1924 / 51 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Feb 1924 18:00:01 GMT) scan diff

brauchen, und daß diese Schranken auf alle Fälle in der dritten

Steuernotce ordnung in rechtsgültiger Form gegeben sind. Ich

glaube dahet, man wird allen Versuchen, die dritte Steuer⸗ notverordnung, soweit sie die Aufwertungs rage enthält, mit ver⸗ fassungsmäßigen Gründen zu bekänipfen, mit Ruhe entgegensehen können. Ich glaube nicht, daß das Reichsgericht sich der Bedeutung der Stunde entziehen wird. Daß die Lösung keine Ideallösung darstellen kann ist selbstverständlich. Eine Ideallösung ist nach meinem Dafürhalten überhaupt unmöglich. Sonst hätten wohl auch nicht andere Staaten, die genau dasselbe dringende wirtschaft⸗ liche Bedürfnis empfanden, es überhaupt aufgegeben, die Frage zu lösen, so, wie ich bereits erwähnt habe, das uns benachbarte Oesterreich.

Was notwendig bleibt, ist in erster Linie die Erhaltung der Wirtschaft, und diese verlangt im Interesse des Kredits und der Klarheit eine schematische Lösung, eine möglichst einfache Lösung, eine Durchschnittslösung, eine rasche Lösung. Sonst könnte es sein, daß an der Unmöglichkeit der Lösung die deutsche Wirtschaft zer= schellen und das deutsche Volk zugrunde gehen würde. Das wünscht niemand von uns allen, die wir Vertreter des deutschen Volkes sind und die wir unbekümmert um parteipolitische Einstellungen doch au. é gleichen Ziele, nämlich der Erhaltung des Lebens und des Volkes, dienen wollen An dem Reichstag wird es sein, sich hierzu zu bewähren oder das deutsche Volk in den Strudel hinabziehen zu lassen. und so fehr ich stets den Grundsatz vertreten habe, den ich in einer etwas leichter verständlichen Form anführen möchte: „justitia fundame stu- jedes Staalswesens sein, so fürchte ich doch ein anderes häßliches Wort, das man den Formalisten zur Last legt, das da lautet: „fiat justitia, pereat mundus“. Ich glaube, wir sollten es bei der ersten Hälfte lassen, bei dem „fiat justitian. Sie ist in der dritsen Steuernotverordnung versucht worden, soweit Menschen⸗ kräfte es vermögen. Möge auch der Reichstag der Bedeutung der Stunde sich bewußt sein, damit nicht die Geschichte einstmals den . Nachsatz perest mundus“ bestätigen muß, d. h. über falsch verstandenen juristischen Zwirnsfäden ist die deutsche Wirt⸗ schaft und das deutsche Bolk untergegangen. (Lebhafter Beifall.;

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. ö 408. Sitzung vom 28. Februar 1924. Nachmlttags 2 Uhr.

lBericht des Nachrichtenbütos des Vereins deutscher Zeitungsverleger )) Am Regierungstische: Reichskanzler Marx, Reichs minister

des Aeußeren Dr. Stresemann, Reichsminister des Innern

Dr. Jarre.

Präsident Löbe

eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 Min.

krägen auf Aufhebung und Aenderung der Notverordnungen der Regierung, wird fortgesetzt. Reichsminister des Auswärtigen Dr Stresemann: Meine Damen und Herren! Ich hoffe, es widerspricht nicht der Ordnung des Hauses, wenn ich bei der Beratung des Etats auch über den Etat sebst spreche. Wir haben bei dem vorliegenden Notetat die Er⸗ mächtigung nachgesucht die Botschafterstelle in Konstantinopel sowie die tellen der Generalkonsulate in Smyrna und Dublin zu besetzen. Der Lausanner Vertrag gibt uns die Möglichkeit einer Wieder aufnabmediplomatischer Beziehungen zur Türkei. Es war deshalb notwendig, die Wiederaufnahme dieser diplomatischen

Vertretungen mit. werigstens einer konfularischen Behbrde vorzu⸗ derejten. gesasnte asiatische Türkei nur eine konsularische Vertretung in Aussicht gengmmen. Sollte die deutsche Wirtschaft weiterer Stützpunkte ken so würben die weiteren Stellen zunächst kommissarisch besetzt werden können.“

Die Gtrichtung eines Generalkonsulats in Irland enispricht

dem Vorgehen fast sämtlicher größeren Staaten und ist notwendig. nachdem sich auch dort eine erfreuliche Entwicklung für den deutschen Handel gezeigt hat. Die Entsendung des Hilfspersonals für diese Posten wird durch den Abbau an anderen Stellen ohne Personal⸗ vermehrung ermoglicht

Wir schlagen weiter vor, daß die deutsche Gesandtschaft in Havanna dort belassen wich, und wir haben uns hierfür der Zu—= stimmung des Reichsfinanzministeriums versichert. Die deutschen Interessen in Guba sind derart bedeutend, daß wir im Kabinett der Meinung sind daß gegenüber den Nachteilen, die eine Aufhebung der dortigen Gesandtschaft mit sich brächte, die Ersparnisse, die dadnrch erzielt werden, nicht in Betracht kommen können. (3Zu⸗ stimmung bei der Deutschen Volkqartei.) 4

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch dafür Dank fagen, daß innerhalb der Parteien ein weitgehendes Verständnis sich dafür gezeigt. hat., daß der notwendige Abbau, den wir im Innern unserer Behörde vorgenommen haben. in bezug auf die Auslandsvertretungen nicht schematisch nach Prozentzahlen vorgenommen werden kann. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkpartem) ;

