1922 / 285 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Dec 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium für Volkswohlfahrt. In der Zeit vom 3. bis 9. Dezember 1922 auf Grund der Bundesratsverordnung über Wohlfahrtspflege

während des Krieges vom 15. Februar 1917 genehmigte

öffentliche Sammlungen und Mitgliederwerbungen.

ß

ñ ; *. Name und Wohnort

Zu fördernder Wohlfahrtszweck

Stelle, an die die Mittel

abgeführt werden in denen das Untern

Zeit und Bezirk,

eh men

ausgeführt wird

DOs kar-Helene Heim für Heilung

Werbung

von Mitgliedern und

des Unternehmers ; 8 sollen 1 Aktien Verein des Zoologischen Zugunsten seiner satzungsgemäßen Auf · Aktienverein 30. Juni 1923 für Preußen. Gartens, Berlin W. 62. Kur⸗ gaben Sammlung von Geldspenden durch fürstendamm 9 Werbeschreiben und Aufrufe. 8 Zur Erfüllung seiner Aufgaben Vorstand 30. September 1923 für Preußen.

und Erziehung gebrechlicher

Kinder, Berlin-Dahlem, Kron⸗

prinzenallee 171/73

3 Verlag der. Fran furter Zeitung“, Frankfurt a. M.

Berlin, den 15. Dezember 1922.

der Rhön

Zugunsten des Segelflugwettbewerbs in Verlag

Aufrufe und Werbeschr 31. März

scheinenden Zeitungen.

Der Minister für Vollswohlfahrt. J. A.: Maßmann.

1923 für P Sammlung von Geldspenden durch Aufrufe in den im Verlage er—

Sammlung von Geldlvenden durch

eiben. reußen.

Bekanntmachung. Dem Althändler Johann Wandserez geboten am 4. Artil 1899 in Stein, wohnhaft in Frankfuxta. M.,. Musikanten⸗ weg Nr. 57, Geschästslolgl; Ziegelgasse Nr. 7, wird hierdurch der Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbejondere Altwaren. Nahrungs: und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz⸗ und Leuchtstoffen sowie jegliche mittel⸗ bare oder unmittelbare Beteiligung an einem solchen Handel . Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb unter⸗ agt. Frankfurt a. M., den 9. Dezember 1922. Der Polizeipräsident. Ehrler.

Bekanntmachung. Der Althändlerin Elise Hoeps, geb. Krüger, ebosen am 10. Februar 1895 in Lemnstz, wohnkaft in Fran k⸗ urt a M., Schnurgasse Nr. 47, Gejchäftslolal: Saalgasse Nr. 30, wird hierdurch der Handel mit Gegenständen des täg⸗ lichen Bedarfs, insbesondere Altwaren, Nahrungs⸗ und Futter⸗ mitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz⸗ und, Leucht⸗ ftoffen sowie jegliche mittelbare oder unmiitelbare Beteiligung an einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb un tersagt. Frankfurt a. M, den 9. Dezember 1922.

Der Polizeipräsident. Ehrler.

Bekanntmachung. Auf Grund der Bekanntmachung vom 23. September 1915 in der . vom 27. Rovember 1919, beir. die Fernhaltung unzuverlässiger ersonen vom Handel, habe ich dem Lumrensammler Wilhelm ajsewski von hier, Retthauser Stiaße 76, durch Verfügung vom heutigen Tage den andel mit Lumpen, alten Gisen, und Retalitellen sowäie ähnlichen Sachen wegen Unzuverlässigkeit in bezug quf diesen Handels etueb unter sag t. Tie Koslen für die Veröffentlichung dieser Bekanntmachung in den amflich vorgeschriebenen Blättern trägt Gajewski. Gelsenkirchen, den 13. Dezember 1922. Der Oberbürgermeister. J. VB. Sprenger.

Bekanntmachung.

Nach Voischrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz samml. S. 357) sind bekanntgemacht:

1. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 4. Sep⸗ tember 1922, betreffend die Genehmigung der von der 50. General⸗ versammlung der Mitglieder der Schleswig⸗-Holsteinischen Landschaft am 29 Juni 1922 beschlossenen Aenderungen der Satzung der Land⸗ schaflichen Bank, duich das Amtsblatt der Regierung in Schleswig Rr. 41 S. I64, ausgegeben am 30. September. 1922;

2 der Erlaß des Preußischen Staatsininisteriums vom 6. No⸗ vember 19272, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Glertrizitätsverband Waldeck in Corbach für den Bau einer S000⸗Volt⸗Hochspannungsfreileitung von Helminghausen im Kreise Brilon nach Héringhausen in Waldeck, duich das Amtsblatt der Regierung in Arnsberg Nr. 47 S. b42, ausgegeben am 28. No⸗ vember 1922;

3. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 10. No⸗ vember 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Glektrizitätsverband Büren-Brilon in Brilon für den Bau von Ueber⸗ jandleitungen einschließlich der erforderlichen Trans sormatorenstationen jn den Kreisen Büren und Brilon sowie in dem Geseker Zipfel des Kreises Lippstadt, durch die Amtsblätter .

der Regierung in Minden Nr. 47 S. 206, ausgegeben am 25. November 1922, und

der Regierung, in Arnsberg Nr. 47 S. hi2, ausgegeben am 25. November 1922;

4 der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 18. No- vember 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an das Clettrizitätswerk Bretleben und Umgegend, e. G. m. b. H. in Brerleben, für den Bau einer Hochspannungsfernleitung von 50 000 Bolt von Sangerhausen nach Bretleben, durch das Amtsblatt der Regierung in Merseburg Nr. 48 S. 270, ausgegeben am 2. De⸗

zember 1922.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 53 der Preußischen Gesetzsam⸗mlung enthält unter

Nr. 13 396 eine Verordnung über die Entschädigung der von den Preußischen Provinzialverwaltungen bestellten Mit⸗ gliedern des Reichsrats (5 9 des Gesetzes vom 3. Juni 1921), vom 7. Novemher 1922, unter

