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in Aussicht stellt! (Große Heiterkeit) Ich bin überzeugt, daß auch der preußische Herr Finanzminister mit mir der Meinung ist, daß, soweit es die preußischen Finanzen gestatten, alle preußischen Polizei= beamten aufgebessert werden müßten. Aber, daß er eine Vorstellung ausgerechnet in Hannober dazu benutzt, um es an den Mann zu bringen, nein, das wäre eine so geschmacklose Agitation gewesen, daß man sie dem preußischen Finanzminister nicht zutrauen kann.
Der Herr Abg. Metzenthin soll gestern gesazt haben, nur der⸗ jenige Abgeordnete sollte über Polizeifragen sprechen, der von der Polizeiorganisation etwas verstehe. Das stimmt. Ich weiß nicht, ob es der Herr Abg. Metzenthin berücksichtigt hat. (Heiterkeit) Immerhin, der Herr Abg. Prelle soll diese Mahnung des Herrn Abg. Metzenthin doch beherzigen. Was er nämlich von der Polizei gesagt hat, verriet eine solche Unkenntnis von dieser allerdings sehr feinen und sehr feingegliederten Organisation, daß ich mich gewundert habe, daß er überhaupt als Abgeordneter die Dinge vorgebracht hat. Es soll „Sytem“ darin liegen, daß hannoversche Beamte nach Gleiwitz und dem Ruhrgebiet versetzt worden sind. Jawohl, darin liegt System, nämlich das System, daß, wenn wir neue staatliche
Polizeiverwaltungen errichten, wir sie annähernd so gut stellen wollen ö
wie die hannoversche Polizeiorganisation. Wenn wir nach langen Kämpfen es fertig gebracht haben, in Oberschlesien eine staatliche Polizei aufzuziehen, im Ruhrrevier einige Polizeiverwaltungen, wie z. B. Oberhausen, Recklinghausen und Elberfeld⸗Barmen, staatlich zu organisieren, so mußten wir für das Gestänge dieser neuen staatlichen Polizeiverwaltung alte eingearbeitete Polizeibeamte haben, und diese haben wir aus allen Orten Preußens in diese Gegenden gebracht. Nach diesem „System“ sind die Versetzungen erfolgt.
Dann hat sich der Herr Abg. Prelle dem Fall Haarmann zugewandt und gesagt, es sei doch merkwürdig, daß die Polizei nicht den Funden nachgegangen wäre, die schon vor zwei Jahren gemacht worden seien. Nach den Proben, die er in den ersten Ausführungen über polizeiliche Dinge gegeben hat, muß ich annehmen, daß er auch diesen Fall nicht richtig geschildert hat. Er sprach davon, der Staatsanwaltschaft seien die Hände und Füsse, die damals gefunden worden wären, zu den Akten gegeben worden. Ja, meine Damen und Herren, das muß auch ein Abgeordneter des preußischen Landtags wissen, daß, wenn erst einmal die Staatsanwaltschaft sich mit derartigen Dingen befaßt, die Polizei dann sozusagen ausgeschaltet ist. (Sehr richtig! links) Die Polizei kann immer noch für Einzel⸗ heiten der Straftat von der Staalsanwaltschaft angegangen werden, die Verantwortung für den Gang der Untersuchung trägt aber die Staatsanwaltschaft. Und wenn Herr Abg. Prelle als Nachbar von Haarmann nichts entdeckt hat (Heiterkeit, so weiß ich nicht, woher er dann den Mut nimmt, der Polizei Vorwürfe zu machen, daß auch sie das Treiben Haarmanns nicht entdeckt hat.
Dagegen muß ich mich aber mit aller Entschiedenheit ver⸗ wahren, daß die Polizei der Provinz Hannover von dem Geiste be⸗ seelt gewesen sei, die Dinge schleifen zu lassen. Davon kann keine Rede sein. Die Untersuchungen der Polizeiorganisation Hannovers haben jedenfalls ergeben, daß zwar allgemeine Fehler auch dort vor— handen sind, Fehler, die insbesondere auf die ungenügenden Mittel zurückzuführen sind, daß man aber von einer besonderen Vernachlässigung der hannoverschen Polizei nicht sprechen kann.
Dann das Dirne wwesen in Hannover! Herr Abg. Prelle hat von öffentlichen Häusern gesprochen. Von öffentlichen Häusern in dem Sinne, daß das Dirnenwesen kaserniert sei, kann keine Rede sein. Aber vergegenwärtigen wir uns doch einmal: was ist aus Hannover, dieser schönen mitteldeutschen Stadt, seit einigen Jahren geworden? Hannover war die erste Großstadt von Westen aus gesehen. Alles, was sich in dem altbesetzten Gebiet nicht „aus— leben“ konnte, kam zunächst nach Hannover. Und es ist wohl kein Zufall, daß Hannover im vergangenen und auch in diesem Jahre ganz besonders Kongreßstadt aller Richtungen gewesen ist. Nun ist es doch eine alte Erfahrungstatsache, daß, wenn sehr viele Männer, be⸗ sonders zahlungsfähige Männer, sich auf einen Punkt konzentrieren, dann die Dirnen folgen. Die Dirnen müssen irgendwo wohnen, und wenn sie die Polizei aus einer Straße exmittiert, tauchen sie in einer anderen Straße auf. Ich kann darum nicht anerkennen, daß diese Bemerkung des Herrn Abg. Prelle berechtigt gewesen ist. Damit kann ich Herrn Abg. Prelle verlassen.
Ich möchte mich nun mit einigen Bemerkungen den Ausführungen zuwenden, die gestern Herr Abg. Metzenthin gemacht hat, Herr Metzenthin hat am Schluß seiner Ausführungen anerkannt, daß eine gewisse Beruhigung und Konsolidierung der Schutzpolizei eingetreten sei. Er glaubte, das darauf zurückführen zu können, daß inzwischen ungeeignete Polizeioffiziere entlassen worden seien. Der Herr Abg. Haseloff von der Deutschnationalen Volkspartei hat gemeint — ich zitiere einen Bericht der Kreuzzeitung über die Rede des Herrn Haseloff; wenn ich mich falsch ausdrücken sollte, wollen Sie mich bitte rektifizieren, Herr Kollege —:
Bei der Polizeiverwaltung ist ein bewußtes Zurückdrängen der national eingestellten Beamten überwiegend zugunsten von Außen⸗ seitern unverkennbar. Man braucht doch nur an Runge und Lübbring zu erinnern.
