die Natk. dann wird Wahnsinnig darüber geschimpft, und nach meiner Meinung mit Recht, daß das alles auf Kosten der Arbeiter geht (sebr richtig! bei den Komm.), daß der Wert ihrer Gehälter, ibrer Löhne immer tiefer sinkt. Wird etwas unternommen, um diesen un— natürlichen Zustand zu beseitigen, dann geschieht es nur wieder, um das Kapital zu schützen. (Zurufe bei den Komm) Den Standpunkt, den ich in der Sache vertrete, hat der vormalige Reichswirtschants— minister Herr Schmidt in einem ausgezeichneten Artikel im Vorwärts“ niedergelegt. Bitte, lesen Sie ihn nach! Vielleicht können Sie dabei noch etwas lernen Ich gebe ganz offen zu erkennen, daß ich tzewünscht hätte, daß diese Aktion zur Stützung des Wertes der deutschen Mark schon viel früher erfolgt wäre, dann wären auch all die unangenehmen Erscheinungen nicht eingetreten, die Herr Ab- geordneter Pinkerneil mit Recht kritisiert hat, dadurch, daß wir eist einen Dollarstand von nahezu 50 000 bekommen mußten In dieser, wenn auch kurzen Zeit, hat sich immerhin Handel und Industrie zum Teil mit Devisen eindecken müssen, um Käufe an Rohstoffen zur Einfuhr sicherzustellen, um dann mit einem Mal auf 18 000, 19000 herunterzugehen und um dann auf 23 00 endlich einmal festzubleiben (Zuruf bei den Komm. ). Durch dieses Hin und Herschwanken, durch dieses Nichtfesthalten an dem gegebenen Augen blick ist diese unruhige Lage in Handel und Industrie eingetreten, und wenn dadurch Verluste eingetreten sind, auch für die deutsche Volks⸗ wirtschaft, mag das bedauerlich sein, aber die Pflicht, einzuschreiten, ist nach meiner Auffassung für die Reichsregierung höchste Zeit gewesen, um uns endlich eine stabile Währung zu verschaffen. Ich habe deshalb schon vor reichlich einem halben Jahr die Be— strebungen des damaligen Reichswuischaftsministers Herrn Schmidt, endlich eine stabile Währung bei uns zu schaffen, lebhaft unter—⸗ stützt. Zunächst kam es ia einmal darauf an, die Mark wieder als einen Wertmesser einzusetzen. Denn wenn Geld überhaupt einen Sinn haben soll, so hat es doch nur den, ein Wertmesser zu sein. (Zurufe bei den Komłmm.) — Ja, ich kann doch nicht daür, wenn Sie Zwischenrufe machen, von denen Sie wirklich nichts verstehen. (Lachen bei den Komm) Ich kann nicht dafür, daß Sie bei Beginn meiner Ausführungen Zwischenrufe machen, ohne auch nur zu wissen, welche Gedanken ich überhaupt zum Ausdruck bringen will. Sie ahnen vielleicht das vorher, was ich zu sagen gedenke. Und das müßte Ihnen im Zurückdenken auch an der Marxschen Werttheorie nicht ganz unbekannt sein, das müßten Sie doch wissen, daß Geld nur der Wertmesser der Arbeit ist, um mich so auszudrücken. Deshalb hat die Mark nur Wert, wenn sie einen Dauerwert hat und nicht heute diesen und morgen jenen. Deshalb war es höchste Zeit, daß wir zu einer stabilen Währung gekommen sind, und ich freue mich, daß die Stützungsaktion, die jetzt unternommen ist, im Interesse der Arbeiter auch Erfolg gehabt hat.
Allerdings ist festzustellen, daß die Aktion an der Ruhr, die von Frankieich und Belgien eingeleitet ist, für den deutschen Handel und die deutsche Industrie recht empfindliche Nackenschläge bringt. Wir haben einen nicht unerheblichen Rückgang an Aufträgen aus dem Auslande zu verzeichnen. Das hat seinen Grund nicht in dem Steigen des Dollars und in dem geringen Markstande — das kommt nicht in Frage, weil die Auslandsausträge nur in ausländischer Valuta abge⸗ schlossen werden —, sondern in der unsicheren Lage des Wirtschaftslebens, weil das Industriegebiet an der Ruhr für die deutsche Volkswirtschaft vou ausschlaggebender Bedeutung ist. Der Einbruch in das Indusfriegebiet an der Ruhr hat den Kampf um die wirischaftliche Existenz weiter verschärst. Ich habe mir erlaubt, das letzte Mal bei der vorjährigen Etatsberatung darauf aufmerksam zu machen, daß sich an dem Zustande unserer Wirtschaft bis heute nichts geändert hat, daß unsere scheinbar gute Wirtschaft weiter nichts wie eine Scheinkonjunktur darstellt. Von einer auf⸗ blühenden wirtschaftlichen Entwicklung ist bisher nicht das Geringste zu merken. Daß diese Lage nicht dadurch besser wird, daß man das Herz der deutschen Wirtschaft abschnürt, daß man die gesunde wirt— schaftliche Blutzirfulation hindert, ist selbstverständlich. Ich darf nur daran erinnern, daß im Ruhrrevier 76 o unserer Steinkohlen gewonnen werden, daß wir dort 70 o der Eisenerzeugung und 80 oo der Stahlerzeugung haben; dazu kommen die übrigen Teile des be— setzten Gebiets. Nachdem das ganze Gebiet völlig abgeschnürt ist — und diese wirtschaftliche Frage möchte ich jetzt näher beleuchten — ist an eine Ausfuhr von Kohle und Eisen aus dem Industriegebiet nicht mehr zu denken. Inwieweit noch eine Verbindung in wirtschaftlicher Beziehung mit dem Ruhrkohlengebiet besteht, möchte ich aus gewissen Gründen hier nicht erörtern, weil ich glaube, wir haben nicht nötig, all die Kraftquellen, die uns uoch zur Verfügung stehen, auf öffent⸗— lichem Markte auszutragen. Es mag etwas geheimnisvoll klingen, aber ich halte es aus wirtschaftlichen Erwägungen für notwendig.