Nr. 12 397 eine Verordnung, betreffend das Rheinschiffahrts⸗ gericht in Duisburg-Ruhrort, vom 253. November 1922, unter

Nr. 12 398 eine Verordnung über die Niederschlagung von Untersuchungen gegen Kriegsteilnehmer, vom 25. November 1922, unter

Nr. 12399 eine Verordnung, betreffend Abänderung der nach dem Gesetze vom 4. Januar 1922 (Gesetzsamml. S. I) zu erhebenden Hausiersteuersatze, vom 1. Dezember 1922, unter

Rr. 12 406 einen Erlaß des Ministers 1 Volkswohlfahrt, betreffend Aenderung des Tarifs für die Gebühren der Kreis⸗ ärzte und des Tarifs für die Gebühren der Chemiker für ge— richtliche und medizinalpolizeiliche Verrichtungen. (Anlage 1 und II des Gesetzes über die Gebühren der Medizinalbeamten vom 14. Jull 1909 Gesetzsamml. S. 625 —, vom 24. No⸗ vember 1922, unter

Rr. IT401 eine Verfügung des Ministers für Volks⸗ wohlfahrt, betreffend Anwendung polizeilichen Zwanges bei Durchführung von Wohnungsbeschlagnahmen usw., vom 30. November 1922, und

eine Vekanntmachung der nach dem Gesetze vom 10 April 1872 durch die Regierungsamtsblätter veröffentlichten Erlasse,

Urkunden usw. Berlin, den 15. Dezember 1922. Gesetzsammlungsamt. Krüer.

/ / ·

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Uebersicht über die Geldbewegung bei de hauptkasse.

r Reich tz⸗

Vom 1. April 1922 bis 10. Dez.

1922

Tausend Mark

Einnahme. Allgemeine Finanzverwaltung:

Steuern, Zölle Abgaben, Gebühren .. 19 203 579 darunter Reichsnotopser) . . Schwebende Schuld . . . ... . . .. 1123 119120 wann,, 103 09

9 247 4M 116 227231) 690 126 6? 294075

Summe der Einnahme Ila2 425 748

940 564347

Ausgabe. Allgemeine Verwaltungsausgaben unter zegenrechnung der Einnahmen.. ... 86 809 140 744 833 255 Fundierte Schulddꝛ 3 641 3 887 289 . für die schwebende Schuld.... 2 824 300 31 437 724 insen für die fundierte Schuld.. ... 15 9281 ö . R Betriebs verwaltungen. *) r enn , m ne ne, Reichs⸗Post⸗ und telegraphrnpene ten, Ablieferung... 11 144983 Deutsche Meichsbahn: Abhebungen aus der Reichs⸗ , 63 916 992 Mithin Abhebungen aus der Reichs—⸗ H ,,, 52 772 009 160 405 891

Summe der Ausgabe (2 142422218

940 564 159

Die schwebende Schuld betrug an Lis— kontierten Schatzanweisungen am 30. No⸗ vember 1922. S38 942 507

Es traten hinzu

1 .

181 012105

Es gingen ab 57 892 985 Mithin zu . 123 119120

Ergibt... 962 061 627

Davon: a) mit dreimonatiger Laufzeit (bei der Reichsbank dis kontiert). 950 271 847 b) sonstige, mit einer länge⸗ ren Laufzeit ausgegebene Schatzanweisungen 11 789 780

Für Ausgaben zur Erfüllung von Zahlungs—⸗ verpflichtungen in ausländischer Währung in Ausführung des Friedensvertrags von Versailles sind aufgewendet worden. 27 906 889

i) Das tatsächliche Steuern⸗ usw. Auftomm

194799139 en bis ein⸗

schließlich Oktober 1922; von da ab das Aufkommen na ch Abzug

der von den Obe finanz und Finanzkassen geleisteten Aus Höhe zwar jetzt noch nicht näher bekannt,

Teutend ist. Das tatsächliche Steuern usw. Ausko

gaben, deren

immerhin aber recht be⸗

mmen vom

J. November 1923 ab ist daher wesentlich höher als die Zahlen dieser

Uebersicht.

66. Inanspruchnahme der Reichshauptkasse ist auch in der Berichtsdefade infolge der weiter steigenden Preie für alle Bedürf⸗

nisse sehr stark gewesen.

Die Deutsche Reichsbahn allein hat rund

64 Milsarden errorpert = 3. vgl. Anmerkung s; femmer sind stark be⸗ teiligt die Ausgaben in Erfuͤllung des Friedensvertrags von Versailles und für Beschaffung von ausländischem Getreide zur Sicherung der

Volksernährung. Die zuletzt bezeichneten Kosten werden gebracht.

wieder ein⸗

Weiler find zu erwähnen die hohen Mehrkosten fär die

Besoldunge verbesserungen einschließlich der aus dierem Anlaß für die Länder und Gemeinden gewährten Vorschüsse; bedeutende Ausgaben jm Versorgungswesen und für sächliche Bedürfnisse der inneren Ver:

waltung.

Diesen Steigerungen und zum großen Teil Vorgriffen steht

ein aus der Gelden wertung ebenfalls zu erwartendes höheres Steuern

usw. Aufkommen gegenüber, das, wenn auch schon in d dekade eine eifreuliche Steigerung eingetreten ist, doch Maße eist später in Erscheinung treten kann.

th Diese Angaben, die lediglich di

er Berichts˖ in vollem

e Geld⸗

ig!li bewegung bei zer Reichshauptkasse darstellen, lafsen einen Schluß auf das Wirtschaftsergebnigs

der beteiligten Verwaltungen nicht zu; b

ei der Post

umfassen sie vom 1. November 1922 ab auch fremde Einnahmen

(z. B. Erlös aus Reichssteuermarfen) und vom ab auch fremde Ausgaben (3. B Militärrenten)

1. Oktober 13922 Die Abhebungen

der Deutschen Reichsbahn sind keineswegs als Wuschaftsfehlbetrag anzusprechen, sondern sie sind hauptsächlich durch Vorausbeschaffung von

Stoffen (Kohlen usw.) sowie durch sonstige Vorgriffe worden und werden, soweit sie nicht zu Ausgaben des außer , d. h. zu werbenden Zwecken Verwendung ufe des NRechnungsjabres durch spãͤtere Ablieferungen und ausgleich gedeckt werden.

verur sacht ordentl ichen finden, im

Rechnungs⸗

Deutscher Reichstag.