Ich weiß nicht, ob Sie das gesagt haben. (Abg. Haseloff: Nicht im diesem Zusammenhangh Zunächst liegt ein gewisser Widerspruch in den Ausführungen der beiden Herren. Zuruf rechts: Sie haben falsch zitiert, Herr Minister! — Gut, Sie können mich berichtigen. Wenn Sie wirklich gesagt haben sollten, daß ungeeignete Offiziere entlassen sind, so ist das an sich richtig, aber die Entlassung von Offizieren überhaupt ist doch nur in einem so geringen Umfange geschehen, daß diese Tatsache nicht der Grund dafür sein kann, daß eine Konsolidierung und Beruhigung der Schutzpolizei eingetreten ist. Wenn Herr Abg. Haseloff aber im Zusammenhang mit seinen Aus⸗ führungen die beiden Namen Runge und Lübbring genannt und daraus gefolgert hat, daß nationale Kreise zurückgedrängt worden seien, so möchte ihn darauf aufmerksam machen, daß Runge sowohl wie Lübbring als Polizeipräsidenten im Jahre 1919 ernannt worden sind, also in einer Zeit, wo sich die Schutzpolizei noch in der Aufstellung befand. Es kann also nicht davon die Rede sein, daß durch diese Ernennung nationale Kreise der Schutzpolizei zurückgedrängt worden seien. (Abg. Haseloff: Der Bericht, Herr Minister, den Sie zu⸗ grunde gelegt haben, ist nicht zutreffend) — In, ich bedauere es außerordentlich; ich war gestern nachmittag durch eine Staats ministerialsitzung verhindert, Ihren Ausführungen zu folgen; ich muß mich auf die Notizen verlassen, die mir zur Verfügung stehen.
Herr Abg. Metzenthin hat dann weiter gesagt, daß die Polizei in Neurode versagt habe, und daraus hat er die Folgerung gezogen, daß die Polizeioffiziere im Falle richtigen Einschreitens in Berlin nicht gedeckt würden. Das ist ein sehr schwerer Vorwurf, den ich
darum auch mit allem Nachdruck zurückweisen muß. Meine Damen und Herren, die Verhältnisse lagen im vergangenen Jahre für die Polizei außerordentlich schwierig. Ich habe im Monat Juni mit dem Herrn Reichswehrminister einmal über die Frage gesprochen, wie man angesichts der drohenden Stockun gen auf dem Lebensmittelmarkt die Ruhe und Ordnung aufrechterhalten könne. Der Herr Reichswehr⸗ minister selbst hat mir gesagt, daß es auch für die Reichswehr, die nach ihrem Einsatz nicht ver handelt, sondern handelt, sehr schwer sein würde, gegen hungernde Verbraucherkreise, gegen hungernde Ar⸗ beitermassen zu Felde zu ziehen. Ich war mir nach diesem Gespräch aber darüber klar, daß, wenn man revoltierenden Arbeitermassen oder revoltierenden Verbraucherkreisen überhaupt in der Zeit der Lebens⸗ mittelknappheit zu einem Erfolg verhülfe, es dann in Preußen und in Deutschland noch übler aussehen, die Folgen noch übler sein würden. Deswegen haben alle Polizeiorgane die Ver— pflichtung mit auf den Weg bekommen, beim Einschreiten im Falle von Hungerrevolten zwar zu versuchen, die revol⸗ tierenden Massen zum Auseinandergehen zu veranlassen, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, Lebensmittelgeschäfte und dergleichen zu plündern, daß aber, wenn das erfolglos bliebe, ganz scharf ein⸗ geschritten werden solle. Leider haben diese Anweisungen in einigen Städten, in Breslau und Zeitz z. Bf, ich nenne weiter Sorau, das in den Landtagsberhandlungen des vorigen Jahres eine Rolle gespielt hat, und in einigen Orten um Köln und Aachen herum, befolgt werden müssen, und zwar mit dem Erfolg, daß es sich in Preußen sehr bald herumsprach, daß die Polizei in diesen Dingen nicht mit sich spaßen ließe, mit dem Erfolg, daß die Ausschreitungen bald seltener wurden. Niemand ist in der Polizei dafür rektifiziert, niemand ist ent⸗ lassen worden. (Zuruf bei den Kommunisten) — Herr Abg. Dahlem, Sie haben kein Recht, sich darüber zu beschweren. Wenn Sie gerade im Kölner Bezirk mit Ihrer Agitation ein wenig vorsichtiger gewesen wären, dann hätte die Kölner Polizei nicht nötig gehabt, mit dem Polizeisäbel vorzugehen. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Wenn Tadel ausgesprochen sind, dann ist das deswegen ge— schehen, daß die Polizei hier und dort nicht energisch genug ein— geschritten ist. Das ist gerade im Fall Neurode geschehen, wo dem ersten Polizeibeamten der Vorwurf gemacht worden ist, daß er die Menge viel zu nahe an sich habe herankommen lassen und sich so seiner Handlungsfreiheit begeben hätte.
Der Herr Abg. Metzenthin hat dann gemeint, daß einzelne Polizeibeamte Organisatoren für linksradikale Organisationen seien. Er ist mir den Beweis schuldig ge—⸗ blieben. Herr Abg. Barteld hat eben davon gesprochen, daß Polizei⸗ wachtmeister eine neue Organisation, die aber, glaube ich, rechts ein⸗ gestellt ist, gegründet hätten. Das Kapitel Koalition und das Kapitel Beamtenorganisationen ist ein überaus schwieriges. Ich bin nicht in der Lage, die Koalitionsfreiheit der Beamten auf— zuheben, die Koalition zu verbieten. Selbst wenn ich dazu die Gesetzes⸗ handhabe hätte, würde ich es nicht tun; denn die Beamten— organisationen haben uns in der ersten Zeit des Ruhreinbruchs in den Monaten Februar und März hervorragende Dienste geleistet, und zwar sowohl die Offiziersvereinigungen wie auch der so viel ge— schmähte Schraderverband. Hätten wir in den ersten Wochen des Ruhreinbruchs die Beamtenorganisationen nicht gehabt, dann wäre die Haltung der Polizei, die damals die Bewunderung der ganzen Welt erregte, nicht so männlich, nicht so tapfer gewesen.
