nach der Zuständigkeit der Amtsgerichte. Das Gesetz, in dem die Ent⸗ lastung des Reichsgerichts geregelt wird, wird gleichzeitig die Zu—Q ständigkeit der Amtsgerichte wesentlich erhöhen und damit tiefgreifende Schäden, die die Geldentwertung verursacht hat, beheben. Ich be⸗ grüße es, daß vor wenigen Tagen das Gesetz über den Ersatz der Kosten des Armenrechts durch das hohe Hars angenommen worden ist. Dieses Gesetz ist heute im Reichsgesetzblatt publiziert worden und wird übermorgen, am 15. Februar, gleichzeitig mit der neuen Gerichts gebührenordnung in Kraft treten. Bei alledem werden wir uns nicht beruhigen. Wir werden dauernd jedes Mittel, das uns als wirksam erscheint, ergreifen, um den Stand der Rechtsanwälte vor dem Untergange zu bewahren, um den es sich — ich muß das leider kö ö tatsächlich handelt. (Lebhafter Beifall.)
Meine derren, ich habe bis jetzt von den Gesetzen gesproche Aber ich möchte doch bemerken, daß gewisse e,, . deutsche Regierung auffordern, möglichst wenig Gesetze zu erlassen einen gewissen Eindruck auf mich gemacht haben. Obgleich ich Justiz⸗ . bin, bin ich kein Freund von allzu reichlicher Gesetzesmacherei. Beifall rechts, im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.)
Namentlich bin ich der Ansicht, daß die Anforderungen der Zeit noch sehr viel mehr durch Rechtsprechung und Wissenschaft befriedigt werden können als bisher. (Sehr richtig) Die Rechtsprechung muß sich mehr und mehr daran gewöhnen, das, was an Möglichkeiten in den Gesetzen liegt, auszuwerten, die Gesetze dem Geiste der Zeit anzupassen, nicht immer nach neuen Gesetzen zu rufen, sondern kat— lachlich die Gesetze so anzuwenden, daß den veränderten Verhältnissen Rechnung getragen wird. (Erneute Zustimmung.) Denn das Recht entwickelt sich letzten Endes hinter den Gesetzesparagraphen, und wenn die Dinge sich ändern, die Rechtsüberzeugungen sich ändern so erfüllen sich von innen heraus die Gesetzesparagraphen mit einem neuen Geist, und diesen neuen Geist rechtzeitig zu erkennen, das ist ene wesentliche Aufgabe der Rechtsprechung. (Wiederholte Zustimmung / Ich möchte hier ganz kurz gewisse Fragen unter diesem Gesichts⸗ punkte erörtern.
. Meine Herren, es ist auf die Beschleunigung der Zivilprozesse bingewiesen worden. Ich bin überzeugt, daß sich eine wesentliche Beschleunigung der Zivilprozesse auch mit der jetzigen Zivilprozeß⸗ ordnung erzielen läßt (lebhafte Zustimmung), wenn der Richter von vornherein das Wesentliche richtig erfaßt und alles Ueberflüssige ver— meidet. Es ist nicht nötig, daß die Urteile erster Instanzen sich zu wissen schaftlichen Abhandlungen erweitern. (Sehr richtig) Die Urteile der ersten Instanzen sind dazu da, um den Rechtsstoff tat⸗ sächlich knapp darzustellen und die jnristischen Entscheidungslinien anzugeben. (Sehr wahr h
In den bisherigen Erörterungen der Herren Vorredner ist auf die Geldentwertung hingewiesen worden. Diese Geldentwertung macht unserem Recht außerordentlich viel zu schaffen. Fortwährend haben unsere Gesetze mit der Geldentwertung zu tun. Sie wissen ja selbst, meine Herren, wie wir fast jede Woche mit Gesetzen be⸗ schäftigt werden, die auf der Geldentwertung beruhen. Ez ist von einem der Herren Vorredner geäußert worden, man möge der Geld⸗ entwertung nun auch legislatorisch begegnen, indem man hinsichtlich der langen Dauer der Prozesse darauf Rücksicht nimmt, daß ein Schuldner, der nicht rechtzeitig geleistet hat, dem Gläubiger nicht nur den Verzugsschaden von 4 W, sondern auch einen sehr viel größeren übr. gen Schaden zufügt. Ich bin überzeugt, daß in dieser Beziehung die Rechtsprechung selbst außerordentlich viel tun kann. (Sehr wahrh Das Bürgerliche Gesetzbuch schreibt doch vor, daß neben den 4 pro⸗ zentigen Zinsen, die beim Verzug zu zahlen sind, auch ein anderweiter Schade, der durch den Verzug hervorgerufen worden ist, zu vergüten ist. Ich möchte also den Rechtsanwälten, die die Klage einleiten, und den Gerichten, die darauf zu entscheiden haben, doch zu bedenken geben, ob nicht aus dem § 288 des Bürgerlichen ·Gesetzbuches sehr viel mehr als bisher gemacht werden kann, ob nicht beim Urteil selbst gleich der Umstand berücksichtigt werden kann, daß der Schuldner ein halbes Jahr in Verzug gewesen ist und dadurch dem Gläubiger einen ganz erheblichen Schaden zugefügt hat. In einem Urteil des 17. Senats des Kammergerichts ist dieser Gesichtspunkt bereits hervorgehoben worden. Das Kammergericht ist hierbei den Weg gegangen, den ich für durchaus gesund halte. (Sehr richtig) Ich möchte nur wünschen, daß die Rechtsprechung diesen Weg weiter geht; dadurch würde eine neue Gesetzgebung vermieden und den tatsächlichen Verhältnissen auf dem gesündesten Wege, dem der Rechtsprechung, begegnet werden. Die Gerichte könnten auch — und dadurch würde beispielsweise die Not der Anwälte gemildert werden — auf den Wert der Streitgegenstände ganz besonders achten. Die Zivilprozeß⸗ ordnung schreibt vor, daß der Wert der Streitgegenstände nach dem Ermessen des Gerichts festzusetzen ist. Wenn die Gerichte hier der sinkenden Mark und dem steigenden Wert der Sachen Rechnung tragen, wird der Wert der Streitgegenstände erhöht, und es könnte dadurch mancher Schaden, der der Anwalischaft durch die gesunkene Valuta zugefügt wird, ausgebessert werden.
. Auch andere Fragen, für die die Gesetzgebung empfohlen worden ist, lassen sich meines Erachtens bis mu einem gewissen Grade durch Rechtsprechung und durch Auslegung der Gesetze lösen.
