Vom 1. Juli 1923 ab Filtrierter Weinsprit A 150 je 1 W. bezw. ie 1 R. teurer. bis 51 w u 924 Filtrierter Weiniprit Marke Kahlhaum“ Æ 300 je 1 W. bejw von über 3] . bis 10 1ãĩ R.... . is jd Kew, ie 1 K. ien ger . , 16 900 9. Diese Preise versteben sich ab Lieferstelle. ,,, ; 9 , Berlin den WM. Juni 1925. ; J , Reichs monopolverwaltung für Branntwein. , , 1834960 Ste in kopff. Bekanntmachung. Verkaufpreise für ale oho! abs olutas. x — 2 — Besonderer ermäßigter Verkaufpreis . a (8 922 des Gesetzes über das Branntweinmonopol Allgemeiner mäßiger für Branntwein zur Her⸗ . . aßigt Verkauf- stellung von Heilmitteln, für Branntwemm zur Her— k von Essenzen. für alfohol« stellung von Riech⸗ und Ver kaufpreis preis freie Getränke, Backzwecke Schönheitsmitteln . und Zuckerwaren 4 4. 4 1. vom vom vom vom vom vom 23. Juni ab 1. Juli ab 23. Juni ab 1. Juli ab 23. Juni ab 1. Juli ab J i hd 500 13 290 14100 18 340 19100 11270 12009 e . 6 ,,,, b4 400 13 240 140090 18 280 19000 11220 119090 ger 10 1 M. biz dB 1ũ ; b4 300 13 190 13 900 18 240 18 900 11170 11 800 je Liter Raum 99 Vol.. Oss. von 251 W. bis 601 W.... 54 700 13270 13 900 18 370 19 000 11230 11 800 über 60 W bis 1960 1 W..... 54 600 13 220 13 8600 18 320 18 900 11180 11700 aber lob 1ñ W. bis 159 1 WB... 54 500 13 170 13 700 18 270 18 800 11130 11 600 uber 150 1 W. bis 2801 W.... hä 490 13 120 13 600 18220 18 700 110580 11 500 über 2301 W. bis 600 1 W..... 54 300 13 0790 13 500 18 170 18 600 110390 11400 über 600 1 W. und mehr b4 200 13 020 13 400 18120 18 500 10 980 11 300
ie Liter Weingeist.
Berlin, den 30. Juni 19233.
Die Preise verstehen sich ab Lieferstelle.
Reichs monopolverwaltung für Branntwein.
Steinkopff.
Preußen. Staatsm inisterium.
Der Ministerialkanzlelobersekretär Boltz ist zum Ministerial⸗ registrator beim Staatsministerium ernannt worden.
w 2
Der Stadtgemeinde Mühlhausen (Thüringen) wird hierdurch auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetz⸗ samml. S. 221) das Recht verliehen, das zur Herstellung einer vollspurigen Privatanschlußhahn von der Reichsbahn⸗ strecke Gotha — Leinefelde bei km 40,5, nördlich der Unstrut⸗ brücke, zum städtischen Industriegelände erforderliche Grund⸗ eigentum im Wege der Enteignung zu erwerben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. .
Gleichzeitig wird auf Grund des §1 des Gesetzes über ein vereinfachtes Enteignungsverfahren vom 26. Juli 4922 (Gesetzlamml. S. 211) bestimmt, daß die Vorschriften dieses Gesetzes bei der Ausühung des vorstehend verliehenen Ent— eignungtzrechts anzuwenden sind.
Berlin, den 26. Juni 1923. Das Preußische Staatsministerium. Der Minister für Handel und Gewerbe. . A.: Schulze.
,
Finanzministerium.. Im preußischen Finanzministerium sind ernannt:
der Geheime Oberfinanzrat Henatsch zum Ministerial⸗ birigenten;
der Oberbaurat Dam meier zum Ministerialrat;
der Ministerialsekretär Rechnungsrat Genrich, der Gerichtsassessor Dr. Helferich und der Regierungsrat Dr. Niewald zu Finanzräten;
der Rentmeister Quappe, die Regierungsobersekretäre Steinborn und Zugehoer, der Kassenobersekretär Kissig, der Rentenbankobersekretär Köhn und der Kassenobersekretär Fischwasser zu Ministerialsekretären;
der technische Regierungsobersekretär Heinrich zum technischen Ministerialsekretär;
der Ministerialkanzleisekretür Bab endererde sowie die Kassenobersekretäre Braun und Ellerbrock zu Ministerial⸗ registratoren;
der Kanzleisekretär a. W. Kerkhoff zum Ministerial⸗ kanzleisekretär;
der Wagenhälter a. W. Borgmann, der Vorreiter a. W. Wiedermann und der Amtsgehilfe Krumbach zu Mini—⸗ sterialamtsgehilfen;
der Hilfsdiener Kunert zum Pförtner.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Bei dem Berggewerbegericht in Dortmund sind unter Be⸗ lassung in dem Nebenamt als Stellvertreter des Vorsitzenden der Bergrat Gerstein in Bochum mit dem stellvertretenden Vorsitz der Kammer Süd⸗Bochum und der Bergrat Cabolet in Bochum mit dem stellvertretenden Vorsitz der Kammer Nord⸗ Bochum des Gerichts betraut worden.
Der Gewerberat Dr. Bender in Charlottenburg ist zum 1. Oftober d. J. nach Potsdam versetzt und mit der Verwaltung des Gewerbeaufsichtsamts daselbst beauftragt worden.
Der Gewerbeassessor Kluge in Harburg a. E. ist zum 1. Juli d. J. nach Altona versetzt worden.
Ministerium für Wissenschaft, Kun st und Volksbildung. Die Wahl des Studiendirektors Georg Raederscheidt
an der städtischen Oberrealschule mit Reformrealgymnasium i. E. in Neuß zum Oberstudiendirektor der Anstalt ist bestätigt worden.
