1922 / 237 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Oct 1922 18:00:01 GMT) scan diff

nnen auf die Kampfmittel, die ihr durch die Brutalität der errschenden Klassen vorgeschrieben werden. Der Kampf um die Macht wird anheben gerade bei der Ernährungsfrage. Die Sozialdemokraten und die Unabhängigen vollführen jetzt den Dolchstoßß in den Rücken der Revolution. Ehe wir zugrunde gehen durch Hunger, sagen die Arbeiter, werden wir Macht gegen Hacht, Gewalt gegen Gewalt setzen. (Beifall bei den Kommu⸗ nisten. Ironischer Ruf bei den Soziademokraten: Hurra, Hurra!)

Abg. Dr. Heim (Bayer. Vp.), der erst eine Weile nach Aufruf seines Namens im Saal erscheint, erklärt, auf das Wort zu verzichten, weil er erst jetzt um 5r Uhr) nach der langen Rede des Vorredners zum Wort gekommen sei. Das widerspreche der Uebung des Hauses, wonach die Redner nach der Stärke der Fraktionen zum Wort kommen müßten.

Es kommt hierauf zu einer kurzen Auseinandersetzung zwischen Präsident Loebe und dem Abg. Dr. Heim, in der Präsident Loebe erklärt, durchaus korrekt vorgegangen zu sein. Gestern seien, weil die Sitzung eine halbe Stunde ausgesetzt wurde, die Redner nach der Reihenfolge ihrer Mel⸗ dungen zum Wort gekommen.

Abg. Ledebour (U. Soz.): Herr Heim hat sich wohl ab⸗ sichtlich hinter der Tür gehalten. um seiner Rede überhaupt über⸗ hoben zu sein. Unruhe bei der Bayerischen Volkspartei, leb⸗ hafter Widerspruch des Abg. Dr. Heim.) Die Landwirte nutzen ihre Monopolstellung gehörig aus, großen Vorteil gehabt. Sie machen es genau wie Stinnes, dem ich persönlich gar nichts vorwerfe. Er ist ein Mann von Rückgrat und Charakter, der weiß, was er will. Solche Leute haben wir nicht viele. Die Agrarier bereichern sich an der Not des Volkes, sie haben die kolossale Geldentwertung dazu benutzt, alte Hypo⸗ theken zum sechshundertsten Teil des früheren Wertes abzustoßen. Ueberall sieht man Neubauten, überall werden Maschinen an⸗ geschafft. (Zuruf links: Auch Reitpferde und Automobile! Jetzt will gan dem Volke das Brot verteuern zugunsten der Agrarier, die schon so kolossale Profite gemacht haben. Bei den Massen wird die Erkenntnis aufdämmern, daß man aus all dem Elend nur durchk die Soziglisierung, insbesondere der chemischen Industrie nrd des Bergbaues, herauskommen kann. Die Vereinigte Sozial⸗ demolratie sollte nicht nur diese Vorlage ablehnen, sondern auch die weiteren Konsequenzen daraus ziehen und aus der Koalitions⸗ regierung austreten. Wenn es Ihnen darauf ankommt, Ihre sckönen Worte siber Klassenkampf in die Tat umzusetzen, müssen Sie Ihre Minister aus dem Kabinett herausziehen. Diese kleben aher mit ihren Hosenböden so fest an den Ministersitzen, daß sie sich nicht mal bei der Abstimmung gegen die Vorlage erhoben haben. (Lachen bei den Sozialdemokraten) Jetzt heißt es für Sic hic Rhodus, hic salta!!“ Wenn Sie in der Regierung bleiben, dann wird sich der gesunde Sinn der proletarischen Massen von Ihnen wenden, die Klassenkämpfer werden dann auf unserer Seite stehen.

Damit schließt die Aussprache.

Ohne Debatte werden die Anträge des Zentrums und der Demokraten auf Kleinrentnerfürsorge einem Ausschuß und der Gesetzent wurf über Aenderung de 8 Cinkommensteunergesetzes dem Steuerausschuß überwiesen.

nach 6 Uhr vertagt sich das Haus auf Freitag, 2 Uhr. (Anträge zur Reichspräsidentenwahl oder Verlängerung der Amtsdauer des Reichspräsidenten, Anfragen und kleinere Vorlagen.)

Vorläufiger Reichswirtschastsrat. Sitzung vom 19. Oftober 1922. (Bericht dee Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitun goͤverleger)

Der Reichswirtschaftsrat beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung zunächst mit dem Gesetzentwurf über Verlängerung der Geltungsdauer von. Demohilmachungsver⸗ ordnungen. Der Soziaspolitische Ausschuß tritt für die Ver⸗ längerung bis zum 31. März 1923 ein, während der Wirt— schaftspolitische Ausschuß nur einer solchen bis zum 31. De— zember 1922 zustimmen will. Ohne Aussprache wird dem Antrag des Sozialvolisischen Ausschusses zugestimmt mit dem Wunsche, daß die Regierung die in Betracht kommenden Vor— sagen mit größter Beschleunigung einbringt, insbesondere die Vorlagen, betr. Betriebsabbrüche und Betriebsstillegungen und betr. Einstellung und Entlassung von Arbeitern und Angestellten.

Ebenfalls ohne Debatte fand ein Antrag Annahme, der die Reschsregierung ersucht, die Diäten und Re iise kosten der Mitglieder des Reichswirtschaftsrats der Geld— entwertung anzupassen.

Der Entwurf des Reichs knappschaftsagesetzes wurde nach längerer Geschäftsordnungsdebatte an den soziglpolitischen Ausschuß zurückverwiesen, da eine Einigung zwischen. Arbeit⸗ gebern und Arbejtnehmern noch nicht erzielt ist. Es sind aber Nerhandlungen im Gange, die eine Einigung erhoffen lassen. Der Ausschuß erhält die Ermächtigung, nach erfolgter Einigung sein Gutachten direkt an den Reichstag weiterzuleiten.

Darauf beantragte Untucht (Arbeitgebervertreter d. Ind., namens des mirtschaftspolitischen Ausschusses die Annahme folgender Entschlließung über die Wagen gestellung:

Angesichts der sich häufenden und mit reichhaltigem Material bewiesenen Klagen aus den Eriengungsgebieten über völlig unzu— reichende Gestellung von Wagen für Kartoffellieferungen wird die Rescharegierung erfucht, unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Bei der vorgersickten Jahreszeit bestebt die Gefahr, daß strenger Frost die Tankwirte verhindert, den Speisekartoffelversand in genügendem Maße vor dem Winter auszuführen. Die schon bessehenden großen Schwiergfesten in der Ernährung könnten hierdurch leicht zu einer großen Gefahr auszuwachsen.

