Anweisung des Preußischen Ministeriums des Innern und des Preußischen Finanzministeriums vom 23. Februar 1923 zur Ausführung des Gesetzes, betreffend Errichtung eines Landesschiedsgerichts, vom 24. März 1922 (Gesetzsamml. S. 76) Min. Bl. i. Verw. 1922 S. 919). des Gesetzes, betreffend Errichtung
Auf Grund des 86 . n e vom 24. März 1922 wird be—⸗
eines Landesschiedsgerichts,
stimmt: . ö. 1. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes in dem Verfahren vor dem Preußischen Landes schiedegericht erfolgt Fach fieiem Ermessen durch den Vorsitzenden. Dabei ist rege. mäßig von dem Vermögenswerte der aus der umstrittenen Be⸗ soldungsvorschrift folgenden Leistung auszugehen und deren ein⸗ facher Monalswert und, soweit es sich um die Eingruppierung bandelt, der einfache Monatsbetrag des Anfangsgrundgehalts der Gruppe bei Beräcksichtigung der Zabl der betroffenen Beamtenstellen zugrunde zu legen. . . .
; ö gte ehem des Landesschiedegerichts und ibren Stell. vertretern wird für die Teilnahme an den Sitzungen eine Ver⸗ gütung aus der Staatskasse für jeden Sitzung tag ewãhrt, Bie Reifekosten und sonstigen Tagegelder für die nicht sländigen Beisitzer sind von der Stelle zu tragen, die den Beisitzer entfandt hat.
Berlin, den 23. Februar 1923.
Zugleich für den Finanzminisier. Der Minister des Innern. J. V.: Freund.
Bekanntmachung. Der Staaisgerichtshof zum Schutze der Republik hat das Verbot und die Auflöfung des „Stahlhelm“, Bundes der Frontsoldaten, für den Freistaat Preußen durch Beschluß vom 26. Januar 1923 aufgehoben.
Berlin, den 28. Februar 1923. Der Preußische Minister des Innern. 3 Bü Brend.
Ministerinm für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten. Der bisherige kommissarische Gestütdirekler Hajso Sch wech ten ist zum Direktor des Landgestüts Kreuz b. Halle g. S. ernannt worden.
Ministerium für Volkswohlfahrt.
Die Regierungsbaumeister Dr.⸗Ing. Sch eib ner beim Oberpräsidium in Eharlottenburg und Georg Müller bei der Regierung in Oppeln find zu Regierungs- und Bauräten er— nannt worden.
Bekanntmachung.
Dem Markscheider und Landmesser Ernst 9 oh lrab u Borsigwerk, G. S., ist von heute ab die Befugnis zur selbständigen Verrichlung von Martscheiderarbeiten für den Umfang des Preußischen Staates erteilt worden.
Breslau, den 24. Februar 1923.
⸗ 4 186 9* Oberbergamt. Schmeißer.
Nichtamtliches. TDentsches Reich.
Der Reichsrat erklärte sich in seiner gestrigen öffent— lichen Sitzung unter dem Vorsitz des Reichsministers des Innern Dr. Oeser laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins dentscher Zeitungsverleger mit der Errichtung einer Abrechnungsstelle im Scheckverkehr in Ulm einverstanden, ebenso mit dem Nachtrag zum Abgabentarif für den Nordostseekanal, wonach vom 1. März ab ein Zu— schlag von 200 ½ erhoben wird. Die Ausführungsbestim—⸗ migen zum Personenschädengesetz für das besetzte Gebiet und ebenso die dazu erlassene Berordnung wurden an— genommen, wobei der Reichsrat noch erhebliche materielle Verbesserungen zugunsten der Geschädigten vorgenommen hat. Mit dem Beschluß des Reichstags zu dem Gesetz über Maß⸗ nahmen gegen die wirtschaftliche Notlage der Presse, wonach die Holzabgabe auf 175 festgesẽtzt wird, erklärte sich der Reichsrat nunmehr einverstanden. Die zweite Verordnung zur Ausführung des Pressenotgesetzes war vom fünften Ausschuß des Reichstags in einigen Punkten ab— geändert worden. Der Reichstagsausschuß hat in der Haupt⸗ sache die Ergänzung hinzugefügt, daß die Teilnahme an der Rückvergütungskasse auf die Gewerkschaftspresse und die so— genannten religiösen Sonntagsblätter ausgedehnt würde. Diese Ausdehnung haben die Ausschüsse des Reichsrats
noch hinzugefügt, was
gutgeheißen und außerdem die preußische Regierung beantragt hatte, daß die Organe der kommunalen Spitzenverbände an der Rück⸗ vergütungkasse teilnehmen sollen. Nachdem der Bericht erstatter Graf Holtzendorff die Annahme der Ausschußbeschlüsse befürwortet hatte, schloß sich die Vollversammlung diesen eschlüssen an. Zu bemerken ist noch, daß die Staaten Bayern und Thüringen sich für das eigentliche Pressenotgesetz nach der Fafsung des Reichstags das Protokoll offen ließen, d. h. damit ihre gegenteilige Anschauung bekundeten. An⸗ genommen wurde ein Gesetzentwurf über den Verkehr mit, Absynth. Danach ist es verboten, Absynth, ihm ähnliche Erzeugnisse oder die zur Herstellung solcher Getränke dienenden Grundstoffe einzuführen, herzustellen, zum Verkauf borrgtig zu halten, anzukündigen, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen. Trinkbranntwein, bei dessen Her—⸗ stelling nur kleine Mengen Wermutkraut zur Geschmacks— verbesserung verwendet werden, fällt nicht unter das Verbot. Vöorsätzliche und auch fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen as Verbot werden mit Geldstrafe bis zu 560 000 M bestraft. Sodann wurde eine neue Verordnung über die Regelung dies Kraftfahrzeugverkehrs angenommen, wonach die zulässige Höchstgeschwindigkeit wesentlich heraufgesetzt wurde, und der Ausprägung von Zweihundertmarkstücken aus Aluminium zunächst bis zu 69 Milliarden Mark zugestimmt. Die M inzen sollen die Inschrift „Einheit, Recht und Freiheit“
Der Königlich ungarische Gesandte Dr. von Emich hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt' ber Legationsrat von Magyar die Geschäfte der Gefandischaft.