Meine Damen und Herren, wir stehen in der deutschen Außen⸗ politik unter dem Gindruck der Arbeiten der Sach⸗ verständigenausschüsse Als die Mitglieder dieser Aus- schüsse nech der Reichshauptstabt kamen, hat der Herr Reichskanzler sie der loyalen Mitarbeit der deufschen Reichsregierung versichert, und alt der Vorsitzende det ersten Ausschusses General Dawes sich verabschiedete, hat er seinerseits hem Herrn Reichskanzler versichert, daß diese Mitarbeit in loyaler Weise gewährt worden sei. Wir werden über die Verhandlungen, die mit der Kommission geführt worden sind, ein Weißbuch erscheinen lassen, sobald der Bericht der Sachwverständigen selbst vorliegt. In der Debatte im Auswärtigen Auöschuß, und, irre ich nicht, auch hier, ist davon gesprochen worden, deß der gange Vorgang einer Untersuchung der Zahlungsfähigkeit oder der Feststellung der Zahlunggunfähigkeit Deutschlands doch an sich eine so tiefbetrübende Situation für uns schüfe daß man wohl davon hätte absehen können, etwa das Erscheinen dieser Sachverständigen ausschüsse bei uns in der Presse mit Jubel zu begrüßen. Ich bin der Meinung, daß ebensowenig irgendein Jubel angemessen war, wie ich es für sehr bedauerlich halte, daß man in anderen Teilen der Presse geradezu mit Veschimpfungen gegen die Mitglieder der Sach- verständigenauschüsse vorgegangen ist. (Sehr richtig! bei der Deut— schen Volkspartei) Der Charakter dieser Ausschüsse ist doch damit gekennzeichnet, daß wir in ihnen ein Gremium unabhängiger Persön⸗ lichkeiten haben, die sich frei ihr Urteil bilden können Sehr wahr!

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Mit Ausnahme der durch, Sperrdruck hervorgehobenen Rehen

Und so hoch ich selbst die Gerechtigkeit stelle

reipublicas“. d. h. Gerechtigkeit muß die Grundlage

Die erste Lesung des Notetats, verbunden mit den An⸗

Wir haben vorläufig aus Sparfamkeitsrücksichten für die

überhaupt unser Währung zu halten, da das deutsche Volk ein

können: die Verfügung Deutschlands über die Wirtschafts und

bei der Deutschen Volksparkei) Wir haben wiederholt seitens der deutschen Regierung zu Ausdruck gebracht, wieviel uns daran liegt.

Gremium ausmerksam betrachtet würden. (Zustimmung bei der Deutschen Volkspartei) Wir hofften, daß gerade eine solche Be⸗ trachtung unseren eigenen Anschauungen gerecht werden könne. Die

unabhängige Persönlichkeiten, sondern sie haben meines Erachtens auch noch in anderer Beziehung etwas vor denen voraus, die bisher an diesen Fragen mitgearbeitet haben. Sie sind nicht zermürbt und nicht ermüdet durch die ergebnislose Sisyphusarbeit, die alle die anderen offiziellen Sachverständigen und Mitarbeiter bisher in der Reparationsfrage geleistet haben. (Sehr gutt bei der Deutschen Volkspartei) Sie sind unbeeinflußt durch diesen Mißerfolg an die Frage der Lösung der Reparationsfrage herangegangen. Ich bin der Meinung, daß das, was wir bisher von dieser Arbeit gesehen haben, uns durchaus dazu veiechtigt, anzunehmen, daß man sich bemüht, objektiv und unparteiisch die Dinge zu prüfen, um zu einem Ergebnis zu kommen, das dieser Prüfung entspricht. Von dem Erfolge dieser

hätte

Ordnung der inneren Verhältnisse sei. Ich möchte auch hier auf das Ausland mehr gewirkt hat als die, man kann wohl sagen, heroischen Anstrengungen, die Deutschland gemacht hat., um seinen Etat ins Gleichgewicht zu bringen. (Sehr richtigh Wir haben alle Kräfte anspannen müssen, um diese Ordnung herbei⸗ zuführen. Wir wissen, daß die Staatsgehälter. die wir zahlen, unter dem Niveau des notwendigen Lebensstandards liegen. Wir wissen, daß alle Ausgaben aufs äußerste beschränkt und alle möglichen Steuer quellen in Angriff genommen sind. Als man sich davon überzeugte, daß Deutschland bereit war, in einer Zeit, in der die Steuerquellen des besetzten Gebietes nicht fließen, unter dieser ich möchte das Wort auch hier wiederholen Brutalität gegenüber den eigenen Volksgenossen, namentlich gegenüber dem eigenen Beamtenkörper des Reiches diese Finanzaklion durchzuführen, da hat man auch mit den⸗ jenigen Phrasen aufgehört, die früher von dem schlechten Willen Deutschlands und von dem Hinarbeiten auf den betrügerischen Bankerott gegen uns angewendet worden sind. (Sehr richtig) Es ist ein großer außenpolitischer Erfolg der inneren Reform, den die⸗ jenigen nicht gering anschlagen sollten, die wie der Herr Abgeordnete Hergt mit vollem Recht darauf hinweisen, daß schließlich auch alle inneren Fragen unter dem einen Gesichtépunkt stehen, ob es uns gelingt in der Außemolitik zur Freiheit zu kommen. (Sehr wahrt bei der Deutschen Volkspartei) In dem Sinne ist die innere Politik des Kabinetts auch gleichzeitig wesentlicher Bestandteil der Außen politik mit gewesen. (Erneute Zustimmung) t

Es lasten schwer auf uns gerade bei diesem Versuch, den Etat in Ordnung zu bringen, die Besatzungskosten, die wir bisher weiter bezahlt haben, um ver Bevölkerung der besetz ten C-ebiete Drangsale zu ersparen. Alle Parteien im besetzten Gebiet von rechts bis links waren sich darin einig, daß die Reichsregierung verpflichtet sei, sie vor der Exekution durch die Besatzungsarmeen zu schützen und bis zur letzten ihrer Kräfte dafür zu sorgen, daß diese Besatzungè kosten gezahlt würden. (Sehr wahr Ich muß aber auch hier be⸗ tonen, daß unsere Leistungsfähigkeit zeitlich eng begrenzt ist. Für abfehbare Zeit können wir das scheint ja jetzt auch Allgemein⸗ auffassung zu sein aus eigener Kraft an Reparationszahlungen nicht denken, müssen vielmehr alle Kräfte zusammen nehmen, um

zweites Abgleiten nicht ertragen könnte. .

