5. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 20. No⸗ bember 1922, betreffend die Genehmigung der vom Verwaltungsrate der Westpreußischen Landschaft und der Neuen Westpreußischen Land. schaft am 20. Oktober 1922 beschlossenen w des Reglements der Westpreußischen Landschaft vom 25. Juni 1851 und des Statuts der Neuen Westpreußischen Landschaft vom 3. Mai 1861, durch das Amtsblatt der Regierung in Marienwerder Nr. 50 S. 231, aus⸗ gegeben am 16. Dejember 1922 1
6. der Erlaß des Preußischen Staatsministeriums vom 27. No- vember 1922 betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die
ärstlich zu Lynar, Gräflich von Redern'sche Güterderwaltung in — im Kreise Hoerswerda für die Herstellung eines Nebenwegs, durch das Amtsblatt der Regierung in Liegnitz Nr. 1 S. 4, aus gegeben am 6. Januar 1923; ö
7. der Erlaß des Preukischen Staatsministeriums vom 23. De zember 1922, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Bigger und Antfelder Muschelkalkwerke, G. m. b. H. in Bigge i. Westf., für die Erweiterung ihrer Privatanschlußgleise, durch das Amtsblatt der Regierung in Arnsberg Nr. 1 S. 3, ausgegeben am 6. Januar 1923.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 2 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 12423 das Gesetz über die sofortige Bereitstellung von Mitteln zur Vermehrung und Ausgestaltung der staat⸗ lichen Grenzkommissarigte vom 10. Januar 1923, unter
Nr. 12424 eine Verordnung uͤber Erhöhung der Eisen⸗ bahnfahrkosten bei Dienstreisen der Staatsbeamten vom 23. De⸗
mber 1922, unter ö ö Nr. 12 425 einen Erlaß des Ministers für Volkswohlfahrt, betreffend Aenderung des Tarifs für die Gebühren der Kreis⸗ ärzte vom 3. Januar 1925, unter .
Nr. 124285 eine Bekanntmachung des Justizministers, be— treffend einen Bezirk, für den während des Kalenderjahrs 1922 die Anlegung des Grundbuchs erfolgt ist, sowie die Bezirke, für welche das Grundbuch auch in Ansehung der von der An—⸗ legung ursprünglich ausgenommenen Grunbstücke als angelegt gilt, vom 5. Januar 1923 und
eine Bekanntmachung der nach dem Gesetze vom 10. April 1872 durch die Regierungsamtsblätter veröffentlichten Erlasse, Urkunden usw.
Berlin, den 24. Januar 1923.
Gesetzsammlungsamt. Krůer.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Der Reichsrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗ fitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Steuer⸗ und ZJollwesen und für Volkswirtschaft, die vereinigten Aus⸗ schüsse für Rechtspflege und für Vollswirtschaft́t owie die vereinigten Ausschüsse für innere Verwaltung und für Rechts⸗ pflege Sitzungen.
Die Außenhandelsstelle für Schnitz- und . offe gibt bekannt. daß 1. in der Ausfuhrmindestpreisliste sᷣ Wäsche⸗ und Metallhosenknöpfe (C. Wm. 2) der Preis des 263“ Wäscheknopfes der Gruppe 4 nach der Schweiz nicht Fr. IIB5 sondern Fr. 12, 35 beträgt. 2. Folgende Ausfuhr⸗ mindestpreislisten erscheinen in Neubearbeitung: Mit Wirkung vom 30. 1. B Preisliste für Imitationsbillardbälle (J. B. 2), mit Wirkung vom 20. 1. 23 Preisliste für Kämme aus Zelluloid (C. R. 6) und für er aus Celluloid (0. F. ). — Die Ausfuhrminbestpreise für Kragen⸗ und Manschettenknöpfe werden mit Wirkung vom 25. 1. B teilweise ermäßigt. Die Liste erscheint Anfang Februar in Neubearbeitung.
. ö ö Für Sprengkapseln find die Ausfuhrmindestpreise in bezug auf w Liu geändert; ebenso die Ausfuhrrichtpreise . Sprengstoffe und Pulver sowie die Bleimennigepreise für je Schweiz. Näheres durch die Außenhandelstelle Chemie in Berlin W. 10.
Preußen.
Der preußische Finanzminister hat den Regierungsbau⸗ führern . , e , Kurt Strobel und Hellmuth No ack, dem Regierungsbaumeister des Wasser⸗ und Straßen- baufachs Paul Detering, dem Regierungsbauführer des Wasser⸗ und Straßenbaufachs Friedrich Kind, dem Re⸗ gierungsbauführer des Eisenbahn⸗ und Straßenhaufachs Alfons Hier semann und Werner Fischer, dem Regierungsbau⸗ meister des ,,, Wilhelm , und dem Regierungsbauführer des Maschinenbaufachs Walter Reichel, bie in den Jahren 1920 und 1921 die Diplomprüfung mit Auszeichnung bezw. gut bestanden haben, Prämien von je 2000 (6 zur Ausführung von Studienreisen bewilligt.
Preußischer Lanbtag. 202. Sitzung vom 23. Januar 1925. Nachtrag.
