.
Sekanntmachnng.
Dem Althändler Christovh Kagstner, geboren am 25. Sejember 1585 in Kuluiann wohnhaft in Frankfurt a. M. Sindlinger Straße Nr. 5, Geschäftslokal ebenda, wird hierzurch der Handel mit Gegenständen des täglichen Be⸗ darfs, insbesondere Altmetallen, Nahrungs- und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Raturerzeugnissen, Heir und Leuchtstoffen sowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Beteiligung. an einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb untersagt.
Frankfurt a. M., den 24. Nobember 1922.
Der Polizeipräsident. Ehrler.
Bekanntmachung. . Dem Althändler August. Röhrig, geboren am 14. September 1892 in Rödelheim, wohnhaft in Frankfurta. M. , Adalbertstr. 5 b, Geschäftslokal ebenda, wird hierdurch der Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbesondere Altmetallen, Nahrungs- und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz- und Leuchtstoffen sowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Beteiligung an einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb untersagt. Frankfurt a. M, den 24. November 1922.
Der Poltzeipräsident. Ehrler.
— — *
Bekanntmachung.
Dem Althändler Fritz Schenk, geboren am 21. Scp— tember 1839 in Frankfurt a. M, wohnhaft in Frankfurt a. M. Dypypenheimer Landstraße 54, Geschäftelokal ebenda, wird hierdurch der
andel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs,
sbesondere Altmetallen, Nahrungs⸗ und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz⸗ und Leuchtstoffen sowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Beteiligung an einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb untersagt.
Frankfurt a. M., den 24. November 1922.
Der Polizeipräsident. Ehrler.
—
Bekanntmachung.
Dem Wirt Andreas Wegmann, geboren am 18. De— ember 1865 in Thalhenn, wohnhaft in Frankfurt a M., Mosel⸗ sraße Nr. 45, Geschäftslokal „Café Frankfurt.. Moselstraße Nr. 46, wird hierdurch der Handel mit Gegenständen des täg lichen Bedarfs, insbesondere Nahrungs- und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz: und deuchtstoff en sowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Be teilig ung an einem solchen e wegen Unuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbe⸗ betrieb unterfagt und seine Wirtschaft geschlossen.
Frankfurt a. M, den 24. November 1922.
Der Polizeipräsident. Ehrler.
—
Bekanntmachung. Dem Althändler Erwin Lie ser, geboren am 20. No- vember 1900 in Altenwaid, wohnhaft in ö a. M., aidestraße 56, Geschäftslokal Haidestraße 34, wird hiermit der . mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, inebesondere Altmetallen, Nahrungs⸗ und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz- und Leuchtstoffen sowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Beteiligung,. an einem solchen Handel wegen Unzuperlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb untersagt. Frankfurt a. M., den 24. November 1922. Der Polizeipräsident. Gbrler.
Bekanntmachung.
Dem Althändler Sally Stern, geboren am 11. De⸗ ember 1870 in Friedberg, wohnhaft in Frankfurt a. M. r nder Landstraße Nr. 284. Geschäftelokal ebenda, wird hierdurch der Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbesondere Altmetallen, Nahrungs. und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz und Leuchtstoffen sowie segliche mittelbare oder unmittesbare Beteiligung. an einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb untersagt.
Frankfurt a. M, den 21. Noveniber 1922.
Der Polizeipräsident. Ehrler.
a D 2 2 ,- Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Der Reichsrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗
ung; . hielten die vereinigten 2A ih für Volks⸗ wirtschaft und für Haushalt und Rechnungswesen, die ver⸗ einigten Ausschüsse fuͤr Rechtspflege und für Volkswirtschaft, der Ausschuß für Verfassung und Geschäftsordnung, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Haushalt und Re . und für innere Verwaltung sowie die vereinigten Ausschüsse für Steuer⸗ und Zollwesen und für Volkswirtschaft Sitzung ab. Nach der Vollsfitzung fand eine Sitzung des Ausschusses für Verfassung und Geschäftsordnung statt.
Preußischer Landtag. 1897. Sitzung vom 28. November 1922. Nachtrag.
n Beantwortung der Großen Anfrage der Demo⸗ kratischen Partei über die Zuschläge zur Grundmiete und der Großen Anfrage der Deutschnationalen Partei über Uenderung' der bestehenden Wohn— und Miet⸗ vorschriften hat der Minister für Volkswohlfahrt Hirtsiefer folgendes ausgeführt:
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Beantwortung der letzten Anfrage, die sich allerdings auch zu unserm Bedauern sehr weit hinausgezögert hat, vorwegnehmen und sagen, daß die preußische Staatsregierung seit mehr als zwei Jahren dahin gewirkt hat, daß eine Revisionsinstanz gegen die Entscheidungen der Mieteinigungsämter geschaffen wird. Wird der gegenwärtig vom Reichstag beratene Gesetzentwurf über Mieter⸗ schutz und Mieteinigungsämter angenommen, so werden die gegen⸗ wärtig teilweise gewiß als nicht unberechtigt anzuerkennenden Beschwerden wohl im größten Umfange behoben werden können, an unserer Mitwirkung dabei hat es wirklich nicht gefehlt; wir müssen die Schuld dafür ablehnen, daß dieser Gesetzentwurf so lange beraten wird.
