*
Ministerium gewandt (sehr wahr! sehr gut! rechts) und die Bedeutung dieses Falles hingewiesen? Lassen Sie mich dann noch auf eine
gehen! Frau Dr. Wegscheider hat heute von dem Steglitzer Stadt— schulkat Anders gesprochen und hat so nebenher gesagt,
sei übrigens ein Mann, der nicht für die eintrete; sie hat dann mit
sprochen. Sie das Stenogramm meiner Erklärung durch, die ich
plifizieren, die ich als Abgeordneter über die Zweckmäßigkeit
vierjährigen oder dreijährigen Besuchs einer Grundschule gemacht
haben soll.
Meine verehrte Vorrednerin hat dann davon gesprochen, daß die Jakobstal, von diesen sind Difziplinarverfahren angeordnet worden, und der Fall des Dritten Ministerum er bis Die Entscheidung als solche ist gefallen; durch eine bedauerliche Verzögerung ist die Ent— Diese Fälle ich hatte mich sofort ihrer bemächtigt und ihre Bearbeitung unverzüglich an—
Fälle der Studiendirektoren Nehmer, Streicher bis heute nicht erledigt seien. Gegen zwei ist durch eine bedauerliche woran im niemand die Schuld trägt, noch nicht so weit gediehen, daß heute hätte endgültig erledigt werden können.
a . Verzögerung,
scheidung noch nicht den zuständigen Stellen zugegangen. warten nicht auf ihre Erledigung, wie gesagt worden ist;
geordnet.
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fation Falk und
meinen Erlaß vom 4. August dieses des Provinzialschulkollegiums bekannt, daß es vinzialschulkollegien und der Regierungen ist,
die Pflicht
wird. Es ist mir meines Ministeriums
unmöglich, in zu schicken.
verantwortlich sein.
Schließlich hat die Frau Abg. Dr. Wegscheider — ich spreche in der Reihenfolge, wie ich mir die Fälle während der Rede der Frau Interpellantin aufgeschrieben habe — von der Neuauflage des Neubauerschen Geschichtsbuches gesprochen und hat er— wähnt, daß diese Neuauflage jetzt unter meinem Ministerium für das Jahr 1922 herausgekommen sei, und sie hat dann erklärt, daß ich als Abgeordneter einmal gesagt hätte, daß es nur vereinzelt möglich sei, Geschichtsunterricht ohne Buch zu geben. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir mitteilten, wo und wann ich das gesagt hätte. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, daß tüchtige Lehrer den Geschichts— unrricht zweifellos sehr gut ohne Buch geben könnten, daß aber in der Tat auch eine Reihe von Lehrern vorhanden sei, die das nicht und daß die Verhältnisse uns zwängen, auch zu solchen Lehrern zu greifen, die die Fakultas für Geschichte nicht besitzen. Aber mit dieser Neuauflage des Neubauer hat das nichts zu tun.
könnte,
Nirgendwo ist vom Ministerium angeordnet worden, daß der Neu
bauer neuaufgelegt werden solle, nirgendwo, daß er benutzt werden Auch da sollen die Provinzialschulkollegien ihre Pflicht tun
solle.
und über den Geschichtsunterricht wachen. (Sehr richtig! rechts.)
Ich weiß schließlich nicht, ob das, was in dem Artikel über die
Hammerversammlung vom Oktober 1920, in der ich gesprochen haben
soll, gesagt worden ist, sich auch mit der Frage der Geschichtsbüche r
befaßt. Frau Abg. Dr. Wegscheider bedauert, daß ich den Artikel der „Glocke“, in dem hiervon gesprochen wird, nicht widerlegt hätte. Ich kenne den Artikel nicht, Frau Dr. Wegscheider; ich wäre Ihnen dankbar gewesen, wenn Sie ihn mir gesandt hätten.
recht unmöglich, alle Artikel zu lesen, die gegen mich gerichtet sind. (Heiterkeit rechts) Ich weiß nicht, ob ich in dieser Versammlung in der Forin gesprochen habe, wie es dort in der „Glocke“ berichtet wird.
Es wird mir vieles, Frau Abgeordnete Dr. Wegscheider, zur Last gelegt, was ich ablehnen muß. Ich kann auch nicht auf alles antworten, Was Herr Staatssekretär
was von mir und über mich gesagt wird.
Dr. Becker in Cassel gesagt haben soll, könnte auch an sich mir nicht
zur Last gelegt werden. (Abg. Dr. Cohn: Politisch doch! Politisch —— *
sind Sie dafür verantwortlich! — Ja, wenn dort etwas gesagt
worden ist, was in der Tat politisch anfechtbar ist. Aber wenn Herr Staatssekretär Dr. Becker dort zum Ausdruck gebracht hat, daß Be— kenntnis zum Staat doch noch etwas ganz anderes sei als ein Be— kenntnis zur Staats form, so halte ich eine solche Aeußerung des Herrn Staatssekretärs übrigens nicht für derartig, daß ich nicht gerne hierfür die Verantwortung übernehmen möchte. (Sehr richtig! rechts.)
Ich möchte nun mit einigen Worten zu den Erscheinungen des Rathenau-⸗Mordes Stellung nehmen, soweit diese Er⸗ scheinungen mein Ressort berühren. Da kann ich nur erllären, daß ich mit tiesem Schmerz gelesen und gehört habe, daß die Wellen disses Rathenau⸗Mordes in un sere höheren Schulen bineingeschlagen sind. (Lebhafte Zurufe links: Herausge— schlagen) — Darüber werden wir uns gleich unterhalten — und daß Schüler höherer Lehranstalten in Verbindung mit dem Rathenaumord vor dem Unter suchungs— richter gestanden haben. Da möchte ich die Frage auf— werfen, die hier heute auch aufgeworfen worden ist: wer trägt die Schuldan solchen Erscheinungen, die wir alle erlebt haben?