Wenn wir uns aber den Erfolg ansehen, den Frankreich und Belgien bisher mit der Besetzung gehabt haben, so haben sie in den ersten sechs Wochen der Ruhrbesetzung 53 000 t Kohle abtransportiert. Das ist nicht so viel, wie früher an einem Tage an Reparations— kohle geliefert wurde. Diese 53 000 t Kohle haben Frankreich und Belgien nur dadurch bekommen, daß sie aus allen Verschiebe— bahnhöfen die Kohlen zusammengestohlen haben, wie das ganze Einbruchsgebiet heute nur noch ein Gebiet ist, in dem Raub, Mord und Diebstahl an der Tagesordnung sind. (Sehr richtig! Herr Dr. Pinlerneil hat schon mit Recht darauf aufmerksam gemacht daß die Aftion Frankreichs und Belgiens vollständig erfolglos gewesen ist, und sie konnte auch nicht von Erfolg gekrönt sein; das ußte jeder, der sich mit wirtschaftlichen Dingen beschäftigt, daß ein Mißerfolg eintreten mußte. Wenn man in Paris damit gerechnet hat, daß man nur das Ruhrgebiet zu besetzen brauche und daß die Beamten, Angestellten, Arbeiter und die ganze Bevöl terung dann mit großer Liebe die französische Ingenieurkommission in Empfang nehmen würden, so hat man sich in dem gesunden Sinn der west— fälischen Bevölterung geirrt. Der Herr Abg. Osterroth hat mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß man mit Bajonetten Kohle nicht sördern kann. Ich bin (überzeugt, mögen auch hier im nicht besetzten Deutschland die Meinungen auseinandergehen, — an der Ruhr sind sich die Arbeiter aller politi— schen Nichtungen darüber einig, daß die Aktion Frankreichs keinen Erfolg zeitigen wir. (Zuruf bei den Kommunisten: Darüber ist hier Feine Meinung! — Aus Ihrem ganzen Verhalten geht aber nicht hervor, daß das Ihre Meinung ist; (Sehr wahr!) wenn es Ihre Meinung ist, dann sollten Sie Ihren abweichenden Standpunkt
kurz und prägnant zum Ausdruck bringen, aber im übrigen die ganze Aktion, den Einigungswillen der Bevölkerung zu stärken suchen. Das lehnen Sie leider ab. (Sehr wahr h
21 — *
h bin überzeugt: wenn, was ja höchst tragisch ist, die Franzosen
mit noch viel größerer Brutalität im Ruhrrevier vorgehen werden, — wirtschaftliche Erfolge werden sie nach der Richtung nicht erzielen. Wenn sie noch so sehr dazu übergehen. Beamte, die ibrem Diensteide getreu handeln, ins Gefängnis zu werfen oder Räume, die dem Handel dienen sollen, wie die Bochumer Handelskammer, zu zertrümmern, zu zerschlagen, zu vernichten, — ich bin überzeugt alle diese Maßnabmen werden daran nichts ändern. Die Besatzungsbehörden machen ja gar keinen Unterschied mehr, ob es sich um Staats oder Privateigentum handelt, wie sie auch keinen Unterschied machen zwischen Organen der Polizei und anderen Personen; friedliche Bürger. Arbeiter, auch Kommunisten, sind verprügelt, geschlagen, gestoßen worden. Nach der Richtung gibt es ja gar keinen Unterschied. Man kann eigentlich gar nicht mehr davon reden, daß nur vereinzelt Mißhandlungen ernolgen, wie sie auch im Kriege mehr oder weniger in Erscheinung getreten sind; sondern das ganze Verhalten der Besatzungstruppen hat schon mehr den Anschein, als wenn dort an der Ruhr ein paar Tausend Sadisten ihr trauriges Gewerbe ausüben. Es ist ein großes Quälen. (Sehr wahr!) —
Es wird sich auch nichts ändern, wenn man jetzt für gewisse Versehlungen Todesstrafen setzen will. Ich bin überzeugt und habe das Zutrauen, daß alle diese Maßnahmen unsere Volksgenossen, die in der vordersten Linie des Treffens stehen, nicht beeinflussen werden, sondern daß sie nach wie vor voll und ganz ihre Pflicht und Schuldig⸗ keit erfüllen werden. (Bravo!)
Ebenso selbstverständlich ist es, daß die Preußische Staatsregie⸗ rung und die Regierung des Reiches ihre Aufgabe nur erfüllen kann, wenn sie ihre Maßnahmen ständig im engsten Einvernehmen mit der Ruhrbevölkerung trifft. Das ist natürlich nur möglich, wenn sie diese
enge Verbindung durch persönliche Fühlungnahme herstellt. Die Minister in Preußen und im Reiche denken gar nicht daran, fünftig, weil man es nicht mehr haben will und
mit strenger Strafe bedroht, das Ruhrgebiet zu meiden. (Zuruf bei den Komm.: Die Helden) Wenn wir es für nötig halten, werden wir persönlich mit der Bevölkerung des Ruhrgebiets Fühlung nehmen und gemeinsam die Maßnahmen besprechen, die erforderlich und nötig sind. (Lebhafter Beifall Wir werden das selbst auf die Gefahr hin tun, daß wir uns irgendwelchen Unannehmlichkeiten aussetzen. Aber, meine Damen und Herren, die Bevölkerung des Ruhrgebiets ist ja täglich und stündlich in der unendlich großen Gefahr, und es wäre pflichtvergessen von uns, wenn wir anders handeln würden. (Erneuter lebhafter Beifall) Damit werden wir nicht Helden oder besonders hervorragende Männer im Lande, sondern jeder einzelne tut damit nur einfach seine Pflicht (sehr richtig! Bravo!), wir tun damit gar nichts Besonderes. Ich betone und unterstreiche das nur, um ganz deutlich diesen Willen zum Ausdruck zu hringen.
Noch vor gar nicht langer Zeit habe ich Gelegenheit gehabt, mit der Bochumer Handelskammer die Wirtschaftsfragen zu erörtern, die Herr Abg. Pinkerneil hier soeben mit Nachdruck ver⸗ treten hat. Deshalb ist mir das schöne Gebäude so sehr in Er— innerung, und es war für mich wirklich ein besonders empörender Gedanke, als ich hörte, daß die Besatzungstruppen dort wie Vandalen gehaust haben.