Die Wahl des Studienratʒß Weisweiler an der Ober⸗ realschule mit Reformrealgymnasium i. E. in Neuß zum Ober⸗ studienrat an der gleichen Anstalt ist bestätigt worden.
Der ordentliche Professor an der Technischen Hochschule in . ertwig, ist in gleicher Eigenschaft in die Tech⸗ nische Hochschule in Berlin . worden.
Bekanntmachung.
Das am 19. 6. 1923 unter Nr. J. 278/ H. von mir erlassene Verbot des Handels mit Gegenständen des täglichen Bedarfs k— gegen Moschek Meren länder, geboren am 15. 5 71 zu Warschau, ist mit Wirkung von heute aufgehoben worden.
Frankfurt a. M., den 27. Juni 1923.
Der Polizeipräsident. Ehrler.
— —
Bekanntmachung.
Der Trödlerin Martha Konorowski in Altona, Schlachterbuden 1 ptr. (Wohnung: Hamburg, Königstraße 27 19), ift auf Grund der Verordnung zur Fernhaltung unzuwverlässiger — 1 vom Handel vom 23. 8. 191527. 11. 1919 der Trödel
andel, insbesondere jeder Handel mit Metallen, wegen Unzu⸗ verlässigkeit un tersagt worden.
Altona, den 11. Mai 1923.
Der kommiss. Polizeipräsident. Kirchner.
— ——
Auf Grund der Verordnung zur Fernhaltung un zuverlässiger . vom Handel vom 23. September 191527. Nobem ber 1919 st 1. der Händlerin Wilhelmine Borxrack, geb. Cordes, in Altona, Holstenstraße 91, der Handel mit
Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbesondere mit
gebrauchten und neuen Möbeln sowie dem Trödelhandel unterliegenden Gegenständen, 2. der Trödlerin Emma Dietz, geb. Volk⸗ mann, verw. Salomon, in Altona, Gr Roosenstraße 115. der Trödelhan del, insbesondere jeder Handel mit Metallen, wegen Unzuverlässigkeit un tersagt worden.
Altona, den 6. Juni 1923. Der kommiss. Polizeipräsident. Kirchner.
Auf Grund der Verordnung zur Fernhaltung unzuverlässiger . vom Handel vom 23. 9. 1915s27. 41. 1919 ist der Trödel⸗ an del, insbesoendere jeder Handel mit Metallen, wegen Unzuver—⸗ — unter sagt worden: a) dem Trödler Otto Polenz in Altona, Gr. Mühlenstraße 54 ptr, b) dem Händler Mayer Schwarjbaum in Altona, Lammstraße 14 II, c) dem Trödler Arthur Seifer in Altona, Gr. Mühlenstraße 86 1 (Geschäftslokal Lerchenstraße H).
Altona, den 18. Juni 1923. Der kommiss. Polizeipräsident Kirchner.
Auf Grund der Verordnung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1916/27. November 1919 ist 1. dem Trödler Leopold Teichner in Altona, Unzer Straße Nr. 15, 2. der Trödlerin Margarethe Wilhelmine Naefken, geb. Petersen, in Altong, Gerritstraße Nr. 22 Hs. 1, 1 (Geschäsftslokal: Adolfstraße Nr. 47), der Trödelhan del, insbesondere jeder Handel mit Metallen, wegen Unzuverlässigkeit un tersagt worden.
Altona, den 28. Juni 1923. Der kommiss. Polizeipräsident. Kirchner.
Bekanntmachung.
Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 6603) habe ich dem Produktenhändler Otto Pfeiffer in Berlin, Badstraße 34, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Be da . 56 . Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.
Berlin, den 20. Juni 1923.
Der Polizeipräsident. J. V.: Dr. Hinckel.
Bekanntmachung.
Der Frau Margarethe Heppenheimer, geb. Auielmann, geboren am 13. Januar 1896 in Niedermittlau, Heschaͤstẽbetrieb: Althandel, Lage: Fahrgasse 115, wird hierdurch wegen erwiesener Unzuverlässigkeit der Handel mit Gegen⸗ standen des täglichen Bedarfs, insbesondere mit Alt- handels ware, jowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Be⸗ teiligung an einem derartigen Handel untersagt.
Frankfurt a. M., den 25. Juni 1923. Der Polizeipräsident. Ehrler.
Auf Grund der Bekanntmachung vom 23. 9. 1915, betreffend die Fernhaltung unzuverlaͤssiger Personen vom Handel (GBl. S. 603), ist 1. dem Händler Hermann Krömer in Wittenberg, Schloßstraße 1, wohnhaft, durch Verfügung vom 25. Juni d. J., 2. dem Händler Ernst Plogas in Wittenberg, Jüden- straße 29 wohnhaft, durch 3 vom 23. Juni d. J. und ö. dem Händler Otto Beyer in Wittenberg, Mittel
straße 2 wohnhaft, durch Verfügung vom 25. Junk d. J. der Handel mit Metall, Alteisen, Knochen usw. unter⸗ sagt worden
Wittenberg, den 25. Juni 1923. ⸗ Die Polizeiverwaltung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 38 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 12 533 das Gesetz zur Abänderung des Gesetzes, be⸗ treffend den Forstdiebstahl, vom 15. April 1878 (Gesetzsamml. S. 222) und des Feld⸗ und Forstpolizeigesetzes vom J. April 1880 (Gesetzsamml. S. 230) vom 1. Juli 193.
Berlin, den 3. Juli 1923.
Gesetzsammlungsamt. Krüer.
(Fortsetzung des Amtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Nichtamtliches. Deut sches Reich.
Der Königlich dänische Gesandte Graf Moltke hat Berlin . Während seiner Abwesenheit führt der Legationsrat Kai Helmer⸗Peter sen die Geschäfte der Gesandtschaft.