Es ist sehr leicht, zu sagen: die Schuld trägt allein die Schule, es ist sehr leicht, auf die „böse“ „reaktionäre“ Schule hinzu—
weisen, die die Brutstätte sei für alle solche Gedanken, die als ‚Gift⸗ und Pestherd! gekennzeichnet worden ist. Für solche Anklagen und Beschuldigungen muß unter allen
Umständen erst der Wahrheitsbeweis erbracht werden (Sehr richtig! rechts, der ist heute hier nicht erbracht worden und den hat auch die Presse nicht erbracht, die sich damit beschäftigt hat; und ich muß den Vorwurf gegen die Schule in ihrer Allgemeinheit, wie er vielsach erhoben worden ist, auf das allerentschiedenste zurückweisen. (Sehr richtig! rechts.) Ausschreitungen kommen vor — und ich bedaure sie tief — bei Turnsahrten, bei Turnfesten, und sie kommen auch vielleicht vor,
Direktor des Provbinzialschulkollegiums, warum nicht sofort an das haben auf
andere Frage ein⸗
vierjährige Grundschule einem liebenswürdigen Wort auch von meinor persönlichen Stellung zur vierjährigen Grundschule ge— Frau Abg. Dr. Wegscheider ich bitte Sie dringend, Uesen seinerzeit abgegeben habe. Hier im Landtag habe ich als Minister erklärt, daß ich lpvyal für die Durch führung der vierjäl rigen Grundschule eintreten würde. Ich meine, diese Erklärung eines Ministers gibt doch zweifellos über diesen Punkt besser Auf— schluß, als wenn Sie vielleicht auf eine Aeußerung von mir exem⸗
. elnes
Die Frau Abg. Dr. Wegscheider hat mir dann die Organi⸗ den deutschen Jugendbund Bis⸗ marck sehr warm ans Herz gelegt. Frau Abg. Dr. Wegscheider, durch Jahres ist es jedem Mitgliede der Pro⸗ darüber zu wachen, ob in solchen Jugendvereinen etwas gegen den Staat unternommen jeden Jugendverein ein Mitglied Da muß das Provinzialschul— kollegium als die nachgeordnete Behörde in allererster Linie mit—
Ich kann auch nicht alle Artikel der „Glocke“ lesen, und es ist mir natürlich erst
wenn die Schüler auf dem früher gewesen und so ist es
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heute geblieben. Es
die sie noch nicht reif waren.
gewissenhaft geprüft. Wir gehen diesen Strafbares getan haben.
Meine Damen und Herren,
wesen ist.
Ich bin mir persönlich der großen Verantwortung, die ruht, vollkommen bewußt, und ich glaube, Aufruf an die Erzieher und Lehrer“ vom 1. ganz klar zum Ausdruck gebracht habe. Ich möchte aber
Nachdruck gearbeitet, und man beginnt die der Kriegszeit allmählich zu überwinden. zeugt, daß unsere Lehrer sich dessen bewußt sind, Lehrer sind, die Wissenschaft vermitteln sollen,
traurigen
sondern Erzieher der
lichen Staatsbürgern herausbilden sollen. Man Schulen bitter unrecht, wenn man diese Vorwürfe gegen die Schule in ihrer Allgemeinheit schleudert. und den Geist an unseren höheren Schulen für solche Taten wortlich zu machen, wie sie die Brüder Techow vollbracht haben oder für solche Aeußerungen, wie die, die von Stubenrauch berichtet werden, ist zweifellos eine Uebertreibung und Verallgemeinerung, der ich als Chef der preußischen Unterrichtsverwaltung ernst entgegen— treten muß.
Die Frage nach der Schuld dieser betrüblichen Ereignisse ist nicht so leicht zu beantworten. Ich bin überzeugt, daß der Prozeß in
Erscheinungen der Kriegszeit und der Naa chkriegs— zeit, daß wir es bei der traurigen Nachlese, die dort vor Gericht stand, mit aus der Bahn geworfenen Existenzen zu tun haben, die bedauer⸗ licherweise dem Radikalismus verfallen sind, daß Phantasten zu tun haben, die zum Teil in einem Milieu auf— gewachsen sind, das dem Nährboden abgibt für eine hoffnungs⸗ lose Staatsverneinung. Aber genau so, wie wir bisher immer verlangt haben von einem gewissenhaften Richter, vor dem ein Schüler wegen Eigentumsvergehens oder wegen Sittlichkeits— vergehens oder wegen eines sonstigen Deliktes stand, daß dieser
Richter nicht einfach sagte: daran trägt die und die Schule die Schuld, an der der Schüler gewesen ist, sondern daß dieser Richter nach dem Milieu, dem Elternhaus, der Veranlagung, nach dem ganzen Hintergrund forscht, von dem sich das Leben dieses Schülers abgehoben hat, — so müssen wir verlangen, daß auch hier gefragt wird:
aus welchen Verhältnissen stammen diese jungen Menschen, in welcher Umgebung sind sie groß geworden, wer sind ihre Kameraden gewesen, die den Haupteinfluß auf sie ausgeübt haben, welche Mächte haben von außen auf sie gewirkt? Und dann sehen wir, daß alles, was wir in Leipzig schaudernd erlebt haben, sich abhebt von dem Hintergrund des Krieges, von dem Hintergrund der Umwälzung und des Friedens von Versailles. Der sterbende Mittelstand zeigt heute auch auf anderen Gebieten Existenzen, die ver⸗ zweifeln und die in ihrer Verzweiflung zu Hand⸗ lungen greifen, die niemand auch nur im entfern⸗ testen decken mag. Das sind Situationen, die die Wachsamkeit der Schule, der Schulaufsichtsbehörden und auch meine Aufmerksamkeit auf das höchste ersordern.