Aber wenn es den Besatzungstruppen und Frankreich nicht ge— lingen soll, Erfolg zu haben, dann müssen wir uns auch daran ge— wöhnen, die Zähne zusammenzubeißen wie die Ruhrbevölkerung, und wir dürfen hier nicht daran denken, die Nerven zu verlieren.
Besonders möchte ich das der Presse sagen. Der Ruhr⸗ presse muß Anerkennung dafür ausgesprochen werden, daß sie ohne Räcksicht auf den Willen der Besatzungstruppen, ohne Rücksicht auf die Anordnungen der Befehlshaber ihre Meinung in ihren Blättern rückhaltlos der Bevölkerung zum Ausdruck bringt (bravo!), soweit sie dazu in der Lage ist. Daß sie das tut — obgleich sie ja ziemlich stark unter Zensur und Bewachung steht, obgleich umfangreiche Ver— bote erfolgen — beweisen die Mitteilungen, die trotz aller Verbote immer noch in die Bevölkerung hineindringen; und manche Zeitung in Berlin und in anderen Teilen des nichtbesetzten Gebiets Deutsch— lands könnte sich an dieser rücksichtslosen Stellungnahme ein Beispiel nehmen.
Zur Beruhigung möchte ich besonders zum Ausdruck bringen, daß ein Mangel an Beschäftigung im Ruhrrevier bis zum Augenblick nicht in die Erscheinung getreten ist und auch kaum in nächster Zeit in die Erscheinung treten wird. Das einzige Ge⸗ werbe, das seit der Besetzung sehr stark gelitten hat, das Bau gewerbe, ist sofort wieder dadurch in das Wirtschaftsgetriebe ein⸗ gesetzt worden, daß auf meinen Antrag Reichsregierung und Staats regierung sich bereit erklärt haben, alle zur Verfügung stehenden Mittel sofort für die Bautätigkeit einzusetzen. Das ist notwendig, damit die Bauten nicht zum Erliegen kommen, sondern weitergeführt werden können.
Allerdings kann nicht geleugnet werden, daß die Ruhrbesetzung, die Abschnürung von Kohle und Eisen einen starken Einfluß auf den unbesetzten Teil Deutschlands ausübt. Wir müssen daran denken, daß das Ruhrkohlengebiet monatlich 8 Millionen Tonnen Steinkohle gefördert hat, und wenn wir die ganze Re— parationskohle nur aus der Ruhrkohlenerzeugung aufgebracht hätten ⸗ dann würden wir für unsere deutsche Volkswirtschaft immer noch 6 Millionen Tonnen monatlich zur Verfügung haben. Diese sind für uns jetzt ganz ausgefallen mit Ausnahme der wenigen Rand—
zechen, die uns noch zur Verfügung stehen. (Zuruf) — Ganz recht, der Selbstverbrauch spielt ja dabei auch eine erheb— liche Rolle, Herr Kollege Engberding. Ich gebe zu, daß
auch der Zechenselbstverbrauch ein sehr hoher ist und für die Tirtschaft des Ruhrgebiets unter allen Umständen eingesetzt werden kann. — Das Manko ist für unsere deutsche Volkswirtschaft aber doch so groß, daß es durch die wenigen Randzechen, durch Ober— schlesien und die übrigen hier und da zerstreuten Steinkohlenzechen nicht wettgemacht werden kann. Wenn aber auch eine starke Kon— tingentierung unserer Kohlenversorgung einsetzen muß, so bestehen doch keine Befürchtungen für unsere Volkswirtschaft, weil die Arbeiter der nichtbesetzten Zechen einschließlich der Braunkohlengruben sich in dankenswerter Weise bereit erklärt haben, Ueberschichten zu ver—
fahren und Sonntags zu arbeiten. (Bravo) Das ist kein angenehmer Zustand, außerhalb der üblichen Arbeitszeit noch neue Kohle zu fördern; aber die Arheiterschaft dieser Zechen, auch der Braunkohlenreviere, wo ja ununter⸗ brochene Arbeitszeit in Frage kommt, hat gern und freudig der Anregung Folge geleistet, Sonntags zu arbeiten, wie diese
—
Arbeiterschaft auch der Auffassung ist. daß man den Gedanken der
Verlegung von Hauern in den nichtbesetzten Kohlenzechen mit allem Nachdruck versolgen muß.
.
y * X
—
Das schließt natürlich nicht aus, daß wir in erheblichem Um fange englische Kohle einführen müssen. Wir haben ez ja schon vor dem Kriege in erheblichem Umfange getan, wir baben es nach dem Kriege nicht in dem Maße tun können. wir müssen etz jetzt wieder tun, und der gegenwärtige Stand unseres Wertmessers, unserer Mark, gibt uns auch die Möglichkeit dazu. Auch ein Grund, weshalb die Stabilisierung unserer Währung eine zwingende Not- wendigkeit war.
Viel wichtiger als die Versorguug mit Koble im unbesetzten Teil ist allerdings die Versorg ung mit Robeisen und Halb fabrikaten. Hier kann die Einfuhr nur wenig ausgleichen, ob. gleich sie auch hier in der letzten Zeit so stark fortgeschritten ist, daß in absehbarer Zeit Befürchtungen nicht gehegt zu werden brauchen, daß unsere eisenverarbeitende Industrie zum Erliegen kommt. Richtig st — das kann ganz offen gesagt werden — daß an einigen Stellen sich Störungen bemerkbar machen. Aber dlese Störungen zu beseitigen, und dafür zu sorgen, daß die Wirtschaft in enger Verbindung mit der
Staatsregierung bleibt, daß die Wirtschaft im Gang erhalten werden kann, wird neben der Frage der Ruhrbesetzung unsere vornebmste Aufgabe sein müssen sowie wir weiter
unsere Aufgabe darin erblicken, wenn wirklich die Zufuhr von Kohle und Eisen für unsere weiterverarbeitende Industrie nicht in dem Maße sichergestellt werden kann, wie es wünschenswert und notwendig ist, daß dann die Staatsregierung alles zu tun hat, um nicht etwa ein großes Arbeitslosenheer zu schaffen, das mit Arbeitslosenunterstützung über Wasser gehalten werden muß. (Sehr richtig) Einen solchen Zustand können wir einfach wirtschaftlich nicht ertragen, und darum haben wir alle vom Staate in Aussicht genbmmenen Bauten und sonstigen Arbeiten so weit vorbereitet und in Angriff genommen, daß, wenn wirklich stare Störungen des Wirtschaftslebenz an verschiedenen Stellen eintreten, sofort Staatsaufträge herausgegeben werden können, die die Produktion wirksam unterstũtzen. (Bravo!)