Die Rede des Ministers für Volkswohlfahrt Hirts ie fer, die er in Beantwortung der Anfrage über den Niedergang der
olksgesundheit gehalten hat und die gestern megen ver⸗ ,, des Stenogramms nicht veröffentlicht werden konnte, lautet wie folgt:
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon seit längerer Zeit macht es mit und meinen Mitarbeitern ernsteste Sorge, daß auch die Volksgesundheit durch den immer mehr wachsenden wirtschaftlichen Dru ck des Versailler Friedensvertrages aufs schwerste gefährdet wird. Vor einigen Monaten hatte ich zum ersten Male Gelegenheit, mich amtlich mit einer besonderen Frage dieses sonst vorwiegend politischen Gebietes, nämlich der Bedrohung unseres Gesundheitszustandes durch den zu · nehmenden Kohlenmangel, zu beschäftigen Wie Ihnen bekannt sein wird, mußten wir unseren Gegnern bisher monatlich 32. Millionen Zentner Kohle liefern. Als nun Ende Oktober die Mitteilung hierber gelangte, daß die Entente von uns künftig eine weitere Mehrlieferung von noch etwa 5 Millionen Zentner Kohle monatlich beanspruchte, ließ ich durch meinen Referenten, Herrn Geheimen Obermedisinalrat Dr. Krohne, bei dem Herrn Neichskoh len kommissar auf die ernsten gesundheitlichen Folgen einer solchen künftigen Mehrlieferung von
hielt es deshalb für nolwenbig, daß mein Referenk gelegentlich der Verhandlungen, die mit der Reparationskommission Anfang November in Berlin stattfanden, durch ausführliche sachliche Darlegungen vor der Reparationskommission selbst den Nachweis führte, wie sehr die Kohlenlieferungen auch unsere Volksgesundheit gefährdeten. Infolge⸗ dessen hat mein Referent vor der Reparationskommission am 7. No- vember im Reichsfinanzministerium im Einverständnis mit mir mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß eine weitere Steigerung unserer Kohlenabgabe vom Standpunkte der Volksgesundheit uner⸗ träglich sein müßte. gänzung der Ausführungen des Reichskohlenkommissars unter anderem dar, daß seit Anfang des Jahres 1922 wieder ein beträchtliches An⸗ steigen unserer Sterblichkeit, und zwar eine Vermehrung der Todes⸗ fälle an Erkältungskrankheiten festzustellen sei.
Todesfälle an Lungenentzündung von 17785 gegenüber nur
Zahl der Todesfälle an Erkältungskrankheiten — bei einer Berechnung
als normal ernährte Menschen. Es wäre deshalb eigentlich notwendig.
unberücksichtigt gelassen hat. Denn wie wäre es sonst möglich, daß die
Nach dem Kriege trat infolge besserer Ernährung auch eine all⸗
(Sehr gut) Geheimrat Krohne legte in Er⸗
(Hört, hört) Allein im ersten Quartal 1922 hatten wir eine Steigerung der
14549 Todesfällen im ersten Quartal 1921. Diese Ziffern sind deshalb wichtig, weil erfahrungsgemäß die ersten Viertel jahre die stärkste Verbreitung der Erkältungskrankheiten bringen. Eine andere Berechnung ergibt, daß in den Städten über 15 000 Einwobnern die
auf 10 000 Einwohner — von 23,35 im ersten Vierteljahr 1921 auf 39,1 im ersten Vierteljahr 1922 angestiegen ist. (Hört, hört) Die Zahl ist also um mehr als die Hälfte gestiegen. Es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, daß wir es bei dieser Zunahme der Todes . fälle infolge von Erkältungen mit einer Folge des Kohlen mangels zu tun haben. Diese Not wird aber nun noch dadurch verfchlimmert, daß heute zahlreiche Menschen infolge der mangelhaften Ernährung mit Fett den Erkältungskrankheiten in verstärktem Maße ausgesetzt sind, da gerade eine ausreichende Menge Fett für die Er⸗ wärmung des Körpers unentbehrlich ist und ein ungenügend mit Fett ernährter Mensch ein erhöhtes Wärmebedürfnis hat und leichter friert
unserem Volke in diesem Winter weit meht Kohlen zuzuführen als im vergangenen Jahre, wenn wir ein noch stärkeres Ansteigen der Erkältungs.« krankheiten verhüten wollen. Leider ist dies infolge der Maßnahmen unserer Vertragsgegner nicht möglich. Wenn aber gar die uns von der Entente gestellte Forderung nach einer künftigen Mehrlieferung von fünf Millionen Zentner Kohle monatlich durchgeführt werden sollte, so müßte das die Wirkung haben, daß künftig mindestens 155 Millionen deutsche Familien keine oder keine genügenden Mengen an Kohle er⸗ halten könnten hört! hörth, infolgedessen frieten und zum nicht ge⸗ ringen Teil an Erkältungen erkranken oder sterben müßten. Diese Darlegungen meines Referenten vor der Reparationskommission schienen damals auf die Mitglieder dieser Kommission doch einen ge⸗ wissen Eindruck gemacht zu haben. Heute müssen wir leider feststellen, daß die Kommission auch diesen ernsten Hinweis auf unsere Not völlig
Reparationskommission trotz der ihr gelieferten Beweise, daß schon die bisherigen Lieferungen an Kohlen die Gesundheit unseres Volkes schwer geschädigt, ja sogar Tausenden unserer Volksgenossen das Leben gekostet haben, zu der ungeheuerlichen Feststellung kommen konnte, daß sich Deutschland hinsichtlich der Kohlenlieferungen eine „vorsätzliche, absichtliche Verfehlung“ habe zuschulden kommen lassen, die dann mit dem jedem Völkerrecht hohnsprechenden militärischen Einbruch der Franzosen und Belgier in dag Ruhrgebiet „bestraft“ werden mußte. (Lebhafte Pfuirufe) Diese Umstände sowie die Tatsache, daß nach den Berichten allet Regierungspräsidenten und der hier in Berlin Anfang Dezember versammelt gewesenen Regierungs⸗ und Medizinalräte in den letzten Monaten eine immer mehr zunehmende Verschlechterung des Gesundheitszustandes unserer Bevölkerung unverkennbar ist, gaben mir Veranlassung, am 4. Januar eine größere Anzahl von Vertretern der in und ausländischen Presse sowie eine Anzahl der Herren Reichs⸗ minister und aller preußischen Herren Minister in mein Ministerium einzuladen, um ihnen durch meine beiden Sachreferenten, die Herren Geheimräte Krohne und Dietrich, einmal eine ausführliche und sach⸗ gemäße Auskunft über die Bedrohung unserer Volksgesundheit geben zu lassen. Ich habe damals in meinen Begrüßungsworten die Herren Vertreter der in⸗ und ausländischen Presse, die zu meiner Freude sehr zahlreich erschienen waren, gebeten, mich in dem Bestreben zu unter . stützen, überall in der Oeffentlichkeit und im Auslande die Wahrheit
verbreiten Meine beiden Referenten haben dann an der Hand der bis zum Jahresschluß eingegangenen Berichte folgende Tatsachen dargelegt.