Aber daneben hat zweifellos jeder, der den Prozeß verfolgt hat, auch ein Urteil gesprochen über die verhängnisvolle Wirkung
der Politisierung unserer Jugend. (Sehr wahr! rechts) Es haben bereits Frau Abg. Dr. Wegscheider und der Herr
Abg. Oelze mit großem Ernst auf diese Dinge aufmerksam gemacht. Aber auch hier wieder müssen wir fragen: tragen nicht das Eltern— haus und die nächste Umgebung der Schüler vielleicht ebensopiel oder gar mehr Schuld als die Schule? Lassen Sie mich einen Augenblick auf diese Dinge eingehen. Früher waren an den Schulen nur Schülervercine, die völlig der Aufsicht der Schule unter— lagen. Da trug die Schule die Verantwortung für jeden einzelnen Schülerverein und für jeden Exzeß, der ihr bekannt wurde. Durch den Frühjahrserlaß vom Jahre 1920 haben wir Jugendvereine be⸗ kommen, die weit über die Grenzen der einzelnen Schule hinaus— griffen. (Hört, hört! rechts.) Ich verkenne nicht, daß die Absicht dabei war, die Schüler aus einer gewissen Enge herauszunehmen und sie mit der Gesamtbevpölkerung in eine stärkere Fühlung zu bringen. Die Entwicklung die ser Jugendvereine ist aber außer- ordentlich ungünstig verlaufen. Ich muß sagen, daß mir einfache Schülervereine im Rahmen der Schule im Gegensatz zu diesen Jugendvereinen auch heute noch als die geeignetste Lösung erscheinen wü. den, daß ich aber kaum glaube, daß sich diese Lösung heute wiederherstellen lassen wird. Es ist sehr schwer, Freiheiten wieder zu nehmen, die einmal gewährt worden sind, und dann wollen wir uns doch ganz klar darüber sein, daß alle Parteien und alle Richtungen unseres Voltes diese Freiheit zum Ausbau von machtvollen Jugendorganisationen ausgenutzt haben. Vielleicht spielt auch das eine große Rolle, was die Frau Abgeordnete Dr. Wegscheider stark betonte, daß die freie Vereinsbildung dem Bedürfnis der Jugend sehr entgegenkomme, und daß die Jugend sich diese freie Vereinsbildung kaum nehmen lassen würde. Auch bei der Jugend würde das auf entschiedensten Widerstand stoßen, und vielleicht würden illegitime Ersatzbildungen entstehen,
die dann noch gefährlicher wären als die Vereine, die jetzt vorhanden sind. Aber die Schule hat ein Recht, die Verantwortung für das, was in diesen Jugendvereinen geredet und getrieben wird abzulehnen. Die möglichkeit über diese Jugendvereine mehr.
Schule hat überhaupt keine Aufsichts⸗ Ije (Satguna igsor Die Satzungen dieser Jugendvereine — das ist eine außerordentlich ernste Frage — passen
sich einfach an; was in ihnen getrieben wird, weiß niemand mehr. Die Grenzunterscheidung: wo haben wir einen politischen Verein oder
wo haben wir einen unpolitischen Verein, einen politisch gefärbten
Schulplatze zusammen sind. So ist es ist besonders schlimnm geworden mit diesen Ausschreitungen, nachdem im November des Jahres 1918 den Schülern Freiheiten gegeben worden sind, für (Sehr richtig! rechts) Wenn Anzeigen hierüber ergehen durch die Regierungen, durch die Provinzialschul— kollegien, oder wenn mir sonst Anzeigen durch die Presse oder durch Abgeordnete oder durch Privatleute zugestellt werden, werden sie Anzeigen nach und wir bestrafen die Schüler da, wo es sich wirklich ergibt, daß sie etwas
daneben zeigen sich ferner Anzeichen
für eine starke politische Einstellung unserer Jugend an den höheren Schulen, eine stärkere, als es früher der Fall ge—
auf mir daß ich das in meinem Jö
83 93 die Be⸗
schuldigungen gegen die Schule in ihrer Gesamtheit und All—⸗ gemeinheit auf das entschiedenste zurüäckweisen. (Sehr richtig! rechts. Es wird in unseren Schulen wieder mit Ernst und mit
Folgen Ich bin auch davon über— daß sie nicht nur
Jugend, daß sie die Jugend zu sittlichen Persönlichkeiten und treff— tut deshalb den
Die Schule in ihrer Gesamtheit erant⸗
Leipzig ein Urteil gesprochen hat über betrüblichste
wir es hier mit
Verein oder einen politisch nicht gefärbten Verein, vermag heute niemand mehr zu ziehen. Wenn man hört, daß an einer Schule Schlesiens 67 Schüler- und Jugendvereine sind (hört, hört! rechts),
man den ganzen Unfug, der mit diesem Erlaß des Jahres 1920 nicht nur durch die Schüler, sondern auch durch die durch die Vereinigungen geschaffen worden ist. Ich glaube, die Hauptverantwortung für die Gestaltung dieses Vereinslebens trägt das Elternhaus, das in erster Linie dem Sohn oder der Tochter die Genehmigung geben muß, ob sie einem derartigen Verein beitreten können oder nicht.
Aber trotz dieser bedenklichen Lage muß die Schule versuchen, den Mißständen entgegenzutreten. Ich habe diesen Versuch gemacht durch meinen Erlaß vom 4. Aug u st d. J.« der selbstverstär Ich habe in
ꝛ— an die Provinzialschulkollegien und die Regierungen gegeben, gegen solche Vereine einzuschreiten, die nach ihren Satzungen oder ihrer Betätigung den Staat, die geltende Staatsform und die Einrichtungen des Staats bekämpfen oder Mit- glieder der Regierungen des Neiches oder eines Landes verächtlich machen. Ich bin wegen dieses Erlasses von der äußersten Rechten angegriffen worden und möchte nur das eine Wort sagen, daß der Staat, der Schülervereinigungen genehmigt, selbstverständlich auch das Recht hat, solche Schälervereinigungen zu unterbinden, die sich gegen den Staat richten. (Sehr richtig!)
