklich ist, daß aus dienstlichen Gründen die Deffentlichkenit bei dem Ver⸗ 1 soll ausgeschlossen werden dürfen. Wir werden dann dahin⸗

en, daß in allen den Fällen die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden wird, in denen sich Offiziere zu verantworten haben. Im , , über die Einzelheiten des Gesetzentwurfes ein deut⸗ liches ort geredet werden müssen. Die sozialdemokratische ,. wird sich jeder Wiedereinführung der Militärgerichtahar⸗ it aufs energischste widersetzen, sie wird niemals dem Gesetz⸗ entwurf in seiner jetzigen Form ihre , . geben können. Das deutsche Voll hat genug von den Leistungen der alten Militär- gerichtsbarkeit; wir verzichten darauf, eine Neuauflage eines solchen

Unglücks zu erleben. Beifall links.) Abg. Thomaz (Gomm): In Preußen unt. Deutschland bo. 23 nim einmal die Au ff ig, 1 das n. eine besondere tebirkeit haben . ? sie hente

wird, ist das Gegenteil von dem, was sie in eimer

deimokratischen Armer sein soll. Sehr wahr links) Das Gefetz wird in einem Moment zur Beratung eingebracht, wo das ganze werktätige Volk fordert, daß Reichswehr, Justiz und Ver.

waltung von reaktionären Elementen gesäubert wird

wi. atmet den Gelst des alten preußisch den . Monarchismug linke) Wenn diese Vorlage wird, dann zieht

ster Wilhelm I. wicber in die Kasernen gin. Des Geseh ist

lter nichts eine Neuqu des alten wilhelmini .

. Solange die , von der ben r n. olkg⸗ . gelobt . müfsen wir das allerschärfste Mißtrauen gegen sie önn

Der Reichewehrminister ist zu seinem Glück unpäßlich, sonst ten ihm die Sünden seiner berantwortlichen Generäle vor⸗

undlage der Erwerbs⸗

die allen wilhelminischen Verhaäͤltnisse wieder in die. Reichswehr nn ,,. Das ö. e der heutigen politischen Lage eine große Gefahr. (Beifall links. Ein Vertreter des Reichswehrministeriums F quf die Wugfüihrnmgen der Vorredner ein und gibt der Erwartung usdruck, daß di Bedenken im Ausschuß beseitigt werden. Abg vgn Galtlwitß (D. Nat j: Die Vorlage ist ein Fort= ö. , üffen mit der grö gsamkeit der Zivilgeri en. ü aber nicht mit der Gerichtsbarkeit heim Militär. ammern der Wehrmacht sind so zusammengesetzt, zig des Betreffenden, um den es ͤ ; rch ist eine starke Gewähr gen 5 z e , steht genau so wie 3 ählen.

Die Vorlag barkeit überwiesen.

Bei der nunmehr erfolgenden Abstimmung über den Ge⸗

etze nt wurf, betreffend Teuerungsmaß nahmen * Militärrent ner, gegen den der Reichsrat Ein⸗ spruch erhoben hat, wird der Vorlage in zweiter und dritter Lesung einstimmig zugestimmt.

Bann folgt die zweite Beratung des Gesetzent⸗ wurfs über die öffentliche ekannt machung von Verurteilungen J Preistreiberei, Schleichhandels, verbotener Aus fuhr lebenswichtiger Gegenstände und un zu⸗ lässigen Handels. Danach ist bei Verurteilung zu Freiheilsstrafe von drei oder mehr Monaten oder zu Geld⸗ strafe von 50 000 Mark an, die öffentliche Bekanntmachung ber Verurteilung durch eine Tageszeitung sowie der öffent- liche Anschlag auf Kosten des Schuldigen anzuordnen. Die Bestimmung, daß die öffentliche Bekanntmachung der Ver⸗

urteilung auch durch Strafbefehle angeordnet werden kann,

ist vom Ausschuß gestrichen worden. Mit dieser Vorlage steht zur ersten und zweiten Beratung der Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung der Verordnung über Sondergerichte gegen Schleichhandel und Preistreiberei. In einer vom Aus schuß an⸗ genommenen Entschließ nung soll die Reichsregierung er⸗ sucht werden, sobald wie nnn eine Abänderung der Ver⸗ ordnung gegen Preistreiberei vom 8. Mai 1918 vorzulegen, in der der Preiswucher so klar gekennzeichnet wird, daß eine objektive Feststellung der Zuwiderhandlung gegen die Ver⸗ ordnung ermöglicht wird. iter soll die Reichsregierung er= sucht werden, auf die Landesregierungen einzuwirken, daß in Straffachen wegen Preistreiberei in allen zweifelhaften Fällen Sachverständige zu hören sind, die auf Grund von Vorschlägen der amtlichen Vertretungen der beteiligten Wirt⸗ schaftskreise ernannt werden. Die Wuchergerichte sollen von der Befugnis der Handelsuntersagung nur in zweifelsfrei ge⸗ rechtfertigten Fällen Gebrauch machen. In einer dritten Een re , ersucht der Ausschuß, zu erwägen, welche Maß⸗ nahmen gegen Preistreiberei der Kartelle und Syndikate zu ergreifen sind.

