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mit Emaillewaren, wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt. — Die Kosten dieser Bekanntmachung in den amtlich vorgeschriebenen Blättern trägt Sieker.
Gelsenkirchen, den 3. Oktober 1922.
Der Oberbürgermeister. J. V.: Sieglar.
Bekanntmachung.
Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) sind bekanntgemacht: ö
1. ber Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 3. Mai 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadt⸗ gemeinde Cassel für die Errichtung einer Volksfüche und eines Jugend— beims, Schaffung eines Aufenthaltsraums sür Sozial- und Klein⸗ rentner und für verwandte Zwecke der Volksversorgung und des öffent⸗ lichen Wohles, durch das Amtsblatt der Regierung in Cassel Nr. 39 S. 263, ausgegeben am 30. 1922; ;
2. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 8. August 1922 betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an das Kom⸗ munale Elektrizitätswerk Mark, Aktiengesellschaft in Hagen i. W. für den Bau von Ueberlandleitungen in den Stadtkreisen Iserlohn, Endenscheid und in den Gemeinden Hohenlimburg, Berchum, Ergste, Fesbemn, Evingsen, Ihmert und Calle des Landkreises Iserlohn sowie zum Bau einer Starkstromfernleitung von Herdecke nach Elverlingsen n der Gemeinde Letmathe des Landkreises Iserlohn, durch das Amts⸗ blaft der Regierung in Arnsberg Nr. 35 S. 423, ausgegeben am 2. September 1922; .
3 der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom S. August 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Ueber— landzentrase Belgard, Aktiengesellschaft in Belgard, für den Ausbau des elektrischen Hochspannungsnetzes im Netzekreis, K reisteil Czarnikau— durch das Ämtéblatt der Regierung in Schneidemühl Nr 34 S 113, ausgegeben am 2. September 1922
4. der Erlaß des Preußischen Stgatsministeriums vom 9. August 1922 betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an das Elek⸗ trizilätswerk Westsalen, Aktiengesellichaft in Bechum, für die Anlagen zur Leitung und Verteilung des elektrischen Stroms innerhalb des Stadtkreises Münster, durch das Amtsblatt der Regierung in Münster Nr. 37 S. 343, ausgegeben am 16. September 1922;
D. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 18. August 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Firma Carl Zeiß in Jena für den Pau einer Hochspannungeleitung im Kreise Ziegenrück von Ziegenrück bis Burgau, durch das Amtsblatt der Regierung in Erfurt Nr. 37 S. 169, ausgegeben am 16. Sep— tember 1922:
6. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 39. Auagust 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadt⸗ gemeinde Düsseldorf für die Erweiterung des Pumpwerks V der stärtischen Wasserwerte, durch das Amtsblatt der Regierung in Tüffeldorf Nr. 38 S. 570, ausgegeben am 23 September 1932
7. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 31. August 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Ge— mesnde Buchenau im Kreise Hünfeld für die Anlage einer Wasser—
2 Horw Row September
gewinnungsanlage, durch das Amtsolatt der Negierung in Cassel Nr. 38 S. 256, ausgegeben am 23. September 1922; 8 der Erlaß des Preußischen Stäatsministeriums vom 1. Sep—
tember 1922, betieffend die Verleihung des Enteignungsrechts an das Märnkische Elektrizitätswerk, Aktiengesellschaft in Berlin, für die Her— . — ; .
stellung der Anlagen zur Leitung und Verteilung des elektrischen
Oststern⸗
Stroms in den Kreisen Königsberg Nm, Landsberg Land, berg Weststernberg. Krossen, Lebus, Soldin, Friedeberg Nm. Guben Land, Spremberg, Arnswalde und Sorau, durch das Amtshlatt der Regierung in Frankfurt a. O. Nr. 8 S. 189, ausgegeben am 23. September 1922;
J. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 1. Sep— tember 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrecht an Das Märkische Eleftrizitätswerk, Aktiengesellschaft in Berlin, für die An⸗ lagen zur Leitung und Verteilung des elektrischen Stroms innerhalb der Kreise Beeskow⸗Storkow, Jüterbon⸗-Luckemvalde, Angermünde, Templin, Oberbarnim und Niederbarnim, durch das Antshlatt der
—
Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 37 S. 401, aus⸗ gegeben am 16. September 1922.
Nichtamtliches. Dentsches Reich.
Der Reichsrat hielt am Donnerstagabend eine öffent⸗ liche Sitzung ab, über die das „Nachrichtenhüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger“, wie folgt, berichtet:
Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragte der Vorsitzende, der Reichsminister des Innern Dr. Köster, am Freitagabend aber⸗ mals eine Vollsitzung abzuhalten, um über die Vorsage, betreffend ein Ruhegehalt für den Reichspräsidenten, zu enijcheiden. Austerdem solle der von den Koalitionsparteien und der Deutschen Volkspartei eingebrachte Antrag, betreffend Abänderung des Artikele 180 der Reichspersassung, auf die Tagesordnung gesetzt werden. Gegen diesen Vorichlag wurkte mehrfach Widerspruch erhoben und auf Antrag, zes bayerischen Gesandten von Preger schließlich die Oeffentlichkeit für diefe Beratung ausgeschlossen. Der Reichsrat hat sich dahin reinigt, daß am Montagnachmittag um 4 Uhr zunächst die Ausschusse äber die betreffenden Vorlagen beraten sollen, worauf dann un— mittelbar nachher eine Vollsitzung stattfinden soll.