Die Ausfuhr photographischer Trockenplatten nach Bulgarien und Rumänien ist fortan nur bei Fakturierung in einer hohen Valuta zulässig; Bezahlung in Mark bleibt slatthaft. — Für Zündschnüre sind am 16. und am 23. Juni die Ausfuhrmindest⸗ preise geändert. — Näheres durch die R benhankelaftelle Chemie in Berlin W. 10.
Deutscher Reichstag. 373. Sitzung vom 3. Juli 1923, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger j
Der Gesetent wurf, betreffendein deutsch⸗ portugiesisches vorläufiges Handelsüber— einkommen, wird in allen drei Lesungen debattelos erledigt, ebenso der Gesetzentwurf, betreffend Ermächtigung der
RNegierun zur Verlängerung des vor⸗ läufigen k wi schen Deutschland und Spanien. Auch die Vorlage, be⸗
ö Aenderung des §10l des ReichsUbeamten⸗ gesetzes (evtl. Zurückziehung eines Disziplinarverfahrens) wird in drei Lesungen erledigt. ,
Die Novelle zum Gesetz über die privaten Ver⸗ sicherungsunternehmungen geht an den Rechtzs
ausschuß. wird die Besprechung der s⸗ zialde m o⸗
Nunmehr ̃ kratischen Interpellation, betreffend den Fall Fech en bach, forigesetzt. .
Eingegangen ist ein Antrag Maxx und Genossen Gentr.), die Reichsregierung zu ersuchen, die Reform des Straf⸗ h ßrechts möglichst zu 5 und dadurch eine völliga
tseinheit in strafprozessualischer Beziehung herbeizuführen.
Abg. Dr. Bell (Zentr.) begründet den Antrag. Gerichts- urteile, so führt er aus, sind nick so jakrosankt, daß sie von der Volksvertretung nicht kritisiert werden dürften. Aber wir wollen den Maßstab einer gerechten Kritik auf solidem Boden nicht ver⸗ lassen. Hüten wir uns vor Uebertreibungen! Auch das Aus— land wird einsehen, daß eine solche Kritik des Falls Fechenbach unser ernstes Bemühen beweist, Mißstände unserer Rechtspflege zu verbessern. Der Justizminister hat die beachtliche Erklärung abgegeben, daß das Urteil eine Reihe von Zweifeln enthalte und einer Nachprüfung unterzogen werden solle. Das Parlament ist kein juristischer Hörsaal, darum beschränke ich mich auf einigt Kernpunkte. Gewiß liegt es uns fern, die Objektivität der Richter der Volksgerichte , zu wollen. Aber, selbst wenn man sich in die Gedankengänge der erkennenden Richter versetzt, muß auch ein Laie erschrecken über die Höhe des Strafmaßes und die Urteilsgründe. Nicht weniger als 33 Jahre Zuchthaus sind gegen junge, bisher unbescholtene Angeklagte verhängt worden, davon 11 Fahr gegen Fechenbach. Erschreckend wäre der Gedanke, daß die drei Angeklagten diese 3 Jahre Zuchthaus absitzen müßten Das 3 vor den Volksgerichten hat mancherlei Mänge namentlich gibt es keine Berufung ,, Urteil und au kein Wiederaufnahmeverfahren; der Erxmittlungs⸗ und Unter ,,. ist zugleich erkennender Richter, während dieg onst im Prozeßverfahren ausgeschlossen ist. Auch die Auswahl der Laienrichter gibt keine Gewähr für eine gerechte Rech sprechung. Gerade der Fechenbach⸗Prozeß hat alle diese Män erkennbar gemacht. Der Ermittlungsrichter war zugleich Vor= untersuchungsrichter und dann auch der Vorsitzende im Gericht. Der frühere Abgeordnete und , Justizminister Müller Meiningen hat das Verfahren in diesem Prozeß scharf kritisier Der Reichsjustizminister Heinze hat gleichfalls vielfache Zweife an diesem Urteil anerkannt. Ich kann das Urteil meine Vor⸗ redners nicht unterschreiben, das selten ein Gerichtzurteil so gut aufgebaut worden sei, wie das Fechenbachurteil. Man wird den Eindruck nicht los, daß dieses mit starkem politischen Einschlag ausgestattete Gerichtsurteil mehr die Luft des grünen Tisches aus atmet als der Seele des wahren Volksgerichts entsprungen ift, Das Volksgericht scheint sich der politischen Folgen seines Spruches nicht bewußt gewesen zu sein. Ich halte die Ansicht des Ab⸗
eordneten Emminger, daß eine 3 des Fechenbach⸗
likts nicht eingetreten war, rechtlich nicht für haltbar, Auch der Minister Heinze war der Ansicht, 3. eine preßrechtliche Ver⸗ jährung eingetreten war, ehe das Verfahren gegen Fechenbach eröffnet wurde. Wir müssen nun untersuchen, ob mit der deutschen Rechtsprechung die Beibehaltung der baherischen Voll gerichte noch vereinbar ist. Diese Gerichte sind im Juli 1919 eingesetzt worden, und zwar nur, um in den damaligen unruhigen Zeiten eine Handhabe zum schnellen Eingreifen bei inneren Un⸗ ruhen und Aufständen zu haben. Das haben damals die Parteien von rechts und links in Bayern anerkannt und ausdrücklich im Landtag erklärt. Heute aber sind die Verhältnisse doch ganz anden? geworden, die Zeiten sind ruhiger geworden, und da müssen *r ber übrigen Rechtsprechung vertrauen. Das Mißtrauen, de gegen die . n, n , , richtet sich namentli⸗ gegen die Volksgerichte. Das Vertrauen in die Rechtsprechmnn müssen wir in das neue Deutschland hinüberretten. Beim 3* sammenbruch ist die Einheit des Reiches erhalten geblieben,“ bedürfen auch der Einheit des Rechts. Darum müssen wir de Volksgerichte beseitigen, aber auch die Reform der Strafpronm⸗ ordnung beschleunigen. Nachdem der Reichsjustizminister gestern erklärt hat, daß die Verjährung vor Einleitung des , eingetreten war, liegt ein offensichtlicher Fehlspruch des Gerichts mit 33 Jahren Zuchthaus vor. Da müssen ,, . und Reichstag sich zusammentun, um dieß Unrecht wieder gutzu⸗ machen, und die Schritte kun, die sich vom Standpunkt einer
) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden
der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
—
erechten Rechtsprechung von selbft ergeben. Man soll nicht erst * Gnadengesuch und Lin Gutachten des Oberlandesgerichts ab- warten, sondern das Begnadigungsverfahren unverzüglich ein- seiten. (Beifall im Zentrum und links.)