Dann ein Zweites! Die Schule muß unter allen Umständen r welchen Vereinen ihre Schüler angehsren. Leider ist dies heute nicht mehr der Fall. Ein großer Teil der Lehrerkollegien erklärt sich an dieser Frage desinteressiert. Nachdem diese Freiheit den Schülern gegeben worden sei, erklären vielfach die T sie behaupten, der
hrer, gegen deren pädagogische Einsicht, wie
Erlaß erlassen worden sei, zu einem großen Teil, daß sie keine Ver⸗ anlassung hätten, sich um solche Jugeudvereine zu kümmern. Wenn ich noch einmal sage, daß an einer Schule in Schlesien 67 Schüler— und Jugendvereine sind, dann kann man es einem Lehrerkollegium von 12 bis 15 Lehrern natürlich nicht übelnehmen, wenn es erklärt, daß es die Verantwortung für das, was in diesen Jugendvereinen vorgeht, auf das strikteste ablehnen müsse.
Ein Drittes und Letzteds! Die Schule muß mehr als bisher mit den Jugend- und Schülervereinen, die in der Zahl zweifellos zu reduzieren sind, Fühlungnahme gewinnen, um sie rechtzeitig vor Ent— gleisungen zu warnen, und sie muß im Bunde mit den Eltern— beiräten für die Schule für ihre Arbeit, für ihre Notwendigkeiten und ihre Sorgen Verständnis schaffen.
Meine Damen und Herren, die Aenderung des März erlafses vom Jahre 1920 habe ich in meinem Erlaß vom— 4. August d. J. bereits in Aussicht genommen. Ich habe Mitg lieder sämtlicher Provinzialschulkollegien in Berlin gehabt und in drei— tägigen Verhandlungen auch über diese ernste und schwere Frage
1 Gz —
gesprochen. Ich gedenke, die Direktoren und die Lehrer der höheren Lehranstalten zu hören, und möchte dann
an eine Neuherausgabe der Bestimmungen über Jugend- und Schülervereinigungen herantreten. (Zuruf bei den Komm.). Der Unterrichtsausschuß des Landtages hat zwar im vergangenen Jahre eine Erweiterung dieses Erlasses gefordert. Er hat nicht ge— wünscht, daß Schüler hinsichtlich ihrer Anteilnahme an politischen Vereinigungen beschränkt würden. Ich sehe also, daß det Wille des Ausschusses jenen Gedanken zum Teil widerstreitet. Trotzdem hoffe ich, daß es gelingen wird, im Einvernehmen und in Fühlungnahme mit den Lehrern der höheren Lehranstalten zu erreichen, daß wir zu einer ersprießlichen Lösung kommen. Die Verhältnisse, wie sie augen— blicklich liegen, sind unhaltbar geworden. Auf je den Fall muß eine gründliche Nachprüfung einsetzen, und ich werde dann seiner Zeit das Nstige veranlassen. Die idealste Lösung wäre zweifellos, wie ich eben schon sagte, die, die Jugendvereine nur auf die Schule zu beschränken und nur noch Schülervereinigungen an den Schulen unter der Aussicht der Schule zu haben. Diese idealste Lösung wird wohl daran scheitern, daß man den Schülern höherer Lehranstalten dann das verweigern müßte, was jedem Volksschüler nach der Beendigung seines Besuches der Volksschule sozusagen als Jugendbürgerrecht zusteht. (Sehr richtig! bei der Deutsch-nationalen Volkspartei) Darauf hat Herr Abg. Oelze schon hingewiesen, und hier ist der große Wider spruch, dessen Lösung außerordentlich schwierig ist. (Zuruf) — Frau Abg. Wegscheider ruft mir zu: der Bismarck-Bund muß auf jeden Fall verboten werden. In meinem Erlaß vom 4. August d. J. habe ich darauf hingewiesen, daß die Provinzialschulkollegien und Regierungen selbständig gegen solche Vereinigungen einschreiten sollen, die irgendwie gegen den Staat und die Staatsform gerichtet sind. Es ist mir nicht bekannt, daß ein solcher Bericht des Provinzialschul— kollegiums Berlin in meinem Ministerium eingelaufen ist. (Hört! hört! bei der Deutsch-nationaleu Volkspartei.)
Frau Abg. Dr. Wegscheider hat soeben mit Nachdruck darauf hingeroiesen, daß ich persönlich für alle diese Zustände an den Schulen verantwortlich zu machen sei. Das ist richtig. Als verantwortlicher Minister trage ich auch die Verantwortung hierfür. Aher ich bedaure sehr, daß die Frau Abg. Wegscheider auch heute wieder die große Frage der Gegenwart auf keine andere Formel hat bringen können als auf die: hie Republik, hie Monarchie (sehr gut! bei der Deutschen Volkspartei), und den Minister der Deutschen Volkspartei als einen »verkappten“ Monarchisten hingestellt hat, der nicht zuverlässig sein könnte in seiner Stellung zum Staat, der ein doppeltes Spiel treibe.
Meine Damen und Herren, man sollte wissen, was wir wieder⸗ holt erklärt haben. Der Streit um die Staatsform hat heute zu schweigen, es steht Größeres auf dem
Spiele, es steht der Bestand un seres Staates auf
dem Spiele. Da sollte jeder willkommen sein, der bereit ist, an dem Bestand und der Erhaltung dieses Staates mit zu arbeiten. Ich
(Forsetzung in der Ersten Beilage.)
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsrat Mengering in Berlin.
Verlag der Geschäftestelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt,
— T 9
, . Derlin, ill
el mstr. 323. 1 Drek Beilagen
und Erste, Zweite, Dritte und Vierte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.