283 Sitzung vom 15. Dezember 1922, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ).)

Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 1214 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen zunächst Anfragen.

Auf die Anfrage der Deutschnation alen wegen der im Rheinland vorgelommenen Plünderungen erklärt Regierungs⸗ rertreter Ministerialrat Förster ; Im Fier nn hang mit den Tuntulten in Köln vom 10. bis 14. Nodemher 1822 zogen am J5. November Plündererbanden in die hei Köln gelegene Bürger meisterei Skerpen und richteten dort umfangreiche Sachschäden an. Die Geschädigten. sind durchweg kleine Geschäfts leute. der Schaden beläuft sich auf 22x Millionen Mark. Auf den. Re ichs⸗ anteil der zur Deckung der Schäden reichsgesetzlich aufzubringenden Mittel sind 75 Millionen angewiesen worden; die ehauptung, den cbergubten Landwirten sblle überhaupt. kein Schadenersaß werden, ist also unverständlich, jedenfalls ist eine entsprechende Mitteilung von amtlicher Seite nicht g. Einen Gesetz⸗ entwurf zur Sicherstellung des vollen Er atzes für Tumultschäden beabsichtigt die Regierung aus schon früher mitgeteilten Gründen nicht einzubringen, insbesondere da infolge der außerordentlich Esteigerten Geldentwertung die Fälle der Versagung eines Er⸗ ee. deshalb, weil durch den Schaden die wirtschaftliche Existenz bes Betroffenen nicht gefährdet ist, immer seltener werden, die Bedürftigkeitsklausel also einen Schaden nicht anrichten kann.

Die Demokraten haben auf Grund der in Amerika, England und Frankreich erfolgten grundlegenden Aenderung der Ge setze, betreffend die Nationalität verheirateter Frauen, die Reichsregierung befragt, ob auch in Deutschland eine Aenderung des Gescetzes, betreffend den Erwerb und Verlust der. Reichs und Staafsangehörigkeit, zu erwarten steht, welche es mit den neuen Gesetzen der anderen Staaten in gerechten Einklang bringt.

Regierungsrat Ruppert vom Reichs ministerium des

Innern erwidert, daß die Frage einer eingehenden und sorg— sältigen Prüfung im Ministerium unterzogen worden ist. Als Ergebnis könne mitgeteilt werden, daß in weitaus den meisten 6 die deutsche Frau durch die Eheschließung mit einem Aus⸗ änder dessen Staatsangehörigkeit erwirbt; eine Vorschrift, wonach die deutsche Staatsangehörigkeit der Frau durch die Eheschließung nicht berührt wird, würde also in der Praxis der Frau eine doppelte Staatsangehörigkeit verleihen. Solche Fälle, die eine fortgesetzte Gefahr internationaler Reibungen in sich bergen, e nach Htöglichkeit zu vermeiden. Eine Aenderung des deutschen Rechts könne nur dann als eine befriedigende Lösung angesehen werden, wenn zugleich diese Gesahr der doppelten Siaatsangehörig⸗ fett befeillgt würde. Solange in dieser Beziehung eine in ter⸗ nationase Vereinbarung nicht. getroffen werde, erscheine es nicht ratsam, dem Beispiel der Vereinigten Staaten zu folgen. In nicht allzu ferner Zeit ständen erneute Verhandlungen über Fragen des juüternationalen Eherechts in Aussicht, Anregungen dazu seien von der Niederländischen und von der schwedischen Regierung bereits ergangen. Die, Haager Familienrechts ablommen gingen davon aus, daß die Ehegatten wenigstens J Beginn der Ehe die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen. Deutschland sei diesem Abkommen Feigetreten, Engiand und die Vexeinigten Saaten nicht. Die Be⸗ Lit gung der Bestimmung des Versailler Vertrages, wonach die Wirkung der Option in Oberschlesien seitens des Ehemannes sich auch auf die Ehefrau erstreckt, werde nicht zu erreichen sein. An⸗ trägen ehemals deutscher Frauen auf Wiede reinbürgerung werde seitens der deutschen Länder ohne Schwierigkeiten entsprochen werden. Auf eine Anfrage des Abg. Kröger (Soz), ob die Reichs⸗ regierung den. Kommunalnerbänden Kredite zur Bezahlung von Getreide an die Landwirtschaft und an die Reichsgetreidestelle zur Verfügung stellen lassen wolle, erwidert namens des Reichs. ministers für Ernährung und Landwirtschaft Oberregierungsrat Seynitz: Wird das Getreide dem Kommunalverband zur eigenen Versorgung überlassen und von der Reichs getreidestglle an ihn zurückverkauft, so erfolgt die Bezahlung im Wege der Verrechnung, wobei das Saldo, welches zu Ungunsten des Kam munglverbaudes ausfällt, von diesem ö zu bezahlen ist. Wenn Kommunal- verbände sich für Monate mit Getreide eindecken und dadurch ihre Brotversorgung auf lange Sicht sichern, müssen sie auch die Geld⸗ mittel dafür selbst aufbringen. Die Reichẽgetreidestelle ist außer- stande, Kredit zu gewähren, aber die Neichs regierung hat noch unlängst die Reichsbank ersucht, die von Kommunalverbänden zur Bezahlung des Umlagegetreides ausgestellten Warenwechsel mit größtem Entgegenkommen zu behandeln.

