1925 / 19 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Jan 1925 18:00:01 GMT) scan diff

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Im ersten Ahschnitt führten die Sozialdemokraten die Regierung, im zweiten die Mutelparteien mit Unterstützung der Sozialtemokraten. Jetzt haben wir eine ausgesprochene Rechtsregierung Die Sozial- bemokraten stehen der Regierungserklärung ziemlich iatlos gegenüber; das zeigen die Reden der Herten Dr Bieiljcheid und Müller. Die Zu⸗ Lunft wird lehren, ob die praftische Arbeit die in der Regierung durch Vertrauensmänner vertretenen Parteien näher zusammenbringen. Die Deutschnationalen beteiligen sich vor allem mit Rüchsicht auf die große Not des Volkes an dieser Regierung Für die Lage der Wähler des Zentrums, das so lange mit der Linfen zusammengearbeitet hat, haben wir volles Verständnis. Wir stehen auf dem Boden der wahren Volkegemeinschaft. Hindernd steht dem der Klassengedanke, die Klassendoktrin des Marxismus entgegen. Damit müssen wir rechnen. Gewiß kann man auch mit den Anhängern der Klassendoktrin in ewissen wirtschaftlichen Fragen zusammengehen, aber in den höchsten rundfragen der Kultur und des Chrissentums scheiden sich unjere ege. (Beifall rechts) Einen neuen Kulturkampf würden wir aufs tiefste beklagen Friede und Gerechtigkeit, auch auf diesem Gebiete, wird und muß sür uns die Parole sein. (Zustimmung rechts; Auch uns hat es aufs tieffte empört. daß man in einer Ausstellung in einem Münchener Gewerkschaftshause unter Schmutzliteratur‘ auch einen altkatholischen Katechismus a us— gestellt und dabei die Seiten über die unbefleckte Empfäng— nis aufgeschlagen hat. (Lebh. Pfuirufe.) Das zeigt jo recht den Geist. der in jenen Kreisen heirscht (ehr richtig h) Zwischen Ambeitnehmer und Arbeitgeber werden sesbstverständlich manche Meinungeverschiedenheiten bestehen bleiben Aber auch eine Koalition von rechts bis links könnte nicht alle Wünsche auf sozial— politischem Gebiete erfüllen. Die Sozialdemokiatie ist nicht die ꝗlleinige Vertretung der Arbeiterschast, im Gegenteil die große Mehrheit der Arbeiter steht hinter den Parteien, die die jetzige Regierung unterstützen. Eine Torheit, ja sogar eine politische Verleumdung ist es, zu behaupten, daß unfer Eintritt in die Regierung die sozialpolitische Reaktion bedeute. Wir wollen unsere Politik auch mit der ÄArbeiter⸗ schaft machen und werden unt nach wie vor an dem Ausbau der Sozialpolitik beteiligen. (Zustimmung iechts) Das beweifen die k Anträge, die wir eingebracht haben. Eine gute Wirt⸗ chaftspolitif ist die Voraussetzung für eine gute Sczialpolitik. Sozialpolitische Schaumschlägerei überlassen wir, denen, die darin chon Uehung haben, und das sind die Lin iparteien. Im Rahmen es wirtschaftlich Möglichen wollen wir mit der Sozialpolitik bis an die äußerste Grenze gehen. Wenn manche sozialpolitische Einrich— tungen zusammengebrochen sind, so hat eben die Sozialdemokratie nicht getan, um diesen Jusammenbruch ju verhindern. Die Notwendigkeit intensiverer Arbeit infolge der Kriegt lasten gestattete nicht, den Achtstundentag aufrecht zu er⸗ halten. In der Verordnung über die' Verlängerung der Arbeitszeit sind die Grundlagen des Achtstundentags, die mit den Sozialdemokraten vereinbart waren, erhalten geblieben. Die Sozial Demokraten sind seinerzeit damit einverstanden gewesen, daß auch die Arbeltszeitfrage auf Grund des Ermächtigungegesetzes geregelt werde ( Widerspruch b. d. Soz. Abg. Andre (Zenir): Es ist jo, wie Behrens sagt. Wir vertreten vor allem den Mittelstand. Aus der Rede des Herm Breitscheid klang noch ünmer die Sehnsucht nach einer Beteiligung an einer Koalition hervor, aber gerade die Sozial Demokratie hat sich in den früheren Koglitionen als zweifel hajtes Element ermwiesen, das Kriisen herbeiführte. Als mein Freund Körner die von Herrn Müller zitierte Aeußerung im Veiwaltungsrat der Reichs⸗ Post tat, konnte er noch nicht ahnen, welche Beziehungen zwischen Reichsvost und gewissen Konzernen nachher sich herausstellen würden. [Abg. Müller⸗Franken: Das Piotokost des Verwaltungsrats ) Ich Hin Mitglied des Verwaltungsrgts und kenne die Protokolle genau— Nachher war es geiade mein Freund Bruhn, der zuerst auf diese Affären hinwies. Es ist ein Skandal, daß ein halbes Dutzend Ost⸗ juden unsete Wirtschaft und Verwaltung in solcher Weise korrum. Pieren können. Diese Neureichen sind dieselben, die die Nächte bei Den Sechstagerennen verschlemmen. Wenn das ernster Spott sein soll, muß er von solchen Erscheinungen befreit werden. Heilmann Vat den Barmat seinen guten Freund genannt. Hunderttausende Volkegenossen sind in schwerster Not, und diese Sstjuden bereichern sich. Um unsere Verhältnisse stabil zu gestalten, bedarf es auch in Preußen derselben Aenderung wie im Reich. Wir lassen ung in unferer Politik nur Bein Bohl des Vaterlandes leiten; das ist unser höchstes Gesetz. (Beifall rechts.) Abg. v Kardor jf (D. Vp.): Im Interesse der geschichtlichen Wahrheit bitte ich, die Frage zu prüfen, wer die letzte Regierungs⸗ Krise hervorgerufen hat und wer ihren Abschluß verhinderte. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß im November vorigen Jahres und auch bei anderen Gelegenheiten noch die Deinokraten bereit waren, mit. der Deutschngtionalen Volkspartei eine Regie⸗ rung zu hilden. Diese Regierungsbildungen kamen nicht zu stande, weil die Deutschnationalen, nicht an die Wandlung laubten. Die Bildung der jetzigen Regierung auf einer reiteren Basis ist einzig und allein durch die Demokraten kejcheitert, denn das Zentrum war ja bereit, mitzumachen. Abg. Koch il. seine Aeußerung, das Mißtrauen des Auslandes gegen die neue Regierung sei unbegründet, auch der demokratischen Preffe gegenüber⸗ setzen. Sie (zu den Soz,) haben eine beispieltose Veischäͤrfung der = sjnnenpolitischen Gegenfätze erreicht. Mit Unterstützung des Reichs⸗ anners Schwarz-rot⸗gold hatten Sie (zu den Dem.) gehofft, einen Panz anderen Erfolg bei den Wahlen zu erzielen. Es handelt sich Agicht um die Personen, sondern um die Institutionen. Mit dem heutigen Sysftem wird es auf die Dauer nicht gehen. Das hat Fogar. der demokratische Professor Meyer erkannt. (Abg. Schul g- Bromberg (D. Nat.): Wenn das Graf Westarp gesagt hätte Das Prinzip der Voltsge aeinschaft erfordert, daß der politijche Kampf in anständigen Formen gefübrt wird. Wo die Linke aber die Mehr— heit hatte., hat sie das vieliach in sehr weitgehender Weise ausgenutzt. Ter Redner stimmt dem Wunsche des Abg. Fehrenbach zu, den Kampf zwischen den beiden christlichen Konfesssonen nicht zu verschärfen. Der Kampf sollte nur darin bestehen, sich in der Betätigung christ⸗ licher Nächsten liebe zu übertreffen. Mit der vom Jentrum ge⸗ forderten Parität jäßt sich die dauernde Fernhaltung der Deutichnationalen in Preußen nicht vereinen. Das wird von weitesten evangelischen Kreisen bitter empfunden. Das bedeuset eine schwere Gesährdung des konsessionellen Friedens, unter dem nicht nur das preußische, sondein das ganze deutsche Volk leiden wüide Darum verständigen Sie (zum Zentrum) sich lieber mit den positiv gerichteten erangelischen Kreisen, anstatt mit den das Chrissentum Ablebnenden sozialistischen Kreisen. Etwaigen begründeten Kiagen zind wir bereit, unbedingt abzubelfen. Von der Kanzel oll die Politit᷑ allerdings jernbleiben, aber auch der Geistliche hat das Recht der freien Meinungtäußerung. Es handelt sich im übrigen um einzelne Eniglei⸗ jungen, die gerade der Abg Koch nicht 1o besonders hervorheben sollte. Der Reichsigg ist anderseits kein evangelischer Oberkirchenrat. Der Abg Koch hat sicherlich manche begeisterte Kaisersgeburtstagefeier initgemacht (Große Heiterkeit), auch ist er Mitglied des Herren⸗ baules gewesen. Warum bat er nicht den Mannes mut vor Königsthronen bewiesen? (Als der Redner sich gegen die sozial⸗ demokratische Fraktien wendet, wird er von dieler und den Demo— kraten mit stürmischen Entrüstungsrusen bedacht.) Ich muß doch das Recht haben, mich hier völlig ruhig und fachlich zu äußern. Der Redner zitiert dann dem Abg. Breitscheid gegen⸗ über Ausspiüche mehrerer alliierter Generale, woraus die Üieber— zeugung von der tatsächlichen und vollständigen Entwaffnung Deutsch⸗ lands klar hervorgeht. Heute handelt es fich nicht um die Frage: Reyublik oder Monarchie, sondern Repubsit oder Chaos. Dem Abg. Koch habe ich nicht seinen Gesinnungswechsel vorgeworfen. sJondern daß er, als früherer Oberbürgermeister von Cassel nnd Mitglied des Herrenhaules, die Geschmachlosigteit besessen hat, solche Vergleiche zu giehen. (Lebhaster Widerspruch des Abg Koch.) Den Barmatsfandal sollte man jetzt, vor seiner völligen Aufklärung, noch nicht polttijch ausschlachten. Zu beanstanden ist nur die Hergabe von Millionen- rediten an jweltelbaste Unternehmungen, während best fundierte folide Unternehmen sich, nach Krediten von fünf. bit siebentausend Mart die Hacken abliefen. Wir werden sorgsältig zu prüjsen haben, ob dabei Versehlungen von Beamlsen vorgekommen sind. Vor allem werden wir zu untersuchen haben, ob auf die Hergabe diefer Kredite