Dentscher Reichstag. 308. Sitzung vom 28. Februar 1923. Nachtrag.
i Rei ini ĩ Heßler zu dem Die Rede des Reichswehrministers Dr. Geßler zu jn Marine“ des Etats des Reichswehrministeriums,
Abschnitt „M . zehrn die gestern wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms
nicht mitgeteilt werden konnte, lautet: Meine Damen und Herren! Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß der Wiederaufbau der kleinen Reichsmarine, die uns nach dem Vertrage von Versailles zusteht, noch viel größere Schwierigkeiten bereitet hat als der Wiederaufbau des lleinen Reichsheeres. Nicht nur, daß der ganze Verlauf der Revolution in der Marine viel größere Gegensätze geschaffen hat, sondern schon vorher sind dort Gegensätze mancher Art vorhanden gewesen, die auszugleichen gerade in den gegenwärtigen Zeitläuften besonders schwer gewesen ist. Dazu kam, daß auch die uns verbliebenen wenigen Schiffe lange Zeit nicht dienstfähig waren, daß weiter die Schwierigkeiten in der Kohlenversorgung und anderes einen nor— malen Dienst der Marine unmöglich gemacht haben. Es ist klar, daß sich bei dem Zusammenleben in den Häfen, bei der starken Einflußnahme, die von anderer Seite, sagen wir einmal: von auch ausgeübt worden ist, eine ganze Reihe von
Weise
Nor⸗ Ver⸗
abschiede ten, ist, ze NR Spannungen ergeben mußten, die sich in unerwünschter ; ausgewirkt haben. Dazu kam, daß wir auch einen Teil der Marine⸗ brigaden auf Grund der Amnestiebestimmungen ibernehmen mußten, und daß hier an einer größeren Zahl von jungen Leuten ein sehr ernstes und energisches Erziehungswerk geübt werden mußte. Aber, wie ich schon voriges Jahr gesagt habe: ich bin der Ueberzeugung, daß nunmehr die Hauptschwierigkeiten überwunden sind, und daß jetzt, wo wir allmählich in den normalen Betrieb hineinkommen, auch in der Marine in kürzester Frist das erreicht ist, was wir unter allen Umständen erreichen müssen.
Ich bin allerdings der Ueberzeugung, daß wir die tar nicht nur als eine Modell- und Exerzievanstaält auffassen dürfen. Wir müssen uns vielmehr durchaus darüber klar sein, daß auch unsere kleine Marine in der gegenwärtigen Zeit oft sehr schwere und ernste Aufgaben zu erfüllen hat. Ich darf nur an die Expedi⸗ tionen erinnern, die im vorigen Winter in schwerster Eiszeit und Eisnot in die Ostsee gemacht werden mußten, wo eine große An⸗ zahl von deutschen und anderen Dampfern eingefroren war, deren Besatzungen vor dem Hungertode standen. Unserer Marine ist es unter unsäglichen Schwierigkeiten gelungen, diese Gefahr zu beheben. Vielleicht bietet sich einmal die Gelegenheit, dem hohen Hause die Filmaufnahmen zu zeigen, die aus dieser Expedition geblieben sind; Sie werden daraus sehen, welch ungeheure An⸗ forderungen hierbei au das Material und vor allem an die Menschen gestellt worden sind, und wie gut im großen und ganzen diese Anforderungen, wenn auch mit ziemlich erheblichen Schaden für unsere Schiffe, von der kleinen Marine bestanden worden sind.
Weiter darf ich aber auch darauf hinweisen, daß im Laufe de vo vigarn Senne ve umnsoræ Grioasschiffę Gelegenheit hatten, bei uns befreundeten Nationen verschiedene Däfen in er Dlmfer . zulaufen, und wir haben dabei das Erfreuliche erlebt, daß unseren Marinemannschaften von dort die höchsle Anerkennung für ihr Es ist nötig, daß wir gegenüber
Marine
Auftreten zuteil geworden ist.
' i rr. 4. 2 . w c 6 * 210 8. Em rm m , = d ten Auslande uber die Werhaltnisse bei ümns bestehen, zeigen, daß bei uns in der Marine wieder ein Geist und eine Ordnung herrscht, die dem deutschen Volke Ehre macht.
Jedenfalls ist die kleine Marine imstande, das zu leisten, was wir von ihr fordern und fordern müssen. Das gilt auch für den Fischereischutz. Gerade in einer Zeit, wo so vieles gärt, wo man weiß, daß hinter dem deutschen Volk keine starke Macht mehr steht, ist es um so nötiger, daß wir hier wenigstens den notwendigen Schutz geben können.
Der Herr Abgeordnete Hünlich hat mit Necht darauf hin⸗ gewiesen, daß der Erziehung der Marine im Innern ganz be⸗ sonderes Augenmerk zugewendet werden muß, und zwar in gleicher Weise der Erziehung des jungen Offizierkorps, wie der Erziehung der Unteroffiziere und Mannschaften. Da Herr Hünlich selbst an der Wasserkante lebt und ein genauer Kenner der Verhältniffe ist, weiß er, daß die Verhältnisse bei der Marine wesentlich schwieriger sind als bei den Landtruppen. Der Wechsel zwischen Borddienst und Landdienst hindert eine mechanische Uebertragung des Aus⸗ bildungsplanes für das Heer auf die Marine. Nachdem aber die Fragen für das Heer, vor allem auch bezüglich der Berechtigung, gelöst gewesen sind, haben wir ungesäumt die Arbeit in Angriff genommen, nun auch für die Marine das Nötige zu schaffen.