Eine Frage, die die Oeffentlichkeit besonders bewegt, ist die der Möündelsicherheit. Ich bin der eberzeugung, daß der 5 1811 des Bürgerlichen Gesetzhuches zu einer Hilfe führen kann, die bisher vielleicht noch nicht genügend angewandt worden ist. 5 1811 des Bürgerlichen Gesetzbuches sagt:
Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Grũnden dem Vormund eine andere Anlegung als die in den S5 1807, 1808 vor⸗ geschriebene gestatten.
Ich bin überzeugt, daß diese Vorschrift des 5 1811 dahin ausgelegt werden kann, daß auch bei einer Geldentwertung, wie sie jetzt ein⸗ getreten ist eine andere Anlegung der Mündelgelder möglich wird. Die Gerichte haben, wie ich weiß, von dieser Befugnis keinen oder wenig Gebrauch gemacht. Die Praxis ist in dieser Beziehung restringierend. Ich lasse dahingestellt, ob das richtig ist; ich würde vielleicht dahin neigen, sie erweiternd auszulegen. Wir haben uns aber bei der Praxis der Gerichte entschlossen, in diesem Falle gesetz⸗ geberisch einzugreifen und nach der Richtung eine Gesetzesvorlage zu erwägen. (Bravo)
Ebenso wie in diesem Falle hätte die Rechtsprechung auch in einer anderen hier berührten Frage eingreifen können, in der Frage der Verteilung der Kinder bei der Chescheidung. Das Bürgerliche Gesetzbuch gibt gewisse Regeln an, wie bei der Scheidung der Che die Kinder zu verteiln sind. Es läßt aber dem Richter die Freiheit, im Interesse des Kindes von der normalen Regelung abzugehen. Ich kann nur wünschen, daß die Vormundschaftsrichter von dieser Be⸗
—— * 5 . ö X d 9
jederzeit den individuellen Fällen durch individuelle Maßnahme Rechnung tragen
Gewisse Fragen, die bezüglich des bürgerlichen Rechts berühr nicht beheben lassen, vor allem die Frage der Ehescheidung. zu dieser Frage hervorgehoben.
Wesen der Dinge begründet sind. diesem Wege vielleicht erzielen.
Erleichterungen lassen sich au
jetzt alles aufbieten müssen, um das Volk zusammenzufassen.
neute Zurufe links.)
solle, daß entfemte Verwandtschaftsgrade ab intestato erben.
derartig hoch, daß für entfernte Verwandte nicht allzuviel abfällt.
Ich habe davon gesprochen, daß die Rechtsprechung den ver— änderten wirtschaftlichen Verhältnissen folgen möge. Da bedaure ich es, daß ich als Reichsjustizminister verhältnismäßig wenig Einfluß auf diese Dinge habe. Der Justizverwaltung steht ja überhaupt kein unmittelbarer Einfluß auf die Rechtsprechung zu, es sei denn auf die Staatsrechtsprechung, auf die Staatsanwaltschaft. Aber der Reichs- justizminister hat noch geringeren Einfluß auf den Gang der Dinge, weil er nicht die Besetzung der Gerichte in der Hand hat, die ja den einzelnen Justizverwaltungen zusteht. Durch die Besetzung der Ge⸗ richte, dadurch, daß man hervorragend befähigte Richter ohne Rücksicht auf politische Stellung und politische Tendenzen in die maßgebenden Stellen setzt, läßt sich viel erreichen. Das, was der Reichsjustiz⸗ minister im wesentlichen tun kann, ist nur, durch die Oeffentlichkeit auf die Rechtsprechung einzuwirken, durch die Oeffentlichkeit hier in diesem hohen Hause und in der Presse, namentlich in der wissenschaft⸗ lichen Presse. Da bin ich den Anregungen, die aus diesem hohen Hause namentlich von dem Herrn Abgeordneten Dr. Kahl ergangen sind, außerordentlich dankbar, und ich wünsche, daß das Haus Interesse gewinnen möge für die juristische Presse, die wir in Deutschland haben und die wir dringend brauchen, um das, was in diesem hohen Hause gesprochen wird, den Gerichten, vorzuführen. Wir brauchen die juristische Presse aber auch dringend dem Auslande gegenüber, um den Kampf des Rechtes zu führen, um die Vergewaltigungen, denen wir in Deutschland ausgesetzt sind, mit den Mitteln zu begegnen, die wir jetzt in allererster Linie zur Verfügung haben, nämlich mit den Mitteln des Rechts. Helfen Sie uns, mit diesem Mittel unser gutes Recht in der Welt zu verteidigen und wiederzueroberm! Beifall rechts.)
300. Sitzung vom 14. Februar 1923. Nachtrag.
Die Ausführungen des Reichsministers Dr. Heinze im Verlaufe der Beratung des Ctats des Reichs justizministeriums über den Strafvollzug lauteten: Meine Herren! Es sind in der Debatte verschiedene Punkte zur Sprache gekommen, über die ich noch kurz Auskunft geben möchte. Es ist wiederholt der deutsche Strafvollzug als besonders reformbedürftig hingestellt worden. Reformbedürftig sind natürlich alle Dinge auf dieser Welt, aber daß dieser Strafvollzug in Deutsch⸗ land nun hinter dem Strafvollzug in den anderen Staaten zurück⸗ stünde oder gar wesentlich zurückstünde, davon kann gar keine Rede sein. Innerhalb des deutschen Strafvollzugs besinden sich doch zum größten Teil Beamte, die es mit ihrer Aufgabe ganz außerordent⸗ lich ernst nehmen. Mir sind persönlich als Direktoren von Straf⸗ anstalten Männer bekannt geworden, die mit allergrößtem Eifer, mit der vollsten Hingabe ihrer Persönlichkeit an die schwere und verantwortungsvolle Aufgabe herangegangen sind. Ich kann auch darauf hinweifen. daß die deutschen Strafanstalten vom Auslande heute noch vielfach als Musteranstalten betrachtet und vom Aus⸗ lande studienhalber besucht werden. Außerdem weise ich jetzt auf die Vorgänge im Westen hin, wo deutsche Männer rechtswidrig von der Fremdherrschaft aufgegriffen und in die französischen und belgischen Gefängnisse gesteckt werden. Sie bitten dringend, daß sie die Haft in deutschen Gefängnissen verbringen dürften, weil der Unterschied zwischen den deutschen einerseits und den französischen und belgischen Gefängnissen andererseits allzu gewaltig ist. Im Vergleich zu den deutschen Gefängnissen sind die französischen und belgischen geradezu eine Hölle. Ein Strafvollzugsgesetz kann erst in Angriff genommen werden in Verbindung mit der neuen Strafgesetzgebung. Darauf ist ja gestern vollkommen richtig hingewiesen worden. Wir sind aber dabei, mit den Ländern eine Vereinbarung über den Strafvollzug zu treffen, die den modernen Anschauungen möglichst gerecht werden soll. Diese Vereinbarung steht dicht vor ihrem Abschluß, und da die Stellung der Aerzte in den Strafanstalten berührt worden ist, erlaube ich mir, hier den 11 dieser Vereinbarungen vorzutragen. Er lautet:
Für jede größere Strafanstalt soll ein Arzt im Hauptamt bestellt werden. Bei kleineren Anstalten ist, sofern nicht auch dort ein Arzt im Hauptamt bestellt ist, regelmäßige ärztliche Ver⸗ sorgung durch einen Vertrag mit einem Arzte sicherzustellen. Zu Anstaltsärzten sollen vorzugsweise Aerzte bestellt werden, die pfychiatrisch besonders ausgebildet sind.