Die Abgg. v. Schoch. Dr. Kah! und Dr, Mittel mann (D. Vp.) bringen in einer Anfrage die Tötung des achtundzwagnzig⸗ jährigen Schreiner aus Sossenheim durch marokkanische olzgten und die . Mißhandkungen und die Erschießung des Wies⸗ badener Villenbesitzers Cohn durch den französischen Major. Du pie zur Sprache. Sie fragen an, ob der Reichsregierung diese Schand⸗ aten bekannt sind und wieviel Goldmillionen sie als Sühne für diese beiden Mordtaten anfordern wird, denen gegenüber die leichten Verletzungen von Ententeoffizie ren bei Ingolstadt fast zu einem Nichts zusammenschrumpfen. .

Legationsrat v. Friedherg: Der erste Fall hat inzwischen

se ine Erledigung dadurch gefunden, daß das französische Kriegs⸗ ericht in Wiesbaden die beiden Marokkaner zum Tode verurteilt at. Guruf rechts: Und die Vollstreckung? Sobald die Unter⸗ lagen Über die Höhe des entstandenen Schadens beschafft sind, werd die Reichsrelierung ihre Wiedergutmachung, soweit sie durch Geldzahlungen möglich ist, von der französischen Negie rung fordern, sie wird sich dabei streng an die Grundsätze des Völ ker⸗ echts und an den internationalen. Brauch halten. Major Dupic ist ein inaktiver französischer Offizier, der als Privatperson in Wiesbaden wohnt und daher der deutschen Gerichtsbarkeit unter⸗ fegt. Die Stagtsanwaltschaft hat ein Verfahren gegen ihn ein= geleitet. Eine . der Besatzungsbehörde kommt in diesem Falle nicht in Betracht. . ie le ffn än , enn (Soz) fragt, ob und wann das Tempelhofer Feld als Zwi chenlandeplatz für die von Staaken nach Johannisthal abgehenden Flugzeuge in Gebrauch genommen wird, da koch diese beiden Flughäfen sehr weit vom Mittelpunkt Berlin ablägen. ;

En Regierungsveytreter erwidert, daß die Er= hebungen daruber noch im Gange sind, eine abschließende Ant⸗ wort daher noch nicht möglich sei. .

Präsident Löbe gibt anheim, diese Antwort, wenn tunlich, schon während der Ferien schriftlich zu geben.

Abg. Graf Wesst arp und die Fraktion der Deu tich⸗ nationalen nehmen das Verbot einer nichtöffentlichen Mit⸗ gliederversammlung der Ortsgruppe Berlin des Preußen⸗Bundes am 206. Oktober zum Anlaß der Anfrage, was die Regierung zu tun gedenkt, um in Zukunft solche Verbote zu verhindern und die erlaubte Vereinstätigkeit auch gegenüber Drohungen mit bolsche⸗ wistischem Landfriedensbruch wenigsten so weit zu garantieren, als die Vereinsfreiheit nach Erlaß der Ausnahmegesetzgebung für die rechtsgerichteten Kreise noch besteht.

Oberregierungsrat Wagner erwidert namens des Reichs⸗ ministers des Innern: Das Ministerium hat sich mit dem preußischen Minister des Innern sogleich in Verbindung gesetzt, dessen Aeußerung bei der Kürze der Zeit die Anfrage datiert vom 7. Dezember noch nicht volliegt. Soweit in der Anfrage eine Verletzung des Gesetzes zum er,. der Republik behauptet wird, ist darauf hinzuweisen, daß das esetz selbst eine derartige Sichérung bereits durch die Zulafsung des Beschwerdeweges bietet. Die Reichsregierung teilt die grundsätzlichen Entscheidungen des Staatsgerichtshofs den Ländern mit und sucht auf eine gleich⸗ mäßige Anwendung des Gesetzes hinzuwirken. Eine solche Mit⸗

) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

keillung über die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs ist vor kurzem auch an den Reichstag gegangen.

Die Novelle zum Gefetz über die Gesell⸗ ,

er Anteile und Einzahlungem) sowie der Ge⸗ setzentwurf, betreffend die privatrechtlichen Ver⸗ . von Genossenschaften zum 3wecke der Bodenverbesserung, und weiter der Gesetz⸗ entwurf über zeitweilige Befreiung von der Verpflichtung zur Konkursanmeldung bei 1 sch uld ung werden debattelos in allen drei Lesungen erledigt.

ö. ersten Lesung des von allen bürgerlichen Parteien eingebrachten Gesetzentwurfs über Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armen⸗ sachen bemerkt der

Reichsjustizminister Dr. Heinze: Meine Herren! In den einleitenden Worten, die ich zu meinem Nachtragsetat hier in diesem hohen Hause gesprochen habe, habe ich erklärt, daß die Sorge für die Rechtsanwaltschaft und für die Abstellung ihrer Nöte eine meiner ersten Aufgaben sein würde. Ich bin heute im Rechts⸗ ausschuß gefragt worden, ob ich in eine organische Erörterung der Angelegenheiten der Rechtsanwaltschaft eintreten würde. Ich habe meine Mitwirkung bei diesen Arbeiten zugesagt und in Aussicht gestellt, daß das Reichsjustizministerium in der Richtung tätig sein würde. Es würde ein wesentlicher Schritt in der von mir seinerzeit angedeuteten Richtung sein. Der Antrag, wie er Ihnen vorliegt, betreffend die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen, geht dieselbe Richtung, die ich eingeschlagen habe und einschlagen werde. Er ist auch ein Mittel, um der schwer notleidenden Rechtsanwaltschaft in etwas zu helfen. Ich kann daher für das Reichsjustizministerium den Antrag nur befürworten.

Ich bitte nur, in ö eine kleine Abänderung eintreten zu lassen, die wohl ohne weiteres zulässig sein wird. Dort ist auf eine Reichstagsdrucksache Bezug genommen. Das wird im Gesetz nicht gehen. Diese wenigen Worte würden fortzufallen haben. Im übrigen kann ich die Annahme des Gesetzentwurfs empfehlen.

Der Gesetzentwurf wird gleich in zweiter und dritter Lesung angenommen.