Herr Abgeordneter Dr. Hager hat lebhaft beklagt, daß bei sinkendem Dollarstande kein Preisabbau, besonders bei Lebensmitteln, eingetreten ist, und Herr Abgeordneter Dr. Pinkerneil hat mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß man, wenn man von Wu che d spricht, nicht immer nur an kleine Geschäftsleute denken soll, die in enger Verbindung mit dem kaufenden Publikum in erster Linie den Stoß auszuhalten haben, der sich durch Unwillen bemerkbar macht. (Sehr richtig! bei den Kommunisten) Ich mache darauf aufmerksam, daß wir die ernste Pflicht haben, alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um den Wucher zu bekämpfen. Ich gebe zu, daß es eigentlich von gewissen Kreisen der Bevölkerung richtiger sein würde, wenn sie aus Eigenem dafür sorgten, daß solche Maßnahmen nicht erst nötig sind. Da wir aber damit nicht rechnen können, hat die Regierung die Pflicht, jeder wucherischen Ausbeutung der Notlage des Volkes entgegenzutreten. (Zurufe bei den Kommunisten: Wie wollen Sie das machen?! — Wenn die Frage aufgeworfen wird, wie wir das machen wollen, so darf ich zunächst darauf aufmerksam machen, daß wir in enger Verbindung mit den Gewerk— schaften aller Richtungen diese Frage eingehend erörtert haben. (3Zurufe bei den Kommunisten: Und das Resultat?! — Einen Augen⸗· blick Wir sind da zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Verschärfung der Wucherbestimmungen über das Maß des gegenwärtigen Standes hinaus ganz unmöglich ist. (Lachen und Zurufe bei den Kommunisten.) Eine andere Maßnahme würde höchstens die gewesen sein, daß man die Todesstrafe eingeführt hätte. (Zurufe bei den Kommunisten) — Ich kenne auch viele Kommunisten, die Wucher treiben. (Sehr gut — Zurufe bei den Kommunisten: Namen nennen! Eine gemeine Verdächtigung! Nennen Sie den Namen, der Mann wird aus. geschlossen) — Aber Herr Abgeordneter Scholem, Sie tun ja gerade so, als wenn das eine Eigentümlichkeit anderer Leute wäre. (Zuruse bei den Kommunisten) Die Frage des Wuchers — (Zuruf bei den Kommunisten: Die Frage des Wuchers ist eine Frage des zer— fallenden Kapitalismus) — Die Frage des Wuchers ist nicht eine Frage der Klassen, sondern eine Frage der Ausnutzung der Notlage des Volkes, und es gibt nun mal Menschen aller Parteirichtungen, die ohne Rücksicht auf die Notlage des Volkes diese Notlage aus—= nutzen und Wucher treiben. (Sehr richtig) Da können Sie nach der Richtung hin das Gegenteil behaupten; damit wird nichts be⸗ wiesen. (Zurufe bei den Kommunisten) — Aber es würde doch wünschenswert sein, nachher von dem kommunistischen Redner mal zu hören, wie er sich eine Wucherbekämpfung denkt; es würde sehr wünschenswert sein, mal die Vorschläge zu hören, wie denn in einer freien Wirtschaft dem Wucher entgegengetreten werden soll. (Zurufe bei den Kommunisten: Aha, in einer freien Wirtschaft! Erfassung der Sachwerte) Wenn die bestehenden Wucherbestimmungen richtig angewendet werden und wenn die Bepölkerung die Maßnahmen der Regierung wirksam unterstützt, dann wird wirklicher Wucher auch mit Erfolg bekämpft werden.
Die Erfassung der Sachwerte kann nur erfolgen, wenn die Mehrheit des Volkes, die im Parlament ihren Niederschlag findet, es nachdrücklichst verlangt. (Zuruf bei den Kommunisten) — Meine Damen und Herren, ich bin begierig — ich habe ja ausdrücklich darum gebeten — von dem kommunistischen Redner nachher Ratschläge nach der Richtung hin entgegenzunehmen. Soweit wir auf Grund der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen — — (Erneute Zurufe bei den Kommunisten.) — Ja, ich kann sie doch nicht ändem. Bitte, sorgen Sie durch Mehrheitsbeschluß dafür, daß sie geändert werden, dann habe ich nichts dagegen. (Zuruf bei den Kommunisten. — Ach, Herr Kollege Pieck, hätten Sie doch bloß Sachsen nicht wieder genannt. Sie sorgen doch dafür, daß die sächsische Regierung keine wirksamen Maßnahmen treffen kann. Sie sorgen ja dafür, daß die sächsische Regierung, die nach Ihrer Ansicht ja nicht von Bürgerlichen infiziert ist, keine Maßnahmen gegen den Wucher treffen kann, weil Sie sie daran hindern. (Zurufe bei den Kommunisten.)
Meine Damen und Herren, ich habe es für meine Pflicht gehalten, gerade auch dem Wunsch des Herrn Kollegen Dr. Hager entsprechend, die Handelskammern darauf aufmerksam zu machen, daß die Preis“ gestaltung der Lebensmittel in keiner Weise mit dem gegenwärtigen Wertstand der Mark in Einklang steht. Ich bin über ⸗ zeugt, daß, wenn diese Mahnung, die ja zunächst nur eine solche sein kann, keinen Erfolg haben wird, dann — darin sind der Herr Reichs— wirtschaflsminister und ich völlig einer Meinung — Maßnahmen geseßzlicher Art getroffen werden müssen, um diesen Widerspruch — will ich mal sagen — zu lösen.