Was dann die zweite Anfrage, die große Anfrage Nr. Ii, anlangt, so habe ich dazu zu bemerken: es ist zutreffend, daß ich
Grunbmlere die in der großen Anfrage angegebenen Hundertsähe
im wesentlichen nicht zu überschreiten. Selbstverständlich sind die im Juni 1922 gezogenen Grenzen heute nicht mehr zutreffend und waren auch bei Stellung der großen Anfrage am 24. Oktober nicht mehr zutreffend. Ich habe entsprechend den gestiegenen Preisen unter dem 10. August 1922 die Regie rungspräsidenten er⸗ mächtigt, für die laufenden Instandsetzungsarbeiten 100 v und für die großen Instandsetzungsarbeiten in einzelnen Fällen Zu⸗ schläge bis zu 150 v zuzulassen. Ferner sind in zahlreichen Einzelfällen auf Bericht der Regierungspräsidenten andere An⸗ ordnungen von mir genehmigt, die die Festsetzung der Zuschläge anderweit regeln oder die Festsetzung von Zuschlägen durch Ge⸗ meinde⸗ oder Kommunalaufsichtsbehörden im wesentlichen un⸗ nötig machen. Eine allgemeine Anordnung ist aber seit dem 10. August nicht mehr hinausgegangen, das möchte ich ausdrücklich feststellen. Aber weit über einen Monat verhandeln wir mit Mietern und Vermietern, und ich kann Ihnen, meine Damen und Herren, gleich die Zuschläge bekanntgeben, die Neuregelung der Dinge, die heute noch den Regierungspräsidenten bekannt- gegeben werden soll. Ich habe bereits angeordnet, wenn ich das kurz sagen darf, daß eine allgemeine Heraufsetzung der Sätze stattfindet, und zwar wie folgt: für Zinsensteigerungen sollen zugelassen werden bis zu 40 vH chört, hört! links), weil insbesondere in der letzten Zeit tatsächlich eine wesentliche Heraufsetzung der Hypothekenzinsen stattgefunden hat. Diejenigen Stadtgemeinden, auch Land⸗ gemeinden und Landkreise, die glauben, mit einer Zinsensteige⸗ rung von 40 vH nicht auskommen zu können, sollen das Recht haben, die Zinsen einfach umzulegen, genau so, wie die Betriebs— kosten umgelegt werden. Ich hoffe, daß auf diese Weise dieser Streitpunkt endgültig beseitigt sein wird. Für laufende Instandsetzungsarbeiten sollen bei der An⸗ wendung unserer Auffangverordnung, auf die ich mir erlauben werde, gleich noch kurz einzugehen, bis zu 200 vH, da, wo diese Auffangverordnung nicht angewandt wird, bis zu 800 vch zu⸗ gelassen werden. Für große Instandsetzungen sollen nach wie vor im allgemeinen bis 150 vH zugelassen werden. Ver— schiebungen innerhalb der Hundertsätze je nach der Abgrenzung der laufenden und großen Instandsetzungsarbeiten sind ebenfalls zu⸗ gelassen. Für Verwaltungskosten haben wir bis zu 200 vH der Grundmiete zugelassen. (Hört, hört! links.) Dann ist in unserer Anordnung, die wir — und ich glaube, da darf ich wohl sagen: den Wünschen des größten Teiles des hohen Hauses entsprechend — erlassen haben, gesagt, daß wir möglichst wenig zwangsweise eingreifen wollen, sondern den großen Kommunen in großem Umfange das Recht lassen, selbst die Dinge zu regeln; so haben wir diese sogenannte Auffang⸗ verordnung nicht zwangsweise eingeführt, sondern den Kom⸗— munen anheimgegeben, sie einzuführen. Dadurch werden im 51 den Mietern sämtliche Instandsetzungskosten innerhalb der Woh⸗ nung aufgebürdet, so daß sie zunächst einmal die Instandsetzungs⸗ losten innerhalb der Wohnung selbst zu tragen haben. Sie haben dann weiter die gesamten Betriebskosten zu tragen, die ja nach unserer Ausführungsanweisung ebenfalls einfach umgelegt werden. Bezüglich der laufenden und großen Instandsetzungskosten haben wir folgende Anordnung getroffen: Die laufenden In standsetzungskosten gehen bis zu 200 vH., und was an Instand- setzungen aller Art über den zweijährigen Satz von 200 vH. hinausgeht, soll dann ohne weiteres ohne Begrenzung große In⸗ standsetzung sein. Ich weiß nicht, was dann noch für große Streitpunkte übrig bleiben sollen. Zu welchen Ergebnissen wir dabei kommen, zeigt Ihnen Berlin. Ohne diese neue Anordnung würden wir nach den Vorschlägen in Berlin mehr als die 30fache Grundmiete bekommen. Dazu kommt die Wohnungsbau⸗ abgabe. Ich glaube, daß dann schon in außerordentlich großem Umfang den tatsächlichen Verhältnissen wirklich Rechnung ge⸗ tragen ist. Ich möchte nochmals bitten, doch die Dinge, die im Juni oder August gemacht worden sind, nicht zum Gegenstand der Debatte zu machen, sondern das, was tatsächlich gegenwärtig ist. Das ist doch im letzten Grunde entscheidend. (Zuruf bei den Deutschen Demokraten) — Wenn der Erlaß nicht ausgeübt wird, bedarf es nur irgendeiner Beschwerde an das Ministerium, um zu erreichen, daß er ausgeübt wird. (Zuruf bei den Deutschen Demokraten: Der Erlaß geht doch erst morgen hinaus! — In⸗ folgedessen konnte der bisher überhaupt nicht ausgeübt werden. (Heiterkeit und Zuruf: Dann ist doch die Anfrage ze itgemãß!) — Ich darf aber doch sagen, was ich bereits im Oktober gesagt habe, daß wir bestrebt sind, den Dingen nachzukommen, daß aber niemand diese