In der Debatte erklärte Bäst lein (VNerbrauchervertreter), daß nicht nur die Wagengestellung., sondern auch die Landwirte an der schlechten Kartoffel belieferung Schuld tragen. ;

Frbr. v Richthofen (Arbeitgebervertr. d. Landwirtsch.) be— tonte, daß fich die Landwirtschajt ihrer Pflicht der Karteffelversorgung voll bewußt sei. Ohne Einschaltung des Handels ist die Landwirtschaft nicht in der Lage, die gesamten Winterkartoffeln an die Konsumenten abzufübren. Redner wies zablen mäßig nach, daß die Eisenbahn die angeforderten Wagen fast niemals stelle, und forderte von der Eisen⸗ babnverwaltung die Bestätigung der Richtigkeit dieses Materials fowie die Anerkennung, daß die Landwirtschaft keine Schuld an der Kartoffelknaypheit trage. ; ;

Ein Vertreter des Ernäbrungsministeriums führte aus., daß die Anbaufläche der Kartoffeln um 109 090 ha gewachsen sei und die Ernte 36 Misionen Tonnen betrage, also fast so viel wie die letzte Friedensernte. Zu Besoranissen sei demnach kein Anlaß, noch viel weniger zu Angstkäufen, zudem sei die Kartoffelausfuhr ver boten und für Brenn wecke dürsten genau wie im Vorjahr nur 20 vo Kartoffeln verwendet werden. ;

Gebejmer Regierungsrat Sommerland vom Reickeverkehrè⸗ ministerium erklärte, das Verkehrs ministerium tue alles, was geschehen (sene um den Anforderungen zu begegnen. Man dürfe aher anch „It Nnnmönsiches versangen. Während im September des Vorjabrs (3531 15. Tonnen⸗-Wagen gestellt worden wären, seien in diesem Jahre 63 435 Wagen gestellt und im Oktober sogar täglich im Durchschnitt über 5009 Wagen. Im Laufe des Jahres würden im Reich rund 7 Millienen Tonnen Kartoffeln be⸗ nötigt. Ez fei natürlich unmöglich, diese Menge innerhalb von secks bis acht Wochen abzutransvortieren. Der andere

Verkehr könne doch nicht einfach wochenlang wegen der Kartoffel

fransporte stillgelegt werden. Darum hftte die Verwaltung um Geduld. Wenn die Landwirtschaft täglich 11 bis 12 000 W fordere und über ungenügende Wagengestellung klage, so sei es Tat— fache, daß die Anforderungen immer böher seien als der tatsächliche Bedarf. In Berlin sei der Kartoffelzustrom so groß, daß sämtliche Bahnhöfe verstopst seien und nicht genügend Fuhrwerk zur Abfuhr aufzutreiben wäre.

Nach längerer Debatte, in der die Arbeitnehmervertreter Thomas und Kuhn die Angriffe auf die Landwirtschaft aufrecht erhielten, wurde der Antrag angenommen.

Das Haus vertagte sich sodann auf unbestimmte Zeit.

Schluß 11 Uhr.

dagen

Handel und Gewerbe. Nach der Wochenübersicht der Reichsbank. vom 14. Oktober 1922 betrugen (in Klammern 4 und im Vergleich mit der Vorwoche)

. 192 1921 1920 die Aktiva: 9. I, 9p Metallbest ) 1 051 414 009 1035 565 0009 1 098393 009

4 56 9869 ob - 1 130 000) 201 000)

darunter J 1'004 854 009 1023 633 009 1091656 9990

Gold **) (( 1000000) 66 000) (— 1000) e n, und zi 420 080 000. 38193 509 900 20 421 398 0090

. . S 5zl 656 000, (4 342 931 00 .. 455 b 0σσ: Noel mn anderer 3601 000 5 595 000 1942009

Banken (4 1 388 oo. 1 851 66). 302 O66) Wechsel und . 63 s48 932 000 1047 408 000

D ,,. . 3633212 090051 ( 15082 j k .

eg . K 3969 . 2835560000)

ele, wah, == 44120956000) (445 510 353 000)

anweisungen ;

Lombard⸗ ; ! 239 544 000 12 883 000 16712 000

forderungen 1 (4 95919 000 22423 000 3 800 000) Effekten... 387 270 009 270 354 099 230 588 009

(4 II 560 00ο09ũ - 7 164 000 (4 52 695 000) sonst. Aktiven 19 556 218 000 5 964 091 000 10 612791 000

. ( Sz4 198 000 (— 6514 00) uMᷓ 224 00) die Pae3ssiva:

Grundkapital 180 000 000 130 000 000 180 000 000 (unverändert) (unverändert) (unverändert)

Reserpe fonds 27 2654 00 121 413 00 104 258 0660 (unverändert) (unverändert) (unverändert)

umlaufende 374 576 332 0600 87 728 207 000 62 128 756 000

Noten ... ULC 30334701 000) (4 266 556 000) (4 50262 000) sonstige tägl. fällige Ver⸗ bindlichkeiten: ur. . se gos Ces z gos 233 33 13 n

e aut, . isse Goo ( 1 id zz Coo 164113 3169 p Fmrat, , Sz ass oot ooo 11 173 677 ooo U 32827 0

guthaben . 1 418462574009) 3 675 808 000) sonst. Passiva 165 102 119 000 1h98 006 000 5 243 484 000

(4 5659 392 000) 113 684 000) 64 856 000)

) Bestand an kursfähigem deutschen Gelde und an Gold in Barren oder ausländischen Münzen, das Kilogramm fein zu 2784 4 berechnet. **) und zwar: Goldkassenbestand 6 954 822 (— 100900) Golddepot (unbelastet) bei der Bank von England „S 50 032 000 (unverändert).

Die außerordentliche Generalversammlung der Farben fabriken vorm. Friedr. Bayer u. Co., Leverkusen, vom 18. d. M. beschloß einstimmig die Erhöhung des Aktien⸗ kapitals von 470 000 000 Æ auf 940 000 9000 „, durch Ausgabe von 440 000 Stück auf den Inhaber lautenden Stammaktien und 30 000 Stück auf Namen lautenden Vorzugsaktien von je 1000 . Die neuen ab 1. Januar 1922 dividendenberechtigten Stammaktien werden von der Deutschen Bank in Berlin übernommen mit der Verpflichtung, sie den alten Aktionären derart anzubieten, daß binnen einer noch bekanntzugebenden Frist auf jede alte Aktie eine neue Aktie bezogen werden kann. Der Bezugspreis von 150 oo des Nennbetrages ist zahlbar bei Ausübung des Bezugsrechts. Die Vorzugsaktien sind vom 1. Januar 1923 ab im Verhältnis der darauf geleisteten Einzahlungen dividendenberechtigt. Sie werden an die Firmen der Interessengemeinschaft zum Kurse von 1990 begeben mit der Maßgabe, daß auf sie 25 einzuzahlen sind. Sie haben zehnfaches Stimmrecht und sind in der Gewinnbeteiligung auf eine Vorzugsdividende bis zu 350, beschränkt.