Abg. Dr. Strathmann (D. Nat.): Der Vorredner hat mit viel Temperament von einem Fehlspruch des Gerichts gesprochen und von diesem Standpunkt seine Folgerungen gezogen.
scheint mir bedenklich. Was hier vorgeht, erinnert an das Wort
Die e wird zum Tribunal“. Aber ein politisches Parlament eignet sich nicht zum Tribunal. Herr Dittmann verlangte., daß hier eine völlige Rehabilitierung Fechenbachs stattfünde. Gehen diese Vermischung von Justiz und rlament muß ich mich ver⸗ wahren. (Sehr wahr! rechts.) Reichskanzler Wirth hat einmal vor einem Rückfall in die alte Kabinettsjustiz der absoluten Zeit gewarnt die eintreten würde, wenn das Parlament sich in die Justiz einmischen würde. (Lachen und Zurufe links.) In Frank⸗ furt a. M. hat eine Voltsversammlung das Wiederaufnahme⸗ verfahren verlangt. Ist etwa eine , , , , die geeignete Stelle, ein derartiges Verlangen zu stellen? Der Sozialdemokrat Katzenstein hat am 19. Juli 1919 entschieden vor parteipolitischer Justiz gewarnt. Klassenjustiz werde nicht beseitigt dadurch, daß man eine andere an die Stelle setze. Wie die republikanische oder monarchistische Gesinnung nichts mit dem Beruf zu tun hat, so ist es auch beim Richter. Immerhin ist der Richter auch politischen Stimmungen unterworfen, und ein gewissenbafter Richter wird sich stets genau prüfen, ob er dieser Stimmung nicht unterliegt. Der republifanische Kichterbund aber erhebt die politische Gesinnung zum Prinzip. (Lirm und Zurufe links) Der Abgeordnete Müller⸗Meiningen hat dem republikanischen Richterbund mit Recht vorgemorfen. 36 die Art und Weise, wie dieser Bund sich mit Fed enbach identifiziere, es jedem Richter eigenlich unmöglich machen müßte, dem Bund anzugehören. (Lachen links.) Die Rechts⸗ Sst indigkeit der bayerischen Volksgerichte ist von hervorragender suristischer Seite anerkannt worden. Paul Lensch, der früher zu Ihnen (zu den Sozialdemokraten) gehörte, den Sie exkommuniziert haben, hat im Oktober 1922 in der „Deutschen Allgemeinen Zei⸗ ung“ dargelegt, daß die bayerischen Volksgerichte unter einem sozial⸗ zemokratischen Minißerium angesetzt seien, daß aber anch der Ztaatsgerichtshof in Leipzig durchaus politischen Charakter trage. in Mann, der so lange in den Reihen der Sozialdemokraten ge⸗ tanden bat, kann nicht von Ihnen (zu den n,, e, e, mit einer Handbewegung abgetan werden. Die Volksgerichte sollen ja nur als Nothehelf gelten und bald beseitigt werden. Der sach⸗ verständ ge Dr. Thimme hat nach Beendigung des Prozesses einen Artikel im „Vorwärts“ geschrieben, wonach er Fechenbach gesagt hat: „Sie werden gefühlt haben, daß ich bestvebt ge⸗ wesen bin, Sie moralisch herauszuhauen“, und er habe Fechen⸗ bach seine Sympathie ausgesyrochen. Ist das der Beruf eines Sachverständigen, einen Angeklagten herauszuhauen? Andererseits zat Herr Thimme dem Leiter der Verhandlung, Herrn Haß erklärt, er habe sich überführt, daß die in Norddeutschland bestehende ungünstige Meinung über die bayerischen Vollsgerichte unbe⸗ gründet sei, im Gegenteil die Verhandlung habe sich auf einem hohen Niveau bewegt. Es hat keinen Sinn, hier über Einzelheiten zu sprechen, die vor ein sachverständiges Gremium gehören. (Abg. dedebour ruft: Wenn Sie dieser Ansicht sind, so sollten sie als Theologe den Mundhelten.) Herr Dittmann bemühte sich, Fechen⸗ bach als harmlosen Menschen hinzustellen der nur im vater⸗ sändischen Sinn gewirkt habe. Ist das aber eine Unterstützung des dentschen Vaterlandes, wenn Fechenbach z. B. schrieb, Minister Simons begebe sich nach London, um dort ein Doppelspiel zu treiben? (Lärm links und Rufe: Ludendorff). Wir behandeln doch hier den Fall Fechenbach und haben es nicht mit einer Inter⸗ pellation über Ludendorff zu tun. Herr Dittmann hat sich bemüht, an Fechenbach eine Mohrenwäsche vorzunehmen. Die bayerische Regiernng hat gestern einen Weg angegeben wie den Vorwürsen gegen das Urteil begegnet werden kann. Parteipolitik geht nicht in die Rechtspflege aber wir haben in Leipzig einen parteipolitisch gebildeten Gerichtshof. Wollen Sie (nach links) unyarteiische Recht⸗ sprechung, so müssen Sie auch dagegen vorgehen. Durch die beiden von Fechenbach veröffentlichten Dokumente ist die Annahme von der Kriegsschuld Deutschlands bestärkt worden. Leider hat der Außenminister Simons in London nicht den Mut gehabt, diese Schuld ols Lüge zu bezeichnen. Es ist ein Verdienst der „Süd⸗ deutschen Monatsheste“, daß sie dauernd gegen diese Lüge Front machen. Poincars deckt noch immer seine Blöße mit dem Feigen⸗ blatt der Kriegsschuld Deutschlands. Das Weltgewissen ist eine nythische Erscheinung. Poincars stellt sich gegen alle Wahrheit taub. Die deutsche Regierung müßte mehr Aktivität entwickeln, um diese Kriegsschädlinge aus der Welt zu schaffen. (Beifall rechts, Lärm links.) ; —