Der Preis des Seefahrtbuches warde auf 17 4 mit Gültigkeit vom J. November ab sestgesetzt. — Angenommen wurde ein Gesetz⸗ ent wurf über die Erhaltung der Kriegergräber aus dem Weltkrieg. Zur Erhaltung der Gräber sind danach das Reich und die Länder verpflichtet, aber nur in Ergänzung der Pflege, die den Kriegergräbern ven anderer Seite zuteil wird. Ohne auädtüchliche Bestimmung im Gesetz hat die Regierung keinen Zweisel darßber gelassen, daß sie sich verpflichtet fühlt, den. Ländern eine an— gemessene Kostenentschädigung zu leisten. Auch ist zugestanden, daß bie Länder durch den Reichsrat bei der Festsetzung de Grundsätze sür die zu leistenden Entschädigungen mitwirken. Die Vorlage setzt ein dauerndes Ruheiecht für alle Grundstücke fest, auf denen sich Krieger⸗ gräber befinden.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung des FKeichswahlgesetzes hat in den Reichsratsausschüssen ver⸗ schledene Aenderungen erfahren. Der Entwurf selbst bringt keine grundätzlichen Umgestaltungen des Systemte, sondern beschränkt sich auf Aenderungen, deren Notwendigkeit und Zweckmäßigteit die bis⸗ herigen Wal ln ergeben haben. Die Fälle, in denen ein Wahlschein zu erteilen ist, werden gesetzlich geregelt. Ein Wähler, der in eine Wählerliste oder Wahlkartei eingetragen ist, ist auf Antrag mit einem Wahlschein zu versehen, wenn er am Wahltag außerhalb seines Wohnorts sich aufhält oder ihn so frühzeitig verlassen muß oder fo spät an ihn zurücktehrt, daß er innerhalb, der Wahl zit dort nicht mehr wählen kann, feiner wenn er nach Ablauf der Frist, zur Auslegung der Wählerliste oder Wahlkartei seine Wohnung in einen anderen Wahlbezirk verlegt oder wenn er infolge eines körperlichen Leidens oder Gebrechens in seiner Bewegungsfähigkeit be⸗
hindert ist und durch, den Wahlschein Pie Möglichkeit erhält einen für ihn günstiger gelegenen Wahlraum aufzusuchen.
zähler, deren Namen nicht eingetragen oder gestrichen worden Fi sind auf Antrag mit einem Wahlschein zu versehen, wenn sie wegen Ruhens des Wahlrechts nicht eingetragen oder ge— strichen waren, der Grund hierfür aber nachträglich weggefallen ist, ferner wenn sie Außlandsdeutsche waren und ihren Wohnort nach Ablauf der Frist zur Auslegung, der Wählerlisten ins Inland verlegt haben, oder wenn fie nachweisen, daß sie ohne ihr Verschulden die Frist zur Einlegung eines Einspruchs versäumt haben. Die iim möettel können in Zukunft die Angahe der Partei enthalten. Der Schriftführer bei den Wahlen kann in Zukunft auch aus anderen
blöezirken berufen werden. Wähler, die die Uebernahme eines Zablehrenamts ohne gesetzlichen Grund ablehnen, können mit Geld⸗ strafe bis zu 1500 M bestraft werden. Den Gemeinden sollen in Zukunft für die Wahl Pauschalbeträge vergütet werden Von
Wichtigkeit ist die anrerwestige Einteilung einiger Wahlfreise. Die ]
ö . * Bildung der Einheitsgemeinde Berlin machte eine neue Einteilung 5
der bisherigen Wahltxreise bis 4 (Berlin, Potsdam 1, Pots— dam 11) erforderlich Verwaltungstechniiche Gründe lie zen die Bildung eines einzigen Wahlkreizes trlin am zweckmäßjasten erscheinen. Der neue Wahlkreis 2 (Berlin) wird auch zugleich als Wahlkreisverband zu gelten haben Der von den alten Wahl⸗ freisen 3 und 4 verbleibende ländliche Teil des Regierungs e rirks Potsram mit 1212355 Einwohnern wird den Wahlkreis 3 (Potzdam) ö j j Mablsfress , . . und dieser mit dem Wahlkreis 4 (Frankfurt a. d. Oder — higher Wahlkreis 5 —) den Wahlkreisverband „Brandenburg“ zu bilden haben. Van lle . 5 . 9
31 T5 C= 9: 25* 6 ‚— Da der dentschbleibende Teil von Oherschsesien 13093 8652 Ein—⸗ wohner zählt, soll er als eigener Wahlkreis bestehen bleiben.
schen Regierungshezirken
beiden niederschlesise Wahlkreise
Er wird aber sis zu einem Wahlkreisverband vereinigt. Die großen Ilkre 19 (Westfalen⸗N (Westfalen⸗Süd und 21 (Hessen⸗ Nassau), die s sieben Millionen Einwohner umfassen, sollen in fünf l zerlent werden, so daß auf jeden durchschnittlich nicht mehr als anderthalb Millionen Einwohner entfallen. Die einzelnen Regierungsbezirke der Provinz Westfalen und Hessen-Nassau sind zu selbständigen Wahlkreisen gemacht worden, und der Regierungsbezirk Arnsberg mit 23 Millionen Einwohnern ist in zwei Wahlkreise zer— legt worden. Die neuen Wahlkreise Münster und Minden werden zu einem Wahlkreisverband Westfalen-Nord, und die neuen Wahl⸗ freise Arnsberg⸗West und Arnsberg⸗Ost zu einem Wahlkreisverband zusammengelegt. Die neuen Wahlkreile Cassel und werden mit Hinzutritt des bisherigen Wahlkreises 22 (Hessen⸗Darmstadt) den Wahlkreisverband Hessen bilden. anderthalb Milli⸗
Nord) 20
⸗ 51 1 1
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teilkweise umgestaltet. Die drei rechtsrheinischen bayerischen Wahl⸗ kreise werden in vier Wahlkreise aufgeteilt, wobei die Regierungs— bezirke die Grundlage bilden. Der Regierungsbezirk Oberbayern wiürd als felbständiger Wahlkreis gestaltet; die bisherige Ver— einigung von Niederbayern mit der Oberpfalz bleibt bestehen; von“ dem bisherigen Wahlkreis Franken indessen wird Jer Regierungsbezirk Mittelfranken abgetrennt, und mit dem Re⸗ gierungsbezirk Schwaben zu einem Wahlkreis vereinigt Die Pfalz wird mit Ober- und Unterfranken zu einem Wahlkreisverband Bayern Nordwest“, die übrigen bayerischen Wahlkreise werden zu Wahlkreisperband „Bayern Südost“ zusammengelegt Für sollen künftig auch für die Reichstagswahlen die Be— ssimmungen des sächsischen Landeswahlgesetzes vom 4. September 1520 maßgebend sein, wonach das Land in drei Wahlkreise geteilt wird, von denen der eine die Kreishauytmannschaften Bautzen und Dresden, der zweite die Kreishauptmannschaft Leipzig und der dritte die Kreishauptmannschaften Chemnitz und Zwickau umfaßt Das Ziel der Novelle war, eine möglichste Gleichheit des preußischen Wahl⸗ gesetzes und des Neichswahlgesetzes herbeizuführen. — Die Ausschüsse des? Reichtrats haben die einjährige Karenzzeit für Wählbarkeit in Uebereinstimmung mit dem preußischen Land⸗ tagswahlrecht gestrichen. Der bayerische Gesandte von Preger beantragte, diese Bestimmung wiederberzustellen, da die baverische Regierung gegen die Streichung dieser Kautel die aller⸗ sebbaitesten Bedenken babe. Es wäre die Möglichleit gegeben, daß Ausländer sich unmittelbar vor einer Wahl naturalisieren ließen, dann a den Reichstag gewählt würden und dort wie auch außerhalb des Reichstags ass Abgeordnete vielleicht einen recht ungünstigen Einfluß ausü6bten! Man denke nur an die Zuwanderung der außer— ordentlich vielen fremden Elemente in den letzten Jahren. Da die Reichsregierung und auch der Vertreter der preußischen Regierung sich mit dem baperischen Antrage einverstanden erklärten, wurde dieser ohne förmliche Abstimmung angenommen, es bleibt also bei der einjährigen Karenzzeit. Beschlossen wurde ferner, daß auch die Mit⸗ glieder des preußischen Stgatsrats berechtigt sind, ein Wahlehrenamt abzulehnen. Auf Antrag Preußens wurde beschlossen, mit Rück— sicht auf die am 19. Rovember in Ohberschlesien (ttfindenden Wahlen die Bestimmung, daß die Wahlzettel künftig auch den Namen der Partei enthalten dürfen, hesonders gesetzlich vorweg geregelt wird Im übrigen wurde die Von nach den Ausschußbeschlüssen an⸗ genommen.
