1924 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Oct 1924 18:00:01 GMT) scan diff

Reich durch alle Stürme siegreich hindurchzuführen, das neben dem Reichsheer Preußen zu verdanken sei, das seine Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung in steter Fühlung nahme mit dem Reiche getroffen hätte. (Sehr richtig! links) Wir haben uns in der Tat im vergangenen Jahre in engster Fühlung mit dem Reiche gehalten. Wir sind der Reichsregierung nicht bei der Führung des Ruhrkampfes in den Arm gefallen, wie das die Deutsch⸗ nationalen so oft behaupten. Freilich haben wir keine Gelegenheit unbenützt vorübergehen lassen, um die Reichsregierung darauf auf⸗ merksam zu machen, daß ein so schwerer wirtschaftlicher Kampf wie der Ruhrkampf nicht mit der Notenpresse“ allein geführt werden dürfe, wenn anders man nicht die Währung Deutschlands vollends zer⸗ rütten wollte. Das haben wir im März betont, wir haben immer und immer wieder darauf aufmerksam gemacht, und wir haben die Reichsregierung darum gebeten, jede Gelegenheit zur Beendigung des Ruhrkampfes zu benutzen. Als dann infolge der Inflation das Kabinett Cuno zurücktrat, da haben wir von der preußischen Regierung aus auf das neue Reichskabinett Stresemann dahin ein⸗ gewirkt, den Ruhrkampf so schnell wie möglich zu beendigen. Wir waren der Auffassung, daß Deutschland nur gesunden könnte, wenn es gelänge, dem Währungsverfall recht schnell Einhalt zu tun, und ein Mittel, um diese Reform durchzuführen, war die schnellste Beendigung des Kampfes im Westen. Meine Damen und Herren, wenn es nicht gelang, das Loch im Westen zu stopfen, wenn wir nicht bald der Vempflichtung überhoben wurden, ungezählte Zahlungdmittel in die westlichen Probinzen zu schicken, wenn es nicht gelang, die Wirt⸗ schaft, die Produktion im Westen recht schnell wieder zum Leben zu bringen, dann wären alle Versuche der Rentenbank, alle Verfuche des Reichsfinanzministers und des Reichsbankpräsidenten auf Sanierung der Währung vergeblich geblieben. Sehr richtig! im Zentrum) Deswegen waren wir in Fer preußischen Regierung an der Seite der Reichsregierung, als im September des vorigen Jahres der Ruhrkampf abgebrochen wurde. Wir waren aber auch an ihrer Seite, als sie sich dagegen erklärte, das Rheinland „versacken iu lassen. Wir wußten, wenn diese Theorie Geltung bekommen würde im Reichskabinett oder überhaupt in Deutschland, daß das Rhein⸗ land Preußen auf ewig und immer verloren gewesen wäre. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Und deswegen haben wir uns auf das entschiedenste in den gemeinsamen Beratungen des Reichskabinetts mit der preußischen Regierung gegen alle derartigen Ideen ausgesprochen. (Bravo! bei der Deutschen Demokratischen Partei.)

Wenn wir so eine zwar gelinde, aber tatsächliche Besserung in Preußen im allgemeinen feststellen konnten, trifft diese Bessevung auf das besetzte Gebiet im besonderen zu, und diese Besserung im besetzten Gebiet darf auch die preuhische Negierung mit auf ihr Konto schreiben. Ich glaube, ich bin für diesen Satz auch einen Beweis schuldig ssehr richtig! bei der Deutschnationalen Volksparte), und ich möchte ihn in folgender Weise erbringen. Wenn es jetzt im Westen besser geworden ist, wenn wir, wie ich Ihnen gleich ziffernmäßig belegen werde, darangehen, die preußische Verwaltung wieder zu errichten, ist das ein Erfolg der Politik der Verständigung, die im Londoner Pakt ihren sichlbaren Ausdruck findet. (Sehr gut! und Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Der Londoner Pakt aber, meine verehrten Damen und Herren, wäre gguz unmöglich gewesen, wenn nicht vorher in Eng— Ker ener e g fr, f, , rr e reisen batte findet, und diese beiden Siege wiederum wären unmöglich gewesen, wenn ich im preußischen Innenministerium die Politik betrieben hätte, die im vergangenen Jahre von deutschvölkischen und deutsch— nationalen Ratgebern empfohlen wurde. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Wäre es zu dem Guerillakriege, zu dem Kleinkrieg gekommen, den einige tollkühne Leute auf Ihrer Seite wollten, dann wäre die Atmosphäre in England und in Frankreich nicht geschaffen worden, die zum Siege von Mac Donald und Herriot geführt hat. (Sehr richtigh Man soll über Selbstverständlichkeiten sicherlich nicht frohlocken, und ich bin der letzte, der die gelinden Besserungen, die im Rheinland jetzt eingetreten sind, übertriebe; aber ein Vergleich auch nur mit den Debatten, die wir erst vor einigen Monaten hier hatten, als die ersten Willensäußerungen Herriots be⸗ kannt wurden, ein Vergleich mit dieser Zeit und mit den Veihält— nissen von heute läßt doch eine gewisse Befriedigung aufkommen. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei)

Herr Kollege Loenartz hat mich gefragt, welche Erfolge die Koblenzer Verhandlungen mit bezug auf die Auf— richtung der preußischen Verwaltung gehabt hätten. Ich möchte das ziffernmäßig mitteilen. Es waren ausgewiesen im französischen altbesetzten Gebiet: 4 Regierungspräsidenten, 2 Re—⸗ glerungsvizepräsidenten, 4 Regierungsdirektoren, 4 Oberregierungs⸗ räte, 27 Regierungsassessoren, 17 Landräte; im belgischen altbesetzten Gebiet: 1 Regierungspräsident, 1 Oberregierungsrat, 6 Regierungs- assessoren, 5 Landräte; im Einbruchsgebiet: 1 Regierungspräsident, 1 Regierungepizepräsident, 4 Regierungsdirektoren, 1 Oberregierungs⸗ rat, 1 Regierungsassessor und 7 Landräte; insgesamt: S5 höhere Ver⸗ waltungsbeamte. Zur Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit sind durch die Koblenzer Verhandlungen zugelassen: 73 höhere Verwaltungsbeamte. In einem andern Amte im besetzten Gebiet dürfen 6 höhere Regierungsbeamte verwandt werden, so daß von 86 Regierungs— beamten 7 ausgewiesen bleiben, die aber zum Teil schon in anderen preußischen Verwaltungsstellen untergebracht sind, deren wirtschaftliche Existenz und amtliche Stellung also nicht gefährdet ist. Ich glaube, diese Ziffern lassen eine Besserung erkennen, lassen aber auch erkennen, daß wir heute sehr viel besser die Ordnung im besetzten Gebiet aufrecht⸗ erhalten können als im vergangenen Jahre.