Abg. Dr. Kahl (D. Vp.) : Es ist kein Anlaß, diesen Fall im steichstag noch so gründlich zu behandeln. Nicht, als ob ich das stecht des Reichstags bestreite, seine Kritik zu üben. Auch der Reichstag ist Hüter der Rechtsordnung. Meine Freunde meinen iber, daß die Sache eigentlich durch die Erklärung des Vertreters der bayerischen Regierung erledigt ist. Das bayerische Oberlandes⸗ gericht verdient das Vertrauen, daß es die Sache objektiv nach⸗ prüfen wird. Als ich das Urteil nach den Zeitungsberichten las, mußte ich allerdings auch manche Bedenken überwinden. Min⸗ destens verdiente Fechenbach mildernde Umstände, aber zu einem einen Unschuldsengel darf man ihn nicht machen. Allerdings raucht ein Angeklagter nicht zu bekennen, aber in politischen Pro⸗ essen zeugt es nicht von Mut, wenn man sich ö Handlungen richt bekennt. Die Sache liegt so, daß man nicht zweifelsfrei von inem Rechtsirrtum oder einem Rechtsbruch sprechen kann. Gegen zen Grundsatz „ne bis in idem“ ist nicht verstoßen worden, da noch in Strafurteil vorher ergangen ist, sondern nur eine Unter⸗ uchung des Staatsanwalts eingestellt ist. Mit Prof. Kitzinger lahm ich anfangs an, daß eine Verjährung vorlag, aber ich habe ann doch Bedenken bekommen. Der Reichs justizminister lat estern nur der Annaame zurn nrigt, daß Verjährung vorliegt. Die Schwierigkeit ist, daß es sich fragt, ob es sich überhaupt um ein Hressedellkt handelt, eb die strafbare Handlung in der Uebergabe der Dokumente oder in der späteren Veröffentlichung liegt. Ich will iese Frage nicht entscheiden, aber im ersten Fall kommt nicht das sresserecht in Frage, sondern das allgemeine Strafrecht und nach segt keine Versährung vor. Da liegt eine ganz Reihe von Sheit— ragen zugrunde, über die nur der Richter entscheiden kann, Nach Allem ist der Vorschlag der bayexischen Regie ung der beste, um Beruhigung zu schaffen. Ich hoffe, daß die Volksgerichte aufge⸗ hoben werden; ste sollten nur vorübergehende Standgerichte sein Ind passen nicht in unsere Strafprozeßordnung hinein,. In die Justizhoheit Bayerns dürfen wir nicht eingreifen, Wir haben alle das gleiche Interesse an Recht und Gerechtigkeit und müßen das Vertrauen in die Rechtsprechung wiederherstellen. Möge der Reichstag recht bald 1 einer Lösung der Rechts- und Prore ßfragen lommen. ö.
Ab Brodauf (Dem): In dieser Frage kann pvolitische Er⸗ regung aufbrausen. Ein Berliner rechtzstehendes Blatt benutzt heu te die Diskufsion zu einer Schmähung des Reichstags. Die Inter⸗ pellation wird gedeutet als ein Ausdruck eines interngtio nalen An⸗ griffs auf das nationale Bayern. Zu solchen Ausfällen liegt kein Anlaß vor. Nach der Erklärung des Vertreters der bayerischen Pe⸗ gierung bedarf der Fall keiner ausführlichen Besprechung mehr. Man muß bedauern, daß dieses Gerichtsurteil nach geltendem Recht . Nachprüfung durch eine weitere Instanz entzogen ist.
r. Thimme hat im Prozeß ein Sachverständigengutachten ab⸗ gegeben, daß er später nicht mehr aufrechterhalten hat. Der Unter⸗
ausschuß des Reichstags hat die , , r Fragen dieses
Falles untersucht und ist zu dem Urteil gekommen, daß vom außen⸗ politischen m,, keine Schädigung des Reichs durch die Hand⸗ lungen Fechenbachs festgestellt werden kann. Danach liegt mindestens ein non liquet vor. Solche Fragen können nicht einfack von einem Hits h durch Befragung eines Sachverständigen entschieden werden, sondern höchstens von einem Obergericht und
ur nach Befragung des Auswärtigen Amts. Redner kritisiert ver . e, „Feststellungen“ des Gerichtsurteils, die das Kopf⸗
1 bes Juristen hervorrufen müßten. Ein hervorragender ünchner Jurist, eine Autoritst auf dem Gebiete des Presserechts, hat die Ansicht geäußert, daß die Straftat verjährt war. Das Urteil ist aber gefällt, und nun muß die Begnadigung den Ersatz des Rechtsmittels bieten. Gegen die Volkagerichte ist von anderer Seite schon Zutreffendes gesagt wo den. An ihrer Rechtsbeständig⸗ keit zweifeln wir nicht, aber sie mitssen eine vorübergehende Er⸗ scheinung bleiben und bald versüwinden, nachdem die Novelle 1 erle int ist. Leider wird dies bei der
ejckäftslage des Hauses noch nil zum Oktober *** sein. Als Mitglied des rexublikanischen Richlerbundes welse die Angriffe des Herrn Dr. Sirathmann enertzisch zurück. Seine Gründung war eine Notwendigkeit angesichts der Tatsache, daß die große Mehrzahl der deutschen Richter nicht auf dem Boden der Republik steht, son⸗ dern dem alten System angängt. Hoffentlich kommt es bald zur Revision des Urteils. (Beifall bei den Demokraten)
. ergreift der Reichsjustizminister Dr. Heinze das Wort. Seine Rede wird nach Eingang des Stenogramms mitgeteilt werden.