Besondere Schwierigkeiten haben wir gerade hier deshalb, weil wir nicht mehr wie früher durch die Aushebung in der Marine über das notwendige technische Personal verfügen unen, wie das früher der Fall gewesen ist, weil wir uns jetzt vielfach das technische Personal erst mühsam anlernen müssen. Daß dadurch der Dienst vielfach außerordentlich anstrengend und aufreibend wird, brauche ich nicht extra hervorzuheben. Daß er gerne und willig von unsever jungen Marinemannschaft geleistet wird, dafür darf ich in dieser Stelle besonderen Dank aussprechen. Im Untersuchungsausschuß haben vor allem die Verhältnisse in der Marineschule in Mürwik eine eingehende Erörterung er⸗ fahren, und es ist sehr eindrucksvoll gewesen, hier zu hören, welche Schwierigkeiten wir gerade mit den jungen Leuten aus den früheren Marinebrigaden gehabt haben. Die Herren, die näheren Einblick haben, haben ja gesehen, wie energisch hier mit Strafen und Ent⸗ lassungen durchgegriffen worden ist.
Ich bin aber der Auffassung, daß gerade neben der technischen Ausbildung unserer Marineoffiziere es für sie besonders nötig ist, auch zu einer gründlichen und gediegenen staatsbürgerlichen Er⸗ ziehung zu kommen, die sie mit den Grundlagen unseres Ver⸗ fassungslebens und unseres politischen Lebens in einer verständigen Weise vertraut macht. Die Schwierigkeiten liegen für Mürwik darin, daß Mürwirk abseits liegt, und daß es natürlich schwer ist, erste Kräfte für einen derartigen Unterricht zu gewinnen. Ich glaube, wir haben jetzt einen Weg ermittelt, der uns hier hilft. Es ist beabsichtigt, jedesmal am Schluß einer Ausbildungsperiode einen längeren staatsbürgerlichen Kurfus durch geeignete Herren dort abhalten zu lassen.
Mit dem Herrn Abgeordneten Hünlich bin ich der Auffassung, daß wir alles vermeiden müssen, was einer Entfremdung zwischen Wehrmacht und Volk und vor allem einer. Entfremdung zwischen
Wehrmacht — hier Marine — und Arbeite rschaft Vorschub leisten
könnte. Ich habe bei jeder Gelegenheit betont, daß die Wehrmacht keiner Partei gehört, sondern dem ganzen deutschen Volke, und daß sie ihre Aufgabe nur erfüllen kann, wenn sie nicht im Gegen⸗ fatz zu Teilen des deutschen Volkes steht. Das erfordert meines Erachtens — und ich habe das auch immer wieder betont — den entsprechenden Takt, die entsprechende taktvolle Zurückhaltung der Reichswehr im öffentlichen Leben: das, was wir die Entpoliti⸗ sierung des Heeres nennen, das heißt, daß das Heer an den BPartei⸗ kämpfen der Gegenwart einen aktiven äußeren Anteil nicht nimmt. Das erfordert aber auch auf der anderen Seite, daß die Vorgãnge, die sich in der Wehrmacht abspielen, nicht tendenziös entstellt be⸗ sprochen werden, sondern daß auch hier die Kritik sorgfältig ist in der Prüfung des Materials und nicht gehässig in der Darstellung. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Ich glaube, das ist etwas, worauf wir beide uns ohne weiteres einigen können (gustimmung bei den Deutschen Demokraten), und ich darf fest stellen, daß ja gerade auch — ich glaube, im letzten halben Jahre — nach dieser Richtung hin in der öffentlichen Meinung eine wesentliche Beruhigung und eine wesentliche Entgiftung ein⸗ getreten ist. Ich bin speziell auch dem Herrn Vorredner, der, wie ich weiß, auf diesem Gebiete mit tätig gewesen ist und mitgearbeitet hat, besonders dankbar, und ich glaube, wenn wir in dieser Weise zusammenarbeiten, dann werden auch solche öffentliche Er⸗ örterungen, wie sie zwischen dem Kapitän Lampe und ihm vor⸗ gekommen sind, aufhören, und damit wird auch derartigen Er⸗ örterungen von selbst jeglicher Boden entzogen werden.
Der Herr Kollege Hünlich hat dann weiter an mich die Frage gerichtet, wie ich nich zu der Frage der Mißhandlungen in der Praxis stelle, ob ich hier auch wirklich durchgreife. Zu, meiner Kenntnis sind eigentlich nur zwei Fälle gekommen; zunächst ein
Fall von Mißhandlung, au dem ein Unteroffizier beteiligt gewesen
ist. Gegen diesen Unteroffizier ist selbstwerständlich sofort die Klage wegen Körperverletzung erhoben worden. Er ist auf gericht= lichem Wege der Bestrafung zugeführt worden. Da uns die Strafe selbst zu gering erschien, haben wir Berufung gegen das Urteil einlegen lassen. Diese Berufung ist noch nicht erledigt. Da aber von vornherein zweifellos feststand, daß hier eine Mißhandlung vorgekommen ist, habe ich von der sonst üblichen Praxis, zu warten, bis die Gerichtsentscheidung vorliegt, um die nötigen disziplinären Maßnahmen zu ergreifen, abgesehen, sondern habe die fristlose Entlassung des betreffenden Unteroffiziers verfügt.