, einem Sachsen
Die vereinigten Ausschüsse des Reichtrats sür Rechtspflege und für innere Verwaltung hielten heute eine Sitzung.
—
Der Königlich ungarische Gesandte Dr. von Emich ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandt— schaft wieder übernommen.
Deutscher Reichstag. 253. Sitzung vom 18. Oktober 1922. dachtrag.
Die Rede, die bei Beginn der ersten Beratung des Ent⸗ wurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes über die Regelung des Verkehrs mit Getreide aus der Ernte 1922 der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Fehr gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Damen und Herren! Der Reichstag hat in Erweite— rung der Regierungsvorlage bei der Beratung der letzten Ver⸗ ordnung über den Verkehr mit Getreide die Preise im Gesetz festgelegt, die für das erste Drittel der Umlage zu gewähren sind, und bestimmt, daß für den Roggen pro Tonne 6900, für Weizen 7400, für Gerste 6700 und für Hafer 6600 Mark zu bezahlen sind. Zur Zeit der Festsetzung dieser Preise war nicht anzunehmen, noch weniger vorauszusehen, welch katastrophale Entwicklung unsere Geldentwertung nimmt. Damals stand der Dollar auf 317 bis 375 Mark. Jetzt hat er sich auf 2800 Mark, also um das Acht— bis Neunfache, erhöht. Der Inlandsmarktpreis betrug Ende Juni für Weizen 15900 bis 18000 Mark pro Tonne. Jetzt steht er auf 130 000 Mark, also dem zehnfachen Betrag von damals. Der Roggen hatte in der damaligen Zeit am Markte einen Preis von 11509 bis 12250, und heute hat er den Preis von 120 009 Mark pro Tonne überschritten.
Die Regierungsvorlage, die eine Aenderung der Preise, und zwar in der Höhe von 20 500 Mark pro Tonne Roggen und 2500 Mark pro Tonne Weizen vorsieht, ist nichts anderes als die Konsequenz in bescheidener Form, die sich aus der Tatsache der Verschlechterung der allgemeinen Wirtschafts⸗ lage eygibt. Die bestehenden Preise entsprechen aber auch in keiner Weise mehr den Grundsätzen, die die Regierung jederzeit für die Bemessung der für das Umlagegetreide zu bezahlenden Preise auf⸗ gestellt und an denen sie bisher festgehalten hat. Ich habe gleich zu Beginn meines Amtsantritts darauf hingewiesen, daß der Landwirtschaft für die Ablieferung des Brotgetreides auf Grund der Umlage auskömmliche Preise zu bezahlen sind und unter allen Umständen die Gestehungskosten, ein angemessener Gewinn und ein Anteil für den Wiederanbau gewährt werden müssen. Diesen Grundsatz habe ich bei jeder Gelegenheit verfochten, habe im be—
sonderen auch bei den Beratungen, die über die Vorlage im Volks⸗
80 18den
wirtschaftlichen Ausschuß und hier im hohen Hause stattgefunder haben, wiederholt auf ihn hingewiesen, Preisbemessungsgrundsatz nicht, wie allenthalben erst durch Anregung Dritter zu eigen gemacht. Ich wiederhole: diesen Grundsätzen wird durch die alten Preise in keiner Weise mehr Rechnung getragen, weil die Verhältnisse sich innerhalb des Pioduktionsvorganges geändert haben ünd inzwischen die Produk⸗ e
und habe mir diesen behauptet wird,
tionskosten sich ganz bedeutend verändert haben.