Gegen diesen Paragraphen ist von keiner Seite Widerspruch erhoben worden. Ich glaube, er kommt Anregungen entgegen,
stimmmung einen möglichst weitgehenden Gehrauch machen, das heißt,
die von diesem Hause ausgegangen sind.
worden sind, werden sich allerdings durch die Rechtsprechung allein Ich habe bereits vor einiger Zeit und auch im Ausschuß meine Stellung u Ich verkenne nicht, daß Schwierig⸗ keiten auf dem Gebiete der Ehescheidung vorliegen, die nicht im
Aber die Frage der Ehescheidung berührt das Gewissen weiter Volkskreise, und da kann ich mit voller Bestimmtheit sagen, daß ich nicht die Absicht habe, über das Empfinden dieser Volkskreise hinwegzugehen, um so weniger, als wir Ich verkenne, wie gesagt, nicht die Schwierigkeiten, die vorliegen. Ich halte diese Frage aber nicht für so dringlich, daß sie in diesem Momente, wo sich gewisse Volkskreise ihr aus Gewissensgründen entgegensetzen, gelöst werden müßte. (Zuruf links: Wer sind denn die gewissen Volkskreise) Das wissen Sie genau so gut wie ich. (Er⸗
Auch das Erbrecht ist hier berührt worden. (Unruhe und wieder⸗ holte Zurufe links) — Ach, Herr Ledebour, ich bin jetzt beim Erb⸗ recht. (Abg. Ledebour: Sie haben sich vor der Chescheidung gedrückt ) — Ich habe mich von der Ehescheidung getrennt. (Heiterkeit rechts.)
Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob das Erbrecht nicht beschränkt werden könne, ob noch der Zustand aufrecht erhalten werden Die Frage kann natürlich bei einer Reform des Bürgerlichen Gesetzbuchs behandelt werden. Aber für dringlich halte ich auch sie nicht. Zu⸗ nächst ist es ein seltener Fall, daß Erbschaften an weite Verwandt⸗ schaftsgrade fallen. In der Regel wird in solchen Fällen testiert, und schließlich sind unsere Steuersätze, was die Erbschaftssteuer angeht,
.
*
rv
ͤ ) . 2 * n Ein anderer Punkt, der berührt worden ft. betriff ifft
§z 1811 des Bürgerlichen Gesetzbuches, auf den ich gestern ben t zu sprechen gekommen bin. Es handelt sich um die Anlegung äh. Mündelgeldern. Die §S§ 1807 und 1808 des Bürgerlichen an buches begrenzen die Anlegung der Mündelgelder in einer . die bei Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches angezeigt ersch ö Seitdem sind die Werte, in denen Mündelgelder angelegt wee, sollten, wie Staatspapiere und dergleichen, wertlos geworden es macht sich eine andere Anlegung der Mündelgelder drin 21
nötig. Ich habe gestern erklärt, daß meines Erachtens der 3 der den Gerichten die Möglichkeit gibt, die Mündelgelder in 1 sonderen Fällen auch anders anlegen zu lassen, eine Hilfe hätte en können, und ich habe weiter erklärt, daß die Gerichte zu nen e Bedauern den 5 1811 enger ausgelegt haben, als ich es tun . Aber das Reichsjustizministerium hat mit der Tatsache, einmal vorliegt, der engen Auslegung des § 1811 durch die 6 richte gerechnet und ist dabei, ein Gesetz auszuarbeiten, wonach . § 1811 in dem Sinne, wie es gewünscht worden ist ; werden soll.
Von besonderer Bedeutung ist die Frage der Amnaltschaft un sie hat auch heute wieder einen Platz innerhalb der Debatte ei genommen. Ich kann nur versichern, daß mir das Wohl zer Anweltschaft wirklich am Herzen liegt, und daß ich bestrebt bin auch den Wirkungskreis der Anwälte zu erweitern. Im Gegen n zu dem Herrn Vorredner bin ich der Ansicht, daß es wünschen wert wäre, wenn den Anwälten eine weitere Wirkungsmiglichtz⸗ auch an den Sondergerichten, den Gewerbegerichten, FKaufnann gerichten und den später zu schafsenden Arbeitsgerichten gewahr wird. Ich halte es doch gewissermaßen für eine Anomalie da der Stand, der ex professo berufen ist, das Recht in freiesn Weise in Deutschland zu vertreten, von wichtigen Gebieten de Rechtes — denn das Sozialrecht ist mit eines der wichtigsten Gebiete — ausgeschlossen sein soll. (Sehr richtig!) Aber den Herrn Kollegen Riesser, der gerade in dieser Beziehung für die Wünsche der Anwaltschaft eintrat und mich aufforderte, jetzt schon durch eine Novelle die Anwaltschaft bei den Arbeitsgerichten und Kaufmannsgerichten zuzulassen, kann ich nur darauf hinweisen, daß eben politische Widerstände vorhanden sind, die ja soeben zutage getreten sind, und daß es bei der ganzen Frage darauf ankommt die bolitischen Widerstände zu überwinden. Sb dies mögkihs— wird, lasse ich dahingestellt.
