1922 / 267 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Nov 1922 18:00:01 GMT) scan diff

gemeinschaft verletzten, wenn wir mit der Volkspartei Fühlung nahmen, um kleine Gegensätze auszugleichen, die zu unangenehmen Zusammenstößen ; (

sachlichen Er

wägungen seiner Partei. Wenn ich etwa so boshaf

antworten konnten, einen solchen Mann wie Dr. Wirth zu stürzen, dem Sie das von uns dankbar begrüßte Lob spendeten? ; Sozialdemokraten. Vereinzelte Rufe: Wir haben ganz offen und loyal verhandelt, die Herren von der Koalition auf der einen und die Deutsche Volkspartei auf

separationskommission mit einem festen Programm utreten, das nicht nur von der Koalition, sondern von der große

ie sein würde. lu zorredners muß man draußen annehmen, es müsse passiert sein. ogramm unterhalten

führungen des

Ungeheuerliches Wir haben

Die Herren waren ganz mit uns einverstanden. (Hört, hört! rechts und im Zentrum, große Unruhe links.) sich einverstanden, mit Einschluß der Sozial⸗ für sachliche Gründe sind es Montag richtig war, am Dienstag für falsch erklärt Staatsverbrechen., als den Sieg des Kapitalismus Wenn es sich um wichtige Programmfragen handelte, ie Sozialdemokratie zwar nichts Besseres tun, als die 6 scheidung möglichst in ihrem Sinn herbeizuführen und selbst in der Regierung mitzubleiben. ĩ

Parteien erklärten also, daß man das⸗

und als größtes

Deutsche Volkspartei Regierung hineinnehmen, so sprechen Sie von einem Sieg Wenn ich dasselbe anwenden wollte auf Ihren Anschluß mit der Mehrheitssozialdemokratie, so könnte ich ebenfalls davon sprechen, daß Sie eine Herrschaft der Sozialdemokratie über

Wenn wir nun die

des Kapitalismus.

Sozialdemokratie sie es aber fertig Wirth zu stürzen, wird sie nicht aus der We i Ich bestreite esichtspunkte

hoch geschätzt,

Zustimmung kapitalistische C rein sachlichen und politischen Gründen haben wir den

neue Negiern

Mitwirkung es eine staatsmännische Tat des Dr. Wirth Augenblick zu benutzen, um entgegenzukommen. Die weitesten Kreise des Varlaments d Verhandlungen mit Reparationstommission ersolgveich führen zu können. Die So demokraten haben einen großen Augenblick verpaßt und di Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit gegen das Kabinett der Arbeitsgemeins tei ist beim Zustande kommen des Kabinetts hat nur ihren Mitgliedern den Eintritt Wir stellen uns dem Kabinett vertrauensvoll gege sein Programm durchführen wird. t nicht darauf an, wo Herr Stinnes sitzt, sondern auf das Dr. Wirth stand auf dem Boden dieses Programms, ßten gerade die Sozialdemokypaten davauf bestehen, daß ö festgehalten l 3s Herrn Breitscheid entgegen, der für die Zusammer s Kabinetts verantwortlich ist. uns gefragt, ob wir einem Parteimitgliede wehren würden, in i r verneint, damit war unsere s Kabinett erledigt, wir haben keinen Anteil an Im Auftrage meiner ge abe ich das lebhafteste Bedauern auszudrücken, ge der Krise der Sturz des Herrn Auftrage der Fraktion sage ich ihm herzlich Dank und wärmste Anerkennung für sein Wirken als Reichskar (Lebhafter Beifall im Zentrum.) Zeit seine volle Kraft bis zur Erschöpfung und Hingabe seiner Gesundheit in den Dienst des (Beifall im 3 Fann verschiedener Meinung sein, ob seine Politik richtig war, aber die anderer Meinung sind, müssen Herrn Dr. Wirth zeit das Beste gewollt und alles aus vater⸗ sändischer und echt deutscher Gesinnung getan hat. ö. die Zeiten ruhiger geworden sind, werden seine nste für die große Masse der Bevölkerung anerkannt Beifall im Zentrum.) Eine Anzahl von Männern, die starker Kritik bereit waren und sagten, di ichtig zusammengesetzt, ö. berufen werden sollten, eine starke Regierung zu hilden, gt Schon vor zwei Jahren, als man ähnlich nach Fachministern rief, Volkszeitung“, man bleibe uns weg mit dem und schweige mit diesem Schlagwort. Es

Volkspartei

(Sehr richtig! im

micht gefragt freigegeben.

deshalb mi

Der Reichspräsident hat dies haben w

Kabinetts.

während anderthalb Jahren. in schwerster

Zentrum.) wertvollen

tegie rung sei nun, wo sie

Fachministern

isse jemand gefunden hat, um so mehr verantworlklich is Gerade die Leute, die in der Wirtschatt etwas bedeuten, sollten in schwerer Zeit ihre Kenntnisse dem Volk und Vaterland zur Verfügung stellen, Die einzige erfreuliche

großen Parteien ramm der Note vom 13. November einigten. bedeutungsvoll umschrieben. schürternd war jeine Schilderung unseres Notstandes. frank und geht einem schweren Winter entgegen. Ausland hat man noch wenig Kenntnis von unse Es war von Dr. Wirth ein guter politischer Gedanke, Sachverständigen

er vor unserem Herrgott.

onst haben sie das Recht

dieses Programm

serer wahren Not

einzuladen, eren Zuständen bekamen. Ich hof Lage gegenüberstehen, Ar wie schwer das deutz die in Schlemmerei und olkes noch vergrößern,

auswärtigen ; persönlich Kenntnis von uns

klärnng darüber bringen werden, diejenigen, serei sich ausleben und die Not des VB kann die Regierung nicht hart genug vorgehen. ö Regierung, ihren Einfluß auch auf die Landesvegierung zu üben, daß sie mit schärfster Hand dieses i 3. stadt ausräumt, auch das Aergernis, daß die Ausländer diese Gelegen⸗ heit benutzen, um sich zu bereichern. Stabilisierung der Mark

Aergernis in der Reichshaupt⸗

Lebhafte Zustimmung). D t von allen Parteien als die wichtigste Reichsbetrieben. Wort des Reichs⸗ Produktionsvermehrung Einseitigkeit

Sparsamkeit

Produktion Produkltionssteigerung willigkeit der Arbeiter ab.