*
zum Dent schen Meichsanzei ger und Gren zischen
Ne. 242.
Sir, oo
74 8 2 Srste Beilage 83
*
Berlin, Donnerstag, den 28. Mtoher
1922
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)
empfehle der Frau Abg. Wegscheider das zu lesen, was der Führer meiner Partei, Herr Abgu. Dr. Strrsemann, in der vergangenen Woche im Reichstag hierüber gesagt hat, und ich empfehle ihr, auch das nachzulesen, was der Abg. von Kardorff hier neulich im Auftrage meiner Fraktion gesagt hat, und ich empfehle ihr sorgfältig zu lesen, was ich über Staatsgesinnung und Bejahung des Staates gesagt habe. Es gibt nur zweierlei — darauf habe ich immer hingewiesen —: entweder Staatszerstörung oder Staatsbejahung. Wo die Staatszerstörer sitzen, da sollen sie getroffen werden, ob es die sind, die da glauben, mit dem Schlagwort der Solidarität des internationalen Proletariats den Staat zu regieren, und den er— träumten Staat der Zukunft auf dem Boden unseres durch Bolsche— vismus zerstörten Landes zu errichten oder ob es jene sind, die mit dem Revolver in der Faust glauben, heute Politik machen zu müssen, Katasfrophenpolitik in der schlimmsten Form.
Meine Damen und Herren, das lehnen wir ab nach der einen und nach der andern Seite. Wir sind bereit mitzuarbeiten, um unserm armen unglücklichen Vaterlande zu helfen in dieser schwersten Not, in der wir uns befinden. Das ist Koalitionspolitik, daß wir unter zeitweiliger Zurücksetzung von Zielen und Idealen Vertrauen zu einander haben, daß wir gemeinsam an dieser Wiederaufbauarbeit arbeiten wollen und daß wir nicht glauben, durch kleinliche Be⸗— fehdung und engherzige Parteipolitik die Atmosphäre vergiften zu dürfen, die wir gemeinsam zum Atmen nötig haben. Meine Damen und Herren, auch die Schule ist von politischen Erschütterungen des Krieges und der Nachkriegszeit nicht verschont geblieben. Ich bin aber der Ueberzeugung, daß heute doch schon eine größere Ruhe ein⸗ gekehrt ist, ich bin der Ueberzeugung, daß eine Reihe großer bedeutsamer Aufgaben von der Schule aufgegriffen worden ist und daß die Schulen sich ernst mit diesen Problemen beschäftigen, selbst wenn die ent— scheidenden oder entschiedenen Schulreformer anderer Meinung sein sollten und mich als den Zerstörer der höheren Schule hinstellen. Meine Damen und Herren! Man störe nicht un sere Schule in ihrer ruhigen Aufbauarbeit (Sehr richtig! bei der D. Vp.), man lasse nun einmal die Schule in Ruhe und über— lasse sie der Eigengesetzlichkeit ihrer Entwicklung. Ich hoffe, daß dann die Schule der Gegenwart sich zu einer Schule der Zukunft ge— stalten wird, die Männer und Frauen heranbildet, die geschickt sind für die Aufgabe des Aufbaues unseres Vaterlandes. Darin gebe ich der Frau Abg. Wegscheider und dem Abg. Oelze, den beiden Inter⸗ pellanten, recht: Die Schule muß unter allen Umständen ent⸗ politisiert werden, nicht in dem Sinne, als ob nun in den Schulen berblendete Toren herangebildet werden sollen, die die Welt nicht kennen und die nicht geschickt sind zur Aufgabe des Aufbaues. Im Gegenteil, die Schule muß ihre Knaben und Mädchen zu tüch— tigen Männern und Frauen heranbilden, die aus der Vergangenheit die Gegenwart verstehen lernen und die geeignet sind zur Lösung der Aufgaben der Zukunft. Und die Schule stelle ganz bewußt in den Mittelpunkt dieser Erziehung die staatsbürgerliche Erziehung, die Erziehung der Staatsgesinnung, die Schule schaffe mit an dem Schwersten und Höchsten, an der Volksgemeinschaft, daß ieder einzelne als eine sittliche Persönlichkeit ausgerüstet werde mit starker werktätiger Nächstenliebe und gesundem sozialen Empfinden. Aber die parteipolitische Beeinflussung muß unter allen Umständen aus unseren Schulen heraus. (Sehr richtig) Die parteipolitische Beeinflussung sollte halt machen vor den Toren unserer Schulen. Es versteht sich ganz von selbst, deß jede einzelne politische Partei von pädagogischen und staatsbürgerlichen Gesichtspunkten aus das Recht hat, an der zukünftigen Arbeit der Gestaltung der Schule mitzuarbeiten, und jede Partei, die mit gesundem starken Sinne arbeitet an dieser Zukunfts—⸗ arbeit der Pädagogik, soll mir willkommen sein. Aber die Schule selbst darf unter keinen Umständen zum Tummelplatz der politischen Parteien werden; dann wird Haß gesät in unseren Schulen, dann dominiert in ihnen das unverdaute politische Schlagwort, und dann wird die Volksgemeinschaft nicht vergrößert, sondern zerklüftet, reißt auseinander, was eigentlich zusammengehört.
Ich meine: arbeitet die Schule so, stellt sie die Staatsgesinnung bewußt in den Mittelpunkt der Erziehung und des Unterrichts, dient sie der Versöhnung der Volksschichten, pflanzt sie in die jungen Menschenseelen die Liebe von Mensch zu Mensch und lehrt sie unsere Jugend einmal wieder Ehrfurcht vor dem, was über uns ist, was neben uns und unter uns ist, dann wird sie auch in dieser schweren Zeit, davon bin ich überzeugt, ihre Pflicht für die Zukunft erfüllen und die Not der Gegenwart überwinden helfen. (Bravo!)