Der Aussichtsrat der Kalker Maschinenfabrik Aktiengesellschaft beschloß, eine Dividende von 50 vn und die Erhöhung des Stammaktienkapitals von 3 600 000 auf 7 200 000 4A porzuschlagen. Die neuen Aktien sollen den alten Aktionären zum Kurse von 500 vH angeboten werden.

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 18. Oktober 1922:

Ruhrrevier Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen Gestellt.. 22 426 2219 Nicht gestellt.. 104 152 Beladen zurück⸗ J geliefert. 22 022 2165 Die Elektrolvtkupfernotierung der Vereinigung

für deutsche Elektrolytkupfernotiz stellte sich laut Berliner Meldung des W. T. B.“ am 19 Oktober auf 102 950 4A (am 17. Oktober auf 91 377 4K) für 160 kg.

Berlin, 19. Oktober. (W. T. B.) Großhandels vpreise in erlin, offiziell festgestellt durch den Verband beutscher Großhändler der Nahrungsmittel⸗ und verwandten Branchen, Verbandsgrurpe Berlin (E. VJ, Berlin. Die Preise verstehen sich für I kg ab Lager Berlin. Gerstenflocken, lose „A, Gersten⸗ arauden, lose 122 75 126 50 M6. Gerstengrütze, lose 122 75 124900 4, Haferflocken. lose 148, 00 - 152, 50 6, Hafergrütze, lose 152. 50 193 50. 4, Safermebl, lose —— A, Kartoffelstärkemehl S. 00 —– 86, 09 4, Mais flocken lose 115,75 - 117,75. M, Maiègrieß 90, 75 - 108 25 416. Maig⸗ mehl 85 75 - 87 75. S Maispuder, lose 13,50 = 115,509.46. Mahfkaxoni, sofe 132 50—- 135 00 M, Schnittnudeln, lose 117 73 120, 00 A6. Reis, Burma l 26 50 128, 00. tz, glas. Tafelreis 29, 0 188, 0M.M grober Bruch- reis 93 090 = 113,B?5 AÆ. Reismehl, lose 102, 090— 10590 4. Reis— grieß, lose 105, 00 10790 , Ringäpfel. amerik. S43, 00 905, 90 , getr. Aprikosen, cal 1106,90 1168,00 46, getr. Birnen, cal —— bis —— A, getr. Pfirsiche, cal 462 00-597, 00 6, getr. Pflaumen 13100 - 229, 00 6, Korinthen, 1921 Ernte 56. 00 575, 00 ,. Rosinen. kiup. carab, 1921 Ernte 420, 00- 6476.00. M. Sultaninen in Kisten. 1921 Ernte 1995 00 - 1148, 00.4. Mandeln hit tere 48700 - 523 901M Mandeln üße Soß, 00— 854 00 AK. Kaneel 8683 C0 - 93700 Æ. Kümmel 571 00 bis 626,00 4A schwarzer Pfeffer 433.00 460.90 , weißer Pfeffer 639 00 = 684,909 Kaffee prime rob 925 00 965 00 M, Kaffee superior 897 00- 924 (0 AM. Bohnen weiße 116 520—– 136 00 M Weizen. mebll 16 50143 50. M Speiseerbsen 132 50-144, 00 Mn Weizengrießl 16,00 bis 135 75 A, Linsen 95,00 175,90 46. Pure lard 550 00 555,00 4, Bratenschmalz 30. 00 = 635, 90. 1, Marmelade 7,509 15,00 1M Kunst⸗ honig 77,509 S5, 00 A, Speck, gejalzen, fett io, 09 545,00 ., Corned beef 1216 lbs ver Kiste 24 500 25 00) . Auslanddzucker raffiniert 169, 00 195 00 4. Kernseife —— .

Berichte von auswärtigen Werkpaptermärkken.

Köln, 19. Oktober. (W T. B.) Basalt A. G. 3600 Bonner Bergwerk 3500, Dahlbusch Bergwerk 7600, Eschweiler Bergwerk 3430, Gelsenkircken Bergwerk 4700, Harvener Bergbau gs800, Humboldt Maschinen 1350, Kalker Maschinen 6505, Köln Neuessener Bergwerk 5600, Phönix Bergbau —, Rheinische Braunkohlen 6206, Bielefelder mechanische Weberei 400, Hammersen Baumwoll⸗ spinnerei 1795, Schoeller Eitorser Kammgarn 14 500, Viersener Spinnerei 1700, Adler-Brauerei Köln 280. Dynamit Nobel 1850, Felten u. Guilleaume 2485, Gasmotoren Deutz 1500, Köln Rott— weiler 2100, Rheinische A.-G. für Zucker-Fabrikakion 2750, Rheinisch— Westf. Sprengstoff 1500, Rheinisch⸗-Westf. Industrie 2000, Kölner Hagel⸗Vers. 1809.

Fön, 19 Oktober. (W. T. B.) (Amtliche Devisenkurse.) Holland 128339 00 6* fog izr 60 R. Frankreich 24269 50 G. 24330 10 R, Belgien 22347, 05 G. 22402,15 B., Amerika 3290 90 G. 3299,10 B. England 1471160 G. 14718 40 B. Schweiz ho424 35 G. 60573 55 B. Italien 13782 890 s. 13317, 20 B., Dänemark 66516, 75 G. 66683. 25 B., Norwegen 59525, 50 G. 59674, 50 B.,. Schweden 87989, 09 G., 88011 90 B., Spanien 50686 55 G6. 50813, 45 B. Prag 10986 25 G. ; B., Budapest 129,39 G., 132,65 B., Wien (neue) 4,48 G., 52 B.

Hamburg, 19. Oktober. (W. T B. (¶Börsenschlußkurse.) DVeutsch⸗Australische Dampfschift⸗Gesellschaff 1330 00 bis 1365, 00 bez, Hamburger Paketfahrt 1185,90 bis 1235,00 bez, Hamburg⸗Süd—⸗— amerika —— G., —, B., Norddeutscher Lloyd 885,00 bis 901,00 bez., Vereinigte Elbeschiffahrt 2400,00 bis 2410,00 bez, Schantungbahn 1465,00 bis 1560,00 bez., Brasilianische Bank 14 400,00 bis 14 900,00 bez, Commer⸗ und Pripvat⸗ Bank 480,00 bis 486,00 bez.