Den weiteren Fall, von dem der Herr Kollege Hünlich ge— sprochen hat, wo ein junger Mann als Abrichter venvendet worden ist, ist noch nicht endgültig zu meiner Kenntnis gekommen, so daß ich — da ja auch kein Name genannt ist und ich nicht weiß, ob es derselbe Fall ist — keine bestimmte Auskunft geben kann. Richtig ist, daß ein Oberleulnant einen jungen Mann in seiner Umgebung sehr auffallend bevorzugt hat. Der Oberleutnant ist verabschiedet worden und, wenn ich richtig unterrichtet worden bin, auch der betreffende junge Mann. (Abgeordneter Hünlich: Ich gebe Ihnen dann den Namen genau!) — Sollte es ein anderer Fall sein, so ist mir über diesen Fall einstweilen nichts bekaunt. Sccmrnfalls kann darüber gar kein Zweifel sein, daß Mißhand⸗ lungen — und ich eye — wadrücklich auf ehwerletzende Be⸗ schimpfungen aus — unvermeidlich zur Entlassung des Schuldigen führen, daß ich aber auch andererseits denjenigen, der sich das ge= c srm, rä re mn, den Mut zur Beschwerde aufbringt, nicht für würdig halte, weiter zu dienen, und daraus für meine Person die Konsequenzen ziehe. ᷣ Der Herr Kollege Hünlich ist dann weiter auf die Verhältnisse in der Marinewerft zurückgekommen. Wir haben uns ja über diese Fragen im Ausschuß schon eingehend unterhalten. Ich höre eute zum ersten Male, daß Klagen über die Ueberstunden be⸗ tehen ollen. Ich kann nicht beurteilen, wieweit diese Klagen berechtigt sind. Ich muß mir die Nachprüfung vorbehalten. Die Schwierigkeiten liegen ja für die Marinewerft jetzt in der Haupt⸗ sache darin, daß sie viele Instandsetzungsarbeiten vornimmt, daß eine ganze Reihe von Ueberholungen stattfinden müssen, und es ist klar, daß diese Ueberholungen bis zu einem bestimm ten Zeit⸗ punkt fertig sein müssen, damit eben die Schiffe wieder rechtzeitig in Dienst gestellt werden können, weil das von wesentlicher Bedeutung für die ganze Betriebsführung ist. Aber ich möchte meinen, daß hier e. weiteres im Einzelfall ein geeignetes Benehmen zwischen der Werftdirektion und der Arbeiterschaft stattfinden witd und muß. Berechtigten Klagen abzuhelfen, habe ich natürlich das größte Interesse. Es hätte ja gar keinen Sinn — darin stinme ich dem Herrn Kollegen Hünlich zu —, unnötig Ueberstunden zu machen; denn abgesehen davon, daß uns diese Ueberstunden sehr teuer kommen — ich will einmal rein vom Standpunkte des Betriebes aus sprechen — macht uns auch die Beschäftigung der Werft ge⸗ wisse Sorgen, so wie die Dinge heute liegen. Wir haben gerade für die Arbeiterschaft das größte Interesse daran, diese Arbeiten möglichst zu strecken. Denn darüber sind wir uns ja alle einig, daß Wilhelmshaven und Rüstringen mit dem ganzen Betriebe, wie er dort ist, durch die Entwicklung zu den am schwersten ge⸗ schädigten Städten gehören. Es ist alles auf einen viel größeren Betrieb eingestellt, und es handelt sich um Arbeiter, die ein Menschenalter dort gewesen sind und denen man jetzt nicht zu⸗ muten kann, sich irgendwie anders umzustellen. Ich möchte meinen, daß sich hier ohne weiteres eine Verständigung sollte er⸗ zielen lassen.
Ich glaube, daß ich damit auf die wesentlichsten Punkte ein⸗ gegangen bin, oder habe ich noch etwas vergessen? (Abg. Hünlich: Waffentragen der Soldaten! — Die Matrosen haben bei ihrem Dienstanzug keine Pistolen, sondern das sind Privatpistolen, zu deren Tragen sie an sich ebensosehr und ebensowenig berechligt sind, wie jeder von der Zivilbevölkerung berechtigt ist. Sie machen sich also strafbar, wenn sie solche Waffen tragen. Aber das häugt damit zusammen, daß umgekehrt ja auch Reichswehrangehörige be— haupten, angegriffen zu werden. (Abgeordneter Hünlich: aber bei uns in Wilhelmshaven nicht der Fall) — Ich kann nur sagen, daß die Pistole nicht zu der dienstlichen Bewaffnung der Matrosen gehört, sondern das sind eben unerlaubte Wafsen, wie in meiner bayerischen Heimat das griffeste Messer. (Abgeordneter Hünlich: Dagegen können Sie doch vorgehen! — Gewiß wird da⸗ gegen vorgegangen werden, aber ich kann nicht jederzeit jeden Mann untersuchen, ob er eine Pistole hat. (Abgeordneter Hünlich: Alle acht Tage eine Spindrevision! — Herr Kollege Hünlich, ich glaube, Sie wissen selbst zu gut, daß, wenn der Soldat so etwaß⸗
hat, man mit Revisionen da nicht durchkommt, Abgeordneter ⸗
N
Höllein: Na, na, es ist so manches früher bei uns gefunden worden! — Hört, hört! und Heiterkeit rechts und in der Mitte) — Ja, zu Ihrer Zeit, Herr Kollege Höllein, war man offenbar noch nicht so weit. Jedenfalls ist mit regelmäßigen Durchsuchungen nichts getan. Dagegen wird mit unvermuteten Revisionen von mir aus alles geschehen, um diesem Unfug vorzubeugen. Denn das ist richtig, abgesehen von dem Falle im einzelnen bleibt dann immer wieder eine gegenseitige tiefe Verstimmung zwischen der Truppe und der Bevölkerung übrig. Aber auch da wird, glaube ich, die ganze Atmosphäre ruhiger werden. Es sind ja glücklicherweise im großen und ganzen keine politischen Streitigkeiten, um die es sich handelt, sondern es sind vielfach Streitigkeiten, die sich von den Tanzböden auf die Straßen fortpflanzen. Ich glaube, daß auch hier Wandel geschaffen wird.