hervorragend von ; . Die Regierung muß wie das bisherige Kabinett volles Verständnis für die Bedürfnisse und Bedrängnisse der Arbeiterschaft an den Tag legen. sozialen Aufgaben gefördert; die 6. ozialren! und Kleinrentner und die kinderreichen Familien die besonders wer leiden, empfehle ich der Aufmerksamkeit der Regierung. Mit Freuden sind wir bereit, die Regierung es Programms zu unterstützen. sammensassung aller Kräfte.

entrum hat stets die r die Sozialrentner

i der Durchführung Unsere Zeit verlangt die Zu⸗ Ich begrüße namentlich als Rhein⸗ länder die warmen Worte des Reichskanzlers für die Lage des Ich danke Ihnen dafür im Namen Ich ruse Mussolini und seinen Freunden daß, wenn sie ihr Rachegefühl so weiter treiben und Deutschland zu Boden werfen wollen, die

Wir legen entschieden Protest gegen die elbstbestinimung der Völker muß zur Wahrheit werden, em deutschen Volke muß Gerechtigkeit widerfahren. (Beifall.) r Auffassung des Reichskanzlers über das Verhältnis des Ländern stimmen wir überein, wir befinden uns t den Richtlinien der Zentrumspartei,

besetzten Landes. der besetzten Gebiete.

olge der Bolschewismus

sein muß. ein, die S

jn Üebereinstimmung mi

wonach die Reichseinheit uns als unverletzlich gilt und eine stark zentralistische Gewalt und der zentralistische Staatsaufbau nicht dem deutschen Volkscharakter entspricht. Auf Grund unseres Parteiprogramms können wir uns hier vollkommen hinter den

Jteichskanzler stellen. Wnr wünschen dem Reichskanzler den besten

Erfolg für seine Bemühungen gerade in einer Zeit, wo ein großes

einiges Deutschland nötig ist. Möge er sich später sagen können:

Das deutsche Volk ist wieder zur Gesundung gebracht worden.

Wir haben einen Fortschritt getan. In diesem Sinne begrüßen

wir den Reichskanzler und sein Programm. (Lebhafter Beifall

im Zentrum.)

Abg Dr. Hergt (D. Nat): Die Zusammensetzung der

Reichsregierung, die sich heute dem hohen Hause vorgestellt hat,

und die Geschichte ihrer Entstehung weisen neue Züge auf, die für eine Besserung der politischen Verhältnisse von wesentlicher Bedeutung werden können. Das Kabinett Wirth ist an der Schwäche seiner Politik zusammengebrochen. Der Fortsetzung einer Er⸗ 1 nos pnlit 5 sro 9 S starta 2s deutsche Volks⸗ füllungspolitik auf Kosten der Substanz des deutschen Volks

vermögens würden wir unter keinen Umständen zustimmen. Wenn der Reichskanzler bedauert, daß ein Versuch, die sozial

demokratische Partei zur Bildung seines Kabinetts heranzuziehen, gescheitert ist, so erscheint es uns als ein Fortschritt der politischen Entwicklung, daß er gleichwohl den Entschluß einer Regierungs⸗ bildung auch ohne die Sozialdemokraten gefunden hat. Auch wir begrüßen die Tatsache, daß der Herr Reichskanzler und ein Teil der Herren Minister außerhalb des Parlaments stehende Persön⸗ lichkeiten sind, und daß die Regierungsbildung unabhängig von der unmittelbaren Einflußnahme der Parteien erfolgt ist. Wir er⸗ blicken darin einen erneuten Beweis für die Mängel des bis⸗ herigen parlamentarischen Systems und unter den heutigen Ver⸗ hältnissen einen Fortschritt im Interesse einer gesunden und stetigen Politik. Ra die Ausführungen des Abg. Dr. Breit⸗ scheid über ein Mitglied der Regierung anbetrifft, so ist es zunächst Sache der Regierung selbst, dazu Stellung zu nehmen. Das vom Reichskanzler verkündete Programm ist zum großen Teil auf der an die Reparationskommission gerichteten Note vom 13. d. M. aufgebaut. Auch wir erkennen an, daß diese Note, wie es der Reichskanzler ausgedrückt hät, einen bedeutsamen Schritt nach vor⸗ wärts gebracht hat. Sie ist jedoch nach unserer Auffassung nicht mehr als nur ein erster Schritt der Umstellung von der bisherigen Politik der Passivität zur tatkräftigen Selbsthilfe, die allein uns Rettung bringen kann. Der Reichskanzler hat zustimmend das Wort der ausländischen Sachverständigen angeführt: „Daß Deutschland sich eine eigene aufbauende Politik schaffen muß, auch wenn damit Gefahren verbunden sind.“ Dies war stets auch unser Leitstern. Diese Stellungnahme des Reichskanzlers ermöglicht uns, über Einzelheiten der Note trotz ernster Bedenken, die wir nicht unterdrücken können und am gegebenen Orte geltend zu machen gedenken, im gegenwärtigen Augenblick hinwegzusehen. Denn auch darin hat der Reichskanzler recht, daß es nicht um Worte geht, sondern um Arbeit und Tat. Das gilt vornehmlich auch von dem wichtigen Teil des Programms des Reichskanzlers, der in der Note vom 13. d. M. nicht enthalten gewesen ist. Wir billigen seine Erklärung, daß die neue Regierung mit allen ihr zu Gebote stehenden Machtmitteln die Ordnung und die Autorität des Staates wahren und gegen Aufruhr und Gewalt, wo immer sie sich finden, auf dem Plane sein wird. Wir begrüßen die warmen Worte, die der Reichskanzler aus den Erfahrungen seiner eigenen Beamtenlaufbahn heraus für das pflichttreue, echte Beamtentum gefunden hat. Wir begrüßen die Ankündigung einer durch greifenden Fürsorge für die notleidenden Schichten der Bevölke⸗ rung und für den Mittelstand, bei der er auch uns als Helfer

nicht nur Deutschland, sondern der ganzen weißen Welt zugefügt wird, so zeigt das, daß in Frankreich die Leidenschaften noch immer