Ich bin überzeugt, daß das Gespenst des Separatismus noch nicht vollends gebannt ist. (Sehr richtig) Wenn wir im vorigen Jahre aber fürchten mußten, daß es bei der zerrütteten preußischen Verwaltung Erfolg haben könnte, dürfen wir uns heute der Hoffnung hingeben, daß, wo die Verwaltung wieder intakt ist, die separatistische Bewegung noch bedeutungsloser wird, als sie im vorigen Jahre war. (Lebhafte Zustimmung)

Was die kommunalen Beamten anlangt, so ist von 268 bei Be⸗ ginn der Koblenzer Verhandlungen noch nicht wieder zu ihrem Amt zugelassenen Beamten auf Grund der Verhandlungen bisher 241 die Dienstaufnahme gestattet worden. Ueber die restlichen 27 Beamten wird noch verhandelt; es besteht die Aussicht, daß der größte Teil pon ihnen ebenfalls wieder zum Dienst zugelassen wird. Von 230 technischen, mittleren und unteren Beamten ist bisher 191 die Dienstaufnahme gestattet worden; über die restlichen Z6 wird noch ver⸗

handelt. Ich darf auch hier hinzufügen, daß die beste Ausficht besteht, daß auch der größte Teil dieser 36 Beamten zum Dienst wieder zu⸗ gelassen wird, so daß wir uns der Hoffnung hingeben können, daß binnen kurzer Zeit die gesamte preußtsche Verwaltung wieder funktioniert.

Ich hielte es für eine Ehrenpflicht der preußischen Regierung,

Regierung und dem Lande in den letzten schweren Monaten geleistet haben. (Lebhafter Beifall Ich glaube aber auch, daß der Herr Abgeordnete Loenartz recht hat, wenn er daran erinnert, daß man nicht nur dieser Beamten gedenken solle, sondern auch der andern, die zurückgeblieben sind und nicht minder Schweres durchgemacht haben. (Sehr richtigh

Wenn man jetzt in das besetzte Gebiet geht und die Berichte auf sich wirken läßt, die von Beamten der preußischen Regierung, aber auch von Vertretern der Bürgerschaft über all das Fürchterliche des letzten Jahres gegeben werden, dann kann man erst ermessen, welcher Dank dieser Bevölkerung zukommt, welchen Dank wir Be—⸗ wohner des unbesetzten Gebietes gerade denen schuldig sind, die jahre⸗ lang moralisch, wirtschaftlich und körperlich Leiden zu erdulden hatten, wie sie im letzten Jahrzehnt, wohl auch in der Kriegszeit der Be⸗ völkerung irgendeines Gebietsteiles Preußens nicht zugemutet worden sind. (Lebhafte Zustimmung Wir dürfen unsern Dank darum nicht beschränken auf Beamte, sondern wir haben gerade auch bei diesem Anlaß ehrend und dankend die Tapferkeit der Bevölkerung anzuerkennen (sehr guth, die sich nicht nur gegen Schikanen der Be⸗ satzungsbehörden tapfer gewehrt hat, sondern der es auch zu danken ist, daß in den verschiedenen Orten des besetzten Gebietes den Separatisten es nicht gelungen ist, dauernd die Herrschaft an sich zu reißen. (Sehr richtig) Die Polizei war ausgewiesen. Wo sie noch vorhanden war, wurde sie auf Geheiß der belgischen und französischen Besatzungebehörden entwaffnet. Wenn es trotzdem gelang, an vielen Orten die bewaffneten Separatistenhorden hinauszuprügeln, dann ist das den Eichenknüppeln der Bevölkerung zu verdanken. (Sehr richtig) Auch für diese Haltung spreche ich der Bevölkerung des Rheinlandes den herzlichsten Dank der Staatsregierung aus. (eb— hafter Beifall.)

Es ist ganz selbstverständlich ich brauche das wohl kaum zu betonen daß wir in der Fürsorge für die Aus⸗ gewiesenen, aber auch in der Fürsorge für die not⸗ leidenden Gemeinden und Kreise nicht erlahmen werden. Wir sind in der Staatsregierung in der Tat der Meinung, daß wir unsern Dank nicht nur durch ein paar schöne Worte, sondern durch Taten zu erbringen haben. (Sehr gut! Abg. Dahlem: In der Praxis sieht es anders aus) Darüber werden wir wohl, Herr Kollege Dahlem, niemals einig werden.