Es ist die Frage an mich gerichtet worden. wie ich mich zu der Erhöhung der Anwaltsgebühren auf Anregung der Anwaltsvereine stellte. Meine Herren, 98 der Gebührenordnung für Rechtẽ⸗ anwälte sieht vor, daß der Anwalt in einzelnen Fällen sich ein höheres Honorar versprechen lassen kann, als in der Gebühren ordnung vorgesehen ist. Das Reichsjustizministerium hat diesen Paragraphen immer dahin ausgelegt, daß das nur für den einzelnen Fall gilt und nicht für Korporativaltionen. Da aber de Frage streitig gewowen ist, ist durch Artikel IV des Gesetzes von 8. Juli 1921 folgendes bestimmt worden:
Durch die Vorschrift des Artikels 11 wird der 3 93 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte nicht berührt. Jedoch sinh Nebereinkünfte von Anwälten untereinander, durch die sie einander zur Pflicht machen oder empfehlen, regelmäßig höhere als die ge= setzlichen Gebühren zu vereinbaren, unzulässig.
Dieser Artikel 1V besteht heute noch, und es kann meines Er⸗ achtens nicht zweifelhaft sein, daß allgemeine Vereinbarungen un⸗ zulässig sind.
Was dann schließlich das Verhältnis der Rechtsanwälte ju ihren Angestellten angeht, so hat das Reichs ju stizministerium dauernd auf die Erzielung eines Vertrauensverhältnisses zwichen den beiden Teilen und auf eine vertragliche Einigung über die Lohnverhältnisse der Bükoangestell ten hingewirkt. Ebenso, wie wir überzeugt sind, daß der Anwaltstand für Deutschland notwendig ist, ebenso glauben wir, daß der Anwaltstand letzten Endes frucht bringend nur arbeiten kann, wenn er seinerseits in einem ber tvauensvollen Verhältnis zu den Büroangestellten steht.
erwejten
In Erwiderung auf die Ausführungen des Abgeorhneten Hoffmann (Soz.) erklärte der Reichsminister Dr. Heinze: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat eine scharfe Kritll an das Patentamt angelegt. Er hat eine Anzahl von Einzelheiten vorgebracht, die sich zur Erörterung in diesem Plenum nicht eignen. Ich kann nur versichern, daß die Reformfreudigkeit im Patentamt durchaus auf der Höhe ist. Der Präsident des Patentamt hat eine Kommission eingesetzt und einen Kommissar bestellt, der ganz besonders alles prüfen soll, was auf Verbilligung, Vereinfachung, BVerbesserung, Verminderung der Arbeitslast hingeht. Wir sind selbst damit beschäftigt, die Gebührenordnung des Patentamtz af eine andere Basis zu stellen, um dem Bedürfnis entgegenzukommen und um die Belastung der Reichs kasse durch das Patentamt z vermeiden.
Diese fachlichen Ausführungen stelle ich den sachl ichen Aut⸗ führungen des Herrn Vorredners entgegen. Aber der Herr Vor=
amts persönlich anzugreifen und seine Qualifikation zu bemängeln. Meine Herren, ich muß gegen diese Angriffe Widerspruch erheben. (Gravo! rechts und im Zentrum) Der Präsident des Patentamt
das er bekleidet. (Hört, hört! vechts) Seit Jahrzehnten arbeitet er im Patentwesen und Patentrecht. Er ist im Patentamt groß
des Innern und später ins Reichsjusrizamt gekommen und vor etwa zwei Jahren Präsident des Patentamts geworden.
Wenn behauptet wird, daß der Präsident des Patentamt offenbar nicht genügend den Betrieb übersehe, dann möchte ich wissen, wer in Deutschland den Betrieb besser übersieht als der Präsident des Patentamts. Wenn gesagt wird, er arbeite mit kleinlichen Schikanen, so kann ich aus den Besprechungen, die ih selbst mit ihm gehabt habe, mitteilen, daß gerade er seiner Be= amtenschaft mit besonderem Interesse begegnet. (Hört, hört! recht im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.) Allerdings ist er auch der Mann, der im gegebenen Fall mit der gebotenen Energie aufzutreten weiß. (Bravo! rechts) Aber ein großer Beamtenkörper läßt sich nicht ohne Energie leiten. Gerade füt seine Energie bin ich dem Präsidenten dankbar.
Wenn schließlich gesagt wird, er habe einen Beamten del Patentamts als Direktor befördern wollen, mit dem er verwandt
Rede ist (hört, hört! int Zen trum), Haß ez sich um cinen err
die nun
redner ist dann dazu übergegangen, den Präsidenten des Patent ·
ist ein Mann, der geradezu ausgesucht qualifiziert für das Amt itt.
geworden, von dort als Referent für Patentsachen ins Reichsamt
sei, so kann ich nur feststellen, daß von der Verwandischaft keine
delt hat. der nach übe reinstimmender Ansicht der kompetenten ler als Direktor des Paten tamts besonders qualifiziert . d den ich lediglich deswegen dem Herrn Reichspräsidenten nderung nicht habe vorschlagen können, weil er das zu⸗ Alter überschritten hatte. Ich habe sehr gegen meinen n inneren Wunsch die Beförderung ablehnen müssen. n. Herren, der Präsident des Patentanmtts ist mir persön—= ei langer Zeit bekannt. Ich kenne seinen Eifer, seine Sach⸗ seine Tatkraft, feine Lauterkeit. Deshalb muß ich die die gegen einen hochstehenden, verdienten Beamten un⸗ erhoben sind, auf das entschiedenste zurückweisen.
mis, grfffe, ; htigte rweise
al)
II. Sitzung vom 15. Februar 1923, Nachmittags 2 Uhr. icht des Nachrichten büros des Vereins deuischer Zeitungsverleger) *)
Die zweite Lesung des Reichshaushaltsplans 1923 wird 5 und die Spezialberatung des 15halts des e ichs ministeriums des nern wieder aufgenommen.