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irgendwelche parlamentarische Einflüsse vorhanden gewesen sind. Sollte dies der Fall sein jo haben alle Parteien das gleiche Interesse an der Auemerzung solcher Elemente, und ich werde solche Vortomm— nisse dann nicht der ganzen Partei in die Schuhe schieben. Der Reichttag muß wieder auf seine Aufgabe der Gesetzgebung zurssck⸗ geführt wenden. Mit den Ermächt ' gungsgesetzen ann nicht jänger regiert werden. Die Steuergesetzgebung mache ich lieber mit den Demokraten als mit den Soziastemofraten. (Heiterkeit, Zwischen⸗ rute.) Heirn Koch werse ich keinen Gesinnungswechsel vor; er braucht nicht empfindlich zu sein. Wozu machen wir uns das Leben hier immer durch Sturmszenen so schwer, wenn Angiiffe gegen mich unbegründet sind, lasse ich sie von mir abgleiten; wenn sie begründet sind, reagiere ich erst recht nicht darauf. (veiterfeit.,) Es sehlt uns noch die Erziehung zum parlamentarischen Gentleman, wie sie in England Tradition ist. Alle Parteien müssen bei uns Selbstdifziplin und Seibstbeherrschung üben. Lord Roseberry hat einmal zu den Studenten in Edinburg gesagt: Gewöhnen Sie sich gute Manieren an, damit kommen Sie am weitesten im Leben. So möchte ich Ihnen allen ich nehme mich nicht aus zurufen: Des Deutschen Reiches Würde ist in Eure Hand gegeben, bewahret sie. (Lebhafter Beifall rechts.)

Abg Schneller (Komm.): Der erste deutschnationale Redner

hat ganz gengu gesagt, worauf es dieser Partei ankommt, nämlich darauf, die Regierung und Verwaltung in die Hand zu bekommen. Dasselbe. Ziel verfolgt die SP. D. im Preußischen Landtag. Wir haben keinen Anlaß, weder hier noch dort jolche Bestrebungen zu unterstützen. Bei den Barmatskandalen sollte Hermann Müller doch anch einmal etwas von seinen persönlichen Beziehungen zu Barmat erzählen. (Unruhe und Zurufe bei den Soz) Man bemüht sich, bei allen bürgerlichen Parteien den Barmatskandal zu vertuschen, an dem auch der Deutschnationale Hugenberg beteiligt ist. Die Sozial⸗ demokratie bekämpft nur die Personen in der Regierung, nicht aber die Dawespolitik der Regierung, den Daweszwang, mit dem die Arbeiter geknebelt werden. In den für die Arbeiter entscheidenden Fragen der Arbeitszeit und der Löhne ist von der neuen Regierung nichts zu erwarten. Die angeblich zum April beab— sichligte Einführung der dreifachen Schicht in Hütten und Kokereien hat die Deutsche Allgemeine Zeitung“ für einen April⸗ scherz erklärt. Nicht mit einem Wort haben die sozialdemo⸗ kratischen Redner der vielen politischen Gefangenen gedacht, wohl aber haben sie die Barmats verteidigt. Die Sozial— demokratie kann sich nur noch daduich halten, daß sie den Arbeitern Versprechungen macht und ihnen Beamtenposten gibt. Die Arbeiter, AUngesteliten und Beamten haben kein Interesse an der Erhaltung dieses Staates mit seiner Schupo, seiner Reiche— wehr und seiner Bourgeoisie. Die Arbeiter müssen rücksichtslos den Kampf um die Erhöhung der Löhne, die Verkürzung der Arbeiszeit und die Mitwirkung in der Industrie aufnehmen. Die Schupo ist sicherlich keine Gefahr für die Entente, aber auch kein Schutz für das werktätige Volk. Wir verlangen die Bewaffnung der Arbeiter. Sowietrußland ist die Kraftquelle für alle Revolutionäre. Ein wirk- liches Bündnis mit Rußland ist nur durch ein Arbeiterdeutschland mög— lich, und ein Arbeiterdeutschland wird auch ein freies Deutschland sein. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Dem Programm Luther müssen wir das Programm des Proletariats entgegenstellen. Der Völ ker⸗ bund will die Arbeiter nur zum Kanonenfutter machen; demgegenüber muß sich die Arbeiterklasse mit Sowjetrußland verbinden. Die S. P. B. ist feine Vertreterin der Arbeiterschaft, keine Klassenkampfpartes. Die Politik der S. P D. führt notwendigerweise zu einem Kabinett der Schwerindustrie und zur Ausbeutung der Arbeiter. Die Regierung Luther, die durch die Schuld der SP. D. zustande gekommen ist, muß von den Arbeitern bekämpft werden. Die , . der S. P. D. muß von den Arbeitern bekämpft werden. Die S. P. D. hat bei den Wahlen durch ihre Versprechungen Erfolge gehabt, aber dieses Tannenberg der SP. D. wird zur Marneschlacht werden. (Beifall und Händeklatschen bei den Komm.). .