Daß im Berichtsjahre auch sehr üble Erscheinungen hervor⸗ getreten sind, soll keinen Augenblick bestritten werden. Dazu gehören, was mein Ressort anlangt, besonders Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbetriebe der kommunalen Banken und Sparkassen in der Form von satzungswidrigen Ver⸗ leihungen oder satzungswidriger Beteiligung an Spekulations⸗ geschäften. Ich brauche kaum zu betonen, daß es nicht erst der Zeitungserörterungen über den „Nordhäuser Fall“ oder den „Franz⸗ burger Fall“ bedurft hätte, um die Staatsregierung zu veranlassen, eine schärfere Aufsicht über die Sparkassen anzuordnen oder selbst zu sind der Beweis für bie Aufmerksamkeil die vie Stan greg er nge bre mein Ressort diesen Dingen schenkt. Ich muß mich aber ganz ent⸗ schieden dagegen verwahren, wenn Unregelmäßigkeiten im Geschäfts⸗ betrieb der kommunalen Banken zu einer parteipolitischen Hetze miß⸗ braucht werden, wie sie in der Geschichte der Sparkassen bisher nicht vorgekommen ist. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Ich las in den letzten Tagen in einer Zeitung folgendes:

Wie wir von maßgeblicher Stelle hören, ist die am 30. 9. in verschiedenen Blättern erschienene Nachricht über angebliche Millionenunterschlagungen bei der Reichsbankhauptstelle Dortmund weit übertrieben. Es handelt sich um Verfehlungen einer Reihe von Hilfsangestellten und eines jungen Beamten, welche während der Zeit der Ausweisung der Direktoren durch die Franzosen ein— zelnen Firmen unberechtigt Girogelder zur Verfügung gestellt haben. Die Summen sind von den Firmen zum größten Teile längst zu⸗ rückgezahlt. Lediglich ein Betrag von etwa 270 0090 ( steht noch aus, der ebenfalls zum größten Teil wieder eingehen dürfle. Die betreffenden Angestellten sind aus dem Betrieb der Reichebank⸗ hauptstelle Dortmund bereits vor mehreren Monaten entfernt worden.

Ich bin der Meinung, das ist die richtige Art, wie man solche Dinge abmachen muß. Keine Uebertreibungen, damit nicht das Publikum die Auffassung bekommt, daß nun alles bei den öffentlichen Banken faul sei und man keiner öffentlichen Kasse Gelder anvertrauen dürfe. (Abg. von der Osten: Wenn man den Grundsatz nur früher befolgt hätte) Können Sie mir nachweisen, Herr Abg. von der Osten, daß ich diesen Grundsatz früher nicht befolgt habe? Also ich bin der Meinung, man soll solche Fälle nicht übertreiben und nicht verall⸗ gemeinern. Wollen Sie wissen, in welcher Zeitung das gestanden hat? In der „Kreuzzeitung“, in derselben Zeitung, die, als ähn⸗ liche Dinge von der Kreiskasse in Nordhausen bekannt wurden, jede kleinste Meldung unter der Ueberschrift brachte: „Neues zum Spar⸗ kassenskandal in Nordhausen!“ Herr Abg. Jansen hat schon darauf hingewiesen, daß von der Ostpreußischen Landesbank Zeitungs⸗ meldungen behaupten, daß nicht alles in Ordnung sei. Ich nehme auch an, daß manches stark übertrieben ist. Der Oberpräsident hat bereits Bericht erstattet, der aber noch keine vollständige Klarheit ergiebt. Es ist angeordnet worden, daß ein banktechnischer Sachverständiger nach Königsberg reist, um die Dinge aufzuklären, und ich behalte mir die Entsendung einer Ministerial⸗ kommission vor, um, wenn noch irgendetwas im Dunkeln bleibt, es von der Kommission aufklären zu lassen. Aber ich frage: Wie würde dieser Fall, der Ostpreußischen Landesbank, ausgeschlachtet worden sein, wenn an der Aufsichtsstelle für diese Bank nicht der deutsch⸗ nationale Landeshauptmann von Brüneck, sondern ein Sozialdemokrat oder Demokrat gestanden hätte? (Sehr richtig! links. Zuruf des Abg. Baecker⸗Berlin) Herr Abg. Baecker, ich wiederhole, ich wünsche mit Ihnen, daß es sich bei den Zeitungsnachrichten in diesem Falle um Uebertreibungen handelt. Ich wünsche das sowohl im Interesse der Kasse wie auch im Interesse der Beruhigung von Sparern in allen Gegenden Deutschlands. Aber gerade, weil ich das wünschen muß, möchte ich Sie dringend bitten, doch auch andere der⸗ artige Fälle nicht zu parteipolitischen Zwecken auszuschlachten, nicht in

Zeitungsnotizen aufzubauschen, um mißliebige sozialdemolret Landräte von ihrem Posten zu entfernen; denn die Hetze, die ng

den Landrat Bülow in Franzburg und Knodt in Nordhausen in S gesetzt worden ist, sieht so aus, als ob Sie nicht Remedur sche wollten, sondern als ob es Ihnen in erster Linie darauf ankom

den Sozialdemokraten aus dem Amt zu bringen. (Zuruf rechts: ist nur Ihre Unterstellung) Eine Unterstellung, die nicht n Eigenart ist, sondern eine Auffassung, die auch von Kreiseingeses Bülows in Franzburg geteilt wird.

Der Landrat Bülow in Franzburg hat die Einleitung en Disziplinarverfahrens gegen sich beantragt. Dem Antrage ist s gegeben; die Voruntersuchung schwebt. Ich greife in die Untersuch nicht ein, ich enthalte mich jeder Aeußerung zu den Beschuldigun Aber ich fühle mich doch verpflichtet, Ihnen einen Brief zur Ke

nis zu bringen, der vor einigen Wochen an das Ministerium Innern gelangt ist und der folgenden Wortlaut hat: Rittergut Krackow und Gut Neubauhof, Krs. Franzbu den 15. 9. 1924.

Obwohl ich mich sonst vollkommen vom öffentlichen

zurückgezogen habe und nur meine landwirtschaftlichen Bet

leite, sehe ich mich doch veranlaßt, bei dem momentanen ständ

Gehetze gegen den hiesigen Landrat ein objektives Urteil übe hiesigen Verhältnisse dem Ministerium zu unterbreiten.

Ich . bin Westfale, Katholik, Zentrumsmann und ehemql

Rittmeister des ehemaligen Paderborner Husaren-Regts. 8.

ich vor vier Jahren in hiesige Gegend kam, wurde mir bede

mit dem Landrat könne und dürfe man nicht zusammenarbeite

er Sozialdemokrat sei. (Hört! hört! in der Mitte und links.)