Die Dinge hängen mit einer anderen Sache zusammen. In dem Alkoholmißbrauch, in der Trunksucht sehe ich im Augenblick wie für unser Volk, so auch für die Verhältnisse in Heer und Marine mit die schwerste Gefahr, in dem fürchterlichen Trinken, das vor allem auch ein Krebsschaden in den Hafenstädten ist, wenn die Leute zurückkommen und über große Geldbeträge verfügen. (Ab⸗ geordneter Dr. Moses: Sie vertragen aber sehr viel) — Leider ist die Sache nicht so, Herr Kollege Moses, daß die Leute sehr viel vertragen. Ich sage das nicht ohne Grund. Als die „Hannover“ in Schweden war, hat unsere Mannschaft sich tadellos verhalten und man hat nicht einen einzigen Betrunkenen während dieser ganzen Zeit in den Straßen von Stockholm gesehen. Bravo!! Das ist mir von dem deutschen Gesandten in Stockholm mit besonderer Befriedigung mitgeteilt worden. Leider ist das Bild, als das Schiff nach Kiel zurückgekommen war und die Kronen gewechselt wurden, das umgekehrte gewesen. (Heiterkeit) Ich habe das aufs tiefste bedauert.
Aber das sind Zeitkrankheiten, und alle Zeitkrankheiten können wir nicht heilen. Wir können sie nur gemeinsam bekämpfen, und ich glaube, wir haben auf diesem Wege — das ist auch von dem Herrn Vorredner anerkannt worden — auch in den letzten beiden Jahren weitere erfreuliche Fortschritte gemacht.
— —
309. Sitzung vom 1. März 1923, Nachmittags 2 Uhr. Bericht des Nachrichten büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)*)
Gegen den Vorschlag des Präsidenten, heute auch das Devisengesetz zu beralen, erhebt Abg. Koenen en, Widerspruch.
Entsprechend den Vorschlägen des Geschäftsordnungs⸗ ausschusses wird die Genehmigung zur Strafverfolgung des Abg. Ernst wegen Betruges und Preistreiberei und die Ermächtigung zur Strafverfolgung des Kaufmanns Karl Beuermann in Hameln und des Bergmanns Roggenkämper in Hombruch wegen Beleidigung des Neichstags versagt.
Die Vorlage über Verlängerung des Kohlen⸗ steuergesetzes geht debattelos an den Steuerausschuß.
Die Novellen zum Gewerbegerichtsgesetz und Kauf mannsgerichisgefsetz werden in drei Lesungen erledigt unter Annahme eines Antrages aller Parteien, wonach die Zuständigkeitsgrenze entsprechend dem gesunkenen Geld⸗ wert von vier Millionen zweihunderttausend Mark der Vorlage auf acht Millionen vierhunderttausend Mark heraufgesetzt wird. Die Regierung wird ermächtigt, diese Grenze im Bedarfsfall mit Zustimmung des Reichsrats und des sozialpolitischen Ausschusses des Reichstags weiter hevaufzusetzen.
Die Vorlage, wonach künftig bei stande samtlichen Eheschließungen tausend Mark Gebühren, und wenn sie außerhalb des Amtslokals vorgenommen werden, fünftausend Mark zu zahlen sind, wird debattelos in allen drei Lesungen erledigt.
Zur zweiten Beratung steh gegen den Beschluß des Reich Solzabgabe im Pressenotgesetz.
Berichterstatter des swirtschaftlichen Ausschusses Abg. Külz: Im Ausschuß ist eine Differenz zwischen den Beschlüssen des Reichsrats und des Reichstags beseitigt worden. Der Reichstag hat beschlossen, die Holzabgabe zugunsten der Presse
auf zwei Prozent zu erhöhen. Der Reichsrat hat hiergegen Ein⸗
spruch erhoben. Der Ausschuß schlägt nunmehr vor, die Holzabgabe mit anderthalb Prozent zu erheben. Wir nehmen an, daß der Reichsrat, der nur bis zu ein Prozent gehen wollte, seine Be⸗ denken fallen lassen wird. Außerdem schlägt der Ausschuß folgende Entschließung vor: Die Reichsregierung zu ersuchen, baldmöglichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, in welchem die Holzabgabe zur Verbilligung des Druckpapiers auf zwei vom Hundert erhöht wird, und fünf vom Hundert von dieser Abgabe den Ländern zur Ver⸗ billigung der Schulbücher zu überweisen.“ Eine Erhöhung auf anderthalb Prozent würde nicht genügen, um eine wesentliche Ver—⸗ billigung des Papiers zu erzielen. Wir wollen aber bei dieser Er⸗ höhung auf zwei Prozent den Ländern und den Holzbesitzern ent— gegenkommen und einen Teil der sich dann ergebenden Gesamt⸗ summe ihnen zur Verfügung stellen für einen im kulturellen Interesse zu begrüßenden Zweck, d. h. zur Verbilligung der Schul⸗ bücher, in erster Linie der Volksschulbücher, Reich und Länder haben die Lehrfreiheit proklamiert, es ist aber bisher dafür nur von seiten der Länder etwas getan worden. Wir wollen auch mit einem Versuch des Reiches vorgehen. Man könnte einwenden, dieses Gesetz habe damit nichts zu tun; es hat wohl damit etwas zu tun, denn fünf Prozent der Abgabe sind schon für die Wissen⸗ schaft vorgesehen; wir gehen nur einen Schritt weiter und wollen den Ländern Mittel für die Schulbücher zur Verfügung stellen. Wir werden sehen, welche Beträge praktisch herauskommen. Es handelt sich um eine Kulturaufgabe des Reiches, die in Angriff ge⸗ nommen werden kann. Ich bitte, den Ausschußantrag anzunehmen.