lebendig sind. Können wir nun aber hoffen, daß von anderer Seite aus auf Frankreich eingewirkt wird? England wird dazu, zumal nach dem Regierungswechsel, kaum bereit und fähig sein. Es hat andere, schwerere Sorgen als sich unser anzunehmen. Die Ausführungen des Herrn Breitscheid in dieser Richtung waren überaus bedauerlich. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß unsere Beziehungen auch zu den Staaten, die heute noch unter dem po⸗ litischen Einfluß Frankreichs stehen, engere werden, und hoffe, daß hier eine aktive Politik der Regierung einsetzt. Immerhin ist eine gewisse Zurückhaltung im Verkehr mit dem Auslande am Platze. Ich bedaure tief, daß jene Note, in der die Rechtsprechung des Reichsgerichts einmütig von der Entente kritisiert wird, ohne jede Erwiderung unserer Regierung geblieben ist. Das ist für mich geradezu unerklärlich. Wir waren es unserer Würde und natio⸗ nalen Ehre schuldig, darauf zu erwidern, und durften nicht aus falsch verstandener Höflichkeit schweigen. (Lebhafte Zustimmung.) Wir müssen eine Politik der freien Hand haben, aber nicht eine Straße wandeln, die zwischen Ja und Nein schwankt. Vor allen Dingen müssen wir einen einheitlichen nationalen Willen herbei⸗ führen. (Sehr wahr!) Die Kritik des Herrn Breitscheid hat von vornherein den einheitlichen Eindruck zerstört. Die Hauptsache ist Einheitlichkeit auf dem Boden der Verfassung unter rückhaltloser Betonung der Verfassung. Wenn die Frage so gestellt wird: Re⸗ publik der Chaos und nicht: Monarchie oder Republik, so kann die Antwort nicht zweifelhaft sein. Eine einheitliche Willens⸗ bildung war durch die Note vom 18. November gegeben. Wir verlangen ferner, daß, sobald wir zu einer wirtschaftlichen Ver⸗ sändigung gekommen sind, die Besetzung der Rheinlande aufhört, denn dann entbehrt sie jeden Grundes. (Sehr richtig! bei den Demokraten Die fünfhundert Millionen des Reichsgoldes dürfen nur dann zur Verfügung gestellt werden, wenn alle Kautelen gegeben sind, daß sie wirklich nutzbringend angebracht werden. Die Verminderung der Beamten darf nicht etwa ausschließlich auf Kosten der weiblichen Beamten erfolgen. Fine Reihe von Aufgaben, insbesondere die Steigerung der Pro- duktion, die Regelung des Arbeitszeitrechts unter Festhaltung des Achtstundentages als normalen Arbeitstag, die Heranbildung von Qunalitätsarbeitern, die Hemmung des Luxusverbrauchs und der Luruseinfuhr usw., muß unbedingt im Auge behalten werden; aber alle diese Punkte sind nicht in den Kreis der Stabilisierung und Reparation einzureihen, sondern um ihrer selbst willen durch⸗ zuführen. Zu lösen ist auch die Frage des Soziallohnes an Stelle der bisherigen schematischen ,. Lohnregelung. Die jenige Stellung der Jugendlichen und ungelernten Arbeiter ist nichts anderes als ein Opfer der alten gelernten Arbeiter. (Sehr wahr! bei den Demokraten, Das Streben der Arbeiter nach Ausbildung und Vervollkommnung muß durch Differenzierung des Lohnes gefördert werden. Wenn die Entente wünscht, daß wir arbeiten, so muß sie uns auch die Möglichkeit geben, daß wir nicht unsere Kohle auszuführen und dafür zu teueren Auslandspreisen die Auslandskohle einzuführen brauchen. Die Tarifpolitik ist mit der wirtschaftlichen Entfaltung, die doch die Hauptsache ist, nicht vereinbar; die stete Erhöhung der Tarife spielt auch für die Er⸗ nährungspolitik eine große Rolle. Die Förderung der Landwirt⸗ schaft muß unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt. geschehen, daß vir uns vom Ausland unabhängig machen. Bei der Fürsorge für die Kleinrentner und bei der Beseitigung der Not der geistigen Arbeiter handelt es sich darum, das Versinken von Hundert⸗ ausenden zu verhindern. Nicht neuer großer gesetzgeberischer Ar⸗

finden wird. Sein Eintreten für die Wahrung der religiösen, geistigen und kulturellen Güter der Nation in Worten, wie wir sie seit langer Zeit zum ersten Male von diesem Platze gehört haben, füllt eine Lücke aus, die wir schon längst als solche empfunden haben. Wir freuen uns weiter des von dem Reichskanzler ausge⸗ sprochenen Entschlusses, das deutsche Volk über alle innere Ver⸗ hetzung hinweg zur Einigkeit zu führen. Möge endlich wieder gleiches Recht für alle gelten und das Unrecht der Ausnahmegesetz⸗ gebung beseitigt werden. Die Anerkennung der Selbständigkeit der Länder und die Wahrung ihrer Rechte entspricht durchaus unseren Anschauungen. Im Interesse der notwendigen Uebereinstimmung erwarten wir, daß die Besserung der politischen Verhältnisse im Reich sich auch in den Ländern entsprechend auswirken wird. In⸗ dem wir die Erklärungen des Reichskanzlers zur Note und zum Gesamtprogramm in diesem Sinne deuten, sind wir bereit, der neuen Regierung die verfassungsmäßige Möglichkeit zur Führung der Geschäfte und zur Aufnahme ihrer Arbeit zu geben und sie in die Lage zu versetzen, das Deutsche Reich bei den bevorstehenden schwierigen Verhandlungen mit dem Auslande tatkräftig und würdig zu vertreten. Wir sprechen dabei die bestimmte Erwartung aus, daß die Regierung die von uns als richtig anerkannten Richt⸗ linien der Politik trotz aller Widerstände im Innern und aller Schwierigkeiten von außen mit unbeugsamer Entschiedenheit ver⸗ wirklicht. Eine volle Garantie dafür, daß das geschehen wird, haben wir indessen nicht, und man wird es uns nach allen Ent⸗ täuschungen der Vergangenheit nicht verargen können, wenn wir Zurückhaltung üben und uns unsere Entscheidung von Fall zu Fall vorbehalten entschlossen, wenn es sein muß, auch weiter⸗ hin in der Opposition zu verharren, zugleich aber, wie bisher, auch dabei positive Arbeit zu leisten. Die Bildung der neuen Re⸗ gierung eröffnet nach unserer Auffassung Möglichkeiten einer Besse⸗ rung unserer politischen Verhältnisse; ob diese Möglichkeiten zur Wirklichkeit werden, ob sie zu einem Wendepunkte der deutschen Geschichte führen, wird einzig und allein von der Entschlußkraft und den Handlungen der Regierung abhängen. (Beifall.)