Es ist gewünscht worden, daß man der Frage der Händler besondere Aufmerksamkeit zuwenden soll. Ich kann die Erklärung abgeben, daß ein Erlaß herausgegangen ist, alle Großhandels erlaubnisse nachzuprüfen. Alle Handelserlaubnisse, die ein⸗
mal ausgestellt worden sind, müssen in bezug auf das Bedürfnis und die Zuverlässigkeit der Händler nachgeprüft werden. Da die Händler und Verbraucher in den Ausschüssen zusammen arbeiten, bin ich überzeugt, daß man eine sehr große Reinigung vornehmen wird.
Der Herr Abgeordnete Hager hat dann weiter darauf aufmerk-⸗ sam gemacht, daß ein sehr starker Mangel an Zahlungs- mitteln gegenwärtig besteht. Ich glaube nicht, daß dieser große Mangel an Zahlungsmitteln jetzt noch vorhanden ist. Wir haben einen starken Mangel an Zahlungsmitteln gleich nach der Ruhr ⸗ besetzung gehabt, und das war ganz natũrlich, weil die Reichsbank, der Reichsfinanzminister und auch ich Wert darauf gelegt haben, daß in allererster Linie die Ruhrbevölkerung mit Zahlungsmitteln versorgt werden sollte. Es ist deshalb zu beklagen gewesen, daß in verschiedenen anderen Teilen Deutschlands Zahlungsmittel in dem erforderlichen Kklusmaß nicht zur Verfügung standen. Jetzt liegt irgendeine Ursache zur Beunruhigung nicht vor. .
Viel wichtiger und viel bedeutsamer ist die Frage der Kredit- not, in der wir uns gegenwärtig befinden. Die Herren Vorredner haben damit durchaus recht, daß besonders das Kleinhandwerk, der Kleinhandel unter einer starken Kreditnot leiden. Besonders im Ruhrrevier ist ja der Mangel an Kredit deshalb so sehr in die Er— scheinung getreten, weil das Ruhrrevier in starkem Maße abgesperrt ist und eine Verwertung der Erzeugnisse nicht erfolgen kann und weil die Besatzungsbehörden in starkem Ausmaße Mittel, die diesen Nach⸗ teil beheben sollten, mit Beschlag belegt haben. Ich kann hier die Erklärung abgeben, daß die Reichsregierung und die preußische Staatsregierung darin völlig einig sind, daß allen diesen Bevölkerungs— kreisen — Handwerk, Handel und Industrie, ich mache gar keine Aus—= nahme nach der Richtung hin — unter allen Umständen Kredit in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt werden muß. Die Kredit not darf nicht zu einer Tragik für die deutsche Wirtschaft werden.
Meine Herren, so viel darüber!
Lassen Sie mich noch ein paar Worte sagen zu dem gegen wärtigen Stande der Wirtschaftslase überhaupt. In Paris beschäftigt man sich gegenwärtig mit den Bedingungen, die man Deutschland stellen will, um die Ruhraktion zu beendigen. (Zuruf von den Kommunisten.) — Ich sage: in Paris beschäftigt man sich mit den Bedingungen, die Deutschland gestellt werden sollen; man erwägt sogar den Plan, England bei diesen Verhandlungen nicht
zu beteiligen. Daß wir — sowohl die preußische wie die Reichs— regierung — im gegenwärtigen Augenblick keine Ursache haben, zu
*.
diesen Dingen Stellung zu nehmen, ist eine Selbstverständlichkeit. Ich kann deshalb nur das eine sagen: Wir können keine Venpflich—⸗ tungen anerkennen, die wir nicht erfüllen können. Darüber müssen wir uns von Anfang an klar sein. Irgendwelches Gaukelspiel nach der Richtung hin, daß man Zusagen macht, von deren Erfüllungs— möglichkeit man von vornherein nicht überzeugt ist, wäre das aller größte Verbrechen, das dem deutschen Volke zugefügt werden könnte. (Sehr richtig! — Zurufe bei den Kommunisten) Ich weiß auch nicht, wie wir Reparationsleistungen erfüllen sollen, wenn das wich tisste Gebiet unserer deutschen Volkswirtschaft besetzt und durch die Besetzung völlig ausgeschaltet ist, und ich stimme deshalb dem Ent— schließungsantrage der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei auf Drucksache Nr. 4819 durchaus zu. Der Abgeordnete Osterroth hat sich hierüber schon ausgesprochen. Ich kann mich daher auf seine Worte beziehen und will hoffen, daß diese überaus wichtige Ent⸗ schließung von dem hohen Hause einstimmig angenommen wird. Ich trete dem Herrn Abgeordneten Osterroth auch durchaus darin bei, daß der Kampf im Ruhrrevier sich nicht auslösen darf in die Formel, wieviel Prozent der Ruhrproduktion den französischen Industriellen zugestanden werden kann. (Zuruf bei den Kommunisten) — Das ist ja gar nicht wahr. Sie erzählen etwas, was Sie gar nicht verant- worten können. Ich bin vielmehr der Ueberzeugung, daß die Re— gierung, die eventuell Verhandlungen zu führen hat, sich dabei von dem Gedanken der Wohlfahrt und der Existenzmöglichkeit des deutschen Volkes leiten läßt. (Sehr richtig) Helfen wir, die wir weitab vom eigentlichen Kampfplatz stehen, daß diejenigen, die an der Ruhr in so ernster Stunde im Interesse des gesamten deulschen Volkes so unendlich viel leiden müssen, diese Aufgabe erfüllen können; sorgen wir vor allen Dingen dafür — und diesen warmen Appell richte ich an die ganze Bevölkerung — daß wir die Kinder aus diesem unmenschlichen Gebiet herausziehen. (Sehr guth Ich glaube, alle Bevölkerungs- kreise ohne Ausnahme erwerben sich einen Verdienst am Volksganzen, wenn sie dazu ihre hilfreiche Hand bieten. Aber wir können auch sonst noch außerordentlich viel tun, indem wir uns mit allen Mitteln, auch in geldlicher Beziehung, hinter die Ruhrkämpfer stellen.