Darin bin ich aber mit dem Herrn Abg. Metzenthin ganz einig: Auswüchse des Verbandswesens müssen wir bekämpfen, wenn wir die Disziplin in der Schutzpolizei nicht untergraben wollen.
Diesen Auswüchsen trete ich entgegen. Wenn die Offizierspereinigung
Ehrengerichte einrichten will, dann trete ich dieser Einrichtung ebenso entschieden entgegen, wie wenn die Polizeibeamtenzeitung des Herrn Schrader Artikel über die Organisation der Schutzpolizei ver— öffentlicht, die in ihren unbeweisbaren Behauptungen nur Material für die Bestrebungen bringen können, weiter an der Organisation der Schutzpolizei in Preußen zu rühren. Ich bin in der Lage, durch Vor— legung der Akten des Innenministeriums den Nachweis dafür zu erbringen, daß unnachsichtlich gegen alle Ausschreitungen der Verbände vorgegangen wird.
Dann hat Herr Abg. Metzenthin sein Bedauern darüber aus— gesprochen, daß keiner der 366 Herren der Polizeiabteilung so fähig gewesen sei, das zu leisten, was in Hessen erreicht worden sei, nämlich eine Zulage für die Polizeibeamten. Das kann sich Hessen leisten, eine Zulage für die Polizeibeamten zu gewähren, die mit dem Besoldungsgesetz nicht in Einklang zu bringen ist. Preußen kann sich das nicht leisten. Gott, zu Dummheiten und Inkorrektheiten wären alle ssz Herren meiner Polizeiabteilung fähig, wenn diese Dummheiten gemacht werden müßten. (Hört! hört! und Heiterkeit) Wir haben aber die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß unsere Maß— nahmen mit den gesetzlichen Bestimmun gen in Einklang bleiben. Ich gratuliere meinen Herren in der Polizeiabteilung dazu, daß sie nicht auf den billigen Ruhm erpicht waren, für zwei oder drei Wochen Zulage für Polizeibeamte herauszuholen, um sich nachher wpielleicht von dem Herrn Reichsfinanzminister sagen lassen zu müssen, daß das gesetzlich nicht zulässig gewesen sei und man es zurückziehen müsse. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Ich möchte aber noch sagen: Meine 36 Mitarbeiter in der Polizeiabteilung, wie über— haupt meine Mitarbeiter und ich, wir lassen uns in der Fürsorge für die Polizeibeamten auch von keinem Abgeordneten übertreffen. (Rufe rechts: Na, nal — Heiterkeit — den Herrn Abg. Haseloff aus— genommen! Heiterkeit.)
Nun hat in der Betrachtung dieser Dinge Herr Abg. Barteld eben vom Geist des Offizierkorps gesprochen. Ich muß hier wiederholen: wenn in der Offiziersvereinigung, in der Koalition der Schutzpolizeioffiziere, Ungehörigkeiten vorkommen, ob bei dem einzelnen oder bei der Organisation oder bei einzelnen im Dienst, dann wird dagegen ebenso entschieden vorgegangen, als wenn es sich um Polizeiwachtmeister handelt. Die Statuten über die Einführung der Ehrengerichte sind zurückgezogen. Die Herren haben sich selbst davon überzeugt, daß sie eine Torheit mit der Einführung der Ehrengerichte begehen würden. Sie wollen ihrem Verbandstag, der in den nächsten Monaten zusammentritt, einen Antrag vorlegen, der den Vorstand ermächtigt, diese Dinge überhaupt zu begraben. Würden sich die Herren vom Vorstand der Offiziersvereinigung nicht zu diesem Entschluß verstanden haben, so wäre ich in der Tat zu den Maß⸗ nahmen veranlaßt gewesen, die Herr Abg. Barteld eben anempfohlen hat. Ich hoffe aber, daß es möglich sein wird, auf diesem Wege die ganze Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Nun der Johanniterorden! Gurufe bei den Sozialdemokraten) — Ich weiß es nicht. Ich war vor etwa 115 Jahren einmal veipflichtet, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob höhere preußische Ver⸗
ö n en n Verwaltung legt
damals die Frage vor. Er erklärte mir aber gleichzeitig, daß ern aus sozialpolitischen Erwägungen, aus allgemeinen Wehltatigfe gründen Mitglied der Organisation bleiben würde. (Rufe Ia Na, nah Er hat mir gesagt, daß die Beiträge, die die Mit li abführten, zu mindestens si0 wohltätigen Zwecken zugeführt win Er hat mir einige Tätigkeitszweige des Johanniterordens genanz Eine Anstalt des Ordens kenne ich. Das ist die Heilanstalt Jon im Harz, die gut geleitet ist. Ich habe aus dieser Schilderung ha, aus geglaubt, der Mitgliedschaft von Verwaltungsbeamten? Johanniterorden keine Schwierigkeiten entgegensetzen zu sollen. muß aber sagen, daß ich die Satzung des Johanniterordens nicht kannt habe. Ich wäre Herrn Abg. Barteld sehr dankbar, wenn 9 mir diese Satzungen übermitteln wollte. Immerhin: die Satzung allein tun es nicht. Ich bin der Letzte, der monarchistische R strebungen unterschätzt, und wo monarchistische Bestrebungen ber heutigen Verfassung gefährlich werden können — ich glaube, so zt kennen Sie mich — gehe ich dagegen an. Aber Papier allein? 6 gibt besonders in der Zeit vom 11. November bis Aschermittzwoch besonders in den westlichen Probinzen Preußens, Vereinigungen, he sich auch mit monarchischen Dingen beschäftigen, deren Protektn der Prinz Karnebal ist. (Lachen) — Bitte schön, Herr Kollege, ih bin durchaus nicht geneigt, das alles auf eine Stufe zu stellen. Iz wollte nur sagen, daß die „Urkunde“ an sich mich zu einem Ein, greifen nicht veranlassen kann. Derartige Vereinigungen des Prinz Karneval tragen auch manchmal ganz mittelalterliches Gepräge. N gibt es auch einen Ritterschlag. Ich habe nach Ihren Mitteilungen zu untersuchen, inwieweit sich die Satzungen des Johanniterordens bon diesen Satzungen der Karnevalsbereinigungen unterscheiden. (Heiterkeit