Abg. Dr. Schiffer (Dem.): Im Vordergrunde steht die auswärtige Politik, der gegenüber alles zurücktreten muß. Daher ichte ich einen Appell an das Verantwortungsgefühl der Par⸗ teien. Ob dieser Erfolg haben wird, ist nach der heutigen Ein⸗ leitung zweifelhaft. Herr Breitscheid stellte die Parteipolitik in den Vordergrund und suchte oft die Heiterkeit des Hauses zu er⸗ regen. Das entsprach weder dem Interesse des Landes noch dem Ernst der Stunde (lebhafter Beifall). Das drückt die Stellung des Reichstags noch mehr herab, wo doch alles geschehen sollte, sie zu stärken (lebhafte Zustimmung). Unsere Anträge sind leider zum größten Teil abgelehnt worden, die eine andere Art der Ge⸗ schäftsbehandlung wollten. Das ist keine bloße Geschäftsordnungs⸗ frage. Nach den letzten Vorgängen muß man doch fragen, ob nicht auf andere Weise ein wirklich aktionsfähiger Reichstag geschaffere werden muß. (Sehr wahr! Der Reichstag hat mehr Rechte als früher, aber die Geschäfte im einzelnen kann er doch nicht führen. Die Regierung muß vollkommene Entschluß⸗ und Bewegungs⸗ freiheit haben. (Zuruf des Abg. Ledebour: Wozu denn da das Parlament? Das wäre Spielerei!) Immer wie müssen wir die Revision des Versailler Vertrages fordern und die Schuldlüge bekämpfen, wenn man uns auch als ungestüme Mahner ansieht. Es gibt eine gewisse moralische Schuld, an der auch wir einen Teil tragen, aber uns allein darf man nicht verantwortlich machen. Noch heute lebt in Frankreich der Rachegeist, wie wir es aus den Reden Poincarés hören. Ich mache keinen Hehl daraus, daß es auch in Frankreich Leute gibt, die die Gerechtigkeit wollen und wirtschaftlich und finanziell einsichtig genug sind, um die ganze Unhaltbarkeit des Versailler Vertrages zu erkennen, aber was soll man dazu sagen, daß selbst einer dieser Männer die Los⸗ lösung des Rheinlands von Deutschlans als sesbstverändlich fordert? Das ist natürlich eine für uns undiskutierbare Forde⸗ rung. (Lebhafte Zustimmung.) Der Einsichtige kann sich nicht darüber täuschen. daß Frankreich. daß die Herren Clemenceau und Poincaré dasselbe wollen, was schon seit Jahrbunderten das Ziel der französischen Politik gewesen ist, sich des Rheins und damit des Herzens Europas zu bemächtigen. Frankreich ist noch nicht gesonnen, der Stimme der Vernunft und Gerechtigkeit Gehör zu geben. Wenn dazu noch die abscheulichen Erscheinungen kommen, bei der Besetzung des Rheinlandes, die schwarze Schmach, die

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eiten bedarf es, auch die Gesetzgebung müssen wir einschränken, die jetzt schon zu einem undurchsichtigen Chaos geworden ist; wir müssen uns auf das unbedingt Notwendige beschränken, aber dieses mit voller Konzentrierung durchführen. Bir müssen alle Gegensãätze pefeitigen, alles Trennende für den. Augenhlick überwinden. Die Regierung hat fich selbst als Regierung der Arbeit bezeichner. Ich lege auf das Wort kein großes Gewicht, es kommt nicht auf die Etikette der Flasche an, sondern auf den Wein, der darin ist. Die Regierung soll an die Arbeit gehen mit wahrem Optimismus, nicht aber mit dem Optimismus, der alles mit dem Schimmer umgibt, daß es nicht so schlimm werden würde, denn dieser Op˖ timismus hat uns bereits tief heruntergebracht (sehr wahr! bei den Demokraten), sondern mit dem Optimismus, der nicht ver⸗ zweifelt und aus dem Vertrauen auf unsere Nation den Mut und pie Kraft entnimmt, alles daran zu setzen. Wir können zu unserer Nation unbedingtes Vertrauen haben. Das deutsche Volk von 60 Millionen mit solchen Leistungen kann nicht durch rohe Gewalt vernichtet werden. Aus diesem Vertrauen bieten wir der Re⸗ gierung die Hand. Nur auf der Grundlage von Vernunft und Herechtigkeit wird die Arbeitsfreudigkeit in unserem Volke wieder erstehen. Sklavenarbeit ist keine Arbeit. Nach dem Sturz, den wir getan haben, denken wir nicht an Krieg, aber den Platz an der Sonne, den wir brauchen, müssen wir beanspruchen, Luft und Licht und Existenzbedingungen. Zu den Daseinsbedingungen des dentschen Vostes gehört auch Ehre und Würde der Nation, auf die wir niemals verzichten werden. Dann können wir endlich zu der Gesamtarbeit kommen, die uns den wahren Frieden bringt. Wollte man uns unsere Naturrechte antasten und die materiellen und ideellen Lebensbedingungen rauben, so rufe ich: Hütet Euch, ein Volk von 60 Millionen zur Verzweiflung zu bringen! Gebhafter Beifall bei den Demokraten.)

Inzwischen ist von den Abgg. Petersen (Dem.) und Genossen folgendes Vertrauensvotum eingereicht worden:

„Der Reichstag hat die Erklärung der H zur Tenntnis genommen und billigt, daß sie die Note vom 15. November d. J. zur Grundlage ihrer Politik machen will.“ .

Abg. Bartz (Comm.) beantragt um Uhr die Vertagung der Sitzung. Es widerspreche der Uebung des Hauses, daß die Deuntsche Volkspartei morgen erst nach den Kommunisten sprechen solle. Es sei wohl auch eine Erklärung des Ministers Müller er⸗ forderlich.

i Müller-⸗Franken (Soz) bittet, es bei dem Beschluß des Aeltestenrats zu belassen, wonach die politische Debatte morgen zu Ende geführt werden solle.

Präsident Löbe teilt mit, daß der Minister heute noch im Laufe der Debatte eine Erklärung abzugeben beabsichtige.

Der Vertagungsantrag Bartz wird gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt.