Inzwischen ist ein Zusatzantrag der Volks⸗ partei, des Zentrums und der Demokraten zu der ersten Ausschußentschließung eingegangen, wonach die Aenderung der Verordnung gegen Preistreiberei zum Aus— druck bringen soll, daß der Preis keinen übermäßigen Gewinn darstellt, wenn er der Marktlage entspricht, und wenn Höchst⸗ preise oder amtlich festgesetzte Marktpreise eingehalten werden,

sofern nicht eine vorübergehende Notmarktlage geschaffen ist,

Ist die Bildung eines Marktpreises ausgeschlossen, dann soll der Wiederbeschaffingspreis nebst den nachweisbaren Ge⸗ schäftskosten als Grundlage dienen.

Reichsjustizminister Dr. Radbruch: Meine Damen und Herren! Die Wünsche auf eine Umgestaltung des Begriffs der Preistreiberei bewegen sich in dreifacher Richtung: sie wünschen Berücksichtigung der Marktlage, Berücksichtigung der Wieder⸗ beschaffungskosten und Berücksichtigung der Geldentwertung. Lassen Sie mich grundsätzlich zu diesen drei Forderungen Stellung nehmen.

Die Marktlage kann und das kommt auch in dem jetzt vorliegenden Antrag zum Ausdruck Berücksichtigung nur fordern, soweit sie eine normale Marktlage ist, soweit sie nicht eine Notmarktlage ist, die etwa auf unlauteren Machenschaften oder auf Warenmangel beruhen kann. Ich vermisse in dem An⸗ trag, der uns vorgelegt wird, bei der Notmarktlage den Hinweis auf die Möglichkeit eines Warenmangels. Als Ausdruck einer normalen Marktlage können auch amtliche Preisnotierungen Berücksichtigung finden.

Was zweitens die Wiederbeschaffungskosten betrifft, so können auch diese nur dann Berücksichtigumng finden, wenn sie nicht der Ausdruck einer Notmarktlage find. Auch den Hinweis auf diese BVoraussetzung vermisse ich in dem vorgelegten Antrag.

Was schließlich die Berücksichtigung der Geldentwertung be⸗

trifft, so kann einerseits regelmäßig nur die innere Geldentwertung in Frage kommen und kann diese Geldentwertung auch nicht voll in Frage kommen. Solange fich die Geldentwertung in Löhnen und Gehältern nicht voll auswirkt, darf sie sich auch nicht in Preisen ungehemmt zur Geltung bringen. Sehr wahr! links.)

Ich darf dem Antrag, der uns vorgelegt wird, die dem Standpunkte der Reichsregierung entsprechende Entschließung ent⸗ gegenhalten, die auf der Tagung der Preisprüfungsstellen vom 23. und 24. Mai d. J. in Dresden gefaßt worden ist:

Eine etwaige Abänderung hätte fich auf die Einfügung einer Bestimmung zu beschränken, welche zum Nachdruck bringt, daß Preiswucher nicht vorliegt, wenn der Preis der Marktlage, insbesondere dem unter amtlicher Mitwirkung bekanntgemachten Börsen⸗ oder Marktpreis entspricht, sofern nicht durch Waren mangel oder durch erhebliche Schwierigkeiten, Waren an den Markt zu bringen, oder durch unlautere Machenschaften eine Notmarktlage geschaffen ist. Für den Fall der Notmarktlage und in demjenigen Fällen, in denen sich eine Marktlage der Natur der Waren nach nicht bilden bann, verbleibt es bei dem Grimwdsatz der Preisberechnung nach den indtviduellen Ge⸗ ttehungslosten unter angemessener Berücksichtigung der zwischen Einkaufs⸗ und Verkaufszeit etwa eingetretenen inneren Geld⸗ entwertung.

Meine Damen und Herrenl Dieser Standpunkt ist nun in der Rechtsprechung zum guten Teil zum Durchbruch gekommen, vor allem in der Rechtsprechung des Reichsgerichts. Das Reichs- gericht erkennt an, daß in erster Linie die normale Marktlage maßgeblich ist, daß in der Forderung des normalen Marktpreises ein sibermäßiger Gewinn nicht zu finden ist. Soweit eine normale Marktlage nicht vorliegt, ommt entweder der letzte normale

Warkthel 9 Katragh. eden bie Ghelkehmmngetesra, Fh hung

Ihnen nicht zu sagen, daß die Gestehungskosten nicht nur den Einkaufspreis, nicht nur die besonderen Geschäftsunkosten, die allgemeinen Betriebzunkosten, den Kapitalszins umfassen, sondern auch die Risikoprämie und den Unternehmerlohn. Unter diesen Gefichtspunkten kann auch die Geldentwertung zur Geltung ge⸗ bracht werden, und ich gestatte mir, aus einem, soviel ich weiß, unveröffentlichten Urteil des ersten Strafsenats des Reichsgerichts vom 15. Mai 1920 darüber folgende Stelle vorzulesen:

Nach diesen Grundsätzen ist nun die Berücksichtigung der Geldentwertung keineswegs ausgeschlossen. So rechtfertigt der hohe Preisstand eine Erhöhung der Risikoprämie, indem die Fortführung des Geschäftes bei den stark gestiegenen Preisen unter erhöhter Gefahr des Verlustes aus einem Preisumschwung steht. Die Geldentwertung hat ferner Einfluß auf die Höhe des anzusetzenden Unternehmerlohnes, da sie allgemein eine Er⸗ höhung der für Arbeitsleistungen zu gewährenden Vergütung zur Folge hat. Endlich kann fie nicht unberücksichtigt bleiben bei der Feststellung des Unternehmergewinns, der der Bildung von Kapital dienen soll, das vegelmäßig wieder für die Zwecke des Handelsgeschäftes aufgewendet zu werden pflegt.