Abg. Dr. Hag s (Dem) wendet sich gegen die scharfe Polemik des Abg. v. Kardorff (D. Vp.) gegen die demokratische Partel. Die Namen eines ruhigen und sachlichen Politikers hat er heute nscht verdient. Ein Teil jeiner Aussührungen hat die Grenze des Demago— gischen hart gestreift Der Vorwurf gegen den Abg. Koch, er habe seine Ueberzeugung leichten. Herzens gewechselt, ist durchaus unbe— rechtigt. Wenn jetzt auch die Deutschnationajen erkennen würden, daß

es sich um Reyublik oder Chaos handelt, so wäre das ein zu begrüßender Fortschritt. Die Rede des Abg. Koch hat keinen Anlaß zu so scharsen Worten gegeben. Uns scheidet eins von vielen Angehörigen der D. Vp. : bei uns besteht ein Nacheinander der veränderten Ge— sinnung, bei Ihnen (zr D. Vp.) ein Nebeneinander! Der Hinweis bon Kardorffs auf die guten englischen Parlamentssitten ging doch wohl zu weit. Einem bösen Demokraten oder gar einem Sozial— demokraten hätte man einen solchen Hinweis arg veiübelt. Gieich nach der Bildung der Stresemannschen großen Koalition ist die Un= ruhe in der Deutschen Volkspartei losgegangen, die von dem Bünd— nis mit der Sozialdemokratie wieder los kommen wollte. Die Volks⸗ partei hat draußen im Lande ihren Leuten immer gesagt, sie wollen nichts mit den Sozialdemokraten zu tun haben. Die Leute draußen wurden nun stutzig, und da wurde die Partei nervöt. Die Sozial— pemokratie hat damals mit Zustimmung aller Staatsleiter, auch des bayerischen, die Aufhebung des militärischen Belggerungeszustandes ge— ordert. und das benutzte die Volkepartei zum Sturz des Kabineüs. Wenn danach sich kein Koalitionsfabinett mehr bilden konnte, so lag das an der Volkspartei Die Tatsache, daß eine Krise nach der anderen kam, ist auf Rechnung der Volkevartei zu setzen. Auch das letzte Kabinett haben Sie (zur D. Vp.) gestürzt, ohne zu wissen, wie ein anderes aussehen würde. Ob das neue Kabinett schön ausgefallen ist., darüber sind die Meinungen geteilt. Wir Demokraten konnten uns an ihm nicht beteiligen. Kaͤme es zu einer wirklichen Vertrauensfrage, so würde außer der Deutschen Volkepartei teine einzige Partei des Hauses dieser Regierung im Sinne des bürgerlichen Vertrauens ihr Vertrauen entgegenbringen. (Heiterkeit. Ich habe den Grafen Weslar immer gerne gehört, aber diesmal war es nicht der frühere Graf Westaip, er hat diese Rede mit gehrochenem Rückgrat gehalten. (Zuftimmung links Seine Rede enthält auch ein gut Teil Mißtrauen gegen die neue Regierung. Vielleicht ist die Zeit auch gar nicht fern, in der die Deutschnationalen diesem Kabinett Schwierigkeiten machen. Vielleicht werden Sie von uns in den nächsten Wochen lernen, wie sich eine Opposition sachlich bewegt. Ihre Opposition (nach rechts) in den letzten Jahren war keine sachliche und keine nationale (Lebhafte Zustimmung links) Die Außenpolitik des früheren Kabinetts war unterstützt von den Sozialdemokraten, wurde aber bekämpft von den Deutschnationalen. Jetzt sitzen Deutschnationale im Kabinett, die Sozigldemokratie ist ausgeichlossen. Ihnen (nach rechte) scheinen doch gewisse Mücksichten der Innenpolitik wichtiger gewesen zu sein, als die Außenpolitik Heute gilt es, die Staatäautorität zu be— sestigen, es gibt aber keine Staatsautorität heute ohne die Republik. Ist etwa Scheidemann so taktlos der Monarchie gegenüber gewesen, wie es viele monarchistische Herren gegenüber der Republik gewejen sind? Warum leistete Herr Neuhaus setzt den Eid auf die Repuhlit? Seinem früheren Standpunkt kann man ein hohes Maß bon Achtung nicht versagen. Beim Kupp⸗Putsch hat sich Herr Neuhaus loval verhalten. Wenn ich das nicht wüßte. fo würde ich sagen, er habe jetzt den Eid der Republik nur geleistet, um der monarchistischen Bewegung besser dienen zu önnen. Nach seiner Haltung beim Kapp⸗Putsch scheidet diese Annahme aus“ Dann bleibt nur die andere, daß er in der Zwischenzest begriffen hat, das deutsche Volk fönne nur gerettet werden auf dem Boden der Republik. So viel aber steht sest, daß die Revublifaner aller Richtungen die Ernennung des Herrn Neuhaus als ganz schwere Provokation empfinden. (Lebh Zustimmung links Das Magde⸗ kburger Urteil gefährdet in höchstem Maße das Ansehen der deutjchen Justiz (Große Unruhe rechts. Abg. Schulz⸗Bromberg ruft: Und das sagt ein deutscher Jarist. . Ein 'schwerez' Unrecht ist es, das demo⸗ kratisch parlamentarische System jür alles Unheil verantwortlich zu machen Dieses Spstem hat den Zusammenhalt des Reiches ge⸗ tettet. Was für ein System wollen Sie snach rechts] denn? Sie wollen

wohl ein System, wie das englische mit einem König, im übrigen Demokratie und Parlamentarismus 5 In Ihren Reihen gibt es