Abg. Koenen (Komm.) beginnt unter andauernd großer Unruhe des Hauses zu sprechen; Präsident Löbe ersucht die Mit⸗ glieder, soweit sie für das Weitertagen gestimmt haben, wenigstens Ruhe zu bewahren. Seit gestern tagt in Berlin in der Nenen Welt der Betriebsrätekongreß. Hier im Reichstag geht die alte Welt ihrem Untergang entgegen. (Lachen. Der Reichskanzler verläßt den Saal.) Die Bourgeoisie hat den Versuch gemacht, die politische Macht an sich zu reißen; Herr Stinnes ist der Sieger, und ein sozialdemokratischer Reichspräsident ist es, der eine bürger⸗ liche Minderheitsregierung berufen hat! Alle zwanzig Landes⸗ regierungen, die wir noch haben, sind überflüssig, zumal unleidlich ist der Dualismus der Reichs- und preußischen Regierung in Berlin; ebenso überflüssig sind die Sinekuren der Reichswehr⸗ kommandos und der Oberpräsidien. Unter Erhöhung der Pro⸗ duktivität in den Staatsbetrieben versteht das neue Kabinett, welches ja auch den den Eisenbahnern so verhaßten General Groener beibehalten hat, Beseitigung des Achtstundentages, Ersatz desselben durch den Zehn⸗ und Zwölfstundentag. Ueberhaupt haben wir's durchweg mit dem reinen Stinnes⸗Programm zu tun, das durch die Reichskanzlerrede nur verballhornt worden ist. Die Sozialdemokratie stellt sich auf den Boden der Note, die den Acht

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(Fortsetzung in der Zweiten Beilage)

Zweite Beilage

zum Dent chen Neichsanzeiger ind Preußischen Staatsanzeiger

Nr. 267.

Berlin,. Sonnabend, den 25. Nodember

1522

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

stundentag preisgibt. Ehenso steht es mit dem Abbau der Zwangs— wirtschaft. Man wil den Weltmarktpreis für Getreide und Brot, wo aber bleiben die Weltmarktlöhne? Der Wiederbeschaffungs— preis oll anerkannt werden, das ist zweifellos die Meinung dieser kapitalistischen Regierung also völlige Wucherfreiheit, mag aus der Arbeiterschaft und aus der Angestelltenschaft werden, was da will! Müssen die Arbeiter nicht aufs äußerste gereizt werden durch den schamlosen Wucher? In Voraussicht von Hunger— revolten hat denn auch ausgerechnet der sozialdemokratische Polizeipräsident Richter schon jetzt über Berlin den kleinen Belagerungszustand verhängt. Der neue Mann an der Spitze des Reichsministeriums hat sich als „ethischer“ Verteidiger des Weltkrieges und des Massenmordes erwiesen; Er dachte über die Erfüllungspolitik noch vor kurzem ganz anders, als er heute zu denken schien. Er ist aber auch ein echt kapital isti⸗ scher Kanzler, das hat die Börse durch ihre Haltung bestätigt; und er ist von den Deutschnationalen mehr als sympathisch aufge nom—⸗

men worden, er ist der bürgerlichen Mehrheit gewiß. Daß Herr

Dr. Breitscheid sogar Herrn Deser schluckt, der sich seine Lorbeeren n Kampf gegen die Eisenbahner im Sinne des Stinnes und Helfferich geholt hat, ist ungemein charakteristisch. Auch Herr Becker repräsentiert die Konterrevolution; in' den Novembertagen wurde er von seinem Ministersessel weggefegt. Herr Becker bedeutet Auf⸗ bung des Streikrechts der Arbeiter, Zwang für die Arbeiter. Herr Heinze wird die Klassenjustiz zum Siege führen. Neben Geßler und Stingl wird Herr Hamm für die nötige Kahrisierung der Reichsregierung sorgen. (Zuruf des Ministers Geßler) Sie sind, Herr Geßler, der Hampelmann der monarchistischen Offiziere! Unruhe.) Endlich begrüßen wir wieder Herrn Hermes, der seine Ehre nit zehntausend Papiermark vor Gericht repariert erhalten hat. Der 666 steht jetzt draußen, sagt man und sagen auch die Sozialbemo⸗ raten; damit gehen sie einfach in das Lager der Stinnes⸗Regie rung ber. Mit der westlichen Orientierung unterstützt Dr. Breitscheid offen die Schwerindustrie. Es gilt, den Chauvinismus der Rechten und den Fatalismus der Sozialdemokratie zu überwinden. Dr. Breitscheid arbeitet bewußt auf die große Koalition los; für jetzt ist sie gescheitert, und nun sitzt er da mit dem Talent und kann e nicht verwerten. Die neue großkapitalistische Regierung will den Achtstundentag beseitigen, die Sozialdemokraten stützen sie gleichwohl. Wer glaubt noch, daß sie den Achtstundentag als Magna charta hochhalten werden? Sie lassen diese Regierung zu, damit sie ihnen das Odium der Beseitigung des Achtstundentages abnimmt; nach— her werden sie wieder in die Regierung eintreten und sich noch obendrein als Retter des Volkes aufspielen. Die Sozialdemekratie hat ihre Stunde verpaßt, jetzt kann sie nur noch hoffnungslos in den bürgerlichen Sumpf abrutschen. Das Proletariat würde schon heute seine Befreiung in die Hand nehmen können, wenn es ge⸗ nügend Entschlossenheit besäße, dann könnte schon heute eine Arbeiterregierung bestehen. Die Betriebsräte verlangen von den Sozialdemokraten, daß sie endgültig mit der Koalitionspolitik Schluß machen, daß sie die Stinnes⸗Knechtschaft abschwören. (Beifall bei den Kommunisten.)

Hierauf nimmt der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Müller das Wort, dessen Erklärung wegen nerspäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaut wiedergegeben werden wird.