Das ist die Situation, die die Sachverständigenausschüsse hier vorgefunden haben. Wir kennen nicht die Entschließungen, zu denen sie etwa gekommen sind. Wir ken nen auch nicht die Verhandlungen, die sie unter sich geführt haben. Aber nach den Berichten, die namentlich in der ausländischen Presse vorliegen, zeichnen sich einige Haupttendenzen und einige Hauptfragen, die innerhalb dieser Gremien erörtert wurden, schon heute ab. Man scheint sich davon überzeugt zu haben, daß ein mehrjähriges Moratorium für Deutsch⸗ land notwendig sei. Man scheint aber ebenso der Auffassung zu sein, daß während dieser Zeit eine internationale Anleihe insbesondere Frankreich einen Ersatz für die Ausfälle geben soll, die durch die Nichtzahlung Deutschlands entstehen. Eine internationale Anleihe, für die man Garam⸗ tien im deutschen Reichsbesitz sucht, wird anscheinend diskutiert im Zusammenhang mit zwei Fragen, die gleichzeitig als die wirtschaftliche Voraussetzung für einen Anleihekredit gelten

Steuerkraft des Reiches sowie die Wiederherstellung der deutschen Verkehrseinheit.

Der „Temps“ hat kürzlich, als diese Dinge in der Presse er⸗ örtert wurden, gegen den Gedanken der Wiederherstellung der deutschen Reichseisenbahneinheit die Ginwendung gemacht, daß eine solche Wiederherstellung der Entwicklung in Deutschland wider spräche, die durch die neuen, mit Bayern auf dem Gebiete des Reichs⸗ verkehrswesens geschlossenen Abmachungen gekennzeichnet seien. (Lachen) Ich brauche wohl nicht darauf hinzuweisen, daß diese Ein⸗ wendungen des „Temps“ vollkommen unzutreffend find. (Zu⸗ stimmung) Die im Gange befindlichen organisatorischen Maß⸗ nahmen bezwecken im Gegenteil eine wirtschaftliche Höchstleistung im festen Rahmen des Gesamtunternehmens durch eine größere Selb⸗ ständigkeit der einzelnen Bezirke. Mit einer Abtrennung der baye—⸗ rischen Bahnen von der Reichseisenbahn haben diese Maßnahmen nicht das geringste zu tun. (Lebhafte Zustimmung.) Wir haben bei der Abtrennung der Rhein⸗ und Ruhrbahn mit Deutlichkeit ge⸗ sehen, zu welchen katgstrophalen wirtschaftlichen und finanziellen Folgen eine Zersplittekung des deutschen Eisenbahnwesens führen muß. Eebhafte Rufe: Sehr richtig) Die deutsche Regierung hofft, daß die gegenwärtig von der deutschen Reichsbahn abzetrennten Teile baldigst mit ihr vereinigt werden, und wenn der Temps“ in den Abmachungen mit Bayern einen neuen Modus der Auflösung der

der Herren Minister, die im Wortlante wichergegeben find.

daß einmal giese Fragen von einem unparteiischen wirtschaftlichen

Persönlichkeiten, die diesen Ausschüssen angehören, sind nicht nur

Arbeiten der Sachverständigen wird es mit abhängen, ob in absehbarer Zeit eine Lösung der Reparationsfrage möglich ist. Die baldigste SLösung wäre für uns die erwünschteste. Deutschlands wirtschaftliche Lage erfordert eine solche baldige Lösung. Ich glaube, die Sach⸗ verständigen werden sich davon überzeugt haben, wie irrig es war, in der Weltmeinung die Idee aufrechtzuerhalten oder zu vertreten, daß— Deutschland irgendwie auf einen betrügernischen Bankrott hingearbeitet Als ich zum ersten Male als Außenminister hier im Hause sprach habe ich an die Spitze meiner Ausführungen den Satz gestellt, daß meiner Meinung nach die beste Außenpolitik die

betonen, was der Herr Reichskanzler ausgeführt hat, daß nichte

lönne doch Frankreich nicht zumuten, feinerseitz die Rhein n Ruhrbahn herauszugeben, während sich Bayern auf dem Gehn verselbständige, so konnen wir Frantreich nur auffordern. mit n dieselben Verträge über die Rhein- und Ruhrbahn zu schließen mit Bayern geschlossen worden sind. (Wiederholte lebhäste⸗ stimmung ) Ich glaube, Frankreich würde sich bald davon überzen wie irrig diese Auffassung ist, mit der man gegen eine Maßnch Einwendungen erhebt, die, glaube ich, aus rein wirtschaͤftlit Gesichtspunkten so klat vor den Augen aller derjenigen steht, wirtschaftlich denken, daß es jeder Diskussion enthoben sein sol Ich sage: die Wiederverfügung Deutschlands über die vollen win schaftlichen und Steuerkräfte des Reiches, die Wiederherstellung deutschen Verkehrseinheit, dürfte von allen Kennern des Wirtschef lebens als Vorausfetzung für das Gelingen einer internationng— Anleihe angesehen werden. (Sehr wahr! bei der Deutschen Voll partei) Wenn es Frankreich um eine wirtschaftliche Lösung Reparationsfrage zu tun ist, so wärden ihm hier Möglichkeiten boten sein, die es kaum zurückweisen könnte. H