ungeheure Geldentwertung voraussehen konnte, daß wir jedenfalls im Juli oder August auch nicht vorauswissen konnten, daß der Dollar gestern auf über 8000 stand; sonst würden wir auch den Dingen mehr Rechnung getragen haben. Ich kann aber weiter darauf hinweisen, daß ich durchaus dem Hausbesitz das geben will, was er haben muß, was Herr Abg. Dr. Höpke⸗Aschoff von mir verlangt hat. Strittig ist aber, was es sein muß. Daß darüber die Meinungen auseinander⸗ gehen, wird auch in absehbarer Zeit so bleiben. Ich kann unmöglich alles, was von mir verlangt worden ist, auch nur einigermaßen genehmigen, selbst dann, wenn Mieter und Vermieter sich einig geworden sind. Ich darf Ihnen mitteilen, daß vor vier Wochen aus einer großen westdeutschen Stadt Mieter und Vermieter nach Angabe der Betreffenden, was aber nachher von den Mietern der betreffenden Stadt bestritten worden ist, dahin einig geworden sind und folgenden Vorschlag dem Mini⸗ sterium zur Genehmigung eingereicht haben; Für Zinssteigerung 58 vH, für Verwaltungskosten 226 vH. für laufende Instand⸗ haltung 550 vH. und für große Instandsetzung 1100 vH. Damit wären wir auf die 1935 fache Friedensmiete gekommen. Daß das nicht in einer Stadt ohne weiteres festgesetzt werden kann, das sollten Sie doch im letzten Grunde auch verstehen. Dann möchte ich dringend bitten, daß endlich das Schlagwort von dem Geheimerlaß begraben wird. Ich habe schon am 25. Oktober 1922, also vor einem Monat, hier im Hause aus⸗ geführt: Dann darf ich noch kurz auf die berühmten, oder ich möchte beinahe sagen: berüchtigten Gehe imerlasse eingehen, die in der letzten Zeit in der Agitation der Hausbesitzer gegen das Wohl-
bleibenden Gebiete festzusetzen. In einer einfachen Qenst⸗ anweisung habe ich den Regierungspräsidenten mitgeteilt: bis zu der und der Höhe könnt ihr ohne weiteres genehmigen, darüber hinaus behalte ich mir das Genehmigungsrecht vor. Wie sollte ich das sonst machen? Das ist der ganze Geheim⸗ erlaß mit all dem, was man daraus und darum gemacht hat. Das unterstreiche ich auch heute. Deswegen darf ich bitten, daß nun diese Geheimerlasse endlich das Begräbnis erster Klasse be⸗ kommen, das sie tatsächlich verdienen. (Abg. Ladendorff: Na, na!) — Herr Ladendorff, darüber werden wir höchstwahrscheinlich nie⸗ mals einig werden. Das nehme ich Ihnen aber nicht übel. Damit können Sie ruhig weiter krebsen gehen. Sie können die Geheim- erlasse weiter gegen das Wohlfahrtsministerium ausspielen, das nehme ich Ihnen nicht krumm. Dann darf ich hier weiter darauf hinweisen, daß Herr Ab⸗ geordneter Dr. Höpker⸗A schoff sagte, die Verwaltungs kosten spielten in der Provinz nicht die große Rolle. Ich muß ihm mitteilen, daß mir leider gerade immer aus der Provinz das Gegenteil mitgeteilt wird, daß ich die Verwaltungskosten nicht hoch genug setzen kann. Hier klafft also ein Widerspruch, den ich mir nicht ohne weiteres erklären kann. Dann sollten wir endlich die Debatte darüber schließen, welchen Teil seines Einkommens jemand für die Miete ausgibt, denn wir haben überhaupt nicht eine Möglichkeit, Vergleiche zwischen den gegenwärtigen Zuständen und denen vor dem Krieg herzustellen. Das sollte endlich einmal Gemeingut geworden sein. Denn wenn Herr Abgeordneter Dr. Höpker⸗-Aschoff sagt: Es ist gleichgültig, ob jemand das vierzig, fünfzig oder sechzig⸗fache der Friedensmiete bezahlt, dann sage ich: nein, das ist nicht gleich⸗ gültig, sondern das hat unsere gesamte Volkswirtschaft zu tragen, das muß wieder herausgeholt werden. Deshalb ist es so gleich⸗ gültig, wie es Herr Abgeordneter Dr. Höpker⸗Aschoff hinzustellen versucht hat, doch nicht. Das geschieht nicht auf Kosten des Haus⸗ besitzes, sondern ich sage noch einmal, verehrter Herr Abgeordneter, ich will dem Hausbesitz durchaus das zulommen lassen, was er für die Rente seines Kapitals, für die Instandsetzung und Instand⸗ haltung seines Hauses nötig hat. (Zuruf) — Seine Arbeit liegt in den Verwaltungskosten, da habe ich sie ihm schon zugelassen; Sie werden zugeben, daß das bei manchen einen ganz erheblichen Betrag ausmachen wird. Ich sage: auch das soll er haben. Da sind wir auch wohl alle einig. Aber daß ich da den Interessen der⸗ jenigen Hausbesitzer, die sich als die Führer der Hausbesitzer auf⸗ gespielt haben oder gerieren, und allen ihren Wünschen nachkommen kann, das halte ich für ausgeschlossen, und ich sage noch einmal: das wird unsere Volkswirtschaft nicht tragen können. . Ich darf nun auch noch auf folgenden Wide rspruch hinweisen. Herr Abgeordneter Dallmer sagte heute wieder, sie hätten im Osten viele Reparaturen, die die westlichen Länder nicht hätten. Ich muß leider auch da feststellen, daß von den Vertretern der westlichen Länder immer das Gegenteil gesagt wird. Ich stelle nur die Tatsache fest, ich will nicht sagen, daß Sie Unrecht haben, Herr Abgeordneter Dallmer; ich will das nicht untersuchen. Die Ver⸗ treter der westlichen Länder sagen immer, bei ihnen würde leichter gebaut, und deshalb hätten sie viel größere Reparaturen als im Osten. Festzustellen, was da richtig ist, das muß ich den Herren vom Hausbesitz überlassen. . 33