Die Vorlage, betreffend Aenderung des Gesetzes über Beschäftigung Schwer⸗ beschädigter, wird in zweiter und dritter Lesung sowie in der Gesamiabstimmung angenommen, nachdem mit Zu⸗ , n. des Reichsarbeilsministers Dr. Brauns die Be⸗ timmung aufgenommen war, daß bei Entlassungen infolge längerer Krankheit, die durch Kriegsbeschädigung verursacht ist, die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle einzuholen ist. Angenommen wird die Entschließung des Ausschusses, be⸗ treffend Ausarbeitung von Vorschlägen zu einem Gesetz über Arbeitsschutz für im Erwerbsleben Stehende, deren Be⸗ schädigung nicht durch Unfall oder Kriegsverletzung bedingt ist.

Tas? Gesetz über die Reichshaushalts⸗ ordnung wird in zweiter und dritter Lesung angenommen. Die Gefamtabstimmung wird bis 3 Uhr ausgesetzt. Für das Gesetz ist nach der Verfassung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, das Haus ist aber in diesem Augenblick sehr schwach besetzt.

Es folgt die Beratung des von Abgeordneten aller bürgerlichen Parteien eingebrachten Gesetzentwurfes, betreffend Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Kraft⸗ fahrzeugen. Der Entwurf erhöht die Versicherungs⸗ fummen und die Schadenersatzbeträge für Unfälle durch i,

Nachbem Abg. Dr. Barth⸗ Chemnitz (D. Nat.) den Entwurf kurz begründet hat, wird dieser in allen drei Lesungen ohne weitere Debatte erledigt.

Die zweite Beratung des siebenten Nachtrags⸗ etats für 1922 wird dann bei dem Haushalt des Auswärtigen Amtes portgesetzt.

Abg. Frölich (Lomm)): Die Entente hat die deutsche Repa⸗ rationsnote abgelehnt. Unsere Regierung hat bisher auf diesem Gebiet nur negative Resultate erzielt. Ihr Programm nimmt lediglich die kapitalistischen ß wahr, und die Schwer⸗ industrie leitet die Politik. Der Reichskanzler Cuno hat sich glatt unterworfen. Er hat zwar in seiner Programmrede erklärt, dem unerhörten Wucher und der skandalösen Preispolitik der großen Kartelle einen Damm entgegensetzen zu wollen, aber er hat als⸗ bald diesen Satz korrigiert, denn die Stinnes⸗Leute der Deutschen Volkspartei haben ihm klar gemacht, daß auf diesem Wege eine Rettung Deutschlands nicht möglich ist, fondern nur auf Kosten der Arbeiterklasse. Im Reichswirtschaftsrat sagte Herr Cuno, es gebe leinen Machtfaktor, der der Regierung die Zügel aus der Hand nehmen könne. Das ist eine glatte Unwahrheit. Die deutfche Industrie hat sich ja sofort in der „D. A. 3.“ beschwert, daß sie bei den neuen Reparationsvorschlägen nicht gehört worden ist, und die Erklärung von Herrn Sorge im Reichswirtschaftsrat ift nur der Ausdruck für ein vorläufiges Kompromiß zwischen den beiden Machtgruppen und dafür, daß Herr Cuno einen energischen Schritt rückwärts getan hat. Die Schwerindustrie nimmt die aus⸗ wärtige Politik in ihre Hand. Im Kriege stand Stinnes an der . jener Großindustriellen, die die Regierung mit Denk⸗ schriften bombardierlen, daß der Krie nicht beendet werden dürfte ohne Annexion der Erzgebiete von Lorcgwy und Briey. Damals war Stinnes der große Patriot an der Spitze der Eroberungs⸗ süchtigen. Nach dem Kriege kam die Separationspolitik der rheinischen Großindustriellen, und Herr Stinnes kam in Verdacht, das Ruhrgebiet abtreten zu wollen. Der Kellner, der aus der Versammlung der Industriellen in Mülheim etwas ausgeplaudert hatte, wurde für nicht „ganz“ glauhwürdig erklärt; aber wenn ein Mann wie Professor Weber in Heidelberg auf einen solchen Verdacht kommen konnte, mußte doch etwas faul im Staate Stinnes gewesen sein. In Spaa hat Herr Stinnes eine Rede ge⸗ halten, daß man sich fragen mußte, ob der Mann von allen Teufeln besessen sei. Als der französische Journalist Sauerwein ihn fragte, ob er denn nicht wisse, daß Frankreich auf die Er⸗ oberung des Ruhrgebiets ausgehe, sagte er: „Das weiß ich, das habe ich ins Auge gefaßt.“ Das ist Hochverrat. Das war die Verfolgung der alten Linie der Vereinigung des Ruhrgebiets mit dem Gebiet von Briey unter neuen Machtverhältnissen. Der rein privatkapitalistischen Politik von Stinnes ist schon unter der Regierung Wirth der Weg bereitet worden. Nach dem in London zwischen Frankreich und England abgeschlossenen Kompromiß derfolgt Bonar Law die Politik Lloyd Georges weiter, England opfert immer die Interessen Deutschlands, um mit Frankreich zufammenbleiben zu können. Die Situation ist also bis jetzt in nichts besser geworden, und die deutsche . geht wieder einen verhängnisvollen Weg. Die deutsche Note ist großkapitalistisch

Das Reich hat die Buße für n und Ingolstadt, die Bayern hätte zahlen müssen, auf die Reichskasse übernommen und sich damit Bayern unterworfen. Die Heulmeierei in der deutschen Entwaffnungsnote, daß man über die Gefahren dieses schweren Winters nur mit einer starken Polizei hinwegkommen föunte, zeigt den blutdürstigen Charakter dieser Regierung, die

inspiriert.