überhaupt keinen denkenden Menschen (lebhafter ironischer Beifall links) der ein anderes System überhaupt wünicht. Barum sind au Ihre Reden über Demokratie und Parlamentarismus hinjällig Fur die Korruptionen ist die Republit nicht verantwortlich. Herr Strese⸗ mann hat anerkannt, daß ichon im erfsen Kriegssahr das Krieg. ministeijum durch seine Wirtjchaft die Korruption gezüchtet hat Man soll aber nicht immer nur über finanzielle ; prechen, londern auch über die Korruption im Verhältnis zu Ehre seiner Mitmenschen. Da sind wir tief gesunken und die ärgsten Sünder sitzen auf der Rechten. Redner bezieht sich u. a. auf eine Schrist Spenglers. der auf seine unbestimmten Änklagen hin die Antwort schuldig geblieben sei Die Mörder Rathenau find ver sührt worden durch den Geist, der in der Rechtspresse gezüchtet worden ist. (Unruhe rechts. Beijall links) Wohin kommen wir, wenn win politische Meinungeverschiedenheiten statt mit geistigen Waffen mit wirklichen. Waffen auttragen. (Rufe rechts: Reichsbanner. Wir haben leider zu spät die Srganisation des Reichsbanners als Gegen⸗ wehr gegründet. Wie wir unser Mißtrauen gegen das Kabinett formulieren werden, wird die Abstimmung zeigen Wir bringen der Regierung Vertrauen nicht entgegen. Die Zugehörigkeit Geßlers zum Kabinett kann eine Brücke zwischen Demokraten und Kabinett nicht schlagen. Wir hoffen im übrigen, daß das Kabinett veruchen wund, die Geschäfte zu führen im Geist seiner Regierungserklärung. Ez wird unsere Unterstützung auf dem Gebiet der Außenpolitik finden, wenn es die Linie der bisherigen Außenpolitik einnimmt. Wir wollen auch hoffen, daß das Kabinett ganz energisch sich einsetzen wird är die republikanische Staatsfonn. Herr Reichskanzler, seien Sie davon überzeugt, die Festigung der republikanischen Staatsautorität ist die Vorbe dingung unseres Ansehens draußen in der Welt, sie ist Voraus setzung jeder Ordnung im inneren (Beifall bei den Demokraten.) Abg. Hampe (Wirtschaftl. Vereinig.) meint, die Aus führungen des sozialistischen Redners hätten eine gewisse Resignation erkennen lassen. Der Parlamentarismus der Deniokratie und der Ueberdemo— kratie wäre viel besser als der Parlamentarismus der Berliner Parteiherrschaft und Parteiwirtschaft zu bezeichnen. Der Neichg— kanzler Luther hat dem Mittelstand gegenüber mehr Wohlwollen bekundet als der Finanzminister Luther. (Heiterkeit) Auch die nationalste Außenpolitik kann keine Berge versetzen. Anftreben müssen wir aber den innerpolitischen Wiederaufbau Deutschlandg. Bei der wirtschaftlichen Wiederaufrichtung darf. man nicht veigessen die Interessen des Mittelstandes, des wertwollsten Bestand— teils des deutschen Volkes. Es handelt sich dabei vor allem um die Erhaltung der deutschen Kultur. Nie haben wir eine solche unglück— liche Politik gehabt, als auf dem Gebiete der Wohnungszwangswirtschajt. Das neue Schankstättengesetz ist nichts anderes als eine neue Jwangg— wirtschaft. Wir lehnen eine Stellungnahme zur Barmataffäre vor völliger Aufllärung grundsätzlich ab. Aber der Staat hat leichtfertig Millionenkredite gegeben, während der Mittelstand keine Kredite bekommen konnte. Wir verlangen einen lang⸗ fristigen Kredit zu erträglichen Zinssätzen, auch aus ffent⸗ lichen Mitteln. Der Redner verlangt ferner. Beseitigung aller Sonderbesteuerung und Besteuerung nach dem tatsächlichen Ein kommen. Mit der Steuerrefosm muß Hand in Hand gehen die Rückgabe der Steuerhoheit an die Länder. Letzten Endes ist die Weimarer Verfassung das Hinderniös jür ein engeres Jusammen— arbeiten und hesseres Verständnis aller Deutschen. Auf landwirtschaft= liche Schutzzölle können wir nicht verzichten es kann sich nur noch um ihre Höhe handeln. Der gewerbliche Mittelstand muß geschützt werden vor gewissen genossenschaftlichen Bildungen. Der Redner fordert neben der endgültigen Regelung der Frage des Beamtenabbaueg eine neue Besoldungsregelung, ferner die Erledigung der Aufwertung frage. Wir stehen der neuen Regierung vorurteilslos gegenüber und werden ihr durch Annahme der Billigungsformel unser indirekteg Vertrauen aussprechen. Reichsregierung und Reichstag werden das in vielen Bevölkerungskreisen verlorene Vertrauen wiedergewinnen durch den Beginn positiver Arbeit. Wir kennen keinen Frieden im Innern, soendein nur unter fremden Nationen; darum müssen wir uns zusammenschließen für Ehre und Vaterland, für Wahiheit, Freiheit und Recht. (Lebhafter Beifall rechts.) . ; Abg. Graf zu Reventlow (Nat-Soz.): Eine völkf sche Broschüre ist soeben auf Grund des Republitschutzgesetzes heschlag nahmt worden, allo eine Schrift, die zur Reinigung der Neyublik beitragen sollte. Der Bankier Bruß hat niemals unserer Partei an= gehött. In der auswärtigen Politik soll alles beim alten bleiben; sie ist das Wichtigste, aber über sie ist hier merkwürdigerweise das Wenigste gesagt worden. Das Weißbuch über das Londoner Abkommen enthält eine Fülle von Aeußerlichkeiten, aber nicht ein Sterbenswörtchen davon, was unsere Delegation in London gesagt hat. Der Brieswechsel über die Ruhrräumung zwischen den französischen und belgischen Ministerpräsidenten und der deutschen Delegation besagt, daß man am 15. August 1925 zur Räumung der Ruht eschreiten! wolle. Damit ist nicht gesagt, wann die Räumung vollendet sein soll. Die Dawes⸗Gesetze halten wir nicht für einen Weg zu unserer Befreiung, sondern jür eine Fessel und ein Mittel, die deutsche Arbeit unter das internationale Kapital zu beugen Daß Beste, was man aus den Dawen⸗Gesetzen machen könnte, wäre daß man sie nicht ausführt. Wir müssen uns klar sein, daß die Bank, für die noch der Name „Reichsbank“ mißbraucht wird. eigentlich nur eine Filiale der Morganbank ist. Unsere Deligation hat in London nicht crreicht, fondern lediglich angenommen, was ihr dargereicht wunde. In der Ruhrfrage sind wir nicht weitergekommen. Herriot hat nur eine große Geste gemacht. Mac Donald ist gestürzt worden, ohne uns irgend etwas genützt zu haben. Ebenso fann Herriot gestürzt werden, wenn er sich einmal vermessen sollte, gegen den Stachel zu löcken. Ich bin überzeugt, daß man auch in unjserem Auswärtigen Amt der Frage der Ruhr— räwmnung am 16 August recht. skeptisch gegenübersteht. Es ist aber sebst schuld. daß es in diesen Hexenkessel hineingeraten ist. Auch die Kölner Zone wird alsbald nicht geräumt werden; die Entente wird immer Gründe für die Verzögerung finden. Im letzmen Sommer wurde uns gesagt, dies solle nun wirklich die Rtzte Militärkontrolle sein und sie würde am 30. September 1924 be— endigt sein. Sie ist aber immer weiter verzögert worden, um dann auch die Verzögerung der Räumung hinausschieben zu können. Hat der Reichtkanzler irgend welche Garantie dafür, daß die Franzosen den früheren Standpunkt, daß die Fristen des Veisailler Vertrags nech nicht zu laufen, begonnen hätten, wirtlich Jallen ge—= lassen haben und nicht etwa wieder zu dieser These zurück. kehren werden. Herr Dr. Breitscheid hat im Namen seiner Partei gesprochen, die ganze Sozialdemokratie denkt also so über unsere Reichswehr und sonstigen Einrichtungen, wie Herr Breit icheid be— kundete! In der Abwehr der Kriegsschuld ist nichts geschehen, di Kriegsschuldnote ist noch immer nicht notifiziert worden. Es scheint, daß die Regierung Marx⸗Streseinann nur bei den Deutschngttonalen den Anschein erwecken wollte, als solle etwas geschehen. Was hätte es für einen. Zweck, wenn vielleicht nach 30 Jahren ein Pro— fessor auf Grund des Aktenstudiums schreibt. daß die Deutschen doch nicht so schlimm gewesen seien. Mit akademijchen Erklä⸗ rungen über die Kriegsschuld erreicht man nichts Man hätte die Kriegsschuldfrage mit den Daweg⸗Gesetzen verknüpfen ollen. Vom Völkerbund halten wir gar nichts. Es ist eine Art Aumsichts— rat des Internationalen Weltkapitals, dargestellt von Juden und Judengenossen. Man hat mit uns dasselbe vor, wie man es mit Oesterreich gemacht hat Einen wirklichen Völkerbund könnten wir uns nur unter dem Einschluß der Vereinigten Staaten einerseits und Rußlands andererseits vorstellen. Die „Einheitefront gegen Ruß⸗ land“ die uns gegen Rußland ausnutzen und uns die Hände binden will, lehnen wir ab. Der Redner fritisiert dann die Aufnahme des Leiters der zionistischen Bewegung Dr Weizmann durch den Jieicht präsidenten wie eines. Großmachtvertreters. Die zionistiche Weltmacht hat zum Ausgang des Krieges wesentlich beigetragen, Auch vom christlichen Standpunkt ist es verwunderlich daß ansangß nichts geschehen ist, um zu verhindern, daß die heiligen Stätten pier er in jüdische Hand kommen sollten. (Zurufe bei den Soz.) Ich syreche ia nicht von Ihnen, jondern von den evangelischen und fatholischen Kreisen. (Abg. Keil Soz.: Sie sind doch Wotansanhänger!) Der Redner tritt dann für tatkräftige moralische Unterstützung Danzi gegenüber den polnischen Ansprüchen und Anmaßungen ein. Unsere