; Bekanntlich sind wir schon durch den Krieg in außerordentlichem Maße gesundheitlich geschädigt worden. Allein durch die von unsern Feinden über Deutschland verhängte Hungerblockade sind nachweislich rund 8 0 000 Menschen, und zwar vorwiegend Frauen, alte Leute und Kinder, zugrunde gegangen. (Hört, bört) Weiterhin haben Hunderttausende unserer Volksgenossen durch die jahrelange Unter⸗ ernährung während des Krieges schwere gesundheitliche Echãdigungen erlitten, die wohl niemals mehr beseitigt werden können. (Hört, hörth
mähliche, wenn auch nur geringe Verbesserung unseres Gesundheits⸗ zustandes ein, wenn sich auch die Hoffnung, alle jene Schäden der Hungerblockade rasch überwinden zu können, nicht bestätigte. Seit Ende des Jahres 1921, insbesondere aber seit dem Sommer dieses Jahres, ist wieder eine deutliche Verschlechterung unseres Gesund⸗ heitszustandes zu erkennen, die uns zu ernstester Sorge Anlaß gibt.
In erster Linie ist es die durch die enorme Geldentwertung bewirkte Erschwerung der Ernährungslage, die unsere Volksgesund⸗ heit bedroht. Während wir im Kriege zwar Mangel an Nahrungs⸗ mitteln litten, wohl aber in der Lage waren, die aus dem neutralen Ausland hereingeschafften Nahrungsmittel zu bezahlen, herrscht bei uns jetzt das umgekehrte Verhältnis. Wir haben trotz unserer in mancher Beziehung ungünstigen Ernte im allgemeinen genügend Nahrungsmittel, könnten solche auch vom Auslande in jeder ge⸗ wünschten Menge an sich erhalten, sind aber infolge der außerordent lichen Geldentwertung nicht imstande, die erforderlichen Mengen an Nahrungsmitteln zu kaufen. (Hört, hört) Denn die Preise gerade
Brot und Kartoffeln, haben seit dem Sommer 1922 in immer zunehmender Steigerung eine derartige Höhe erreicht, daß nahlreiche Familien überhaupt nicht mehr in der Lage sind, sich die notwendige Mindestmenge dieser Nahrungsmittel zu beschaffen. Hierfür nur ein Beispiel:
. vierkõpfige Familie braucht täglich für die not wendige Ernährung mit Fett rund 250 Gramm, die heutzutage in
über die gesundheitliche Not unseres so schwer bedrückten Volkes zu
für diejenigen Nahrungoͤstoffe, die für eine normale Emãhrung unent · ö behrlich sind, also für Fett, Fleisch, Milch, Eier, Gemüse, ja sogar für
der euren Butter nur noch für wenige Menschen in Frage komm] Bei den heutigen Margarinepreisen aber bedeutet dies eine tãgliche Ausgabe von mindestens 900 4M oder eine jährliche Aufwendung von 330 000 4A allein für den notwendigen Fettbedarf einer solchen Familie. Aehnliche Zahlen würden sich für andere wichtige Nahrungg mittel errechnen lassen. Insgesamt müßte heute eine dierkõpfige Familie, bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern, für eine normale, d. h. gesundheitsgemäße Ernährung, jährlich eine Summe von mindestens einer Million Mark verausgaben : Daraus ergibt sich ohne weiteres, daß Familien mit drei, vier
oder mehr Kindern für eine ausreichende Ernährung jährlich bis zu
133 Millionen Mark bzw. erheblich mehr verausgaben müßten. Es
bedarf keines Beweises, daß nur wenige deutsche Familien zurzeit in
der Lage sind, solche Summen neben den hohen Kosten für alle
übrigen notwendigen Gegenstän de., des Lebens allein für ihre Er.
nãhrung auszugeben. (Sehr richtig! links. .
Ich bedauere außerordentlich, daß für gewisse Abgeordnete diese
Tatsachen anscheinend nicht interessant genug sind. ( Sehr gut! link⸗.· Widerspruch rechts.)
lie ist die Folge? Tausende von Menschen ernãhren sich un
zureichend oder stillen ihren Hunger nur mit minderwertigen
Nahrungsmitteln. (Sehr richtig! rechts) Was dies aber auf die
Dauer für die Volksgesundheit bedeutet, geht aus den neuesten Be⸗
richten der Regierungspräsidenten mit erschreckender Deutlichkeit
ervor. ; .
; Nach diesen Berichten führen schon heute zahlreiche Familien, namentlich der städtischen Bevölkerung, Kleingewerbetreibende Kapital⸗. und Sozialrentner, Handwerker, Beamte, kinderreiche Familien, Witwen, alleinstehende alte Leute usw. ein ausgesprochenes Hunger⸗ dasein! (Hört, hört) — Sehr richtig! — Zuruf links: Besonderz viele kleine Beamte) — Diese habe ich mit aufgeführt.
Aus verschiedenen Bezirken kommen Meldungen von Hunger⸗ todesfällen, aus einem Bezirk allein ein Bericht über 2 solcher Todesfälle. Gleichzeitig mehren sich die Meldungen von Selbst⸗ morden einzelner Leute, die aus Verzweiflung und Dunger vor genommen werden. (Sehr richtig) Sehr bemerkenswert ist die Tat sache, daß aus den verschiedenen Regierungsbezirken 361 Fälle von Skorbut mit fünf Todesfällen gemeldet werden. (G Hört, hörth Dieser Umstand erscheint deshalb besonders bedrohlich, weil Skorbut eine Erkrankung, die bekamtlich lediglich auf ungenügende benm. minder. wertige und einseitige Ernährung zurückzuführen ist — seit langer Zeit in den Kulturländern Europas nur noch äußerst selten beobachtet wird und selbst während der schlimmsten Hungerzeit des Weltkrieges nut gang vereinzelt in Deutschland aufgetreten ist. (Hört, hbörth Ueberall kann der aufmerksame Beobachter feststellen, wie bereits das drohende Gespenst des Hungers und der dadurch bedingten Unterer hrung in den breiten Massen unseres Volkes umhergeht. Von allen Seiten
Widerstandskraft usw. zurũckzuführen ist. So haben wir allen Anlch zu der Befürchtung, daß die furchtbaren Bilder der Unterernährung, der Abmagerung Hunderttausender unserer Volksgenossen, wie sie uns am Ende des Krieges so oft vor Augen standen, in einigen Monaten in verschlimmerter Form wiederkehren.