Ich habe mich aber nicht daran gekehrt, sondern habe direkt!

dienstlichen Sachen dem Herrn Landrat vorgetragen, habe das ganz offen allen Leuten erklärt. Ich habe in den vier Jahren

angenehmste mit dem Herrn Landrat Bülow gearbeitet. Herr rat Bülow hat sich stets als ein äußerst fleißiger, gewissenh

Landrat gezeigt, der mit großem Interesse und unermüdl Eifer sein Amt versehen hat. Uneigennützig und unter persön

Lebensgefahr hat er sich bei den großen Streiks der Landarh

eingesetzt für Zucht und Ordnung. (Zuruf bei den Kommunisten: Das ist die Hauptsache )

Seiner großen Energie verdankt der Kreis jetzt ruhige Arb verhältnisse. Da ich den Mut hatte, offen im Landbund und den Deutschnationalen die Verdienste des Landrats hervorzuht

und da ich, wie oben erwähnt, dienstlich mich direkt an den

Landrat und nicht an die Sekretäre wandte, so wurde ich von

Landbundleuten und den Deutschnationalen stark angegriffen angefeindet.

(Hört! hört! in der Mitte und links.) Wäre der Herr Landrat Bülow inzwischen deutschnationg

n Anziehen der Preise auf allen Gebieten. (Sehr richtig! links.) Bir haben weiter noch sehr betrübende andere Erscheinungen auf em Wirtschaftsmarkt. Wir haben noch Arbeitslosigkeit, wir haben ch Feierschichten, stellenweise sogar Lohnkürzungen. (Zuruf bei en Kommunisten: Trotz London) Käme dazu noch eine Ver— erung der Lebensmittelpreise durch unberechtigte Preisforderungen, ann, meine Damen und Herren, wüßte ich nicht, wie Ruhe und hrdnung besonders in den breiten Massen der Verbraucher noch auf⸗ chterhalten werden könnten. Ich muß dem Kollegen Schwenck idersprechen, wenn er meinte, daß der preußische Polizeiminister nur it blauen Bohnen, nur mit dem Polizeisäbel wirtschaftliche Nöte beheben trachte. Wenn er objektiv sein wollte, müßte er an— kennen, daß von meinem Ministerium alles getan wird, was vor— ugend wirken könnte, daß alles, was in der Polizeiabteilung getan rden kann, um auf die Preise einzuwirken, um Lohnbewegungen der rbeiter (Frau Abg. Wolfstein: Mit Gummiknüppeln niederzu⸗ hlagen) im Interesse einer besseren Lebenshaltung der Arbeiter zu nden, geschieht. Ich kann im Augenblick auf die Preisprüfungs— llen, auf die anderen Preisnotverordnungen nicht verzichten, wenn den Kampf gegen den Preiswucher führen soll. Daß die Be— mmungen keine schikanöse Anwendung finden dürfen, versteht sich Rande. Ich habe kürzlich einmal selber die Markthalle in Berlin sucht, um mich über die Berechtigung und Richtigkeit von Klagen informieren, die aus den Kreisen von Kleingärtnern der Probinz randenburg an mein Ministerium gelangt waren. Ich habe die erderschen Obst⸗ und Gemüsezüchter gefragt, ob sie bei der Fest— hung der Preise in der Markthalle schikaniert würden, oh sie irgend⸗ sche Differenzen mit der Marktpolizei gehabt hätten. Mit einer zigen Ausnahme haben mir ungefähr ein Dutzend der gefragten esucher erklärt, daß sie mit der Marktpolizei gut auskämen, ein weis, daß die Klagen mindestens stark übertrieben worden sind. schikanös sollen die Bestimmungen nicht angewendet werden.

Herr Kollege Loenartz hat mich dann gebeten, den Inhalt der urfügung vom 24. Juli über die Errichtung der mittleren reisprüfungsstellen bekanntzugeben. Ich fürchte, ich ürde Sie langweilen, wenn ich den ganzen Wortlaut dieser Ver⸗ gung vorlesen wollte. Was aber die Zweckbestimmung der rüfungsstellen anlangt, so gestatten Sie mir, einige Sätze aus der berfügung zu verlesen:

Die Hauptaufgabe ist die allgemeine Beobachtung des Wirt— schaftslebens, soweit es durch die Preisentwicklung der Güter und Leistungen beeinflußt wird. Die Ausübung der Preisaufsicht wird durch die genaue Kenntnis der Marktverhältnisse sowie durch Ein— blick in die Betriebswirtschaft der wichtigeren Handels⸗ und Ge⸗ werbezweige und die sonstige wirtschaftliche Lage der Provinz ge⸗ fördert. Mit Einzelerscheinungen von nur örtlicher Bedeutung wird sich die mittlere Preisprüfungsstelle nicht zu befassen haben; dies ist Sache der örtlichen Preisprüfungsstellen.

Die mittlere Preisprüfungsstelle wird mit Veriretern bon Landwirtschaft, Industrie und Handel, der Banken und der Ver⸗

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worden, so würde er jetzt hier im Kreise als der tüchtigste Len braucherorganisationen ständig enge Fühlung zu halten haben. Ins⸗

gefeiert. Lachen rechts.)

Denn alles, was nicht deutschnational ist, wird hier einfach berg

und angefeindet.

Ich bitte daher das Ministerium, bei den Verhandlungen

Entschließungen die hiesige Lage richtig zu beurteilen. (Folgt Unterschrift.)