Es ist nun die Frage aufgeworfen worden, wie dieser Kampf an der Ruhr ausgehen mag. Meine Damen und Herren, das weiß niemand. Diese Frage heute zu erörtern, halte ich für müßig. Aber ich halte mich für verpflichtet, darauf aufmerksam zu machen, daß man nur dann auf einen günstigen Ausgang dieser folgenschweren Aktion rechnen kann, wenn das deutsche Volk und die Reichs und die Staatsregierung völlig einmütig zusammenstehen. (Zuruf bei den Kommunisten — Jawohl, nationale Einheitsfront! (Lebhafter Bei fall. — Zurufe bei den Kommunisten.) Ich darf erfreulicherweise fest⸗ stellen, daß in einer gemeinsamen Sitzung des Reichskabinetts und des Preußischen Staatsministeriums am 28. Februar, in der alle Ruhr⸗ fragen aufs eingehendste besprochen worden sind, der Herr Reichskanzler am Schluß der Sitzung feststellen konnte, daß in allen grundlegenden Fragen zwischen den beiden Regierungen völlige Uebereinstimmung besteht (Bravoh, und daß alles dummes Gerede daran nichts ändern kann, das dumme Gerede nämlich, das dahin geht: der Kampf an der Ruhr wird schon Erfolge zeitigen, wenn nur die Regierung fest bleibt. Einer derartigen Mahnung bedarf es nicht, weil sich die Regierung sowohl im Reich wie in Preußen darüber völlig im klaren ist und weiß, was bei diesem Ruhrkampf auf dem Spiele steht. Damit, meine Damen und Herren, entfällt auch alles Rätselraten, welche Stellung die Regierung für die Zukunft einnehmen wird.
Besonders möchte ich diese Mahnung, wie ich es schon einmal getan habe, an unsere Presse im nicht besetzten Teil Deutschlands richten. Die Stellungnahme verschiedener Preßorgane kann den Kampf an der Ruhr nicht fördern, sondern ihm nur Nachteile zufügen. Ich will mich auf Einzelheiten nicht einlassen. Ich halte es aber trotzdßem für nötig, darauf aufmerksam zu machen, daß mir diesen Kampf nur dann wirksam unterstützen können, wenn wir uns auch in manchen Aeußerungen, die besser ungesagt bleiben, Maß auferlegen. (Sehr richtig! bei der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei und im Zentcum)
Für besonders wichtig und notwendig halte ich es, daß alle nationalistischen Treibereien unterbleiben. Man hat ja an der Ruhr auch versucht, den Kampf in übernationalistischer Beziehung sich aus
*
wirken zu lassen. Aber die gesamte Ruhrbevölkerung, ganz gleich, wo sie politisch steht, hat eine solche Hurrastimmung abgelehnt; sie will nicht, daß dieser ernste Kampf in irgendeiner Weise nationalistisch ausgebeutet werden soll. Es ist auch deshalb nach meiner Auffassung ein sehr schwerer Fehler, wenn in einigen Preßorganen untersucht wird, wer denn jetzt schon den Dolch schleift, um den Ruhrkampf um den Erfolg zu bringen und ihm Schwierigkeiten zu bereiten. Ich halte es auch für einen außerordentlich schweren Fehler, wenn an einen Kampf mit wirklichen Waffen appelliert wird. Ich erinnere daran, daß Herr General von Deimling, ein Fachmann auf militärischem Gebiete, in einem ausgezeichneten Artikel in einer Berliner Zeitung diese Be⸗ strebungen als Wahnsinn bezeichnet hat. Ich glaube, wir sollten uns darüber einig sein, daß wir bei unserem guten Recht keine anderen Mittel nötig haben, daß wir dabei wohl einen sehr schweren Stand haben, daß es uns überaus schwer wird, diesen Angriff gebührend abzuwehren, aber ich bin überzeugt, daß wir nur dann in unserem Kampfe die ganze Welt auf unserer Seite haben, wenn wir als Waffe lediglich unser gutes Recht einsetzen.
Ich halte es weiter für meine Pflicht, auch an dieser Stelle dem hohen Hause zum Ausdruck zu bringen, daß eine viel größere Erkenntnis der Lebensnotwendigkeiten in vielen Bevölkerungskreisen im gegenwärtigen Augenblick dringend am Platze wäre. (Sehr richtig! bei der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei. — Zurufe bei den Kommunisten.) — Lassen Sie mich doch ausreden! Es mag Ihnen ja nicht gefallen, das gebe ich ohne weiteres zu; aber ich rede nicht, um Ihnen zu gefallen, sondern um hier meine Meinung zu sagen.
Ich will deshalb besonders daran erinnern, daß ich es im Interesse des Ruhrkampfes nicht für wünschenswert halte, wenn der Besitz dar— über mit sich herumfeilschen läßt, wieviel an Steuern er gegenwärtig mehr zu bezahlen hat, und welche Aufgaben er nach dieser Richtung hin zu erfüllen hat. Das Schicksal des Volkes liegt jetzt beim Volke selbst und bei seinen Vertretern in den Parlamenten. Wenn dort die richtige Erkenntnis auch in der Steuerpolitik einsetzt, können wir — davon bin ich überzeugt — auch dem weiteren Kampf in aller Ruhe entgegensehen.
Ich halte mich ebenso wie alle bisherigen Redner für verpflichtet, der Bevölkerung des Ruhrreviers für den heldenmütigen Kampf den Dank der Staatsregierung zu sagen (Bravo, Dank zu sagen für die großen Aufgaben, die sie in einer überaus schweren Zeit zu erfüllen sich bemüht, und das geschlossene Auftreten aller Bevölkerungskreise den Einbrechern gegenüber veranlaßt uns, nicht diesen Dank nur durch ein Lippenbekenntnis zum Ausdruck zu bringen, sondern ihn auch in die Wirklichkeit umzusetzen.
Ich will im Anschluß daran dann noch einige Anfragen beant⸗ worten, die bereits an mich gestellt worden sind. Es ist darüber Klage geführt worden, daß die preußische Staatsregierung dem Reich gegenüber die preußischen Interessen nicht mit der notwendigen Deutlichkeit vertritt, wie es vom Hause gewünscht wird. Ich gebe gern zu und habe es auch schon in den Sitzungen des Hauptausschusses zum Ausdruck gebracht, daß unsere Mitarbeit bei allen Vorlagen der Reichsregierung nicht so geväuschvoll, will ich einmal sagen, in die Erscheinung tritt, wie es bei andern Länderregierungen der Fall ist. Ich darf aber darauf auf merksam machen, daß die preußische Staatsregierung von den einzelnen Reichsressorts im Vorstadium aller Verhandlungen mit zur Beratung herangezogen wird.