Korruption

zamaliges Verhalten exemplifizieren fann

sberaehende Weiterbeschäftigung? (Heiterkeit)

inen Vorwur gemacht, sondern nur dargus, daß er, der doch unter

Weise von diesem System gesprochen hat, unter dem er doch manche

sondere darauf. daß die Banken dann aus diesen Krediten Wucher

den Führern nicht verargt werden könne, sich im Kreife schöner

nommen.

Pertreter lassen sich durch freundliche Behandlung und Verhandlung uj gleichen Fuß zu sebr beeinflussen, und das deutscke Volf bekommt . immer mehr Yiüdschläge zu verspüren. Der Minister des Aus—= wärtigen und das Auswärtige Amt mögen tun, was sie wollen; der e i ute Dampfer sährt eben nach der Wallstreet in ew Vork ;

Damit ist die politische Aussprache beendet.

Abg. Fischbeck (Dem) ertlärt in einer persönlichen Be⸗ merkung⸗ der Reichsfanzler habe gestern bei der Verleminng des

fes, den er als Handelsminister an seinen damaligen Ministerial⸗

er

. Gottes dem König seinen Eid geleistet habe. Er stellte

dann die Frage eh er in diesem Moment aus dem Amt scheiden fönne Tamals führten wir michtige handelspolitische Verhandlungen, jür die die Arbeit Dr. Neuhaus“ unentbehrlich war. Darum babe sch mit Zustimmung des Gejamtkabinetts in seine Weiterbeschäf. igung unter Entbindung von der Eides verpflichtung gebilligt Es stand aber selbstverständlich fest, daß eine dauernde Beschäftigung aus⸗ geschlossen war. Ich weiß nicht, wie der Reichskanzler auf mein

Betrachtet er die jetzige Ministerstellung des Dr. Neuhaus vielleicht auch nur als eine vor—

Abg. von Kardor if (D. Vp.) weist den Vorwurf der Demagogie: den ihm der Abg. Haas gemacht habe, zursick. Er habe den Abg Koch nach keiner Richtung aus einem Gesinnungewech!el

fem alten System auch an leitender Stelle gestanden habe in solcher

sereisterte Kaisergehurtstagsrede gehalten hat Wenn der Abg. Koch als Oberbürgermeister von, Cassel vom Minister des Innein zum Diner eingeladen worden wäre, so wäre er hingegangen und hätte sich geschmeichelt gefühlt. (Heiterkeit) . ; Abg Koch (Dem) stellt sest, daß er als junger Bürgermeister für die Gleichberechtigung der Sozialdemokraten eingetreten sei und Kritik an dem alten System geübt habe, als es noch gefährlich war, dagegen aufzutreten. . . Abg. Bruhn. (D. Nat) : Es ist so dargestellt worden. wie es der Sozialdemokratie paßt als ob wir uns in der Barmatsache schützend vor die Neichsvost gestellt hätten. Ich habe selbst im Ver= waliungerat die Reiche postverwaltung nach ihren Kreditgewährungen gefraat und auf die ganze Angelegenheit ammerklam gemacht, in be—

zinsen erzielt hätten. (Nedner verliest die Protokolle darüber) Die Sozialdemokraten verhielten sich dabei ganz still, und ich fragte deshalb den Abg. Steinkopf warum seine Partei sich in dieser Sache so still perhielte Ich habe ferner die vierzig Millionen an Michael miß⸗ billigt Wer bat sich nun schützend vor Barmat und die Wucherer stellt? h Abg. Körner (D. Nat.): Herr Müller hat auch meinen Namen genannt. Ich hahe im Verwaltungsrat der Reichspost darauf hin— gewiesen, daß die Geldanlagen der Poft das Vertrauen in die Ver— waltung erschüttern müsse. Man kann mir nur vgrwerfen, daß ich im Juli mir noch nicht denken konnte, daß der Postminister im Ok⸗ tober so gewissenlos mit den Dostgeldern umgehen würde. Ich konnte das nicht denken, da wir es aus früheren Zeiten besser gewohnt waren