von Großstädten, erreichte geringe Verbesserung des durch den Krieg so schwer geschädigten Ernährungszustandes unserer Kinder schwindet bereits wieder dahin. Selbst die vor und während des Krieges der· hältnismäßig geringe Säuglingssterblichkeit — die wohl hauptschl ich deshalb in den Kriegsjahren nicht angestiegen war, weil infolge der
ungewöhnlich lange Zeit die Mutterbrust zu geben — ist seit den ö ö. bedeutend im Ansteigen. Der Grund hierfür dürfte in erster Linie darin zu suchen sein, daß zahlreiche Säuglinge, die keine Muttermilch mehr erhalten können, aus den oben , schilderten ¶ Gründen keine ausreichenden Ersatʒ mittel bekommen, infolgedessen gleichfalls der Unterernährung anheim⸗ fallen und rasch zugrunde gehen. Ganz besonders bedrohlich aber er⸗ scheint der Ernährungszustand unserer Kleinkinder und Schulkinder. Aus 24 von den 3h preußischen Regierung bezirken werden uns zahlen. mäßige, vorwiegend von Schulärzten stammende Beobachtungen iber die in den letzten Monaten festgestellte Unterernährung dieser Kinder berichtet. Naturgemäß schwanken die Ziffern je nach der Verschieden heit der Verhältnisse in den Städten und den in dieser Hinsich wesentlich bessergestellten Sandgemeinden beträchtlich. Immerhin muß aber mit allem Ernst betont werden, daß die Prozentsãtze der Unter ernährung unserer Schulkinder in einer ganzen Reihe von Stidten die Ziffer von 50 K erheblich überschreiten. Dabei ist weiter fest gestellt worden, daß auch die Skrofulose, Drüsenerkrankungen Rachitis usw. bei den unterernährten Kindern in verstärktem Maße auftreten. Weiterhin aber ist der äußerst ernste Umstand zu er⸗ wähnen, daß schon seit 1921 bis n 10 3 der schulpflichtig pe= wordenen 6 = jährigen Kinder infolge Blutarmut, Unterernährum und der dadurch bedingten Körperschwäche nicht in die Schule 4 genommen werden konnten und daß diese Ziffer nach einem er vor wenigen Tagen hier eingegangenen Bericht im Kölner Regie rungsbezirk hinsichtlich der in diesem Jahre zur Einschulung g kommenen Kinder stellenweise bis zu 17 38 und nach der můnd⸗ lichen Mitteilung eines bekannten Berliner Schularztes in ,. Schulen Berlins sogar bis zu 2 K angestiegen ist. Die wicht gte Ursache für die beobachtete Unterernährung zahlreicher Kinder dürfh in dem immer schlimmer werdenden Milchmangel, beziehung nei ; der Vertenerung det Milch, die jetz: 300 bis 350 Mark das ö
kostet, liegen. Hunderttausende unserer Kinder bekommen seit Nö. naten keinen Tropfen Milch mehr, da die Eltern nicht mehr in det Tage sind, die notwendigen Milchmengen überhaupt noch zu e, Die Folgen des völligen Ausfalles der Milchnahrung werden . müssen aber für zahlreiche Kinder geradezu vernichtend sein, da e im Kindesalter keinen Grsatz diefes für die Entwicklung des finn lichen Körpers unentbehrlichen Nahrungsmittels gibt. Besonders ö fahrhrohend wird dieser ernste Umstand noch dadurch, daß sich unte unseren Schulkindern eine große Menge findet, die schon ie. während des Krieges unter den Folgen der Hungerblockade an,
leiden hatten und die jetzt den vernichtenden Wirkungen der Un ö ernährung bereits um zweiten Male ausgesetzt sind. Wenn wir . denken, daß viele Tausende unserer Schulkinder, die während de
Jahre in ihrer köwerlichen Entwicklung, insbesondere im
Roble an die Entente binweisen. Der Herr Neichs kohlen kommissat
erster Linie mit Margarine gedeckt werden müssen, da die Beschaffung
wachstum. zurückgeblieben sind. so bedarf es keiner näheren
hören wir von einer Steigerung solcher Krankheit, die auf körperliche Erschöpfung, auf mangelhafte Ernährung, auf eine Verminderung det
lichkeit unmöglich. Die Folgen sind eine bedenkliche Zunahme viel
Besonders bedenklich erscheint im Rahmen dieser Feststellungen⸗ die gefundheitliche Zukunft unseres Nachwuchses,. Die durch die Quakerspeisungen und ähnliche Mittel, namentlich in einer Anzahl
Milchknappheit die meisten Mütter genötigt waren, ihren Kindern ein: auncharigen ben Cotnzen igsten eker zune Halt. bersen g
Krieges ungenügend ernährt wurden, nachweislich um zwei bis din
hrung darüber, wie furchtbar die Folgen einer erneuten Hunger blodade für die weitere Zukunft dieser Kinder sein müssen und wie sehr die Entwicklung der Kinder zu vollwertigen Menschen hierdurch beeinträchtigt werden wird. Nach den Berichten kommen die Kinder nielsach ohne ein warmes Frühstück genossen zu haben, mit zer⸗ rissenen Kleidern und Schuhen und verfroren zum Unterricht und sind denn meist kaum in der Lage, dem Unterricht mit der nötigen Auf⸗ nerksamkeit zu folgen. Unter diesen Umständen ist ez nicht zu ver⸗ zundern, daß auch die Schulversäumnisse der Kinder infolge von Blutarmut, Drüsenerkrankungen, Erkältungen verschiedenster Art usw. zunehmen und schon jetzt in manchen Schulen mehr als 20 3 der Gesamtziffer der Schulkinder betragen. So stehen wir vor der er⸗ schütternden Tatsache, daß die Gesamtheit unseres Nachwuchses, der ür den Wiederaufbau unseres Vaterlandes unsere stärkste Zukunfts⸗ en n bildet, ö., 4 hoffnungslos zerrũttet wird. . Tuberkulo e e während des Krieges gleichfalls infolge der hungerblockade bei uns betrãchtlich zugenommen, und zwar ö daß die Ziffer von rund 56 000 Todesfällen, die wir an Tuberkulose in den lezten Jabren vor dem Kriehe zu verzeichnen hatten, bis zum Jahre l⸗ls auf rund 7 Oe Todesfälle, d. h. fast auf das Doppelte der Vor⸗ kriegtzeit angestiegen war. Die bald einsetzende beffere Ernährung mach dem Kriege hatte anch eine deutliche Abnahme der Sterbefãlle n Tuberkulose zur Folge, so daß wir hoffen konnten, es würde uns illmãhlich gelingen, diese furchtbare Volkskrankheit, die wir vor dem Kriege mit gutem Erfolge bekämpft hatten, wieder zurũckzudrãngen. deider geht aus den neuesten Berichten hewor, daß die Tuberkulose lit diesem Jahre wieder im Ansteigen begriffen ist. Nahezu aus allen Regierungebenirken werden uns Ziffern über die Tuberkulose⸗ sterblichkeit gemeldet, die beweisen, daß fast durchweg die Zahl der Todesfälle allein bis zum 1. Oktober 1922, d. h. in den ersten drei Vierteljahren dieses Jahres, höher ist als die Gesamtziffer der Todes. fälle an Tuberkulose im Jahre 19221. Die Ursache dieser Erhöhung der Tuberkulosesterblichkeit ist zweifelloz in erster Linie in der Ver⸗ sͤlechterung der Ernährung, dann aber auch namentlich in der steihenden Wohnungsnot mit ihren üblen Wirkungen — enges Zu⸗· sammengedrängtsein vieler Menschen in unzulänglichen Wohnräumen, Mangel an genügender Lüftung der Räume, Verstärkung der Infek⸗ tionsmõglichkeiten usw. — zu suchen.