Ich habe, dem Wunsch des hohen Hauses entsprechend, auch einen parlamentarischen Verkehrsbeirat berufen, der zu seiner ersten Sitzung gestern zusammengetreten ist. Ich bedaure nur, datz trotz der wichtigen zur Beratung stehenden Vorlagen, Erhöhung der Gütertarife und Eisenbahnfinanzgesetz, die Anwesenheit der parla— mentarischen Vertreter nur sehr gering gewesen ist. Ich weiß, daß die Geschäftslage des Hauses wesentlich dafür verantwortlich ist, ich möchte aber doch dringend bitten, wenn solche vom Hause gewünschten Einrichtungen Erfolg haben sollen, daß sie dann auch bei den Herren Abgeordneten das Interesse zeitigen, das dabei unter allen Umständen und auf alle Fälle notwendig ist. (Sehr richtigh
Ich kann die Versicherung abgeben, daß bei der Vertretung der preußischen Interessen dem Reich gegenüber alles geschieht, was
irgendwie geschehen kann.
Leider kann ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Hager auf seine Anfrage, wie es mit dem Promotionsrecht der Handels hochschule stehe, nicht die von ihm gewünschte Antwort geben. Der Herr Abgeordnete Dr. Hager irrt aber, wenn er annimmt, ich nähme heute einen anderen Standpunkt ein, als ich ihn früher als Abgeordneter eingenommen habe. Ich habe mich in der ganzen Zeit meiner Amtstätigkeit lebhaft dafür eingesetzt, daß der Handelshoch— schule das Promotionsrecht verliehen werden soll. Die Verhandlungen, die mit dem Kultus- und dem Finanzministerium in der Sache bisher geführt worden sind, sind aber noch nicht abgeschlossen. Der Herr Finanzminister hat mir heute den Entwurf mit dem Bemerken zurück geschickt, daß er zu seinem lebhaften Bedauern den Entwurf nicht mitzeichnen könne, so daß also neue Verhandlungen aufgenommen werden müssen.
Mit Recht ist von den Herren Vorrednern darüber Klage ge— führt worden, daß die Gewerbesteuer den gegenwärtigen Ver⸗ hältnissen in keiner Weise entspricht. Sie ist nicht nur völlig ver⸗— altet, sondern überaus ungerecht. Die Gewerbesteuenpflichtigen sind sich völlig darüber im Klaren, daß sie das nötige Geld aufzubringen
haben. Sie wünschen aber eine gerechte Umlage und eine gerechte Verteilung. Die von mir gemachten Vorschläge hat sich auch das
federführende Ressort, das Ministerium der Finanzen, zu eigen ge⸗ macht, und ich hoffe, daß dem hohen Hause alsbald eine neue Gewerbe⸗ steuerborlage vorgelegt werden wird.
Der Herr Abgeordnete Dr. Pinkerneil hat von mir dringend verlangt, eine Ermäßigung der Frachtsätze auf den Eisenb ahnen zu veranlassen. Ich glaube kaum, daß es mir im gegenwärtigen Augenblick möglich sein wird, diesem Wunsch zu ent sprechen. Ich will nicht sagen, daß dies verhindert werden sollte, vielmehr hat die Absicht beim Reichsverkehrsministerium gar nicht bestanden, eine Erhöhung der Frachtsätze eintreten zu lassen. Einer Neuordnung der Frachtsätze wird besondere Aufmerksamkeit zu schenken sein, und zwar um deswillen, damit wir zu einer geordneten Wirtschaft überhaupt kommen.
.
Die Frachtsätze können nicht nur danach bemessen werden, daß die Eisenbahn in Einnahme und Ausgabe bestehen kann, sondern werden im wesentlichen im Interesse unserer Wirtschaft fest⸗ gesetzt werden müssen. Um einen regelrechten Ausgleich zwischer Bedürfnissen des Nordens und Südens und des Ostens und Westens herbeizuführen, werden die Frachtsätze einer eingehenden Be—
urteilung unterzogen werden müssen, und dazu soll auch in erster
s Linie der parlamentarische Beirat dieses Hohen Hauses dienen.
Es besteht gegenwärtig nicht die Absicht,
8
die Gütertarife zu
1
erhöhen, unter der Voraussetzung, daß der Geldstand so bleibt wie er gegenwärtig ist. Aber immerhin legt der Herr Reichs verkehrs⸗ minister Wert darauf, daß die Reichseisenbahn nicht Zuschüsse vom Reich erfordert, sondern sich selbständig erhält. Insofern wird ja auch das Eisenbahnfinanzgesetz eine wesentliche Erleichterung dadurch schaffen, daß dieses große Wirtschaftsunternehmen sich leichter und beweglicher gestalten kann.
Es ist dann besonders gewünscht worden, daß dem kleinen Hand- werk und Gewerbe in der gegenwärtigen Zeit Aufträge zugewiesen werden sollen. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß ein solches Verlangen gar nicht mehr gestellt zu werden braucht, sondern daß das schon geschieht. Besonders unsere Lan desauftragsstelle achtet sehr darauf, daß diesen Wünschen Rechnung getragen wird.
Der Herr Vertreter der Deutschnationalen hat dann von der Regierung scharfe Maßnahmen gegen den Wucher, gegen den Handel verlangt, die besonders dahin gerichtet sind, daß die Regierung doch zeigen müsse, ob sie etwas kann oder nicht kann Meine Damen und Herren, wenn man von der Regierung scharfe Maßnahmen verlangt, dann muß man auch dafür sorgen, daß die Regierung die Autorität hat, um diese Maßnahmen durchzusetzen. (Sehr richtig! links) Dann muß man nicht jede sich darbietende Gelegenheit ergreifen, um die Autorität der Regierung herabzusetzen. Das gilt ganz besonders Ihrer (rechts, Presse. Wenn ich sie täglich durchsehe, dann muß ich immer wieder die Wahrnehmung machen, daß darin außerordentlich viel gesündigt wird.