Dr. Barth (D. Nat): Herr Sollmann hat gestern für Eoslaldemokratie den Grundsatz proklamiert, daß für Deutsch= die Zeit der Religionskriege vorüber sei. Aber tatsächlich sind grade in Mitteldeutschland in ein neues Zeitalter der Christen- gung eingetreten. Die Sozialdemokratie versolgt eben eine haus andere praktische Politik, wo sie die Macht hat, nur die der von Herrn Sollmann gepredigten Toleranz. Ein christ⸗ Feiertag nach dem andern wird wegdekretiert und ihm vie liche Anerkennung versagt; so wirtschastet man in Sachsen, in unschweig. Wie anders stand im Punkte der Feiertagsheiligung, der jüdischen Mitbürger, das alte verketzerte Preußen dal ichter links. Die Reichsberfassung läßt ausdrüclich die Staats⸗ Ingen an die Kirchen bis zum Erlasse eines Gesetzes über die nung von Staat und Kirche als rechtsvvmrbindlich bestehen. Zachsen setzt unbekümmert um die Reichsoerfassung seinen g egen die Kirche und auch gegen die Schule . In der ren ur bltunz treib man in Sachsen eine sehr handfeste wnahpolitikf: ganz im Gegensatz zu den amtlichen Erklärungen eit November 1918 leitenden Staatsmänner stellt man einen sdzialistischen Regime mißliebigen Beamten nach dem andern und erweitert den Kreis der politischen Beamten bis hinab en Bezirksschulinspektoren, um Platz für Sozialdemokraten zu sen. Niemals bisher hat sich das Denunziantentum so wider sneit gemacht wie jetzt. (Elndauernde Üünruhe links) Im Be— ntum ist das Gefühl der Rechtsunsi herheit immer allgemeiner giden. In Chemnitz wurde auf Veranlassung von Berlin aus Grund einer anonymen Denunziation ein Rechtsanwalt ver⸗ kt, weil er auf der Straße bei der Nachricht von der Ermordung henaus gelächelt hatte, ein Beweis dasür, wie schwach es in Jeit der deutschen Republik mit dem Schutz der persönlichen heit bestellt ist. (Lachen links.) 26. bolschewistischen Zustände mit der Zeit für die rechtsstehenden reise ganz niaglich worden. Vergeblich haben die Industriellen Hens das Reichsministerium um Schutz gegen den Terror an fen, den sie besonders seitens der freigewerkschaftlich Organi⸗ fen in Gestalt von Landfriedensbrüchen usm. andauernd zu den haben. Aburteilung der Schuldigen ist nicht erfolgt. Die slttätigkeiten reißen nicht ab. Stundenlang werden Arbeit- r dem 1 Terror ausgesetzt, weil sie sich den erpresse⸗ n Forderungen der Radikalen nicht sofort fügen. Aber die hende Eingabe der sächsischen Industriellen vom 11. Dezember an das ee, n f , ist bis heute unbeachtet geblieben, das eln nnenministerium hat nicht eingegriffen. Wozu henn die kostspielige Polizei er. da? Die famosen lerungskommissare“ bei der Polizei scheinen nur da zu sein, um Ein gegen solche Terrorakte zu verhindern. Man versucht auf m Wege die Landespolizei zu unterminieren, auch durch die lung eines siaatsbürgerlichen Unterrichts, der sich besonders der Glorifizierung der Revolutionsführer befaßt. (Unruhe und en links.) Es ee große ire n auf dem Spiele. Amerika hab, angesichts solchem bolschewistischen Zustande mit . e Handelsbeziehungen anzuknüpfen. (Gelächter links.) ir bereit, in dieser Zeit der Not die Austragung des Streits, ob niche, ob Republik, zurückzustellen, aber dann verlangen wir daß die Reichsverfassung in voller Geltung belassen wird Deutschen —— auch denen, die politisch rechts stehen! fall rechts, Gelächter und Zischen links)
Sächsischer Minister Lipinsti;: Obwohl. der Vorredner hse ist, kennt er die sächsischen Verhältnisse nicht. Wie könnte sonst behaupten, daß eine gie Zahl Feiertage weg de⸗ ert . Es sind zwei ußtage aufgehoben worden. h.Aufhebung des Frühjahrsbußta wurden die Schüler von inspektoren aufgesordert, der Schule an dem betreffenden e sernzubleiben. Dagegen mußten wir einschreiten. (Sehr f links) Die Staatsbürger aller Glaubenstichtungen haben den Landesgesetzen zu unterwerfen. Der größte Teil der ichen Beamten betätigt sih im Dienst der Republik, aber he haben sich Schmähungen der Regierung zuschulden kommen n. Ein solcher Beamter ist mit 180 0009 Mark bestraft worden. ruhe rechts) Die Regierung würde unverantwortlich handeln, n sie gegen solche Bamte nicht einschritte. Maßregelungen nicht vorgekommen, die Pensionierungen sind durchaus gesetz⸗ zistande gelommen. Das Verzeichnis der politischen Beamten liegt der Nachprüfung des Landiggs. Herr Schreiber sa te in, Sachsen habe die schlechteste Polizei. Nun, ich habe die ier die rein militärisch war, entsprechend dem geriangen der nne umgestalten müssen. In den n. Städten ist die än verstaatlicht, und ich habe die Srganifation so 9 affen, es das Reichsministerium des Innern verlangte. Dabei ist hans gesetzlich verfahren worden. Wir haben in Meißen eine heischule eingerichtet; die höheren Polizeibeamten lernen dort Ichs Monaten so viel, daß sie it die Referendarprüfung be⸗ ö könnten. (Eachen rechts.) Die Regierungskommissare sind hren leute der Regierung, die vermittelnd bei Lohnkämpfen mn n sollen und mit r . eingegriffen haben. angt worden,
lung der säch
ng hervorgeru
rror.
ang anders dargestellt werden, g des Vorredners abgespielt haben d g zu wahren ist, so fährt Redner fort, Landesreglerungen, und das ist in Sachsen ausgiebig Erwartel der Vorredner vielleicht, daß der staatsbůrger⸗ cht an Polizeibeamte über Demokratie von Mon⸗
. egteilt wird? Heiterkeit und Beifall links) er tze n re tzly (D. Vp): Wir danken dem Abg. Soll mann, ind ie Einigkeit . zu erhalten sich bemüht hat, und . von denselben Gefühlen befcelt. Mögen sich unsere Ar⸗ ͤ ö wandeln, da nicht mehr gesagt werden kann, daß Deutsch⸗ 3 ihr Vaterland fei. Herr Solimann irrt aber 'in feinen ehnen von der Gegnerschaft gegen den heutigen Stagt. Ich en f auf das Verhalten der? deutschen Beamten hin, die at mitch gesinnt sind und doch dieselben Opfer für den jeßigen ringen wie die republikanisch gesinnten Beamten. Daz . izt an der Ruhr und hat sich gezeigt in Oberschlesien, uhnentlich Hochschüer ihr Leben für die denische Sache ge— aben. Wenn wir zu gelegener Zeit auf verfassungsmäßigem
9 Mit Augnahm . lu. e der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden derten Minister, die im Wontlaute wiedergegeben sind.