In einer weiteren persönlichen Bemerkung erklärt Abg. Stein kopf (Soz): Ich habe im Verwaltungsrat der Post nicht ge; schwiegen, sondern sechsmal gesprochen. Ich habe damals im Juli im Verwaltungsrat verlangt, daß Bedingungen an die Geldhergabe seknüpft würden Ich verlangte scharfe Bedingungen und neue Richt— linien für die Hergabe von Krediten drang aber im Verwaltungsrat nicht durch, so daß ich eine Besprechung im Reichstag ankündigte, Der Abg Bruhn hat mich aber schließlich am 3. Januar im Stich gelassen und gesagt, der Minister habe aus politischen Gründen gehandelt. .

Abg. Feder (Nat. ⸗Soz ) widerspricht der Behauptung des Abg. Müller-Franken, daß auch Hitler Sektgelage veranstaltet habe, wie aus einem Brief des Herrn Feder hervorgebhe. .

Abg Müller- Franken (So) verliest diesen Brief. wonach

Frauen zu erholen (Heiterkeit) und Sektgelage zu veransftalten. (Abg. Feder: Unrichtig!) .

Abg. Bruhn (D. Nat.) bleibt dem Abg. Steinkopf gegenüber bei seinen Behauptungen. (Große Unruhe. Präsident Löbe: Ich bitte um Ruhe, es ist Aussicht daß die persönlichen Bemerkungen bald zu Ende gehen. J[(Heiterkeit.) Die Sozialdemokraten hätten jedenfalls bersucht. Barmat zu decken. .

Abg. Schumann⸗Frankfurt (Soz.) bestreitet die Behauptung des Abg. Bruhn, daß er im Verwaltungsrat der Post es gebilligt habe, daß Michael 60 bis 70 Prozent Zinsen ge⸗

Er habe nur gesagt, i er das Verhalten der . waltung verstehen könne, wenn sie Michael, der in schwerer Zeit der Post mit seinen Mitteln autgebolten habe, nun ihrerseits Kredit 1 habe. Herr Bruhn habe seine (Redners) Ausführungen im

erwaltungsrat falsch wiedergegeben ; Abg Feder (Nat. Soz) erklärt unter immer stärker an⸗

schwellender Unruhe des Hauses, daß kein Wort von dem wahr sei, was der Abg. Müller gegen ihn behauptet habe. Damit sind die versönlichen Bemerkungen abgeschlossen. Präsident Löbe schlägt vor, zuerst über den Billigungs— antrag der Deutschnationalen abzustimmen. Abg. Sto ecke r Komm.) wünscht dagegen, daß zuerst über die Mißbilligungs⸗ voten der Sozialdemokraten und der Kommunisten abgestimmt werde. Das Haus entscheidet sich für den vom Präsidenten vorgeschlagenen Modus. . . ö Der Antrag der Deutschnationalen mit Unterstützung des Zentrums, der Deutschen Volkspartei, der Wirtschaftlichen Vereinigung und der Bayerischen Volkspartei lautet: „Der Reichstag billigt die Erklärung der Reichsregierung.“ In der namentlichen Abstimmung stimmen diese Parteien mit Ja, mit Ausnahme einiger Zentrumsmitglieder, die unter Führung des Abg. Dr. Wirth rote Zettel abgeben. Die Nationalsozialisten und die demokratische Frattion geben blaue Zettel ab, enthalten fich also der Stimme. Die Sozialdemo— kraten und Kommunisten geben die roten Neinzettel ab. Das Ergebnis ist die Annahme des Billigungsvotums mit 2 gegen 160 Stimmen bei 39 Stimmenthaltungen. Damit sind die Mißtrauentzanträge erledigt. . In zweiter Beratung wird der Gesetzentwurf wegen eines

deu tsch-polnischen Abkommens über Staatsangehörig⸗

keits- und Optionsfragen angenommen. Ein Gesetz⸗

entwurf zur Abänderung des Handelsgesetzbu

wiesen.

nehmen kann, angenommen.

Der Einspruch des Abg. Dr. Sch warz (Komm.) gegen seinen gestern verhängten Ausschluß von acht Sitzungstagen wird gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion zurückgewiesen.

Freitag 1 Uhr: kleinere Vorlagen und Handelsvertrags⸗

verhandlungen. Schluß gegen 7 Uhr.

es und des Genossenschaftsgesetzes wird an einen Ausschuß über⸗ In allen drei Lesungen wird der Gesetzentwurf über die Aenderung des Gebiets der Zollausschlüsse in See⸗ häfen, wonach der Finanzminister solche Aenderungen vor—

Preußijcher Staatsrat. Sitzung vom 22. Januar 1925. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Der Staatsrat beschäftigte fich zunächst mit dem Entwurf zur Ausführung des Art. 187, Abs. 5 der Reichs— verfassung, der nähere Vestimmungen enthält über die Anerkennung besonderer Religionsgesellschasten durch Verleihung des öffentlich rechtlichen Körperschaftscharakters.

Der Staatsrat gab sein Gutachten dahin ab, daß ein Bedürfnis zum Erlaß von Normativwporschriften, wie sie in dem vorliegenden Entwurf enthalten sind, nicht anzuerkennen sei. Für den Fall eines auftretenden Bedürsnisses solle ea dem Einzelfall überlassen werden, inwieweit und unter welchen Bedingungen die staatliche Anerkennung einer Religionsgesellschats durch Verleihung der Eigensichait einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Wege der Gesetzgebung berbeizufübren ift. Sollte das Gesetz trotz der Bedenten erlassen werden, so hält der Staatsrat es u a für erwünscht, daß das Gesetz durch Bestimmungen ergänzt wird darüber, welche Anforderungen an die Verfassung der Religionsgeiellschanten zu stellen sind und ob bezw inwieweit die den alten Religionsgesellschaflen zustehenden be⸗ sonderen Ehrenrechte (Glockengeläute usw) auch den neu anerkannten Religionegesellschaften zustehen sollen. Ferner soll das Staats— ministerium ersucht werden. zu bestimmen. daß die Ausführung von Begräbnisseierlichleiten auf kirchlichen Begräbnisplätzen den als Körvpeischast neu anerfannten Religionsgesellschaften und Welt—« anschauungtpereinigungen nur nach Genehmigung der zuständigen kirchlichen Stellen gestattet wird.