Das Gesetz wird nach dent Ausschußantrag mit der Er⸗ höhung der Holzabgabe auf anderthalb Prozent angenommen, 46 auch in dritter Lesung. Die Entschließung des Aus⸗ chusses wird gegen die Stimmen der Rechten und eines Teils des Zentrums angenommen.
Der Etat des ReichsLverkehrsministeriums, Abteilungen für Wasserstraßen und für Luft⸗ und Kraftfahr⸗ wesen, wird debattelos erledigt.
Nächste Sitzung Freitag 2 Uhr. (Zweite Lesung der Vorlage, betreffend Dollar⸗Schatzanleihe; Novelle zum Krankenkassengesetz, Vorlage über Versicherung gegen Arbeits⸗ losigkeit.)
Schluß gegen 3 Uhr.
) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden Er Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind,
hoher Pachtpreis gefordert wird.
Preußischer Landtag. 215. Sitzung vom 1. März 1923, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)
Die Beratung des Haushalts der Do mänen⸗ verwaltung wird fortgesetzt.
Abg. Ja coby⸗Raffauf Gentr): Auch wir wollen die Domänen zu Musterwirtschaften ausgestaltet wissen. Die Natural⸗ pacht muß so gehandhabt werden, daß die Art der Bewirtschaftung berücksichtigt wird, wo es die Produktionsverhältnisse verlangen, muß also auch der Kartoffelpreis mit in Betracht kommen. In den Weinbaugegenden muß die Domänenverwaltung die Züchtung bon Qualitäts weinen mit aller Kraft fördern. Den kleinen Winzern ist jedes tunliche Entgegenkommen zu beweisen. (Beifall im Zentrum.)
Abg. Giese (D Nat): Die Urbarmachung und Nutzbar⸗ machung der großen Moore muß in schnellerem Tempo betrieben werden. Die Ansiedlung von Landarbeitern ift dringend wünschenswert; wie soll aber ein Arbeiter unter den heutigen Preisvverhältnissen aus eigener Kraft sich ein eigenes Heim erwerben? Da muß seitens der Allgemeinheit mehr geschehen als bisher. Das gleiche gilt von den Arbeiteriwohnungen. Es ist tatsächlich sehr bedauerlich, daß man vor dem Kriege nicht genügend für einen seßhaften Bauernstand in Ost-⸗ und Wesipreußen gesorgt hat.
Abg. Hagemann (Zentr.) tritt für Abgabe von Land aus Domänen zur Siedlung ein. Wir brauchen annehmbare Be⸗ dingungen für die Landarbeiter, vor allem ausreichende Löhne und günstige Wohnungsverhältnisse. Die Pachtpreise aus den großen Domänen müssen höher angesetzt werden. Der Roggen⸗ preis genügt nicht als Grundlage für die Berechnung der Pacht; je nach den Verhältnissen müssen auch unsere Produkte als Grund⸗ lage genommen werden.
Abg. Stendel (D. Vp.) tritt für die notleidenden Flücht— linge ein und begründet einen auch von den Demokraten unter— stützten Antrag, der das Staatsministerium ersucht, die Ansetzung der landwirtschaftlichen Rückwanderer dadurch zu ermöglichen, daß 1. mit einer großen Zahl von Domänenpächtern sofort in Verhand⸗ lungen darüber eingetreten wird, ob sie bereit sind, bezüglich des größten Teiles des von ihnen gepachteten Domänenlandes auf ihre Rechte aus dem Pachtverträge zu verzichten, falls ihnen der Rest der Domänen als Restgut zum Eigenkum gegen angemessene Entschädigung übertragen wird oder falls eine langfristige . ä, ir. J, i. J Weite werpachtung stattfindet, 2. das Staatsministexium selbst sofort Mittel bereitstellt und die Bereitstellung solcher Mittel vom Reiche erwirkt, die die Möglichkeit schaffen, das in den Händen der . Siedlungsgesellschaften befindliche und durch Erwerb wirklich schlecht bewirtschafteke Güter zu beschaffende Land zur Wiederansetzung der landwirtschaftlichen Rückwanderer zu verwenden.
Abg. Paetze ! (Soz) bekämpft die Art, wie die Enteignung betrieben werde. Die maßgebenden Herren bei den Landlieferungs— verbänden ließen sich bei ihren Entscheidungen von politischen Rücksichten leiten. Wir wollen aber, daß das Siedlungsgesetz nicht ju, einem Schutzgesetz werde für den abgabepflichtigen Land— besitz. Wir wenden uns auch gegen alle Versuche, die Domänen etwa zu beseitigen, um sie in Privatbesitz zu überführen. Deshalb sind wir auch gegen den Antrag Stendel.
Abg. Dr. Krüger-⸗Allerheiligen (D. Nat.) begründet den Antrgg seiner Partei, in die allgemeinen Pachtbedingungen für die Domänen BVestimmungen aufzunehmen, welche dem vorbeugen, daß bei einer Weiterverpachtung von Domänenland und Streu— parzellen unbillige Preise gefordert werden.