Es zeigt sich, daß die Forderungen, soweit sie berechtigt find, schon in der herrschenden Rechtspvechung zum Durchbruch kommen und noch mehr zum Durchbruch kommen werden, wenn der An⸗ trag des Ausschusses Annahme findet, der die Wiederaufnahme er⸗ leichtert und dadurch den Zugang zum Reichsgericht, der bei den Wuchergerichten verschlossen ist, wieder eröffnet. Daß diese erleichterte Wiederaufnahme nach der anderen Seite die Gefahr einer zu ausgiebigen Verwendung nicht begründet, zeigt sich in den Zahlen, die beweisen, wie zäh die Gerichte einem Wiederauf⸗ nahmegesuch sich zu widersetzen pflegen. Von rund 19 500 Wucher⸗ gerichtsfällen haben im Jahre 1920 nur 22 zu einer Wieder⸗ aufnahme geführt, im Jahre 1921 von rund 15 000 Wucher⸗ gerichts fällen 42. )

Und nun entsteht die Frage, ob es sich empfiehlt, das Er⸗ gebnis dieser Rechisprechung in einem Akte der Gesetzgebung zu befestigen. Das ist, meine Damen und Herren, einerseits eine psychologische und andererseits eine technische Frage. Eine psycho⸗ logische Frage deshalb, weil jede auch nur scheinbare Lockerung der Wucherbestimmungen gerade in einer Zeit ungeheurer Preis⸗ steigerung wie dieser sehr gefährlich zu wirken geeignet ist, eine technische Frage aber aus folgendem Grunde: Der Begriff des übermäßigen Gewinns ist ein nationalökonomischer Begriff. Nationalökonomische Begriffe haben fließende Ränder, sind elastisch, sind dem Einzelfall anpaßbar; juristische Begriffe sind scharf⸗ vandig, sind allgemein, sind unzweideutig, wenigstens ihrem Ideal nach. Es stellt uns nun der Wunsch, durch einen gesetzgeberischen Akt den Begriff des übermäßigen Gewinns zu umschreiben, einen nationalökonomischen Begriff juristisch festzulegen, vor eine schlechterdings nicht voll lösbare Aufgabe, vor eine Quadratur des Zirkels, vor die Aufgabe, einerseits den individualisierenden elastischen nationalökonomischen Charakter des Begriffs festzu⸗ halten und ihm andererseits doch zugleich die Unzweideutigkeit eines juristischen Begriffs beizulegen. Bei jeder Formulierung, wie sie immer sein mag, ist das Ideal vollkommener Scharf⸗ randigkeit für den Begriff des itbermäßigen Gewinns nicht er⸗ reichbar. Schon dadurch, daß man den Begriff der Notmarktlage im Gegensatz zur normalen Marktlage verwendet, wird immer ein Element des richterlichen Ermessens, ein Element der Billigkeit darin bleiben.

Meine Damen und Herren! Eben deshalb ist die Heran⸗ ziehung von Sachverständigen, wie sie in der Entschließung des Ausschuffes vorgesehen wird, durychaus zu begrüßen, nur würde ich gewünscht haben, daß unter den Sachverständigen, die be⸗ sonders namhaft gemacht werden, auch die Preisprüfungsstellen mitgenannt worden wären.

Ich bitte Sie also, unter Ablehnung des uns vorgelegten Antrags den Entschließungen des Ausschusses Folge zu geben.

Abg. Hammer (D. Nat.): Die Verhältnisse haben sich so grundlegend geändert, daß man den übermäßigen Gewinn nicht mehr als Merkmal der Preistreiberei ansehen kann. Es muß vor allem berücksichtigt werden, daß der Kaufmann heute bei jedem Wiedereinkauf von Waren erhöhte Preise zahlen muß und daß dadurch sehr erhebliche Mehranforderungen an das Be⸗ triebskapital gestellt werden. Zu dem Gewinn muß er also einen angemessenen Zuschlag sfür diese erhöhten Wiederanschaf⸗ fungskosten schlagen dürfen, da sonst viele Gewerbetreibende bald nicht mehr in der Lage sein werden, noch neue Waren an⸗ zuschaffen. Vielfach ziehen die Wuchergerichte leider Sachver⸗ ständige zur Beurteilung der Sachlage nicht heran. Wir müssen mit aller Entschiedenheit darauf bestehen, daß dafür Vorsorge getroffen wird, daß vor der Erhebung einer Anklage in Zweifelsfällen Sachberständige unbedingt gehört werden. Nicht ein übermäßiger Gewinn, sondern ein übermäßiger Preis stellt Wucher dar und diesen Wucher mit legislativen Mitteln ver⸗ schärft zu bekämpfen, sind auch wir bereit. Im übrigen stimmen wir dem gemeinsamen Antrage des Zentrums, der Demokraten und der Deutschen Volkspartei zu, der unseren Forderungen entspricht. ;

Abg. Sivkovich (Dem.): Die Wuchergesetzgkung darf nicht zu Schikanierungen oder Schädigungen einzelner Ge⸗ werbetreibender führen. Verurteilungen, die für die Ehre des Betroffenen und für sein Fortkommen von verhängnisvoller Bedeutung sein könnten, sollten nur bei schweren zweifelsfreien Verstößen gegen die betreffende Allgemeinheit erfolgen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß es im Interesse einer Gesun— dung der deutschen Wirtschaft unerläßlich ist, daß wir von den Bestimmungen über den Begriff des Preiswuchers, die heute geltendes Recht sind, abgehen. Es muß möglich sein, daß der Gewerbetreibende den Anschaffungspreis, den nde sörets⸗ und den Wiederanschaffungspreis berücksichtigt. Wir erleben es täg⸗ lich, daß zahlreiche Kaufleute einfach nicht mehr in der Lage sind, neue Waren anzuschaffen. Wir stimmen der Ausschußent⸗

aufgibt, nach welchen die dem

Sachberständige das Zustande kommen

brauchern muß es kl 63 . P 6 we

Darauf ist zurũckzuführen.