Der Marinetag. Meine Herren, ich habe schon in de Sitzung des Hauptausschusses gesagt, daß es für manche Beamten außerordentlich schwierig ist, Vereinsversammlungen, Kongresse und dergl. als Vertreter der Staatsregierung zu besuchen. Besonders af den Landbundtagungen, auch in der Provinz Hannover, hat sich herall gestellt, daß, wenn Landräte oder Beamte der Regierungspräsidien an diesen Veranstaltungen teilnehmen, um sich über die Stimmung auch in agrarischen Kreisen zu unterrichten, sie dann in den meisten Fällen durch den Schluß solcher Tagungen in eine sehr üble Situation kommen. (Sehr richtig Wenn sich diese Fälle häufen, von denen Herr Kollege Barteld gesprochen hat, dann fühle ich mich veranlaßt durch einen Erlaß an die Bezirksregierungen anzuordnen, daß, behor eine Delegation zu solchen Vereinssitzungen angeordnet wird, sich dn verantwortliche Präsident, der Regierungspräsident oder der Ober präsident über den Charakter und den voraussichtlichen Verlauf einn derartigen Tagung vergewissert. Ich möchte nicht, daß in einen größeren Umfange preußische Beamte in eine so üble Situation g bracht werden, daß man ihnen nachher mit einem Schein des Recht wenigstens unterstellen kann, daß sie sich an einer monarchistischen Kundgebung beteiligt haben. (Sehr guth ö
Ich darf dann einige Worte zu den Ausführungen des Heim Kollegen Dr. Meyer (Ostpreußen) sagen. Herr Kollege Dr. Mera meinte zunächst, daß ich ein ganz fanatischer Gegner von So wjer⸗ rußland sei. Ich weiß nicht, wie er das begründen will. Ich hahe durch meine Amtsführung jedenfalls den Beweis dafür erbracht, daß ich alle Bestrebungen der deutschen Wirtschaft, mit So wjetrußland in Verbindung zu kommen, mit großer Entschiedenheit untersti habe, und wenn Sie sich einmal im Auswärtigen Amt erkundigen wolllen, dann würden Ihnen vielleicht sogar Einzelheiten aus dieser meiner Amtsführung zum Belege für diese meine Behauptung gn geführt werden. (Zuruf bei den Kommunisten) — Darauf komm ich später, wenn ich Ihre große Anfrage beantworte. Was ich übrigen zu diesem Punkt zu sagen habe, Herr Dahlem, das, glaube ich, hilt ich mit aller Deutlichkeit im Ausschuß bereits bekanntgegeben. (Echt richtig) Ja, ein deutscher Kommunist mag keinen Landtag leiden aber die großen Anfragen mag er gern. (Heiterkeit. Sie wollen mich durch Ihre großen Anfragen immer auf, na, sagen wir; gan detaillierte Gebiete meiner Amtstätigkeit locken, aber ich folge Ihnen auf diesem Wege nicht. Ich bin selbstverständlich verpflichtet, auc Ihre großen Anfragen zu beantworten, aber nicht in dem Umfang wie Sie diese Fragen stellen.
Was die Mörderzentrale“ anlangt, so weiß ich nicht, gestern der Herr Präsident, als dieser Ausdruck siel — der Ausdu in dem Zusammenhang damit, daß ich diese Mörder zentrale in meinen Ministerium unterhalten soll — den Ausdruck gerügt hat. N würde mich nicht beschweren, wenn er das nicht getan hat. Ich wü dann nur feststellen, daß wir uns bereits an einen Ton gewöhnt haben in dem selbst der Vorwurf der Mörderzentrale nicht mehr als gewöhnlich erscheint. (Zuruf bei den Kommunisten.) Nein, der Un wurf ist so ungeheuerlich, daß ich eine Mörderzentrale in meinen Ministerium unterhalten soll, daß es sich gar nicht lohnt, darauf ein zugehen, und daß ich es eigentlich ablehnen muß, darauf einzugehe (Sehr richtig) Es ist ein Beamter genannt worden, der in mein Ministerium beschäftigt ist, Oberregierungsrat Schön net Der Oberregierungsrat Schönner ist in das Ministerium des Innen gekommen, weil das Staatskommissariat für die Aufrechterhaltung [ öffentlichen Ordnung aufgelöst worden ist, und weil mir daran ö wenigstens für eine Zeit eine Verbindung mit den Arbeiten die aufgelösten Kommissariats durch Uebermittlung der Erfahrungen, M inzwischen das Kommissariat gesammelt hatte, herzustellen. Di Oberregierungsrat Schönner 1920 Staatsanwalt gewesen ist und R er als Staatsanwalt in die üble Situation gekommen ist, einige Vlh nehmungen vorzunehmen, die mit der Erschießung Dorenbachs in Vih bindung zu bringen sind, ist sein Pech, berechtigt aber nicht zu den Vorwurf, daß Oberregierungsrat Schönner zu irgendeiner Mördtn zentrale gehört.