Vereinsbank 415.00 bis 455.09 bez., Alsen-Portland-Zement 5550400 bez, Anglo Continental B., Asbest

Calmon 45, 00 bis 968, 00 bez, Dynamit Nobel 1800,00 bis 1865,00 bez, Gerbstof Renner G., Norddeutsche Jutespinnerer bez., Merck Guano 3300,00 bez, Harburg⸗Wiener Gummi —— G., —— B. Kaoko G., B. Sloman Salpeter G., Neuguine« G., B., Otavi⸗Minen—⸗ Aktien 15 500,00 bez

Frankfurt a. M., 19. Oktober. (W. T. B.) Desterr. Kredit 510 00, Badische Anilin 2925,00, Chem. Griesheim 2200 00, Höchster Farbwerke 2200 00, Holzverkohlungs⸗Industrie Konstanz 1695,00, Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt 490,00, Adlerwerke Kleyer 800,90, Hilpert Armaturen 720,00. Pokorny u. Wittetind 575, 00, Aschaffenburg Zellstoff 2000,90. Phil. Holzmann 1325,00, Wayß u. Freytag 1555,00, Lothringer Zement 1450 00, Zuckerfabrik Waghäusel 2400 rep., 3 Mexikanische Silberanleihe —.

Danzig, 19. Oktober. (W. T. B.) Noten: Amerikanische 3246.75 G., 3253,25 B., Polnische 29,94 G., 29,553 B. Tele⸗ graphische Auszahlungen: London 14685, 30 G. 14714, 70 B.. Holland 125 62425 G. 125 875,75 B., Paris 253 676 39 G., 23 723,70 B., Posen 29,343 G., 29,403 B. Warschau 29,22 G.. 29.28 B.

Wien, 19. Oktober. (W. T. B. Türkische Lose 700 000, Mai⸗ rente 1550, Februarrente 3000. Desterreichische Kronenrente 1400, Oesterr. Goldrente 20 200, Ungarische Goldrente 199 000, Ungarische Kronenrente 21 000, Anglobank 101 500 Wiener Bankverein 30 300, Oesterreichische Kreditanstalt 346 000. Ungarische Kreditanstalt —, Länderbank 111 000, Oesterreichisch⸗Ungarische Bank 310 000, Wiener Unionbank 38 200, Lloyd Triestina —, Staatsbahn 924 9990, Südbahn 241 000, Südbahnprioritäten 584 0600, Siemens u. Halske 34010, Alpine Montan 5560 0090. Poldihütte 650 000, Prager Eisen 13406000 Rima Murany 382 000, Skoda⸗Werke 810 100, Brüxer Kohlen 1695 000 Salgo⸗Kohlen 1 800 000, Daimler Motoren 15 300, Veitscher Magnesit 12 000 000, Waffenfabrik 305 0090, Galizia 6 800 000. Kaiser⸗Ferdinand⸗Nordbahn —, Leykamaktien 219 000, Nordbahn 11 990 090.

Prag, 19. Oktober. (W. T. B.) Notierungen der Depisen- zentrale (Durchschnittskurse)-! Amsterdam 11,923, Berlin G95t, Christiania 54h, Kopenhagen 6,125. Stockholm 8,173. Zürich 5,573, London 1,368, New Jork 30,45, Wien O, 94, 15, Marknoten l, o, Polnische Noten —, Pariser Devise 2, 26.

London, 18. Oktober. (W. T. B.) 4 fundierte Kriegs⸗

anleihe s5sss, y ο Kriegzanleihe 1001319, 4 00 Siegesanleihe 88.

Privatdiskont 251.

London, 19. Oktober. (W. T. B.) Devisenkurse. Paris 60,35, Belgien 65,14, Schweiz 24535, Holland 11,423, New Nork 447. 25, Spanien 29. 16 Italien 106,5, Deutschland 14 500, Wien 313 000,

Bukarest 725,00. London, 19. Oktober. (W. T. B.) Silber 3316/8, Silber auf Privatdiskont 2819.

Lieferung 3515/66. London, 19. Oktober. (W. T. B.) (W. . B.) Devisenturse. Deutschland

Paris, 19. Oktober.

O423, Amerika 13,523, Belgien 93,90), England 60,69, Holland 531,50, Italien 56,70. Schweiz 24725, Spanien 209. 00. Zürich, 19. Oktober. (W. T. B.). Devisenturse. Berlin

o, 17, Wien G0074, Prag 18,90, Holland 214,50, New Nork 546, 00, London 24.46, Paris 40,35, Italien 22,90, Brüssel 37,65, Kopen hagen 109,50, Stockholm 145,90, Christiania 98, 00, Madrid S3 O0, Buenos Aires 1ů57, Budapest 0, 22, Bukarest ——, Agram 2536, 00, Warschau O, 653.

Amsterdam, 19. Oktober. (W. T. B.) Devisenkurse. London 11,423, Berlin 0, 98, Paris Schweiz 46,623, Wien 0,0037, Kopenhagen 51 30, Stockholm 68,20. Ghristiania 45.770, New Vor k. 17,50, Madrid 39,25, Italien 10,65, Budapest . J rag .

Am sterdam, 19. Oktober. (W. T. B.) 5 00 Niederländische Staatsanleihe von 1918 881i /s, 3 oo Niederländische Staats⸗ anseihe 61/8, 3 o)9 Deutsche Reichzanleihe Januar-Juli⸗-Coupon Ou ss. Königlich Niederländ. Petroleum 447,50, Holland⸗Amerika⸗ Linie 123 25, Atchison, Topeka & Santa 111,00, Rock Island Southern Pacifie 99s /ig. Southern Railway 277.25, Union Paͤcifie 155,20 Anaconda 10750, United States Steel Corp. 11250.

Kopenhagen, 19. Oktober. (W. T. B.) Devisenturse. London 2228, New York 198.00, Hamburg C0,i8, Paris 36,80, Antwerpen 34,20, Zürich 91,20, Amsterdam 1965, 10, Stockholm 132.80, Christiania 88,90, Helsingfors 11,85, Prag 16,50.

Stockholm, 19. Oktober. (W. T. B.) Devisenkurse. London 16 50, Berlin 0, 123, Paris 27,89, Brüssel 26,00, schweiz. Plätze 68 90, AÄmsterdam i47, 09, Kopenhagen 79,75. Christiania 57 50, Washington 375,50, Helsingfors 8,86, Prag 1250.

Christianra, 19. Ottober. W. T. B.) Devisenkurse. London 24,35, Hamburg O18, Paris 41,79, New Jork 558 00. Amsterdam 219 00, Zürich 102.75, Helsing ors 13,25, Antwerpen 38,75, Stock⸗ holm 149,00, Kopenhagen 113,90, Prag 18,75.

Berichte von auswärtigen Warenmärkten.