. zu inen, He ern Wefterdestehen der Wirtschaft ge= währleistet. ö Abg. Kraetzig (Soz ); Der Antrag, der von dem Zentrum,

ben Demokraten und der Beatschen Volksparkel in letzter Stunde ein

ür alle Lohn- und Gehaltsempfänger unerträglich wäre, denn danach oll das ganze Risiko der Unternehmer auf die Verbraucher abgewälzt werden. Der Gesetzentwurf bedeutet nur einen schwachen Versuch, dem Preiswucher entgegenzutreten. Ich hoffe daher, daß das Zentrum und die Bayerische Volkspartei die Stellungnahme, die sie im Ausschuß eingenommen haben, hinterher nicht ändern. Auch wir erkennen an, daß die in der Preistreibereiverordnung vorgesehenen Merkmale für den Begriff des Wuchers reformbedürftig sind, aber der Antrag geht weit über das erforderliche Maß hinaus und bedeutet, daß man den Teufel mit Beelzebub austreiben will. Die ganze Aktion geht offenbar vom Großhandel aus, der unerfüllbare Forderungen stellt. Wir sind det be e 4 jeder Kaufmann ann, trachten muß, den Preis der Ware, ben er kaufen will, möglichst zu drücken, daß er sowohl im all⸗ gemeinen wie im eigenen Interesse dem hemmungslosen Hinguf⸗ freiben der Preise Widerstand entgegensetzen muß. Wenn das Fordern des Wiederanschaffungspreises keinen Preiswucher dar= , dann wäre auch das Zurückhalten der Ware nicht straf⸗ bar. Der Redner wendet sich sehr entschieden gegen die großen Kartelle, die auf die Beseitigung jeder Konkurrenz hinarbeiten und damit die Preise hochtreiben. Wir werden darüber wachen, daß die Regierung bie Entschließung des Ausschusses in bezug auf die Kartelle nicht unbeachtet läßt und daß uns möglichst bald ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt wird. s

. t worden ist, will einen Zustand herbeiführen, der schlechterdings

go Wir müssen ver⸗ langen, daß die Kartelle verpflichtet werden, ihre Beschlüsse öffent⸗ lich bekanntzumachen. Kommissare des Reiches müssen an ihren Sitzungen teilnehmen. .

Abg. Cu ng (D. Vp) Wir sind für Maßnahmen gegen die Preistreiberei. Der reelle Handel muß aber geschützt werden. Bauern wurben im vergangenen Jahre verurteilt, weil sie 40 und 5) Mark für den Zentner Kartoffeln nahmen. Dem Jusatzantrag werden wir zustimmen. Es muß Rechtssicherheit geschaffen werden. In Hamburg wurde ein Kaufmann freigesprochen, während in Perlin ein Kaufmann bei einem gleichliegenden Falle verurteilt, wurde. Für das Handwerk haben wir den Wiederschaffungspreis eingesetzt. 2 1 c 1 1 ,, , kan eine Teuerung nicht verhindert werden. In flerreich lebt man heute durch den Ausberkguf viel teurer. Maßnahmen gegen die Kartelle hat ja der Ausschuß vorgeschlagen.

Abg. Korth au s (Zentr): Die Wuchergesetzgebung hat ihren Zweck sher leider nicht erreicht. Unschuldige Leute sind ihr ver— allen, die durchaus überzeugt waren, ehrlichen Handel zu treiben. Wir werden dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmem. Wir wänschen jedoch Cine Erleichterung des Wiedergufnah meberfahreng. Dem Ausschuß tst es auch nicht gelungen, die. Tatbestandsmerkmale des Preigwachers in definieren, Die Heranziehung von Sachber—= ständlgen ist vom Ausschuß einstimmig gebilligt worden. Ich kann nicht berstehen, daß der Zusatzantrag einen wesentlichen Unterschied ur Ausschußentschließung darstellt. Wenn man die Kartelle für die Preistyeiberei schuldig macht, dann muß man doch mit dem klernen RKaufmam Mitleid haben. Maßnahmen gegen die Kartelle müssen unbedingt getroffen werden. Ich bin längst der Meinung, daß die Ausenhemdel sstellen mehr Unfug anrichten als sie Gutes tun. Nächstes Jahr sollten sie endgültig von der Bildfläche verschwinden.

Abg. Unterleitner (U. So)): Dem Gesetzentwurf und den Ausschußentschließungen stimmen wir zu. Die Zusatzentschließung lehnen wir ab. Die bürgerlichen Parteien haben durch ihre Ver. schleppungstaktik die Vorlage vom Dezember 1921 ab aus dem Aus Guß nicht herauskommen lassen. Die Wuchergesetzgebung muß noch

; 3 z 8. z 23 ö 6 * 181 Mm erheblich verschärft werden. Vieher einen unschuldigen Wucherer ver⸗ urtellen, als inen Schuldigen laufen zu lassen. Wenn die Kahita— siftische Wirtschaft beseitigt wird, dann wird es auch keinen Wucher mehr geben. (Lebhafter Beifall links.)