Noch eine Bemerkung zu den Schlußausführungen des Henn Abg. Barteld. Der Abg. Jansen hat in seiner Etatsrede gemein daß ich dem Regierungspräsidenten Hausmann in Greifswald wohl zu brüsk entgegengetreten sei in meinen Ausführungen über n Greifswalder Fall. Ich kann das nicht anerkennen. habe die Maßnahmen des Regierungspräsidenten, die Genehmigin und den Schutz der Versammlung, das Auftreten der Schutzpolizei! allen Punkten gedeckt, ich kann aber nicht zugeben, daß es richtig 9 wesen ist, daß der Regierungspräsident, um sich zu entlasten, zu der ungewöhnlichen Mittel greift, Maueranschläge anfertigen zu lase und Briefe zu schreiben, die er an einige Herren von der Deutsche Volkcpartei richtet mit der Tendenz, sich gegenüber den Angriffen Deutschnationalen Partei zu rechtfertigen. Selbst wenn das richt ist, daß im ganzen Bezirk keine Zeitungen erscheinen, die genes
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en wären, die Berichtigung des Regierungspräsidenten auf⸗
6. ist das kein Grund für die Handlungsweise des Regierungs⸗
ksidenten. An mich treten täglich — bitte, betrachten Sie das nicht s nebertreibung — die Fragen heran, ob ich unberechtigte Angriffe ichtigen will Ich habe schon früher gesagt, meine Parole in der— ligen Dingen ist: Laß schwatzen! Man muß, wenn man als Be— er auf epponiertem Posten steht, den Mut haben, auch einige schen lang als der schwarze Mann zu gelten. Es gibt ja schließlich cht nur in Vorpommern Zeitungen, sondern auch in Berlin, und ch drei Wochen dringt auch nach Greifswald die Kunde, daß in lem oder jenem Punkt der Regierungspräsident zu Unrecht an— griffen ist.
- le. ich das Ergebnis der Debatte über den Polizeietat zu⸗ nmenfassen darf, so möchte ich sagen, es ist gewiß nicht alles in 1dnung in der preußischen Polizei, es bedarf sehr vieles der Ver— skommnung. Aber ich bitte dringend, das zu berücksichtigen, was Abg. Barteld gesagt hat: das, was wir heute als den größten Teil serer Polizei ansprechen dürfen, die Schutzpolizei hat sich in den Jahren ihres Bestehens in immerwährender Umwandlung be— nden. Und berücksichtigen Sie ferner, daß die Polizei heute Auf⸗ ben zu erfüllen hat, die die Polizei des alten Regimes in dem Um— nge wenigstens nicht kannte. Es gab früher keine Kommunisten und ue rechtsradikalen Verschwörer, es gab früher keine organisierten
Eibände, die bestrebt waren, die Verfassung auf gewaltsame Weise
ndern. Das ist heute in einem so unerhörten Umfange der Fall, sz wir auf die geschlossenen Formationen der Schutzpolizei nicht ver— schlen können.
Wenn Sie alles das berücksichtigen und sich dann ins Gedächtnis rükkrufen, daß wir in den letzten Jahren doch so etwas wie eine ensolidierung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse erlebt hben, dann, glaube ich, wird man auch der Polizei die Anerkennung cht versagen können, daß sie ihre Pflicht und Schuldigkeit getan hat. BGraboh ö
Dle zweite, im Anschluß an die Ausführungen des Ab⸗ oidneten Dahlem (Komm.) gehaltene Rede:
Meine Damen und Herren! Der Herr Abg. Dahlem hat am schluß seiner Ausführungen anerkannt, daß es ungerecht sei, die wißhandlungsfälle, die er als bedauerliche Einzelausschreitungen jer vorgetragen hat, zu verallgemeinern. (Zuruf des Abg. ahlem) — Wollen Sie das widerrufen, was Sie eben selbst esagt haben? Ich habe festgestellt, daß der Herr Abg. Dahlem an⸗ rkannt hat, daß es ungerecht ist, Einzelfälle zu verall⸗ emeinern, da es in der Schutzpolizeibeamtenschaft auch Beamte lbt, die sich mit Entsetzen und Abscheu abwenden. — (Zurufe ei den Kommunisten: Das sind Ausnahmen! — Also, da sind wir
einig. Weiter wollte ich ja nichts. Ich bin dem Herrn Abg. Dahlem dankbar dafür, daß er selbst sich gegen das System wendet, sche Einzelfälle zu verallgemeinern. Erneute Zurufe bei den kommunisten.) Ich sage, ich bin Herrn Dahlem für diese An⸗ mlennung dankbar.
Es ist ganz selbswerständlich, daß die Mißhandlungsfälle hom Ministerium des Innern nicht allein in der Theorie scharf herurteilt werden, sondern daß in den nachgewiesenen Fällen von Mißhandlung die schuldigen Beamten auch zur Rechenschaft ge⸗ ogen werden. (Stürmische Zurufe bei den Kommunisten) Ich tehe gar nicht an, zu erklären, daß ich denjenigen Beamten, der behrlose Gefangene mißhandelt, für nicht geeignet halte, sein Amt n der Schutzpolizei weiter zu führen. (Bravo!) Ich halte gar licht mit einer Brandmarkung derartiger Beamten zurück. Sie ind nicht allein unwürdig, sondern ich füge hinzu: solche Beamte, ie wehrlose Gefangene mißhandeln, sind Feiglinge. (Zuruf bei den Kommunisten: Es geschieht ihnen aber nichts) — Aber meine herren von der Kommunistischen Partei, ich glaube kaum, daß zerade Sie befugt sind, darüber Klage zu führen.
Frau Kollegin Wolfstein, ich habe die Anklagen der Herren r. Meyer und Dahlem über mich ergehen lassen, ohne den leisesten Zwischenruf zu machen. (Abg. Frau Wolfstein: Das ommt Ihnen auch gar nicht zu! — Große Heiterkeit) — Ich vürde Ihnen niemals meine Stimme geben, wenn Sie zur Prä⸗ identschaft dieses hohen Hauses berufen werden sollten. — (Abg. rau Wolfstein: Dann sind Sie auch nicht mehr hier!) Also ich sagte; ich habe nicht den leisesten Widerspruch während der Aus⸗ ührungen der Herren Abg. Dr. Meyer und Dahlem bekannt— Jegeben; ich bitte, mich doch nun einmal anzuhören.