Abg. So llmann⸗Köln Soz.): Wenn ich gegen meinen früheren Mitbürger Müller Stellung nehme, so leiten mich keine persönlichen Beweggründe; es geht um die politische Bewegung im Rheinland. Ich würde mich freuen, wenn Herr Müller seine fritheren Anschauungen geändert hätte, aber die geschicht⸗ lichen Tatsachen werden dadurch nicht geändert. Im Jahre 191g, als die Rheinprovinz noch mehr Spielball der fran⸗ zösischen Rheinpolitik war als jetzt, wurde im August in der Kölner Bürgergesellschaft eine geheime Versammlung abgehalten, an der Herr Müller hervorragendsten Anteil nahm. Nach dem Bericht der Kölnischen Volkszeitung“ dem Varteiblatt des Herrn Müller, hat Herr Müller in jener Versammlung sein Deutfchtum betont. Ich zweifle das nicht an, aber auch Herr Dorten hat stets sein Deutschtum hervorgehoben und behauptet, das Rheinland nicht in französische Hände liefern zu wollen. Alle Parteien in der Nationalversammlung fürchteten damals. daß der Artikel 18 der Verfassung über die Neugliederung des Reichs für das Rheinland verhängnisvoll werden könnte, und deshalb wurde in der Verfassung der Zusatz gemacht, daß auf zwei Jahre hinaus seine Volksabstimmung im Rheinland stattfinden dürfe. Herr Müller hat nach der „Kölnischen Volkszeitung“ damals erklärt, daß dieser Zusatz dem Rheinland gegen seinen Willen, ohne es zu fragen, aufgedrungen worden e So hat ein jetziger Reichs⸗ minjster genen eine Reichsverfassungsbestimmung damals gesprochen. In jener Versammlung wurde die sofortige Volksabstimmung von allen Seiten, auch nach dem Bericht der „Kölnischen Volkszeitung von allen Seiten, gefordert. Es hieß, man sei es müde, sich von Berlin bevormunden zu lassen. In dieser Versammlung wurde eine Entschließung angenommen. Es ist niemals ganz klar geworden, welches der genaue Inhalt war. Die „Kölnische Zeitung“ hat einen Wortlaut veröffentlicht, in dem nur von iner Rrein-epublik, ohne den Zusatz dim Rahmen des Reiches“ die Rede war. Dieser Zusatz stand aber in der „Kölnischen Volks⸗ zeitung“. Die Freunde des Herrn Dorten haben stets erklärt, die Fassung der „Kölnischen Zeitung“ sei die richtige. In der Ent⸗ schließung heißt es, die Masse der rheinischen Bevölkerung lehne diese Bestimmung ab, die ohne Wissen der Wähler zustande ge⸗ kommen sei. Die Freunde der Rheinischen Republik werden ge⸗ beten, unverzüglich an allen Orten Organisationen zu schaffen, um den Gedanken des Rheinstagtes zur Tat werden zu lassen. In der Versammlung wurde ein Aktionsausschuß eingesetzt, der die verfassungswidrige sofortige Abstimmung in die Wege leiten sollte, und zum Vorsitzenden wurde der jetzige Reichsminister Müller ge— „wöplt. (Große Bewegung) Die Mitarbeiter des Herrn Dr. Karl küller in dem Aktionskomitee, so Justizrat Peter Weber, gehören zu den intimen Freunden des Herrn Dorten, bei Weber hat Herr Dorten stets gewohnt, wenn er nach Köln kam. Der Wahl des Aktionskomitees war eine Reise des Herrn Dr. Müller mit den Herren Kuckhoff und Kastert zum General Mandin nach Mainz vorangegangen, um diesem General von den Wünschen der Rhein⸗ länder Kenntnis zu geben. Erneut große Bewegung.) Ich hin darauf sofort zum Ministerpräsidenten Scheidemann nach Berlin gefahren. Die Reichsregierung war über das Vorgehen des Dr. müller so konsterniert, daß sie amtlich diese Bestrebungen mit 8 81 des Strafgesetzbuches als Hochverrat mit Zuchthaus bedrohte. Im Zentrum herrschte bei der Einleitung dieser Aktion des Herrn Dr. Müller die größte Bestürzung. Die gesetzliche Strömung wurde durch die Führer und durch den Augustinusverein vertreten, die ungefetzliche, putschistische Strömung durch den jetzigen Reichs- minister Dr. Karl Müller. Die Kölner Zentrumsvartei hat im August 1919 scharf Stellung gegen diese vutschistische Strömung genommen. Das Zentrum rückte von Dr. Müller ab. Die Germania“ brachte einen Artikel mit dem Ausdruck des Bepauerns darüber, daß sich Zentrumsmitaglieder an dem Kampf gegen die Ver⸗

Bundes der Rheinprovinz wandte sich gegen Dr. „Frankfurter Zeitung“ widmete am 12. einen Artikel, worin es hieß: Die Führer verfolgen andere Ziele als die Loslösung von Preußen; sie wollten das be— setzte Gebiet zu einer eigenen Republik machen. Diese Bestrebungen ließen sich nur erfüllen durch Loslösung vom Reich. ellen Interessen handelten die Führer. trauensleuten

ugust 1819 Dr. Müller

Aus materi⸗ Dr. Müller hat mit Ver— Wenn es damals Willen Dr. Müllers gegangen wäre, so säße er heute nicht hier als Minister; denn dann hätte das Rheinland keinen Vertreter mehr in den Reichstag zu schicken. Herr Müller, der Gesinnungs— ist nicht würdig, deutscher Minister zu sein.

verhandelt.

genosse Dortens, Lebhafter Beifall links.)

Reichskanzler Cuno: Verehrte Damen und Herren! Vorredner wird nicht erwarten, daß ich seinen einzelnen Aus⸗ Der Herr Ernährungsminister hat an mich die Bitte gerichtet, die Angelegenheit, die hier zur Sprache gebracht worden ist, alsbald in aller Gründlichkeit zu untersuchen. Ich habe dies zugesagt, und Sie können sicher sein, suchung von objektiven Gesichtspunkten aus aufs (Lärm links Ueber das Feststellungen wird dem Hause Mitteilung gemacht werden. (Lärm und Zwischenrufe links.)

Um 9 Uhr vertagt das Haus die Fortsetzung der Be⸗ sprechung auf Sonnabend, 10 Uhr.

führungen folge.

daß die Unter⸗ allergründlichste Ergebnis dieser

geführt werden wird.

Preußischer Landtag. 184. Sitzung vom 24. November 1922, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).) Präsident Leinert eröffnet die Sitzung gegen 12 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst der Antrag des

Sauptausschusses die Uranträge auf Aenderung des Gewerbesteuergesetzes. Deutschnationalen Volkspartei

durch das

Von der wird Vorlegung die unerträgliche Höhe der Gewerbesteuer auf ein erträg— liches Maß herabgesetzt wird. liegt ein Antrag desselben Inhalts vor. verlangt die Wirtschaftspartei, werbesteuerwesens

Notgesetzes Von der Wirtschafts⸗

Neuordnung des . in der Weise auszuarbeiten, derjenige Ertrag der Besteuerung zugrunde gelegt wird, den das Geschäft bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung mit ent— lohnten Arbeitskräften nachhaltig gewähren kann. Es soll auf diese Weise der eigene Arbeitsverdienst des Geschäftsinhabers von der Realsteuer freigestellt werden.

Ferner liegt der Anirag der hängigen sozialistischen Partei werbebetriebe mit höchstens fünf zur Familie des Unternehmers gehörigen Beschäftigten mit einem jährlichen Ertrage von 70 000 Mark von der Gewerbesteuer befreit werden.

Die Sozialdemokraten verlangen Heranziehung der Hochseefischereien zur Gewerbesteuer.