Abg. Dr. Herzfeld (Komm.): Das Gesetz in Verbindung mit den Ausschußentschließungen und dem eingebrachten Abänderungs⸗ amtrag würde nicht eine Maßnahme zur Hintanhaltung der Bewuche⸗ rung, sondern eine solche zur Begünstigung der Ausbeutung sein. Hin ter diesem Gesetz stehem die Wirtschaftskreife, die auch die Mörderzentralen finanzieren. Wenn die Regierung die Ausschuß⸗ entschließungen befolgt, dann wird und kann die Rechtsprechung dem Wucher noch viel weniger zu Leibe gehen als jetzt. Die großen Barmwollspinnereien haben ungeheure Gewinne erzielt, während ein großer Teil der Bevölkerung kaum noch inen anständigen Rock oder ein Hemd auf dem Leibe hat. Aber kein Staatsgnwalt findet sich, der hier gegen diesen unerhörten Wu einschreitet. Der Wucher auf allen Gebieben kann wirksam nur bekämpft werden durch die organi- sierte Arbei terschaft selbst. So muß die Vevisen kulation durch Vertreter der Arbeiterschaft kontrolliert, die Verschleppung des Geldes nach dem Ausland durch die Arbeiter verhindert werden.

Reichswirtschaftsminister Schmidt: Maine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, zum Abschluß der Debatte wenige Worte noch zu dem bereits dargelegten Standpunkt der Reichs⸗ regierung zu sagen, und zwar mehr von allgemein⸗volkswirtschaft⸗ lichen als von juristischen Gesichtspunkten ausgehend! Ich möchte insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen der letzten drei Redner, die wir gehört haben, unterstreichen, daß die Reichs⸗ regierung und ich am allerwenigsten nicht geneigt sind, bei den Verordnungen über die Preistreiberei und über den Wucher irgendwelche Erleichterungen zu gewähren, die geeignet wären, in der Verfolgung der Preistreiberei und des Wuchers Erschwernisse zu schaffen. Dies wäre in der gegenwärtigen Zeit geradezu uner- tragbar. Ich muß hier auch aussprechen, daß ich darüber sehr er⸗ staunt war und daß ich es in hohem Maße bedauere, daß hier immer nur von den Klagen des Handels wie der Industrie und von ihrer ungerechten Behandlung durch die Wuchergesetzgebung gesprochen wird, daß aber gerade von diesen Rednern über die Leiden des Verbrauchers in der gegenwärtigen Zeit kein Wort gesagt worden ist. (Sehr richtig! links) Wenn ich in der gegenwärtigen Zeit abzumessen habe, wo die berechtigten Klagen am meisten ertönen müßten, dann dort, wo die Verbraucher und nicht diejenigen in Frage kommen, die für sich aus der gegenwärtigen Konjunktur freie und ungehinderte Preisbildung fordern. (Sehr richtig! links) Der gegenwärtige Zeitpunkt ist zu solchen Anträgen nicht geeignet. Wenn Sie heute schon mit den hauptsächlichsten Preisen an die Weltmarktlage gehen wollen, wozu würde das im Inlande führen? Sie würden dazu kommen, daß innerhalb von vier Wochen, an dem schwankenden Stand unserer Valuta gemessen, sämtliche Preise um 100 v und mehr in die Höhe gehen müßten. Ke ine Regierung kann die Verantwortung für die Folgen einer solchen gesetzgeberischen Maßnahme übernehmen. Ich bin der allerletzte, der diesen Wünschen irgendwie Rechnung tragen kann. (Lebhaftes Bravol links.)

Wir haben alles zu tun, um einer solchen Preisbildung gerade

im gegenwärtigen Augenblick im Interesse unserer Gesamtwirtschaft Einhalt zu bieten. (Sehr richtig! links) Wenn Sie bei den Neu⸗ anschaffungen über die Höhe der erforderlichen Mittel klagen, die die Neuanschaffung von Waren beanspruchen, dann frage ich Sie: wo bleibt dann auf seiten der Verbraucher die Möglichkeit, die Arbeitskraft, ihr Kapital, bei den erhöhten Preisen auf der wirt⸗ schaftlich notwendigen Höhe zu halten? (Sehr wahr! links.) Ferner muß gesagt werden: Suchen Sie an den Gewinnen der Gesellschaften aufzusparen und nicht auszuschütten, wie es eben an den Beispielen der Baumwollspinnereien vorgetragen wurde, wo 100, 200 und 300 vH verteilt worden sein sollen! Behalten die

Gesellschafken blese Gewinne als Bekrlebzkapffal ein, Sann werben die Klagen geringer werden, daß sie kein Kapital haben. Verteilen sie nicht in dem Ausmaße an ihre Aktioncre Dividenden, dann wird ihre Politik als eine weise Fürsorge für kommende Zeiten erkannt werden. Heute gilt es, die Klagen derer zu hören, die unter der enormen Preisbildung ihre Kräfte schwinden sehen, nicht aber Be⸗ schwerden darüber entgegenzunehmen, daß die Wuchervorschriften zu streng gehandhabt wurden. Es werden viel zu wenige gefaßt, sage ich Ihnen. Wir müssen im Gegenteil noch mehr dafür sorgen, daß die Vorschriften auch durchgeführt werden. (Lebhafter Beifall links. Zuruf rechts: Das sagt ein Minister) Jawohl, das sagt ein Minister.