Die Frage einer etwaigen internationalen Anleihe wirft q gleichzeitig die Frage der internationalen Mitwirku bei der Verwaltung einer solchen Anleihen Derr Dr. Helfferich hat an einer Rede Kritik geübt, die ich Elberfeld gehalten habe, weil er daraus glaubte ersehen zu soll daß ich von vornherein einer internationalen Mitwirkung oder en internationalen Kontrolle zugestimmt hätte. Meine Herren, für m steht die Frage der Erreichung einer internationalen Anleihe, die n ein Moratorium gewährt und die unter diesen Voraussetzungen geben wird, daß die Verkehrseinheit wiederhergestellt wird, n wir die freie Verfügung über die Wirtschaftskräfte unseres Re wiederbekommen, im engsten Zusammenhange mit der Freihh Deutschlands selbst, die heute über die Grenzen des Versailler trages eingeengt und außerordentlich beschränkt ist. (Sehr richtig!! der Deutschen Volkspartei) Gegenüber diesem Gesichtspunkt gl ich allerdings den Gesichtspunkt vertreten zu sollen ich stelle n Herrn Abgeordneten Helfferich gern den ausführlichen Bericht Kölnischen Zeitung“ über meine Rede in Elberfeld zur Verfügung daß eine Verquickung auch ausländischer Interessen im Aufsichth von Unternehmungen, für die ausländisches Kapital hergegeben weniger bedeutsam ist als die Frage, ob durch eine derartige M wirkung ausländischen Kapitals uns diese wirtschaftliche Selbstänn keit wiedergegeben werden kann und wir dasjenige Moratorium! kommen, das wir notwendig haben, um unsere eigene Produkliy zu entwickeln. J

Es wird selbstverständlich dabei darauf ankominen, daß eine sol Vertretung uns nicht majorisiert, daß sie den deutschen Charakter Verwaltung unangetaftet läßt. Tut sie das aber, dann kam! Tatsache der ausgändischen Vertretung nicht Grund für die Ablehm einer internationalen Anleihe sein, und ich glaube: gerade der 8 Abgeorduete Dr. Helfferich ist doch über unsere wirtschaftliche o so gut orientiert, daß er weiß, wie sehr wir darunter leiden, vielleicht zugrunde gehen können daß wir keine Kredite ohaben,) für Industrie und Landwirtschaft so notwendig sind wie kaum zu (Sehr richtig! rechts) Auch insbesondere für die Landwirtschaft! jetzt an Minderbestellungen an künstlichem Dünger gegenüber vorigen Jahre allein vorliegt, kann uns nur mit dem gröhh Schrecken in bezug auf die Zukunft unserer ganzen Verhältnisse füllen Dasselbe ist der Fall in bezug auf unsere Industrie, ihren Epport vermehren muß, wenn wir das Volk sollen ernih̃ können. Und wenn wir sehen, daß wir infolge der starken Verluste Vermögen ssubstanz auf Kredite angewiesen sind, wenn es sich din handelt, eine Bank zu schaffen auch mit ausländischem Kapital die auf Grund ausländischer Goldkapitalien in der Lage ist, sol Kredile zu geben, dann ist das gerade das, was gegenwärtig una Wirtschaft auf das allerdringendste braucht. (Zustimmung) 5 liegen die Dinge doch so, daß man, glaube ich, sobald die Vor setzungen gegeben find, von denen ich sprach: daß keine Majorisien stattfindet, daß der deutsche Charakter der Venmpaltung erhel bleibt dann die Dinge auch leidenschaftslos vom wirtschafllih Standpunkt auch ansehen sollte. Es ist in der ganzen Wirt so, daß derjenige, der einen bedeutenden Teil seines Kapitals hin⸗ auch eine gewisse Mitwirkung oder Kontrolle für dieses von gegebene Kapital in demjenigen Unternehmen ausübt, für das u hingibt. Das ist im Inlande so, das werden Sie dem Aucel⸗ das den Dingen ferner steht, nicht verwehren können. Delle sage ich, werden wir nicht daran vorbeigehen können, nach R Richtung hin auch dem ausländischen Kapital eine Mitwirkum den Aufsichtsinstanzen, wie sie bei solchen Unternehmungen geschm werden, zu geben. Und ich darf dabei eines noch betonen: wir he⸗ uns doch darüber klar sein, daß wir bei der schwierigen finanziellen Deutschlands ja mehr als einmal doch die Frage einer genst finanziellen Aufsicht auch bisher schon haben diskutieren müssen glaube, Herr Abgeordneter Dr. Helfferich wird mir vollkommen geben, wenn ich mich auf den Standpunkt stelle, daß eine finn Mitwirkung dann erträglich ist, wenn sie von Geschäftsleuten geübt wird daß sie viel weniger erträglich ist, wenn sie von St von politischen Gesichtspunkten aus ausgeübt wird. Denn von politi⸗ Gesichtspunkten aus kann ich mir denken, daß eine Politik getro⸗ würde, um Deutschland auf die Dauer niederzuhalten oder mm zu einem gewissen Grade hochkommen zu lassen. Wirtschaft Gesichkspunkte, die auf eine Verzinsung hingegebenen Kapitals! arbeiten, werden gerade in einer gesunden Weiterentwicklum! Landeg, dem man den Kredit gegeben hat, die beste Garantie f Verzinsung sehen Infolgedessen kann, wenn diese wirtschꝛft Gesichtepunkte maß ꝛebend sind, ein gemeinsames Zusam menn ! wehr gegen eine etwaige Differenzierung Deutschlands im nn nationalen Wirtschaftsverkehr führen, und ich glaube, das Gesichtspunkte, die man auch beachten sollte, wenn es sit diese Dinge handelt. Meine Herren, ich habe vorhin ausgeführt, daß für ut. baldigste Verständigung in der Reparationsfrage das Wünsch werteste wäre. Wir steben im Bälde vor dem kritischen Term 16. April (Zuruf von der äußersten Linken) nein, ich meinte den 6. April, ich meinte den 15. (große Heiterkeit; alle dem Tage, an dem nicht der Deutsche Reichstag neugewählt . sondern die Mikum verträge ablaufen. Eine Fortführmn deistungen, die. die beutschen großindustriellen Werke auf 6

GKortsetzung in der Zweiten Beilage.)