Liver vool, 18. Oftober. (W. T. B.) Baum wolle. Umsatz 10 000 Ballen, Einfuhr 25 500 Ballen. Oktoberlieserung 13333. Novemberlieferung 13,17, Dezemberlieferung 13.10. Ameri⸗ kanische und brasilianische Baumwolle je 31 Punkte höher, ägyptische 35 Punkte höher.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)

Verantwertlicher Schriftleiter: Direktor Dr Tyrol Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil Der Vorstehenm der Geschäftsstelle Rechnungsrat Mengaerina in Berlin

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt Berlin Wilhelmstr 32. Sechs Beilagen (einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 92 A und B) und Erste, Zweite und Dritte Zentral-⸗-Handelsregister⸗Beilage.

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G rfIte Beilage

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Berlin, Freitag, den 20. Oktober

zeiger und Breußischen Staatsanzeiger

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Nr. 237.

2 * Michtamtlich es. (Fortsetzuna aus dem Haunmblatt.) Prenßijcher Lanbtag.

176. Sitzung vom 19. Oktober 1922, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger‘)

Das Haus ist stark besetzt; die Tribünen sind überfüllt.

Am Ministertische: der Minister des Innern Severing.

Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 12 Uhr 20 Minuten.

Zur Geschäftsordnung beantragt

Abg. Dr. vo n Campe (D. Vp.) (von kom munistischer Seite mit dem Zuruf empfangen: Oberschieber!), den Beginn der Sitzung um eine Stunde zu vertagen. (Großer Lärm bei den Kommunisten.)

Abg. Schulz-⸗Neukölln (Komm) widerspricht, von an⸗ dauernden Zwischenrufen seiner Fraktionsgenossen begleitet, dem Antrag und erklärt: Hinter den Kulissen wird geschoben. Wir machen das nicht mit. Wir fordern, daß sofort verhandelt wird. Diese Verhandlung ist schon tagelang verschoben worden.

Die Abstimmung ergibt die Ablehnung des Antrages der Deutschen Volkspartei gegen die Stimmen der Antragsteller und der Deutschnationalen. (Beifall bei den Kommunisten.)

Auf der Tagesordnung stehen als erster Punkt die großen Anfragen der Sozialdemokraten, der Deutschnationalen und der Deutschen Volks⸗ partei über die Ausschreitungen vor dem Zirkus Busch in Berlin am Sonntag, dem 15. Oktober, ferner ein Antrag der Kommunisten über dieselben Vorgänge.

Die große Anfrage der Sozialdemokraten verlangt, daß öffentliche Versammlungen nur von Unbewaffneten ab— gebalten werden sollen und daß der „Bund für Freiheit und Ordnung“ und ähnliche Ersatzorganisationen verbotener staats⸗ eceindlicher Verbände verboten und ihre Zusammenkünfte verhindert

werden.

. Die große Anfrage der Deutschnatio nalen erklärt, vdDdaß die Polizei, obwohl die geplanten Störungen der Kund⸗ gebung des „Bundes für Freiheit und Ordnung“ rechtzeitig bekannt und unbedingter Schutz der Versammlungsfreiheit zugesichert war, . zu spät und zunächst viel zu schwach an Ort und Stelle erschienen Et. Es wird wirksamer Schutz der gesetzlichen Versammlungs⸗ freiheit sowie Maßnahmen gegen die für den mangelnden Schutz der Versammlungen verantwrotlichen Beamten verlangt.

( Die große Anfrage der De utschen Volkspartei fragt, oob die Versammlung im Zirkus Busch polizeilich erlaubt war und ob es richtig sei, daß die kommunistische Partei durch ihre Funktionäre und ihr Organ, die Rote Fahne“, zu diesen An— griffen auf Leib und Leben, auf Eigentum und Versammlungs⸗ freiheit öffentlich aufgefordert habe, aus welchen Gründen gegen bie „Rote Fahne“ nicht eingeschritten sei und warum nicht für ausreichenden Schutz gesorgt worden ist.

Der Antrag der Kom munisten fordert: 1. den Berliner . Volizeipräsidenten Richter sofort seines Amtes zu entsetzen, 2. alle wegen der Orgesch⸗Demonstration verhafteten Arbeiter und Arbeiterinnen sofort aus der Haft zu entlassen und alle gegen sie anhängig gemachten Verfahren einzustellen, 3. den hei der Orgesch⸗ Demonstroiion beschädigten Arbeitern und Arbeiterinnen aus Staats-nitteln vollen Schadenersatz zu leisten, 4. den sogenannten Bund für Freibeit und Ordnung“ und alle übrigen konterrevo⸗ sutionären Organisationen in Preußen sofort zu entwaffnen und auf: ulösen, 5. in allen Gemeinden Preußens sofort eine be— wvwaffnete Ortswehr zu schaffen, die nur aus freigewerkschaftlich organisierten Arbeitern. Angestesllten und Beam ten besteht.

Der Minister des Innern Severing erklärt sich zur Be— untwortung der großen Anfragen bereit.

Zur Geschäftsordnung beantragt nunmehr .

Aßg. Katz (omm ), den Antrag seiner Partei nicht an sfsetzter, sondern an erster Stelle zu verhandeln. Er erklärt dazu: BNMir sind die Veranlasser. (Scallende Heiterkeit im ganzen

Hause) Wir wünschen, daß zunächst die Angreifenden das Wort erhalten. Wir sind hiejenigen gewesen (erneute große Heiterkeit, die hier einen Antrag gestellt haben. Die Betriebsobleute der Berliner Betriebe, die durch Verhaftungen am schwersten getroffen Rnd, sollen bier auch zu Worte kommen, um ihre Klagen vorzu⸗ bringen, Während dieser Ausführungen wird der Abg. Schulze Nenkölln Tomm.] wegen beleidigender Zwischen rufe zweimal zur Ordnung gerufen.) . ö ; . Dem Antrag Katz auf Aenderung der Reihenfolge wird naicht stattgegeben, da mehr als 15 Abgeordnete widersprechen. ; Hierauf nimmt das Wort