Der Gesetzentwurf über die öffentlichen Bekannt⸗ machungen wegen Preistreibereien und der Gesetzentwurf zur Abänderung der Verordnung über Sondergerichte gegen Schleichhandel und Preistreiberei werden in zweiter Lesung angenommen. Damit ist die Tagesordnung erledigt. :

Nächste Sitzung Sonnabend, 2 Uhr. (Reichskriminalgesetz, Beamtendisziplinargesetz, Zwangsanleihe, Novellen zum Ein⸗ kommensteuer⸗ und Erbschaftssteuergesetz.)

Schluß Tue Uhr.

ge S n z 2 g 2 . . 252 Sitzung vom 15. Juli 1922, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)

Die Sitzung wird um 21½ Uhr vom Präsidenten Löbe eröffnet.

Der Gesetzent wurf über die Ersatzpflicht für beschädigte Reichsbanknoten wird ohne Er⸗ örterung in allen drei Lesungen erledigt und umwverändert an⸗ genommen, ebenso der Gesetzentwurß, betr. die Ab⸗ änderung des Gesetzes über die Metall- reserven der Privat notenbanken vom 13. Juli Læl, nach kurzen Bemerkungen der Abgg. Reichert und Dr. Helfferich (D. Nat.) Es folgt die Beratung eines Antrags aller Parteien, Fragen der Wohlfahrts⸗ pflege einschließlich der Armen fürsorge.

Abg. Meier⸗Zwickau (Soz.): Dieser Antrag ist das Sr⸗ gebnis mehrerer Besprer Die furchtbar steigende Teuerung hat Unterstützung hilf ürf beschädigten und S

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160 060 bis 500 59 *

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schränkt und

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preizgegeben. Ihr einziger Anspruch ist die Armenpflege. Ist es schon bitter und hart für viele dieser Volksgenossen, um Armen⸗ unterstützung vorsprechen zu müssen, so sind noch dazu die Unter⸗ stützungssätze außerordentlich gering. Wenn auch eine ganze Reihe bon Gemeinden die Sätze der Geldentwertung angepaßt haben, so bleibt doch bei der Mehrzahl, auch bei Berlin, noch viel zu wünschen übrig. Die Lösung dieses Problems ist freilich nicht leicht; es muß vor allem eine Definition des Begriffs Rentenloser geschaffen werden. Um den Stein ins Rollen zu bringen, ist der Antrag ge⸗ stellt. Er verlangt, daß die vom Reichstage schon im Mai angeregte Uebertragung der Zuständigkeit für die Fragen der Wohlfahrts⸗ pflege einschließlich der Armenfürsorge vom Reichsministerium des Inüern auf das Reichsarbeitsministerium unverzüglich vor⸗ genommen wird, daß sodann dem Reichstag bei seinem Wöeder⸗ zusammentritt baldigst eine Denkschrift vorgelegt werden soll, in der zu der Frage einer Neuordnung dieser Materie und ins⸗ besondere zu der Frage, welche gesetzliche Maßnahmen zur Be⸗ hebung der Not der von der sozialen Gesetzgebung des Reichs noch nicht erfaßten Volkskreise erforderlich sind, Stellung genommen wird, daß endlich die Länder schon jetzt zu ersuchen sind, auf die Orts- und Landarmenverbände im Sinne einer Anpassung der Unterstützungssätze an die jetzigen Teuerungsverhältnisse ein⸗ zuwirken. Es ist höchst tadelnswert, daß ein solcher Appell an die Länder erst noch besonders gerichtet werden muß, zumal nachdem durch die Schaffung des Notstandsgesetzes eine starke Entlastung der Armenpflege eingetreten ist. Wenn der Antrag angenommen ird, kann die Reichsregierung während der Vertagung des ztags mit den Ländern in der Sache verhandeln und uns m Herbst die Denkschrift und ihre Vorschläge unterbreiten.

Die Krankenpflege ist natürlich hier ausgenommen.

Ohne weitere Erörterung nimmt das Haus den Antrag einstimmig an.

Der Gesetzentwurf über die Errichtung eines Reichspolizeiamts und von Sandes⸗ kriminalpolizeibehörden wird ohne Aussprache dem VI. Ausschuß überwiesen.

Dann folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über die Pflichten eines Beamten zum Schutze der Republik auf Grund der Vorschläge des Rechtsausschusses.