Gir gf; Sagen Sie doch, wer er isth Baron v. Quernhe Mnbibtrr un virnifter d. T. (Duruf rechts: Vas ist der ei

objektive Mannh Nein, es gibt noch einen anderen, Herr Kw Baecker, das ist der Freiherr von Maltzahn. (Hört! hört! in Mitte und links) Der Freiherr von Maltzahn (Zuruf rechts

das Staat ratsmitglied der Deutschnationalen! (Zuruf rechts lebt aber nicht im Kreise) Er lebt nicht im Kreise? neuter Zuruf rechts: Im Kreise Demminh Nun, das ist

nächste Nachbarschaft! (Heiterkeit und Zustimmung. Zuruf reh Auch die politische Grenze spielt ja keine Rolle. Dieser Fre bon Maltzahn hat mir kürzlich gesagt, ich möchte, um allen Sti keiten die Spitze abzubrechen, bitten, den Landrat Bülow doch einen anderen Kreis zu versetzen; er trete für den Landrat K

ein; in diesem Sinne. (Hört! hört! in der Mitte und links.

rechts: Das letztere ist wohl nicht ganz objektiv, Herr Minister

Das ist objektid. (Zuruf rechts: Herr von Maltzahn hat P

freunden von mir etwas anderes gesagt) Die Unterredung hat

so abgespielt, wie ich eben gesagt habe.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Hoffnung, daß Abschluß der Anleiheverhandlungen in London es möglich sein auch die Kreditverhältnisse der Sparkasfen zu und ich bin weiter der Meinung, daß dann vielleicht auch die lichkeit gegeben ist, mit größerem Erfolge als bisher auf eine

sunde Zinspolitik der Sparkassen hinzuwirken, die

erläßlich ist, wenn man überhaupt einem Abbau der Preise das redet. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Ich wende mich nun einem anderen wirtschaftlichen J s Da darf ich 4) Wort anknüpfen, das Herr Kollege Dr. von Campe mit Bezug

meines Ressorts zu, der Preispolitik.

meine Personalpolitik in seiner Rede am Freitag angewendet Er meinte da, er beneide mich nicht um die Rolle, die ich i Koalition auf dem Gebiete der Personalpolitik spielen müsse. glaube, Herr Kollege Dr. von Campe wird aber auch keinen! finden, mich als Koalitionsminister auf die sem Gebiete zu ben (Sehr richtig! und Heiterkeit Ich möchte auf folgendes him Herr Kollege Loenartz verlangle von mir einen Abbau der und eine Herabminderung der Preisspanne. In dieselbe Kerbe Herr Kollege Dr. von Campe. Dann sprach am Sonnabenb Herr Kollege Jansen von der Deutschen Demokratischen Part verlangte Abbau der Preisverordnungen, der! prüfungsstellen und aller der notwirtschaftlichen Maßnahmen, dit zur Verfügung stehen, wenn ich Preiswucher bekämpfen soll. ich boshaft sein, dann würde ich die drei Herren einmal bitte sammenzutreten und mir die Plattform zu verraten, auf der es lich ist, diese beiden Forderungen zu vereinigen. (Heiterkeit) glaube aber, ich würde von den Herren einen Korb bekomme würden mir erklären, ich sei ja Minister, und ich müßt Quadratur dieses Zirkels finden. Heiterkeit.)

Die Reichsregierung hat vor einigen Wochen ein löbliches gramm verkündet, um einen Abbau der Preise herbei)zußt (Abg. Dahlem: Wo ist der Erfolg?) Das ist ein Ziel, des Schu der Edlen wert. (Erneuter Zuruf des Abg. Dahlem) Abg. Dahlem, da befinden wir uns doch einmal in Uebereinstim Statt des erwarteten Abbaues der Preise haben wir in Wirk

besondere wird sie mit den wirtschaftlichen Verbänden jeder Art und mit den Großbetrieben über die Angemessenheit von Preisen für Waren und Leistungen verhandeln und damit auf die Preis— gestaltung einen maßgeblichen Einfluß gewinnen müssen, um die Stetigkeit des Wirtschaftslebens zu sichern. Sie wird die Nach⸗ prüfung von Verbandspreisen und von Unkostenkalkulationen des Handwerks, Tarifsätzen der Leistungsgewerbe usw., die also für 6 2 gelten sollen, zu ihren Aufgaben machen. us diesen isungen gebt bers. Saß ni ö 3 Tisch die , 13 in 8 Hr fn r ene nr nern in engster Fühlung mit allen Interessengruppen ihre Arbeit 16führen sollen. Herr Kollege Loenartz hat darauf hingewiesen, daß lebhafte lagen über die Preisbildung der Kartelle und Truste orlütgen, daß er manchmal das Empfinden habe, als ob man die einen Diebe hänge und die großen Diebe laufen lasse. Ich habe eser Muffassung auch schon einmal an dieser Stelle Ausdruck gegeben, ich Wnuß zu meiner großen Betrübnis erklären; ich bin nicht in egen die Preisbildung der Kartelle und Truste vorzugehen. Kartellverordnung vom 23. November v. J. ist das dem irtschaftsministerium, dem Reichsernährungsministerium und

n , übertragen. Diese Dinge entziehen sich meiner zuständigkeit.

Was die Handelsspanne anlangt, über die sich Herr bollege von Campe besonders beklagt hat, so bin ich auch der Meinung, daß diese Spanne bei einzelnen Warenpreisen viel zu boch st. Aber selbst wenn die Polizei eifrig am Werke ist, um sie zu indern, so optimistisch, meine ich, dürfen wir nicht sein, uns Hnzubilden, daß sie jemals den Stand der Vorkriegszeit wieder er⸗ eichen werde. Die Umsatzsteuern, die hohen Bankzinsen, die hohen Frachtsätze, all das sind Dinge, die man bei dieser Frage nicht gnorieren darf. Solange wir nicht zur Beseitigung der Umsatz⸗ keuer kommen, solange nicht eine gesunde Zinspolitik an unseren ffentlichen Banken eingeführt wird, solange die Eisenbahnen nicht ine Ermäßigung der Frachtsätze einführen, besonders an Lebens⸗ sitteln, solange wird man noch mit höheren Preisspannen zu rechnen ben. An weiteren wirtschaftlichen Maßnahmen, 'die von meinem Ministerium zu bearbeiten und zu treffen sind, darf ich nur ganz urz hervorheben die Hilfsaktion zugunsten der Land— dirtschaft, die durch anhaltende Regenfülle oder andere üble reignisse in den letzten Monaten in eine sehr schwierige Notlage eraten ist. Wenn man die Finanzlage Preußens berücksichtigt und ann in Erwägung zieht, welche Summen Preußen bereits zur Be⸗ hebung dieser Notlage hergegeben hat, so wird man anerkennen müssen, hier wirklich schnelle Hilfe geleistet worden ist, und ich darf hin sufügen, daß, wenn die Prüfung ergibt, daß noch zugegriffen werden nuß, auch der Herr Finanzminister bereit ist, die erforderlichen Mittel ir Verfügung zu stellen. (Bravoh