Bei der Kritik, die unmittelbar nach Erlaß der Vorlage übe die Preise eingesetzt hat und die sich in der Hauptsache darauf er⸗ streckte, daß der festgesetzte Preis ein politischer Preis, als Er— gebnis von Kompromißverhandlungen sei, der Billigkeitsgründen nicht entspreche, ist mir der Vorhalt gemacht worden, daß ich die Preise unwidersprochen übernommmen habe und infolgedessen den Grundsätzen, die für die Bemessung des Brotpreises aufgestellt worden seien, untreu geworden sei. Dazu darf ich darauf hin⸗ weisen, daß in der damaligen Zeit die Preise, die, das sei zu— gegeben, das Ergebnis von schwierigen Verhandlungen und Ver⸗ einbarungen waren, den Gestehungskosten tatsächlich entsprochen haben, daß sie außerdem einen angemessenen Gewinn in sich schlossen und für den Wiederanbau den Landwirten einen ent⸗
Dies auf Grund
sprechenden Anteil zur Verfügung stellten. Indexkommission, laufend fest⸗
der Berechnungen und Aufstellungen der welche die Verschiebung der Gestehungskosten daß die objektive Stelle
stellt. Ich mache dabei darauf aufmerksam, Indexlommission als solche eine absolut
ist, die diese Preise auf Grund von Ergebnissen aus der Praxis ermittelt; sie besteht zu gleichen Teilen aus Landwirten, aus Verbrauchern und in dritter Linie auch aus Arbeitnehmern. Die Feststellungen, die die Indexkommission vor Beratung der letzten Vorlage gemacht hat, ergaben unzweideutig, daß die Preise, wie sie vom Reichstage festgelegt worden sind, nach den damaligen Verhältnissen den Grundsätzen, die ich aufgestellt und jederzeit ver⸗ treten habe, voll und ganz entsprochen haben. Dabei ist allerdings zu beachten, daß bei den Feststellungen der Indexkommission die Wertzahlen für Juli und August schätzungsweise angenommen werden mußten, und zwar unter der Annahme, daß sich die Ver⸗ hältnisse im allgemeinen mit der Entwicklung der Wirtschafts⸗ verhältnisse in den gleichen Monaten des Vorjahres decken würden. Nun ist aber gerade innerhalb dieser Zeit eine ganz wesentliche Verschlechterung in unserer Wirtschaftslage eingetreten, und der Beginn der Entwicklung der katastrophalen Geldentwertung ist ge⸗ rade in diesen Zeitpunkt gefallen, so daß die schätzungsweise an⸗= genommenen Zahlen der tatsächlichen Entwicklung in keiner Weise entsprechen. Das ist in diesem Jahre für die Feststellung und für die Gerechtigkeit und Billigkeit der Preise um so schwerwiegender, als zwei wichtige Vorgänge im Produktionsgang der Witterung wegen ganz in diese Zeit hineinfallen. Der Produktionsvorgang ist nicht beendet mit dem Bebauen der Felder, der Ansaat und mit der Pflege der Felder, sondern er ist erst beendet, wenn das Getreide geerntet und ausgedroschen ist. Die Ernte beanspruchte nun heuer eine übermäßig lange Zeit, und zwar unter Verhält⸗ nissen, die gegenüber den Vorjahren außerordentlich erschwerend und vertenernd wirken mußten. Wir hatten in diesem Jahr in der Ernte um dessentwillen außerordentlich schwierige Verhältnisse, die die Gestehumgskosten gewaltig erhöhen mußten, weil mit Beginn der Ernte das schlechte Wetter einsetzte, was zur Folge hatte, daß erstens der Erntevorgang sich außerordentlich verlängerte, daß die Arbeitsleistung sich gewaltig erhöhte und damit die Gestehungs⸗ kosten eine ganz außerordentliche Steigerung erfuhren. Dies war nicht vorauszusehen und folglich bei den schätzungsweise eingesetzten Zahlen der Berechnungen der Indexkommssion nicht berücksichtigt.
Wenn ich den Grundsatz, daß für die Preisfestsetzung die Gestehungskosten, ein angemessener Gewinn und ein Anteil am Wiederanbau maßgebend sein müssen, vertreten habe, habe ich im allgmeinen das Eiwerständnis mit den einzelnen Parteien dieses Hauses gefunden bis zur Forderung, auch der Landwirt⸗ schaft, wie es bei anderen Erwerbszweigen der Fall ist, einen ent⸗ sprechenden Anteil für den Wiede ranbau zu gewähren. Von den Gegnern dieser Forderung wird darauf hingewiesen, daß der Wiederanbau aus dem Gesamtertrag der Wirtschaft zu vollziehen sei, und die Entschädigung für den Wiederanbau aus dem Ertrag des nächsten Jahres zu suchen sei. Wie falsch dieser Grundsatz ist und wie er systematisch zur Vernichtung der Produktion führen muß (sehr richtig! rechts), geht aus folgendem Beispiel her⸗ vor, das auch für jeden Laien ohne weiteres verständlich ist. Zur Erzeugung eines Zentners Brotgetreide ist je nach den klima⸗ tischen Verhältnissen, nach der Bodenzusammensetzung und Boden⸗ beschaffenheit eine Menge von acht bis zwölf Pfund Saatgut er— forderlich. Im Mittel wird man mit etwa zehn Pfund Saatgetreide zur Erzeugung eines Zentners Brotfrucht zu rechnen haben. Wir fordern nun im Einverständnis mit allen Parteien dieses Hauses im Interesse der Steigerung der Produktion, daß die Landwirt⸗ schaft dazu übergehe, zum Anbau bestes Saatgetreide zu ver⸗ wenden, sich das Saatgetreide bei Saatzüchtern zu erwerben, ertragfähige, sichere Sorten anzubauen, um damit allmählich so weit zu kommen, daß der Ertrag von der einzelnen Parzelle, von der Einheit des Grund und Bodens entsprechend gesteigert werde. Wenn aber dieser Forderung genügt werden soll, ist es notwendig, daß Saatgut zugekauft wird. Bei den Preisen, die mit etwa 45 Mark das Pfund für das Saatgetreide im heurigen Herbste anzulegen waren, erfordern diese zehn Pfund Saatgetveide allein schon einen Betrag von 450 Mark, der für die Beschaffung des Saatgetreides aufzuwenden ist. Der Umlagepreis aber sieht nur eine Summe von 345 Mark pro Zentner geernteter Brotfrucht vor, also im Gesamtertrag nicht die Aufwendung für Saatge tre ide. Aus dieser Tatfache geht ohne weiteres hervor, daß, wenn wir nicht dem Landwirt in dem Preise, den wir ihm für das Umlagegetreide be⸗ zahlen, für Wiederansaat einen entsprechenden Anteil gewähren, dann der Anbau und damit die Produktion in kürzester Zeit zur Unmöglichkeit werden muß.
Die Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt macht mir für die Erhaltung der Saatgutwirtschaften um dessentwillen die allergrößte Sorge, weil auch heuer wiederum die Entwicklung der BVerhältnisse auf dem Markt eine schwere Benachteiligung der Saatgutwirtschaften bedeutet. Zur Zeit der Herbstansaat ist das Saatgut im allgemeinen zum Preise von 4500 bis 5000 Mark an die Landwirtschaft abgegeben worden, und heute haben sich die Preise auf dem freien Markt auf die Höhe von 6000 Mark fit
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*. 1 2. f 2. 2 * 2 2 gas Brolgekreide enfwickelt. Also auch heuer wieder wie im vorigen Jahre ist für die Saatgutwirtschaften die Tatsache gegeben, daß die
freien Marktpreise sich über den Preis des pfleglich besser zu be⸗ handelnden, mit weit höheren Gestehungskosten zu gewinnenden Saatgetreides hinaus bewegt haben. Um die Mißverhältnisse aus⸗ zugleichen, bin ich grundsätzlich nicht abgeneigt, auch den Saatgut⸗ wirtschaften, die nicht Originalsaat abgeben, sondern erste Absaat liefern, für die Abgabe der Sommersaaten wie den Originalsaat⸗ züchtern Entlastung für die Ablieferung der Umlage zu gewähren.