Zahlungen aus der Einkommensteuer sind dann au

die Arbeiter nicht zur Ruhe kommen lassen will. Im Haag der internationale Weltfriedenskongreß, hier in Deutschland die nationale Einheitsfront mit der Totschlägerpolitik. Die inter⸗ nationale Solidarität der Arbeiter wird aber verhindern, daß diese Politik wieder solche Erfolge hat, wie im Juli 1914. Wir stehen vor dem Kampf des Eisentrusts um die Vormachtstellung in Frankreich und Deutschland, die deutschen Interessen sollen den großkapitalistischen französischen Interessen unterworfen werden. Und dahei strebt die deutsche Doʒialdemokratie danach, in die große Koalition mit Herrn Stinnes hineinzurutschen. Da⸗ mit verrät sie die deutschen Arbeiterinteressen. Dieselbe Partei verhindert die Verständigung mit der Sowjetregierung. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wir Kommunisten werden uns an⸗ n . ein klares Bündnis der deutschen Arbeiter mit So wjet⸗ tußland herbeizuführen und der verbrecherischen deutschen Außen⸗ politik ein Ende zu machen.

Abg. Dr. Breitscheid (Soz): Ich will keine Rede zur

auswärtigen Politik halten, sondern nur erklären, daß die setzten Bemerkungen des Vorredners eine Entstellung meiner Aeuße⸗ rungen im Auswärtigen Ausschuß darstellen. Wenn er diese nur durch Indiskretion in die Oeffentlichkeit gelangten Bemer⸗ kungen für seine Darlegung benutzte, so hätte er auch meine Richtig⸗ stellung beachten müssen. Wir sind stets für korrekte Beziehungen zu So ipjetrußland eingetreten. Wir haben auch nicht den i , dertrag, sondern den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe bemängelt. Die guten Beziehungen zu Sowjetrußland nützen uns blutwenig in den Fragen, die uns jetzt auf den Nägeln brennen, besonders in der Reparationsfrage. Rußland wird sich nie um unserer schönen Augen willen mit den Westmächten, an deren Wohlwollen ihm unendlich viel gelegen ist, brouilligren. Wenn Herr Frölich immerfort seine Vorwürfe an die eine Person des Herrn Stinnes richtet, wird er den auswärtigen politischen Problemen nicht gerecht. Herr Stinnes ö ja, wenn er seine Bedeutung an der Länge der Frölichschen Nede mißt, zu einem gewissen hr en e . kommen. Zuruf: Hat er schon. Heiterkeit Dann ist er un—⸗ gefährlich. Abg. Frölich (Comm) Dr. Breitscheid vergißt, daß Herr Stinnes der Epponent der deutschen Industrie ist; dieser spielt, weil er sich auf eine ungeheure wirtschaftliche Macht stützen kann, eine überaus gefährliche Rolle in der Politik. Aus seinem Einsluß kann über Nacht eine absolute Gewalt werden. Wie denkt denn Dr. Breitscheid über die unglaubliche Hetze, die gerade der „Vor⸗ wärts gegen Sowjetrußland getrieben hat? Beweist dies etwa gorrekte“ Beziehungen? Eine Politik à la Breitscheid ist als Politik einer Arbeiterpartei unbedingt zum Scheitern verurteilt. Zuruf rechts) Das Volk geht ugrunde an Ihrer (nach vechts) Politik! (Zuruf rechts; Regen Sie sich nicht auf, das glauben Sie ja selber nicht. Heiterkeit. Große Unruhe bei den Komm.) Eine solche Politik muß die ganzen Zukunftsinteressen der Arbeiter⸗ klasse dem Großkapital schließlich opfern.

Ein Ministerialdirektor wiederholt auf Wunsch des Abg. Hoch (Soz) die vom ihm im Ausschuß betveffs der Be⸗ amten im Auslande und ihrer Gehaltsbezüge abgegebene ent⸗ gegenkommende Erklärung.

Der Nachtragsetat für das Auswärtige Amt wird hierauf bewilligt, ebenso der Nachtragsetat für das Reichsfinanzministeri um.

Gegen den Beschluß des Haushaltsaus⸗ schusses, die Chefpräsidenten der Landes⸗ fin anzämter als „ab 1. April 1925 künftig weg fallend“ zu bezeichnen, wendet sich

Feichsfinanzminister Dr. Hermes mit dem Bemerken, daß er diese Posten für eine unbedingt notwendige organisatorische Ein⸗ richtung halte, die bestehen und beibehalten werden müsse, auch im Interesse der Konsolidierung der gesamten Neichsfing nzberwaltung. Ir behält sich vor, später die Notwendigleit der Chefpräsidenten noch eingehender darzutun.

Einstimmig angenommen wird ein Antrag Dr. Mumm (D. Nat auf Erhöhung der Monatgrente von 50 A auf 260 S für die Veteranen von 1864, 1866 und 1870.

Der Haushalt für Ausführung des Friedensvertrages wird ohne Erörterung an⸗ genommen mit einer Entschließung, betreffend raschen Abbau der Flüchtlingsfürsorge, ebenso der Haushalt des Reichstags. .

Hierauf wird die Beratung abgebrochen. Der Prä⸗ side nt beraumt eine neue Sitzung an auf 4 Uhr mit der Tagesordnung: Gesamtabstimmung Über das Gesetz, betreffend Relchshaushaltsordnung; Etat des Ministeriums für Wieder⸗ aufbau und des Minssteriums für Ernährung und Land⸗ wirtschaft, Etatsgesetz; zweite Lesung der Novelle zur Zwangs⸗ anleihe; Gesetz, bereffend Vorschüsse des Reichs an die Länder zur Unter stütz ung notleidender Gemeinden.

Schluß 3 Uhr.

284. Sitzung.

Um 4 Uhr wird die Sitzung durch Präsidenten Löbe eröffnet.

Zunächst wird die Gesamtabstimmung über das Gesetz, betreffend die Reichshaushaltsordnung, wor⸗ genommen. Das Gesetz wird einstimmig angenommen,. Der Prästid ent stellt fest, daß den Bestimmungen der Verfassung genügt sei (zwei Drittel sämtlicher Mi glieder waren anwesend; mehr als zwei Drittel haben dafür gestimmt).