Der Herr Abg. Dahlem hat zum Schluß seiner Ausführungen iber das Verhalten der Schutzpolizei in Düssel⸗ dorf Klage erhoben und sich weiter über die BVorkommnisse in Fürstenwalde beschwert. Wie lagen die Dinge? Ich möchte vorweg bemerken, daß ich die Gerichtsverhandlung in Düsseldorf nicht nur aufmerksam verfolgt habe, sondern auch die veiteren Strafakten sehr genau prüfen werde, um festzustellen, ob die kompromittierten Beamten noch wert sind, in der Düsseldorfer bolizei weiter Dienst zu tun. (guruf bei den Kommunisten: Wie lange dauert das? — Sie als Rechtsanwalt, Herr Abg. Obuch, können sich doch wohl ein Bild davon machen, wie lange das ungesähr noch dauern kann. — Aber ich frage: wie lagen denn die Dinge? Der Herr Abg. Obuch, als Düsseldorfer, weiß das sehr genau. Durch den blutigen Sonntag, durch den 30. September des bergangenen Jahres, der in der Folge die gesamte Schutz⸗ polizei in Düsseldorf zur Ausweisung brachte, wurde es notwendig, in Düsseldorf sofort neue Polizeiformationen aufzustellen. Daß dehei Mißgriffe unterlaufen sind, daß man dabei auf Leute zurück⸗ greifen mußte, die für den Polizeidienst nicht geeignet waren, das haben diese Vorgänge, die sich in den Tagen der Plünderung ereigneten, bewiesen. Wir hatten es nicht mit langjährigen er⸗ probten und erzogenen Beamten zu tun, sondern mit einem schnell Ierbeigeführten Ersatz. Ich muß sagen: Wenn ich als Düsseldorfer golizeiverwalter in jenen kritischen Momenten, im Oktober und November des vergangenen Jahres, vor der Frage gestanden hatte, diesen Ersatz aufzustellen oder die Stadt Düsseldorf vor Plünderungen ungeschiltzt zu lassen, so hätte ich genau so gehandelt, wie das der Düsseldorfer Polizeiverwalter getan hat. Er hat diese Leute eingestellt und dabei nicht in jedem Einzelfalle Glück gehabt. Es läßt sich also auch einiges zur Erklärung der bellagenswerten Düsseldorfer Vorgänge sagen. Damit will ich durchaus nicht die Beamten entschuldigen; es drängt mich aber, denjenigen Beamten, die in den kritischen Monaten Oktober, November und Dezember in Düsseldorf in der Zeit der Plünderung, in der Zeit der Sepa⸗ ratistenabwehr ihre Schuldigkeit getan haben, auch den Dank des
Staatsmin isteriums auszusprechen. (Bravo! — Zuruf bei den Kom⸗ muniisten: Und in den anderen Monaten?) — Herr Abg. Obuch, Sie dürften wissen, daß diese bellagenswerten Vorgänge gerade im , , . und. in den ersten Dezembertagen passierten. (Abg. Obuch: Nein, sie ziehen sich das ganze Jahr über hin!)
Und nun Fürstenwalde! Das Aufgebot der Schutzpolizei, das dazu dienen sollte, die Ministerialanordnungen, die für Fürsten⸗ walde getroffen waren, zur Anerkennung zu bringen, war durch die Androhung Berliner Kommunisten, daß sie die dort geplante Feier unter allen Umständen stören würden, notwendig geworden. Es war nicht bei dieser Drohung geblieben, sondern man hatte Tausende von jungen Leuten nach Fürstenwalde dirigiert. Wenn ich nun mitteile, daß nur etwa anderthalb Hundertschaften der Schutzbolizei Tausenden von jungen Berliner Kommunisten gegen— überstanden, wenn ich weiter mitteile, daß Schutzpolizeibeamte schon in den Monrgenstunden von diesen Kommunisten mit Messern miß— hondelt worden sind (Zurufe bei den Kommunisten: Das ist ja furchtbar!), durch Messerstiche verwundet worden sind (Abgeordneter Paul Hoffmann: Genau dasselbe Märchen wie die Augenaus⸗ stecherei im Kriege) — Ich habe es mir nicht so leicht gemacht, Ihre Anschuldigungen als Märchen abzutun, aber bitte, glauben Sie mir auch, wenn ich Ihnen von amtlichen Feststellungen über diesen Tag berichte. — Also ich sagte: wenn das schon am frühen Morgen passierte, daun können Sie es verstehen, daß die Schutz— polizei auch nicht gerade mit denen sanft umgesprungen ist, die sie als die Urheber dieser Mißhandlungen festnahm. (Abgeordneter Dahlem: Das sind Leute, die freigesprochen wurden, die damit nichts zu tun hatten! — Abgeordnete Frau Wolfstein: Was sagen Sie dazu?) Wenn Sie das Gedicht von Hermann Löns zitiert haben, um darzutun, daß die Polizei im Dienste des Kapitalismus stehe, — angesichts der Klagen, die heute vom ganzen Hause über die mangelhafte Bezahlung der Polizei erhoben worden sind, die Schutz- polizeibeamten als Kapitalsknechte hinzustellen, das ist ein Wider⸗ spruch, den Sie nicht begründen können. Die Schutzpolizei ist nicht zur Erhaltung der Kapitalisten da, sie hat die Verpflichtung, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. (Abgeordneter Obuch: Na also, das ist doch dasselbe! — Große Heiterkeit; Hätten Sie, meine sehr verehrten Herren von der kommunistischen Partei, Ihre Parole zum Fürstenwalder Tage nicht ausgegeben, dann hätte es dort keine Zusammenstöße gegeben. (Abgeordneter Dr. Meyer Ostpreußen!: Und hätten Sie Halle nicht genehmigt, dann hätte es dort auch keine Zusammenstöße gegebenh — Nein, das ist eine sehr kühne Schlußfolgerung. Wenn Ihre Leute Halle gemieden hätten, wäre es dort auch nicht zu Zusammenstößen gekommen. (Zuruf bei den Kommunisten: Das Recht, zu demonstrieren, haben nur die Völkischen!)