Das Mißverhältnis, das zwischen Umlagepreis und Markt— preis aber im allgemeinen besteht, hat dazu geführt, daß sich die Ablieferung auf das erste Drittel der Umlage ganz außergewöhn⸗ lich verzögert hat. Die Ablieferung beträgt heute auf das gesamte Ablieferungssoll 285 000 Tonnen gegen die etwa vierfache Menge des Vorjahres. Dabei ist zu beachten, daß, wenn das Programm der Versorgung störungslos durchgeführt werden soll, bis zum 31. Oktober zum mindesten eine Menge von 830 000 Tonnen in Händen der Reichsgetreidestelle sein sollte. Die Sorge um die Sicherstellung der Brotwverso ygung war es also in erster Linie, die die Reichsregierung veranlaßt hat, die Frage der Erhöhung der Umlagepreise aufzugreifen. Ich habe die erste Gelegenheit, die sich mir geboten hat, dazu benützt, um mit Ihnen über diese Frage im Volkswirtschaftlichen Ausschuß schon Mitte August zu verhandeln und sie zu besprechen. Die Beschlüsse, die im volkswirtschaftlichen Ausschuß gefaßt wurden, haben dann dazu geführt, daß in dem für die Preisbemessung des zweiten und dritten Drittels ein⸗ gesetzten Ausschuß über die Frage der Festsetzung der Preise für das erste Drittel Untersuchungen angestellt und Verhandlungen gepflogen wurden. Ich habe auf Grund dieser Verhandlungen und auf Grund der Indexzahlen, die für die Monate Juli und August durch Erhebungen einwandfrei festzustellen waren und für die Monate September und Oktober schätzungsweise anzunehmen waren, die Preise vorgeschlagen, die in der Vorlage vorgeschlagen sind. Ich habe in der damaligen Zeit in der Sorge, die Sicher⸗ stellung der Browersorgung unter allen Umständen zu erreichen und die Ablieferung zu fördern, die Absicht ausgesprochen, diese Preise unmittelbar nach dem Beschlusse des Ausschusses dadurch in die Tat umzusetzen, daß ich der Reichsgetreidestelle Weisung gebe, diese Preise für die Ablieferung tatsächlich auch zu bezahlen und mir erst nachträglich die Zustimmung des Reichstages zu erholen.
Diese Absicht hat in den Verbraucherkveisen den allergrößten Widerspruch ausgelöst, und es blieb letzten Endes nichts anderes übrig, als von dieser Absicht Abstand zu nehmen und es der Be⸗ schlußfassung des hohen Hauses zu überlassen, den vorgeschlagenen Preisen Gesetzeskraft zu geben, wie der Preis für das erste Drittel sie überhaupt hatte. Aber ich möchte doch, um Vorwürfen zu be⸗ gegnen, betonen, daß der Ausschuß einen Rechtstitel hatte, sich über die Frage der Preisgestaltung für das erste Drittel zu unterhalten und Beschlüsse zu fassen, und zwar um deswillen, weil der Volks— wirtschaftliche Ausschuß in seiner Mehrheit ihm eine derartige Befugnis erteilt hatte. Ich darf im übrigen auch darauf hin⸗ weisen, daß die Durchführung der Absicht, die Reichsgetreidestelle anzuweisen, vorzeitig die Preise, wie sie in der Vorlage heute vor⸗ gesehen sind, an die Landwirtschaft zu bezahlen, sicherlich eine ge⸗ wisse Befriedigung in der Landwirtschaft ausgelöst hätte. Die neuerlich eingetretene Verzögerung der Festsetzung und Auszahlung dieser Preise hat den Nachteil, daß heute eine Zufriedenheit mit den Preisen nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie dies vor vier Wochen der Fall gewesen wäre. Die eingetretene weitere Verschlechterung des Marktes bringt die vorgeschlagenen Preise in ein starkes Mißverhältnis mit den Marktpreisen und hat in der Landwirtschaft die Unzufriedenheit neuerdings gesteigert.
Neben den geschilderten Ursachen der Verzögerung der Ab⸗ lieferungen ist nicht zu verkennen, daß in diesem Jahre die außer— ordentlich schlechte und ungünstige Witterung mit die Hauptschuld an der Verzögerung der Ablieferung trägt. Es ist doch Tatsache, daß in fast keinem Kreise Deutschlands die Ausdruschkampagne bis jLetzt beginnen konnte. Während der Ernte des Wintergetreides ist in den meisten deutschen Gegenden außerordentlich schlechte Witte—⸗ rung eingetreten, sie hat diese Ernte verzögert bis zum Schnitt des Sommergetreides, dessen Ernte dann erst recht den Erschwernissen durch die Witterung gegenüberstand, die sich bei der Ernte des Sommergetreides in dauerndes Regenwetter verwandelte, so daß das Sommergetreide in vielen Gegenden Deutschlands bis in die letzten Wochen hinein nicht geerntet werden konnte und durchweg die Sommergetreideernte in die Ernte des Grummets hineingefallen ist. Auch die Grummeternte macht im ganzen deutschen Reich die allergrößte Schwierigkeit; in weiten Teilen Süddeutschlands liegt heute noch das Grummet auf dem Felde, und Milliarden⸗ werte drohen der Landwirtschaft durch die Ungunst der Witterung verloren zu gehen.
Inzwischen hat die Kartoffelernte eingesetzt, die neuerdings den Ausdrusch verhindern und verzögern muß, und aus diesen Gründen heraus ist wohl im allgemeinen heute der Ausdrusch noch nirgends recht in Schwung gekommen, so daß tatsächlich nicht da⸗ von gesprochen werden kann, daß es böser Wille der Landwirtschaft sei, daß das Brotgetreide noch nicht in stärkerem Maße ab⸗ geliesert sei.
Es wird bei der Tatsache, daß die Ablieferung so außer— ordentlich zögernd ist, darauf hingewiesen, daß es doch Sache des Reichsministers und der zuständigen Stellen sei, durch die Mittel, die ihm als Zwang zur Verfügung stehen, die Ablieferung zu er— zwingen und zu steigern. Beschlagnahme, Enteignung, Inanspruch— nahme der Haftung, das sind die Mittel, die letzten Endes zwangs- weise angewendet werden könnten, um den Landwirt zu veran— lassen, seiner Pflicht, das Umlagegetreide abzuliefern, zu genügen. Ich muß mir aber doch bei diesen Ratschlägen die Frage vorlegen, ob es denn wirklich möglich ist, auf dieser Grundlage in der Ein— bringung des Getreides rasche, praktische Erfolge zu haben. Das scheint mir mit Zwangsmitteln nicht möglich zu sein.