Es folgt die zweite Beratung der Novelle zum 3Zwangsanleihegesetz. Der Ausschuß (Bericht⸗ erstatter 6g. Kahmann) hat die Vorlage im wesentlichen nach der Regierungsvorlage angenommen, also unter anderem die Aufhebung der Begrenzung auf 70 Milliarden, die Er⸗ höhung des Jeichnungspreises vom März 1923 ab um 10 vh . Monat, Angleichung des Tarifs an die Geldentwertung

urch Verdoppelung der Vermögensstufen und Verdoppelung

der Freigrenzen. Wertpapiere sind nach dem Ausschußbeschluß mit Durchschnittskursen zu bewerten, die aus den Kursen am Ende 1920, 1921 und 1922 einerseits und den Kursen vom 3. Oktober 1922 andererseits ermittelt werden. Auch die Be⸗ wertungen von Grund- und Betriebsvermögen werden erhöht. Die landwirtschastlichen Kreditinstitute werden von der Zwangsanleihe befreit.

Abg. Bern ste in (Soz) bezweifelt, daß die von der Regierung errechneten Summen eingehen werden. Die Ermittlung des Kurses der Wertpapiere greift viel zu weit zurück. Wenn si der

Kurs mancher Wertpapiere in letzter Zeit gehoben, hat, e ge chah es nur, weil die neue Regierung wenigstens in einem Punkt, in

der Erfüllungspolitik, in die Fußtapfen ihrer Vorgängerin getreten ist. Mit der Stabilisierung der Mark wird es nichts werden, so⸗ lange die Monopolstellung der Großen und die steuerliche Bevor⸗ rechtung des Befitzes bleibt. Redner befürwortet die im Ausschuß abgelehnten, jetzt wieder aufgenommenen Anträge seiner Partei, wonach u. a. die Wertpapiere mit drei Vierteln des Kurses vom 8 Dezember 1922 angerechnet werden sollen. Geifall bei den Sozialdemokraten) . .

Abg. Dr. F ischer⸗Köln (Dem ): Die Entwicklung hat uns recht gegeben, als wir seinerzeit das Experiment mit der Zwangs⸗ anleihe kritiflerten. Wir befürchte ten schlechte Wirkungen auf dem Ankeihemarkt. Die Regierung will auch eine innere Goldanleĩhe auflegen. Da erheben sich ernste Sorgen, ob nicht diese Anleihe durch die Zwangsanseihe gefährdet wird. Ungeheure Mittel werden im Februar aus der Volkswirtschaft herausgenommen werden,.

ch fällig. Bei

BVerabschtedung bie ler Novelle haben wir ernste ebenen. Trotzdem haben wir mitgearbeitet, aber wir möchten vor weiteren Crpeci- menten warnen, die die Sonaldemokraten machen will. Mit der Aufhebung der oberen Grenze sind wir einverstanden. Bei der KRertermittelung der Wertpapiere ist ein richtiger Faltor schwer zu finden. Wer kann heute für die Entwicklung irgend einen zuver⸗ lich Anhalt geben? Der natürliche Gang der Dinge t dus ch die Valutaschwierigleiten gestört. Man muß. Vorsicht üben. Die Vorgänge an der Wiener Börse geben zu denten. Vie Bewertung auf Grund der Regierungsvorlage ist keine Ungerechtigkeit. Wird die Mark stabilisiert. dann wird allerdings die Srelulation in gedämmt, und die ertpapierbesitzer werden mehr mit den natür—⸗ lichen Verhältnissen rechnen müssen. Wir werden unsern Antrag wiederholt auf , n derjenigen, die vorausbezahlt haben; die im Ful und August bereits eingezahlten Beträge 66 mit dem doppelten Wert angerechnet werden. Wir legen

rt auf diesen Antrag, der auch die Steuermoral heben wird. Es ist, wie sich auch die Regierung . en muß, eine Anerkennung derjenigen, die ihrer Pflicht genügt haben. Stimmen Sie unserm Antrag möglichst einstimmig zu! Staatsfekretär apf: Dem Wunsche des Vorredners, daß ich zu seinem Antrag heute eine andere Stellung einnehmen würde. als ich im Ausschuß eingenommen habe. kann ich zu meinem Be dauern nicht en frechen. Es bestehen grundsätzliche Bedenken, ob frühere Steuerzahlungen mit Rücksicht auf die Gelzentwertung höher bewertet werden sollen, als spätere Zahlungen, Diese Frage ist von großer Bedeutung und kann nicht allein bei diesem Gesetz gelöͤst werden. Ich trage Bedenken, sie gerade hier zu entscheiden, zumal es sich nur um verhältnismißig geringe Betrãge handelt. Außerdem st der Antrag technisch kaum durchführbar. Ich bitte deshalb, mit Rücksicht auf die grundsätzlichen und technischen Be⸗ denken den Antrag abzulehnen.

Äbg. Söllein (Komm): Man hätte seinerzeit statt des Steuerkom vromisses sogleich die Erfassung der Sachwerte beschließen sollen, aber die Sozialdemokraten haben sich auf dieses Schand⸗ komptomiß eingelaffen. Wenn die erste Milliarde Goldmark wirk= lich durch' die Zwangsanleihe aufgebracht werden sollte. müßte man beim heutigen Dollarstand 20900 Milliarden Papiermark nehmen, aber die Regierung ist viel gnädiger und gibt sich lediglich einen Optimismus. Man will hier lediglich die Wertpapiere um des Scheines willen höher bemessen, alle anderen Werte läßt man unberührt. Von dieser Regierung haben wir nichts zu er⸗ warten, was irgendwie für die Arbeiter annehmbar wäre. Die Berechnung der Wertpapiere nach, den Durchschnittsk irsen der letzten drei Jahre in Verbindung mit den Kursen vom 8. Oktober de Is. macht in Wirklichkeit nur ein Elftel des wirklichen Wertes aus, und dieses eine Elftel soll die Grundlage für die Vermogens-⸗ bewertung bilden, und aus diesem zu gering bemessenen Vermögen sollen die Besttzenden lediglich einen Pump ihrem bantrotten Vaier lande geben, und das soll ein „sichtbares Opfer des Besitzes“ sein? Das Proletariat muß Schluß machen mit die ser Betrugs politik (iner fleinen Parafitenklasse. Schluß mit der Politik des Kuh⸗ handels mit den kapitalistischen Klassen! Schärfsten Klassenkampf!