Nun die Stellungnahme der Schutzpolizei bei Lohnbewegungen! Herr Abgeordneter Dahlem sagte, er habe noch niemals davon erfahren, daß von Arbeitgebern über das Verhalten der Schutzpolizei Klage geführt worden sei. (Abgeordneter Dahlem: Ueber Mißhandlungen durch die Schutzpolizei! Herr Ab⸗ geordneter Dahlem, Sie waren doch Mitglied des Hauptausschusses und haben an den Sitzungen des Hauptausschusses teilgenommen, in denen über meinen Etat beraten wurde. Da hat mich Herr Ab⸗ geordneter Negenborn für die Dinge verantwortlich gemacht, die sich im vorigen Jahre in Schlesien beim Landanbeiterstreik ereignet haben. Und ich weiß auch: vor einiger Zeit sind aus dem Bergischen Lande, aus dem Wuppertal, Klagen an mich gerichtet worden des Inhalts, daß sich die Polizei auf Seite der Arbeiter gestellt und die Betriebe nicht genügend geschützt habe. Im vergangenen Jahre ist aus Königsberg ein gleiches Beschwerdeschreiben an mich gelangt. Demgegenüber muß ich wieder einmal feststellen: die Schutzpolizei hat bei Lohnbewegungen keine Stellung für und wider zu nehmen, sie hat nur für Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zu sorgen. (Abgeordneter Dahlem: Haben Sie einen solchen Erlaß schon herausgegeben, Herr Minister? — Herr Abgeordneter Dahlem, ich hätte meine Pflicht nicht getan, wenn die Polizei nicht längst entsprechend instruiert wäre.
Und nun das Kapitel des Spitzelwesens! Meine Damen und Herren von der kommunistischen Partei, ich würde es für durch⸗ aus verständlich halten, wenn diejenigen Parteien, die infolge ihrer legalen Betätigung im Staatsleben davon Abstand nehmen, Spitzel zu unterhalten, Klage über übertriebene Polizeiberichte, über tenden⸗ ziös gefärbte Polizeiberichte führten. (qurufe und Unruhe bei den Kommunisten) Aber Sie, Herr Abgeordneter Dahlem, und Ihr Freund Dr. Meyer als Ankläger gegen das Epitzelsystem — na, das reimt sich auch nicht gerade zusammen. Geiterkeit.) Ich habe mir schon früher einmal erlaubt, zu bemerken, daß keine Partei einen so ausgezeichneten Spitze lapparat unterhält wie die kommunistische. (Zuruf bei den Kommunisten: Die lügen auch nicht! — Heiterkeit.) Ich hätte eigentlich Anlaß, darauf neidisch zu sein. Aber eins tröstet mich: dieser Spitze lapparat der kommunistischen Partei wird sie noch einmal ganz kaputt machen. (Lachen und Zurufe bei den Kommunisten) Heute ist die Berlinev Presse vom Berliner Polizeipräsidium über folgende Vorkommnisse informiert worden:
Gestern abend, den 7. Oktober, ist von der Abteilung la des
Polizeipräsidiums in einem Hause der Thomasstvaße zu Neukölln nach längerer Beobachtung eine Werkstatt zur Fälschung von Pässen und sonstigen Ausweisen, insbesondere von Steuerkarten, polizeilichen Fragebögen und behördlichen oder privaten Führungszeugnissen ausgehoben worden. Unter anderem wurden ungefähr 3090 verschiedene Stempelklischees in Gummi und Metall, zahlreiche Paßformulare, Vordrucke, Briesbogen mit Firmenkopf, Photographien richtiger behördlicher Bescheinigungen, ferner in Arbeit befindliche Bronzeerkennungsmarken für Kriminalbeamte, Lochstempel für die Berliner Vergnügungs⸗ steuer und anderes Fälschungsmaterial in einem bisher noch nicht gekannten Umfange vorgefunden. Das gesamte Material war in musterhafter Ordnung in einem Kasten mit 27 Schiebe⸗ fächern und in einem großen Schranke untergebracht. Zahlreiche Pässe waren noch unfertig. Aus anderen richtigen Pässen hatte man die zutreffenden Photographien entfernt, aber die falschen, die dabei lagen, noch nicht eingeklebt. Auch anderes weist darauf hin, daß der Betrieb noch in vollem Gange war, fand sich doch u. a. auch eine bis auf die letzten Tage vervollständigte Samm⸗ lung aller Ministerialerlasse und sonstigen behördlichen Be⸗ stimmungen vor, die sich auf Pässe und behördliche Mitteilungen über von Kommunisten entwendete amtliche Stempel und Vor⸗ drucke beziehen. Verschiedene Gegenstände lassen es als sicher erscheinen, daß der Leiter dieser Werkstatt, der selbst Funktionär der K. P. D. ist, sie im Austvage seiner Partei, zum mindesten
aber in denen Interesse betrieben hat.
(Zuruf bei den Kommunisten: Dann haben Sie sich einer Betriebs⸗ stillegung schuldig gemacht! — Das war doch einmal ein sehr netter Witz! Also, wer derartig organisierte Spitzelbanden unterhält, wer solche Werkstätten führt, wer es bis in die letzten Tage hinein fertig⸗ bekommen hat, die für Ausweisbestimmungen einschlägigen Erlasse der Ministerien zu entwenden und zu verwerten, der hat kein Recht, sich über das sogenannte Ueberwuchern des Spitzelwesens in der Polizei zu entrüsten. (Sehr wahr!) Aber in der Kennzeichnung der Berichte einzelner Polizeiagenten und sogenannter Vigilanten stimme ich mit dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck, stimme ich sogar mit dem Herrn Kollegen Dahlem überein. Da werden manchmal der Polizei Schauermärchen vorgetragen, die jeder Beschreibung spotten, aber auf die nur ein ganz unerfahrener Polizeibeamter hineinfällt. (Sehr richtig! Stürzen Sie sich nicht allzu sehr in geistige Unkosten! Mir ist bekannt geworden, daß Sie selbst, um die Polizei irre zu führen, Erfindungen oder sehr über⸗ triebene Gerüchte in der nächsten Zeit lancieren wollen. Sie wandern in den Papierkorb. Ernst genommen werden sie nicht. (Bravo!)