Um das Getreide möglichst rasch in die öffentliche Hand zu
bekommen, ist erste Voraussetzung eine willige Landwirtschaft, und
ich bin der Ueberzeugung, daß, wenn die Vorfrage, wenn im besonderen die vorausgehenden und dem Ausdrusch vorausgehen müssenden Arbeiten erledigt sind, der gute Wille der Landwirtschaft, selbst bei der grundsätzlichen Abneigung, die gegen das Umlage⸗ gesetz im allgemeinen besteht, nicht fehlen wird, der öffentlichen Hand die für die Versorgung der Bedürftigen erforderlichen Brot— getreidemengen zur Verfügung zu stellen. Das zeigen ja auch die trotz der schlechten Erfahrungen des vergangenen Jahres in den
Wir hören davon, daß die Landwirtschaft in Ostpreußen großzügig eine Hilfsaktion zur Versorgung der minderbemittelten Kreise der Städte innerhalb ihres Gebiets eingeleitet hat. Wir hören von gleichen Aktionen in Pommern, in Mitteldeutschland und besonders in Süddeutschland, und daraus geht doch hervor, daß die Landwirt⸗ schaft im allgemeinen volles Verständnis für die Nöte der darbenden Kreise unseres Volkes hat.
Es werden also die Mittel des Zwanges sicherlich nicht dazu dienen, den guten Willen der Landwirtschaft, die Ablieferung zu betätigen, zu stärken; und wenn der Ernährungsminister, statt Zwangsmittel anzuwenden, für höhere Preise für das Umlage— getreide eintritt, eine Tatsache, die ihm in den Kreisen oberflächlich urteilender Verbraucher sicherlich nicht das Vertrauen erhöhen wird, so ist es in erster Linie die Sorge für Sicherstellung und Besserung und reibungslosen Vollzug unsever Brotversorgung im allgemeinen. (Sehr richtig!)
Wir sprechen dauernd davon, daß wir nur auf dem Wege der Produktionssteigerung in die Lage versetzt werden müssen, all⸗ mählich die gesamten Lebensbedürfnisse aus dem heimischen Boden zu decken und damit am wirksamsten den Ernährungsschwierig⸗ keiten zu begegnen. Wenn wir dieses Wort nicht zum Schlagwort machen wollen, dann dürfen wir nicht dauernd der Landwirtschaft durch Vorenthaltung der Mittel die Möglichkeit nehmen, die Pro⸗ duktionssteigerung auch in die Tat umzusetzen. Ich möchte von vornherein betonen, daß der Wille der Landwirtschaft, die Pro⸗ duktionssteigerungen durchzuführen, tatsächlich in allen deutschen Landen, in allen Teilen des Deutschen Reiches in Erscheinung tritt. Das geht schon aus der Tatsache hervor, daß die deutsche Land⸗ wirtschaft die erhöhte Produktion der deutschen Stickstoffwerke, die auch in diesem Jahre dank der Bestrebungen der Leitung und der Tätigkeit der Angestellten und der Arbeiterschaft dieser Werke auf Ausnutzung der vollen Leistungsfähigkeit der Fabriken um weitere 40 000 Tonnen reinen Stickstoffs gestiegen ist und heute um 150 000 Tonnen bereits den Friedensverbrauch der deutschen Land⸗ wirtschaft übersteigt, bis zum letzten Pfunde abnimmt. Es wird allerdings von gewisser Seite dagegen eingewendet, daß die Land⸗ wirtschaft das tue, um den Dünger zu hamstern, um mit ihm zu spekulieren. (Lachen rechts und im Zentrum.) Die Kritik in dieser weiten Form ist jedenfalls unzutreffend. Aber selbst wenn die Landwirtschaft den Kunstdünger kauft, um mit ihm eine gewisse Sicherung der Werte durchzuführen, dann kommt doch letzten Endes dieser Dünger immer wieder dem Boden und der Produktion zu⸗ gute; denn es ist nicht anzunehmen, daß er dauernd aufgespeichert oder zu anderen Zwecken, für die er dann nicht geeignet ist, ver⸗ wendet wird.
Aus diesen Tatsachen heraus ergibt sich, daß der Wille der Landwirtschaft, die Produktion zu steigern, dauernd vorhanden und gegeben ist. Sehr wahr! rechts. Ich erinnere nur an die Tat⸗ sache, daß trotz der Ungunst der Witterung, trotz des Hasses der Elemente, trotz der herben Kritik, die weite Kreise der Ver⸗ braucherschaft gegen die Landwirtschaft treiben, trotz des Leute⸗ mangels die Landwirtschaft bestrebt war, auch im heurigen Jahre die Ernte zu bergen und den Wiederanbau zu betätigen. Die Landwirtschaft hat Vertrauen in sich selbst, in die Kraft ihres Bodens, und sie hat Gottvertrauen. Sie hat Glauben an sich selbst und hat daher Liebe zur Arbeit. Ich möchte nur wünschen. daß diese Liebe zur Arbeit Gemeingut des deutschen Volkes werde, wie sie Eigenschaft der Landwirtschaft ist. Dann haben wir den ersten Schritt getan, um aus der dunklen Gegenwart in eine lichtere Zukunft zu kommen. (Lebhafter Beifall. — Zuruf von der äußersten Linken.)
verschiedensten Gegenden Deutschlands eingeleiteten Hilfsaktionen.
259. Sitzung vom 19. Oktober 1922, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichten büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“). )
Eine Interpellation des Abg. Dr. Stresemann (D. Vp. ), betreffend kom munistische Ausschrei⸗ tungen am 15. Oktzo ber, wird innerhalb der geschäfts⸗ ordnungsmäßigen Frist beantwortet werden.
Die erste Beratungder Vorlage, betreffend Erhöhung der Umlagepreise für Getreide (für daserste Drittel der Umlage), wird fortgesetzt.