Minister für Lardwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Wendorff Was die Frage der Unterverpachtung seitens der Domänenpächter angeht, die von verschiedenen Seiten hier angeschnitten worden ist und über die ich dem hoben Hause eine kurze Zusammenstellung überreicht habe, so darf ich darauf hinweisen, daß bei den neuen Pachtverträgen der Abschluß von Unter— verpachtungen sowohl dem Umfange wie der Höhe des Pachtpreises nach der Einwirkung des Ministeriums unterliegt, so daß also jede Beschwerde auch den Weg ins Ministerium sinden kann und vor allem von uns aus von vornherein darauf ein— gewirkt wird, daß ein ent sprechender und nicht ein unangemessen Ich darf allerdings noch einmal auf die Zusammenhänge verweisen, die ich schon im Ausschuß hervor⸗ gehoben habe und die dahin führen, daß der Kleinverpachtungspreis höher sein muß als der Durchschnitt des gesamten Pachtpreises, wei die Generalunkosten mit auf die Kleinverpachtung geschlagen werden müssen, die Verzinsung des Gebäudekavitals usw., also daß insofern ein glatter Vergleich dieser Zahlen nicht ohne weiteres möglich ist.
Herr Dr. Krüger⸗A Allerheiligen hat, wie im Ausschuß und auch gestern hier, nochmals darauf hingewiesen, daß das Vermögen
von den Pachtliebhabern nicht in ausreichender Höhe ge⸗—
fordert würde. Der Fall, auf den er sich hier bezogen hat, reicht aber schon bis in den Sommer zurück und es ist allerdings zuzugeben, daß infolge der inzwischen eingetretenen katastrophalen Geldentwertung die schließlich geforderte Summe nicht mehr ausreichend genannt werden kann. Bei den neueren Verpachtungen hat eine Erhöhung auf mindestens das Zehnfache dieser Summe bereits stattgefunden. Ich glaube doch, daß nach der Richtung hin das Nötige getan ist⸗ Denn selbstverständlich wollen wir den Wettbewerb nicht allzu eng gestalten, vor allem es den aus den östlichen Provinzen vertriebenen Domänenpächtern nicht unmöglich machen, bei den neu ausgebotenen Domänen mit⸗ zubieten, weil wir davon überzeugt sind, daß selbst bei verhältnis—⸗ mäßig geringem Kapital diese Leute ihre große landwirtschaftliche Vorbildung und Tüchtigkeit mit in die Wagschale zu werfen haben. Da ist es wie gesagt unmöglich und wäre auch vom Standpunkt der Domänenverwaltung aus nicht richtig gehandelt, sie von vornherein von dem Wettbewerb auszuschließen.
Wenn Herr Dr. Krüger⸗A Allerheiligen weiterhin eine Antwort bon mir vermißt hat auf seine Frage, was gegenüber Regierungen ge— schehen solle, die einen unzulässigen Druck auf die Domänenpächter hei den schwebenden Verhandlungen über Erhöhung der Pachten ausgeübt hätten, so darf ich, darauf erwidern, daß mir gestern die Verfügung der Stralsunder Regierung, auf die besonders Bezug genommen worden ist, nicht bekannt war, und ich mich deshalb auch nicht dazu äußern konnte. Ich habe inzwischen Veranlassung genommen, mir ein Stück einer solchen Verfügung zu verschaffen. Da muß ich allerdings feststellen, daß der Vorwurf, den Herr Dr. Krüger gestern mit auffälliger Schärfe unter dem Beifall eines Teiles des Hauses gegenüber der Regierung in Stralsund erhoben hat, sachlich meines Erachtens jeder Begründung entbehrt. Er hat einen Satz aus dem Erlaß herausgerissen und hat den Erlaß nicht im Zusammenhang vorgeführt. Ich werde das nachholen und den Erlaß vorlesen und es dem Urteil des hohen Hauses überlassen, ob irgend ein Druck auf den Domänenpächter ausgeübt worden ist oder ob nicht vielmehr die Regierung durchaus pflichtmäßig das getan hat, was ihr bei der berechtigten Wahrnehmung der Belange des
) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck herdorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben find.
obliegt. Ich lese die Abschrift der Verfsigung der Regierung zu Stralsund vom 21. Februar d. J. wörtlich vor, weil ich eben Wert darauf lege, daß auch das Hobe Haus in die Lage kommt, sich selber ein Urteil aus dem vollständigen Erlaß zu bilden. Es heißt hier:
In dem Schreiben vom 19. 8. M. baben Sie es abgelehnt, dia von dem Herrn Landwirtschaftsminister durch den Ihnen bekannten Erlaß vom 26. Juli 1922 nebst Ergänzungen verlangte höhere Pacht, deren Betrag wir Ihnen durch unsere Verfügung vom 12. Oktober vorigen Jahres mitgeteilt baben, für die Zeit vom 1. April dieses Jahres bis zum Ablauf Ihrer Pachtzeit, d. 4 bis zum 1. Juli 19... zu bejahlen und uns einn erheblich niedrigere Pacht an geboten, die nach unserem Dafürhalten dem Werte und dem Ertrage des Pachtobjeftes unter den jetzt obwaltenden wirtschaftlichen Verhältnissen durchaus nicht angemessen ist. Auch wollen Sie die angebotene höhere Pacht anders, wie es der Herr Minister verlangt, berechnel haben und haben außerdem die Bewilligung dieser Pacht noch von der Erfüllung verschiedener Bedingungen abhängig gemacht, wie solche der hiesige Domänenpächterverband in einer dem Herrn
t. überreichten Entschließung
preußischen Staates
er
Minister mit Schreiben vom 8. d. M. ü aufgestellt hat. Durch Erlaß vom 16. d. M der Herr Minister dem Vorsitzenden des hiesigen Domänenpächter ds nunmehr mit⸗ geteilt, daß an den Grundsätzen der Pachterhöhung, wie folche in dem eingangs erwähnten Erlasse we t sind, eine Aenderung nicht mehr;
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. gebenst anheim, — ich bitte, jetzt auf
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2m 211
mn 2 6 2 I 2 Sshrenzsh 2 kücksicht auf den Erlaß des Herrn Ministers etzte Erklärung über die geforderte höhere 1 unterziehen und gegebenen
erneuten Prüfung zu estens in der Woche vom 26. 8. M. bis einschließlich 3. März d
oder?