Ich wende mich nun den politischen Fragen zu. Im Mittelpunkt der Erörterung stand die Verfassungsfeier, und Derr Kollege von Campe hat mir dabei gesagt, daß ich in der An⸗ hrdnung und Durchführung der Verfassungsfeier keine glückliche Hand hezeigt habe. Ich habe den Beweis für diese Auffassung des Herrn Kollegen von Campe vermißt. (Sehr richtig! bei den Soglal⸗ demokraten. Zuruf rechts) Das ist etwas, was auch Sie begrüßen ollten, Herr Haseloff. Am Verfassungstage soll eine Aufstellung der Schutzpolizei fehr gefährlich sein?? Ich freue mich, daß die so⸗ denannte Parade“ den guten Eindruck gemacht hat, von dem man am chsten Tage in gang Berlin sprechen hörte. (Zurufe bei der Deutschen Volksparlei Es war doch keine Parade sondern eine

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einfache Aufstellung der Schutzpolizei. 7000 Mann Schutzpolizei waren am Verfassungstage im Lustgarten versammelt. Das war nichts als eine deutliche Demonstration an die Radikalen von links und rechts, es nicht auf einen gewaltsamen Angriff auf die Verfassung mnkommen zu lassen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) Solange ich solche friedlichen, unblutigen Gesten zeigen kann, werde ich es tun. Die Schutzpolizei ist nicht mit Karabinern erschienen, nlemand hat einen Gummiknüppel mitgeführt. In der gewöhnlichen Bewaffnung ist die Schutzpolizei aufmarschiert. Das hat genügt, um der größeren Oeffentlichkeit darzutun, daß der preußische Staat über die Machtmittel verfügt, die zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung erforderlich sind. .

Ich bin mit Herrn von Campe der Meinung, daß sich Be— geisterung nicht kommandieren läßt und daß niemand zur dicke ge⸗ zwungen werden kann, aber ich bin ferner der Janz bescheidenen Auf⸗ fassung, daß Beamte, die der Reichsverfassung Treue geschworen haben, es nicht als Schande zu betrachten brauchen, an einer Ver⸗ fassungsfeier teilzunehmen. (Zurufe rechts.) Ich bin weiter mit derrn von Campe darin einig, das er diese Beamtenfeier nicht als eine wirksame Kundgebung für die republikanische Staatsform an— sehen will. Wenn es richtig ist, was ihm ein hoher Verwaltungs⸗ beamter gesagt hat ich habe keinen Anlaß, an seinen Worten zu zweifeln „Was war um mich herum? Nur meine Beamten!“ 2 dann ist das ein Beweis dafür, daß es so wie bisher mit den Ver⸗ fassungsfeiern nicht weiter gehen kann. (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten) Entweder erklären Reichsregierung und Reichstag den 11. August als verfassungsmäßigen Feiertag, so daß alle daran teil⸗ nehmen können Guruf rechts: Nutzt nichts), oder man hebt die „Beamten“-⸗Feiern auf und überläßt dem Volke, sich selbst einen Feier⸗ tag zu machen. Da sind wir also einig, Herr von Campe, Sie sind also dafür, daß durch Reichsgesetz der 11. August zum National— feiertag erklärt werden möge? (Widerspruch bei der Deutschen Volkspartei) Meine Herren von der Deutschen Volkspartei, ge⸗ statten Sie mir eine Bemerkung an Ihre Adresse. Sie rufen: 18. Januar. Ich bin der letzte, der dem 18. Januar seine Bedeutung aberkennen möchte. Ich habe der geschichtlichen Bedeutung des 18. Januar im vergangenen Jahre am 18. Januar ehrend gedacht, als ich die Verpflichtung hatte, einen Gesetzentwurf ich glaube die Stadt⸗ und Landgemeindeordnung dem Landtag vorzulegen. Wer das Gute und das geschichtlich Große der Vergangenheit nicht ehrt, der ist auch einer besseren Zukunft nicht wert. (Sehr richtig) Wir haben uns der Größe des 18. Januar nicht zu schämen; aber Feier⸗ tag der Republik das geht nicht, Nationalfeiertag der Republik das ist ganz ausgeschlossen. Erinnern Sie sich, meine Herren, des II. August 1919. Es ist niemandem eingefallen, im Jahre 1919 den 18. Januar als Nationalfeiertag vorzuschlagen, wir vergessen zu schnell; wir haben vergessen, in welchen Zuckungen das Deutsche Reich 1919 lag. Wit haben vergessen, daß es damals alle, die am Wiederaufbau Deutschlands beschäftigt waren, lebhaft begrüßten, daß es endlich gelang, mit der Verfassung von Weimar so etwas wie ein Fanal aufzurichten (sehr wahr! links), das alle an Re Zukunft Deutschlands wieder glauben ließ. Und ist es nun eine Schande, den Tag, der dieses Dokument von Weimar besiegelte, als National⸗ feiertag zu begehen? GZurufe rechts: Das sagte niemand)

Herr Abgeordneter von Campe hat die Tonart meines Erlasses bemängelt, und ich gebe ihm ganz recht: kommandieren liegt mir nicht. Mein System, meine Methode ist, die anderen, Herr Abgeordneter von der Osten, zu überzeugen. (Lachen rechts) Ich bemühe mich, nicht nur im Privatleben konziliant zu sein, sondern