Reichgeinheit auf diesem Gebiete sieht und deshalb sagt, man

Sweite Beilage

, F,

.

zum Deut schen Reichsanzeiger nd Preußhischen Staatsanzeiger

Nr. 51.

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

dieser Verträge an Frankreich geben müssen, ist vollkommen aus- geschlossen. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei, im Zen trum und bei den Deutschen Demokraten) Es ist völlig unmöglich, daß irgendeine dieser Unternehmungen weiterbestehen kann, wenn sie in dem Prozentsatz ihre eigenen Erzeugnisse abgeben soll an ein anderes Land, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Es ist allgemein bekannt, daß die Bemühungen der deutschen Großindustrie, Kredite für die Durchführung der Mikumverträge zu bekommen,

ergebnislos nach der Richtung gewesen sind, daß sie absolut nicht in

dem Maße Kredite bekommen hat, wie sie sie brauchte. Ob über⸗ haupt die Verträge auch nur bis zum 15. April durchgeführt werden können ist zweifelhaft, und daß das Deutsche Reich nicht seinerseits in die Finanzierung dieser Verträge eintreten kann, das wird auch von der Gegenseite anerkannt., das hat der französische Herr Minister präsident wiederholt selbst gegenüber unserm Botschafter ausgesprochen. Darüber brauche ich also hier nicht zu diskutieren. *

Aber wohl entsteht die Frage, auf die auch der Herr Abgeordnete Müller hingewiesen hat: Was soll geschehen, wenn eine Verständigung nicht erfolgt? Wenn eine Verständigung nicht erfolgt, so bedeutet das für uns im besetzten Gebiete alle die Mißstände, die wir vor Abschluß dieser Verträge in allen ihren furchtbaren sozialen und

politischen Auswirkungen gesehen haben, bedeutet Erwerbslosigkeit,

Hunger und Chaos, so daß man nicht abzusehen vermag, was aus diẽsen Dingen werden soll. Aber es bringt auch für Frankreich das Aushören aller der Einnahmen aus den Mikumverträgen, einen Ein= nah meausfall, dessen Wirkungen auf die französische Währung ab- zusehen ist. Die Verhältnisse drängen zu einer Regelung der Reparationsfrage, sie drängen zur Einigung. Aber eine Einigung kann nicht auf der Grundlage der Schaffung einer deutschen Repa— rationsprovinz erfolgen. Grundlage einer Einigung muß sein eine internationale Regelung der gesamten Reparationsfrage, und weil die Nowwendigkeit einer solchen Regelung weit stärker als früher in einzelnen Ländern eingesehen wird weil sie heute eigentlich die ge⸗ meinschaftliche Anschauung aller Wirtschaftsführer ist, deshalb sprach einer unserer bedeutendsten wirtschaftlichen Sachverständigen, der bis⸗ her jahrelang nur Mißerfolge seiner Bemühungen erlebt hat, im Kabinett von dem Silberstreifen an dem sonst düsteren Horizonte der auswärtigen Politik. Deutschnationale Kritik will darin nur einen Nebelstreifen sehen, und ich habe neulich einen vielleicht etwas kurz zusammengefaßten seltsamen Versammlungsbericht gelesen. Es stand darin: Graf Westarp sagt, der Außenminister spricht von einem Silberstreifen. Ich bin überzeugt, es ist nur ein Nebelstreifen. In Klammern: Stürmischer Beifall. Meine Herren, alles verstehe ich, aber nicht den stürmischen Beifall. (Große Heiterkeit im Zen trum und links.) Ich kann mich gewiß vollkommen irren, Sie können warnen vor unbexechtigtem timismus und vor Illusienen. Sie können darauf verweisen, daß alle Arbeit bisher Sisyphusarbeit gewesen ist. Gewiß, aber selbst wenn ich nur fünf Prozent Hoffnung hätte, daß aus diesen Verhandlungen etwas heraus⸗ käme, hätte ich trotzdem die Pflicht und Schuldigkeit zu erfüllen, diese Verhandlungen zu führen. Cebhafte Zustimmung in der Mitte und bei den Vereinigten Sozialdemokraten.) An diejenigen, die dadon sprechen, daß die Dinge ja doch aussichtslos wären, muß ich doch die Frage stellen, was sie uns denn an Positivem sagen (stürmische Zu⸗ stimmung bei der Deutschen Volkspartei, im Zentrum, bei den Deut— schen Demokraten und bei den Vereinigten Sozialdemokraten, anstatt dessen, daß wir versuchen, zu einer Verständigung zu kommen. Meine Herren, es wird auf ganz lange Zeit gar nichts anderes übrig bleiben als der mühevolle Dornenweg der immer von neuem ge— suchten Verständigung. (Sehr richtigl bei den Deutschen Demokraten.)