Abg. Schulze (D. Nat): Die deutschnationale Volkspartei erkennt das Recht des Staates an, sich gegen gewaltsame Angriffe zu schützen, und sie ist bereit, dem Staate die nötige Handhabe da⸗ zu zu bieten. Den vorliegenden Gesetzentwurf lehnen wir aber als zu weitgehend entschieden ab. Das Ziel des Gesetzes ist die völlige Entrechtung der Beamten und die Beseitigung des Berufsbeamten⸗ tums, nicht aber der Schutz der Republik. Wem verdankt man denn das Bestehen der Republik? Doch nur den Beamten, die am g. Nobember sich nicht als Diener einer Partei, sondern des ge⸗ samten Volkes gefühlt und deshalb ihre Dienste auch der neuen Staats orm zur Verfügung stellten. Diese Pflichttreue der Be⸗ amten ist auch von der ersten republikanischen Regierung anerkannt worden. Vor Weimar und in Weimar ist den Beamten ausdrück⸗ lich zugesichert worden, daß an ihren wohlerworbenen Rechten nicht gerüttelt werden würde. Ausdrücklich ist von Regierungsseite er⸗ klärt worden, daß die Leistung des Eides auf die Verfassung die staats bürgerliche Freiheit der Beamten in keiner Weise beeinträch⸗ tige. Daß das Berufsbeamtentum der Sozialdemokratie ein Dorn im Auge ist, zeigt auch diese Vorlage. Sie will die politische Ent⸗ rechtung der Beamten und die Beseitigung mißliebiger Beamten. Das Gesetz wendet sich gerade gegen diesenigen, die den Staat, auch die Republik bisher geschützt haben. Auch beim Kapp⸗Putsch, als es keine Regierung gab, war es die pflichttrene Beamtenschaft, die das Staatsschiff weiterführte. Beim Eisenbahnerstreik, wo die Regierung zur Wahrung ihrer Autorität energisch hätte eingreifen müssen, hat man äußerste Milde walten lassen; , . sieht dieses Gesetz scharfe Strafen vor für die Beamten, die ihre Gesinnung nicht schnell genug wechseln können. Gerade die pflichttreusten und bewährtesten Beamten will man unter ein Ausnahmegesetz stellen. Glauben Sie (zur Linken) durch Gesetzesparagraphen die Republik schützen zu können? Wenn die Republik in drei Jahren nicht ver⸗ standen hat, den Beamten das Wohnen in ihrem Hause angenehm zu machen, dann wird man es auch nicht mit diesem Gesetz er⸗ reichen, das ein in der Geschichte unseres Staates unerhörtes Aus⸗ nahmegesetz darstellt. Sie (zur Linken) wollen an Stelle der er⸗ probten alten Beamten andere setzen, für die aber die erste Be⸗ dingung die sozialistische Gesinnung ist. Erfreulicherweise ist es uns gelungen, bei den Ausschußberatungen dem Gesetzentwurf einige Giftzähne auszuziehen. Auch der Sozialdemokratie gingen einige Bestimmungen der Regierungsvorlage zu weit. Ich wiederhole

Ker e ed, mn d dnnn, , , neler in der Deffentlichkeit von seinem Rechte Gebrauch machen darf, an der Verfaffung und an der Staatsgewalt Kritik zu üben. Tie Regie⸗ rung zeigt sich auch bei diesem Gesetz als ausführendes Organ der 1 In letzter Zeit ist ein Gesetz nach dem andern ge⸗ macht worden, durch das die . reieste de, n, . Welt eingeschränkt wurde. Wir stehen auf dem Boden der erfassung und respertieren die Staats form, unter der wir leben, aber wir ver⸗ langen, daß auch die Regierung die Verfassung achtet. Ber Beamte hat selbstverständlich Pflichten gegen den Stagt. aber er hat auch berfassungsmäßige Rechte, gegen deren Beschränkung meine Parte stetz Front machen wird. Ich warne die Regierung. Jeder Druck erzeug? Gegendruch und jeder Druck erhöht die Srl oft ergft. Die Beamten werden sich 6 en, weil sie sich eben als Diener des Staates fühlen, aber das 6 9 wird das Gegenteil von dem sein, was es bezweckt. (Beifall bei den Deutschnationalen, tronische Zu⸗ stimmungs rufe links.)

Durch Ste Ausshußberatun gen stnd wesentliche der Vorlage herausgebracht worden. Ziel ist es, das Verhältnis des Beam len Staat so zu regeln, daß einerseits i des Beamten

erspruch war

Volksteiles im Be⸗

Yz Sirr ? Vie X inte

grundsätzlich auf dem Boden der vollkommenen staatsbü

Freiheit der Beamten, genau so wie ste jeder andere Staatshürge hat. (Zustimmung) Beim Diensteid muß det Beamte nicht

die bestehende Stägtsform, sondern auf die Verfassung festgelegt werden. Selbstverständlich muß der Beamte bei politischer Agi tation ein besonderes Maß von Takt haben. Politische B t müssen sich Beschränkungen gefallen lafsen, wie das unter Bis- marck ebenfalls gewesen ist. Wir sind grundsätzlich für die Bei- behaltung des Beru] die rechtsstehenden Beamten hätten den Eisenbahnerstreik wesent⸗ lich bekämpft, so nehme ich für viele Beamte anderer Richtung die gleiche Pflichterfüllung in Anspruch. Die bestehende Stagtsform zu stärken, gleichzeitig aber für die staaisbürgerliche Freiheit der Beamten bie Grenzen zu ziehen, die sich aus den tatsächlichen Be⸗ dürfnissen ergeben, dieses Ziel haben wir in den Ausschußverhand= lungen zu erreichen versucht. Weitere Berschärfungen des Gesetzes sind für uns unannehmbar. (Lebhafter Beifall in der Mitte.)