Abg. Rabold (Soz.), um die soziasdemokratische große An⸗ frage zu begründen. (Er wird von lärmenden Zwischenrufen der Kommunisten empfangen, aus denen der Ruf heraustönt: Rabosd, vie tief bist du gesunken! Der Redner erklärt: Die Vorgänge am Sonntag vor dem Zirkus Busch sind in ihrer Bedeutung maß⸗ los übertrieben worden. (Erneute lärmende Unterbrechungen der Kommunisten) Vor allem aus der rechtsstehenden Provinz yresse könnte man den Eindruck gewinnen, als ob beim Zirkus Busch eine neue Revolution ausgebrochen wäre. In Wirklichkeit haben gewisse Varteien die Absicht, diese Vorqänge zu einer großen poli⸗ kischen Aktion auszunutzen. Die Berliner Arbeiterschaft hat mit den Einzesbeiten der Vorgänge am Zirkus Busch absolut nichts zu tun, sie rückt von ihren Urhebern weit M und zieht zwischen ch Und den Veranstaltern einen ganz entschiedenen Strich, Wir wpöaben es zunächst einmal mit der im Zirkus Busch veranstalteten Kundaehung selbst und ihren Urhebern zu tun. Die große Partei der Deutschnatio nalen, die hente am lautesten nach Schutz der Ber sammlunasfreiheit ruft, hat unter dem alten Regime diese Freiheit am stärfsten mißachtet. Die Versammlung am letzten Sonn tag im Zirkus Busch hat in der Hauvtsache unter der Leitung eines Serrn Laverrenz stattaefunden, der sich gerade seit dem g. November 1918 in Berlin als Versammlungssprenger hervorgetan hat. Schon die erste größere Versammlung in Berlin nach dem S. November im Beethoven-Saal wurde durch einen Sturmtrupp unter Fübrung dieses Herrn gesprengt, nachdem er vorher in auf⸗ reizenden Reden seine Anhänger besonders gegen Erzberger scharf gemacht batte, den vielleicht schon damals sein Schicksal ereilt hätte, wenn er nicht. rechtzeitig gewarnt. der Versammlung fern⸗ gebließen wäre. Ebenso waren es Deutschnationale und. anti⸗ semitische Sturmtrupps, welche eine Versammlung im Frühjahr 19290 im Lehrervereinshaus und eine Versammlung, in der Herr von Gerlach über ein pazifistisches Thema sprechen wollte, ——

9 Mit Ausnahme der durc Sperrdruck herborgehobenen. Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

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prengten; in einer Versammlung der Friedensgesellschaft in Osna⸗ bruck wurde bei einer solchen Sprengung einer der Besucher

tödlich verletzt. Tieser Herr Laberrenz, der im „Bund für Frei⸗ heit und Srdnung“ die erste Geige spielt, steht auch mit den Führern der deutschböl en Mordorganisationen in enger F hlung. Diese Führer hatten sich voriges Jahr an ihn mit der Frage gewendet, ob es Zeit zum Losschlagen sei; er verneinte, gab aher den Rat, die Tinksparteien zu provozieren, um dann unter dem Deckmantel von Ruhe und Ordnung die Militärdiktatur zu errichten. Herr Laverrenz ist deutschnationaler Reichstags⸗

abgeordneter und gehört zum deutschbölkischen Flügel dieser Partei, ebenso wie Herr Henning, der den Mordverdächtigen

Geld und falsche Pässe besorgt hat. Dieser Flügel treibt draußen

im Reich die schamloseste Hetze gegen die Republik. Das Pro⸗ gramm und die Satzung des Bundes für Ordnung und Freiheit sind nichts als Vorspiegelung falscher Tatsachen.

Der Bund verfolgt Bestrebungen, welche denen der Geheim— grganisatio nen aufs Haar gleichen, nach der Auflösung und dem Verbot der letzteren ist er dafür ein Sammelbecken geworden. Selbst die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ behauptet, daß diese angebliche vaterländische Kundgebung von dem Nationalverband deutscher Soldaten ausgegangen ist, der an die Stelle des verbotenen Ver⸗ bandes nationalgesinnter Soldaten getreten ist. Ebenso ist als Ein⸗ berujer der Bismarckbund aufgetreten, der die großen Waffen⸗ schiebungen in Berlin vorgenommen hat. Die Behauptung, daß auch Zentrums⸗ und demokratische Abgeordnete Mitglieder dieses Bundes seien, ist von Herrn Kopsch selbst widerlegt worden. Hätte nun die Polizei nicht richtiger gehandelt, wenn sie die Veranstaltung verbot? Jedenfalls ist im Polizeipräsidium nicht ganz einwand⸗ frei operiert worden. Die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung ist Sache der Abteilung la. Der Apparat dieser Ab⸗ teilung hat bisher nur nach links prompt funktioniert, aber nicht nach rechts. In diesem Apparat sitzen großen Teils Leute des alten Regimes (große Unxuhe rechts), und dieser Bestand ist noch heute nicht erschüttert. In ihrer Hauptaufgabe, vorbeugend zu wirken, hat diese Abteilung nicht auf der Höhe gestanden. Die Polizei nimmt nun für sich in Anspruch, daß sie durch den Vorstand des Bundes falsch informiert gewesen ist. Die Rechte ihrerseits wirft der Polizei vor, daß sie nicht genügend Sicherheitsmaßnahmen getroffen hätte. Das hätte den Veranstaltern schon gepaßt, wenn die Polizei von der Schußwaffe Gebrauch gemacht hätte, wenn Blut geflossen wäre, wenn es Tote gab; dann hätte sie für ihre Politik damit Reklame gemacht und auf die Notwendigkeit, neben Reichswehr und Sicherheitspolizei auch noch besondere Selbstschutz⸗ organisationen zu haben, hingewiesen. Darum diese maßlose Ueber⸗ treibung der Vorgänge, als ob in Berlin eine regelrechte Straßen⸗ schlacht sich abgespielt hätte. Diese Berichterstattung verurteilen wir auf das schärfste. Es sind nur von der Polizei zwei Wacht⸗ meister leicht verletzt worden. Wir sind der Polizeiverwaltung dankbar dafür, daß nicht geschossen worden ist. Tatsächlich hat ein Verprügeln der beiderseitigen Versammlungen stattgefunden, wobei

allerdings die Anhänger der Kommunisten ins Hintertreffen kamen. (Großer Lärm bei den Kommunisten) Die Versammlung

im Zirkus Busch war eine regelrechte Radauversammlung. Es wurden begeisterte Hochrufe auf Techow und die anderen deutsch⸗ nationalen Mordbrüder ausgestoßen. (Lebhaftes Hört, hört! links.) Die Kommunisten haben durch ihren Versuch der Sprengung der Versammlung noch Wasser auf die deutschnationalen Mühlen ge⸗ gossen. (Großer Lärm bei den Kommunisten.) Sie haben sich noch als die Zutreiber dieser Herren erwiesen. (Erneuter großer Lärm bei den Kommunisten. Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemo⸗ kraten.) Wir haben heute wirklich wichtigere Dinge zu tun. (Er⸗ neute lärmende Unterbrechungen bei den Kommunisten) Ich weise die Verdächtigungen gegen meine Partei entschieden zurück. Ihnen (zu den Kommunisten) sage ich, wir sind nicht gewillt, das,

was auf Ihr Schuldkonto fällt, mit zu verantworten. Allerdings stützen wir jede Maßnahme zum Schutze der Republik. (Lärmender