Diesen Weg habe ich auch als Außenminister gehen müssen, und ich möchte hier einmal auch gegenüber manchem ausländischen Kritiker doch auf das eine hinweisen, daß es von unserer Seite aus auch seit August vorigen Jahres nicht an Versuchen gefehlt hat, mit Frankreich zur Verständigung zu kommen. Diese Versuche haben cingesetzt vor Aufgabe des passiven Widerstandes und sind fortgesetzt worden nach seiner Aufgabe; und wenn sie bisher noch zu keiner wirklichen direkten Aussprache offizieller Art geführt haben, so lag das an der Gedankenkonstruktion des Herren französischen Minister⸗ präsidenten, wie ich es nennen möchte, der plötzlich nach Aufgabe des passiven Widerstandes feststellte, daß der passive Widerstand noch nicht aufgehört habe und für ihn deshalb noch nicht die Voraus⸗ setzungen gegeben seien, um zu verhandeln. (Zustimmung in der Mitte Zuruf des Abg. Dr. Helfferich) Ich habe den Zwischen⸗ ruf nicht verstanden, Herr Kollege Dr. Helfferich.

Der Präsident der französischen Republik, Herr Millerand, hat kürzlich in der Pariser Handelskammer vor wenigen Tagen dabon ge⸗ sprochen., daß für Frankreich die Ruhrbesetzung nur Mittel zum Zweck gewesen sei, und daß es die Stunde ersehne, in der die Räumung des Gebiets zugleich mit den Daten für die Vezahlung festgesetzt würde. Meine Herren, ich akzeptiere gern diese Zest⸗ stellung des Herrn Präsidenten der französischen Republik, daß die Ruhrbesetzung nur Mittel zum Zweck gewesen sei, daß also andere Aeußerungen, die dahin gingen, daß man bis zum letzten Zug im Ruhrgebiet bleibe, damit wohl als Anschauung der Vergangenheit festzustellen sind. (Sehr gut) Der Zeiwunkt aber, sich zu ver⸗ ständigen über das Ende des Ruhrunternehmens, wäre, glaube ich, damals gewesen, wo Deutschland den gewiß doch für uns alle äußerst schweren Entschluß faßte, den passiven Widerstand aufzugeben. Wenn wir damals den passiven Widerstand bedingungslos aufgaben, und wenn es Frankreich darauf ankam, daß es den Zeitpunkt ersehnte, wo der Ruhrkonflikt beglichen war. dann würde es damals die beste Voraussetzung dafür geschaffen haben, wenn es durch freie Initiative in bezug auf die Freigabe der Gefangenen und Ausgewiesenen auch jene psychologischen Stinrmungen aus der Welt geschafft hätte, die für eine Verständigung der Völker weit mehr bedeuten als Verschieden - heiten der Aufassungen über materielle Leistungen. (Lebhafter Beifall.) Das hier einmal zum Ausdruck zu bringen, halte ich auch für not⸗