Abg. Thomas (Komm) wendet sich gegen die bayerischen Voltsgerichte und polemisiert gegen Emminger, Herr Emminger hat sein Mannstrirt wohl schon lange vor der Regierungserklärung artig gehabt. Er ist hier lediglich als Staatsanwalt aufgetreten. Dann darf man sich auch nicht wundern, wenn Verteidiger dem⸗ gegenüber auftreten. Man macht Fechenbach den Vorwurf, er habe däuf Fragen des Staatsanwalts nicht geantwortet. Nun, ein Staatsanwalt verfolgt mit seinen Fragen ganz eigenartige Zwecke Man tut gut, ihm nicht mal zu antworten, wenn er fragk, was man zu Mittag gegessen hat. Die bayerischen Volksgerichse basieren auf dem Gedanken der Rache, es sind Ausnahmegerichte. Je mehr Ausnahmegerichte Sie schaffen, desto mehr wecken Sie das Volk, und der Zorn des geweckten Volkes wird auch mit den bayerischen Ausnahmegerichten aufräumen. (Beifall bei den Kom munjsten.
Ab. Sede bour (9. Soz.): Das allgemeine Volksempfinden über das furchthare Urteil muß hier zum Ausdruck gebracht werden. Erfreulich ist, daß Richter in hoher Stellung, die keine Sozial⸗ demokraten oder Kommunisten find, gegen das Urteil Stellung genommen haben. Bei der Reform ö. Rechtsprechung muß der inftig Inristengeist ausgerottet werden, gerade in diesem Fall ind den zünftigen Juristen manche sonderbare Perlen ent⸗ chlüpft. Das Er berger Memorandum ist bei der Verurteilung ausgeschieden worden, weil es schon zehn Tage, bevor es Fechenbach an Payot gab, in den Münchener Zeitungen gestanden hat, also kein Staatsgeheimnis mehr war. Herr Emminger wollte aber auch eine Verurteilung wegen des Erzberger⸗Memorandums, er sah dies noch als Staatsgeheimnis an, weil damals während der Räte⸗ regierung die Münchener Zeitungen nicht nach außen gekommen seien. Vas zeugt vom völligen Mangel an Verständnis von der Presse. Und so etwas fitzt dann im Gericht! (Heiterkeit) Das Ritter⸗Telegramm hat Payot ganz anders übersetzt, Fechenbach ist also wegen eines Telegramms verurteilt worden, das er Payot 8 nicht in der 3 gegeben hat, wie es dieser veröffentlicht hat.
je Meinungen darüber, was im politischen Leben dem Vater⸗ land schädlich ist oder nicht, gehen weit auseinander. Während manche Leute die Vereinbarungen von Stinnes mit den franzö⸗ sischen Großindustriellen für eine vaterländische Tot halten, die dem Vaterlande nützt, meinen wir, daß es schädlich ist, wenn Stinnes mit Loucheur sich darüber verständigt, wie die Groß⸗ industriellen die Arbeiter ausbeuten können. Das Ritter⸗Tele⸗ . spricht überhaupt nicht von Deutschland, sondern der Papst billigt darin nur das Vorgehen Oesterreichs gegen Serbien. Das Gerichtsurteil ist nichts anderes als parteipolitische Stellungnahme gegen einen Vertreter der sozialistischen Partei. Es genügt nicht, daß die bayerische Regierung die Sache erst nachprüfen will, wenn Fechenbach ein Gnadengesuch eingereicht hat. Wir verlangen, daß sie sofort von sich aus die Nachprüfung veranlaßt. Alle Männer und Frauen, die das Urteil für ein Fehlurteil halten, müssen dahin wirken, daß es aufgehoben wird.
Abg. Em minger (Bayer. Vp.) verliest ein Schreiben des Dr. Thimme, in welchem dieser einige Bemerkungen des Nedners in bezug auf die Vertretung des Auswärtigen Amtes im Prozeß Fechenbach richtig stellt. Er folge einer Pflicht dar Loyalität, wenn er diese Richtigstellung verlese.
Abg. Dr. Radbruch (Soz.): Die heutige Erklärung, des Minssters hat den Eindru“ seiner gestrigen Worte nicht verwischen können, daß er persönlich nämlich Verjährung annimmt, Be⸗ dauerlich ist, daß die bayrische Regierung Fechenbach nicht sofort begnadigt. Fechenbachs Begnadigungsgesuch wird keine Bitte um Begnadigung sein, sondern eine Forderung des Rechte. Nur als eine Art Revision können wir die Begnadigung in diesem Fall anse hen. Wir hoffen, daß cuch auf die beiden anderen Verurteilten die Begnadigung ausgedehnt wird. Sie können nicht verlangen, daß ich auf Tie Naivitäten in der Rede des Herrn Abgegrdneten Strath mann eingehe. Herr Emminger hat sich in die Rolle eines unbezeblten Vertreters der bayerischen. Regierung eingelebt. Ich habe 10) nie ein Urteil gelesen, das so voll eitler Geschwätzigkeit, eitlem Pathos und geschraubter Rabulistik ist. Herr Emminger meinte, der 3 89 über militärischen Verrat müsse Anwendung finden im Fall Fechenbach. Nein, z 89 fetzt direkten Krieg und Kriegführung voraus, aber nicht bloßen Kriegs zustand. Die An⸗ weislung des sonnenklaren Arguments der Verjährung ißt be⸗ onders berwunderlich. Uns liegt freilich viel mehr daran, daß die Unschuld Fechenbachs festgestellt wird, als die Straflosigkeit wegen Verjährur' Die furchtbarste Stelle in dem Urteil ist die Beschul, digung, Laß Fechenbach im d, Gargag gus Eigennutz gehandelt habe. Wir ätten gewünsckf, daß der Justizminister mehr von den bayerischen Vo lkagerichten abgerückt wäre. Gründe für die baye⸗ rischen Volksgerichte lassen sich leicht finden. Ich weiß als Jurist, daß juristische Gründe billig wie die Bromheeren sind. GHeiterkeit. Herr Thimme hat nicht aus Leidenschaft gehandelt, wie Herr Emminger meinte, sondern aus heiligem Eifer für die Gerechtig⸗ keit. Wir F ben den Prozeß Fechenbach bisher nur vom Rechts standpunkt betrachtet. Wenn aber hier nicht dem Recht Genüge geschieht, könnte deser Prozeß leicht für Deutschland dasselbe werden, was der Dreyfuß-Prozeß für Frankreich geworden ist, nämlich ein Grenzstein an dem sich scheidet das alte und nene Deutschland und zugleick die Sauberkeit und Unsauberkeit des Rechts. ECebhefter Beifall links.)