Abg. Blum (Zentr.): Es ist falsch, den Landmann des Egois⸗ mus zu bezichtigen. Ich erinnere nur an die Aufrufe, worin die Landwirte zu Spenden für die Notleidenden aufgefordert wurden. Der Bauer ist sich seiner sozialen Pflichten stets bewußt gewesen und arbeitet fleißig. Mit Befriedigung können wir feststellen, daß Industrie und Landwirtschaft zielbewußte Produktionspolitik ge⸗ trieben haben, um uns vom Ausland unabhängig zu machen. Unsere Volkswirtschaft verträgt aber keinen Zickzackkurs. Das Zen⸗ trum hat zielbewußt sich bemüht, die Zwangswirtschaft in die freie Wirtschaft überzuführen. Unsere Ziele auf dem Gebiet der Er— nährungspolitik sind in der Entschließung unseres Parteigus⸗ schusses niedergelegt. Die Zwangswirtschaft ist endgültig erledigt, das hat auch der letzte Reichskommissar für Volksernährung vorausgesagt. Es ist traurig und erschreckend, zu sehen, wie gerade der Körnerbau unter der Zwangswirtschaft zurückgegangen ist. Bei der schlechten Ernte dieses Jahres ist die Umlage besonders drückend, um so mehr, als die Befreiung von der Umlage viel zu schematisch ist. Zur Preisfrage ist zu betonen, daß die Landwirt⸗ schaft keineswegs unabhängig vom Dollarpreis ist. Der Dollar⸗ preis beeinflußt wesentlich die Erzeugungskosten. Wie in den Richtlinien der Zentrumspartei betont wird, ist die Hauptsache . unsere Volksernährung eine großzügige Produktionspolitik im
nteresse der Verbraucher wie Produzenten. Für die Landwirt schaft müßte der Dünger verbilligt werden, dann kann auch mehr Brolgetreide angebaut und der Brotpreis verbilligt werden. Der Landwirtschaft müßte vom Reich Kredit gewährt werden zur Düngerbeschaffung, wie es einzelne Staaten, namentlich Bade bereits in anerkennenswerter Weise getan haben. Wir hoffen, par es das letztemal . wird, daß wir hier über eine Umlage debattieren. (Beifall im Zentrum.)
Abg. Cuno (D. Vp. : Wir sind Gegner der Zwangawirt⸗ schaft. Die Getreideumlage ist gegen uns beschlossen worden, und zwar in einer Form, die man nur als traurig bezeichnen kann. Grundlage unserer traurigen Wirtschaft ist der Vertrag von Versailles, ohne dessen Abänderung wir nicht borwärts kommen. Wenn wir unsere Landwirtschaft nicht preisgeben und verelenden lassen wollen, müssen wir beizeiten vorbeugen. Der Minister hat erfreulicherweise nicht von der Teuerung“ ge⸗ prochen, fondern das Kind beim richtigen Namen genannt und von der Geldentwertung gesprochen. Die Landwirtschaft muß doch von dem Erlös ihrer Produkte den Betrieb aufrechterhalten. Kohle ist auf das 450fache des Friedenspreises gestiegen, Eisen auf das 416fache, die Futtermittel auf das s00fache, Der Preis der Produkte muß so berechnet werden, daß der Wiederbeschaffungs⸗
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) Mit Ausnahme der danch Sperrdruck hervorgehobenen Rede der Herren Minister, die in Wortlaute wiedergegeben sind. 3
preis Ferauskommt. Die Getreideumlage soll jetzt von einem kleinersn Teil der Landwirte aufgebracht werden als im vorigen Jahre. Dieser Teil ist daher überlastet, und wir werden die Herabsetzung der Umlage beantragen. Die Industrie kann sich auf einen anderen Artikel umstellen, wenn ein Artikel nicht mehr lohnt. Wir dürfen aber die Landwirtschaft nicht zwingen, zur exlensiven Wirtschaft überzugehen, das heißt weniger Körner zu bauen, damit sie sich überhaupt aufrechterhalten kann. Auch der Reichsarbeitsminister hat schließlich fich damit einverstanden erklären müssen, daß bei der Preisgestaltung der normale Wieder⸗ beschaffungspreis zugrunde gelegt werden muß, wenn nicht die Substanz unseres Volksvermögens angegriffen werden soll. Die zwangsweise Ablieferung von 255 Millionen Tonnen Getreide kann den Brotpreis nicht verbilligen. Das ist auch von sozial— demokratischer Seite zugegeben worden. Der Preis des Getreides muß nach der Marktlage berechnet werden. Eine zu lange Auf⸗ rechterhaltung der Zwangswirtschaft muß fich in der Zukunft rächen, wie die Beifpiele von Frankreich und Rußland gezeigt haben. Unser letztes Ziel muß die Steigerung der Produktion sein; die Landwirtschaft ist bestrebt, am Wiederaufbau unseres Vaterlandes mitzuarbeiten. War es doch vor dem Kriege ihr höchster Stolz, unser Nährstand zu sein. Darum müssen wir sie lebensfähig erhalten. (Beifall rechts.
Abg. Dr. Böhme (Dem): Wir sehen hier leider wieder vor
uns den Gegenlatz von Stadt und Land. Aber unsere Not ist nicht einem einzelnen Stand zur Last zu legen, sondern der durch den Friedensvertrag geschaffenen Lage. Unsere Aufgabe ist es, nicht zu schüren, sondern aufzuklären; die Regierung sollte die Verhält⸗ nisse dem Volke klar darstellen. Der frühere sozialdemokratische Staatssekret ir August Müller (Lachen links) hat die Dinge klar⸗ estellt, und , über seine Darlegungen nicht lachen. 2 Fetreideanbeufläche ist seit 1913 um 25 Proz. zurückgegangen. Das zeigt, daß nicht genügend für die Hebung der Produktion geschehen ist. Deshalb begrüßen wir diese neuen Vorschläge des preußischen Landwirtschaftsministeriums. Der einheimische Stickstoff muß rest⸗ los für unseren heimischen Boden verwandt werden, und was an dem Bedarf noch fehlt, muß vom Ausland bez agen werden. Unsere . Stickftoffindustrie kann unseren Bedarf allein nicht decken. Aber alle Bemühungen zur Hebung der Produktion sind vergebens, wenn die Preise der Produkte so niedrig sind, daß unsere Landwirtschaft mit Unterbilanz arbeitet. Mutet man das irgendeinem anderen Gewerbe zu? Die Preiserhöhung der Vor⸗ lage ist auch nicht genügend. Wir werden im Ausschuß eine weitere Erhöhung prüfen müssen. Die Ernte ist so gewesen, daß nur in den wenigsten Betrieben ein Ueberschuß an Getreide vor- handen