Berlin, Freitag, den 29. Februg

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wendig. Ersehnt man die Stunde, wo das Ruhrgebiet nicht mehr besetzt ist, dann soll man auch die Voraussetzungen dafür schaffen, daß all diejenige Stimmung, die in diesem Jahre dagewesen ist, auch einmal ein Ende finden kann. (-Sehr richtig) Und dazu. gehört, daß die Leute ihre Heimat wiedersehen, die ihre Heimat durch den Ruhrkampf verloren haben (lebhafter Beifall), und die Menschen, die als Deutsche sich verfehlt haben, vor deutschen Gerichten ihr Urteil erfahren, so wie es jeder einzelne verlangen kann. (Erneuter allseitiger lebhafter Beifall.) Meine Herren, ich habe vorhin darauf hingewiesen, daß es nicht an uns lag, wenn wir bisher zu direkten Verhandlungen über die Reparationsfrage nicht gekommen sind, daß das unser Wunsch war vor Aufgabe des passiven Widerstandes, daß man dann die Dinge lange hingezogen hat. Als wir jetzt ein Memorandum an Frankreich richteten, das sich zunächst auf die Herstellung eines modus vivendi in der Rhein- und Ruhrfrage bezog, da hat die französische Presse plötzlich gesagt, man könne sich doch über frucht barere Themata unterhalten. Sie hat darauf hingewiesen, solch ein Austausch von Memoranden sei nur eine Hemmung auf dem Wege der Verständigung. Wichtiger als die Rhein- und Ruhrfrage sei die Frage der gesamten Reparationslösung. Meine Herren, wir sind zur Diskussion über diese Frage genau so bereit, wie frühere Kabinette dazu bereit gewesen sind. Daß wir gegenwärtig die Arbeiten der Sachverständigenkommission nicht unterbrechen können durch Angebot direkter Verhandlungen, ist selbstverständlich; denn damit würden wir ja ein Mißtrauensvotum gegen die Sach—⸗ verständigenausschüsse aussprechen. (Sehr richtig Damit würden wir erklären: Die Dinge sind so klar vor aller Augen, daß wir eurer Arbeit nicht bedürfen. Deshalb ist ein nicht sofortiges Beginnen solcher Verhandlungen von uns nicht etwa ein schlechter Wille, an solchen Dingen nicht teilzunehmen. Meine Herren, wir können gewiß aus diesen Aeußerungen der Presse, dem „Temps“, dem Artikel des Herrn Sauerwein im „Matin“ und anderen Aeußerungen wichtiger französischer Persön⸗ lichkeiten feststellen, daß sich in weiten Kreisen Frankreichs die Ein⸗ stellung, mindestens in bezug auf die wirtschaftliche Frage, geändert hat, daß Frankreich empfindet, daß es, unbeschadet aller politischen Differenzen, wirtschaftlich in einer Schicksalsgemeinschaft mit Deutschland steht. Man hat daraus bei einigen Persönlichkeiten und in einigen Kreisen die Folgerung gezogen, daß man uns eine alleinige deutsch⸗französische Verständigung vorgeschlagen hat. Meine Herren, wir können keinen Sonder⸗ frieden mit Frankreich schließen, denn wir sind als Schuldner den verschiedenen Gläubigerstaaten verpflichtet. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei und in der Mitte) Wohl aber können wir es von deutscher Seite aus begrüßen, wenn seitens der Alliierten Mittel und Wege gesucht werden, um Frankreichs besonderen finanziellen Bedürfnissen bei der Regelung der Reparationsfragen tzerecht Hu worde Das sind aber Fragen, über die man uns ieh er fem als befragt hat, va 1orY ir, dur m . nur Objekt für die Gesetzgebung gewesen sind. Sehr richtigh Veil wir Objekt der Gesetzgebnung, der Entschlüsse anderer Mächte gewesen sind, um so mehr bedürfen wir der Arbeit unparteiischer Sachverständiger. Sie kann die Grundlage für neue Entscheidungen der alliterten Mächte abgeben, und maßgebend für die weitere Entwicklung der europäischen Verhältnisse wird dabei insbesondere auch Frankreichs Entscheidung sein. Es wird dabei entschieden werden, ob Frankreich Reparationen oder nur politische Macht und wirtschaftliche Ausbeutung will. Ich möchte hoffen, daß die Entscheidung der französischen Regierung, des französischen Volkes nach der ersteren Seite fallen möge. Ich glaube, jeder vernünftige Mensch in Deutschland und jede Partei wird bereit sein, auf einer vernünftigen Basis mit Frankreich sich zu verstãndigen. Es muß aber in der Erörterung der wirtschaftlichen und politischen Fragen die Voraussetzung dafür geschaffen werden. Es dient nicht der Verständigung, wenn der Ministerpräsident Poincarẽ in der französischen Kammer davon spricht, daß Deutschland seit vier Jahren an Reparationen nichts geleistet hätte, und daß sich daraus der Zustand der französischen Finanzen ergebe. Zuruf von der Deutschen Volkspartei: Lüge Warum tritt man nicht den von uns so oft angebotenen internationalen Gedankenaustausch über die tatsächlich bisher vorgenommenen deutschen Leistungen an? Wir haben unsere Leistungen aufgezählt, sie haben nach unseren Berechnungen 42 Milliarden Goldmark betragen. Man mag das anzweifeln, mag es zu hoch hinstellen. Wir haben andere Schätzungen gehabt von Keynes, vom Institute ot Economies, sie sind geringer. Aber auch dieses letztere beziffert die deutschen Leistungen auf 25 Milliarden Goldmark. Frankreich weiß zur Genüge, wie stark die deutschen Sachleistungen seine eigene internationale ökonomische Stellung beeinflußt haben, und Frankreich hätte nach den Abkommen, die es mit uns hat, noch weit mehr von uns beziehen können, wenn es nicht die Rücksicht auf selne eigene Volkswirtschaft höher gestellt hätte als die Ausnutzung seiner vertragsmäßigen Ansprüche gegen Deutsch⸗ land. (Sehr wahr!) Ich darf darauf hinweisen, daß Länder, wie Jugoslawien, ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich sage, ihren Etat im wesentlichen auf die deutschen Sachleistungen basiert haben (hört, hörth, die wir unsererseits bis zum letzten geleistet haben, so lange wir es konnten. In Frankreich muß man wissen, daß künftig deutsche Reparationsleistungen abhängig sind von der Erhöhung der deutschen Produktivität und der Erhöhung des deutschen Lebensniveaus. Als die Sachverständigen hier tagten, ist hier eine seltsame Mitteilung durch die Presse gegangen, die davon sprach, Deutschland könne, wenm es dieselben Steuern erhöbe, wie die Alliierten, vier Milliarden Goldmark jährlich ausbringen, die für Reparations⸗ zwecke verfügbar seien. Nein, so hat niemand von den Sach⸗ verständigen gesprochen, so kann auch kein wirklicher Sach⸗ verständiger sprechen. Aber was gesagt wurde, und was das ganze Elend unserer Verhältnisse kennzeichnet ist, daß man allerdings gesagt hat: Wenn Deutschland dai selbe Lebensnweau hätte wie

England, dann würden wir auf der Basis derselben Steuern eine Mehreinnahme von Milliarden Goldmark pro Jahr haben. Gört. hört! bei der Deutschen Volkspartei) Daß wir relativ dasselbe erheben wie die Alliierten, bezweifelt für die Gegenwart niemand. (Hört, hört!! Wenn man hofft das ist mir auch ausdrücklich versichert worden in der Zukunft einen Ueberschuß des deutschen Budgets zu erzielen, dann hat man ausgedrückt, daß er nur möglich sei auf der Grundlage der Erhöhung der deutschen wirtschaftlichen Produktivität und auch auf der Erhöhung des Lebensniveaus in Deutschland, das jetzt unter dem Erträglichen liegt. (Hört, hörtl und Sehr richtig) Ich möchte hier auch als Außenminister das eine betonen: wenn sich jetzt das Ausland mit dem deutschen Reichs- etat beschäftigt, mit diesem ersten Goldetat, so muß es sich darüber klar sein, daß das ein Notstandsetat ist und nicht ein Etat, der den Kulturbedürfnissen des deutschen Volkes entspricht. (Allseitige Zu- stimmung) Wenn man von künftigen Ueberschüssen des deutschen Etats spricht, so könnten es nicht Ueberschüsse über die Basis sein. die wir jetzt haben; denn diese Basis ertragen wir als Notstands⸗ Uebergangsmaßnahme, wir ertragen sie aber nicht als dauernd für das deutsche Volk. (Erneute allseitige Zustimmung.)