. der förmlichen Anfrage Dr. Adenauer (Zentr.) über die Wohnungsnot zahlreicher oberschlesischer Gemeinden wurde ein Ausschußantrag angenommen, wonach gefordert wird, daß durch Gesetz schleunigst Staats—⸗ mittel zur Besserung der Wohnungsverhältnisse zur Verfügung gestellt werden, und daß auch mit der Reichsregierung in Ver— bindung getreten wird, um diese zur Gewährung ausreichender Beihilfen auch aus ihren Mitteln zu veranlassen.

Gegen den Entwurf eines Gesetzes über ausländischen Kommunalkredit, der einen .. Kredit von der Ge— nehmigung der Aufsichtsbehörde abhängig macht, wurden Einwendungen nicht erhoben. .

Hierauf vertagte sich der Staatsrat auf den 17. Februar, an dem mit der Haushaltsberatung begonnen werden soll.

Preußischer Landtag. 7. Sitzung vom 21. Jannar 1925. Nachtrag.

Die Rede, die der Minister des Innern Severing im Anschluß an die 2. Rede des Ministerpräsidenten Braun gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm wie folgt:

; Meine Damen und Herren, zwar nicht hier im Hause, aber in der Oeffentlichkeit, in der rechtsgerichteten Presse, sind gegen mich dieselben Vorwürfe des Landesverrats erhoben worden, die heute morgen in Zwischenrufen dem Herrn Ministerpräsidenten entgegen— geschleudert worden sind, und zwar in derselben Angelegenheit. Man hat mir unterstellt daß ich in Wahlversammlungen von der Allein— schuld Deutschlands am Kriege gesprochen hätte. Ich habe mich in allen Wählerversammlungen so ausgesprochen wie der Herr Minister⸗ präsident. (Hört, hört! bei der Deutschen Volkspartei. Sehr gut! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Ich habe zunächst darauf auf⸗

und daß wir den Einfluß der Sozialdemokratischen Partei benutzen

richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei.)

mich da in sehr guter Gesellschaft befinde. Sie einmal ein klein wenig aufmerksam.

flüssig sein.

Kölner Zone besteht.

bekenntnis ich nicht kenne. Redner meine Auffassung über die Kriegsschuldfrage

noch auf folgendes hinzuweisen.

das uns in den letzten Tagen beschäftigt hat, zuwenden. da als stiller Beobachter gesessen. Mich hat das dürfen lich glauben besonders vom staatspolitischen Gesichtspunkt nur die eine Frage interessiert, wie die Herren von der Deutschen Volks⸗ partei ihren Umfall politisch begründen würden. Herr Abg. Stendel hat von der Würde der Regierung gesprochen. Diese Wahrnehmung der Interessen der Negierung, zu der er nicht autorisiert war, be⸗ techtigt mich sagen wir einmal: mich für einige Augenblicke für die Volkspartei einzusetzen, mir den Kopf der Volkspartei zu zer⸗ brechen. Da möchte ich nun sagen: es tut mir außerordentlich leid, daß die Volkspartei inzwischen schon auf den Herrn Abg. Stendel gekommen ist. (Sehr gut! links.) Wer hat denn nun eigentlich die Führung in der Volkspartei: Herr Abg. von Campe oder Herr Abg. Stendel? Heiterkeit) Ich bin viel höflicher als Sie; denn wenn ich mich mit solchen Bemerkungen hätte an der Debatte beteiligen wollen, so hätte ich Herrn Stendel in dem Augenblick, als er von der Würde der Regierung sprach, mit diesem Zuruf bedenken müssen. (Sehr gut!

merksam gemacht, daß ich und die gesamte Sozialdemokratische Partei mit allen Deutschen darüber einig sind, daß die entsprechenden Be—= stimmungen des Versailler Vertrages in der Tat ein Schuldlüge sind

werden, um in den sozialdemokratischen Parteien der anderen Länder diese Lügen auch als Lügen erkennen zu lassen. (Bravo! im Zentrum und links.) Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe wie der Herr Ministerpräsident hinzugefügt, daß wir Pharisäer sein würden, wenn wir bestreiten wollten, daß die kaiserliche Politik bis zum Jahre 1914 mit die Atmosphäre geschaffen hat, die sich im Juli 1914 im Kriege entlud. (Lebhafte Pfuirufe und Lärm rechts. Sehr

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß ich Herr von Eynern, seien (Zuruf links: Und ehrlich!) Vielleicht ist diese Mahnung beim Herrn Kollegen von Eynern nicht ganz angebracht, aber weiter rechts dürfte sie nicht ganz über

Ich habe am vorletzten Sonntag an einer Kundgebung teil⸗ genommen, die vom Arbeitsausschuß Deutscher Verbände veranstaltet war und in der Aula der Universität stattfand. Sie wurde von dem Präsidenten Herrn Dr. Kaufmann eröffnet und war gerichtet gegen den Rechtsbruch der Interalliierten, der in der Nichträumung der In dieser Versammlung sind als Redner auf⸗ getreten unter anderem der Gouverneur a. D. Schnee, der meines Wissens der Volksparteilichen Reichstagsfraktion angehört, und Pro⸗ fessor Deismann von der Universität, dessen politisches Glaubens⸗« Ich war erfreut darüber, daß beide vollständig teilten. (Hört, hört! links.) Der volksparteiliche Redner Gouverneur Schnee hat zu meiner lebhaften Genugtuung auch von einer Schuld der Politik vor dem Kriege gesprochen. (Hört, hört, links. Zurufe rechts) Ich halte mich zur Klärung des Tatbestandes für verpflichtet, Der Zwischenruf, der den Herrn Ministerpräsidenten zu der angefeindeten Antwort veranlaßte, war ja doch wohl so: wer hat den Zusammenbruch verursacht? Vom Zusammenbruch redeten wir ja und nicht vom Kriegs ausbruch, und da werden Sie doch nicht bestreiten wollen, daß an dem Zusammenbruch in erster Linie diejenigen schuld haben, denen in der Kriegszeit das politische Augenmaß abhanden gekommen war (lebhafte Zustimmung links) für die Grenzen der wirtschaftlichen, der finanziellen und der völkischen Leistungsfähigkeit Deutschlands. (Sehr wahr! links. Zurufe rechts) Wiederum, meine sehr ver ehrten Damen und Herren, war es ein Redner in dieser Kundgebung, von der ich eben sprach, der Professor Deißmann, der ein Flugblatt von Winston Churchill anführte, das besonders in der letzten Zeit in Amerika verbreitet sei so habe ich den Herrn Redner verstanden in dem von dieser Autorität der englischen Wehrmacht, die wohl wie keine andere geeignet war, Auskunft über die Absichten der Inter⸗ allüerten im Jahre 1918 zu geben, dargelegt wird, daß die Inter- alliierten im Jahre 1918 mit so großzügigen Plänen fertig gewesen seien, die im Jahre 1919 in die Wirklichkeit umgesetzt werden sollten, daß ihre Tanks und Luftgeschwader im Frühjahr 1919 die deutschen

eine Fortführung sstürmische Zurufe rechts: Hätten! Hätten) Ihre Ignoranz ist nicht zu überbieten. An Sie wende ich mich darum auch gar nicht, ich wende mich an die⸗ jenigen, die sich die Möglichkeit eines ruhigen Urteils bewahrt haben. (Andauernde große Unruhe. Glocke des Präsidenten.)