ist. Viele Betriebe haben nur die Hälfte oder höchstens drei Viertel der vorjährigen Ernte erzielt. Die Landwirtschaft rechnet mit der Möglichkeit, zum Uebergang zur extensiven Wirt⸗ schaft gezwungen zu sein. Das schreibt mir ein Landwirt, der im borigen Jahre bereitwilligst die Umlage geliefert hat. Wenn der Minister 2, Millionen Tonnen hereinbekommen wird, wird das sein höchster Erfolg sein, ich fürchte aber, daß er ihn nicht wird er⸗ ringen können. Es fehlt auch der Landwirtschaft an Arbeits⸗ kräften, um alle Arbeiten bewältigen zu können. Einen Ersatz in ben Preisen des umlagefreien Getreides können die kleinen und mittleren Betriebe nicht erhalten, weil sie keinen Ueberschuß an Getreide haben. Wir haben in das Umlagegesetz dieses Jahres die Freihaltung der kleinsten Betriebe von der Umlage hinein⸗ geschrieben, aber einige Staaten, z. B. Thüringen, haben sich danach nicht gerichtet. Es ist Roßtäuscherpolitik, wenn das Gesetz gegen den Willen des Gesetzgebers ausgelegt wird. Das Reichs⸗ ernährungsministerium muß diese illoyale Auslegung des Gesetzes verhindern. Ich bitte den Minister darauf zu achten, daß nicht von seiten der Lieferungsverbände mit dem Gesetz ein frevel⸗ haftes Spiel getrieben wird. Redner führt das Beispiel des Lieferungsverbandes Cottbus an. In dem dortigen Beschwerde⸗ ausschuß führt der Landbund das große Wort. Wer nicht Mit- glied ist, wird unbarmherzig zur Lieferung verurteilt, und zwar hon denselben Leuten, die offen zum Boykott, zur Sabotage des Gesetzes auffordern. (Hört, hört! . Da der Brotpreis wefentlich erhöht zoerden muß, ist es Pflicht der Regierung, Auf⸗ klärung über die Gründe zu verbreiten. Als wir das Gesetz er⸗ ließen, wurde mit einem Brotpreis von 75 Mark gerechnet. Davon bekam die Landwirtschaft 7 Mark. Wenn wir jetzt Preise von 180 bis 140 Mark bekommen, so hat der Landwirt davon nur 20 Mark. Das sollte die Bevölkerung wissen, damit nicht immer über Wucher der Landwirte gescholten wird. Diese tun ihre Pflicht in schwerem Tagewerk, zu schaffen, was zur Ernährung des Volkes nötig ist. (Beifall bei den Demokraten)
Abg. Heyde mann (Komm.): Die Ruhe in diesem Hause steht in scharfem Gegensatz zu der Erbitterung des Volkes über die Beschlüsse, die hier mit Mehrheit gefaßt werden sollen. Den Agrariern gegenüber ist die Regierung stets nachgiebig. Wir haben immer nur schöne Worte und Versprechungen auch vom Regierungstisch gehört. Nun hat sich aber gezeigt, daß die Agrarier troß aller Preiserhöhungen gar nicht daran denken, mehr zu erzeugen. 5
Sie betreiben vielmehr Sabotage der Volksernährung. Die Inhaber des wichtigsten Produktionsmittels verüben Raub⸗ bau am beutschen Volke. Die Inhaber der großen Latifundien, die geradezu Hoch⸗ und Landesverrat treiben, sind auch heute noch die Inhaber der politischen Macht, sie sind die Geldgeber der Orgesch. Dem Raubbau des Großgrundbesitzes gegenüber muß, wie wir es beantragen, das Kontrollrecht der Betriebsräte ver⸗ stärkt werden auch in der Richtung, daß die Brauerei und Brennerei eingeschränkt wird, daß kein Zucker verschoben wird und der Stickstoff nich zu Wucherpreisen in den freien Handel kommt. Im vorigen Jahr find 10 Millionen Tonnen geerntet worden, in diesem Fahre 7 Millionen, wie der deutschnationale Redner selbst erklärte. Wahrscheinlich ist die Menge aber wieder zu gering angegeben. Wir beantragen, die Umlage auf 4. Millionen Tonnen zu erhöhen. Sie (nach rechts) sprechen von Opfern der Landwirtschaft, aber in Wahrheit nehmen Sie dem Volk das Brot und versündigen sich an der Gefundheit der Arbeiterjugend. Schon heute ist die Arbeiterschaft mit Brot unterernährt, wie englische Aerzte festgestellt haben, die Deutschland besuchten. Es ist geradezu frivol zu behaupten, daß das geforderte Umlagesoll nicht aufgebracht werden kann. Wir fordern Zwangswirtschaft für das ganze Ernährungsgebiet. Der Umlagepreis ist jetzt schon das 42fache des Friedenspreises; auf die Wucherpreise anderer Artikel darf man sich doch nicht berufen. Das Umlagegetreide macht nur ein Drittel der Erzeugung aller landwirtschaftlichen Produkte. Für clles übrige wird die Auswucherungsmöglichkeit schrankenlos aus enutzt. s bedeutet da das Opfer, wenn die Landwirte nach lhrer Behauptung für das Umlagegetreide 215 Milliarden Mark zu wenig bekommen! Dafür sind die Sachwerte der Landwirte gewaltig gestiegen. Der Preis für das Brot von 1900 Gramm auz dem umlagefreien Getreide beträgt schon 232 Mark. (Hört, hört! links.) hinter bleiben die Löhne der Arbeiter weit urück. Der Arbeiter muß dreimal so viel schaffen wie vor dem riege, um sich nur mit Brot versorgen zu können. Vor dem Kriege mußte der Arbeiter 50 v§ seines Einkommens für die Sr⸗ nährung ausgeben, jetzt braucht er 15 vH dazu, und dieses BVer⸗ hältnis verschlechtert sich von Tag zu Tag mehr. Die Agrarier versprechen Brot, wenn der Preis erhöht wird, aber schon ersieht man aus der agrarischen Presse, daß eine neue Sabotage in der landwirtschaftlichen Produktion vorbereitet wird. Man treibt ein frevelhaffes Spiel mit der ,,, Aber es wird ein Sturm über Sie (rechts) kommen. r Kampf um die Ver⸗ ankerung Gberts in der Verfassung zeigt, wie die Sozialdemokratie den Glauben an den Sozialismus erschüttert. Ebert ist der Chef der Firma für die agrarische Brotwucherpolitik. Die Sozial- demokraten sind bei Ebert, Noske und idemann angelangt. Der Vizekanzler Bauer beschwört die Gewerkschaften, den Wirt— schaftsfrieden zu erhalten, und Minister Severing hat in . berg vor den versammelten Beamten ier fh t: Das Gebot der Stunde ist der Burgfriede. Die Arbei 6. wird sich aber be⸗
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