Außerdem liegen weitere Anträge der Deutschnatio⸗ nalen und des Zentrums vor, die grundsätzliche Forde⸗ rungen für die Aenderung des Gewerbesteuergesetzes

früheren Unab⸗ vor, daß Ge⸗

Abg. Dr. Leidig (D. Vp) empfiehlt den Antrag des Aus—⸗ schusses, das Staatsministerium zu ersuchen, dem Landtage baldigst den Entwurf eines neuen Gewerbesteuergesetzes vorzulegen und die vorliegenden Uranträge als Material zu überweisen. man von einer Erörterung absehen, da die Dinge ja doch bei der bald zu erwartenden Novelle ausführlich besprochen werden würden.

Ein Vertreter der Staatsregierung erklärt: Finanzministerium sind vor längerer Zeit vorbereitende Arbeiten ge⸗ Sie konnten noch nicht zum Abschluß gelangen, weil die Probleme der Reform der Gewenrbesteuer wesentlich beeinflußt sind bon der Reform der Reichssteuer⸗Gesetzgebung, die ja bis in die jüngste Zeit wiederholt abgeändert worden ist. gesetznebung doch wohl zu einem gewissen Abschluß gelangte, und wir übersehen können, was die Novelle zum Landessteuergesetz bringen wird, sind diese Arbeiten zur Reform der Gewerbesteuer wieder auf— Ein Referentenentwurf, der gemeinsam vom Fin anz— ministerium und vom Innenministerium ausgearbeitet ist, dient als Grundlage der Besprechung; er wird auch den Verhandlungen mit den Interessentenverbänden zugrunde gelegt werden. l besteuerung soll wegfallen, eine zeitgemäße, gerechte, einfache Be—⸗ steuerung soll Ordnung schaffen. Die Neuregelung soll als Grundlage für die kommunale Besteuerung dienen. das Kommunalabgabenrecht ein und kann wesentliche Aenderungen zur olge haben. Deshalb ist das Ministerium des Innern ganz besonders Die Vorarbeiten sind so weit gediehen, daß die Staatsregierung in aller Bälde den Entwurf dem Landtag bezw. dem Staatsrat vorlegen wird, ö

Aba. Drewitz (Wirtschaftsvt,) bemerkt zur Geschäfts ordnung: Wir wissen, was wir von den Erklärungen, wie wir sie eben gehört Im Hauptausschuß hat man ganz andere Worte vernommen. Wir wünschen schleunigste Vorlegung eines Not— Die Not der Gewerbehetriehe ist groß; wir verlangen, daß über die vorliegenden Anträge schon heute verl Winkler D. Nat.) schließt sich diesen Ausführungen an.

Abg. Dr. Leidig (D. Vp.): Wir werden diese Aussprache doch in drei bis vier Wochen bekommen. Man sollte nicht aus agitatorischen Gründen schon heute darguf bestehen.

bg. Drewitz (Wirtschaftspt.) bezeichnet das Verhalten des ne Verschleppung. Abg. Kloft (tr) we

Heute möge

macht worden.

Nachdem die Steuer⸗

genommen. Die alte Klassen⸗ Die Reform greift also in

eteiligt an dem Entwurf.

haben, zu halten haben.

heute verhandelt wird.

Hauses ins ei g ist diese Auffassung als irrig zurück.

Die Mehrheit entscheidet sich für Absetzung des Gegen⸗ standes von der Tagesordnung.

Der sozialdemokratische Antrag auf Heranziehung der Hoch⸗ seefischereien wird dem Haupausschuß überwiesen.

Es folgt die gemeinsame Beratung der Großen An⸗ fragen der Deutschngtionalen deutschnational gesinnter Arbeiter und der Kommunisten über einen drohenden Rechtsputsch.

Abg. Pieck (Komm.):

über die Terrorisierung

n); Mit unserer Frage an das Staats. ministerium ob es bereit ist, mit der Reichsregierung dem zweifellos geplanten Rechtsputsch wirksam entgegenzutreten, wenden wir uns eigentlich an die falsche Adresse, denn beide sind ja selbst die Konter

) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden

fassung beteiligt hätten. Auch der Vorstand des Evangelischen

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

revolution. Die Konterrevolutionäre bremen ja seit dem Erfolg . darauf, in Deutschland ein Blutbad unter der Arbeiter- schaft anzurichten, um der Großindustrie und dem Kapitalismus die Bahn vollends frei zu machen. Zu diesem Zwecke wird von den Gönnern und Geldgebern der Rechtsputschisten die Hetze gegen die evolutionäre Arbeiterschaft mit allen Mitteln betrieben, um eine Faszistenbewegung auch bei uns zu entfachen. Die bayerische Hitler⸗ garde der monarchistisch⸗kapitalistischen Bourgeoisie wird bei aller ihrer Gefährlichkeit sogar von den Gewerkschaften und von der Sozialdemo⸗ kratie unterschätzt und in ihrer Bedeutung verkannt, in Bahern sind die letzteren geradezu Förderer und Schützer des Faszismus, der sich mehr und mehr zu einer internationalen Erscheinung ausgestaltet. Es ist eitel Geschwätz und zeugt von gänzlicher Unkenntnis der Verhält⸗ nisse, wenn Herr v. Gerlach die Kommunistenbewegung ür das Ent⸗ stehen des Faszismus verantwortlich machen will. In Italien haben die Gewerkschaften eben auch jedes Vertrauen bei den Arbeitern ein⸗ gebüßt, denn sie sind dort wie hier zu Verrätern an der Arbeiterschaft geworden. Großindustrie und Agrariertum verstehen dort wie hier unter „Nation“ nur sich und ihren Profit, nie aber die Arbeiterschaft, das arbeitende, werteschaffende Volk. Ende Juni war Herr Mussolini damals noch nicht Ministerpräsident, sondern noch Banditenhäuptling auch in Deutschland erschienen, um die Wünsche der Großindustrie kennen zu lernen, er ist auch vom Reichskanzler Wirth empfangen worden, im Sommer hat ein Faszistengeneral vier Wochen in Babelsberg gewohnt und sich mit den Repräsentanten der Konterrevolution und mit den Reichswehroffizieren unterhalten, wobei es wohl kaum beim Thema vom Wetter geblieben ist. Gegen ziese Betätigungen hat die Regierung anscheinend nichts einzuwenden, hell⸗ hörig und feinfühlig ist sie bloß gegenüber den Kommunisten. In Bayern sehen wir den Hort der faszistischen Mörderbanden, dort ver⸗ sammeln sich die Faszisten allet Länder, um die internationale Reaktion zu betreiben, um die Anschläge zu beraten, die die Errungenschaften der Rebolution in Europa wieder vertilgen helfen sollen. Die Münchener Räterepublik ist nicht von den Kommunisten, sondern von den Sozialisten und unabhängigen Sozialisten ins Leben gerufen worden. Sie ist auch unter der Führung der unabhängigen Sozialisten zugrunde gegangen. In Bayern ist auch der Ursprung der national⸗ i m Arbeiterpartei, deren Programm die Juden ächtet und eine straffs Diktatur an Stelle der „korrumpierenden Parlamentswirt⸗ schaft“ einführen will. Die Großindustrie steht dahinter; sie wünscht die Zersplitterung der Arbeiter. Dabei begeht man in Bayern die krassesten Justizverbrechen, wie der Fall Fechenbach zeigt. Man muß sich geradezu wundern, daß auch in Deutschland die Faszistenhäuptlinge nicht schon in weit größerem Maße die Volkshäuser demolieren und die Arbeiterschaft zu Unüberlegtheiten provozieren; sie machen sich aller⸗ dings schon eifrig daran, den Unmut über die Auswucherung zu fruktifizieren. Die Anfrage der Deutschnationalen richtet sich selbst; der Terror hat ja seinen festesten Rückhalt bei den Deutschnationalen. Daß die schwerindustriellen Kreise ihre Schutztruppe aushalten, i erwiesen; Krupp allein hat zwölf Millionen hergegeben für heimliche und offene Parteigänger der Gegenrevolution. Wir müssen in Reich und Ländern eine Arbeiterregierung haben, nur sie kann das Proletariat vor dem Faszismus retten.