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Dr. Bern⸗ ste in (Soz) wird die Vorlage unter Ablehnung der sozial⸗ demokratischen und der demekratischen Anträge in der Fassung der Ausschußbeschlüsse angenommen. Die von den Sozial⸗ demokraten beantragte Entschließung wegen Aenderung der Bewertungsgrundsätze entsprechend der Geldentwertung wird abgelehnt. Der sofortigen Vornahme der dritten Lesung widerspricht Abg. Hertz (Soz.); diese kann also erst morgen erfolgen.

Der Abg. Schwarzer (D. Vp) wird vom Präsidenten Löbe nachträglich zur Ordnung gerufen, weil er dem Abg. Frölch während dessen Rede zugerufen hat: Das ist ja Blödfinn! (Heiterkeit) ;

Die von sämtlichen Parteien beantragte Ent⸗ schließung, betreffend die Gewährung von Zuschüssen an die Länder zwecks Unter⸗ stützung notleidender Gemeinden wird ein⸗

stimmig angenommen.

Darauf setzt das Haus die zweite Lesung des sie benten Nachtrags zum Reichshaushalt für 1922 beim Haushalt des Ministeriums für Wiederäufbau fort. Dieser Nachtrag wird nach den Ausschußvorschlägen bewilligt. .

Ueber den Nachtrag zum Haushalt des Ministe⸗ riums für Ernährung und Landwirtschaft berichtet Abg. We st er mann (D. Vp). Einen breiten Raum habe im Ausschusse die Erörterung des Pxeises für das Umlagegetreide eingenommen, desgleichen die Frage ob für den Verlauf des Winters eine Bro not, zu befürchten sei. Nach den Darlegungen der Regierung sei eine Brotnot in diesem Winter nicht zu befürchten, sofern alle Kräfte an⸗ gespannt würden.

Abg. Philipp (D. Nat.): Wir haben nicht die Absicht, eine Ernährungsdebatte herbeizuführen. Meine Freunde werden das eue Kabinett auch im Punkte der Landwirtschaft nach seinen Taten beurtellen. Daß die Getreidepreise so hoch erscheinen, liegt doch hauptsächlich an der Entwertung der Mark. (Suruf links) Es ist nicht gut, daß Sie die Kartoffelfrage aufrühren; wir sollten alle froh sein, daß wir hei den Kartoffeln von der Zwangswirtschaft losgekommen sind. Diese Zwangswirtschoft ist ja wieder in den Ländern aufgekommen, wo jene (links hohe Seite die Herrschaft . so in Sachsen. Aehnliche Ausführungen hat auch der olden⸗

urgische Regierungschef Tantzen gemacht, In Sachsen hat man

Höchstpreise für Milch und Butter festgesetzt. Da die Ausführung in die Hände der Kommunen gelegt ist, so ergibt sich ein wirres Durcheinander in der Preisfestsetzung. Eines Tages verschwindet dann die Ware, keine Butter erscheint mehr auf dem Markt, dann natürlich große Aufregung in den Konsumentenkreisen. Letzten Endes ist diese sächsische Verfügung ein Appell an die Straße. (Andauernde Zurufe auf der äußersten Linken, Wir in Sachsen sind ein Zuschußgebiet, aber nieriand wagt jetzt, aus Thüringen und aus der Provinz Sachsen Butter zu uns einzuführen. Auch diese Erscheinung ist eine Folge der Verfügung. die überhaupt nicht durch eine wirtschaftliche No dendigteit hervorgerufen ist, sonde en bloß zeigen soll, was in der sächsischen Linksregierung für Mords⸗ kerle sitzen. (Heiterkeit vechts) Das Ende vom Liede wird ein Rückgang der Produktion sein; der Viehstand muß ia auf diese Weise in eine rückläufige Bewegung kommen. Der Butterkonsum sst völlig zusammengebrochen. Wir wenden uns an die Reichs- regierung, um zu hören, wie sie über diese mitteldeutsche Zwangs würtschafl auf dem Gebiete der Mollereiprodutte dent. Hoffentlich gibt der Minister eine befriedigende Erklärung ab, Auch verlangen wir Schutz gegen die Verschiebung landwirtschaftlicher Produkte in das Ausland.

Abg. Dr. Heim (Bayer. Vp): Alle die Erscheinungen, die man auf dem Ernährungsgebiete als Wucher bezeichnet, lassen si nicht durch Gendarmen und durch Gerichte bekämpfen, sondern dur Hebung der Produktion. Heute wird es keinem einfallen, Kar⸗ toffeln zu hamstern, denn es sind solche in reichlichem Maße vor⸗ handen; Getreide ist aber nur in unzureichender Menge vorhanden. Von Reichs wegen ist für die Hebung der Produktion seit vier Jahren außerorbentlich wenig gescheben. Beweis. z. Be der Feutige große Milchmangel. Der Minister . ein Programm verlautbaren. Milch ist die Zulunft Deutschlands. Man darf nicht die Produktion in angeblichem Interesse der Konsumenten zerstören, so darf nicht weiter gewirtschaftet werden. Ich bin kein Freund der Zwangswirtschaft, aber ich kann mir keine Regierung Deutschlands denken, die unter den obwaltenden Umständen die Brotbersorgung dem freien Spiel der Kräfte überlassen wollte. Der Bund der Landwirte treibt auf diesem Gebietz ing Agitation we ich sie mir gemeiner nicht vorstellen kann (eebhaftes Hört, hört

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