Dem Wunsche, bezüglich des Handels mit Altmetallen und Edel. metallen eine Ordnung herbeizuführen, ist schon insofern entsprochen worden, als nach dieser Richtung hin die Gesetzentwürfe gegenwärtig Parlament vorliegen und sicherlich alsbald verabschiedet werden. D
3 2
es
Redner der Deutschnationalen weiter erklärt, daß
.
Dann hat de die von mir erlassenen Verordnungen im Sinne des Betriebsräte gesetzes mit den Bestimmungen des Betriebsrätegesetzes nicht in Ein klang zu bringen seien, weil ich die Mitwirkung der Betriebsräte bei
—
Festsetzung der Strafen angeordnet habe. Meine Damen und Herren,
zunächst ist diese Anordnung im völligen Einvernehmen mi dem Herrn Reichsarbeitsminister erfolgt Aber auch wenn das nicht der Fall wäre, stehe ich auf dem Standpunkt, daß
es unerläßlich ist, daß die Betriebsräte mitwirken sollen und müssen bei allen Strafen, die die Belegschaft betreffen. Es ist für mich unden kbar, daß der Arbeitgeber einseitig Strafen für di Ar—⸗ beiter festsetzt, ohne die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt zu haben.
Dann noch einige Worte zu der ebenfalls angeregten Frage der Handelskammern und Handwerkskammern. Meine Damen und Herren, der Streit darüber, ob die zukünftigen Vertretungen von Hand— werk und Handel aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch oder nicht paritätisch zusammengesetzt sein sollen, ist ja schon ziemlich alt. Die Ansichten in den einzelnen Fraktionen darüber sind geteilt; auch in der Fraktion des Herrn Abg. Dr. Hager besteht darin keine einheitliche Ansicht. Wir haben wiederholt festgestellt, daß bei den Beratungen im Reichswirtschaftsrat und auch an anderen Stellen, insbesondere bet Verhandlungen zwischen Vertretungen der Arbeit—⸗ geber, der Handels und Handwerkskammern mit Vetretern der Arbeiter- und Angestelltenorganisationen, keine Uebereinstimmung nach dieser Richtung hin gegeben ist. Sie besteht nur in jeder Gruppe, wenigstens in gewisser Weise. Die Arbeitgeber sind fast restlos der Ansicht, daß einer paritätischen Zusammensetzung dieser Körperschaften nicht das Wort geredet werden kann, während die Arbeitnehmer organisationen aller Richtungen — Hirsch⸗Dunckersche, Christliche und Freie Gewerkschaften, Arbeiter- und Angestelltenorganisationen — nachdrücklichst verlangt haben, daß diese Körperschaften unter allen Umständen paritätisch zusammengesetzt sein müssen. Weshalb sollen wir uns in diesen Streit einmischen, wo doch immerhin die Möglich— keit besteht, daß die beiderseitgen Interessenvertretungen sich auf einer mittleren Linie einigen werden? Ich meine, in der gegenwärtigen Zeit haben wir doch etwas Wichtigeres zu tun, als diese Frage in den Vordergrund zu stellen. Ich kann mir sehr wohl denken, daß die Frage nur im Zusammenhang mit der Regelung der Bezirkswirt⸗ schaftsräte getroffen wird. Ueberlassen wir diese Regelung den Be⸗ mühungen des Reichswirtschaftsministers und den meinen, die dahin⸗ gehen, zwischen beiden Gruppen eine Verständigung herbeizuführen, die von beiden Teilen angenommen wird. Ich bin überzeugt, daß es diesen Bemühungen gelingen wird, die Gegensätze auszugleichen. Gegenwärtig brennt die Sache nicht, weil ich mir sage, daß der Kampf an der Ruhr unsere ganzen Kräfte anspannt. Lassen wir uns von diesem Kampf jetzt nicht abbringen, sondern setzen wir alle unsere Kräfte für diese große Aufgabe ein, die ich deutlich genug gekenn⸗ zeichnet habe, um sie nicht noch einmal wiederholen zu müssen. Wenn wir diese große Aufgabe überstanden, wenn wir diesen Einbruch in das Herz der deutschen Wirtschaft abgewehrt und wenn wir wieder erträgliche wirtschaftliche Verhältnisse haben, dann wird es unsere Aufgabe sein müssen, all den Fragen unsere Aufmerksamkeit zuzu⸗ der größeren und wichtigeren Aufgabe zunächst
. 8 zr wogen wenden, die wir wegen
zurückstellen mußten.
Abg. Frau Ludewig (Komm.) bekämpft die nat: nale Ein⸗ heitsfront zwischen Arbeitern und Arbeitgebern; ein wirtschaftlicher Aderlaß werde die Folge sein. Die Sozialdemokraten aber unter⸗ stützen eine Einigung zwischen den deutschen und französischen Kapitalisten. Die deutschen Kapitglisten haben am Kriege ver⸗ dient und verdienen erneut an der Ruhrbesetzung. Für die lächer⸗ liche Markstabilisierung hat die Reichsbank Goldmillionen Volksvermögen vertan. Bis jetzt ist den Wucherern noch geschehen, trotzdem so viel von der Notwendigkeit der Bek geredet wird. Wo bleibt der Preisabbau? Man erhöht statt sie abzubauen. Das erleben wir B; bei . produkter, ferner bei Roheisen und Stahl. Unerhör Zuckerwirtschaft; der Zucker geht ins Ausland, und unsere
entbehren ihn. (Abg. Scholem Komm.): Für den Schnar er gebraucht) Die Arbeitsgemeinschaft verelendet nur die noch mehr. Abg. Dr. Grund (Dem): Mit tiefster Sorge versolge: auch wir die Tatsache, daß weite Schichten des Mittelstandes
Geldentwertung für den Wiederaufbau verloren verloren gehen. Die so hoch gekletterten B die Vorrednerin berief, beweisen nich Rückgang der Wirtschaft, denn sie stellen swert bezogen, Rieseneinbußen
der Industriellen ist also von ganz erheblicher worden. (Zurufe bei den K n . Gesellschaften die tellung 8
so würden sehr viele ei B
se Mit dem Minist d d rüstung über die Brutalitäten des franz
6 Ry; De r fGr Ap ** Ir ß ao ö Im übrigen Deutschland muß jeder alles
al genossen an der Ruhr in ihrem schweren Kampf zu Hilfe zu
1
——