Wege eine Aenderung der Staatsverfassung erstreben, so ist das lein Unrecht. Halten doch auch die Sozialdemokraten die setz ige Staatsform nur für ein Uebergengsstadium. Die Republikaner glauben, die Republik durch ein besonders schroffes Vorgehen gegen Monarchisten schützen zu wollen. Wir müssen aber jetzt vor allem den Staat aufrechterhalten, wer meßbellgen es auch, wenn Beamie segen die republikanische Staatsform verstoßen. wischenruse links: Kapp Kutsch]) Der Kapp⸗-Putsch war ein Jahr nach der Revolution. Die Verhälinisse hatten sich noch nicht konsolidieri, und was meine persönliche Stellungnahme betrifft, so hat der Bezirksausschuß, in dem auch Sozialdemokraten saßen, festgestellt, daß ich der Ausführung des Kapp-⸗Putsches Kiderstand en gegen⸗ gesetzt habe. Wir billigen die Kaltung des Ministers Oeser zur Frage der Stellung der Beamten. Durch die Zurücksetzung der . Beamten wird das Ansehen des Gros der höheren Beamten erschüttert. Auf Grund des Gesetzes zum Schutze der Republik ist der Hochschulring deutscher Art in Breslau verboten worden, das Verbot wurde wieder aufgehoben, dann aber auf Grund des Friedens vertrages wieder aufgenommen, also auf Grund Enes uns von den Feinden aufgezwungenen Eile Eine Unter⸗ drückung stärkt immer nur die Kraft des Gegners. Seit dem Schutz gesetz haben die rechtsstehenden Verbände an Mitgliedern zugenommen. Wir danken dem Papst für seine Enzyklika zu Neu⸗ jahr, mit der er wenigstens versucht hat, einen wahren Frieden anzubahnen. Wir sind auch stolz auf die Haltung unserer Arbeiter an der Ruhr, Herr Sollmann hätte dieses sein Lob für die Ar— beiterschaft aber lieber nicht mit Angriffen auf die Bourgeoisie verbrämen sollen. Der schimpflichsten Behandlung ist die Schutz⸗ polizei an der , ausgesetzt; sie kann des Dankes des Vater⸗ landes für ihre opfermütlge Haltung gewiß fein. (Beifall) Wir führen diesen Kampf an der Ruhr alle schlechthin als Deutsche. (Beifall rechts.) Unfere Bevölkerung kämpft dort für deutsche Art und Kultur. An der Ruhr und am Rhein empfindet man mehr als hier, daß wir Deutschen alle zusammen jetzt eine einige Not⸗ gemeinschaft sind. Nur die geschlossene Einigkelt wird den Kampf bestehen. ( Beifall.) Abg. Delius (Dem): Wir gehören nicht zu denen, die es 61 zweckmäßiger ansehen, wenn, angesichts des Gebarens der ,,, und Belgier im Ruhrrevier alle Abwehrkraft dort vnzentriert wird, und der Reichstag überhaupt nicht reden sollte. Wir müssen den kämpfenden Volksgenossen am n und an der Ruhr unsere wärmste Sympathie und unsere höchste Anerkennung zum Ausdruck bringen, wir müssen es aussprechen, wie außer⸗ ordentlich ihr Opfermut sih betätigt hat und andauernd betätigt. Wir stellen uns auf den Boden der Ansprachen, die der Reichs⸗ räsident in Baden an die deutsche Bevölkerung gerichtet hat. ir Erwarten, daß die Reichsregierung alles tut, um' der so hart Cyrüften Bevölkerung des Ruhrgebiets ihr Los zu erleichtern. Im Bestreben. den Luxus und die Schlemmerei zu bekämpfen, ist man hinsichtlich des Betriebes der Gaststätten zu weit gegangen; in Preußen hat man das eingesehen und hat einige der ö. Beeinträchtigungen dankenswerter Weise wieder aufgehoben. Das Notgesetz sollie mit möglichster Beschleunigung verabschiedet werden. In der inneren Verwaltung muß in Reich, Ländern und Gemeinden mit der äußersten . gewirtschaftet werden. Der Streit, ob Unitarismus ober Föderalismus ist ein müßiger, zumal in der heutigen Zeit, wo der Einbruch der Gegner in das Ruhrgebiet jeden Gegensatz zwischen Nord und Süd' im Deutschen Reiche ausgelöscht hat. Die Frage Groß Hamburg muß endlich gelöst werden; Preußen muß hier Entgegenkommen beweisen. Beim Wiederaufbau ünseres Vaterlandes muß die deutsche Wissenschaft in vorderster Reihe mitwirken; jede mogliche örderung, auch vom Reiche, muß ihr deshalb zuteil werden. ir bedauern tief, daß sie im Ausland betteln gehen muß, und wir appellieren an die deutsche Privatwohltätigkeit, die uns dieses klägliche Schauspiel ersparen sollte. Die Schutzgesetze für die Republik haben sich als eine Notwendigkeit heraus gestellt und sind es noch. Wir haben von höheren Beamten arge Anpöbelungen der deutschen Republik und ihrer Hoheitszeichen erleben müssen. Wir haben zum Minister Oeser das Vertrauen, daß er als Stützer der Republik seine Pflicht tun wird. Dankbar begrüßen wir, daß energisch gegen die offenen und versteckten Feinde der Republit eingeschritten wird. ie Herr Barth hart, ein Loblied auf die Toleranz des alten Staates gegen die Beamten anstimmen konnte, ist mir unerfindlich. Eigentlich sind noch zu viel monarchistische Beamte tonangebend in der Verwaltung. Geordnete Zuftände sollten aber auch durchgeführt werden in der Promptheit der Aus⸗= zahlung der Gehälter und der Bezüge an die Beamtenschaft. Wir glauben an das Recht unseres Volkes, das zwar wehr⸗ aber nicht ehrlos ist, und an seine Zukunft! (Beifall bei den Demokraten.) Abg Leicht (B. Vp): Ich bedauere, daß von einer Seite des Hauses heute ein Ton angeschlagen wurde, der mit der Situation nicht vereinbar ist. Namens meiner Partei spreche ich Herrn Schreiber Anerkennung für seine Ausführungen über den Födera⸗ lismus aus. Der förderative Charakter des Reiches muß aufrecht ⸗ erhalten werden. Unsere Feinde möchten den Föderalismus zu einer Zerreißung Deuischlands benutzen, aber es wird ihnen nicht gelingen, eine Main⸗-Linie zu errichten. Die Ereignisse in West⸗ . zeigen, daß die Franzosen bei ihren Bestrebungen auf Granit eißen. Der fränkische Sandstein ist nicht ganz so hart wie Granit, aber auch an ihm werden sich die Feinde Deutschlands die Zähne ausbeißen. Wer heute die Einigkeit bei uns stört, ist der schlimmste Feind. Deutschlands. Es ist eine Schamlosigkeit, zu behaupten, daß die Aktion im Ruhrgebiet eine , . sein soll. Maschinen⸗ ewehre, Kanonen und Tanks wollen nicht zu einer ö lktion passen. Besonders dankbar bin ich dem Kollegen Sollmann für seine Darlegungen über die Hochschulstudenten. Unsere Jugend braucht noch immer den Idealismus, sonst ist sie keine Fugend mehr. Eine Jugend muß Zukunftshoffnung haben. Ein gemisser Ueberschwang kann ja immerhin vorkommen. Das Handwerk, soweit wir es noch haben, müssen wir schützen, und wir wollen Leute, die sich in der Vergangenheit Dienste erworhen haben, auch in der Zukunft nicht entbehren. Ueber die Bekämpfung des Alkoholismus werden wir uns beim Notgesetz unterhalten. In der jetzigen Zeit des Kampfes an der Ruhr müssen wir alle Gegensätze zurückstellen, aber ich widerspreche der Ausführung des sächsischen Ministers, daß auch Andersgläubige sich den Landesgesetzen fügen müssen. Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen. Vir haben auf religiösem Gebiet eine Staatsomnipotenz niemals anerkannt. (Bei⸗ fall im Zentrum.) . Apg. Eichhorn (Komm): Wir haben immer auch die Gewalttaten der deutschen Imperialisten bekämpft. Wir begreifen die Erregung der . Boꝝlrgeoisie über die Vorgänge an der Ruhr. Sie übt sonst selbst die Gewalt aus. Die Gedanken Poincarés der Verbindung der lothringischen Industrie mit der Ruhrkohle waren den , Imperialisten nicht fremd, als sie selbst an der Macht waren. Auch unsere französischen Gesinnungs-⸗ nossen haben die Gewalttaten bekämpft. Man behindert aber in Fi chland jede Volksbewegung, wenn sie sich gegen die Macht⸗ aber im eigenen Lande richtet., Unsere Arbeiter werden ein mach—⸗ 6. Auge darauf haben, daß die Ruhraktion niht zu nationa⸗ istischen Zwecken mißbraucht wird. In letzter Zeit mehren sich die Anzeichen einer nationalistischen Propagande an der Ruhr. Die Deutsche Volkspartei hat ihre Bestrebun zur Abändernng der Staatsform nur vorläufig zuruckgestellt, sobald die Perren die Macht haben, werden sie anders denken. Te Regierung jollte das Treiben des nationalistischen Gesiadels an der Ruhr unterhinder. Bei den Arbeitern werden diene Herren jedenfalls auf Granit beißen. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich; französische und deutsche Kapitalisten würden gemeinsam guf die Arbeiter schlagen. Herr Stinnes war ja mit den französischen Kapitalisten schon einig geworden. Die Unternehmer nehmen die Hilfe, wo sie sie bekommen können, um sich die Taschen zu . sie würden auch französisches Geld, nehmen. as zeigt ja die Badische Anilin und Sedafabrik. Geld stinkt nicht.
Kapitalisten kennen keinen Patriotismus, wenn sie ihren Geld⸗ beutel fullen können. So haben deutsche Unternegmer auch 18790 Briefe an Naxoleon geschrieben. Wenn Aus ander in Deutschland keine Hauser erwerben dürfen, jo hat wohl jeder Auslander einen Verwandten in Deutschland, der für ihn im Schiebe rwege das Haus kauft. Bei den Ruhrsammlungen soll man nicht von nationalen Opern reden, Samlungen bei Preisschießen oder Wohltätigteits⸗ veranstaltungen sind kein Opfer. Die einzigen, die Opfer bringen, sind die Arbeiter. Die Lebensmittelpreise sind um das Fünf- bis Achttausend⸗, bis Elftausendfache gestiegen. Damit stehen im Miß⸗ verhältnis die Löhne. Der preußische Wohlfahrtsminister Hirtsiefer hat die Zunahme der Erkältungskrantheiten durch Kohlen⸗ mangel zifsernmäßig nachgewiesen. Nicht selien erfrieren sich jetzt Leute, die die teuren Kohlen nicht kaufen können, in der Wohnung Gliedmaßen. Minister Hirtsiefer hat auch die Zunahme der Tuberkulose auf die schlechte Ernährung und die Wohnung not zurückgeführt. Eine vierköpfige Familie müßte jetzt allein für Nah⸗ rungsmittel im Jahre eine Million Mark ausgeben. Das können die wenigsten Familien. ir Hirtsieser hat diese Rede im Januar gehalten, heute stimmt seine Rechnung schon nicht mehr, heute könnte er 36 Millionen rechnen. Der Arbeiter muß also nicht nur hungern, sondern sich auch überall einschränken. Dee Folge ist die zunehmende Verelendung des Arbeiters. Aus allen Bezirken kommen Berichte über die Unterernährung der Kinder, die so geschwächt sind, daß in Berlin 20 ,. der Kinder nicht eingeschult werden können. Gibt es denn wirklich kein Mittel gegen den Wucherpreis der Milch, kein Mittel dagegen, daß der Berliner Magistrat den Milchpreis nach dem Butterpreis bestimmt? Bei den schul⸗ ärztlichen Untersuchungen erscheinen Kinder ohne Hemd; die Säug⸗ lingswäsche wird durch Zeitungspapier erletzt. (Hört! hört! links) Vicht der Vertrag von Versailles ist schuld, wenn er auch die Situation verschärft hat: die Hauptschuld hat das schmarotzende Wuchergesindel. Alle Preise werden nachmittags nach dem Kurs- zettel umgezeichnet. Man sollte wenigstens die Hausbrandkohle verbilligen, 69 4. noch mit einer Steuer zu belegen, die mit der Steigerung des Kohlenpreises automatisch weitersteigt. Will man den Wucher bekämpfen, muß man in den obersten Schichten an⸗ fangen Wo ist der Wucherer, der mit Zuchthaus bestraft ist? Ge⸗ eue oder gar Geldstrafen helfen nichts, die Anprangerung auch nichts, die Arbeiter müßten das Recht erhalten, die Preise zu lontroll eren und wucherische Geschäfte zu schl. eßen Pol zei, Technische Nothilfe und die Pensionsanstalt für verabschiedete Offi⸗ iere, die sich zu einer Zentrale zur Förderug nationalistischer estrebungen entwickelt hat, verschlingen Unsummen des Etats Die politische Polizei betreibt eine umfassende Spitzelei gegen die Kommunisten. Dafür werden diese Summen ausgegeben. Die Schutzpolizei ist eine Schutzmauer gegen unruhig n, . Arbeiter, fir die Spitzbuben, die Treppengeländer und Abfallrohre stehlen, hat sie kein! Augen. Das liegt an dem militärisch ein⸗ gestellten Drill der Polizei. In Sachsen war die Polizei auf den Wachtdienst umgestellt worden, da kam aber das Reich und verlangte die Umstellung der Polizei auf „Bereitschaft“, d. h. auf eine militärische Orggnisation. Diese ist aber nicht geeignet für Wachtdienst und Wucherbekämpfung. (Präsi ent Löbe macht den Redner darauf aufmerksam, daß seine einstündige Redezeit abgelaufen ist,) Auch gegen die Schlemmerei wird diese Sicherheitspolize i! ohnmã zt sein. Man müsse rücksichts los die Schiebergewinne einziehen. Die russische Sow etrepublik verfolgt die Parole: Wer nicht arbeitet, braucht nicht zu essen.