Eine schwere Notlage wird noch verursacht durch die zunehmende Verteuerung und den Mangel an Wäsche, durch die gleichfalls infolge des Kohlenmangels verringerten Bademöglichkeiten, durch die steigende Verteuerung der Seife und dergleichen mehr. Unter dem Mangel an NWäsche haben auch wieder unsere Kinder besonders zu leiden. Zahl⸗ teiche Kinder haben überhaupt kein Hemd mehr und erscheinen bei den schulärztlichen Untersuchungen ohne jede Unterwäsche. (Hört, hört) Oder sie besitzen nur ein Hemd, das dann monatelang nicht hewaschen werden kann! Nicht selten kommt es vor, daß Sãuglinge nangels der nötigen Wäsche in Zeitungspapier eingewickelt dem Für sorgearzt vorgestellt werden. (Hört, hört! und Zurufe.)
Dieser Notstand macht weiter Tausenden von Volksgenossen eine heordnete Körperpflege und die Beobachtung der notwendigsten Rein⸗
facher Hautkrankheiten, insbesondere aber der das Volksganze be⸗ drohenden Seuchengefahr. Sollten heute etwa über unsere östlichen Grenzen Fälle von Cholera, Pest, Pocken, Fleckfieber usw. — die auch rährend des Friedens von Zeit zu Zeit bei uns eingeschleypt wurben, cber bei dem guten Stand der Seuchenbekämpfung meist rasch unter⸗ drückt werden konnten — in unser Land eindringen, so würden diese gemeingefährlichen Volksseuchen in dem geschwächten deutschen Volks löwer einen nur zu günstigen Nährboden finden. Sehr wahr h
In besonderem Maße wird die Vollsgesundheit neuerdings auch durch die zunehmende Not unserer Aerzte bedroht. Tatsächlich sind nahlreiche Aerzte heutzutage kaum noch in der Lage, für sich und ihre
Ursache für diesen Notstand liegt in der Hauptsache darin, daß Tausende unserer Bevölkerung heutzutage die selbstverständ. lh auch beträchtlich gestiegenen Kosten einer Heilbehandlung schuen und deshalb den Arzt entweder überhaupt nicht oder nur noch selten in den allerdringendsten Notfällen aufsuchen. Daß dies natur⸗ gemäß für die Volksgesundheit sehr üble Folgen mit sich bringen muß, bedarf keines weiteren Beweises. Leider ist es äußerst schwierig, dieser llerztenot und ihren weiteren Folgen für die Allgemeinheit wirksam lu begegnen. Denn wenn wir selbstverständlich auch fortwährend be—⸗ müht sind, die ärztliche Gebührenordnung entsprechend der zunehmenden deldentwertung zu erhöhen, so ist es doch leider nicht möglich, diese Cthöhung in demselben Maße zu steigern wie die Gelden wertung prtschreitet, da naturgemäß die unbeschränkte Erhöhung der ärztlichen Gebührenordnung die Kranken in noch größerem Umfange von der Manspruchnahme ärztlicher Hilfe abschrecken würde.
Weiterhin wird durch die wirtschaftliche Not auch die für unser Volkzwohl so bedeutungsvolle medizinische Wissenschaft in verhängnis⸗ bollster Weise gehemmt und geschädigt. (Sehr wahrh Fast noch frößer als die Not der Aerzte erscheint aber neuenbings die nirtschaftliche Not unserer Kranke nanstalten. Die fortwährende hreicsteigerung für Lebengmittel, Verband stofft;, Arznei. nittel, die Steigerung der Löhne und Gehälter bes Kranken⸗ sflege · und Wärterpersonals, die Kohlenteuerung und Kohlen- stuer haben in den letzten Jahren den Betrieß der Kranken= mnstalten in einer Weise verteuert, daß heute zahlreiche Krankenhäuser hielt vor dem Zusammenbruch stehen. (Zurufe: Leidery Am sölimmsten steht es mit den Karitativen Anstalten, Krüppel, Alterz—. nd Erholungsheimen, die lediglich auf eigenes Vermögen oder auf die Zuvendungen milder Stiftungen angewiesen sind und daher zum Teil ko dem völligen Ruin stehen. So sind bereits etwa ein Sechstel der Jäuglingsheime und fast die Hälfte der Krippen geschlossen worden. dort Hörth Aber auch die großen kommunalen Krankenanstalten linpfen zum Teil einen fast aussichtslosen Kampf um ihre Existenz, da nur wenige Gemeinden bei ihrer trostlosen Finanzlage noch länger mstande sein werden, den enorm verteuerten Betrieb der Kranken⸗ hẽuser durch immer weitere Zuschüsse aufrechtzuerhalten. Leider ist es iber unmöglich, durch ständige Erhöhung der Pflegegelder einen Aus— leich der Betriebskosten herbeizuführen, da dies nur die Folge haben würde, daß noch mehr Personen als schon bisher dus Scheu vor den hohen Kosten die Krankenanstalten meiden. (Sehr richtig) Denn sletesätze von 0 Mark täglich (Jurufe: Das wäre heute sehr niedrig) allein schon für die dritte Klaffe der Anstalten können heute mur noch wenige Leute aus eigenen Mitteln bezahlen. Die Kranken ⸗ asen aber sind gleichfalls zum Teil am Ende ihrer Kraft und kaum 1 fähig, die nach Millionen zählenden Kosten der Krankenhaus handlung zu erschwingen. Seit längerer Zeit stehe ich mit den zu-
und anderes ein, daß neben den vielfachen sonstigen schweren Schädi.