Widerspruch bei den Kommunisten) Wenn man sich Ihre (zu den Kommunisten) Gedanken zu eigen macht, dann ist es um so schlechter um den Schutz der Republik und um die wirtschaftliche Lage der Arbeiterschaft bestellt. (Erneute tobende Unter⸗ brechungen der Kommunisten. Präsident Leinert ersucht wiederholt um Ruhe und bittet schließlich, die Plätze einzunehmen.) Selbstverständlich sind wir für den Schutz der Versammlungs⸗ freiheit. Die Veranstaltung im Zirkus Busch war aber ein Miß⸗ brauch der Versammlungsfreiheit. Die Kommunisten sprengen, anstatt unsere Redner anzuhören, rücksichtslos unsere Ver⸗ sammlungen auseinander. Es liegen Beweise vor, daß es sich um ein systematisches Vorgehen handelt. Wir werden nötigenfalls zu Gegenmaßnahmen greifen müssen. (Erneuter Lärm bei den Kommunisten) Der Bund für Freiheit und Ordnung hatte schon immer einen Versammlungsschutz von bewaffneten Stoßtrupps. (Hört, hört! links) Wir müssen wünschen, daß alle Parteien, die politisch wirken wollen, soviel Besinnung bewahren, daß sie die Sprengerei einstellen und sich bewußt werden, daß die Entscheidung politischer Kämpfe nicht bei der Schießwaffe liegt, sondern daß es ein Kampf ist, der mit geistigen Waffen ausgefochten werden muß. (Lärmender Widerspruch bei den Kommunisten. Dieses Geistes haben Sie (zu den Kommunisten) niemals einen Hauch verspürt. Gegen die Taktik der Rechten, durch ihre Hetze den Boden für eine allgemeine Erbitterung gegen die Arbeiterschaft und ihre Organi⸗ sationen vorzubereiten, wenden wir uns mit aller Entschiedenheit. Wir verlangen, daß die Regierung die Geheimorganisationen rücksichtslos zerstört und zerschlägt und die Schuldigen zur Ver⸗ antwortung zieht. Selbst ein so ruhiges Blatt wie die „Vossische Zeitung“ hat auf die Gefahr des Entstehens einer fascistischen Be⸗ wegung in Deutschland hingewiesen, und die Regierung wird darüber nicht im unklaren sein, was das in unserer Zeit tiefster wirtschaftlicher Zerrüttung bedeutet, sie darf nicht untätig zusehen, wie dadurch die breiten Massen von einer Verzweiflung in die andere getrieben werden, wie die fortschreitende Verelendung zu Wiedert olungen solcher Explosionen führen muß. Sie treibe eine vernünftige Wirtschafts- und Ernährungspolitik, dann werden wir gleichzeitig über diefe Notstandszeit hinwegkommen. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemrokraten. Unruhe und Pfui⸗Rufe bei den Kommunisten. Allgemeiner andauernder Lärm, in welchem auch die erften Sätze des nächsten Redners untergehen.)

Abg. Rippel (D. Nat): Angesichts des Aufmarsches der Kommunisten am letzten Sonntag vor dem Zirkus Busch gehört doch ein sehr starker Glaube dazu, die Vorgänge so zu beurteilen, wie es der Vorredner getan hat. Der Bund für Freiheit und Ordnung ist eine unparteiische, über den Parteien stehende Organisation (schallendes Gelächter links), der Mitglieder bei den verschiedensten Varteien zählt. Am Sonntag hat dort guch ein Abgeordneter der Deutschen Volkspartei gesprochen. Viel wichtiger als die Ver⸗ sammlung selbst sind die Vorgänge vor der Versammlung und vor dem Zirkus Busch. Harmlose Bürger, Frauen und Jünglinge wurden überfallen, niedergeschlagen, auf Waffen untersucht, und in Abwesenheit von Waffen wurden ihnen ihre Geldbörsen ab⸗ genommen (sstürmische Unterbrechungen auf der äußersten Linken). Die Berichterstattung der Linksbsätter stellt ebenso wie die angeb⸗ siche tendenziöse Uebertreibung in der Rechtspresse eine Vergiftung der öffentlichen Meinung dar. In dieser Beziehung hat sich aller⸗ dings auch ein der Dentschen Volkspartei nahestehendes halbamt⸗ liches Organ. die D. A. g.“ hervorgetan, die von den Vorgängen, besonders soweit sie die Aeußerungen des Abg. Laverrenz f.

eine absolut falsche Darstellung gegeben hat. Ich wundere mich aber bei diesem Blatte über nichts mehr, nachdem ich in derselben Nummer den wundervollen Satz gelesen habe: „Es erscheint als ein Hohn, daß unter dem Gesetz zum Schutze der Republik eine derartige antirepublikanische Veranstaltung von der Polizei ge⸗ fördert und geschützt wurde.“ Damit spricht sie aus, daß alle Anti⸗ republikaner vogelfrei find, damit wird auch der Minister Sebering desgleichen Vergeheng beschuldigt. Nach dieser Leistung der neuen Chefredaktion dürfte für die Sozialdemokraten kein Hindernis mehr bestehen, Herrn Professor Paul Lensch wieder in ihre Reihen auf⸗ zunehmen (große Heiterkeit rechts). Auch die Aeußerung, daß ein Rechtsputsch für März angekündigt wurde, ist absolut falsch, das kann ein gutes Dutzend absolut zuverlässiger Versammlungsteil— nehmer bestätigen; ebensowenig ist ein Hoch auf Techow aus⸗ lebracht worden. Die Versammlung im Zirkus Busch war polizei⸗ ich angemeldet und genehmigt; zum Kampf gegen sie hat die „Rote Fahne“ in vier Artikeln unter alarmierenden Ueberschriften wie „Mobilmachung der Orgesch“ aufgerufen und in einem Auf⸗ ruf am 14. Oktober die Funktionärversammlung aufgefordert, den Zirkus zu hesetzen, die nationalistische Pest nicht zu dulden, die deutschnatio nalen Mörderbanden auseinanderzutreiben. Das war in ganz Berlin bekannt, nur der Berliner Polizeipr' sident scheint an ein kommunistisches Orgelkonzert geglaubt zu haben. Große Heiterkeit, Ihn trifft der Vorwurf größter Pflichtverletzung. Gegen die Versammlung war ein verbrecherischer Anschlag geplant; wir verlangen die restlofe Bekanntgahe aller ergangenen Instruk⸗ tionen. Die oberen Instanzen der Polizei haben jedenfalls nicht voll ihre Pflicht getan. Ueberhaupt tritt setzt die Polizei auffallend zögernd und zurückhaltend auf, so noch jüngst in Elberfeld. wo dis Räume einer Zeitung von Kommunissen demoliert und die Re⸗ däkteure verprügelt wurden; beruht das etwa auf einer allgemeinen ministeriellen Anweisung? Schon vor acht Uhr erschienen am Sonntag militärisch organisierte Trupps mit großen Sowjetfahnen, die Führer mit Armbändern, die den Sowjetstern zeigten, die Schupobeamten wurden mit Ziegelsteinen und dergleichen begrüßt. Obdachlose und Arbeitslose waren mobilisiert worden; ein ver⸗ ächtliches und gemeines Vorgehen. Das organisierte Verbrecher⸗ tum trat in Aktion; die Ueberfallenen und Beraubten stellen sich zur Verfügung, um ihre Angaben zu erhärten. Einem Manne wurde, „um ihn zu entwaffnen“, sein Ordensband abgerissen. (Zuruf bei den Kommunisten: Wozu lief er mit dem herum?)