Ich muß auch bitten, mit den berühmten Einzelbeispielen doch sehr vorsichtig zu sein. Ich kann mir z B. denken, daß in einem Hause der Lichthof verkehrt angelegt ist, und deshalb dort größere Unkosten vorhanden sind, als da, wo der Lichthof richtig angelegt ist. Wir können aber unmöglich unsere ganze Mieten gesetzgebung lediglich darauf einstellen, ob die Anlagen richtig angelegt sind. Lassen Sie also bitte die Einzelbeispiele fort, damit kommen wir nicht weiter. Wir können nicht anders handeln alõ mit den Durchschnittswerten, die in Frage kommen, zu rechnen. Und da sage ich nochmals: ich werde gern bereit sein, nach Mög⸗ lichkeit den wirklichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, und habe auch die Dinge jetzt in außerordentlich großem Umfange ge regelt. Genügend oder allen Wünschen entsprechend die Regelung zu ge⸗ stalten, das werde ich nie können. Ich kann nur den durchschnitt= lichen Bedürfnissen Rechnung tragen. r
Wenn die gesamten Betriebskosten von den Mietern getragen werden, wenn die Zinsen, sobald sie 40 Prozent übersteigen, eben so umgelegt werden, dann bleiben nur die Verwaltungskosten und die Jaftandsetzungsarbeiten strittig. Da haben wir die Auffang⸗ vorrichtung, die wir in jeder großen Kommune einrichten können; kommen die Hausbesitzee damit in zwei Jahren nicht aus, dann ist alles darüber hinaus große Instandsetzung. Wie es da noch möglich sein soll, daß Vermieter nicht auslommen, ist mir vor⸗ läufig nicht klar; jedenfalls müssen wir uns darüber in dem letzten Grunde verständigen, müssen aber die Auswirkung dieser An⸗ ordnung zunächst einmal abwarten. .
Daß die Mieteinigungsämter in der letzten Zeit infolge der Reichsmietengesetzzebung, wegen der Festsetzung der gesetzlichen Miete und was damit zusammenhängt, stark in Anspruch ge⸗ nommen waren, gebe ich ohne weiteres zu. Jetzt müssen wir aber zunächst abwarten, in welchem Umfange diese neue Anordnung überhaupt die Mieteinigungsämter beeinflußt. Ich stehe selbst⸗ verständlich zu jeder Zeit zu neuen Verhandlungen darüber zur Verfügung. Das muß ich aber doch Herrn Abgeordneter Dallmer gegenüber sagen, wir haben über die Kosten der Miete inigungs= ämter und der Wohnungsämter bisher keine Uewversicht. Ich möchte aber doch hinzufügen: daß sind Einrichtungen, die sich nicht einfach nach Mark und Pfennig bewerten lassen. Das möchte ich unter allen Umständen unterstreichen. Wenn wir bisher den Mieter⸗ schutz durchgeführt haben, dann müssen wir das auch in Zukunft vorläufig beibehalten. Daran werden wir nicht vorbeikommen, nicht weil dadurch Kosten entstehen, sondern obgleich Kosten dadurch entstehen. Wir haben ja unsere Stadtverwaltungen und sonstige Verwaltungen, obgleich dadurch auch Kosten entstehen; wir müßten ja sonst diese alle auch abschaffen, weil dadurch Kosten entstehen. Das kann man nicht machen. Wir können in gegem= wärtiger Zeit nicht an eine Beseitigung des Mieterschutzes denken, das ist absolut ausgeschlossen. Wir können nur erreichen, daß ein möglichst vernünftiger Ausgleich zwischen den Interessen der Mieter und Vermieter herbeigeführt wird. Ich sage noch einmal: ich bin bisher bestrebt gewesen, das zu tun, und ich werde auch bestrebt sein, das in Zuknuft zu tun. Leider habe ich nicht die
fahrtsministerium eine so große Rolle gespielt haben. Auf Grund des Reichsmietengesetzes hat die oberste Landesbehörde
darch eine innere Dienstanweisung vom 16. Juni 1922 die Re⸗
grerungspräsidenten angewiesen aber bei den Zuschlägen zue l
das Recht, Zuschläge in Hundertsätzen für die nach übrig ⸗
Aussicht, daß ich das zur Zufriedenheit beider Teile machen kann. 1. .
—
L858. Sitzung vom 2. November 1922, Mittags 12 Uhr. Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)
Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 123 Uhr. Der Antrag der Kom munisten, die gestern abgesetzte Beratung über die Ausweisung des italienischen Kommunisten Ghezzi usw. heute an erster Stelle vorzunehmen, damit das Parlament noch vor der Auslieferung Stellung nehmen könne, wird gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Auf Antrag des Abg. Müller⸗Hannover (Soz.) wird vorweg der Gesetzentwurf wegen Aenderung des Beamtendiensteinkommengesetzes in allen . . . verabschiedet. Es soll dadurch
oglicht werden, den Beamten die erhöhten Bezüge schon zum 1. Dezember auszuzahlen. h ö
Die Deutschnationalen haben eine große An—⸗ krage über die Einwanderung ,,, nach Deuts chland eingebracht und fragen das Staats— ministerium, was es zu tun gedenkt, um unerwünschte Gäste abzuschieben und eine schärfere Kontrolle durchzuführen.