Damit ist die Interpellation erledigt. Der Antrag Marx (Zentr.) wird einstimmig angenommen.
? Die Genehmigung zur Einleitung von Strafverfahren gegen mehrere Abgeordnete wird versagt. .
Die nächste Sitzung beraumt Vizepräsident Rießer an auf Mittwoch, den 4. Juli, nachmittags 2 Uhr, mit der Tages⸗ ordnung: Kleine Vorlagen.
Abg. von Graefe (Deutschvölk. Freiheitsp) tritt unter großem Lärm der Linken dafür ein, daß der Reichstag nicht gus⸗ einandergehe, ehe nicht wenigstens in der nächsten Zeit eine Aus⸗ sprache über die politische Lage stattge unden habe. Er bitte den Präsidenten um Auskunft darüber, ob sich nicht die Tagesordnung eutsprechend ändern lasse. Die Linke habe freilich die Aus sprache über die politische Lage bisher verhindert. (Große Unruhe links)
Vizepräsident Dr. Rieß er erklärt: Die Tagesordnung nicht ändern zu können, da für die Tagesordnung nur der Aeltestenrat
zuständig sei. ö Aba Müller⸗Franken (Soz.) stellt gegenüber dem Abg. ö ö. ozialdemokratie bereits 26.
raefe fest, daß gerade die . i. ,. 5 politische Aussprache verlangt habe. Diese solle auch den Zweck haben, mit den Mörderbanden abzu⸗ rechnen, die dem Abg. von Graefe naheständen.
Abg. Le icht (Boer. Vy.) , . daß der Aeltestenrat schon die Frage einer außen olitischen Debatte erwogen habe. Dazu . es nicht der übel gagebrachten Rede des Herrn von Graefe
edurft.
Wenn man dieses Pathos vergleicht mit dem Auguren⸗
lächeln, mit dem diese Herren ihre Freunke in der Wandelhalle begrüßen, so kommt man auf eigenartige Gedanken.
Abg. Dr. Kahl (D. Vp.) bestätigt, daß zu einer solchen roJen Art, die außenpolitische Debatte zu verlangen, kein Anlaß vorliegt. Nach dem Geist der Ankündigung dieser Debatte fürchte ich fast, daß sie mehr schaden als nützen könnte.
Auf eine nochmalige Aeußerung des Abg. pn Graefe sagt Vizepräsident Rießer eine weitere Erörterung im Aeltesten vat zu.
Abg. Dr. Stresem ann (D. By.) führt aus, daß der Aeltestenrat sich schon zweimal mit dieser Frage beschaftigt habe. Es fänden morgen seitens des Reichskanzlers und des Außen- ministers Besprechungen mit den Parteiführern statt, ob noch eine außenpolitische Debatte stattfinden soll. Ich bitte, diese Frage nicht nochmals dem Aeltestenrat vorzulegen, es würde sonst der Anschein erweckt, als hätte Herr von Graefe die Initiative dazu ergriffen. Ich beantrage, die Angelegenheit für erledigt zu erklären.
Vizepräsident Rießer stellt fest, daß das Haus dieser Meinung ist. .
Es bleibt also bei der von ihm vorgeschlagenen Tages⸗ ordnung.
Schluß 7½ Uhr.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Aeltestenrat des Reichstags bestimmte in seiner gestrigen Sitzung. daß die Gesetzze über Aufwertung der indirekten Steuern, deren Beratung ursprunglich fär heute in Aussicht ge⸗ nommen war, erst am Donnerstag auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen. Am Donnerstag wird der Aeltestenrat nochmals zusammentreten, um eine Entscheidung darüher zu treffen, ob in dieser Woche noch eine außenvpolitijche Debatte stattfinden soll. Der Reichstag hofft, sodann einen vorläufigen Abschluß in seinen Arbeiten machen und sich vertagen zu können; es steht jedoch noch nicht fest, ob die Vertagung sich nur auf eine kürzere oder logleich auf längere Zeit erstrecken wird.