zun ride MX Zubotige Un⸗
in der Zeit von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittags von 4 bis 6 Uhr Nachmittags zu verhandeln. meldung durch Fernruf oder Postkarte bei unserem Domänenbürg ist zweckmäßig. Sollten Sie an Ihrer letzten in dieser Angelegen⸗ heit abgegebenen Erklärung fesnhalten, keine weitere Erklarung abgeben und während der genannten Zeit auch nicht hier zu einer mündlichen Verhandlung erscheinen,
— also der Weg zur Verhandlung ist fortdauernd offengelassen
worden —
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so werden wir annehmen, da X
die höhere Pacht in der vom Herrn Minister verlangten Höhe und nach den von ihm für ihre Berechnung aufgestellten Grundsätzen ablehnen, was uns nötigen würde, bei dem Herrn Minister die Erlaubnis zur Erhebung der Klage gegen Sie auf Aufhebung der Pacht und Räumung der Domäne zum 1. Juli d. J. vor den ordentlichen Gerichten einzu⸗ holen. (Hört! hört!) Ich glaube, daß das ein durchaus einwandfreies Bern fahren ist. (Widerspruch und Zurufe rechts: Pachtschutzordnung) — Wir wollen uns hier in keine juristische Auseinandersetzung über dle Voraussetzungen der Klage auf Aufhebung von laufenden Pachtverträgen einlassen, die durchaus gegeben sein können. Die Sache liegt doch so. Es wird versucht, mit dem betreffenden Domänenpächter bis zum letzten Punkte zu verhandeln. Der Domänenpächter lehnt eine Aeußerung ab. Dann sagt der Regierungspräsident: du willst leider nicht per⸗ handeln, ich muß dem Minister pflichtmäßig vorschlagen und
die Genehmigung einholen, ob eine Klage losgelassen werden soll oder ĩ
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nicht. Die Entscheidung in jedem ich mir vor, wie auch in bom 26. Juni unter ausgeführt die Entscheidung ausfällt, wird man von nicht wissen, aber ich hoffe doch, daß der Landtag überzeugt ist, daß diese Entscheidung nach rein pflichtmäßigem, fachlichem Ermessen ge⸗ fällt werden wird ohne jede persönliche Voreingenommenheit oder Gereiztheit gegenüber den Domänenpächtern, mit denen ich, wie ich bereits gestern und an anderer Stelle ausgeführt habe, in einem günstigen Verhältnis zu leben mich bemühe. Ich muß also die Vor⸗ würfe, die gegen die Regierung in Stralfund insbesondere und viel⸗ leicht gegen die Regierungen im allgemeinen gerichtet wo sind, durchaus zurückweisen. Der Regierungspräsident in Stralsund meines Erachtens völlig einwandfrei gehandelt.
Dann, meine Damen und Herren, einige Worte zu den Aus— führungen einiger anderer Herren. Es ist hier, meines Erachtens mit. vollem Recht, darauf hingewiesen worden, daß es Pflicht und Aufa gabe des preußischen Staates sei, auch in erhöhtem Maße dafür zu sorgen, daß die vertriebenen Rückwanderer, unsere Landsleute, die nach dem Osten deutsche Kultur getragen haben, auch wieder, nachdem sie von der Stätte ihrer bisherigen Tätigkeit ver⸗ trieben sind, Gelegenheit finden, sich auf heimischer Scholle⸗ anzusiedeln. In dieser Frage bin ich durchaus mit dem hohen Hause einer Meinung, und bemühe mich fortlaufend, vor allen Dingen auch durch Druck auf die Siedlungsgesellschaften und die Landlieferungs⸗ verbände, Land für diese Siedlungen freizumachen. Nicht ohne Erfolg wie ich hervorheben darf! Ich möchte dem Herm Kollegen Paetzek
** 23 * 251 meinem
pvornherein
nur sagen, daß auch die von ihm hier genannten Güter des Prinzen Friedrich Leopold von Hohenzollern in der Grenzmark unmittelbar davorstehen, für die Besiedlung in Anspruch genommen zu werden. (Bravo) Es wäre ja ein Skandal, wenn anders verfahren werden würde. (Sehr richtig!)
Auch hinsichtlich der Abgabe von Domänenland glaube ich den Beweis geführt zu haben, daß eine außerordentlich große Fläche zur Verfügung gestellt worden ist und große Flächen auch weiterhin zur Verfügung gestellt werden sollen. Bei der Hergabe dieser Domänen auf Grund des § 2 des Reichssiedlungsgesetzes an eine gemein⸗ nützige Siedlungsgesellschaft halte ich es für meine selbstver⸗ ständliche Pflicht, die gemeinnützige Siedlungsgesellschaft darauf hinzuweisen, daß diese Domänen in erster Reihe für die Rückwanderer zur Verfügung gestellt werden müssen. Ich bin der Meinung, daß die Flächen, die hier abgegeben worden sind, doch nicht so unbeacht. lich sind, wie der Abg. Stendel es in einem Zwischenrufe anzunehmen scheint. Ich habe bereits neulich bei der Aussprache über die lande wirtschaftliche Verwaltung darauf hingewiesen, daß bisher immerhin 55 Domänen in einer Gesamtfläche von 21 756 ha zur Neusiedlung abgegeben worden sind, daß daneben 20 000 ba für die Anlieger siedlung gegeben worden sind und daß im Laufe des Jahres erneut 10 Domänen mit einer Fläche von 3370 ka mir Bestedl ung freigegebeg⸗