Abg. Dr. Kähler-Greifswald (D. Nat): Die Ostjnden⸗ e. ist seit der Nevolution nicht zur Ruhe gekommen. Es ist eine politische, sondern eine wirtschaftliche und kulturelle, sogar eine hygienische Drag, Der ganzen Bevölkerung hat sich über die in den letzten Wochen und Monaten überaus stark an— geschwollene Einwanderung dieser fremdländischen Elemente eine Ger Erregung bemächtigt. Die „Deutsche Tageszeitung“ meint,
ien sei jetzt nicht mehr das Ausfallstor für die Juden nach dem Srient, sondern die Ein falls pforte nach Deutschland. Die
ölnische Zeitung“ hat in diesem Jahre schon zweimal die Frage ehandelt, sie hat von der doppelten Einwanderung nach Berlin, der russischen und der ostjüdischen, gesprochen und die letztere als die gefährlichere erklärt. Schon die Nationalversammiung in Weimar hat 1919 eine sehr scharfe Entschließung gegen diese kn
wanderung angenommen. Es handelt sich in eminentestem
Sinne um ein preußisches, ja um ein Berliner Problem, aber nicht dloß um ein Berliner Problem, denn auch zum Beispiel in Pommern e, sich die se außerordentlich bedenk⸗ liche Einwanderung bemerkbar. Jetzt ist die Frage auch ein baherisches Problem geworden. Wir machen aber einen Unter— schied zwischen Ausländern und Ausländern. So wünschen wir nicht, daß z. B, die Wolgadeutschen mit den ostjüdischen Ein⸗ wanderern auf eine Stufe gestellt werden. (Lebhaftes Sehr richtig! vechts) Daß andererseits Leute, die sich gegen die Melde polizei bestimmungen vergehen, ausgewiesen werden müssen, ist trotz der Einwendungen des Sozialdemokraten Limbertz im Interesse des Staates selbstverständlich. Recht lehrreich ist das Yin wie die QOstjuden. denen die Einwanderung nach Danzig nicht gelingt, den Weg über Preußen nehmen und dann ihr Ziel erreichen. Hört, hört! vechts) Von antisemitischer Hetze kann bei unserer Forderung keine Rede sein. Diese Forderung wird weit über unsere Partei hinaus von den weitesten Kreifen vertreten. Die se
Minister des Innern Severing: Meine Damen und Herren! Ich bin mit dem Herrn Vorredner der Mein ung, daß es sich bei der Erörterung des Fremdenproblems um eine ernste Sache handelt, die die Beachtung der Staatsregierung im höchsten Maße verdient. Aber gerade weil ich dieser Meinung bin, kann ich mich der Argumentation meines Herrn Vorredners nicht anschließen.
Der Herr Vorredner leitete die Begründung der großen Anfrage mit dem Hinweis auf Stimmungen und Verstimmungen ein, denen man heute in den weitesten Volkeschichten begegnen könne. Ich bin der letzte, der die große psychologische Bedeutung von Stim— mungen und Verstimmungen in der Politik verkennt. Stimmungen im Volksleben sind ein Faktor, der in der Politik ausgewertet werden muß, aber doch nur dann, wenn diese Stimmungen natürlich sind und nicht unnatürlich angefacht werden. (Heiterkeit rechts. Zuruf: Elementares Gefühl.. Wenn man aber weiß. meine Damen und Herren, daß viele Zeitungen und viele Versammlungs⸗ redner, besonders solche Redner, die in den rechtsradikalen Organi— sationen ihre politische und völkische Interessenvertretung erblicken, alles darauf anlegen, um die Juden für das wirtschaftliche und poli⸗ tische Elend verantwortlich zu machen, unter dem wir heute leiden, dann, glaube ich, darf man diese Stimmungen nicht allzu hoch werten. (Sehr richtig! links.)
Und wenn sie auf die Eisenbahnfahrten verweisen, dann mache ich darauf aufmerksam, daß es nicht allein D-⸗Züge gibt, die von Wien nach Berlin kommen, sondern es kommen D-Züge auch aus dem Westen nach Berlin, und in diesen Zügen spielt sich ungefähr dasselbe Bild ab, das in der Tat wenig erfreulich ist, das Bild, das Sie auf der Route Wien — Berlin wahrgenommen haben, das scheint mir ein Beweis dafür zu sein, daß es nicht Erscheinungen, autschließlich durch Juden hervorgerufen, sind, sondern daß auch waschechte Arier sich an diesen Dingen beteiligen. (Sehr gut! links.) Ich weiß, daß in D⸗-Zũgen in der Tat schon auf der Fahrt um Deutschlands Wirtschaft sozusagen gewürfelt wird, daß schon auf der Fahrt zahlreiche Aasgeier sich be⸗ mühen, große Gewinne einzuheimsen. Aber ich füge hinzu; das ist keine Spezialität der Juden, sondern daran sind auch Arier in hewor⸗ ragendem Maße beteiligt, (Zuruf rechts: Auch !) — Ja, meinen Sie, meine Herren, ich wäre so sehr in die Juden verliebt und vernarrt, daß ich in Abrede stellen möchte, daß auch Juden dabei sind ? .Sie 6 allzumal Sünder und mangeln des Ruhms .. . (Sehr wahr! in ks.)
Es will auch nicht viel sagen, was der Herr Vorredner an Zeitungsstimmen hier vorgetragen hat. Diese Zeitungsstimmen sind nur der Niederschlag der Stimmung, die wir jetzt häufig in ver— schiedenen Volkeschichten, auch in Arbeiterschichten, antreffen. Meine Damen und Herren, die Volkevertretung und die Regierung hat aber 9 Verpflichtung, sich auf einen streng sachlichen Standpunkt zu ellen.