Im sozialpolitischen Reichstagsausschuß wurden estern die Beratungen über eine Aenderung der Reichsver⸗ pit erung ordnung, die zuletzt im Mai 1921 ergänzt worden war, fortgeführt. In der Hauptfache drehte sich die Diskussion um den Teil des zweiten Buches der Invalidenversicherung, der die Krankenversicherung behandelt. Die Bestimmungen beziehen sich im wesentlichen auf das Verhältnis der landwirtschaftlichen und gewerb-= lichen Arbeiter, insbesondere auf die Frage der Berücksichtigun des Naturalloh nes der landwirtschaftlichen Arbeiter und 61 das Verhältnis zu den Landkranken⸗ und Ersatzkassen. Im Verlauf der letzten Ausschußsitzungen, in denen die Aenderungen der Reichsversicherungsordnung zur Be⸗ handlung kamen, wurde es u. a. von sozlaldemokratischer Seite als erwünscht bezeichnet, daöß in einem Bezirk nur eine Krankenkasse bestehen soll, da zwischen Orts und Landkrankenkassen, die beide die gleiche Selbstverwaltung haben, kein Unterschied mehr bestehe. Auch die erweiterte Krankenpflege der Dienftboten wurde als notwendig an erkannt, dagegen eine erweiterte Krankenpflege für die landwirtschaft⸗ lichen Arbeiler als Ausnahmebestimmung abgelehnt; für die Kassen, die diese erweiterte Krankenpflege eingeführt hätten, müßten Ueber⸗ gangsbestimmungen erlassen werden. Dagegen wurde von deutsch⸗ nationaler Seite die erweiterte Krankenpflege auch für die landwirtschaftlichen Arbeiter, welche die Stellung von Dienst- boten einnähmen oder in die Hausgemeinschaft aufgenommen seien, für notwendig erachtet. Ueber die Einbeziehung der Beamten in die Krankenversicherung entspann sich eine umfangreiche Aus— sprache. Von sozialdemokratischer Seite wurde die Einbeziehung der Beamten in die Krankenversicherung als notwendig bezeichnet. Ein Redner der Kommunistischen Partei trat für die Zwangeversicherung der gesamten werktätigen Bevölkerung ein und beantragte, daß das Reich die Kosten der Versicherung für die Erwerbslosen trage. Die Vertreter der Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartei, des Zentrums, der Bayerischen Volkspartei und der Demokratischen Partei . sich gegen die Einbeziehung der Beamten in die Krankenversicherung aus. Ein Redner des Zentrums wies darauf hin,
daß dann vorerst die ganzen Bestimmungen des Beamten rechts geändert werden müßten. In der Abstimmung winde
der diesbezügliche sozialdemokratische Antrag abgelehnt. Zu § 169 wurde von sozialdemokratischer Seite die Zwangs⸗ versicherung des akademischen Nachwuchses, insbefondere der e Aerzte in Referentenstellen, Juristen und Referendare, für erforderlich gehalten, während ein Abgeordneter der Deutschen Volkspartei dies nicht für notwendig hielt und für diese Kreise auf die freiwillige Versicherung hinwies. — Weiter wurde von sozialdemokratischer Seite angeregt, eine Bestimmung, wonach die bisher landesberrlichen Beamten auf Antrag ihres Arbeitgebers beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit werden, zu streichen. Von der Regierung wurde die Prüfung dieser Frage in Aussicht gestellt. In der weiteren Beratung wurden die von der Regierung unterbreiteten Vorschläge zur Aenderung des zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung ohne wesentliche Zusätze an— genommen. Unter anderem erhielt der S574 der Reichsversicherungs⸗ ordnung folgenden Wortlaut:
Als versichert gegen Krankbeit im Sinne des § 573 gilt auch, wer infolge Erwerbslosigkeit aus der Krankenkasse aus geschieden ist, aber noch Anspruch an die Kasse hat.
5 575 der Reichsversicherungsordnung, wurde folgendermaßen
gefaßt
Fällt bei Personen, die der landwirtschaftlichen Kranken= versicherung unterliegen, das Krankengeld oder das Hausgeld nach den 83 426, 421, 422 wegen vertragsmäßiger Leistungen des Arbeit- gebers ganz oder teilweise weg, so ist der Wert solcher Leistungen auf die Krankenhilfe aus 5 573 anzurechnen, soweit sie auf dieselbe Zeit fallen.
Im § 173 der Reiche versicherungsordnung wurde folgender neuer Absettĩz 2 eingeschaltet:
Auf seinen Antrag wird ferner von Beiträgen befreit, wer die Leistungen seiner Kasse für die zulässige Höchstdauer bezogen hat, und deshalb keinen Anspruch mehr auf die Leistungen der Kranken⸗ hilfe seitens dieser Krankenkasse hat, solange die AÄrbeitsunfäbigkeit oder die Notwendigkeit der Heilbehandlung während der Fortdauer derselben Krankheit bestebt.
Die gestrige Beratung erstreckte sich bis Artikel TVIII der Vor⸗ lage und wird heute fortgesetzt werden.
— Der Bildungsausschuß des Reichstags setzte die Beratung des Reichsschulgefetzes bei der Frage der Schul aufsicht fort. Ein sozialdemokratischer Antrag wollte die unmittel- bare Schulaufsicht (Benirkeschulaufsicht) durch hauptamtlich in der Schule tätige, fachmännisch vorgebildete Beamte, ausgeübt wissen. Dagegen beantragten die Deutschnationalen, daß bei Besetzung von Stellen der Schulaufsichtsbeamten die Art der ihnen unterstellten Schulen zu berücksichtigen sei; zu diesem Zweck seien innerbalb der Schu lverwaltungsbezirke mit mebreren Schulaufsichtsbeamten ent⸗ sprechend dem Sarl r erhhl eis der in diesem Bezirke vorhandenen Schulen der gleichen Art die Stellen der Aufsichtsbeamten mit Anhängern der in fraß kommenden Schulaftion zu besetzen, eventuell sollen zu diesem Zweck mehrere Schulverwaltungs⸗ bezirke innerhalb desselben übergeordneten Verwaltungsbezirks zu⸗ . werden. Den sozialdemokratischen Antrag begründete nochmals Abg. Dr. Löwensteln (Soz) In der Begründung des deutschnationalen Antrags verwieg Abg. Dr. P hil ipp (Dnat. auf die sächsischen Verhältnisse, wo die Ker lit gpraxis einseitig An⸗ hänger der weltlichen Schule als Schulaussichtsbeamte bevorzugt habe, selbst in überwiegend konfessionell eingestellten Verwaltungs bezirken. — Staatssekrtetär Schulz überreichte einen unver- bindlichen Vorschlag über die Art, wie er die Bestimmungen