g. Rüffer (D. Nat): Zur Abwechselung haben wir uns heute nicht mit dem Terror in Versammlungen, sondern mit dem politischen Terror zu befassen, wie er gegen deutschnational Gesinnte in den Betrieben geübt wird und wo es sich nur um den Verlust der Arbeit, sondern auch um Mißhandlungen handelt, die in einzelnen Fällen sogar zurn Tode geführt haben. Allein im Bereich von Groß Berlin sind in letzter Zeit G solcher Fälle gemeldet worden. Redner führt eine Reihe von Einzelfällen von Berlin und aus dem Reiche an und fährt dann fort: Die Fälle sind besonders auf die Hetze nach dem NRathenau-⸗Mord zurückzuführen. Wir verlangen Wahrung der Ver— fassungsbestimmung, daß jeder Deutsche seine Meinung äußern darf. Ferner muß endlich der Ruf: „Der Feind steht rechts“ außer Kurs gesetzt werden. Wir wollen wieder ein Volt der Freiheit und Gerech= tigkeit werden. (Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen.)

Hierauf nimmt zur Beantwortung der beiden Großen An⸗

fragen der Minister des Innern Severing das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer dieses Blattes im Wortlaute wieder⸗ gegeben werden wird.

Die Besprechung der beiden Anfragen wird beschlossen. Abg. Buch witz (Soz ); Terrorakte sind zahlreich vorgekommen. Ter nicht etwa nur gegen rechts gerichtete Arbeiter. Wie denkt Herr

Rüffer über den Terror, der gegen sozialdemokratische Landarbeiter von den Inhabern där wirtschaftlichen Uebermacht geübt wird? Und was hält er von dem antisemitischen Terrer der Wulle und Kon—⸗ sorten, der noch jüngst in Oberschlesien zutage trat? Aber auch sonst ist der Terror gegen unsere Gesinnungsgenossen an der Tages— ordnung. Um die Arbeiter in die deutschnationale Partei zu bringen, gibt man ihnen Kartoffeln, wenn sie nur ihr Mitaliedsbuch zu dieser Partei vorzeigen. So macht der Hunger Arbeiter zu Verrätern an der eigenen Klasse. Kann die Erbitterung über solche Klassengenossen

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wundernehmen? Die Geistlichkeit verweigert sozialistischen Arbeitern die Sterbesakramente, so übt auch sie den Terror. Unter anderem Namen tun sich die verbeötenen Organisationen wieder auf. Die Kom⸗ munisten haben also darin nicht unrecht, wenn sie vor einem Rechts⸗ putsch warnen. Aber gerade ihre Wäblerei trennt die Arbeiterschaft in zwei Lager. Wäre sie geeint so wäre jede Anost vor einem Rechts putsch überflüssig. Mit Warerstöcken würden ihn die Arbeiter niederschlagen. Meine Partei wird jedenfalls auch weiterhin sich als stärkste Stütze der Regierum ewweisen. (Beifall bei den Sozial⸗ demokraten )

Abg. Harsch (;entr): Wir verlamsen nach wie vor Schutz der

Arbeit gegen den Terror sowohl von rechts wie von links. Bei den oberschlesischen Maöblen ist der Kampf von deutschnationaler Seite fast ausschließlick Ren die Zentrumspartei geführt worden. (Teb⸗ bafter Wider pruch Lechts, JZustimmung im Zentrum.; Anagesichts der Vorgänge, die aus Süddeutschland bekannt werden, ist äußerste Vor= sicht beten. Wir wenden uns insbesondere geren die Bestrebungen Lettom-Verbecks, der augenblicklich in den verschichensten Orben des Ruhbroed tes, Selbstschatzderbande propagiert. Durch die letzten kommunistischen Terrorakte werden derartige Bestrebungen nur noch Xöördert, Kärm. und Widerspruch bei den Kommunisten) Es ist festgestellt, daß die Streiks und Terrorakte im besetzten Gebiet von auswärtigen, der kommunistischen Partei nahestehenden Tenten in— szeniert worden sind. (Erneuter Widerspruch links) Wohin die Ziele der Kemmunisten geben, zeigen deutlich ihre Anträge anläßlich der Schutz esetze. Wir sind immer für die Freiheit aller Stände ein. 366 Fir die kommunistische Freiheit danken wir. (Beifall im entrum.

Abg. Wie dem ann (D. W.): Eine Sumpfypflanze kan einem Sumpf entstehen. Wenn Se DOie n, n fn .

wirtschaftsfriedliche Bewegung eine gelbe Sumpfpflanze nennen, so kann sie nur auf dem roten Sunwf gewachsen sein. Sie haben nicht den Schatten eines Beweises erbracht, daß unsere Organisation von den Arbeitgebern ausgehalten wird. Wir haben nun einmal eine andere Auffassung von der Wirtschaft. Wozu überhaupt die Auf⸗ vegung, wenn es mit unserem Wachstum nichts ist. Aber das ist es ja eben: Sie fürchten, daß wir groß werden können. Es ist doch ein ganz besonderer Terror, wenn ein entlassener Straßenbahner von dem Arheitsnachweis, quf dem er Arbeit sucht, abgewiesen wird. Was haben Sie (u den Sozialdemokraten) früher nicht über die Ge⸗