Im Zusammenhang mit Pressemeldungen möchte ich auf eine Mitteilung aufmerksam machen, die in den letzten Tagen hier bekannt- geworden ist. Jüdische Zeitungen berichten, daß die ungarische Regierung die Absicht habe, eine größere Anzahl von jüdischen
) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden
Famĩsien aus Ungarn auszuwelsen. (Suruf rechts) Es wird an diese Meldung die weitere Mitteilung geknüpft, daß in diesem Falle ein größerer Teil der Ausgewiesenen sich nach Deutschland und besonders
nach Preußen wenden würde. Ich möchte an dieser Stelle den Völkerbund darauf aufmerksam machen (Heiterkeit und Zurufe rechts), daß Deutschland und Preußen nicht in der Lage ist, diesen Flüchtlings⸗ strom aufzunehmen. (Lebhafte Zustimmung rechts) Ja, da sind wir ja einig. Wenn die Einrichtung des Völkerbundes überhaupt einen Sinn haben soll (Zurufe rechts: Hat sie nicht! Hat sie nie gehabt h dann müßte sich der Völkerbund mit dieser eminent praktischen Auf⸗ gabe jetzt beschaftigen.
Jedenfalls sind die derzeitige Ernährungelage, die derzeitigen Er⸗ scheinungen auf dem deutschen Wohnungsmarkt und die augenblickliche Ausficht auf den Wirtschafts⸗ und Arbeitsmarkt nicht dazu angetan, daß wir noch Ausländer zu uns hereinnehmen können. (Sehr richtig! bei d. D. Nat. V. P.) Sie sehen, meine Herren, wenn wir sachlich diskutieren, dann finden sich mindestens viele Berührungspunkte. Ich bin froh darüber, daß wir mit Ungarn keine politischen Grenzen haben, daß, wenn sich wirklich Ungarn nach Deutschland begeben sollten, sie nicht zunächst preußisches Gebiet berühren. Es wird sich dann herausstellen, ob andere Länder wachsamer sind und sich besser gegen diesen Fremdenzustrom abschließen können, den Sie besonders Preußen zugeschrieben haben.
Mein Herr Vorredner wies darauf hin, daß der kleine Gesetz⸗ entwurf, der jetzt dem Hause vorliegt und der die Einrichtung der Grenz- kommissariate bezweckt, ein Eingeständnis dafür sei, daß die preußische Regierung über Mittel verfüge, um den Fremdenzustrom hintanzu— halten. Er bemängelte aber, daß diese Einrichtung nicht schon früher getroffen sei. Der Herr Vorredner weiß ebenso gut wie ich, daß die Grenzen Preußens im Osten eigentlich jetzt erst gezogen sind. Was Oberschlesien anlangt, so haben wir infolge der durch die Abstimmung eingeleiteten Entscheidung der Entente jetzt erst fertige preußische Grenzen; ja, sie sind noch nicht einmal ganz gezogen. Auch an der Weichsel sind noch einige Linien zu berichtigen. Die Grenz— kommissariate als Dauereinrichtung mußten selbstverständlich auf die endgültigen Grenzen Bezug nehmen. Sie hätten recht, Herr Ab- geordneter Dr. Kaehler, wenn in dieser ganzen Zeit eine Abschnürung der Grenzen unterblieben wäre, wenn nicht andere behördliche Organe vorübergehend diejenigen Funktionen übernommen hätten, die jetzt den Grenzkommissariaten zugeschrieben werden. In dieser Beziehung ist aber nichts versäumt worden. Sie alle wissen, daß wir aus finanziellen Gründen und durch die Diktate der Entente verpflichtet sind, unsere Polizeiziffer möglichst niedrig zu halten. Nun kann man mit dem Polizeisäbel gewiß vieles autzrichten, aber bei solchen Eruptionen, wie sie der Weltkrieg gebracht hat — auch Herr Professor Kaehler ist darauf eingegangen — ist der Polizeisäbel kein Allheilmittel. Die lange grüne Grenze von Ostpreußen bis nach Oberschlesien kann nicht dauernd durch elnen festen Kordon von Polizeibeamten abgesperrt werden. Ich habe mich darüber gefreut, daß Herr Dr. Kaehler den Erlaß meines Herrn Amtsvorgängers als brauchbares Mittel bezeichnet hat, um des Fremdenunwesens Herr zu werden oder dieses Un⸗ wesen doch erheblich einzuschränken. Wenn er gewußt hätte, daß mein erster Herr Amtsvorgänger, Herr Minister Heine, diesen Erlaß in seinen Grundzügen festgelegt hat und daß Herr Dominicus nur einige ganz kleine Abänderungen getroffen hat, dann wäre er glaube ich, nicht so obsektiv gewesen, zu sagen, daß auch ein sozial⸗ demokratischer Minister ein brauchbares Abwehrmittel — — (Zuruf des Abg. Dr. Kaehler [Greifswald. Sie haben zum Schluß Ihrer Ausführungen einen Gegensatz zwischen dem amerikanischen Ein— wanderungskommissar und dem preußischen Innenminister konstruiert. Ich habe den Erlaß meines Amtsvorgängers Heine verschärft. Nur einige ganz kleine Abänderungen sind durch meinen Amtsvorgänger Dominicus hinzugekommen, die nicht durchweg Verschärfungen, sondern in einigen Punkten Milderungen gewesen sind. Deg— halb wundere ich mich einigermaßen, daß Sie diesen Ein—⸗ wanderungskommissar in einen Gegensatz zu mir gestellt haben. Soweit das deutsche und das preußische Interesse eine Abschnürung unserer Grenzen erforderlich macht, und soweit wir die Bestimmungen der fremden Erlasse mit allgemein menschlichen Grundsätzen in Einklang bringen können, soweit bin ich gern bereit, alles, was Sie gefordert haben — die strengste Innehaltung der Meldevorschriften und auch die Kontrolle darüber, durchzuführen. (Zuruf rechts: Dann sind wir wieder einmal einig h