Das Haus beschließt die Besprechung der Interpellation.
lbg. Wil derm ann (Sentr.) weist die Angriffe des Abg. Delze gegen Fehrenbach zurück. In den Aeußerungen Fehrenbachs lag keinerlei Beschuldigung der höheren Lehranstalten. Das, was er gesagt hat, kann ich voll und ganz unterstreichen. (Zustimmung im Zentrum — dauernde Zurufe bei den Deutschnationalen) Seine Acußerung war nur bedingungsweise. Erfreulicherweise herrschen an unsern höheren Schulen nicht solche Anschauungen gegenüber politischen Morden. Parteipolitik gehört überhaupt nicht in unsere Schulen hinein. Jeder Lehrer hat die Pflicht, der Jugend die Achtung vor der Obrigkeit, auch vor der beftehenden, zu verschaffen. Seine politische Ueberzeugung darf dabei keinerlei Rolle spielen Nur das Kreuz Jesu Christo kann uns auf den vechten Weg führen.
Abg. Steffens (D. Vp. :: Wir müssen uns entschieden dagegen wenden, daß die Farben schwarzweißrot herabgewürdigt und mit dem Sowjetstern auf eine Stufe gestellt werden. Aeußerungen, wie sie Stubenrauch getan hat, verurteilen wir aufs schärfste. Man darf aber nicht immer die Schule verantwortlich machen. Die Schule konnte nicht wissen, welche Gedanken Stuben⸗ rauch, hatte. Ferner ist kein Beweis erbracht worden, daß die Lehrer auf ihn ungünstig eingewirkt hätten Wir billigen die Erklärung des Ministers durchaus und mißbilligen., daß bei dieser Gelegenheit gegen ihn Sturm gelaufen wurde. Niemand hat in der letzten Zeit so ausdrücklich und tatkräftig Erziehung zur Staatsgesinnung gefordert wie er. Gerade unsere Lehrer an den höheren Schulen stehen treu auf dem Boden der Verfassung. Die Lehrerschaft wendet sich entschieden gegen den Verleumdungs⸗ feldzug gegen sie. Viel Schuld an der Verwirrung unserer Jugend
tragen die Erlasse nach dem 9. November 1918. Die Schule kann
für die Vorgänge in Schüler- und Jugendvereinen nicht ver⸗
antwortlich gemacht werden. Gerade für die Schule gilt das Wort: Ziehe deine Schuhe aus, denn du stehest auf heiligem
Boden. Es ist eine heilige Angelegenheit, darauf hinzugrbeiten, daß endlich Ruhe wird in unserm Volk, daß friedliche Arbeit in unserer Schule wieder möglich wird. ; . Abg. Schodlem (Comm.): Dieser heilige Boden ist nichts weiter als ein stinkiger Sumpfboden, mit dessen unangenehmen Ausdünstungen wir uns hier zu beschäftigen haben. Um das Wort „Republik“ ist der Minister wie ein Eiertänzer herum⸗ gegangen. Der Fall Stubenrauch ist der Fall der höheren Schule. Das Gymnasium ist die Brutstätte der Mörderorganisationen. Die Arbeiterjugend muß politisiert werden. Sie liefert die Kampf⸗ truppen für das Proletariat. Demgemäß liefert auch die bürger⸗ liche Jugend die Kampftruppen für die Reaktion. Die Schule ist ein politisches Machtinstrument, leider jetzt in den Händen der
Reaktign. Das kann nur geändert werden, wenn ihr „umfan reicher“ Vertreter, Herr Boelitz zum Teufel gejagt wird.
Geiterkeit.) . Abg. Hartmann (Dem.): Wenn die antisemitische Hetze zu Morden führt, wird es Zeit, daß endlich gegen diese Hetze ein⸗ geschritten wird. Es ist bezeichnend für die Verwirrung in unserer Jugend, daß alle Leipziger Angeklagten ihre Handlungen als nationale Sache bezeichneten. Es ist höchste Zeit, dafür zu sorgen, daß auch den deutschvölkischen Organisationen gehörig auf die Finger geklopft wird. Weiter muß Schluß gemacht werden mit den Schülervereinen, die sich gegen die Staatsform richten. Nun zu Stubenrauch selbst. Mit 15 Jahren wurde er zugleich mit Vater und Mutter Mitglied des Bundes der Aufrechten. Auch dem deutschnationalen Fugendbund gehörte er an. Vor dem Staatsgerichtshof hat er sich mit einer geradezu beleidigenden Arroganz zu verteidigen versucht. Es ist schwer verständlich, daß man von dem Tun und Treiben Stubenrauchs in der Schule nichts gemerkt hat. Fehrenbach hat seine Aeußerung nicht getan nur wegen der Person Stubenrauchs, sondern der ganzen sich aus dem Prozeß ergebenden Zusammenhänge wegen. Es hat sich in Leipzig herausgestellt, daß auch bei den anderen jungen An⸗ geklagten nachgewiesenermaßen auf der Schule derartige Dinge ausgeheckt worden sind. Es ist Aufgabe der Schulaufsichts behörden, alle Auswüchse zu beseitigen. Alle Schülervereine müssen dem Probinzialschulkollegium unterstellt, parteipolitische überhaupt ver⸗ boten werden. Wenn unser Volk ein Ganzes werden soll, muß der Geist der Gemeinsamkeit auch in den Schulen gepflegt werden, dann müssen diese gemeingefährlichen Schülervereinigungen be⸗ seitigt werden. (Beifall bei den Demokraten.) .