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Antwortschreiben, die mir von höheren Verwaltungsbeamten vorgelegt werden, feile und schleife ich die Ecken ab. Aber auf den Ton kommt es ja gar nicht an, sondern auf den Inhalt, und wenn ich die Beschlisse auszuführen habe, muß ich auch mit aller Deutlichkeit sagen wie das preußische Staatsministerium sich die Ausführung dieser Beschlüsse durch die Behördenchefs im Lande denkt. (Sehr richtig! links) Wenn ich nun Anlaß hatte, zu zweifeln, ob eine NUebersendung des Beschlusses des Staatsministeriums genügen würde, um die Erfüllung dieser Pflicht zu sichern, dann mußte ich ihn schon mit einem sehr deullichen Erlaß begleiten. (Abgeordneter Dr. Leidig: Höflicher hatten Sie es sagen können) Jawohl, das gebe ich zu, und wenn ich nochmals Veranlassung haben sollte, einen Erlaß über die Verfassungßfeiern herauszugeben, so können Sie sich darauf verlassen: der Erlaß wird höflicher sein. (Abgeordneter Dr. Heß: Aber nicht weniger deullich) Nein, Herr Kollege Dr. Heß, Sie werden mir zugestehen, daß ich in der Lage bin, das Nötige höflich, aber auch mit aller Deutlichkeit zu sagen. .

Es ist nicht richtig, daß die Verfügung über das Versammlungs⸗ verbot eine Sondergabe an das Reichsbanner Schwari⸗ Rot-Gold gewesen sei. Die Verfügung lautete ganz allgemein, so ungefähr wie schon im Jahre 1923, daß Umzüge und Ver sammlungen unter freiem Himmel zu Ehren der Verfassung gestattet seien. Also auch die Herren vom Stahlhelm oder vom Jungdeutschen Orden hätten, wenn sie zu Ehren der Verfassung hätten feiern wollen, von dieser Ausnahmebestimmung Gebrauch machen können. Sehr gut! links. Lachen und Zurufe rechts) Aber es ist charakteristisch, daß pon dieser Ermächtigung allein nur das Reichsbanner Schwarz ⸗Rot⸗ Gold Gebrauch gemacht hat.

Da möchte ich nun noch einmal meine Stellung zu den Selbstschutzorganisationen, zum Reichsbanner Schwarz⸗ Rot-Gold, zum Jungdeutschen Orden, zum Stahlhelm usw. sagen. Sie wissen, daß ich von Anbeginn meiner Tätigkeit allen diesen Ver⸗ bänden sehr skeptisch gegenübergestanden habe, und ich hatte guten Grund dazu. Die Einwohnerwehren und Ortswehren und Arbeiter⸗ wehren des Jahres 1919 waren kein Mittel zur Aufrechterhaltung und Unterstützung der Ruhe und Ordnung gewesen, sondern das gerade Gegenteil. (Sehr wahr! links) Als dann zu Ostern 1920 die Ver⸗ pflichtung an die Reichsregierung gelangte, alle diese Organisationen aufzulösen, mußte ich es in Preußen durchführen. Lachen und Zurufe rechts) Nein, nicht schweren Herzens! Das lag ja in der Linie meiner Politik. Aber schweren Herzens haben Sie, Herr Abgeordneter pon der Osten, sich dazu entschlossen. (Abgeordneter von der Osten: Sehr richtig) Sie haben von Selbstschutz' gesprochen, und Hery Kollege Negenborn hat gemeint, seit der Stahlhelm in Schlesien be⸗ stände, seien Brandstiftungen, Diebstähle usw. geringer geworden. Ach, diese Selbsttäuschung! Als wir im vorigen Jahre den Land arbeiterstreik in Schlesien hatten, hat eine Selbstschutzorganisation unter Führung des Grafen Saurma⸗Jeltsch nicht zur Aufrechterhaltung der Ordnung beigetragen, sondern eine Beunruhigung der betreffenden Städte herbeigeführt, (Zuruf des Abgeordneten von der Osten)

Das ist nicht derselbe Selbstschutz (Erneuter Zuruf) Aber nein, die Selbstschutzorganisationen, gegen die ich zu Felde gezogen bin, das waren und sind die illegalen, die etwas ganz anderes erstrebten, als was sie in ihrem offiziellen Programm zum Ausdruck brachten. Die Organisationen aber, die in den Jahren 1919 und 1921 in Schlesien auf der Wacht gestanden haben, waren Organisationen, die unter Duldung und Förderung der preußischen Staatsregierung und der Reichsregierung ins Leben getreten sind (Zuruf bei der Deutsch nationalen Volkspartei: Die Sie nachher verboten haben), die ich zum Teil nachher verboten habe unter Zustimmung Ihres Freundes Schlange⸗Schöningen, der darauf verwies, daß man „dunkle Leute“ (wie Heidebrech nicht dulden könne. (Hört! hört! links.)

Ich . aber auch gegenüber dem Reichsban ner Sch warz⸗Rot⸗Gold meinen Skeptizismus beibehalten. Als im vorigen Sommer in Magdeburg, man darf wohl sagen, die erste Ortsgruppe oder der Vorläufer dieses Reichsbanners gegründet wurde, und als 1500 Magdeburger Arbeiter mit schwarz-⸗rot⸗gol denen Fahnen vor dem Obenpräsidenten Hörsing vorbeimarschierten, habe ich in einem Interview im „Vorwärts“ gesagt, daß ich auch diese Organi— sation nicht billigen könne, denn sie würde andere auf den Plan rufen, und wir würden bald nichts anderes als zum Kampf bereite Bürger massen im Lande haben. (Sehr richtig! rechts) Ich habe also gebremst mit dem Erfolge, daß diese Ortsgruppe ihre Tätigkeit ein⸗ stellte.