Milliarde Mark fũr geworfen und auch Doch ist es bei stalten bisher nur
der
großen Zahl der
bevorstehenden Reichshaushalt eingestellt werden.
scheint mir aber zum mindesten zweifelhaft.
Meine Damen und Herren, dorstehend in großen Zügen dargelegt habe, Wochen noch andauernd ergänzt durch Berichte hörden sowie durch Mitteilungen aus ärztlichen und sonstigen Kreisen, mit denen ich und meine Mitarbeiter mich in stãndiger Verbindung halten, um einen ständigen Ueberblick über die Verhältnisse zu be⸗ halten. Sobald uns alles Material vorliegt, wird es in meinem Ministerium mit größter Beschleunigung noch einmal hinsichtlich seiner statistischen Unterlagen gründlich durchgeprüft und zusammen⸗ gestellt werden. Ich werde es dann baldmöglichst der Oeffentlichkeit übergeben, um einmal ein klares Bild darüber entstehen zu lassen, wie wir durch den furchtbaren wirtschaftlichen Druck des Vesailler Friedengvertrages auch gesundheitlich geschädigt werden. Dieses Material, das glaube ich heute schon fagen zu können, wird einmal eine furchtbare Anklage gegenüber denjenigen üblen Elementen, die sich auch heute noch durch Wucher an der Not unseres Volkes be⸗ reichern (sehr richtig), dann aber auch eine besonders ernste Mahnung für diejenigen Staatsmänner sein, die heute bas Geschick Guropas be⸗ stimmen, und es wird der ganzen Kulturwelt vielleicht einmal die Augen darüber öffnen, welches große Unrecht mit dem Versailler Friedensvertrag auch in gesundheitlicher Beziehung an dem deutschen Kulturvolke und insbesondere an der künftigen Generation unseres Volkes begangen wird. (Sehr richtigh
Meine Damen und Herren! Ich kann meine Ausführungen über die ernste Lage unserer Volksgesundheit aber nicht schließen, ohne noch mit einigen Worten auf die gleichfalls für unsere Volksgesund⸗ heit zu fürchtenden Folgen des Einmarsches französischer und belgischer Truppen in das Ruhrgebiet einzugehen, der vor nunmehr zwölf Tagen unter schnödem Bruch des Versailler Friedensvertrages und des Völkerrechts erfolgt ist. Dieser rechtswidrige Einbruch in das von einer auf engstem Raume zusammenwohnenden friedlichen Bevölke⸗ rung von mindestens drei bis vier Millionen Menschen bewohnte Gebiet greift naturgemäß so sehr in die Lebensbedingungen der Be— völkerung dieses Gebietes, in seine Ernährungslage, in die Wohnungs— verhältnisse, in die Fragen des Seuchenschutzes, der Wohlfahrtspflege
gungen der Interessen dieser Bevölkerung auch eine schwere Schädi⸗ gung ihrer Volksgesundheit mit Sicherheit emwwartet werden muß. (Sehr wahr!) Ich habe deshalb schon vor einigen Tagen einen meiner Referenten in das Ruhrgebiet entsandt, um sich dort im Eiwwer⸗ nehmen mit den zuständigen deutschen Behörden auf das gemaueste über alle die möglichen Rückwirkungen des militärischen Einbruchs in das Ruhrgebiet für un sere Volksgesundheit zu unterrichten. Mein Referent wird hierbei zu einer Reihe gang bestimmter Einzelfragen Stellung nehmen und schon jetzt alles Erforderliche mit den zustãndigen Behörden beraten. Nach Rückkehr meines Referenten soll sofort eine vor mir schon anberaumte Besprechung mit den beteiligten Ministerien und Referenten im Wohlfahrtsministerium stattfinden, damit wir uns vechtzeitig darüber schlüssig machen können, ob und inwieweit wir den neuen Gefahren einer Bedrohung unserer Volksgesundheit im Ruhrgebiet entgegenwirken können.
Meine Damen und Herren, wenn wir die von dem Reichs. ministerium des Innern herausgegebene Denkschrift über die in den letzten Jahren von den Truppen der Besatzungsmächte im besetzten Gebiet begangenen Untaten, Mißhandlungen und Tötungen einzelner Personen, Vergewaltigungen schutzloser Frauen usw. durchlesen, so wird jeder von uns im tiefsten Innern erschüttert sein und nur mit schwerster Sorge der Wiederholung solcher Untaten im Ruhrgebiet entgegensehen, wie wir sie auch auf Grund der verschiedenen Vorfälle der letzten Tage mit großer Wahrscheinlichkeit für die dortige Be⸗ völkerung befürchten müssen. Insbesondere sind es die in dem be—⸗ setzten Gebiet vorgekommenen zahlreichen Vergewaltigungen nicht nur weiblicher, sondern auch jugendlicher männlicher Personen chört, hörth durch Angehörige namentlich der fran zösischen Besatzungstruppen, und insbesondere die durch ähnliche Vorfälle herbeigeführte Verbreitung der Geschlechtskrankheiten, die uns mit größter Sorge erfüllen und die uns die Pflicht auferlegen, mit unseren leider so schwachen Kräften alles zur Verhütung solchen Unglücks und zur Linderung der Leiden unserer so schwer heimgesuchten Bevölkerung zu tun was wir irgend tun können.