Herr Abg. Kaehler hat mir dann unterstellt, daß ich, vielleicht nur um freundliche Gesichter der auswärtigen Diplomaten zu bekommen, zu einer Praxis gekommen sei, die doch mindestens sehr milde genannt zu werden verdient. Meine Ausführungen, die ich gelegentlich anderer Erörterungen in diesem hohen Hause zu dem gleichen Gegenstand gemacht hätte, daß man das Ausland animos machen würde, wenn wir schärsere Praktiken einführten, hat er so gedeutet, als ob sie diktiert seien von dem Haschen nach Wohlwollen des Aus— landes. Das ist durchaus irrig, Herr Kollege! (Abg. Dr. Kaehler (Greifswald: Das freut mich) Wir sind aber trotzdem veipflichtet, auf das Ausland gebührend Rücksicht zu nehmen. Wir haben in der Kriegszeit und ich habe in der Nachkriegszeit darauf hingewiesen, daß, wenn es uns nicht gelänge, die wirtschaftliche Entwicklung Deutsch⸗ lands wieder zum Besseren zu lenken, dauernd Aufträge vom Ausland zur Ausfuhr industrieller Produkte zu bekommen, wir für Waren Menschen ausführen müßten, daß ich ferner in der Sorge bliebe, daß, wenn die ersten Anzeichen auf dem Arbeits⸗« markt, die sich jetzt schon zeigen — Anzeichen, die darauf schließen lassen, daß wir in den nächsten Monaten mit einer größeren Arbeitslosigteit zu rechnen haben —, wenn diese Anzeichen nicht trügen, sondern sich weiter in derselben Schwere zeigten, wir in einigen Jahren ernsthaft daran denken müssen, Millionen von deutschen Arbeitern durch Auswanderung zu verlieren. (Zuruf rechts.) — Wohin sich die deutschen Arbeiter dann wenden werden, weiß ich nicht. Ich wünschte, daß ich zu schwarz sähe. Aber wenn wir nicht in der Lage sind, mehr Waren zu produzieren und auszuführen, müssen wir Menschen ausführen; darüber besteht wohl gar kein Zweifel im Hause. Und glauben Sie nun, wenn wir jetzt in dieser Zeit durch eine Härte in der Fremdenpolizei uns das Odium der Barbaren zuziehen (Widerspruch rechts), glauben Sie, daß dann unsete Landsleute anders behandelt werden? (Sehr gut! links.) Es leben heute noch gute Deuische, Zehntausende, in den Landesteilen, die wir an Polen abtreten mußten. Glauben Sie, das wir, wenn wir die in Berlin lebenden Polen und die im Ruhrrevier arbeitenden polnischen Bergarbeiter ausweisen würden (Zuruf rechts:
der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
gegeben werben, damn von den Polen ehne glimpflichere Behandlung für unsere Arbeiter, unsere Stammesangehörigen zu erwarten hätten?
Das ist das, was mich veranlaßt, auch auf das Ausland Rücksicht zu nehmen.
Dann gibt es noch so etwas wie einen Versailler Friedensvertrag. Wie man sich zu seinen Bestimmungen stellt, ist ganz gleichgültig, — Tatsache ist, daß er auch in bezug auf die Handhabung des Fremden⸗ rechts einige Vorschriften enthält, die wir beobachten müssen, wenn wir nicht neue Repressalien über unser ganzes Land und besonders äber die im Ausland lebenden Deutschen heraufbeschwören wollen.
Und nun, Herr Dr. August Müller! Wenn Sie Dr. August Müller als Kronzeugen der Sozialdemokratie anführen — ich weiß, daß ich diese Ausführung gegen einen Parteigenossen mache — dann muß ich aber doch sagen: Den Dr. August Müller, den schenke ich Ihnen! (Sehr gut! links. — Hört, hört! rechts) — Ich bin der Meinung, daß dag, was prominente vpolitische Persönlichkeiten in Zeitungsartikeln einer größeren Oeffentlichkeit zum besten geben, sie auch im einzelnen behaupten und verteidigen müssen. Sie müssen zu dem stehen, was sie schreiben. Diesen Artikel, den
Stellen zitiert hat, habe ich mit Aufmerksamkeit gelesen. Wenn ich nicht irre, war in ihm auch eine der ‚„Kapitalshyänen“ genannt,. der Italiener Castiglioni. Stimmt das? (Abg. Dr. Kaehler: Jawohl!) Als vor einigen Wochen nach einem neuen Marksturz die Behaup— tung ausgestellt wurde, daß Wiener Spekulanten sich in großen Scharen nach Deutschland begeben hätten, wurde unter anderen auch der Name Castiglioni genannt. Diese Behauptung, daß eben die Wiener Schieber nach Berlin kommen würden oder gekommen seien, trat so häufig auf und wurde so lebhaft weitergetragen, daß ich mich bemüht habe, einige dieser sogenannten Kapitalshyänen kennen zu lernen. Sie dürfen überzeugt sein, ich hätte sie gern ausgewiesen, um zu beweisen, daß die preußische Polizei keinen Respekt vor den Geldsäcken dieser Herren hat. Um festzustellen, was dieser Castiglicni auf dem Gewissen hätte und ob er sich tatsächlich an den Schiebungen beteiligt hätte, die ihm in dem Artikel von Herrn Dr. Müller zur Last gelegt waren, habe ich mich telephonisch und brieflich an Herrn Dr. August Müller gewandt mit der Bitte, mir alles, was er über Castiglioni wisse, mitzuteilen. Ich habe bis heute keine Antwort erhalten. (Hört, hört) Wenn man so vorgeht, können leicht Artikel geschrieben werden, die Stimmung oder Mißstimmung erregen, aber man trägt nicht dazu bei, dieses schwierige Problem seiner Lösung entgegenzuführen. (Sehr gut! bei der V. Soz. P.)