Abg. Hauschild (Soz): Wir freuen uns des Zugeständ⸗ nisses des Ministers, daß in diesem Falle schwere Fehler gemacht worden sind. Der Versuͤch des Abgeordneten Oelze, die Anstalts⸗ leitung weiß zu waschen, ist durchaus mißlungen. Der Vergleich des Falles Stubenrauch mit demjenigen des Oberprimaners Lieb⸗ knecht ist unstatthaft. Der Minister Hänisch hat seinerzeit nach—⸗ gewiesen, daß dem Liebknecht eine selbständige Verfehlung nicht zur Last gelegt werden konnte. Die Worte des Reichstagskollegen Fehrenbach haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Mit aller Energie hat der Minister auf eine andere Einstellung nicht nur der höhe ren Schüler, sondern auch der Lehrer und der Schulleiter zu dringen; besonders der Antisemitismus hat in diesen Kreisen An⸗ hänger, die ihren Antisemitismus in einer Weise bekennen und betonen, die sie für ihre pädagogische Aufgabe wenig geeignet er⸗ scheinen läßt.
Abg. Pflug (D. Nat): Der sonst so ruhige Herr Wilder⸗ mann hat behauptet, der Abg. Oelze habe Stubenrauch verteidigt, und Herr Hartmann, der Beisitzer im Staatsgerichtshof, hat uns hier eine wohlvorbereitete Rede vorgelesen. Stubenrauch ist außer Verfolgung gesetzt worden; von einem Mordplan kann keine Rede sein, er hat nur Dummheiten gemacht. (Lärm links) Friedrich der Große hat tatsächlich die Juden richtig einzuschäßzen gewußt. Der „Bund der Aufrechten“ ist eine ganz harmlose Vereinigung Lachen links); der „Deutschnationale Jugendbund“ war ein eben⸗ so harmloser Poussierklub. (Heiterkeit) Sein Charakter ist nach seinen Zeugnissen unantastbar. Herr Fehrenbach hat auch nach dem stenographischen Wortlaut seiner Aeußerungen seine Be⸗ hauptung nicht bewiesen, daß Stubenrauch irgendeinem Mitschüler etwas auf einen Mordplan Bezügliches mitgeteilt hat. Die Er— bitterung der höheren Lehrerschaft gegen Herrn Fehrenbach ist allgemein; mein Urteil über ihn kann ich nur in die Worte zu— sammenfassen: Jeder blamiert sich, so gut er kann! In die ser Ver— dächtigung des gesamten Pädagogenstandes liegt System. Herr Scholem hat sich auf diesem Gebiete in Schmutzartileln besonders hervo getan. Wenn es sich bei Liebknecht nicht um ehrlose Ge— sinnung gehandelt hat, so muß dieselbe Psychologie auch auf Stubenrauch angewendet werden. Eine positive Einstellung der Jugend zum Staat erstreben alle Parteien. Sollen diese Jugend⸗ bünde abgebaut werden, so muß es bei allen Parteien geschehen.
Damit schließt die Besprechung. Es folgen persönliche Be⸗ merkungen der Abg. Frau Dr. Wegscheider (Soz.). Auf diese erwidert der
Minister für Wissenschaft, Kunst⸗ und Volksbildung Dr. Boelitz: Ich glaube, daß die Frau Abg. Dr. Wegscheider mich falsch ver— standen hat. Ich darf mir erlauben, aus dem Stenogramm folgendes zu verlesen:
Wenn die Frau Abg. Wegscheider ferner darauf hinweist, daß der Direktor des Steglitzer Realgymnasiums und auch „die anderen Faktoren“, die mit der Angelegenheit zu tun gehabt haben — damit muß wohl das Provinzialschul kollegium gemeint sein —, in dieser so eminent wichtigen politischen Frage versagt hätten, so lassen Sie mich ein Wort wenigstens für den Direktor sprechen, von dem ich den Eindruck habe, daß er eine vollkommen unpolitische Persönlichkeit ist — vielleicht auch für das betreffende Mitglied des Propinzialschulkollegiums, von dem ich das nicht weiß. Aber Frau Abg. Wegscheider, wenn Sie damals — Sie sind doch Mit— glied dieser Behörde — diese eminent politische Bedeutung dieses Falles erkannt haben, warum haben Sie sich damals nicht sofort an Ihre Herren Kollegen, den Dezernenten der Anstalt, warum nicht an den Direktor des Provinzialschulkollegiums, warum nicht sofort an das Ministerium gewandt und haben auf die Be— deutung dieses Falles hingewiesen?
— Ich lese also wörtlich aus dem Stenogramm vor. (Frau Abg.