Meine Damen und Herren, die Bevölkerung unseres Ruhrgebiets, insbesondere die geschlossene Front unserer Arbeitgeber und Arbeit- nehmer (Bravo) gibt uns durch ihre vorbildliche Abwehr unwürdiger Zumutungen der feindlichen Besatzung ein glänzendes und heroisches Beispiel dafür, wie wir alle uns jetzt zu verhalten haben (Bravoh, um all das Furchtbare, das uns vielleicht die nächsten Monate noch bringen werden, als ein einheitlich geschlossenes Volk zu überwinden! (Lebhafter Beifall) Und deshalb wollen wir trotz unserer furchtbaren Lage nicht jammern und klagen, sondern in unerschütterlicher Einigkeit unter Zusammenfassung aller Volkskräfte daran arbeiten, den unserem Volke drohenden Untergang zu verhüten. (Brabo! — Zuruf bei den Kommunisten) Was an mir, dem derzeitigen Chef der Preußischen Medizinalverwaltung, liegt, um der schweren Bedrohung unserer Volksgesundheit zu begegnen, soll geschehen. (Zuruf bei den Kom- munisten.) — Daß Sie auch bei dieser ernsten Stunde Ihr Mröüch⸗ lein hersagen müssen, Herr Scholem, darauf brauchen Sie sich wirklich nichts einzubilden. (Zurufe bei den Kommunisten. Doch kann ich selbstverständlich auf diesem Gebiete nur Erfolge erzielen, wenn ich nach jeder Richtung hin auch bei ihnen Unterstützung finde. Und deshalb bitte ich Sie, mir für alle Maßnahmen, die wir vielleicht in nächster Zeit zu treffen haben, Ihre volle Unterstützung zu ge⸗ währen, inabesondere aber auch draußen im Lande die Ihnen von mir mitgeteilten Tatsachen bekanntzugeben und darauf hinzuwirken, daß jetzt und in allernächster Zeit jeder seine Pflicht tue, um unserem Volke das Maß von Gesundheit zu erhalten, ohne das ein Wieder aufbau unseres Vaterlandes nicht möglich sein wird CGebhafter Beifall.
hat cen preuhiscen m hreichosse len in Wer henbhhngen barskber, wir
der Notlage der Krankenanstalten abgeholfen werden kam. Bereits vor einigen Monaten hat das Reich einen Betrag von einer Kwnkenhãuser und Wohlfahrtsanstalten aus⸗ mit meiner Vermittelung verteilt. ge leidenden ¶ An · bis zum geringen Teil möglich gewesen, mit diesem Be⸗ trag wirklich Abhilfe zu leisten. Wie mir mitgeteilt wird, soll eine weitere Summe von zwei Milliarden Mark für diesen Zweck in den
vorste n * Ob es möglich sein wird, hiermit auszukommen, läßt sich zurzeit nicht übersehen, es
das gesamte Material, das ich Ihnen wird in den letzten der nachgeodneten Be.
ist 6 der Selbsterhaltung.
23. Sitzung vom 24. Januar 193, Mittags 2 Uhr. Bericht des Nachrichtenbũros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)
Das Haus setzt die zweite Lesung des Gesetzent⸗ wurfs, 2 den Verkehr mit Grund⸗ st ü cken, fort.
Abg. Dr. Hoff mann⸗ Münster (D. Nat.): Ueber die Ueber⸗ fremdung des deutschen Grundbesitzes ist ja hier schon sehr grund lich geredet worden. Es hat dabei an unhaltbaren und unbegrün⸗ deien Angriffen der Linken auf den dentschen Landbesttz nicht. ge fehlt, man hat ihn als pro ziert und 9 bezeichnet, und auch gestern wieder hat Herr Pteyer⸗Solingen den e. der Spekulation erhoben. Der wahre Grund für diese Erscheinung ist, daß der Sausbesitzer verkaufen muß, weil er sich in einer Zwangs 2 befindet, weil er nicht, wie der Mieter, sich eines hesonderen
esetzlichen Schutzes erfreut. Das nationale Mäntelchen, das die Regierung jetzt dem Entwurf, den sie wieder hervorgeholt hat, umhängte, ist doch gar zu fadenscheinig. Weit weniger der Aus⸗ länder wird mit dem Gesetz getroffen, als der reelle deutsche Haus⸗ besitzer. Der Hausbesitz ist total unrentabel geworden. Mit der ebersremdung hat der Entwurf gar nichts zu tun, ja, er hat offenbar auch gar nicht einmal die Absicht, sie zu verhindern. Das , ,, g, das für diesen Zweck erging, ist ja noch heute in Kraft, un , kann unzweifelhaft ausländischen Gesellschaften der Ankauf untersagt werden. Anders fleht es allerdings mit den a Personen, die nicht ohne weiteres mit solchen Er— werungen belegt werden können. Sollte nicht zu erwägen sein, ob die Reichsre ierung nicht gerade den jetzigen Moment benutzen müßte, um die bezüglichen Vorrechte aus dein Versailler Vertrage den Franzosen und den Belgiern zu entziehen? Den Kampf gegen das deutsche Volk wollen wir nicht auf deutschem Grund unh Boden ausgefochten 253 Den Kommerzienrat Haberland hat Herr Mayer⸗Solingen heftig angegriffen, seine Aeußerungen aber aus dem ö gerissen und entstellt; wie ich hier aus drücklich konstatiere, hat er nicht die wirtschaftlichen Interessen des einzelnen über das Nationalgefühl gestellt, fondern von über— . Interessen des Staatsganzen gesprochen. Bas Vor⸗ kau zrecht der Gemeinden wäre schließlich doch nur ein bequemer Weg, die Sozialisierung des Hausbesitzes in Gang zu bringen Auch die Ent cheidung über die Genehmigung darf nicht einseitig den Landräten überlassen werden, die, wie die jüngsten Landrats ernennungen des Ministers Severing beweisen, ganz genau wissen würden, wie sie das Gesetz auszulegen hätten; es ist unbedingt ge⸗ boten, die vom Ausschuß vorgeschlagene Kommission dabei be⸗ stimmend mitwirken zu . Man sprach gestern von Kor⸗ ruption, vom Schiebertum auf dem Grundstücksmarkt. Wie würde sich diese Erscheinung erst auswachsen, wenn auch noch das famose . der Gemeinde bestände! Mit Recht hat der Au . auch die Auflage, mit der eventuell die Genehmigung helafte werden soll, beseitigt, denn sie würde weit mehr den deutschen ' ,. als den Ausländer schädigen. Die allerschlimmsten Hiftzähne sind ja damit dem Entwurf ausgebrochen werden; wir können aber auch dem so abgeschwächten Entwurf nur zustimmen, wenn noch weitere Steine des Anstoßes daraus entfernt worden, und wir haben dahingehende Anträge gestellt. Vor allem muß die Verhütung der Ueberfremdung in das Gesetz hinein; ohne das müßten wir es im ganzen verwerfen. Jede Ueberhastung aber ist bei ejner Vorlage von solcher Tragweite zu vermeiden. Das Gesetz ist ein Ausnahmegesetz, denn es richtet fich gegen einen einzelnen tand, und das in einem Augenblick, wo es gilt, eine wirkliche Einheitsfront den Ausländern gegenüber herzuftellen.