Und nun ein paar Ziffern. Ueber die Zahl der nach dem Kriege zugewanderten O stjuden konnte der Polizeipräsident von Berlin, an den ich mich gewandt habe, keine genauen Angaben machen (hört, hört! rechts), weil bei den Anmeldungen nicht das Glaubensbekenntnis angegeben wird. Die Ziffern, die ich Ihnen mit⸗ teilen kann, beziehen sich deswegen nur darauf, ob die Zugewanderten Ostausländer oder Ausländer schlechthin sind. Ich will dabei gern zugeben, daß die vom Polizeipräsidenten geführte Statistik, aus der ich Ihnen einige Zahlen mitteilen werde, einen Anspruch auf absolute Genauigkeit nicht macht, weil — ich stimme dem durchaus zu, was der Herr Vorredner gesagt hat — ein Teil der Zugereisten sich nicht anmeldet und ein Teil der Abgereisten sich nicht abmeldet; aber mehr als um 10 vo werden die Ziffern nicht differieren nach der einen oder anderen Seite. Das ist ein Erfahrungsgrundsatz.
Nach dem Stande vom 3. Juni 1922 waren von Ostausländern als anwesend gemeldet: Finnländer 1140, Lettländer 3125, Litauen 2663, Polen 26 305, Russen 16 668, Ukrainer 38631, Estländer 1759, Georgier 297, insgesamt 5 482 (Zuruf rechte), — in Berlin. Ins gesamt sind von der Statistik des Berliner Polizeipräsidenten em 31. Mai 1922 141 22 Ausländer überhaupt erfaßt worden. Wenn man nun der Meinung ist, daß diese Ziffer zu niedrig gegriffen sei und sich für berechtigt hält, 10 bis 15 v hinzuzuzählen, so bleibt auch diese Ziffer wesentlich hinter den Angaben zurück, die geflissentlich in der Presse wiederkebren und die die Stimmung oder Versttmmung erregen, von der mein Herr Vorredner wiederholt gesprochen hat.
Ich bin der Meinung, daß man von den Verhältnissen in Berlin nicht auf ganz Preußen schließen darf. Ich gebe Ihnen als Stich⸗ probe für die Dinge in der Provinz auch noch einige Zahlen. Nach einer Meldung des Polizeipräsidenten in Königsberg vom 23. Juni 1922 sind seit Kriegsende der Stadt Königsberg 368 Ostjuden und 688 andere Ostenropãer zugewandert. Nech dem Bericht des Regierungspräsidenten in Breslau vom 10. Juli sind im Re— gierungebezirk Breslau außerhalb der Stadt Breslau seit Kriegsende 296 Ostjuden und 3191 andere Osteuropäer eingewandert. In der Stadt Breslau sind gezählt worden in diesem Jahre 2229 Ostjuden und 907 Ostenropäer. Ja der Provinz Ostpreußen hielten sich im März d. J. 19238 Ausländer, darunter 1712 Ostjuden, auf. Zuruf rechts: Und in Beuthen ?) Ich bin gefragt, ob ich auch Ziffern aus Beuthen habe. (Zuruf links: Knüppelkunze hat sie alle erschlagen! — Heiterkeit Nein, das ist nicht richtig, erschlagen hat Herr Kunze die Juden nicht. Aber Herr Kunze hat in Oberschlesien eine Saat gesät, die sehr üble Früchte zeitigen kann. (Sehr wahr h Gestern war eine Deputation aus Beuthen bei mir und machte darauf aufmerksam, daß in Beuthen und Hindenburg sich jetzt etwas wie eine Judenprogromstimmung bemerkbar mache. (Suruf rechts.) Ich bin der letzte, der Herrn Kunze der Deutschnationalen Volks. partei an die Rockschöße hängen will, und ich erkenne sehr gern an— daß der Herr Vorredner sich bemüht hat, mit aller Sachlichkeit sich mit dem Problem auseinanderzusetzen. Aber darauf darf ich aummerk⸗ sam machen, daß auch in zahlreichen Versammlungen der Deuisch⸗ nationalen und in zahlreichen Organen der Deutschnationalen diese Lesart wiederkehrt, als ob für alles wirtschaftliche Elend die Juden verantwortlich seien. Und diese Hetze trägt zu der Stimmung bei, die sich, wenn wir nicht Militär und Schutzpolizei in stärkerem Maße nach Oberschlesien entsenden, sicherlich in Ausschreitungen entladen wird, wie wir sie früher in Rußland und in ö 9 . Umfange gewohnt waren.
tr Dr. Kähler hat dann ein Bild herangezogen, indem er sa te, daß nach dem Ausdruck — ich weiß nicht, ob des Dr. hꝛathan . Vorwärts! — Deutschland die Brücken bilde für den Zuzug der Ost⸗ europäer nach dem Westen. (Zuruf rechts.) Ich akzeptiere dieses Bild im Augenblick. Aber Sie haben nicht recht. Herr Kollege Dr. Kahler, . wenn Sie glauben, daß die Behörden und die jüdischen Organisationen nicht für eine Zirkulation der Brückenvassanten gesorgt hätten. Die Passanten bewegen sich sehr erheblich, wie einige Zahlen beweisen mögen. Nach einer Statistik des Arbeiterfürsorgeamts einer südischen Organisation, die anzuzweifeln ich keinen Anlaß habe nach meinen
Darum handelt es sich nicht h, nach den Rezepten, die uns so oft
Erfahrungen mit dieser Organisation., haben sich 1921 3810 neu ein.
Derr Abg. Dr. Kaehler hier vorgelesen hat, oder aus dem er einige
.