Nach 6 Uhr wird die weitere Beratung auf Freitag 2 Uhr vertagt.
BParlamentarische Nachrichten.
Im Haushalt sausschuß des Reichstags wurbe gestern zunächst der 11. Nachtrag zum Etat 1922 beraten. Wie das Nachrichtenbüro des Vereins deuts.her Zeitungsverleger berichtet, verlangten die Abgg. Bender (Soz) und Steinkopf (Soz.), daß die Grundgehäller der Beamten und Staatsangestell en entsprechend der Entwertung des Geldes geändert werden mögen, da die Teuerungszuschläge bereits ein Vielfaches der Grundgehälter ausmachen. Auch solle bei künftigen Teuertngsaktionen der so⸗ gene unte Kopfsatz anstelle des prozentualen Teuerungzszuschlages eingeführt werden. — Abg. Dr. Pachnicke (Dem.) gab zu, daß bei einer immer weiter gehenden Erhöhung des Prozentzuschlags Unebenheiten entstehen, verwies aber auf die Zustsße der Regierung, die Grundgehälter in näq ster Zeit zu ändern. — 9. v. Gu6rard HSentr.) schloß sich den Ausführungen des Abg. Br. Pachnicke an. Der Haushaltsnachtrag wurde angenommen. Tom 1. Feocnar ab werden also zu dem Grundgehalt, den Diäten, dem Oeiszuschlag und den Kinderzuschlägen 942 vp als Teuerungszuschlag gewährt. Der Frauenzuschlag wurde auf monatlich 12 060 4 erhöht.
Alsdann wurde die Debatte über den Etat des Aus- wärtigen Am tes fortgesetzt. Abg. Dr. Beoerle (B. Bp.) sprach über das Prüfungswesen der Anwärter zum höheren aus wärtigen Dienst. Die vorgestern bemängelte große Anzahl ven Attachss hielt er nicht für einen Nachteil, da die Turchbildung im Dienste des Auswärtigen Amtes den dort beschäftigt gewesenen Personen sicherlich Gelegenheit gebe, auch leicht im wirtschaft⸗· lichen Leben unterzukommen. AÄAndererseits sei durch die große Auswahl an Attachss dem Auswärtigen Amt die Möglichkeit gegeben, die tüchtigsten Kräfte zu geminnen. Abg. Da uch D. Vp.) betont: die Wichtigkeit wirtschaftlich gut vorgebildeter Beamter für das Auswärtige Amt. uch die Kulturpropaganda bedürfe erhöhter Aufmerksamkeit. Die deutsche Kultur sei eine Kraftquelle, die unsere Feinde uns nicht haben rauben können. — Abg. Müller⸗Franken Ser war der Ansicht, daß die Aus- landsmissionen in erster Linie politische Behörden sein sollen, die nicht das Intevesse einzelner . sondern des gesamten deutschen Volkes vertreten so en. Die Außenseiter hätten sich im Auswärtigen Amt gut bewährt und es läge kein Grund vor, sich diesen Erfahrungen zu verschließen, da auch andere Länder zu ihrem Vorteil so verfahren. Uebrigens sei es noch eine Frage, ob man nicht auch Bismarck im Sinne des landläufigen diplomatischen Werdeganges als Outsider bezeichnen lönne. — Abg. Frölich (Komm) verlangte eine Reform des Auswärtigen Amts an . und Gliedern. — Abg. Stüclen (Soz.) kritisierte die seiner Meinung nach zu zahlreich erfolgenden Versetzungen der Diplomaten, die nur mil großen Unkosten ver— lnüpst selen und auch die Stetigkeit der Arbeit behinderten. Als dann setzte sich Redner für eine Unterstützung des Auslandsinstituts in Stuttgart ein. — Abg. von Kemnitz (D. Vp) war der Meinung, daß die Aufnahme von Außenseitern in höhere Stellen des Auswärtigen Amts nur ausnahmsweise vorgenommen werden sollte. Um die Intelligenzen herauszuholen, wo sie nur immer
u finden seien., genüge es, bei der Einstellung der Attaches ie breiteste Basis zu wählen; dann habe man später völlig du rchgebildetes ene. ur Genüge. Was die 3 rügten, angeblich allzuhrufigen ersetzungen betreffe, so sei es für die Erziehung der jungen Diplomaten außerordent⸗ lich wertvoll, wenn sie die Welt und ihre politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den verschiedenen Punkten kennen lernen. Die leitenden Kräfte der Missionen sollen natürlich möglichst lange an einer Stelle bleiben, um mit der Umwelt in 3 nahe Beziehungen zu geraten.
Staatssekretär v. Maltzan begrüße die Anregung des Abg. Schücking, ein besonderes Referat für die Behandlung der Fragen des Völkerbundes zu schaffen. Zu den übrigen Anregungen aus der Mitte des Ausschusses bemerkte der Staatssekretär u. a., daß bei der Auswahl der Attachss Rücksicht auf die paritätische Be⸗ teiligung der Anwärter katholischen Glaubens genommen werde. Einschübe von Außenseitern in mittlere Posten machten natür- licherweise bei denjenigen, die von der Pike auf gearbeitet hätten,
tine deutsche Kapitalistenfirma hat ja an die französische Regie⸗ rung Rezepte zur Herstellung von Sprengstoffen geliefert. Die
böses Blum und dürften im Interesse einer gedeihlichen amtlichen Arbeit nur ausnahmsweise vorgenommen werden. Mit Dank