Wenn wir uns fragen, wo denn die Schwierigkeiten liegen, die einer Verständigung in der Reparationsfrage immer wieder ent= gegenstehen, so liegen sie zum Teil wohl darin, daß in Frankreich eine ganz starke Beunruhigung, ich möchte sagen, eine Nervositãt gegenüber Deutschland herrscht. Man stellt die Fragen der Sicherheiten in den Vordergrund. Man bringt sie hinein in die wirtschaftlichen Erörterungen, als wenn Deutschland daran denke, Frankreich zu überfallen. Ich darf demgegenüber fragen: warum sind denn seit mehr als Jahresfrist alle Anregungen, ob

von deutscher oder anderer Seite, wegen der Schaffung des Rhein⸗

landtraktates und wegen weitgehender Sicherheiten Frankreichs bisher ohne Antwort von französischer Seite geblieben? (Sehr richtig) Handelte es sich nur um Sicherheiten für Frankreich, dann müßte ihm die internationale Hilfe von allen am Rhein inte r⸗ essierten Staaten doch die größte Sicherheit sein, die es überhaupt gäbe, namentlich wenn England, als an der Mündung des Rhe ines interessiert, wenn die Vereinigten Staßaten als Protektor in ein solches Abkommen hineingezogen würden. Obwohl solche Aus⸗ führungen wiederholt diskutiert worden sind, haben sie bisher niemals von dort eine Zustimmung erfahren. Glaubt man immer noch, etwa darauf hoffen zu können, mit einem nicht einigen Deutschland besser zum Abschluß zu kommen? Daß man mit den Separatisten keine Politik zur Zerreißung Deu lschlandẽ machen kann, das sollte man allmählich doch auch in Paris begriffen haben. (Sehr gut!)

Man weist dann darauf hin, daß man die deutsche na tio⸗ nalistische Bewegung fürchte. Der Prozeß in München weckt die

0 Daran ei, f Linerzeit bei uns Vor- stellungen wegen der Gefahr erhöbent hat, Ste ür c ——

läge und die Frankreich nicht uninteressiert lassen könne. Ich habe vor wenigen Tagen im „Temps“ gelesen, daß ein Zusammenwirken von England und Frankreich schon deshalb nötig sei, um Deutsch⸗ land zur Demokratie zu bringen. Meine Serren! Möge man sich doch im Ausland über das eine klar sein, daß man eine Staatẽform oder irgendeine Staalsanschauung bei einem Volke gar nicht schärfer diskreditieren kann, als daß man sie hinstellt als im Interesse des Auslandes gelegen. (Sehr richtig! Es ist auch sehr seltsam, welche Begriffsbestimmung das Selbstbestimmungsrecht der Völker in dem Vertrage zwischen Frankreich und der tschecho⸗ slowakischen Republik erfahren hat. Nein, wenn man in Frank⸗ reich eine nationale, radikale Entwicklung in Deutschland let fürchtet, wenn man sie in ihren Erfolgen als unw idersteblich hinstellt und sich fragt, woher das kommt, dann möge man sich doch in Frankreich erinnern, daß bisher alle Politiker in Deutschland, die eine Verständigung mit Frankreich erstrebten, an der fran zösischen Politik gescheitert sind. (Lebhafte Zustimmung. ) Das sst letzten Endes der Urgrund der Entwicklung zum RNadikalismus, die natürlich daraus entstehen mußte und die ihren tiefsten Grund im Elend des dentschen Volkes hat, im phvsischen Elend und in dem seelischen Elend eines Volkes, das derartige nationale Demütigungen fortgesetzt erulden muß, wie es in Deutschland jetzt der Fall ist. (Lebhafte allseitige Zustimmung.⸗) Deshalb glaube ich, würde eine Politik der Verstãnd gung. die von Frankreich ausginge, am besten den Wünschen des Serrn fran · zösischen Ministerpräsidenten nach der Richtung entsprechen, ibm den Alpdruck der deutschen national istischen Bewegung zu neb men. Der „Temps“ sieht allerdings die Dinge anders en und sogt nicht im Volke läge so eine starke Empfindung. sondern sie würde von der Regierung geweckt, und er rät dem deutschen Audenmin ister zur Mäßigung angesichts der Rede, die ich hier über die Zurud- weisung der Pfalznote gehalten habe. Der Temps? sagt. es deide doch übertreiben, wenn der deutsche Außenminister davon spricht, daß das deutsche Bolk durch die Zurũckweisung der Note zur Ter zweiflung getrieben worden sei. Diesen Satz bade ich niemals deer ausgesprochen, wohl aber muß ich darauf binweisen. daß die Politik des Generals de Metz allerdings geeignet ist. ein elt zur Verzweiflung zu bringen. (Lebhafte Zustimmung auf allen Seiten des Hauses) Im Zusammenhang mit einer Rede. die ich vor einigen Tagen hielt und in der ich einen geschichtlichen Rũckblick auf ein halbes Jahrbundert deutscher Geschichde zu geben batte. davon sprach, daß wir stets mit Stolz an unjere alte Armee und unse ve alte Flotte denken würden, und in der ich mich dagegen wandte, daß man das deutsche Bolk als unfãhig hinstellt. koloniale Arbeit zu leisten, sagte die französische Presse. das bieße Dor bereitung der Revanche. Da muß ich doch sagen. daß der VBerfarlker Vertrag uns vieles verbötet, daß er uns aber das Dochdalten der Erinnerung an eine große Zeit der Vergangenbeit niemals ver · bieten kann. (Bravo! rechts und in der Mitte) Es ist eine se völlig falsche psochologische Einstellung des Auslandes. wenn en

England, wenn wir dasselbe Durchschnittseintommen hätten wie

glaubi, dadurch moralische Eroberungen in Dentschland zu machen.