Dr. Wegscheider: Das ist es ja gerade, was Sie jetzt wiederholen h
Ich wundere mich darüber, daß nicht von seiten des Provinzialschul⸗ kollegiums, vor allen Dingen auch nicht von Frau Dr. Wegscheider, die auf diese Sache so ungeheures Gewicht legt, rechtzeitig Mitteilung gemacht worden ist. Ich verstehe nicht, wie darin ein Angriff liegen kann. Der Referent des Provinzialschulkollegiums hätte doch durch die Kollegin in dem Provinzialschulkollegium sofort darauf hingewiesen werden Partei: Wenn er die Sache nicht zu den Akten geschrieben und unter— schlagen hätte, so wäre es in der Sitzung vorgetragen worden h
können. (Zuruf bei der Vereinigten sozialdemokratischen
Die Frau Abgeordnete Wegscheider hat darauf hingewiesen, daß das eine eminent wichtige politische Frage gewesen ist, bei der der Direktor und das Lehrerkollegium versagt hätten. Das ist doch aber nicht Ihre Erkenntnis von heute, sondern diese Erkenntnis haben Sie schon damals gehabt. (Widerspruch der Frau Abg. Wegscheider.) Also stelle ich fest, daß die Frau Abg. Wegscheider von der Angelegenheit nichts wußte bis zu d Augenblick, wo in Leipzig die Angelegenheit ver handelt worden ist. (Frau Abg. Dr. a
. Wegscheider:
3 8 * 2 *
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Proyinzialschulkollegium wußte es, ich wußte
E68 36 der Ansicht, daß Sie das gewußt hatten. (Frau Abg. Dr. Weg⸗ scheider: Das war Ihnen doch bekannt! — Es war mir nicht
bekannt. Ein Zweites! Die Frau Abg. Dr. Wegscheide
. sie angeklagt, daß sie die Organisation Falk und den
Jugendbund Bismarck mir nicht gemeldet habe Ich habe gesagt und lese das aus dem Stenogramm vor:
die Organisation Falk
Die Frau Abg. Wegscheider hat mir dann on warm ans Herz gelegt. Frau
und den Deutschen Bismarckbund seh
‚
Abg. Dr. Wegscheider, durch einen
de es jedem Mitglied des Provinzial Pflicht der Provinzialschulkollegien u zu wachen, ob in solchen Jugendvereinen unternommen wird. Ich verstehe nicht, was für ein Vorwurf gegen Sie darin liegen soll. Ich weise darauf hin, daß in den Regierungen und in den Provinzial⸗ schulkollegien meine Bestimmungen durchzuführen s persönlich sich dadurch getroffen fühlen, ist mir unerfindlich. der Frau Abg. Wegscheider.) Ich habe dann weiter gesagt:
r Frlaß vom 4. August d. s ilkollegiums bekannt, daß es die n
J K d der Regierungen ist, darüber
etwas
gegen den Staat
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M S3 Wie Sie
Zuruf
Es ist mir nnmöglich, in jeden Jugendverein ein Mitglied meines Ministeriums zu schicken. Da muß das Provinzialschulkollegium als die nachgeordnete Behörde in allererster Linie mitverant« wortlich sein. Einen persönlichen Vorwurf oder gar eine Anklage gegen Frau Abg. Dr. Wegscheider vermag ich darin nicht zu erkennen. Nach weiteren persönlichen Bemerkungen des Abg. Wilder mann (Zentr] und des Abg. Pflug (D. Nat) vertagt sich um 8 Uhr Abends das Haus auf Dienstag, den 21. November, 3 Uhr (kleine Anfragen, Anträge und Große Anfragen).
Barlamentarische Nachrichten. Der sozialpolitische Ausschuß des vorläufigen Reichs⸗
wirtschaftsrats hält heute und morgen Sitzungen.
Gesundheitstvesen, Tierkrankheiten und Absnerrungs⸗ maßregeln.
Gang der gemeingefährlichen Krankheiten. (Nach den „Veröffentlichungen des Reichsgefundheitsamts“ Nr. 41 vom 11. Oftober 1922. Pest.
Frankreich. Wie nachträglich bekannt wurde, sind vom 11. bis 18. August in Saint-Quen, einem Vororte von Paris, 4 Erkrankungen, davon 2 mit tödlichem Ausgang, sestgestellt worden.
Türkei. Vom 16. Mai bis 31. Juli 2 Erkrankungen in Kon st antinopel. . .
Syrien. Vom 6. Mai bis 10. August 11 Erkrankungen in
Beyxut. . . Ost in vien Vom 16. April bis 22. Juli 9
Britisch . 389 Erkrankungen (und 322 Todesfälle) in Karachi, 76 (62) in Bombay, 66 (64 in Kalkutta. Geylon. Vom 14. Mai bis 22. Juli 22 Eckrankungen und 19 Todesfälle in Colom bo. Niederländisch Indien. Vom 7. Mai bis 30. Juni 1085 Todesfälle. Algerien. Am 27. August 1 Erkrankung in Algier. In
.
Ozan vom o. bis 31. August im ganzen 10 Erkrankungen und 5 Todesfälle. In den Hafenanlagen wurden 26 pestverseuchte Ratten ermittelt.
Pocken. Italien. Vom 11. bis 17. September 4 Erkrankungen, davon 1 in der Probinz Modena und 3 in der Provinz Triest. Schweiz. Vom 17. bis 23. September 23 Erkrankungen., und zwar in den Kantonen Zürich 9 — davon in der Stadt Zürichs — Bern 5 — davon in der Stadt Bern 27 — Basellandschaft 3, St. Gallen, Thurgau und
Tie ino je 2. ;
Spanien. Vom 1. Mai bis 30. Juni 2 Todesfälle in Huelva; vom 16. bis 30. Juli 15 in Sevilla.
Portugal! Vom 2. bis 30. Juli 43 Erkrankungen und
16 Todesfälle in Lissab on.
Polen. Vom 9. Juli bis 12. August 154 Erkrankungen (und 37 Todesfälle), davon in dem Bezirk Bialyystok 4 (h.
Serbien Kroatien⸗Slawonien. Vom 29. Januar bis 1. April 160 Erkrankungen und 36 Todesfälle.
Türkei. Vom 9. bis 29. Juli 7 Erkrankungen in Kon st ant inopel.
Griechenland. Sa loniti.
Acgvpten, Vom 30. April bis 13. Mai 5 Erkrankungen und 2 Todetfälle in Kairo.
Tunesien. Vom 17. bis 23. Juli 1 Erkrankung in Tunis.
Fleckfie ber.
Deutsches Reich. In der Woche vom 17. bis 23. Sep⸗ tember wurden 2 Erkrankungen festgestellt, und zwar ie 1 in der Stadt Königsberg i. Pr. und in Bargte (Kreis Osterholʒ
Reg ⸗Bez. Stade). Polen. Vom 9. Juli bis 12. August 1222 Erkrankungen dabon in der Stadt War sch au 24 (4), in
7
Vom 19. bis 25. Juni 1 Todesfall in
(und 79 Todes falle), da den Bezirken Bialystok 149 (5), Posen 1 und Pomme⸗
rellen. ; Serbien -Krogtien-Slawonien. Vom 29. Januar
bis 1. April 54 Erkrankungen und 6 Todesfälle.
Dem Reichsgesundheitsamt ist der Ausbruch der Mau! und Klauen euche vom Schlachtviehhof ,, aun 24. Oktober 1922 gemeldet worden.
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