(Große Unruhe rechts.)

Ich stelle fest, daß in rechtsgerichteten Kreisen diese Erinnerungen

jetzt aufgefrischt worden sind, allerdings um zu beweisen, daß wir damals schon abgerüstet waren und die anderen damals schon auf⸗— gerüstet hatten und nun noch mehr aufgerüstet haben. Beweisführung werden Sie wohl nichts einzuwenden haben. (Zurufe rechts: Doch, sehr viel! Lachen links) Diesen Ausführungen haben Beifall gezollt nicht nur der Gouverneur Schnee, das Mitglied der Volkspartei der Reichstagsfraktion, sondern auch die volksparteiliche Frau Abg. Mende, die meines Wissens zu dem Vorsitzenden dieses Arbeitsausschusses gehört und die am Schluß der Verhandlungen mir gesagt hat, daß auch sie sich über den Verlauf der Kundgebung freue. Churchill zu dieser oder jener Beweisführung herangezogen werden, gegen die Feststellung an sich läßt sich nichts einwenden, und, meine Damen und Herren, wer angesichts der Absichten der Interalliierten, die übrigens einem größeren Kreise als dem Redner in der Uni— versitätsaula bekannt waren, deren Kenntnis heute Gemeingut aller Denkenden geworden sind, wer angesichts dieser tatsächlichen Rüstungen noch geglaubt hat, den Krieg im Jahre 1919 weiterführen zu können, der ist entweder ein Idiot oder ein Narr. (Großer Lärm rechts.)

Gegen diese

(Zurufe rechts) Ob die erwähnten Ausführungen von

Nun, meine Herren, möchte ich mich dem eigentlichen Thema, Ich habe

Sie wirk⸗

(Suruf rechts: Das geht Sie gar nichts an! Große

links. Also ich frage: wer ist jetzt Chef bei den Herren von der

Volkspartei? Herr Stendel sagt: das Wahlresultat vom 7. Dezember hat eindeutig und klar unsere Haltung bestimmt. Herr von

Campe hat vor kurzem in der „Zeit“ einen Artikel veröffentlicht, in dem, wenn ich mich recht entsinne, er seiner Ansicht dahin Ausdruck gab, das Resultat sei nicht eindeutig. (Abg. Dr. von Campe: In ganz anderem Sinne, als Sie es jetzt darstellen Stürmische Heiterkeit) Herr Stendel sagt: im Wahlkampfe haben wir es ganz deutlich ausgesprochen, was wir wollen; wir haben deutlich ausge⸗ sprochen, daß wir mit der bisherigen Koalition, mit der großen Koalition, nichts mehr zu tun haben. Herr von Camp schrieb am 4. November und das war doch auch schon in der Zeit des Wahl⸗ kampfes einen Lobeshymnus der Artikel ist zwar nicht mit dem Namen des Herrn von Campe unterzeichnet. .. (Aha! Lachen und Zurufe rechts) Herr Kollege von Eynern, ich kenne so genau die Weise und so genau den Text, daß ich auch sicher den Verfasser kenne. (Heiterkeit) Und wenn Herr von Campe gefragt würde, ob er den Artikel der ‚Nationalliberalen Korrespondenz“ vom 4. No⸗ vember geschrieben habe, so bin ich fest überzeugt, daß er antworten würde: Ja, den habe ich geschrieben. (Rufe links: Er lacht ja! Er hat ja schon bestätigt! Große Heiterkeit) Herr von Campe schrieb in diesem offiziellen Organ der nationalliberalen Partei folgendes:

Die große Koalition hat Bestand durch drei Jahre gehabt. Das ist etwas Großes. Kurz nach der Revolution, unmittelbar nach Abschluß des Verfassungöwerkes, haben Politik und Wirt schaft an die Arbeit gehen können. Klagen, wie wir sie im Reiche bei jeder Krise hörten da sind wieder Wochen und Monate der Arbeit geraubt worden ersparte der Landteg dem preußischen Volke.

Preußen gab dem Reiche Rückendeckung, als das Kabinett Stresemann der sozialistisch⸗kommunistischen Mißwirtschaft in Thüringen und Sachsen ein Ende machte. Das Reich krachte in seinen Grundfesten. Eine Reichserekutive kannte die Geschichte des Reiches bis dahin nicht. Sie gelang. Aber sie konnte nur ge⸗ lingen, weil Preußen Rückendeckung gewährte, weil der Landtag der Regierung eine so feste Grundlage gegeben hatte, daß im Ver- trauen auf diese Regierung auch die sozialdemokratischen Kreise Preußens Ruhe hielten trotz des bewaffneten Vorgehens gegen Leute, die ihnen nahestanden. Die Voraussetzung dafür geschaffen zu haben, ist auch ein Verdienst der Politik dieses Landtages. Was wäre aus dem Reiche geworden, wenn in jenen untuhigen Monaten Preußen nicht wirklich jene „Ordnungszelle“ gewesen wäre, die andere Staaten eben nicht waren. Das ist ein starker Aktivposten. .

Und am Schlusse dieses Artikels, den ich ja nicht vollständig zu Ihrer Kenntnis bringen kann, wird nicht etwa gesagt, daß die Volks⸗ partei die Koalition sprengen wolle, sondern das, was Herr von Campe bereits mündlich im Landtage zum Ausdruck gebracht hat, was Herr Heß schon gesagt hat und was auch ein Sozialdemokrat in anderer Form ausgeführt hat, daß nämlich die Wahl jeder einzelnen Partei volle Handlungsfreiheit gewähre. (Abg. Dr. von Campe: Sehr richtig) Ja, Herr von Campe, Sie haben nur etwas wie eine gewisse Bindung hinzugefügt; Sie haben gesagt: Das Ziel bleibt dasselbe, zwei Zeiten zu versöhnen, ein Volk, wirklich e in Volk zu werden. (Zuruf des Abgeordneten Dr. von Campe: Aber nicht das, was Herr Braun mit solchen Reden führen will! Stürmisches Lachen links) Herr Kollege von Campe, wenn Sie einmal ganz ruhig werden würden, würden Sie mir zugestehen, daß in den Reden, die Herr Dr. Stresemann im vorigen Jahr in Verteidigung der großen Koalition gehalten hat, sich auch manches findet, was dem Stand- punkte des Herrn Ministerpräsidenten sehr nahekommt. Cebhafter Widerspruch bei der Deutschen Volkspartei) Ich mache mich an— heischig, Ihnen solche Sätze zu unterbreiten. (Rufe bei der Deutschen Volkepartei: Na nah

Nun hat Herr Kollege von Campe zur Begründung se

iner Auf⸗

Heere und deutsche Städte vollständig vernichtet bätten, so daß an

. z z Dr enk ich darf fassung von der Notwendigkeit der Schwenkung ich darf wohl