Ich habe angenommen, daß denselben Einfluß in anderer Richtung Herren der Koalitionsparteien ausüben würden, beim Jung⸗ deutschen Orden, beim Stahlhelm usw. Aber was ist eingetreten? Erinnern wir uns doch des Oktober oder des November des Jahres 1923 (sehr wahr! links), als der Gedanke des Direktoriums erwogen wurde. Da traten die Zentralvorstände des Stahlhelms und des Jungdeutschen Ordens in Aktion. Sie kamen sogar nach Berlin und faßten Entschließungen, von denen eine in die Forderung an den Reichskanzler ausklang: Handeln Sie, ehe andere handeln ! (Hört! hört! links) Der Jungdeutsche Orden faßte Resolutionen und forderte die Beseitigung der marxistischen Regierung und die Errichtung des Direktoriums. In jeder Woche kam eine solche Enischließung heraus, in edler Konkurrenz mit dem Verbanb der Vaterländischen Verbände des Herrn Geisler, und die öffentliche Meinung stand bald unter der Suggestion: Das ist die Macht, das sind die deutschen Scharen Mussolinis! Jetzt braucht sich bloß ein entschiedener Führer an die Spitze dieser Verbände zu stellen, und dann ist die Reichsregierung und die Preußische Staatsregierung sehr leicht zu überrennen. (Zuruf rechts) Jawohl, Kahr liegt ganz auf derselben Linie. Herr Kollege Graf Stolberg, ich glaube, daß selbst Sie nicht den Wunsch haben, Kahrsche Zuftände auf Preußen zu übertragen. (Zuruf) Gut; aber wenn Sie das nicht wünschen, bitte, danken Sie es unserer Politik, daß wir Kahrsche Zustände in Preußen nicht hatten und haben. (Sehr richtig! links) Ich glaube, meine Herren, ich verrate Ihnen kein Amtsgeheimnis, wenn ich Ihnen folgendes sage das wird Sie besonders interessieren, meine Herren von der Deutschen Volkspartei es gab im vergangenen Herbst prominente volksparteiliche Führer, die froh darüber waren, daß in einzelnen Landkreisen in der Provinz Brandenburg demokratische und sozialdemokratische Landräte saßen, die in der Lage waren, das Treiben der rechtsradikalen Verbände zu beobachten. (Hört! hörth Deutlicher will ich nicht werden. (Zurufe rechts.) ;

Meine Damen und Herren! Nachdem die rechtsradikalen Ver⸗ bände dir se 1 Herren, ru Mer mr nuiiln rde. ö. diese Verbände in Marsch zu bringen, in Bewegung zu staatsgefähr⸗· lichen Experimenten, da habe ich meinen Widerstand, meinen pripaten Widerstand, nicht den amtlichen, gegen die Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold aufgegeben, und heute freue ich mich, daß diese Bewegung vorhanden ist. (Bravo links. Hört! hört! bei der Deutschen Volkspartei) Ich will noch deutlicher werden: heute benutze ich jede sich bietende Gelegenheit, um diese Bewegung mit allen meinen persönlichen Kräften zu fördern. (Bravo links. Zurufe bei der Deutschen Volkcäpartei) Aber nein! Ich habe den Stahlhelm verboten. Das Verbot wurde aufgehoben, er existiert, er bewegt sich. Ich habe den Jungdeutschen Orden verboten. Das Ver- bet wurde aufgehoben. Er existiert, er bewegt sich. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei: Gott sei Dank) Soll ich mm, nachdem der Jungdeutsche Orden und der Stahlhelm im vorigen Jahre sich so gezeigt haben, wie ich eben sagte, eine Organisation der verfassungstreuen Elemente unterdrücken oder etwa sagen: Ihr seid nicht zeitgemäß, ihr habt euch weiter im Verborgenen zu halten? Soweit können die Nepublikaner die Selbstverleugnung nicht treiben. Sehr richtig! und bravo! links)

Herr von Eynern hat mich kürzlich gefragt, wie ich das Vor⸗ gehen der polizei in Glogau dem Stahlhelm gegenüber rechtfertigen wolle. Ich will Herrn von Eynern darüber Auskunft geben. Se wissen, daß die Verfügung, daß öffent= liche Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel nicht statt⸗ finden dürfen, nicht von mir herrührt, sondern von dem Reichs⸗ minister des Innern. Die Landeszentralbehörden und die von den Landeszentralen delegierten Behörden haben das Recht, Ausnahmen zuzulassen. Die preußische Staatsregierung macht von diesem Recht ausgiebigsten Gebrauch, ist durchaus nicht kleinlich. (Zuruf bei den Kommunisten: Gegenüber rechts) Auch nicht gegenüber links! (Zuruf bei den Kommunisten: Wann denn? Am 21. September Aber wenn man schon Ausnahmen zuläßt, dann kann man sie nicht Vereinigungen gewähren, die sich in offenbaren Gegensatz zu der heutigen Verfassung begeben. (Sehr gut! links) In dem offiziellen programm der Stahlhelmfeier in Glogau steht das Ehrhardtlied mit solgendem Text:

Kamerad, reich' mir die Hände, fest woll'n zusammen wir stehn. Mag man uns auch bekämpfen, der Geist soll nicht verwehn.

„: Hakenkreuz am Stahlhelm, schwarzweiß rotes Band,

Die Brigade Stahlhelm werden wir genannt! :/:

Stolz tragen wir den Stahlhelm und unsern Totenkopf, Wikingerschiff am Aermel, Kaiserkron' im Knopf. : Hakenkreuz am Stahlhelm, schwarz⸗weiß⸗rotes Band, Die Brigade Stahlhelm werden wir genannt! : /: (Bravol bei der Deutschnationalen Volkspartei. Zurufe links)

Meinen Sie, Herr von Eynern, wenn ich aus Gründen der Staats- sicherheit verpflichtet war, alle Antikriegskundgebungen, die für den 21. September geplant waren, generell zu verbieten, so daß in Preußen nicht eine einzige dieser Feiern unter freiem Himmel statt⸗

gefunden hat, glauben Sie, daß ich es mit dem Grundsatz des gleichen