Abg. Dr. Scholz (D. Vp.): Die Ausschußverhandlungen er- innerten lebhaft an das berühmte rechte Hand, linke Hand, alles vertauscht“. Die Rechtsparteien sind lebhaft für den Grundsatz eingetreten, daß niemand seinem ordentlichen Richter entzogen werben darf, die Linksparteien bekundeten eine starke Sehnsucht nach dem von ihnen so verurteilten Obrigkeitsstaat und verrieten sogar Sympathien J mittelterliche Schreckenskammern. (Heiter⸗ keit rechts. Die Regierung betonte entschieden die augenblick⸗ liche unbedingte Notwendigkeit des Gesetzes; andererseits mußte man sich wundern, daß sie immer und immer wieder ausführte, es handle sich gar nicht um etwas Neues, es stehe ja alles schon im Reichsbeamtengesetz, man könne den gemachten harmlosen Vor- schlägen ruhig zustimmen, es werde an dem augenblicklichen Zu⸗ stanid durchaus nichts geändert. cheiterkeit rechts.) Diefen letzteren ZJustand halten auch wir für richtig und das ganze Gesetz . unnötig. (Sehr wahr! rechts) Er⸗ ,, at auch der Zentrumsvertreter diese Auf- assung geteilt, wenn auch vielleicht seine Partei nicht die gleichen Konsequenzen zu ziehen entschlossen ift. Der Rechten hat man vorgeworfen, ste hätte den Obrigkeitsstaat ausgenutzt, um parteipolitische Geschäfte zu betreiben; der Linken wird von der Rechten jetzt der gleiche Vorwurf mit Bezug auf den Gegenwartsstaat gemacht. Die Vorwürfe scheinen sich also aufzuheben, und es könnte als guter Rat erscheinen, sie auf sich beruhen zu lassen. Aber ein gewisser Unterschied besteht denn doch: wir leben, wie uns von links stets und ständig versichert wird, im freiesten Staate der Welt; das frühere Deutsche Reich hat auf diese Bezeichnung niemals Anspruch gemacht. Wir haben uns alle auf diefen freiesten republikanischen Staat gefreut, aber wohin ist er entschwunden? (Große Heiterkeit) Eine Gesetzes⸗ macherei, die damit beginnt, den Beamten nicht nur die Grund⸗ rechte des Beamten, sondern die Grundrechte des Menschen zu nehmen, ist mit freiheitlicher Auffassung überhaupt nicht mehr zu vereinigen. Wir haben durch das Gesetz eine ganz neue, bis

dahin unbekannte Kategorie von Beamten kennengelernt, nämlich

diejenigen, die mit dem besonderen Schutze der Republik betraut sind. Glücklicherweise sind diese jetzt so einwandsfrei bezeichnet, daß ein jeder von ihnen weiß, daß er mit diesem besonderen Schutz betraut ist und daß ihm besondere Pflichten obliegen. Ursprũnglich hatte der Entwurf in diesem Punkte keine genügende Deutlichkett, ließ vielmehr jeder Willkür freie Bahn. Trotz der im Ausschuß hier erfolgten Verbesserung bleibt so viel übrig, was auf dem Gebiet der Gesinnungsschnüffelei liegt, daß wir unfere Zustimmung nicht geben können. Der im Entwurf vorgeschlagene Disziplinar⸗ enat erschien als ausgesprochenes Ausnahmegericht, er ist im lusschuß gefallen, dieser hat als Ersatz eine Aenderung der Zu⸗ sammensetzung der Kammern und des Disziplinarhofs vorge⸗ chlagen, gegen die wir deswegen Front machen müssen, weil dari

as richterliche Element außerordentlich verringert ist. Wir werden daher auch gegen die Ausschußvorschläge stimmen. Weiter wird eine nicht unerhebliche Ausdehnung der Gruppe von politischen Beamten vorgeschlagen, die jederzeit ohne Verfahren in den einst⸗ weiligen Ruhestand versetzt werden können. Mir scheint guch hierin wie bei dem Disziplingrsenat eine Aenderung der Ver- fassung vorzuliegen, weil wohlerworbene Rechte der Beamten kaffiert werden. Die eingebrachten Abänderunzsanträge, so den auf Wiederdherstellung der Vorlage im Punkte des Disziplinarsenats, werden wir samt und sonders ablehnen. Darüber hinaus bean⸗ tragen wir, den vom Ausschuß vorgeschlagenen Zusatz zu 8 10a zu streichen, der dem Reichsbeamten untersagt, in der Deffentlichkeit gehässig oder aufreizend die Bestrebungen zu fördern, die auf Gl here fur, der Monarchie oder gegen den Bestand der Republik gerichtet sind oder solche Bestrebungen duych Ver⸗ leumdung, Beschimpfung oder Verächtlichmachung der Republik oder von Mitgliedern der im Amt befindlichen oder einer früheren republikanisch⸗parlamentarischen Regierung des Reichs zu unter- stüͤtzen. Ich wiederhole zum Schluß meine wiederholt an die Re⸗ gierung gerichtete dringende Mahnung, uns nicht immer wieder don Woche zu Woche Gesetze vorzulegen, die an den Grundrechten des Beamtentums rütteln. Es werden davon weit weniger die jetzigen Beamten als der ohnehin schon dürftige Nachwuchs be⸗ troffen. Heute bietet die Beamteneigenschaft als solche keinen besonderen Anreiz mehr, und solcherlei Gesetze sind geeignet, den letzten Rest von Lust und Liebe den Anwärtern außzutreiben. Man soll von den Beamten ehrlichen Dienst verlangen, und ehr⸗ licher Dienst ** von den Beamten geleistet werden, aber man soll ihnen auch alle verfassungsmäßigen Rechte belassen und dazu gehört auch die Gesinnungs⸗ und die Meinungsäußerungsfreihelt. Wir bedürfen der freudigen Mitarbeit der Beamtenschaft, die durch kleinliche Schikane nicht gefördert wird. :

deamtentums. Wenn der Abg. Schulze sagte,

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