Gesundheitsdienstes.

seine Rolle gespielt; ostjüdische Gestalten waren es, wel

zurückflutenden Demonstranten immer wieder vorwärts trieben.

(Abg. Frau Wolfstein ruft: Spitzbube! und wird dafür vom Vize⸗ *

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präsidenten Garnich zur Ordnung gerufen) Wir wollen i

und Ordnung leben können und verlangen, daß gegen förende kommunistische Elemente scharf vorgegangen wird. (Lärmende Zwischenrufe bei den Kommunisten, Zuruf: Ihr Otterngesücht!

Ruf von der Tribüne: Laßt ihn über die Klinge springen!! Der

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Vorredner hat von Versammlungssprengungen des Abg. Laverrenz gesprochen. Ich erinnere ihn daran, wie in einer Versammlung im Zirkus Busch, in der über die Schulfragen gesprochen wurde, gerade dieser Abgeordnete niedergeschlagen worden ist, so daß er wochenlang krank lag. (Zurufe links: Hochstapler!) Herr Rabold hat ja selbst erklärt, seine Partei werde, wenn die Kommunisten weiter ihre Versammlungen störten, zu Gegenmaß⸗ nahmen greifen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Das ist doch selbstverständlich) Auch wir lassen uns das Recht der Selbst⸗ verteidigung nicht nehmen. Wir verlangen vollste Klarheit von der Regierung über das, was sie zum Schutze der Versammlungs⸗ freiheit zu tun gedenkt und was mit den verantwortlichen Stellen geschehen soll. Jetzt werden wieder die unteren Organe als Sündenböcke hingestellt. zuiruf ) An den veranswort— lichen Stellen aber müssen Männer stehen, die wissen, daß sie sich dem gesamten Volk gegenüber zu verantwrten haben. (Gelschter bei den Kommunisten. Zuruf: Orgesch!) Ist das nicht der Fall, dann gergten wir immer mehr in den Sumpbf hinein. Ich rufe auf zur Arbeit und, wenn es sein muß, zum Kampf. Ist es mög— lich, mit dieser Regierung, wenn sie ihre Pflicht verletzt, dann

NMiywkEertur EPinkerton!

gegen sie. (Stürmischer Beifall rechts, Lärmen, Zischen bei den Kom munisten.) Abg. Schulz⸗Neukölln (Komm) zur Ge schäftsordnung:

Der Abgeordnete Pinkerneil von der Deutschen Volkspartei hat den Versuch gemacht, den Präsidenten scharf zu machen, die Tribünen räumen zu lassen. Es handelt sich also hier um eine Oeffentlichkeit unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. (Lachen rechts.) Vertreter von 60 000 Arbeitern sind hier im Hause und können niht auf die Tribüne kommen. Wir fordern, daß für sie Platz (eschaffen wird. Geschieht das nicht, verlangen wir, daß der Minister Severing aus eine halbe Stunde beurlaubt wird, bei Unterbrechung der Sitzung, damit er den Arbeitewertre tern Rechenschaft gibt. (Stürmische Heiterkeit im ganzen Hause.) Für dieses Hohngelächte! werden Arbeiter mit Ihnen (nach rechts) abrechnen. (Zuruf von den Tribünen.)

BVigzepräsident Garnich erklärt, daß Kundgebungen der Tribünen unzulässig sind. (Zuruf von den Tribünen: Wir sind doch keine Holzhuppen) und droht nochmals mit Räumung. Der Antrag selbst könne nicht ernst genommen werden, er lafse des⸗ halb nicht darüber abstimmen. (Große Unruhe bei den Kom⸗ munisten. Rufe: Schiebung. Die Rufer werden zur Ordnung gerufen.)

In der dann fortgesetzten Besprechung der großen An- r . Wort der b g. von Eynern (D. Vp.): Der Ernst der Zeit und die Not des bevorstehenden Winters fordern von ö. . Linie die Stärkun der Staatsgewalt und die Aufrechterhaltung der Ruhe. Der Polizeipräsident hat ja erklärt, daß er den Bund, der die Verfammlung einberufen hatte, nicht für eine reaktionäre Organisation halten konnte, Sogar Vorstandsmitglieder wußten nichts von einer Richtungsänderung des Bundes. Aber die Ver—= sammlungsteilnehmer wurden in ihrem Vertrauen zur Staats. valt, die den Schutz der Versammlungzfreiheit übernommen atte, gröblich enttäuscht. (Unruhe links) Der Wille zur Aktion ag nicht auf ihrer Seite, sondern auf der der Kommunisten. Was der Bund im übrigen ist, mag die Untersuchung ergebem Rufe links; Nein, dazu ist jetz: Anlaß!) Bisher haben alle. die . noch als politische Partei betrachten, die Störung von Ver⸗ ammlungen vexurteilt. (Abg. Kaf (Komm.): Gegen Mörder. organisationen ist jedes Mittel recht! Gegenruf bei den Sozial⸗ demokraten: Sei ruhig! Heiterkeit; Das Schauspiel vom Sonntag ist eine Schande für die Stadt Berlin. (Sehr richtig! rechts und links) Offenbar hat die Staatsgewalt versagt. Leider scheint die Regie rung viel 9. schnell zur Beantwortung solcher 2 lationen bereit ein. Man sollte sich mehr Zeit zur ntersuchung lassen. Bei solchen Drohungen wie der der Kom- munisten hätte sich der leitende Beamte selbst um die Abwehr. maßnahmen kümmern müssen. (Sehr wahr! rechts.) Welche An. ordnungen waren getroffen? Mit der Führung der Untersuchung muß unbedingt eine Stelle beauftragt werden, die über dem Polizeipräsidenten Richter steht. Dieser gibt selbst eine Andeutung, tas schuld sei: Die von der Entente verlangte Organisation der Polizei. Das bedeutet den verschleierten Vorwurf gegen den