Abg. v. Ey nern (D. V . weist auf die Gefahr der Ueber⸗ fremdung des deutschen Grund itzes hin. Dagegen sich zu wehren, Wir bekämpfen die k von deutschem Grund und Boden. Wenn es bei Beratung dieses Gesetzes dazu gekommen ist, daß man schwere Kränkungen einem ehrsamen und volkswirtschaftli notwendigen Stande, wie dem Stande der Haus- und Grundbesitzer zugefügt hat, wenn man den Widerstand gegen dieses Gesetz aus Hausbesitzerkreisen als eine Begünstigung bon Schiebern und Grundstückswuche rern bezeichnet hat, so legen wir dagegen Verwahrung ein. In der Form der Ausschußbeschlüsse wird der Entwurf mit den darin gegebenen Kautelen Gutes wirken können. In den Ausführungsanwei sungen muß man Bedacht nehmen, daß der wirklich notleidende Hausbesi geschont wird, damit er nicht gezwungen ist, seine Grundstücke loh. den Markt zu werfen. Mit Sozialisierungsabsichten ist weder dem Hausbesitz noch der großen Masse der Wohnungslosen gedient. Wir ten alle Abänderungsanträge gegen die Ausschußbeschlüsse ablehnen.
Abg. Katz (Komm; erklärt sich gegen das Gesetz und bekämpft die Ausführungen der bürgerlichen Parteien. Der Ausschuß habe gerade die Vorzüge, das Vorkaufsrecht der Gemeinden und die Er—⸗ mächtigung, mit der n g ,, bestimmte Auflagen zu ver⸗ binden, zu Fall gebracht. Wir richken unseren Kampf gleichmäßig
egen ausländische und . Schieber. Freilich, wo das rofitinteresse bedroht ist, geht der Patriotismus zum Teufel.
Nur die . Einheitsfront kann uns helfen. Auch das
r ö. Unglück bei Mosse kommt auf das Konto kapitalistischen ystems.
Abg. Dr. Höpker⸗Aschoff (Dem): Die Bodenreformer haben ein Vorkaufsrecht der Gemeinde nur für unbebaute Grund . gefordert; das 9 ein gewaltiger Unterschied gegenüber dem zorkaufsrecht dieser Vorlage. Unsere Bedenlen gegen die Ge⸗ nehmigung entspringen nicht daraus, daß wir den Grundstäcks—= handel unterstützen wollen, sondern weil die Lage des Grundbesitzes immer schwijeriger geworden ist. Es muß daf gesorgt werden, daß der Besitzer sein Haus loswerden kann. Darum wir einen Zusatz, daß bei Versagung der Genehmigun äußerer binnen drei Wochen nach Zustellung des . ungs⸗ bescheides von der Gemeinde die Uebernahme des Grundstücks ver⸗ langen kann. Wir werden trotz mancher Bedenken für die Vorlage in der Ausschußfassung stimmen. Abg. Bergmann sentr.): Der Proteststurm der Inter⸗ . hat dazu geführt, daß das Gesetz sehr verschlechtert ist. Das ißtrauen gegenüber den staatlichen und kommunalen Behörden 9 eig zu der , . trüben Lage unseres Vaterlandes. atürlich beschränkt dieses Gesetz wie jedes die private Freiheit; aber es heißt in der Reichsverfassung, daß Eigentum verpflichtet. Ich spyeche nur für einen Teil der Fraktion. Grund und Boden soll keine mobile r, sein, es handelt sich um das wichtigste nationale Gut, das gegen Verschleuderung, Schieber und Sperkn⸗ lantentum geschützt werden muß. * der a nnn gleicht das Gesetz einem Körper, dem die Beine abgeschlagen sind. Die Haltung der Volkspartei ist um so er r, als Herr v. Eynern seinerzeit den Antrag gestellt hatte auf Einfü rung der unbedingten Genehmigung und des Vorkaufsrechts der Gemeinde. Den Antrag der Deinokraten betr. Ankaufspflicht lehnen wir aß
Beifall.
Abg. , Wirtschaftsp.): Dieses Gesetz, das ursprünglich die Ausländer treffen sollte, richtet sich hauptfächlich gegen Inländer. Es ist tatsächlich eine verkappte Sozialisierung des Hausbesitzes Die Notlage des Hausbesitzes ist nicht allein durch die Wirtschaftslage vers uldet, sondern auch durch die ver⸗ lehrte Wohnungspolitik der Behörden, die die Verärgerung zwischen Vermietern und Mietern sortdauernd steigert.
Minister für Volkswohlfahrt Hirt sie fer: Meine sehr ver⸗ ehrten Damen nnd Herren! Der Herr Abg. Katz hat — darauf mchte ich zunächst eingehen — das Unglück, daß hier bei dem Aufbau der Firma Mosse geschehen ist, wieder einmal mit dem Kapitcismus in Verbindung zu bringen gesucht. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Dagegen muß ich ganz entschieden Verwahrung einlegen. Das hat mit dem Kapitalismus wirklich nicht das geringste zu tun, jedenfalls
eantragen der Ver⸗
Mi Haonebne ber m Sxentdru Reden .