Herr Abg. Dr. Meyer wie Herr Abg. Dahlem haben sich über Imparität der preußischen Polizeibehörden auf dem Gebiete des Vereins- und Versammlungswesens beklagt. Wenn Sie die Entstehungsgeschichte der in diesen Tagen viel be⸗ sprochenen Verordnung des Herrn Reichspräsidenten, die das Ver⸗ bot ausspricht, sich einmal in die Erinnerung zurückrufen, werden Sie zugestehen müssen, daß das Verbot in erster Linie erlassen worden ist, wenn man so will, weil Sie mit Zusammenstößen auf der Straße gedroht haben. (Zuruf bei den Kommunisten: Sie sagen: wenn man so will! — Wenn man so will! Ja, ich will so! (Heiterkeit und Sehr gut! Meine Verfügung vom 24. Juli des vergangenen Jahres, die Vorläuferin der entsprechenden Ver⸗ fügungen des Reichswehrministers und später auch des Reichs⸗ präsidenten, ist durch Ihre bombastische Drohung veranlaßt worden, am 29. Juli an Ihrem Antifascistentag in den Straßen Preußens zu zeigen, daß das Proletariat auf dem Posten sei. (Sehr gut! und Zurufe bei den Kommunisten. Herr Hoffmann, ich würde mich freuen, daß wir recht bald wieder die friedliche innerpolitische Atmosphäre bekommen würden, die es seinerzeit dem; Berliner Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei möglich machte, 80 000 Leute unbemerkt von der Polizei auf die Straße zu schicken. (Sehr richtig) Heute leben wir noch unter den Aus⸗ wirkungen der Kriegspsychose. Heute drohen Sie mit Hand⸗ granaten und Maschinengewehren. (Zurufe bei den Kommu⸗ nisten) Da habe ich als verantwortlicher Polizeiminister aus all diesen Dingen die Schlußfolgerung zu ziehen, nämlich die Straße von solchen Leuten freizuhalten. Aber ich gebe Ihnen folgenden Rat: wenn es Ihnen ernst ist mit der Wiedererlangung der Freiheit der Straße, um sie zu politischen Kundgebungen be— nutzen zu können, dann sorgen Sie dafür, daß Ihre Zeitungen eine andere Sprache führen. Sprechen Sie nicht jeden Tag von der Revolution, und daß Sie Ihre politischen Ziele mit Hand⸗ granaten durchführen wollen. Dann können wir sofort die Ver⸗ eins und Versammlungsfreiheit herstellen. (Abg. Charpentier: Wir sind keine Heuchler! Wir auch nicht. Geiterkeit.)
Herr Abgeordneter Dahlem hat dann die Anfrage 284 seiner politischen Freunde noch einmal hier angeführt. Ich bin verpflich⸗ tet, auf sie im einzelnen einzugehen. Er hat darüber geklagt, daß die preußischen Polizeibehörden im engsten Konnex mit den Be⸗ hörden der Besatzungsmächte arbeiteten und Arbeiter den fran⸗ zösischen Gerichten zur Bestrafung zugeführt hätten. Davon kann keine Rede sein. Die Auskunft, die ich von den zuständigen Re⸗ gierungspräsidenten bekommen habe, lautet so:
Die deutschen Polizeibehörden in dem besetzten Gebiet sind nicht ausführende Organe der fremden Besatzungsmächte. Die in Bochum und Herten festgenommenen deutschen Personen hatten sich wegen Uebertretung der geltenden Preßvorschriften und wegen des Anklebens von Plakaten aufreizenden Inhalts zu verantworten. Die französische Behörde ist von der Fest⸗ nahme durch deutsche Beamte nicht in Kenntnis gesetzt worden. (Zuruf bei den Kommunisten: Lüge!) Auch hat keine Ausliefe⸗ rung stattgefunden. Die Festgenommenen sind vielmehr von französischen Gendarmen auf der Polizeiwache abgeholt worden. Einem französischen Ersuchen, das noch vor Beendigung der polizeilichen Vernehmung erfolgte, die Verhafteten zur Ver⸗ fügung der französischen Behörden zu halten, mußte wegen der im besetzten Gebiet bestehenden Verhältnisse entsprochen werden, zumal der Inhalt der Plakate die Besatzungstruppen zum Zu⸗ sammengehen mit den Kommunisten aufforderte. Für das Staatsministerium liegt kein Grund vor, anläßlich der Vorgänge in Bochum und Herten gegen die örtlichen Polizeibehörden ein⸗ zuschreiten.
— Gurufe bei den Kommunisten) — Das berichten die zu⸗ ständigen Regierungspräsidenten. Also, Herr Dahlem, wenn Sie nicht wünschen, daß mit den Polizeibehörden der Besatzungsmächte im besetzten Gebiet Ihre Anhänger in Konflikt geraten, veranlassen Sie Ihre Freunde, jetzt einigermaßen Ruhe zu halten. Die fran⸗ zösischen Besatzungsbehörden sind da viel strenger als die deutschen.
Was Haarmann anlangt (Zurufe bei den Kommunisten) — ich weiß nicht, ob Sie befriedigt werden — so muß ich selbstver⸗ ständlich angesichts des schwebenden Gerichtsverfahrens mich darauf beschränken, die Fragen von der Kommunistischen Partei so zu beantworten, daß sie keine Beeinflussung des Gerichtsverfahrens darstellen. Ich beantworte die Ziffer 1 Ihrer großen Anfrage Nr. 285 so: Haarmann, der sich in Verbrecherkreisen bewegte, hat einzelnen Kriminalbeamten, die auf rein kriminellem, nicht politi⸗ schem Gebiet tätig sind, Mitteilungen, die zur Aufklärung von Ein⸗ brüchen usw. dienten, gemacht.
Zu 2 sage ich: nein.
Zu 3: die Verwendung von Auskunftspersonen ist ein un⸗ bedingt notwendiges Hilfsmittel der Kriminalpolizei, dessen „Aus⸗ rottung“ ihre Arbeit nahezu lahmlegen würde. (Zuruf bei den Kommunisten) — Herr Abgeordneter, ich kann nicht zugeben, daß Auskunftspersonen der Polizei Lumpen seien.
Sie fragen in der großen Anfrage Nr. 286, wie das Staats⸗ ministerium die Tatsache erklärt, daß der Massenmörder Haarmann seine Tätigkeit als politischer Spitzel und sein verbrecherisches Privatleben ohne Kontrolle ausüben konnte. Ich antworte darauf: Haarmann hat der Polizei nur in kriminalpolizeilichen, niemals
in politischen Angelegenheiten Angaben gemacht. Es haben sehr
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